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Mut und Liebe 422022 Wurzeln

"...In unseren Schuhen tragen wir unsere Heimat mit uns, unsere Wurzeln, auch unbewusst als spürbares Erbe." (Petra Maria Mühl aka Mia Pelenco). Erinnerung, Wurzeln und Heimat/Heimatlosigkeit sind Themen der Offenbacher Künstlerin Petra Maria Mühl. Das Foto ihrer Installation „kein ort. weiter weg“ auf unserem Titel zeigt Tanzschuhe der 1920er, mit Einlagen aus Landkarten von Böhmen und auf der umgebenden Folie die Handschrift ihrer Großmutter.

"...In unseren Schuhen tragen wir unsere Heimat mit uns, unsere Wurzeln, auch unbewusst als spürbares Erbe." (Petra Maria Mühl aka Mia Pelenco).
Erinnerung, Wurzeln und Heimat/Heimatlosigkeit sind Themen der Offenbacher Künstlerin Petra Maria Mühl. Das Foto ihrer Installation „kein ort.
weiter weg“ auf unserem Titel zeigt Tanzschuhe der 1920er, mit Einlagen aus
Landkarten von Böhmen und auf der umgebenden Folie die Handschrift
ihrer Großmutter.

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MUT&LIEBE / THEMA /<br />

Tillandsien haben keine <strong>Wurzeln</strong>, nur<br />

dünne Haftfäden, um sich irgendwo festzuhalten.<br />

Sie sind keine Parasiten,<br />

sie leisten anderen Pflanzen, zum Beispiel<br />

Bäumen, nur Gesellschaft.<br />

Sie können eigentlich überall leben,<br />

brauchen aber viel Licht.<br />

tillandsia:<br />

wurzellos auf drei kontinenten<br />

von Karin Nedela<br />

Meine Eltern wanderten 1953 von Deutschland nach Australien aus. In einem Übergangslager<br />

für Einwanderer wurde ich geboren. Kurz danach zogen sie in den äußersten Westen von<br />

Sydney. Hier verbrachte ich meine ersten Jahre. Ich habe sehr starke Erinnerungen an diese Zeit.<br />

Natürlich stellte ich meine Existenz an diesem Ort niemals in Frage. Meine Eltern allerdings<br />

konnten oder wollten sich nicht richtig anpassen. Sie waren deutsch <strong>und</strong> blieben deutsch.<br />

Sydney, wie toll! Ihr wart bestimmt jeden Tag am Strand!<br />

Als ich sechs war, ging es per Schiff zurück nach Deutschland. Diese Schiffsreise, es sollten<br />

noch zwei weitere folgen, dauerte fünf Wochen <strong>und</strong> war für mich ein großes Abenteuer.<br />

Fünf Wochen Kreuzfahrt? Wie geil ist das denn! Aber war<br />

das nicht viel zu teuer? – (Augenverdreh Emoji)<br />

Fliegen war unerschwinglich.<br />

Per Schiff war das Billigste, das waren eigentlich nur große Fähren für die Auswanderer.<br />

Da gab es kein Unterhaltungsprogramm, ab <strong>und</strong> zu mal Landgang. Immerhin.<br />

– Wohl kaum, meine Eltern waren ja nicht zum Urlaub da. (Augenverdreh Emoji)<br />

<br />

In Deutschland wohnten wir bei meinen Großeltern in<br />

Braunschweig. Es war dunkel. Und kalt. Und ich war von<br />

hohen, alten Gebäuden umschlossen.<br />

In der Schule fühlte ich mich, obwohl ich deutsch sprach,<br />

wie ein Alien. Dank australischer Vorschule konnte ich schon<br />

lesen <strong>und</strong> schreiben. Hier übten sie mit „das Fahrrad fährt<br />

den Berg hinauf <strong>und</strong> jetzt runter in den Keller“ den Stift zu<br />

führen. Ich saß augenverdrehend daneben. Der Lehrerin war<br />

ich ein Dorn im Auge, was sie mich auch spüren ließ.<br />

An meinen Großeltern hing ich sehr. Nach einem Jahr ging<br />

es zurück nach Australien <strong>und</strong> der Abschied von ihnen war<br />

absolut traumatisch.<br />

Du bist richtig zweisprachig?<br />

– Ja. Davon habe ich jahrzehntelang gelebt. Das ist wirklich<br />

ein großer Pluspunkt.<br />

MÄRZ / APRIL / MAI 2022<br />

© OpenClipart-Vectors auf Pixabay / Fotos privat<br />

Bei der Abreise 1966

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