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Pirouette No. 03/2022 März

Olympia: Beijing 2022 Die Olympischen Spiele in Peking werden als ganz besondere in die Geschichte eingehen, weil sie trotz der andauernden Pandemie, in der Mitte der Omikron-Welle, mit großen Aufwand organisiert wurden. Das Konzept war hart, aber erfolgreich, zumindest was die Sicherheit vor Corona angeht. Aber von der Begeisterung, der Atmosphäre, der „olympischen Idee“ von Teilhabe und Völkerverständigung ist fast nichts mehr übriggeblieben. … Topthema: · Olympische Winterspiele Peking 2022 Weiteres aus dem Inhalt: · Interview: Wenjing Sui & Cong Han · Interview: Minerva Hase & Nolan Seegert · Interview: Anna Shcherbakova · Interview: Ilia Malinin · Weitere Wettbewerbe: Icelab Bergamo, Sofia Trophy, Skate Helena, Nordische Meisterschaften, Egna Dance Trophy, Merano Ice Trophy, Dragon Trophy, Jegvirak Cup, Winter Star Minsk, Bellu Memorial, Sächsische Meister­schaften, Dtsch. Jugendmeisterschaft · Heiko-Fischer-Pokal · Olympia: Der Fall Kamila Valieva (Eine Chronik) · Synchron: Marie Lundmark Trophy, Mozart Cup, French Cup, Neuchâtel Trophy · Eislaufgeschichte: Der Berliner Eispalast · NRW-Meisterschaften · Challenge Cup in Tilburg · Satire: Killerwal bricht durch Eisdecke · Neues aus aller Welt Titelbild: Wenjing Sui & Cong Han Sui/Han erreichten ihr großes Ziel und wurden auf heimischen Eis Olympiasieger. Schon 2018 gehörten sie als aktuelle Weltmeister zu den Topfavoriten, aber Aljona Savchenko und Bruno Massot zogen in der Kür denkbar knapp an ihnen vorbei. Foto: Robin Ritoss Auch als Printversion erhältlich unter: www.pirouette-online.de/nr-3-maerz-2022.html (Erscheinungstermin 9.3.2022)

Olympia: Beijing 2022

Die Olympischen Spiele in Peking werden als ganz besondere in die Geschichte eingehen, weil sie trotz der andauernden Pandemie, in der Mitte der Omikron-Welle, mit großen Aufwand organisiert wurden. Das Konzept war hart, aber erfolgreich, zumindest was die Sicherheit vor Corona angeht. Aber von der Begeisterung, der Atmosphäre, der „olympischen Idee“ von Teilhabe und Völkerverständigung ist fast nichts mehr übriggeblieben. …

Topthema:
· Olympische Winterspiele Peking 2022

Weiteres aus dem Inhalt:
· Interview: Wenjing Sui & Cong Han
· Interview: Minerva Hase & Nolan Seegert
· Interview: Anna Shcherbakova
· Interview: Ilia Malinin
· Weitere Wettbewerbe: Icelab Bergamo, Sofia Trophy, Skate Helena, Nordische Meisterschaften, Egna Dance Trophy, Merano Ice Trophy, Dragon Trophy, Jegvirak Cup, Winter Star Minsk, Bellu
Memorial, Sächsische Meister­schaften, Dtsch. Jugendmeisterschaft
· Heiko-Fischer-Pokal
· Olympia: Der Fall Kamila Valieva (Eine Chronik)
· Synchron: Marie Lundmark Trophy, Mozart Cup, French Cup, Neuchâtel Trophy
· Eislaufgeschichte: Der Berliner Eispalast
· NRW-Meisterschaften
· Challenge Cup in Tilburg
· Satire: Killerwal bricht durch Eisdecke
· Neues aus aller Welt

Titelbild:
Wenjing Sui & Cong Han
Sui/Han erreichten ihr großes Ziel und wurden auf heimischen Eis Olympiasieger. Schon 2018 gehörten sie als aktuelle Weltmeister zu den Topfavoriten, aber Aljona Savchenko und Bruno Massot zogen in der Kür denkbar knapp an ihnen vorbei.
Foto: Robin Ritoss

Auch als Printversion erhältlich unter: www.pirouette-online.de/nr-3-maerz-2022.html (Erscheinungstermin 9.3.2022)

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<strong>Pirouette</strong><br />

Nr. 3 | <strong>März</strong> <strong>2022</strong><br />

Internationales Eiskunstlauf-Magazin | 55. Jahrgang | www.pirouette-online.de<br />

Wenjing Sui & Cong Han<br />

Olympische<br />

Winterspiele


2<br />

News<br />

WM in Montpellier<br />

Die nacholympische WM in Montpellier ist<br />

auch mit Zuschauern fest vorgesehen, nachdem<br />

in Frankreich im Februar/<strong>März</strong> weitere Lockerungen<br />

beschlossen wurden. Die Montpellier<br />

Sud de France Arena liegt einige Kilometer<br />

südöstlich vom Zentrum, ganz nahe am Flughafen.<br />

Sie ist mit der gelben Straßenbahnlinie<br />

3 vom Zentrum gut zu erreichen, Haltestelle<br />

Parc Expo in Richtung Pérols, die bis kurz nach<br />

Mitternacht fährt. Ende Februar gab es noch<br />

Eintrittskarten, auch für das offizielle Training.<br />

Erfahrungsgemäß bleiben einige Medaillengewinner<br />

der Olympischen Spiele der WM fern.<br />

<strong>No</strong>ch unklar war Ende Februar, ob russische<br />

Läufer/innen teilnehmen können. Einmal wurde<br />

der Luftraum ab 26. Februar gesperrt, so<br />

dass kein direkter Flugverkehr mehr zwischen<br />

Russland und den EU-Staaten möglich war,<br />

also auch nicht nach Frankreich. Zum anderen<br />

gab es weltweite Bestrebungen in allen Sportarten,<br />

russische Sportler wegen des von Russland<br />

begonnenen Krieges gegen die Ukraine<br />

von sämtlichen internationalen Sportveranstaltungen<br />

auszuschließen. Neu wären solche<br />

Maßnahmen nicht. Von den 1960er Jahren bis<br />

1990 litten viele südafrikanische Sportler/innen<br />

unter einem weltweitern Boykott wegen<br />

der Rassentrennung (Apartheid) in ihrem<br />

Land. Wie bei der EM in Tallinn im Januar<br />

überträgt in Deutschland der ARD-Sender<br />

ONE sehr vieles von der WM (siehe Seite 10).<br />

Zeitplan (ohne Gewähr):<br />

Montag, 21.<strong>03</strong>. ganztägiges Training<br />

Dienstag, 22.<strong>03</strong>. ganztägiges Training<br />

Mittwoch, 23.<strong>03</strong>., 09:53 Uhr KP Frauen<br />

Mittwoch, 23.<strong>03</strong>., 18:30 Uhr KP Paare<br />

Donnerstag, 24.<strong>03</strong>., 10:15 Uhr KP Männer<br />

Donnerstag, 24.<strong>03</strong>., 18:00 Uhr Kür Paare<br />

Freitag, 25.<strong>03</strong>., 10:45 Uhr Rhythmustanz<br />

Freitag, 25.<strong>03</strong>., 18:00 Uhr Kür Frauen<br />

Samstag, 26.<strong>03</strong>., 10:55 Uhr Kür Männer<br />

Samstag 26.<strong>03</strong>., 17:05 Uhr Kür Eistanzen<br />

Sonntag, 27.<strong>03</strong>., 14:30 Uhr Schaulaufen<br />

Junioren-WM verschoben<br />

Die vom 7. bis 13. <strong>März</strong> in Sofia geplante Junioren-WM<br />

wurde Mitte Februar wegen der Pandemie<br />

zunächst auf April oder Mai verschoben und<br />

andere Länder zur Bewerbung ermuntert. Sechs<br />

Orte sollen sich beworben haben, darunter Turin<br />

und Tallinn. Denn die Verbände können bei diesem<br />

Event zumindest in normalen Jahren dank<br />

des Zuschusses der ISU einen sechsstelligen Euro-Betrag<br />

verdienen. Eigentlich wollte der ISU-<br />

Vorstand am 24. Februar bekanntgeben, wann<br />

und wo diese Meisterschaften nun stattfinden,<br />

denn man will den Junior/innen nicht zumuten,<br />

ein zweites Jahr hintereinander auf die Junioren-WM<br />

zu verzichten. Aber wegen des Krieges<br />

in der Ukraine und den damit vermutlich verbundenen<br />

Reiseverboten und Gefahren verschob<br />

die ISU die Entscheidung noch einmal bis nach<br />

dem Redaktionsschluss der <strong>Pirouette</strong> am 28. Februar.<br />

Anfang <strong>März</strong> soll außerdem bekanntgege-<br />

ben werden, ob die Synchron-WM im kanadischen<br />

Hamilton im April stattfinden kann. Auf<br />

der Facebook-Seite der <strong>Pirouette</strong> werden wir<br />

diese Beschlüsse aktuell melden.<br />

Junioren-WM Synchron<br />

2023 verlegt<br />

Die Junioren-WM im Synchronlaufen in einem<br />

Jahr, also vom 10. bis 11. <strong>März</strong> 2023, sollte in<br />

Lyon stattfinden, wurde aber zum selben Termin<br />

in das westfranzösische Angers verlegt. Diese<br />

Stadt ist vom Pariser Bahnhof Montparnasse<br />

aus mit dem TGV (vergleichbar mit dem ICE in<br />

Deutschland) in 90 Minuten erreichbar.<br />

Junioren Grand Prix<br />

sucht Gastgeber<br />

Der kroatische Verband gab bekannt, dass der<br />

vom 28.September bis 1. Oktober geplante fünfte<br />

Junioren Grand Prix der kommenden Saison<br />

„wegen logistischer Probleme“ nicht in Zagreb<br />

stattfinden kann, also vermutlich, weil die im<br />

<strong>März</strong> 2020 bei einem Erdbeben beschädigte<br />

Dom Sportova-Halle in der kroatischen Hauptstadt<br />

weiterhin nicht nutzbar ist. Die ISU ermunterte<br />

alle anderen Verbände, sich bis zum<br />

25. <strong>März</strong> zu bewerben.<br />

Grand Prix Finale in Turin?<br />

Im Januar gab die ISU bekannt, dass das nächste<br />

Grand Prix Finale mit Juniorenfinale vom 8.<br />

bis 11. Dezember <strong>2022</strong> in der immer wieder bewährten<br />

Palavela-Halle in Turin stattfinden soll.<br />

Einige Wochen später gab es aber das Gerücht,<br />

dass auch Mailand in Frage käme. Der erste<br />

Grand Prix soll vom 21. – 23. Oktober wieder in<br />

den USA stattfinden, der zweite eine Woche<br />

später in Kanada und der dritte vom 4. bis 6.<br />

<strong>No</strong>vember in Frankreich (eventuell in Angers),<br />

aber die Orte wurden noch nicht bekanntgegeben.<br />

Dann sollen China und Japan folgen. Dass<br />

der sechste Grand Prix in Russland abgehalten<br />

werden soll, schien im Januar festzustehen.<br />

Aber man wird sehen, ob dies angesichts des<br />

Krieges und des beginnenden Boykotts für<br />

Sportveranstaltungen in Russland so bleibt.<br />

ISU-Kongress soll stattfinden<br />

Der bereits zweimal verschobene ISU-Kongress<br />

mit Neuwahlen im thailändischen Phuket soll<br />

nun mit den dann vorgeschriebenen Covid-Bestimmungen<br />

vom 6. bis 10. Juni stattfinden.<br />

Dies beschloss der ISU-Vorstand auf seiner Sitzung<br />

am 24. Februar.<br />

Dastich beendet Karriere<br />

Die Dresdner Einzelläuferin Lea Dastich (21), die<br />

in den letzten Jahren in Mannheim trainiert<br />

hatte, hat ihre Karriere beendet. In den letzten<br />

drei Jahren litt sie unter chronischen und zunächst<br />

nicht richtig erkannten Verletzungen im<br />

Sprunggelenk und konnte daher nicht mehr intensiv<br />

trainieren. Ihr größter nationaler Erfolg<br />

war Rang zwei bei den Deutschen Meisterschaften<br />

2017, der größte internationale Platz zehn<br />

bei der Junioren-WM 2018. Inzwischen studiert<br />

Dastich im dritten Semester Medizin und will<br />

dem Eislauf als Preisrichterin oder nebenberufliche<br />

Trainerin treu bleiben.<br />

Beatrix Schuba und Claudia Kristofics-Binder (rechts)<br />

Schuba und Kristofics-<br />

Binder geehrt<br />

Während der Olympischen Spiele wurden beim<br />

Wiener Eislaufverein (WEV) Beatrix „Trixi“ Schuba<br />

und Claudia Kristofics-Binder geehrt, zwei der<br />

erfolgreichsten österreichischen Eiskunstläuferinnen.<br />

Schuba war vor 50 Jahren Olympiasiegerin<br />

geworden, Kristofics-Binder gewann vor 40 Jahren<br />

EM-Gold. Schuba nahm trotz Schulterverletzung,<br />

die sie sich nicht auf dem Eis, sondern bei<br />

einem Spaziergang mit dem Hund zugezogen<br />

hatte, an der Ehrung teil und spendete ihre<br />

Pflichtschlittschuhe für die Ehrenvitrine des WEV.<br />

Auch Kristofics-Binder erinnerte sich gerne und<br />

dankbar daran, dass der WEV die Basis für ihre<br />

Erfolge auf dem Eis legte. Gemeinsamer Wunsch<br />

war, dass Österreich an frühere große Erfolge im<br />

Eiskunstlauf wieder anknüpfen kann und dass der<br />

WEV wieder eine führende Talenteschmiede wird.<br />

In diesem Sinne gab es auch ein kleines Schaulaufen,<br />

wo junge Eiskunstläufer, die beim WEV<br />

trainieren, ihr Können zeigen konnten. kf<br />

Frankreich-Tournee<br />

Anfang April<br />

Nach der WM plant der französische Verband<br />

mit den Olympiasiegern Papadakis/Cizeron als<br />

Stars eine Schaulauftournee durch Frankreich.<br />

Nahe der deutschen Grenze ist keine Veranstaltung<br />

geplant, am nächsten liegt noch Epinal,<br />

etwa 130 Kilometer südwestlich von Straßburg.<br />

Termine<br />

1. April Courchevel<br />

2. April Grenoble (Heimatstadt von Aymoz)<br />

3. April Clermont-Ferrand (Heimatstadt von<br />

Papadakis/Cizeron)<br />

5. April Poitiers (Heimatstadt von Joubert)<br />

6. April Bordeaux<br />

7. April Tours<br />

8. April Boulogne-Billancourt<br />

9. April Besançon<br />

10. April Épinal krk


Impressum<br />

Verlags- und Redaktionsanschrift:<br />

STS·Verlag+Werbung<br />

Stefan Schulze<br />

Am Stutz 14<br />

97993 Creglingen<br />

Fon 07933-700-191<br />

Fax 07933-700-192<br />

E-Mail: info@pirouette-online.de<br />

Webshop: www.pirouette-online.de<br />

Google Play: https://play.google.com/store/apps/<br />

details?id=de.pirouette.android<br />

App Store: https://apps.apple.com/us/app/<br />

pirouette-magazin/id1553450950<br />

Olympisches Gold für Wenjing Sui & Cong<br />

Han, siehe Interview auf seite 4<br />

Foto: Tatjana Flade<br />

3<br />

Inhalt & Termine<br />

Verlagsleitung: Stefan Schulze<br />

Chefredakteur: Klaus-Reinhold Kany<br />

Stellvertreterin: Tatjana Flade<br />

Mitarbeiter: Manuela Buyny, Albert René Kolb<br />

(Schweiz), Katrin Flaschka (Österreich), Hella Höppner<br />

Grafik: Stefan Schulze, Andreas Münch<br />

Anzeigen: Stefan Schulze<br />

Kundenbetreuung: Angelika Manicone<br />

Für unverlangt eingesandte Manuskripte<br />

und Bildzuschriften haftet der Verlag nicht.<br />

Beiträge, die mit Namen oder Initialen des Verfassers<br />

gezeichnet sind, stellen nicht unbedingt die Meinung<br />

der Redaktion oder des Herausgebers dar. Für die<br />

Richtigkeit der Mitteilungen und Berichte zeichnen<br />

die Clubs verantwortlich. Zuschriften können von uns,<br />

falls kein ausdrücklicher Vor behalt gemacht wird, im<br />

Wortlaut oder aus zugs weise veröffentlicht werden.<br />

Erscheinungsweise: 10 mal im Jahr, Mai/Juni und<br />

Juli/August sind Doppelausgaben, sonst monatlich.<br />

Einzelheft (Print): 6,90 EUR zzgl. Versand<br />

Einzelheft (App Store / Google Play): 5,99 / 6,49 EUR<br />

Jahresabonnement (Print):<br />

Deutschland: 69 EUR, EU: 72 EUR inkl. Versand<br />

Probeabo (Print): 36 EUR, EU: 38 EUR inkl. Versand<br />

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Copyright für alle Beiträge bei: STS·Verlag+Werbung.<br />

Nachdruck in Wort und Bild, auch auszugsweise,<br />

nur mit schriftlicher Ge neh migung des Verlags.<br />

Gerichtsstand: Bad Mergentheim<br />

Kündigung sind bis acht Wochen vor Ablauf des<br />

Abon ne ments möglich, sonst erfolgt Verlängerung um<br />

ein weiteres Jahr. Eine Kündigung bedarf der<br />

Schriftform.<br />

Unsere vollständigen AGB sind nachzulesen unter:<br />

www.pirouette-online.de/info/<br />

allgemeine-geschaeftsbedingungen<br />

Inhalt<br />

Neues aus aller Welt 2<br />

Interview: Wenjing Sui & Cong Han 4<br />

Interview: Minerva Hase & <strong>No</strong>lan Seegert 4<br />

Interview: Anna Shcherbakova 5<br />

Interview: Ilia Malinin 6<br />

Neues aus aller Welt 7<br />

Weitere Wettbewerbe 8<br />

Heiko-Fischer-Pokal11<br />

Olympische Winterspiele 12<br />

Der Fall Kamila Valieva 13<br />

Teamwettbewerb 14<br />

Männer 17<br />

Eistanz 20<br />

Frauen 23<br />

Paare 26<br />

Synchronwettbewerbe29<br />

Satire31<br />

Eislaufgeschichte: Der Berliner Eispalast 32<br />

NRW-Meisterschaften33<br />

Die nächste <strong>Pirouette</strong><br />

erscheint voraussichtlich am:<br />

2. April <strong>2022</strong> (Digital),<br />

12. April <strong>2022</strong> (Print)<br />

Termine (mit großem Vorbehalt)<br />

von Mitte <strong>März</strong> bis Ende April <strong>2022</strong><br />

07.<strong>03</strong>. – 13.<strong>03</strong>. Junioren-WM in Sofia<br />

(Bulgarien), verschoben<br />

13.<strong>03</strong>. – 17.<strong>03</strong>. Triglav Trophy in Jesenice<br />

(Slowenien)<br />

17.<strong>03</strong>. – 20.<strong>03</strong>. Deutschland-Pokal in<br />

Dortmund<br />

18.<strong>03</strong>. – 20.<strong>03</strong>. Coupe du Printemps in<br />

Kockelscheuer (Luxemburg)<br />

20.<strong>03</strong>. – 25.<strong>03</strong>. EYOF (Europ. Olympisches<br />

Jugendfestival), evtl. in<br />

Vuokatti, Finnland<br />

21.<strong>03</strong>. – 27.<strong>03</strong>. WM in Montpellier<br />

(Frankreich)<br />

29.<strong>03</strong>. – 01.04. Spring Talents Cup in<br />

Brovary (Ukraine), Austragung<br />

sehr unwahrscheinlich<br />

07.04. – 10.04. Black Sea Ice Cup in Kranevo<br />

(Bulgarien)<br />

07.04. – 10.04. Egna Spring Trophy (Italien)<br />

08.04. – 10.04. Kurbada Cup in Riga<br />

(Lettland)<br />

08.04. – 10.04. Sarajevo Open<br />

(Bosnien-Hercegowina)<br />

13.04. – 17.04. Ice Cup in Minsk (Teilnahme<br />

vieler Länder<br />

unwahrscheinlich)<br />

13.04. – 17.04. Triglav Trophy in Jesenice<br />

(Slowenien)<br />

Synchron-Wettbewerbe<br />

17.<strong>03</strong>. – 19.<strong>03</strong>. Junioren-WM in Innsbruck<br />

(Österreich)<br />

26.<strong>03</strong>. – 27.<strong>03</strong>. Deutsche Synchron-<br />

Meisterschaften in Neuss<br />

07.04. – 09.04. Weltmeisterschaften in<br />

Hamilton (Kanada)<br />

Titelbild:<br />

Wenjing Sui & Cong Han<br />

Sui/Han erreichten ihr großes Ziel und wurden<br />

auf heimischen Eis Olympiasieger.<br />

Schon 2018 gehörten sie als aktuelle Weltmeister<br />

zu den Topfavoriten, aber Aljona<br />

Savchenko/Bruno Massot zogen in der Kür<br />

denkbar knapp an ihnen vorbei.<br />

Foto: Robin Ritoss


4<br />

Sui/Han und Hase/Seegert<br />

Interview<br />

Wenjing Sui & Cong Han<br />

»Bahne dir einfach deinen Weg«<br />

Cong: „Unser Traum ist nach vier Jahren in Peking<br />

wahr geworden. Ich möchte vielen Menschen<br />

danken, die uns auf unserem Weg geholfen<br />

haben und ich möchte Wenjing für ihre<br />

Unterstützung danken. Wie in unserem Programm<br />

haben wir einander Halt gegeben. Vor<br />

der Kür habe ich zu ihr gesagt, ‚wir müssen die<br />

Herausforderung annehmen, dann werden wir<br />

unbesiegbar sein.‘ Wir möchten mit unseren<br />

Programmen allen Kraft geben. Wir hoffen,<br />

dass jeder das Negative überwindet und wir einander<br />

in dieser Pandemie helfen. Von Anfang<br />

an, als wir die Underdogs waren, von denen<br />

niemand glaubte, sie könnten wegen ihrer Körpergröße<br />

Paarlauf machen, bis zum Olympiasieg<br />

war es eine tolle Reise und wir wollen sie als<br />

ein Beispiel nutzen, um den Sport zu promoten.<br />

Wenn dir jemand sagt, das ist eine Sackgasse,<br />

hab keine Angst. Bahne dir einfach deinen eigenen<br />

Weg.“<br />

Wenjing: „Am Ende der Kür waren da so viele<br />

Emotionen. Es war kompliziert. Ich wusste<br />

nicht, was ich empfand. Es ging diesmal (im<br />

Vergleich zu 2018) mehr darum, das Eislaufen,<br />

die Olympischen Spiele und die Unterstützung<br />

unserer Kameraden zu genießen. Ich hatte das<br />

Gefühl, dass die Welt mir gehört. Alles geschieht<br />

aus gutem Grund. Der Schlüssel zu unserem<br />

Erfolg ist unser Durchhaltevermögen.<br />

Seit wir angefangen haben, hatten wir viele<br />

Verletzungen. Ich glaube, wir hatten mehr Operationen<br />

als alle anderen Läufer hier. Man hat<br />

uns gesagt, wir seien nicht für Paarlaufen geeignet.<br />

Es gab keine Straße vor uns, also haben<br />

wir unseren Weg selbst gebaut.<br />

Minerva Fabienne Hase<br />

& <strong>No</strong>lan Seegert<br />

»Ich werde noch lange über dieses<br />

Erlebnis nachdenken«<br />

Foto: privat<br />

Minerva: „Ich glaube, mental war der Wettbewerb<br />

noch härter als physisch. Das KP hat mehr<br />

reingehauen als normal. Wir sind am Morgen<br />

(zum Training) wesentlich müder aufs Eis gegangen,<br />

haben versucht, nochmal alles rauszuholen,<br />

aber man hat gemerkt, dass es nicht gereicht<br />

hat. Wir haben uns bis zum Schluss<br />

durchgekämpft, aber leider war irgendwann der<br />

Akku alle und dann ging wirklich fast nichts<br />

mehr. Ich habe zu <strong>No</strong>lan gesagt, dass wir trotzdem<br />

kämpfen und versuchen, es trotzdem zu<br />

genießen, dass wir überhaupt hier sein und auf<br />

diesem Eis laufen dürfen. Ich bin stolz auf ihn,<br />

dass er bis zum Ende gekämpft und nicht aufgegeben<br />

hat. Natürlich ist das sportlich eine<br />

ganz bittere Niederlage für uns. Da müssen erst<br />

einmal ein paar Tage vergehen, um die Emotionen<br />

zu verarbeiten. Dann können wir neu bewerten,<br />

wie wir noch etwas Positives mitnehmen<br />

können.“<br />

Vor der Kür sagte ich (zu Cong) ‚mach dir keine<br />

Sorgen, wir schaffen das. Wir haben schon oft<br />

Wunder vollbracht und heute tun wir dasselbe.‘<br />

Jeder erinnert sich an ein gutes Programm und<br />

wenn die Musik beginnt, können die Menschen<br />

diesen Moment noch einmal erleben. Wenn du<br />

das schaffst, bist du eine sehr gute Paarläuferin.<br />

Unser Programm („Bridge Over Troubled Water“)<br />

bedeutet, dass wir einen Neustart wollen, denn<br />

es ist eine schwierige Zeit auch für die ganze<br />

Welt. Wir hoffen, dass unsere Kür diese Brücke<br />

über das stürmische Wasser sein kann, um jeden<br />

in seinem dunkelsten Moment zu unterstützen,<br />

damit er diese Tiefs überwinden kann, so wie<br />

wir unsere Verletzungen überwunden haben.<br />

Den vierfachen Twist hatten wir lange vorbereitet<br />

und hatten lange geplant, ihn zu zeigen. Wir<br />

wollen technisch und künstlerisch das Beste<br />

bringen. Schwierigere Elemente zu versuchen,<br />

ist eine Verkörperung des olympischen Geists,<br />

genauso wie Durchhaltekraft.“<br />

<strong>No</strong>lan: „Irgendwann geht es nicht mehr weiter,<br />

egal, wie sehr man pusht und versucht, seine<br />

Koordination noch durchzubekommen. Die mentale<br />

Komponente kommt auch noch dazu. Es<br />

war schwer. Ich war zehn Tage in Quarantäne,<br />

ich bin sozusagen aus der Ausgangsquarantäne<br />

vom Flughafen nicht rausgekommen. Die erste<br />

Nacht habe ich noch im Zimmer (im Olympischen<br />

Dorf) geschlafen, danach musste ich ins<br />

Quarantäne-Hotel und war neun Tage dort. Es<br />

hätte auch passieren können, dass ich viel länger<br />

positiv bleibe und nicht rauskomme. Es hätte<br />

auch sein können, dass ich Symptome bekomme.<br />

Ich hatte keine und das Glück, dass es<br />

ohne Komplikationen über die Bühne gegangen<br />

ist. Die Bedingungen waren die ganze Zeit mau.<br />

Gegen Ende, nach dem zweiten Protest, wurde<br />

es deutlich besser, ab Tag acht. Unsere erste Beschwerde<br />

kam ungefähr nach drei Tagen. Am<br />

Tag drei sah mein CT-Wert (Viruslast) ziemlich<br />

gut aus und ich bin davon ausgegangen, deutlich<br />

früher rauszukommen. Ich hatte schon fast<br />

die drei Tests mit über 35 (CT-Wert) voll, dann,<br />

am dritten Tag, den ich gebraucht hätte, ist<br />

mein CT-Wert auf 28 runtergefallen. Ich habe<br />

zuerst nicht viel gesagt, weil ich davon ausgegangen<br />

bin, drei, vier Tage, das hältst du aus.<br />

Ich bin niemand, der groß rummeckert. Als mir<br />

klar wurde, es kann darauf hinauslaufen, dass<br />

du da 14 Tage sitzt, konnten wir die Umstände<br />

so nicht lassen.<br />

Ich hatte eine Matte auf sehr kleinem Raum zur<br />

Verfügung – und habe alles, was man auf der<br />

Matte machen kann, gemacht - sit ups, Liegestütze,<br />

Hampelmänner ... Ich hatte zwar Zugang<br />

zu einem Fahrrad, aber das medizinische Personal<br />

in der Quarantäne hat mir davon abgeraten,<br />

es zu benutzen. Meine Werte sind hoch- und<br />

runtergeschwankt. Meine Doktoren haben gesagt,<br />

das hat damit nichts zu tun, die Doktoren<br />

in der Quarantäne haben gesagt, das hat einen<br />

Einfluss. Die Frage war, warum am sechsten Tag<br />

die Viruslast wieder extrem zugenommen hat<br />

und die haben mir erklärt, dass es an dem Fahrrad<br />

lag. Wir gehen nicht ohne Grund jeden Tag<br />

aufs Eis und jetzt konnte ich 14 Tage nicht trainieren,<br />

direkt vor dem größten Wettkampf unserer<br />

Karriere. Ich würde nicht behaupten, dass ich<br />

damit klargekommen bin. Ich möchte den sehen,<br />

der sagt, er ist damit klargekommen. Es war sehr<br />

schwer, einen Tagesrhythmus zu finden oder zu<br />

halten, regelmäßig zu schlafen und die Motivation<br />

für die täglichen Dinge zu behalten. Ich<br />

glaube, ich werde noch lange über dieses Erlebnis<br />

nachdenken.“ Protokoll: Tatjana Flade


Anna Shcherbakova<br />

»Einen Traum hat man erst dann,<br />

wenn er real werden kann«<br />

Anna Shcherbakova (17) gewann Olympisches Gold in Peking.<br />

Auf der Pressekonferenz sagten Sie, dass Sie<br />

noch nicht realisiert haben, was passiert ist.<br />

Wie sieht es ein paar Tage später aus?<br />

Anna: Ganz bewusst ist es mir noch nicht, aber<br />

langsam verstehe ich, dass der Wettbewerb vorbei<br />

und gut für mich gelaufen ist. Ich bin zufrieden<br />

mit dem, was ich geleistet habe. Ich weiß,<br />

dass ich meine Aufgabe bewältigt habe. Natürlich<br />

waren die Emotionen bei der Siegerehrung<br />

stark, als ich auf dem Podium stand. In diesem<br />

Moment habe ich es wahrscheinlich noch nicht<br />

ganz begriffen, war aber auf jeden Fall stolz.<br />

Ist es eine schwere olympische Medaille,<br />

buchstäblich und im übertragenen Sinne?<br />

Ja, die Medaille ist sehr schwer. Ich wusste das,<br />

aber ich war trotzdem sehr überrascht. Aber<br />

was meinen Weg zu dieser Medaille angeht,<br />

möchte ich sagen, dass er nicht dramatisch war,<br />

sondern im Gegenteil sehr positiv. Auch bei diesen<br />

Spielen habe ich meine Aufgabe gemeistert,<br />

war in guter Form, so dass ich mich nicht beschweren<br />

kann. Für mich ist es eine absolut<br />

glückliche Geschichte ohne Drama.<br />

Das kam alles mit Erfahrung. Ich war nicht immer<br />

im Wettbewerb besser als im Training. In<br />

meiner ersten Junioren-Saison waren zum Beispiel<br />

die Vierfachen im Training stabiler als<br />

jetzt. Aber die ganze Saison über konnte ich<br />

diese Sprünge bei den Wettkämpfen nicht stehen.<br />

Ich kam mit der Aufregung nicht zurecht.<br />

In der nächsten Saison habe ich gelernt, die<br />

gleichen Dinge zu zeigen, die ich auch im Training<br />

machen konnte. Und dann habe ich irgendwann<br />

versucht, im Wettkampf bessere<br />

Leistungen als im Training zu bringen.<br />

Wie beschreiben Sie Ihren Charakter?<br />

Überlegt und entschlossen. Für die richtige Einstellung<br />

im Wettkampf muss man entschlossen<br />

handeln und dann muss man einige wichtige<br />

Entscheidungen treffen, wie verhalte ich mich,<br />

welche Elemente mache ich, und man muss alle<br />

Sprünge mit Entschlossenheit angehen.<br />

Wegen gesundheitlicher Probleme sind Sie erst<br />

spät in die Olympiasaison eingestiegen. Gab es<br />

Momente der Verzweiflung, als Sie das Gefühl<br />

hatten, es nicht rechtzeitig zu schaffen?<br />

Foto: Flade<br />

Adelina Sotnikova sagte, dass sie das 2014<br />

extra motiviert habe.<br />

Um ehrlich zu sein, hat mich das überhaupt<br />

nicht motiviert. Es hat mich auch nicht stärker<br />

gemacht. Im Gegenteil, es war, als würde alles<br />

zusammenbrechen, aber es blieb genug Zeit, um<br />

mich auf den Individualwettbewerb einzustellen.<br />

5<br />

Anna Shcherbakova<br />

Interview<br />

Was war mit den kaputten Schlittschuhen?<br />

Das war kein Schock für mich. Ich wollte überhaupt<br />

nicht darüber reden, weil es meine Leistung<br />

nicht beeinträchtigt hat. Ich brauche etwa<br />

sechs Paar Schlittschuhe pro Saison. Das ist nicht<br />

normal. Ich werde am Ende der Saison ein neues<br />

Modell ausprobieren, aber in der Olympiasaison<br />

wollte ich nicht experimentieren, sondern bin<br />

mit einem Modell gelaufen, von dem ich wusste,<br />

dass es sehr oft kaputt gehen würde. Also hatte<br />

ich ein Ersatzpaar für solche Fälle dabei. Der einzige<br />

Unterschied bei der Olympiade war, dass die<br />

Eiszeit beschränkt war und ich das Einlaufen in<br />

30-40 Minuten Training schaffen musste.<br />

Wie sind Sie als Zweite nach dem KP in die<br />

Kür gegangen?<br />

Nach dem Kurzprogramm zählte für mich nicht<br />

der Platz, sondern die Tatsache, dass ich sauber<br />

gelaufen bin und das gab mir Zuversicht, dass<br />

alles nach Plan läuft und dass ich für diese Kür<br />

bereit bin. Vor dem Kurzprogramm war ich<br />

überhaupt nicht nervös. In der Kür zeigten sich<br />

schon die Nerven. Ich glaube, nachdem ich zwei<br />

Wochen vor dem Wettbewerb schon hier war,<br />

fehlte mir, um ehrlich zu sein, in gewissem<br />

Maße das Wettkampfgefühl.<br />

Sie haben mehr als einmal bewiesen, dass Sie<br />

sich in den entscheidenden Momenten<br />

zusammenreißen können, auch wenn im Training<br />

nicht alles klappt.<br />

Ja, die gab es. Ich wusste, dass es passieren<br />

kann, dass ich nicht zu den großen Wettbewerben<br />

fahre. Deshalb habe ich mir gedacht, dass<br />

ich mein Bestes geben werde, aber wenn ich<br />

versage, dann ist es eben so, das Leben ist damit<br />

nicht zu Ende. Doch als ich in die Wettbewerbe<br />

einstieg, fühlte ich mich nicht ein einziges<br />

Mal entmutigt. Ich bin allmählich in Form<br />

gekommen, es ergaben sich Chancen, und am<br />

Ende klappte alles.<br />

Sie haben sicher schon als Kind davon<br />

geträumt, die Olympischen Spiele zu gewinnen.<br />

Wie war dann die Realität im Vergleich<br />

zu Ihren Vorstellungen?<br />

So seltsam es klingt, als ich als Kind zum Eiskunstlauf<br />

kam, hatte ich diesen Traum nie. Vielleicht,<br />

weil meine Eltern mich nicht mit Gedanken<br />

an den Profisport zum Eislaufen gegeben<br />

haben, es gab in unserer Familie nie die Diskussion<br />

‚du wirst mal ein Champion‘. Ich hatte<br />

Träume wie den Gewinn einer Meisterschaft in<br />

unserer Eishalle. Man sagte mir, wir haben einen<br />

Wettbewerb in unserer Halle und ich wollte<br />

unbedingt gewinnen. Ich glaube, man hat einen<br />

Traum erst dann, wenn man erkennt, dass er<br />

real werden kann. Als ich in dieser Saison merkte,<br />

dass ich in guter Form war und mich für die<br />

Olympischen Spiele qualifizieren konnte, kamen<br />

natürlich die Ziele und Träume.<br />

Wie enttäuscht waren Sie, als Sie nicht für<br />

den Teamwettbewerb nominiert wurden?<br />

Wie hat sich angespannte Stimmung wegen<br />

des Dopingskandals auf Sie ausgewirkt?<br />

Im Allgemeinen hat das, was in der Presse passiert,<br />

keine Auswirkungen auf mich und mein<br />

Training. Durch die Mixed Zone bin ich absolut<br />

ruhig gegangen. Ich denke, ich war darauf vorbereitet.<br />

Wahrscheinlich, weil dies meine dritte<br />

Saison in der Meisterklasse ist. Ich hatte bei allen<br />

Wettbewerben das Gefühl, dass ich für die<br />

Olympischen Spiele bereit war. Nichts war<br />

stressig, überraschend, schockierend für mich,<br />

es gab keine einzige Situation, die mich aus<br />

dem Gleichgewicht gebracht hat.<br />

Wie wird der Olympiasieg Ihr Leben verändern?<br />

Ich möchte, dass sich meine Einstellung zu<br />

Wettkämpfen, Training, Eiskunstlauf und zu den<br />

Menschen um mich herum nicht ändert. Aber<br />

ansonsten wird sich wohl etwas in meinem Leben<br />

ändern, schließlich ist der Gewinn der<br />

Olympischen Spiele etwas, das jeder Sportler<br />

anstrebt. Wenn wir bedeutende Wettbewerbe<br />

gewinnen, ist die Aufmerksamkeit natürlich<br />

groß. Auftritte, Interviews - das kann schwierig<br />

erscheinen, wenn man es mit dem Training vereinbaren<br />

muss, aber es ist auch der angenehme<br />

Teil, den man sich mit seinen Leistungen verdient<br />

hat. Bis jetzt kann ich sagen, dass sich die<br />

Motivation kein bisschen verändert hat.<br />

Mit Anna Shcherbakova sprachen Tatjana Flade<br />

und Olga Ermolina.<br />

•••


6<br />

Ilia Malinin<br />

Interview<br />

<strong>Pirouette</strong>: Herzlichen Glückwunsch zum Sieg<br />

beim Challenge Cup und zum Erreichen der<br />

nötigen Punkte für die WM. Wie zufrieden<br />

sind Sie?<br />

Ilia: Ich freue mich natürlich sehr darüber, bei<br />

der Weltmeisterschaft starten zu dürfen. Ich bin<br />

erleichtert, dass ich die erforderlichen Punkte<br />

hier holen konnte. Ich werde mich in Frankreich<br />

mit den absolut besten Läufern messen können.<br />

Das wird sicherlich aufregend für mich und wird<br />

mir großen Spaß machen. Mit meiner Leistung<br />

hier bin ich einigermaßen zufrieden. Ich habe<br />

den Sturz am Anfang des Programms gut weggesteckt.<br />

So etwas passiert leider manchmal,<br />

aber man muss es direkt abhaken und das ist<br />

mir heute gut gelungen.<br />

Was sind Ihre Ziele für die WM?<br />

Lutz, 4L-4T oder 4L-4R. Und dann eventuell irgendwann<br />

den vierfachen Axel. Es bleibt also<br />

interessant.<br />

Erwägen Sie, eine solche Kombination auch<br />

im Wettkampf in eine Kür einzubauen?<br />

Diese Saison ist fast am Ende, daher diese Saison<br />

nicht mehr. Aber in der Zukunft könnte ich<br />

mir schon vorstellen, es mal zu probieren.<br />

Arbeiten Sie tatsächlich am vierfachen Axel?<br />

Ich habe es beim Schaulauf-Training der US<br />

Meisterschaften probiert. Leider gibt es davon<br />

keine Aufnahme. Er war ein Viertel unterdreht,<br />

aber schon ganz schön nah dran. Ich arbeite<br />

weiter daran und es ist mein Traum, diesen<br />

Sprung zu landen.<br />

Foto: Dombrowski<br />

Ilia Malinin<br />

»Ich werde mich<br />

in Frankreich<br />

mit den besten<br />

messen können«<br />

Im Herbst 2020 machte der Amerikaner<br />

Ilia Malinin das erste Mal ein breiteres<br />

Publikum auf sich aufmerksam. Als mit<br />

Abstand jüngster Teilnehmer belegte er<br />

bei Skate America den 5. Platz. Diese<br />

Saison gewann Malinin souverän seine<br />

beiden Junior Grand Prix. Der ganz große<br />

Durchbruch kam jedoch bei den US-<br />

Meisterschaften im Januar. Mit zwei<br />

blitzsauberen Programmen und 302,48<br />

Punkten gewann er Silber. Für einen<br />

Startplatz bei den Olympischen Spielen<br />

reichte es dennoch nicht, da der Verband<br />

auf seine erfahrenen Läufer setzte.<br />

Malinin bekam jedoch einen Startplatz<br />

bei der WM zugesichert. Die dazu im KP<br />

noch erforderliche Mindestpunktzahl im<br />

technischen Bereich erlangte er ohne<br />

Probleme beim Challenge Cup in Tilburg,<br />

Niederlande, in der Kür hatte er diese<br />

Punktzahl schon beim Ice Challenge in<br />

Graz geholt. In Tilburg gewann er souverän<br />

mit einem sicheren Kurzprogramm<br />

sowie einer Kür, bei der er nach<br />

einem anfänglichen Sturz beim 4L alle<br />

Höchstschwierigkeiten perfekt aufs Eis<br />

brachte. Im Anschluss sprach die <strong>Pirouette</strong><br />

mit dem Sohn der ehemaligen<br />

Weltklasseläufer Tatjana Malinina und<br />

Roman Skorniakov.<br />

Mein Hauptziel ist ganz klar, einfach mein Bestes<br />

zu geben und fehlerfrei zu laufen. Wenn mir<br />

das gelingt, so denke ich, habe ich Chancen auf<br />

eine Medaille.<br />

Insgesamt haben Sie schon eine lange Saison<br />

hinter sich, wie würden Sie diese selbst<br />

beschreiben?<br />

Es war eine lange Reise mit vielen Höhen und<br />

ein paar Tiefen. Ich kann aber zu hundert Prozent<br />

sagen, dass ich absolut immer mein Bestes<br />

gegeben habe. Natürlich waren die amerikanischen<br />

Meisterschaften ein großes Highlight, das<br />

mich auch sehr für die Zukunft motiviert hat.<br />

Vor dem Wettbewerb hatte ich doch einige<br />

Zweifel, ob ich es aufs Podium schaffen kann.<br />

Doch die Meisterschaft hat mir gezeigt, dass ich<br />

tatsächlich einige der ganz großen Namen<br />

schlagen kann. Vor allem, wenn ich mich noch<br />

mehr reinhänge und noch härter trainiere.<br />

Sie waren bei den US-Meisterschaften nahe<br />

dran, es ins olympische Team zu schaffen.<br />

Natürlich habe ich davon geträumt, es zu den<br />

Olympischen Spielen zu schaffen. Dann war ich<br />

so nah dran und die Stunden, bevor die Entscheidung<br />

bekannt gegeben wurde, waren sehr<br />

nervenaufreibend. Als ich doch nicht ausgewählt<br />

wurde, war es erst mal eine große Enttäuschung.<br />

Was war als Zuschauer Ihr Highlight bei den<br />

Olympischen Spielen?<br />

Ich finde es sehr beeindruckend, wie sich die<br />

Damenkategorie entwickelt hat. So viele Sportlerinnen<br />

haben dreifache Axel und Vierfache<br />

versucht. Alexandra Trusova und Anna Shcherbakova<br />

haben mich beeindruckt. Aber auch die<br />

Männer waren sehr gut. Nathan hat mit seinem<br />

grandiosen Auftritt und der hohen Punktzahl<br />

nicht nur mich, sondern alle umgehauen.<br />

Auf Ihrem Instagram-Kanal haben Sie beeindruckende<br />

Sprungkombinationen gezeigt,<br />

zum Beispiel 4T-4T, 4T-Euler-4S und 4S-4R.<br />

Was haben Sie als nächstes geplant?<br />

Ich plane Kombinationen mit dem vierfachen<br />

Sie sind der Sohn von zwei ehemaligen Spitzenläufern.<br />

Können Sie sich da noch daran<br />

erinnern, wie Sie mit dem Eiskunstlaufen<br />

angefangen haben?<br />

Als ich zwei oder drei Jahre alt war, hat meine<br />

Mutter beschlossen auszuprobieren, ob ich Spaß<br />

am Eislaufen habe. Sie hat mir ganz winzige<br />

Schlittschuhe besorgt und ich mochte es auf<br />

Anhieb. Obwohl ich noch so jung war, erinnere<br />

ich mich noch ganz genau an den ersten Moment.<br />

Es war ein ganz besonderes Gefühl. Ich<br />

bin so froh, dass ich mich dazu entschieden<br />

habe, diesen Sport zu machen. Ich liebe es einfach,<br />

auf dem Eis zu stehen.<br />

Sie werden auch von Ihren Eltern trainiert,<br />

wie funktioniert das im Alltag?<br />

Natürlich ist Eiskunstlauf immer Thema. Man<br />

hat nie wirklich Feierabend. Aber es hat Vorteile,<br />

weil niemand einen so gut kennt wie die eigenen<br />

Eltern. Sie wissen mich einzuschätzen<br />

und das hilft beim Training und auch bei den<br />

Wettkämpfen.<br />

Sie sind sehr ambitioniert, wann haben Sie<br />

Ihren Ehrgeiz entwickelt?<br />

Ich habe den Ehrgeiz auf jeden Fall von meinen<br />

Eltern geerbt. Sie haben immer schon viel Energie<br />

und Passion in den Sport gesteckt und das<br />

habe ich von ihnen übernommen. Als Kind habe<br />

ich selbst das Eiskunstlaufen noch gar nicht so<br />

sehr ernst genommen und eher zum Spaß betrieben.<br />

Als ich dann bei den Junioren lief, zur<br />

Junioren-WM ging, regelmäßig dreifach-dreifach<br />

sprang und dann auch gemerkt habe, dass mir<br />

die Vierfachen relativ leicht fallen, ist mir klar<br />

geworden, dass ich noch besser werden kann.<br />

Mir ist klargeworden, dass ich auf jeden Fall einer<br />

der besten Springer der Welt sein kann und<br />

das motiviert mich wirklich sehr. Hoffentlich<br />

schaffe ich es, den vierfachen Axel zu landen.<br />

Viel Erfolg bei der ersten WM und in<br />

Zukunft!<br />

Danke schön.<br />

Mit Ilia Malinin sprach Judith Dombrowski. •••


Klaus-Peter Kwiet gestorben<br />

Am 13. Februar ist der frühere Paarläufer, Eistänzer<br />

und Preisrichter Klaus-Peter Kwiet im<br />

Alter von 89 Jahren gestorben. Er und seine<br />

spätere Ehepartnerin Rita, geborene Pauka, waren<br />

von 1958 bis 1961 viermal Deutsche Meister<br />

im Eistanzen. <strong>No</strong>ch erfolgreicher war das<br />

Duo im Rolltanzen, in dem sie 1959 und 1961<br />

den Weltmeistertitel erringen konnten. Nach<br />

ihrem erfolgreichen Medizinstudium eröffneten<br />

sie in Homburg an der Saar eine Gemeinschafts -<br />

praxis. Klaus-Peter Kwiet engagierte sich jahrzehntelang<br />

als nationaler und internationaler<br />

Preisrichter und Vereinschef des Eis- und Rollsportclubs<br />

Homburg-Zweibrücken.<br />

Foto: Höppner<br />

Quelle: Instagram<br />

7<br />

News<br />

Anke Schultheiß gestorben<br />

Die rheinland-pfälzische Preisrichterin Anke<br />

Schultheiß ist am 2. Februar nach längerer<br />

Krankheit im Alter von nur 52 Jahren gestorben.<br />

Nach ihrer aktiven Karriere wertete sie<br />

fast 20 Jahre lang als Preisrichterin bei regionalen<br />

und nationalen Wettbewerben und kümmerte<br />

sich auch intensiv um den Leistungsaufbau<br />

in Neuwied und ganz Rheinland-Pfalz.<br />

Walburga Grimm gestorben<br />

Am 27. Februar ist die Erfurter Preisrichterin<br />

Walburga Grimm kurz vor ihrem 90. Gebrtstag<br />

nach längerer Krankheit gestorben. Seit 1961<br />

war sie eine international anerkannte Preisrichterin<br />

der DDR und 1982 - 2000 Mitglied des<br />

Kunstlaufkomitees der ISU. Sie war bei neun<br />

Olympischen Winterspielen dabei. Als Höhepunkte<br />

ihrer Preisrichter-Karriere bezeichnete<br />

sie später die Spiele 1984 und 1988 mit den<br />

Olympiasiegern Katarina Witt und Brian Boitano.<br />

Außerdem war sie lange Zeit auch Chefin<br />

des Eissportclubs Erfurt. Nach der poliitischen<br />

Wende in der DDR kritisierte sie wiederholt,<br />

dass die heutigen deutschen Läufer zu wenig<br />

trainieren und ihre Trainer zu nachgiebig seien.<br />

Foto: privat<br />

Hilde Lehmann gestorben<br />

Hilde Lehmann aus Berlin, die mit 106 Jahren<br />

wohl älteste Abonnentin der <strong>Pirouette</strong>, ist am<br />

6. Februar gestorben. Bis vor kurzem kam sie<br />

regelmäßig zu Eiskunstlauf-Veranstaltungen<br />

aller Art in Berlin, war früher Trainerin und<br />

Tänzerin, freiwillige Helferin und vieles mehr.<br />

Wolf/Liebers getrennt<br />

Das Chemnitzer Meisterklasse-Eistanzpaar Anne-Marie<br />

Wolf (19) und Max Liebers (21, nicht<br />

näher verwandt mit der Berliner Eislauffamilie<br />

Liebers) hat sich getrennt, weil Wolf eine Pause<br />

vom Wettbewerbsstress einlegen will, auch<br />

wenn sie schrieb, sie habe weiterhin viel Begeisterung<br />

für den Sport. In dieser Saison sind sie<br />

bei der Nebelhorn Trophy (Platz 16), der NRW<br />

Trophy (Platz 5) und beim Warschau Cup (Rang<br />

16) gestartet und hatten noch viel Potenzial.<br />

Keriven/Pierre<br />

getrennt<br />

Das französische Kunstlaufpaar<br />

Coline Keriven<br />

(21) und <strong>No</strong>ël-Antoine<br />

Pierre (26) gab am Tag<br />

des KP der Olympischen<br />

Spiele nach fünf gemeinsamen<br />

Jahren bekannt,<br />

dass sie sich getrennt<br />

haben. Weder<br />

bei der WM 2021 noch<br />

bei der Nebelhorn Trophy<br />

2021 konnten sie<br />

sich für die Olympischen<br />

Spiele qualifizieren<br />

und belegten bei<br />

der EM in Tallinn Platz<br />

17. Ihr größter Erfolg<br />

war Rang 11 bei der EM<br />

2020. Keriven suchte im<br />

Februar einen neuen<br />

Partner. Schon im Frühherbst<br />

auseinander gegangen<br />

war das andere<br />

französische Paar Cléo<br />

Hamon (20) und Denys<br />

Strekalin (22). Dieser<br />

hat mit Océane Piegad<br />

(18) aus Nizza inzwischen<br />

eine neue Partnerin,<br />

die 2020 ihre<br />

Karriere als Einzelläuferin<br />

beendet hatte. krk<br />

www.mediavia.de<br />

Baby für Leonova und<br />

Shulepov<br />

Die russischen Ex-Läufer Alena Leonova (31) und<br />

Anton Shulepov (25) freuen sich über die Geburt<br />

ihres ersten gemeinsamen Kindes. Der Junge<br />

kam am 18. Februar zur Welt, wog 3075 Gramm<br />

und war 51 cm groß, wie die glückliche Mutter<br />

auf Instagram mitteilte. Einen Namen gaben die<br />

Eltern noch nicht bekannt. Leonova war 2012<br />

Zweite der WM und lief bis 2018 internationale<br />

Wettbewerbe. 2019 heiratete sie Shulepov, der<br />

u.a. im Grand Prix startete und seine Karriere im<br />

Dezember 2021 mit dem sechsten Platz bei der<br />

Russischen Meisterschaft beendete. Beide arbeiten<br />

als Trainer in St. Petersburg. <br />

tat<br />

EISLAUFTRAINING <strong>2022</strong><br />

Beste Trainingsbedingungen von Mitte Juni bis Dezember<br />

• 3 Trainingshallen<br />

• Weltklasse Trainer für Eiskunstlauf,<br />

Eistanz, Choreographie<br />

• Physiotherapien, Ballett- und<br />

Yogaraum, Sportplatz<br />

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ihren Läufern<br />

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des Eissportzentrums<br />

Tel.: +49 (0) 83 22-700 5006 · Roßbichlstr. 2-6 · 87561 Oberstdorf<br />

ts@oberstdorf-sport.de · www.eissportzentrum-oberstdorf.de


8<br />

Weitere Wettbewerbe<br />

Icelab International Cup in<br />

Bergamo<br />

Lucrezia Beccari<br />

Die auch für Nicht-Skandinavier offenen<br />

<strong>No</strong>rdischen Meisterschaften fanden am<br />

letzten Januarwochenende in Hörsholm<br />

(Dänemark) statt, etwa 25 Kilometer<br />

nördlich von Kopenhagen.<br />

Sieger im Männerwettbewerb mit 190 Punkten<br />

wurde der „Oberstdorfer Finne“ Valtter Virtanen<br />

zwei Wochen nach der EM in Tallinn, bei der er<br />

Platz 19 belegt hatte. Das KP blieb mit 3T-3T,<br />

2A und 3L nahezu fehlerlos. In der Kür gelangen<br />

drei Dreifache, aber der 4T und der zweite 3L<br />

nicht. Auf Platz zwei kam der Pole Kornel Witkowski<br />

mit 182 Zählern vor dem Schweden Oliver<br />

Praetorius mit 159 Punkten. Beste Frau war<br />

die Finnin Oona Ounasvuori mit 169 Punkten,<br />

die bei der EM auf Rang 26 gelandet war. Im<br />

fehlerfreien KP glückten 3L-2T, 3F und 2A, in<br />

der Kür waren vier Dreifache sauber, aber drei<br />

weitere umgestiegen. Silber mit 161 Zählern<br />

ging an Tzu-Han Ting aus Taiwan, Bronze an<br />

Olivia Lisko aus Finnland mit 149 Punkten.<br />

Der internationale Teil des von <strong>No</strong>vember auf Januar<br />

verschobenen Icelab Cup in Bergamo konnte Mitte Januar<br />

stattfinden, der dazugehörige Clubwettbewerb<br />

wegen zu vieler Personen in der Halle coronabedingt<br />

jedoch nicht.<br />

Lokalmatadorin Lucrezia Beccari gewann die kleine Frauenkonkurrenz<br />

der Meisterklasse mit 155 Punkten. In der Kür<br />

wurden zwei Dreifache abgewertet und zwei weitere waren<br />

unterdreht. Zweite wurde die Salzburgerin Sophie Schaller<br />

(134) vor der Lettin Angelina Kuchvalska (133). Die Paarlaufkonkurrenz<br />

mit nur drei Teams gewannen die Spanier Dorota<br />

Broda & Pedro Betegon mit 147 Zählern vor den Italienern<br />

Anna Valesi & Manuel Piazza (145) und deren Landsleuten<br />

Irma Caldara & Riccardo Maglio (139). Bei den Juniorinnen<br />

siegte die Belgierin Nina Pinzarrone mit 166 Zählern, bei den<br />

Junioren der Italiener Matteo Nalbone (174 Punkte) und im<br />

Junioren Paarlaufen die Tschechen Barbora Kucianova & Lukas<br />

Vochozka (138). Deutsche waren nicht am Start.<br />

<strong>No</strong>rdische Meisterschaften<br />

Sofia Trophy<br />

Bei der Sofia Trophy am ersten Februarwochenende<br />

im alten „Wintersportpalast“ der bulgarischen<br />

Hauptstadt gewannen zwei Österreicher in<br />

der Meisterklasse. Stefanie Pesendorfer aus Linz<br />

dominierte bei den Frauen mit 173 Punkten. Im<br />

KP meisterte sie eine 3L-3T-Kombination mit q<br />

(nahe an Unterdrehung) beim 3T, einem 3F sowie<br />

drei guten Level 4-<strong>Pirouette</strong>n. In der Kür glückten<br />

vier Dreifache, nur der 3S in der Sprungfolge mit<br />

3F und Euler war nicht sauber. Auf Platz zwei<br />

kam die Bulgarin Alexandra Feigin mit 164 Zählern,<br />

auf drei mit 144 Punkten die Lettin Angelina<br />

Kuchvalska. Bei den Männern hatte Maurizio<br />

Zandron die Nase mit guten 212 Punkten vorne.<br />

Im KP war der 3A umgestiegen, 3L-3T und 3R<br />

aber gut. In der ebenfalls sturzfreien Kür waren<br />

fünf Dreifache relativ sauber, auch ein 3A. Auf<br />

Platz zwei landete der Monegasse Davide Lewton<br />

Brain mit 198 Zählern vor dem Kasachen Dias Jirenbajev<br />

(190). Zehnter und Letzter wurde der<br />

Österreicher Anton Skoficz mit 147 Punkten und<br />

3T-2T, aber Sturz beim 3R im KP und ohne gelungene<br />

Dreifache in der Kür.<br />

Skate Helena<br />

in Belgrad<br />

Die beste Leistung beim Einzellaufwettbewerb<br />

Skate Helena in der serbischen Hauptstadt Belgrad<br />

gelang mit 210 Punkten dem Slowaken<br />

Adam Hagara, der in der Woche zuvor bei der EM<br />

in Tallinn im KP nur 60 Punkte geholt hatte und<br />

mit Rang 25 das Finale verpasste. Diesmal erzielte<br />

er im fehlerfreien KP mit vier dreifachen Sprüngen<br />

72 Punkte. In der Kür glückten ihm sieben<br />

gute Dreifache, nur der zweite 3A war unsauber.<br />

Zweiter mit 178 Punkten wurde der Ungar Aleksandr<br />

Vlasenko vor dem für Bulgarien laufenden<br />

Schweizer Beat Schümperli (162). Bei den Frauen<br />

gewann die Slowenin Dasa Grm eine Woche nach<br />

Platz 28 bei der EM. Im KP gelangen 3F und 3T-<br />

2T, aber der 2A endete mit Sturz. Vier Dreifache<br />

meisterte sie in der sturzfreien Kür, aber sie riss<br />

einen Flip auf. Auf Platz zwei mit 156 Punkten<br />

kam die Ungarin Julia Lang, auf drei die im baden-württembergischen<br />

Ravensburg lebende und<br />

für Rumänin startende Julia Sauter mit 155 Zählern,<br />

die bei der EM nicht gestartet war.<br />

Bester Junior war Andreas <strong>No</strong>rdebäck aus<br />

Schweden, der mit 195 Punkten ein Konkurrent<br />

für den zuletzt besten Schweden Nikolaj Majorov<br />

geworden ist und zwei so gut wie fehlerlose<br />

Programme präsentierte, aber keinen 3A oder<br />

Vierfachen. Beste Juniorin wurde Janna Jyrkinen<br />

aus Finnland mit 150 Punkten. Auf Anhieb Rang<br />

drei mit 144 Punkten unter 20 Läuferinnen belegte<br />

hier die Finnin Petra Lahti, die bei den Bavarian<br />

Open in der Woche zuvor eine der beiden<br />

Nachwuchskonkurrenzen mit für diese Klasse<br />

außerordentlichen Leistungen gewonnen hatte.<br />

Die besten fünf Juniorinnen in Horshölm kommen<br />

allesamt aus Finnland, auch bei den Nachwuchswettbewerben<br />

lagen Finnen ganz vorne.<br />

Valtter Virtanen<br />

Fotos: Höppner<br />

Adam Hagara


Janse van Rensburg & Steffan siegen bei<br />

Egna Dance Trophy<br />

Den alljährlichen Tanzwettbewerb in der Würth-<br />

Halle im Südtiroler Egna gewannen die Deutschen<br />

Meister Jennifer Janse van Rensburg &<br />

Benjamin Steffan mit beachtlichen 182 Punkten.<br />

Die Elemente im Rhythmustanz (76 Punkte) erhielten<br />

sehr hohe Levels (3 x 4 und 2 x 3). Drei<br />

der fünf bekamen von mindestens einem Preisrichter<br />

eine Bewertung von +4. Auch die Kür<br />

glückte nahezu fehlerfrei, seine Level-Elemente<br />

erhielten fast nur Level 4, ihre zweimal auch Level<br />

3. Auf Platz kamen die Italiener Carolina Moscheni<br />

und Francesco Fioretti (166), dahinter die<br />

Israelis Mariia <strong>No</strong>sovitskaya & Michail <strong>No</strong>sovitskyi<br />

(162). Fünfte mit 160 Zählern wurden Trainertochter<br />

Victoria Manni & Carlo Röthlisberger,<br />

die nicht mehr für die Schweiz, sondern erstmals<br />

für Italien starteten. Platz sechs mit 159 Zählern<br />

belegten die Oberstdorfer Lara Luft & Maximilian<br />

Pfisterer mit fehlerfreiem Rhythmustanz und<br />

sehr hohen Levels (3 x 4 und 2 x 3). Auch in der<br />

Kür waren die Levels gut und neun Elemente erhielten<br />

von keinem Preisrichter Minuspunkte,<br />

nur bei den Choreoschritten am Ende stürzte<br />

Pfisterer. Victoria Lopusova & Asaf Kazimov aus<br />

Dortmund wurden Neunte mit 149 Zählern.<br />

Merano Ice Trophy<br />

Am ersten Februarwochenende fand die<br />

Meran Trophy trotz kleinerer Startfelder<br />

als üblich wieder statt.<br />

Gewinner in der Meisterklasse mit 225 Punkten<br />

war der EM-Neunte Gabriele Frangipani nach<br />

einem KP mit 3S, 3L-3T und umgestiegenem 3A.<br />

In der Kür gelangen 4T und 4S nicht, aber sechs<br />

Dreifache gut, darunter zwei 3A, zwei andere<br />

waren unsauber. Der Österreicher Luc Maierhofer<br />

wurde Zweiter mit 206 Zählern. Im KP erhielt<br />

der 3F eine kleine Kantenwarnung und der<br />

3T nach dem 3L war unterdreht, der 2A sicher.<br />

Einziger Patzer in der Kür war der immerhin<br />

versuchte, aber gestürzte 4T, während sieben<br />

Dreifache Pluspunkte erhielten. Wesentlich besser<br />

als bei der EM (Platz 31) lief der für Kroatien<br />

startende Südtiroler Jari Kessler. Er erreichte<br />

insgesamt 199 Punkte und gewann das KP mit<br />

3L-3T, 3F, 2A sowie vier Level 4-Elementen und<br />

holte 75 Punkte, 20 mehr als in Tallinn. In der<br />

Kür gelangen aber nur drei der fünf versuchten<br />

Dreifachen. Alle drei trainieren in Egna bei Lorenzo<br />

Magri, ebenso wie der Schweizer Juniorensieger<br />

Naoki Rossi mit 3A in beiden Programmen<br />

und beachtlichen 204 Punkten.<br />

Siegerin in der Meisterklasse wurde die Italienerin<br />

Ginevra Negrello mit 164 Punkten. Im KP<br />

wurde der zweite 3T der Kombination abgewertet<br />

und der 3R glückte nicht einwandfrei, die<br />

anderen Elemente gut. In der Kür vergab die Jury<br />

für drei der fünf Dreifachen Pluspunkte. Dahinter<br />

landete Lucrezia Beccari mit 155 Zählern mit 3L,<br />

3F-2T, aber unterdrehtem 2A im KP und nur einem<br />

sauberen Dreifachen in der Kür. Rang drei<br />

mit 152 Punkten belegte die Salzburgerin Sophie<br />

Neue Anschrif t!<br />

Carolina Moscheni und<br />

Francesco Fioretti<br />

Gabriele Frangipani<br />

Schaller mit gelungener 3R-2T-Kombination im<br />

KP, aber Sturz beim 3F. In der Kür waren 2A-<br />

Euler-3S und 3R-2T sauber, zwei weitere Dreifachversuche<br />

aber knapp unterdreht.<br />

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Dragon Trophy<br />

in Ljubljana<br />

Der seit langem existierende Einzellaufwettbewerb<br />

Dragon Trophy mit dem Tivoli Cup in der<br />

slowenischen Hauptstadt Ljubljana war verschoben<br />

worden und konnte nun vom 11. bis 13. Februar<br />

stattfinden. Sieger bei den Männern wurde<br />

der Monegasse Davide Lewton Brain mit 197<br />

Punkten. Das KP enthielt sieben sehr gut ausgeführte<br />

Elemente, darunter 3T-3T, 3L, 2A und drei<br />

Level 4-<strong>Pirouette</strong>n. In der Kür gelangen allerdings<br />

drei Elemente nicht wie geplant. Auf Platz<br />

zwei mit 179 Zählern landete der Franzose Corentin<br />

Spinar, auf drei mit 167 Punkten der Slowake<br />

Michael Neuman und auf fünf der Österreicher<br />

Valentin Eisenbauer mit 146 Punkten<br />

und 3L und 3R im KP sowie zwei knapp gelungenen<br />

Dreifachen in der Kür. Als Siegerin mit<br />

163 Punkten wurde die Lokalmatadorin Dasa<br />

Grm gekrönt, die im KP 3T-3T und 3F sicher landete,<br />

aber den 2A leicht unterdrehte. In der Kür<br />

gelangen drei Dreifache, drei andere Sprünge<br />

gingen allerdings daneben. Auf Rang zwei mit<br />

161 Zählern landete die Schweizerin Yasmine<br />

Kimiko Yamada vor der für Rumänien laufenden<br />

Ravensburgerin Julia Sauter (160) und der Salzburgerin<br />

Sophie Schaller (158). Siegerin bei den<br />

Junioren wurde die Belgierin Nina Pinzarrone<br />

mit 163 Punkten.<br />

Jegvirak Cup<br />

in Ungarn<br />

Der Jegvirak Cup in der nordost-ungarischen<br />

Stadt Miskolc hat eine längere Tradition und<br />

fand in diesem Jahr vom 11. bis 13. Februar<br />

statt. Die Ungarin Julia Lang war die beste Läuferin<br />

mit 168 Punkten. Im KP glückte eine<br />

3F-3T-Kombination, aber der 3L war beinahe<br />

gestürzt. In der Kür waren vier Dreifache einigermaßen<br />

sauber, aber 2A und 2R (der sicher<br />

3R werden sollte) nicht. Zweite mit 166 Punkten<br />

und der besten Kür wurde die Finnin Olivia<br />

Lisko. Auch bei den Männern hatte mit Aleksandr<br />

Vlasenko (nicht zu verwechseln mit dem<br />

Münchner Trainersohn Alexander Vlascenko) ein<br />

Ungar die Nase vorne, er sammelte 200 Punkte.<br />

Im KP gab es geringe Pluspunkte für die 3F-3T-<br />

Kombination, aber der 3L war umgestiegen. Die<br />

Kür war mit sieben Dreifachen fehlerlos, aber<br />

den 3A hatte er nicht im Programm. Zweiter<br />

mit 185 Zählern wurde der für Kroatien startende<br />

Südtiroler Jari Kessler und Sechster mit<br />

165 Punkten der früher für Österreich und jetzt<br />

Ihr Eiskunstlauf<br />

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und Webshop<br />

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für Ungarn laufende<br />

Mozes Jozef Barei.<br />

Auch im Eistanzen lagen<br />

Ungarn ganz vorne:<br />

Die EM-18. Mariia<br />

Ignateva & Danijil<br />

Szemko, die aus Russland<br />

bzw. der Ukraine<br />

stammen, holten<br />

157 Punkte. krk<br />

9<br />

Weitere Wettbewerbe


10<br />

Weitere Wettbewerbe<br />

Sächsische<br />

Meisterschaften<br />

Die mit Abstand meisten Punkte (143) bei den<br />

Sächsischen Meisterschaften in der Chemnitzer<br />

Trainingshalle holte das einheimische Kunstlaufpaar<br />

Laetizia Roscher und Luis Schuster. Das KP<br />

gelang besser als zwei Wochen zuvor bei der EM<br />

in Tallinn, denn sechs Elemente waren so gut<br />

wie sauber, auch der 2A, nur der dreifache Twist<br />

war nicht ganz einwandfrei. In der Kür hatten<br />

sie Probleme bei den dreifachen Würfen und<br />

Sprüngen, aber die anderen Elemente erhielten<br />

Pluspunkte. Ein guter Test für die Junioren-WM<br />

Anfang <strong>März</strong> in Sofia war es allemal. Elisabeth<br />

Jäger aus Bayern wurde Meisterin in der Meisterklasse,<br />

aber mit nur 106 Punkten und ohne<br />

gelungene Dreifache. Auf ein zukünftiges internationales<br />

Niveau kann man bei einigen Nachwuchsläufer/innen<br />

hoffen.<br />

Winter Star<br />

in Minsk<br />

Der Winter Star-Wettbewerb fand vom 10. bis<br />

13.2. in der Malinovka-Arena der weißrussischen<br />

Hauptstadt Minsk statt. Die beste Leistung<br />

in der Meisterklasse zeigte der Einheimische<br />

Evgeni Puzanou, der beim Junioren Grand<br />

Prix 2021 in Danzig 15. mit 155 Punkten geworden<br />

war, diesmal aber als Sieger 205 Punkte<br />

holte. Im fehlerfreien KP glückten 2A, 3L-3T, 3F<br />

und drei Level 4 <strong>Pirouette</strong>n. In der so gut wie<br />

fehlerlosen Kür meisterte er sechs Dreifache<br />

und schaffte in beiden Programmen sogar erstmals<br />

die Mindestpunktzahl für die WM. Zweiter<br />

mit 202 Zählern wurde sein Landsmann Alexander<br />

Lebedev mit 202 Punkten, der das KP mit<br />

3A, 3F und 3L-3T gewonnen hatte. In der Kür<br />

waren fünf der sieben Dreifachen sauber, der<br />

3A war allerdings unterdreht. Die beste Läuferin<br />

war die international noch unbekannte Russin<br />

Stanislava Molchanova mit 179 Punkten, aber<br />

im KP waren 3L und 3F nicht ganz einwandfrei.<br />

In der Kür erhielten vier Dreifache Plus-, zwei<br />

aber Minuspunkte.<br />

Paarlaufsieger mit 176 Zählern wurden die<br />

Weißrussen Bogdana Lukashevich & Alexander<br />

Stepanov, Zehnte der EM <strong>2022</strong> mit nahezu fehlerlosem<br />

KP und einer guten Kür mit allen üblichen<br />

dreifachen Elementen und einem Sturz<br />

beim 3S als einzigem Fehler. Das zweite weißrussische<br />

Paar Ekaterina Yurova & Dmitri Bushlanov<br />

kam auf Rang zwei mit 167 Zählern. Bestes<br />

Paar im Eistanzen waren die Esten Alexandra<br />

Samersova & Kevin Ojala mit 152 Punkten.<br />

Die Juniorenkonkurrenz im Paarlaufen gewannen<br />

die Australier Anastasia Golubeva & Hector<br />

Giotopoulos Moore mit 154 Punkten. Dritte mit<br />

124 Punkten wurden hier die von Olympiasieger<br />

Bruno Massot betreuten Franzosen Oxana Vouillamoz<br />

& Flavien Giniaux.<br />

Bellu<br />

Memorial in<br />

Rumänien<br />

Am letzten Februar-Wochenende fand in<br />

der Eishalle des rumänischen Ortes Otopeni<br />

nahe dem internationalen Flughafen<br />

von Bukarest erstmals ein Einzellauf-<br />

Wettbewerb namens Bellu Memorial statt.<br />

Die mit Abstand beste Leistung zeigte der Franzose<br />

Luc Economides aus der Schule von Florent<br />

Amodio und gewann mit 241 Punkten. Vor<br />

15 Monaten war er noch nicht einmal zu den<br />

französischen Meisterschaften zugelassen worden,<br />

denn wegen der Pandemie durften nur<br />

fünf Männer starten, er aber nicht. Das machte<br />

ihn so wütend, dass er schwor, es allen im Verband<br />

zu zeigen. Dabei ist er auf dem besten<br />

Weg. Im fehlerlosen KP gelangen alle vier Dreifachen<br />

erstklassig und erhielten überwiegend<br />

Bewertungen von +3. <strong>Pirouette</strong>n und die<br />

Schrittfolge (alle Level 4) bekamen sogar einige<br />

+4. Auch in der Kür mit sechs sehr guten Dreifachen<br />

(darunter einem 3A) und einem verwackelten<br />

zweiten 3A dominierten Bewertungen<br />

von +3. Die Komponenten lagen in beiden Programmen<br />

bei etwa 7,9. Vierfache hatte er allerdings<br />

nicht im Programm. Auf Platz zwei mit<br />

229 Punkten kam der italienische EM-Neunte<br />

Gabriele Frangipani mit 4S im KP, auf drei mit<br />

210 Zählern der Österreicher Maurizio Zandron<br />

mit knappem 3A im KP und Abzügen bei beiden<br />

Kür-3A, aber drei sauberen anderen Dreifachen.<br />

Siegerin mit 156 Punkten wurde die Rumänin<br />

Ana Sofia Beschea mit 3S-2T-Kombination im<br />

KP, aber zwei anderen leicht unterdrehten<br />

Sprüngen (q). In der Kür waren von den nur drei<br />

versuchten Dreifachen zwei sauber. Auf Platz<br />

zwei mit 147 Zählern kam die Slowakin Ema<br />

Doboszova, auf drei mit 141 Punkten die Israelin<br />

Taylor Morris. Juniorensieger mit 186 Punkten<br />

wurde der Slowake Lukas Vaclavik, Erste bei<br />

den Juniorinnen mit 150 Punkten die Israelin<br />

Mariia Seniuk.<br />

Dtsch. Jugendmeisterschaft<br />

Anfang Februar fanden zusammen mit den kleinen<br />

Offenen Sächsischen Meisterschaften in<br />

Chemnitz auch die Deutschen Jugendmeisterschaften<br />

statt, also Wettbewerbe mit limitiertem<br />

Schwierigkeitsgrad wie kein 2A und kein<br />

Dreifacher im Kurzprogramm. Diese Kategorie<br />

ist eigens für Sportlerinnen (und ein paar wenige<br />

Sportler) geschaffen worden, die Spaß am<br />

Laufen haben, auch an Wettbewerben, aber keinen<br />

Hochleistungssport betreiben wollen. Beste<br />

der 28 Frauen wurde Gilian Armstrong aus<br />

Mannheim mit 96 Gesamtpunkten. Im KP stand<br />

bei ihr 1A, 2L mit Kantenabzug-2T und 2F zu<br />

Buche, Elementebewertungen von überwiegend<br />

+1, <strong>Pirouette</strong>n mit Level 2 und 3 und Komponenten<br />

von etwa 4,1. Ihre Kür enthielt auch<br />

zwei solide 2A, aber keine Dreifachen. Das Feld<br />

war logischerweise recht dicht beisammen, weil<br />

alle fast dieselben Elemente zeigten. Die Zehntplatzierte<br />

hatte 83 Punkte, die 20. noch 65. Bei<br />

den Männern gingen nur drei an den Start, von<br />

denen <strong>No</strong>ah Leander Jüßen mit 99 Punkten der<br />

beste war, mit denselben Elementen im KP, aber<br />

immerhin mit 3S in der Kür.<br />

„Wunderkind“<br />

Tara Lipinski<br />

Vor 25 Jahren besuchte der frühere <strong>Pirouette</strong>-<br />

Chefredakteur Guido Dobbratz die amerikanischen<br />

Meisterschaften in Nashville und erlebte<br />

dabei, wie die 14-jährige Tara Lipinski als neues<br />

„Wunderkind“ gefeiert wurde und sie mit insgesamt<br />

sieben Dreifachsprüngen die als unschlagbar<br />

geltende Weltmeisterin Michelle Kwan entthronte.<br />

Ihr gelang dabei eine Weltpremiere und<br />

darüber schrieb er:<br />

„In der Kür steigerte Tara Lipinski noch ihre<br />

Schwierigkeiten und verblüffte mitten im Programm<br />

mit der Weltpremiere Dreifachrittberger<br />

/ Dreifachrittberger. <strong>No</strong>ch kein anderer Athlet -<br />

auch nicht bei den Männern - hatte zuvor diese<br />

Kombination gemeistert und nun schlug ausgerechnet<br />

die jüngste Teilnehmerin der Meisterklasse<br />

ein neues Kapitel in der Geschichte des<br />

Eiskunstlaufens auf. Die Zuschauer riss es nach<br />

dieser perfekten und völlig fehlerfreien Kür<br />

förmlich von den Sitzen, sie skandierten<br />

„six,six,six“, warfen Stofftiere aller Art auf die<br />

Bahn und feierten überschwänglich die federleichte<br />

und gerade 1,46 Meter große Läuferin.“<br />

Letzte Meldung:<br />

Russische<br />

Sportler ausgeschlossen<br />

Am Montagabend, dem 28.02. empfahl das<br />

IOC allen Sportverbänden der gesamten<br />

Welt, wegen des Überfalls Russlands auf die<br />

Ukraine sämtliche russischen und weißrussischen<br />

Sportler von allen internationalen<br />

Wettbewerben auszuschließen. Die französische<br />

Verbandspräsidentin Nathalie Péchalat<br />

sagte, auch die französische Regierung werde<br />

sich dieser Empfehlung anschließen. krk


Aljona Savchenko und ihr Toptalent<br />

Anna Grekul siegt beim<br />

Heiko-Fischer-Pokal<br />

Nachdem im vergangenen Jahr der Heiko-Fischer-Pokal wegen Corona ausfallen musste,<br />

fand er nun in Erinnerung an den 1989 verstorbenen Meisterläufer bereits zum 31. Mal<br />

auf der Eiswelt Waldau in Stuttgart statt. Zur Siegerehrung erschien auch sein 32-jähriger<br />

Sohn Heiko Fischer junior, von Beruf Polizeihauptmeister bei der Kriminalpolizei.<br />

Anna Grekul mit Heiko Fischer junior<br />

11<br />

Heiko-Fischer-Pokal<br />

„Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig<br />

und allein das Durchhalten“, hieß einst das<br />

Motto des dreimaligen deutschen Meisters. Diese<br />

Parole von Heiko Fischer sollte auch für die heutige<br />

Generation gelten. Knapp 100 Teilnehmer in<br />

zehn Wettbewerben waren diesmal am Start und<br />

fast alle kamen aus Deutschland, da Punkte für<br />

den Landes- und den Bundeskader gesammelt<br />

werden konnten. Daher erschien die Nachwuchs-<br />

Bundestrainerin Ilona Schindler, die allerdings<br />

ein eher durchwachsenes Niveau erlebte.<br />

Richtige Talente sind nun einmal zwischen Berlin<br />

und Oberstdorf dünn gesät und die muss man<br />

mit der Lupe suchen. Relativ hoch war noch das<br />

Niveau bei den Junioren Damen, bei denen neun<br />

Läuferinnen um den Pokal des Ministerpräsidenten<br />

kämpften. Aus Stuttgarter Sicht interessierte<br />

besonders das Abschneiden der Lokalmatadorin<br />

Marilen Hierling, die von der Landestrainerin<br />

Claudia Unger betreut wird. Im Gegensatz zu<br />

den Bavarian Open zeigte sie sich in besserer<br />

Form und belegte dank eines fehlerfreien KP sowie<br />

einer beherzten Kür den zweiten Rang vor<br />

der kürstarken Dortmunderin Ina Jungmann.<br />

Am meisten jedoch freute sich die Paarlauf-<br />

Olympiasiegerin Aljona Savchenko, die in der<br />

14-jährigen Oberstdorferin Anna Grekul über<br />

ein wahres Toptalent verfügt. Seit knapp einem<br />

Jahr trainiert Savchenko die Läuferin mit Vorfahren<br />

aus der Ukraine und federleicht absolvierte<br />

diese den 2A zum Auftakt sowie 3S und<br />

3F und meisterte auch die Kombis. Im KP und in<br />

der Kür war die aus Genf ins Allgäu gekommene<br />

Läuferin eine Klasse für sich, kam auf insgesamt<br />

128,61 Punkte und durfte aus den Händen von<br />

Heiko Fischer junior den von Ministerpräsidenten<br />

Winfried Kretschmann gestifteten Ehrenpreis<br />

entgegennehmen.<br />

Bei den Junioren Herren war vor allem der bereits<br />

77-jährige Trainer Karel Fajfr gefragt,<br />

denn an seiner früheren Arbeitsstätte betreute<br />

er gleich drei Läufer vom EC Oberstdorf. Mit<br />

Mütze, Maske und dicker Jacke ausgestattet,<br />

verfolgte er in der frostigen Halle auf einer<br />

Bank sitzend die Auftritte seines Trios, von dem<br />

Davide Calderari dank der besten Kür mit 3F, 3S<br />

und der Kombi 3L-2T auf den zweiten Platz vor<br />

Linus Mager und Robert Weber kam. Den Sieg<br />

aber holte sich mit 145,28 Punkten der von<br />

Florian Just betreute Regensburger Luca Fünfer<br />

mit einem fulminanten KP und einer kämpferischen<br />

Kür.<br />

Richtig groß war mit 29 Läuferinnen der Wettbewerb<br />

der Nachwuchs-Mädchen besetzt und<br />

hier siegte am Ende die deutsche Jugendmeisterin<br />

Julia Grabowski aus Essen mit 114,47 Punkten<br />

vor Sophie Erhardt aus Oberstdorf mit<br />

109,23 Punkten. Unter den Augen ihrer erfahrenen<br />

Trainerin Gudrun Pladdies gelang dabei der<br />

14-jährigen Westfälin ihre bisher beste Kür mit<br />

der Kombi 3T-2T, einem wunderschönen 3S sowie<br />

einem 2A aus hohem Tempo. So fing sie die<br />

leicht favorisierte Sophie Erhardt ab, die zwar in<br />

ihrem Programm vier verschiedene Dreifache<br />

hatte, diesmal jedoch beim 3L genauso stürzte<br />

wie beim 3F. Da gab es am Ende Tränen für das<br />

zwölfjährige Talent, doch Trainer Just dürfte sie<br />

zum Deutschland-Pokal wieder aufbauen.<br />

Mächtig stolz auf ihre Tochter Sasha Tandogan<br />

war die frühere deutsche Paarlaufmeisterin Anuschka<br />

Gläser-Tandogan, die einst noch mit Heiko<br />

Fischer auf der Waldau trainiert hatte. Ihre Tochter<br />

war nach dem KP noch an fünfter Stelle gelegen,<br />

verbesserte sich jedoch mit einer flotten Kür,<br />

dem erstmals riskierten 3L sowie guten Komponenten<br />

auf die dritte Stelle. Auch mit ihrer zweiten<br />

Schülerin Louisa Brand, der Tochter der tus-<br />

Eissportvorsitzenden Stephanie Brand, und deren<br />

fünftem Rang konnte sie zufrieden sein. Die talentierte<br />

Deutsch-Japanerin Hoshiyo Raasch (TEC<br />

Waldau) konnte im Gegensatz zum schwungvollen<br />

KP dagegen nicht alle Schwierigkeiten abrufen<br />

und fiel auf den achten Rang zurück.<br />

Am Rand der Bande war auch der frühere Deutsche<br />

Eistanzmeister Joti Polizoakis zu sehen, der<br />

diesmal in der Nachwuchsklasse zwei Berliner<br />

Läuferinnen aus dem Team von Manuela Machon<br />

betreute. Die eine war die mit zehn Jahren<br />

jüngste Teilnehmerin Eva Antonella Biehler-Bedova,<br />

die am Ende den 16. Platz belegte und die<br />

andere war die zwölfjährige Elsa-Sophie Unger,<br />

die auf den 25. Rang kam.<br />

„Joti“ berichtete, dass er in Berlin die Schauspielschule<br />

besucht, aber auch auf dem Eis als Choreograf<br />

und Trainer aushilft. Gelegentlich hat er<br />

zudem Gastrollen bei „Holiday on Ice“ und hofft<br />

darauf, dass die Pandemie bald beendet ist und<br />

weitere Engagements möglich sind. Da drücken<br />

wir nicht nur Polizoakis, sondern dem gesamten<br />

Eislauf-Nachwuchs die Daumen. Guido Dobbratz<br />

Davide Calderari<br />

Marielen Hirling<br />

Fotos: Jochen Krauter<br />

Julia Grabowski


12<br />

Das Capital Indoor Stadium<br />

Trubel um Kamila Valieva, Fotos: Flade<br />

Olympische Winterspiele<br />

Die olympische Blase:<br />

Peking und die Pandemiespiele<br />

Von den Olympischen Winterspielen berichtet Tatjana Flade<br />

Die Olympischen Spiele in Peking<br />

werden als ganz besondere in die<br />

Geschichte eingehen, weil sie trotz der<br />

andauernden Pandemie, in der Mitte der<br />

Omikron-Welle, mit großen Aufwand<br />

organisiert wurden. Das Konzept war<br />

hart, aber erfolgreich, zumindest was<br />

die Sicherheit vor Corona angeht. Aber<br />

von der Begeisterung, der Atmosphäre,<br />

der „olympischen Idee“ von Teilhabe und<br />

Völkerverständigung ist fast nichts<br />

mehr übriggeblieben. Es geht nicht<br />

mehr um Ideale, sondern nur noch um<br />

Kommerz. Das ist zwar schon länger der<br />

Fall, aber so deutlich wie jetzt war es<br />

noch nie. Solange die TV-Bilder schön<br />

sind, die Sponsoren zahlen und die Einschaltquoten<br />

stimmen, ist alles andere<br />

egal. Die Pandemie ist für eine Diktatur<br />

wie China ein willkommener Anlass, die<br />

Bevölkerung noch mehr als bisher einer<br />

totalen Kontrolle zu unterwerfen.<br />

Die Spiele fanden in einer gigantischen Blase<br />

statt. Das war früher bereits so ähnlich, mit maximaler<br />

Abschottung und rigiden Sicherheitskontrollen,<br />

aber diesmal war jeder in der „bubble“<br />

eingesperrt und der Kontakt zur Außenwelt nicht<br />

möglich. Die Hotels waren mit Zäunen und<br />

Wachposten abgeriegelt. Aktive, Betreuer, Medien,<br />

Offizielle etc. bewegten sich nur zwischen<br />

Hotel bzw. Olympischem Dorf, Wettkampfstätten<br />

und dem Hauptpressezentrum. Die freiwilligen<br />

HelferInnen, MitarbeiterInnen und das Hotelpersonal<br />

waren ebenfalls in der Blase „gefangen“<br />

und liefen zum Teil in Schutzanzügen wie nach<br />

einem Chemieunfall herum. Aber sie waren<br />

freundlich, hilfsbereit und ein Lichtblick.<br />

Die Blase hatte ihre Berechtigung, denn die chinesische<br />

Regierung wollte verständlicherweise<br />

die Ausbreitung der Omikron-Variante des Corona-Virus<br />

in der Bevölkerung vermeiden. Vor der<br />

Einreise mussten alle TeilnehmerInnen mindestens<br />

zwei PCR-Tests absolvieren (im Falle einer<br />

überstandenen Corona-Infektion sogar vier plus<br />

einen Bluttest), mehrere Formulare ausfüllen,<br />

eine Überwachungsapp installieren und jeden<br />

Tag ihren Gesundheitszustand dokumentieren.<br />

Auch innerhalb der Blase ging es darum, das Virus<br />

unter Kontrolle zu halten. Jeden Tag wurden<br />

um die 70 000 PCR-Tests durchgeführt. Die<br />

Im Capital Indoor Stadium<br />

meisten positiven Fälle wurden bei der Ankunft<br />

herausgefischt, bei der ein besonders gründlicher<br />

Rachen- und Nasenabstrich gemacht wurde. Der<br />

tägliche Test war wenigstens nur ein Rachenabstrich.<br />

Die Zahlen der Infizierten hielten sich tatsächlich<br />

in Grenzen, es waren um die 500 insgesamt<br />

und es gab kein „Superspreader“-Event.<br />

Aber wer einen positiven Test hatte und im Quarantänehotel<br />

landete, machte keine guten Erfahrungen,<br />

davon kann zum Beispiel Paarläufer <strong>No</strong>lan<br />

Seegert ein Lied singen (siehe Seite 4).<br />

ARD (mit Kommentator Daniel Weiss) oder ZDF<br />

(mit Kommentatorin Petra Bindl) übertrugen im<br />

Livestream vom ersten Team-KP bis zum Schaulaufen<br />

ohne Werbung alles, was einen bisher<br />

nicht erlebten Zuschauerservice darstellte. Wer<br />

nachts lieber schlafen wollte, konnte und kann<br />

in den Mediatheken auch später alles noch einmal<br />

ansehen. Im Hauptprogramm waren naturgemäß<br />

nur Teile zu sehen. Dies alles wird von<br />

den Fernsehgebühren von jedermann bezahlt.<br />

Auch Eurosport sendete auf seinen Kanälen so<br />

gut wie den gesamten Eiskunstlauf, teilweise<br />

allerdings kostenpflichtig.<br />

Als Austragungsort für Eiskunstlauf und Short<br />

Track diente das Beijing Capital Indoor Stadium,<br />

das sich bei zahlreichen Grand Prix und anderen<br />

internationalen Wettbewerben bewährt hat. Für<br />

die Spiele war das Gebäude komplett saniert<br />

worden und machte einen sehr guten Eindruck.<br />

Bei den Wettkämpfen fühlte man sich angesichts<br />

der dürftigen Zuschauerkulisse jedoch an<br />

einen Challenger-Wettbewerb erinnert. Dafür<br />

kamen oft Teammitglieder mit Fahnen. Die Fans<br />

wurden höchstens mal laut, wenn chinesische<br />

LäuferInnen auf dem Eis waren. Für manche<br />

SportlerInnen machte es das sogar leichter, sie<br />

hatten gar nicht das Gefühl, bei dem größten<br />

Wettbewerb ihrer Karriere zu starten und waren<br />

weniger nervös. Anderen dagegen fehlte die<br />

Stimmung. Trotz aller Einschränkungen waren<br />

die AthletInnen glücklich, dass sie in Peking<br />

laufen durften und genossen ihre Olympia-Erfahrung.<br />

Den SportlerInnen diesen Moment zu<br />

geben, auf den sie jahrelang hingearbeitet haben,<br />

war letztendlich der einzige Grund, der<br />

diese Veranstaltung legimitierte.<br />

Das IOC betont immer, dass Politik keine Rolle<br />

spielen dürfe, aber natürlich ist diese olympische<br />

Bühne hochpolitisch. Bei einer der täglichen<br />

IOC-Pressekonferenzen verbreitete Jiarong<br />

Yan, die Sprecherin des Organisationskomitees,<br />

schamlos chinesische Staatspropaganda, als sie<br />

auf eine Frage zur Teilnahme Taiwans an der<br />

Abschlussfeier – die gar nicht an sie gerichtet<br />

war – dazwischen ging und sagte, dass Taiwan<br />

ein untrennbarer Teil Chinas sei. Ebenso mischte<br />

sie sich ein, als es darum ging, ob die Olympia-<br />

Uniformen mit Materialien aus der Provinz Xinjiang<br />

hergestellt werden. In Xinjiang werden seit<br />

Jahren die Uiguren, das dort ansässige Turkvolk,<br />

nach Informationen von Menschenrechtsorganisationen<br />

massiv unterdrückt. Die Sprecherin<br />

verurteilte Berichte über Menschenrechtsverletzungen<br />

in Xinjiang als „ausländische Lügen“. Das<br />

IOC übersah diese Verletzung der Regel 50 seiner<br />

olympischen Charta, die politische Propaganda<br />

untersagt, geflissentlich.<br />

Russland musste an den Spielen wieder unter<br />

anderem Namen (diesmal: „Russisches Olympisches<br />

Komitee“) ohne Fahne und Hymne teilnehmen.<br />

Das ist lächerliche Augenwischerei, die<br />

man sich sparen könnte. Die angebliche Nachhaltigkeit<br />

ist ein Witz. Für die Ski- und Rodelwettbewerbe<br />

mussten Massen von Kunstschnee<br />

erzeugt werden, weil es in der trockenen Region<br />

um Peking herum selten schneit. Als es an einem<br />

Tag dann aber plötzlich einen Schneesturm mit<br />

echtem Schnee und einen massiven Kälteeinbruch<br />

gab, war man darauf nicht vorbereitet und<br />

musste Wettbewerbe verschieben bzw. absagen.<br />

In der Disziplin Scheinheiligkeit sind Thomas<br />

Bach und sein IOC Weltklasse. Das olympische<br />

Motto „Citius, Altius, Fortius“ (Schneller, Höher,<br />

Weiter) ist zu „Sumptuosius, Conruptius, Perjurius“<br />

(Teurer, Korrupter, Verlogener) verkommen.<br />

Doch es bleibt die Hoffnung auf Veränderung<br />

und darauf, dass die Olympischen Winterspiele<br />

2026 in Mailand/Cortina in Italien in einer freien<br />

und fröhlichen Atmosphäre stattfinden können,<br />

der wahre olympische Geist zurückkommt<br />

und Menschen aus aller Welt gemeinsam ein<br />

großes Sportfest erleben dürfen.


Kamila Valieva kam als neuer Stern am<br />

Eiskunstlauf-Himmel nach Peking, das<br />

Jahrhunderttalent mit Vierfach-Sprüngen<br />

und einem wunderschönen Laufstil.<br />

Während des Teamwettbewerbs gab die<br />

15-Jährige lächelnd Interviews in der<br />

Mixed Zone, die Medien waren voll des<br />

Lobes und alle glaubten, die künftige<br />

Olympiasiegerin gesehen zu haben.<br />

Der Absturz war umso brutaler.<br />

Der Fall Kamila Valieva<br />

oder die Chronik einer Hexenjagd<br />

Am letzten Tag des Teamwettbewerbs informierte<br />

das Testlabor in Stockholm die russische<br />

Anti-Dopingagentur RUSADA über einen positiven<br />

Befund auf den verbotenen Wirkstoff Trimetazidin<br />

in Valievas Urinprobe von der Russischen<br />

Meisterschaft vom 25. Dezember 2021.<br />

Die RUSADA verhängte daraufhin am 8. Februar<br />

dem Reglement entsprechend eine vorläufige<br />

Suspendierung der Sportlerin. Das bedeutet, sie<br />

darf nicht bei Wettbewerben trainieren und<br />

starten. Das KP der Damen begann sieben Tage<br />

später, am 15. Februar, die Zeit war also knapp.<br />

Valievas Seite beantragte sofort bei der RUSADA<br />

die Aufhebung der Suspendierung, dem die<br />

Agentur nach einer Anhörung am 9. Februar<br />

folgte. Das IOC, die Internationale Testagentur<br />

ITA (zuständig für Dopingkontrollen bei Olympischen<br />

Spielen) und die ISU riefen umgehend<br />

den internationalen Sportsgerichtshof CAS an,<br />

um die Suspendierung wiedereinzusetzen. Die<br />

Anhörung vor dem CAS fand in der Nacht vom<br />

13. auf den 14. Februar statt und dauerte mehr<br />

als sechs Stunden. Zugeschaltet waren Valieva,<br />

ihre Mutter, ihre Anwälte, die RUSADA sowie<br />

die Kläger. Der CAS entschied, Valieva zum<br />

Wettkampf zuzulassen und begründete seine<br />

Entscheidung wie folgt: Kamila Valieva sei aufgrund<br />

ihres Alters eine „geschützte Person“, für<br />

im Anti-Dopingregelwerk andere Standards und<br />

mildere Sanktionen gelten.<br />

Laut Gericht wiegt das Interesse der Sportlerin,<br />

dass ihr die Chance nicht genommen wird, an<br />

den Olympischen Spielen teilzunehmen, schwerer<br />

als das Interesse des IOCs und der anderen<br />

Parteien, sie aufgrund des positiven Testbefunds<br />

vom Dezember vorläufig zu sperren und<br />

damit auszuschließen. Weiterhin führt der CAS<br />

die unverhältnismäßig lange Zeit an, die das<br />

Labor für die Auswertung der Probe benötigte.<br />

Die Läuferin hatte also keine Chance, ihre mögliche<br />

Unschuld nachzuweisen oder das Verfahren<br />

zu ihren Gunsten abzuschließen. Der CAS<br />

warf den Anti-Dopingagenturen fehlende Effizienz<br />

vor. Die wiederum machten sich gegenseitig<br />

für die Verschleppung des Dopingtests<br />

verantwortlich.<br />

Valievas Seite argumentierte mit einer möglichen<br />

Kontamination, da ihr Großvater, mit dem sie regelmäßigen<br />

Umgang habe, das Herz-Medikament<br />

einnehme und sie womöglich vom selben<br />

Glas getrunken habe. Das Gericht hat diese auf<br />

den ersten Blick unglaubwürdig wirkende „Großvaterthese“<br />

nicht ins Reich der Phantasie verbannt,<br />

denn ein positiver Test kann bereits durch<br />

winzige Spuren verbotener Substanzen zustande<br />

kommen. Zwei von Valievas Seite angerufene Experten<br />

bestätigten, dass der Einsatz von Trimetazidin<br />

als Dopingmittel zweifelhaft sei.<br />

Das Urteil ist zu begrüßen, da es dem juristischen<br />

Grundsatz „in dubio pro reo“ (Im Zweifel für den<br />

Angeklagten) folgt. Das Dopingverfahren wird<br />

nach wie vor stattfinden und Kamila Valieva sowie<br />

auch ihr Trainerstab müssen sich dem stellen.<br />

Wenn die Läuferin eines Dopingvergehens für<br />

schuldig befunden und sanktioniert wird, werden<br />

ihr im für sie ungünstigsten Fall ihre Platzierungen<br />

im Einzel und Teamwettbewerb aberkannt.<br />

Die ganze ROC-Mannschaft aus dem Teamwettbewerb<br />

würde dann ebenfalls disqualifiziert.<br />

Viele Fragen, wenige Antworten<br />

Das ist die rechtliche Seite, die klar und nachvollziehbar<br />

ist. Aber was sonst ablief, war äußerst<br />

fragwürdig. Das IOC hatte die für den 8.<br />

Februar geplante Team-Siegerehrung kurzfristig<br />

verschoben, was die Medien darauf aufmerksam<br />

machte, dass irgendetwas im Gange ist. Es dauerte<br />

nicht lange, bis das sehr gut vernetzte Online-Medium<br />

insidethegames.biz am 9. Februar<br />

den Namen der Läuferin bekanntgab. Ihre Quellen<br />

legten die Journalisten nicht offen, aber sie<br />

können diese Informationen nur aus internen<br />

Kreisen des IOCs oder Russlands erhalten haben.<br />

Wer auch immer den Namen weitergab, verstieß<br />

gegen die Regeln, denn da Valieva eine „schützenswerte“<br />

Person ist, darf ihr Name bei einem<br />

Dopingverfahren eigentlich nicht veröffentlicht<br />

werden. Nachdem der Name aber erst einmal in<br />

der Welt war, konnten das IOC und die anderen<br />

Parteien ihn bestätigen und dies mit dem öffentlichen<br />

Interesse begründen.<br />

Kamila Valieva und Ihre Trainer, Foto: Tatjana Flade<br />

Mehrere Medien eröffneten eine Hexenjagd und<br />

stellten Valieva als überführte Dopingsünderin<br />

dar, obwohl das Verfahren nicht abgeschlossen<br />

ist und noch nicht einmal die B-Probe geöffnet<br />

war. Journalisten drängten sich in der Interviewzone,<br />

nur um das Mädchen vorbeilaufen zu<br />

sehen, besonders aggressive riefen ihr nach, was<br />

sie dazu zu sagen habe, dass sie dope. Die Vorverurteilung<br />

war beschämend. Als Valieva in der<br />

Kür die Nerven versagten und sie bitterlich<br />

weinte, hatten auf einmal alle Mitleid mit ihr,<br />

auch diejenigen, die sie der geifernden Meute<br />

zum Fraß vorgeworfen hatten. Warum sprach<br />

auf einmal niemand von der „mentalen Gesundheit“,<br />

die ein großes Thema bei den Sommerspielen<br />

in Tokio war? Und wie wäre es abgelaufen,<br />

wenn Valieva keine Russin, sondern eine 15<br />

Jahre alte Amerikanerin gewesen wäre?<br />

Der Fall muss aufgeklärt werden, der Verdacht<br />

auf „Kinderdoping“ ist schlimm. Kritiker der<br />

Trainerin Eteri Tutberidze fühlen sich bestätigt.<br />

Wurde Trimetazidin eingesetzt, um mehr und<br />

härteres Training zu ermöglichen, was dann<br />

wiederum zur Überlegenheit der Russinnen<br />

führt? Der deutsche Teamarzt Sven Authorsen<br />

hält für möglich, dass das Medikament mit dieser<br />

Absicht bewusst verabreicht wird. „Natürlich<br />

kann es auch Doping im Eiskunstlauf geben,“<br />

sagte er. „Direkt kann so ein Herzmittel natürlich<br />

nicht die Vierfachtechnik beeinflussen, aber<br />

indirekt schon. Wenn du etwas nimmst, was<br />

deine Regeneration und deine Durchblutung<br />

fördert, dann hast du viel mehr Ausdauer in den<br />

letzten Minuten deiner Kür und du kannst besser<br />

trainieren. Du hast mehr Zeit, diese Technik<br />

zu lernen und dich zu verbessern.“ Das Argument,<br />

das Doping im Eiskunstlauf keinen Sinn<br />

habe, ziehe nicht, so Authorsen. Er verwies auf<br />

Meldonium, das bis zu seinem Verbot 2015 gerade<br />

bei SportlerInnen in Osteuropa sehr beliebt<br />

war, weil sie sich davon eine bessere Regeneration<br />

versprachen. Andererseits hat gerade Trimetazidin<br />

Nebenwirkungen wie Schwindel, die<br />

kontraproduktiv sind. Und das Risiko der Entdeckung<br />

ist wegen regelmäßiger Dopingkontrollen<br />

inner- und außerhalb der Wettkämpfe hoch. Die<br />

RUSADA führt die Ermittlungen im Fall Valieva<br />

und hat angekündigt, das Umfeld der Sportlerin<br />

unter die Lupe zu nehmen. Dies wird sich sicher<br />

noch einige Wochen oder Monate hinziehen. <br />

<br />

Tatjana Flade<br />

13<br />

Der Fall Kamila Valieva<br />

Olympische Winterspiele


14<br />

Teamwettbewerb<br />

Olympische Winterspiele<br />

Überlegener Sieg<br />

des russischen<br />

Teams und erstmals<br />

Podestplatz<br />

für Japan<br />

hail Kolyada und Mark Kondratiuk einzusetzen.<br />

Aber als Kolyada ausfiel, musste Kondratiuk<br />

zweimal ran. Für den 18-Jährigen war es eine<br />

Ehre und er war dankbar für die Gelegenheit,<br />

insgesamt vier Programme laufen zu dürfen.<br />

„Ich weiß, dass jeder (der russischen Männer)<br />

hätte laufen können und das Ergebnis wäre<br />

dasselbe gewesen, weil die anderen im Team<br />

alle so stark sind,“ räumte er freimütig ein.<br />

Kamila Valieva erfüllte die in sie gesetzten Erwartungen<br />

voll und ganz, indem sie zweimal die<br />

Maximalpunktzahl 10 für den ersten Platz holte.<br />

Im KP lief sie perfekt mit 3A und erzielte eine<br />

Doch auf die Medaillen<br />

neue Rekordpunktzahl von 90,18 Zählern. In der<br />

müssen die Mannschaften Kür stürzte sie zwar beim zweiten 4T, aber alles<br />

andere war so hervorragend, dass sie die Kürwertung<br />

mit 30 Punkten Vorsprung gewann. Viktoria<br />

noch warten<br />

D<br />

Sinitsina/ Nikita Katsalapov dagegen mussten<br />

er olympische Teamwettbewerb, der sich jeweils einem US-Duo geschlagen geben,<br />

zum dritten Mal stattfand, ist ein echtes<br />

Plus für den Eiskunstlauf, denn er eröff-<br />

beim Twizzle, und so lagen die Moskauer knapp<br />

was unerwartet war. Im RD wackelte Katsalapov<br />

hinter Madison Hubbell/Zachary Donohue. In der<br />

net mehr Sportlerinnen und Sportlern Medaillenchancen<br />

und trägt dazu bei, dass<br />

Kür verloren die Weltmeister von 2021 einen<br />

Punkt durch eine überlange Hebung und waren<br />

die Länder alle Disziplinen fördern. Wie der deswegen hinter Madison Chock/Evan Bates.<br />

Wettbewerb in Peking ausgeht, war absehbar,<br />

denn Russlands Dominanz zeigte sich im KP Wenjing Sui/Cong Han den Vortritt lassen,<br />

Anastasia Mishina/ Alexander Galliamov mussten<br />

in den vergangenen vier Jahren und wurde beide Paare waren fehlerfrei. Die Kür gewannen<br />

die Petersburger, obwohl sie beim Abgang aus<br />

durch die Pandemie sogar noch verstärkt.<br />

der letzten Hebung stürzten – Galliamov brach<br />

Somit gewann Russland oder das „Russische<br />

Olympische Komitee“ (englische Abte,<br />

dass er wegen des frühen Trainings um 6:30<br />

aus nicht ersichtlichem Grund zusammen. Er sagkürzung<br />

ROC), wie es offiziell in Peking Uhr sehr erschöpft gewesen sei. In der Tat ist es<br />

hieß, mit neun Punkten Vorsprung vor den grenzwertig, den Wettkampf um 9:15 Uhr in der<br />

USA und Japan. Das Ergebnis steht aber Früh zu beginnen. Zum Glück für Galliamov und<br />

alle anderen fand der individuelle Paarlaufwettbewerb<br />

in den Abendstunden statt. Kondratiuk<br />

unter Vorbehalt und den Russen droht die<br />

Disqualifikation, je nachdem, wie der Fall<br />

wuchs über sich hinaus und lief zwei saubere<br />

Kamila Valieva ausgeht. Im KP starteten Programme. Natürlich wirkte er im Vergleich zu<br />

alle zehn qualifizierten Teams, die besten den absoluten Spitzenläufern ungeschliffen und<br />

fünf kamen in die Kür. Für den ersten Platz manche Sprünge waren knapp, aber er holte sein<br />

im Segment gab es zehn, für den letzten Optimum heraus. Im KP kam der Europameister<br />

auf den dritten Platz hinter Nathan Chen und<br />

noch einen Punkt. In der Kür wurden entsprechend<br />

zehn bis sechs Punkte vergeben.<br />

Shoma Uno, mehr wäre hier nicht drin gewesen.<br />

In der Kür wurde er sogar Zweiter hinter Yuma<br />

–»<br />

Kagiyama und konnte Vincent Zhou schlagen.<br />

Teams | Olympia<br />

Team Herren Damen Paare Eistanz Pkt. Kapitän Nikita Katsalapov<br />

1 Russland 8 + 9 10 + 10 9 + 10 9 + 9 74<br />

2 Ver. Staaten 10 + 8 6 + 7 8 + 6 10 + 10 65<br />

„Wir sind sehr stolz auf unser goldenes Team.<br />

3 Japan 9 + 10 9 + 9 7 + 9 4 + 6 63<br />

4 Kanada 3 + 6 8 + 8 6 + 7 7 + 8 53 Sie alle sind fast perfekt gelaufen und haben<br />

5 China 5 + 7 1 + 6 10 + 8 6 + 7 50 einander unterstützt. Kamila war tadellos, ich<br />

6 Georgien 7 + – 7 + – 5 + – 3 + – –<br />

7 Italien 6 + – 2 + – 4 + – 8 + – – bin sehr froh für sie und das Team. Mark war<br />

8 Tschechien 4 + – 3 + – 3 + – 5 + – – großartig, er ist volles Rohr gelaufen. Es ist<br />

9 Deutschland 2 + – 5 + – – + – 1 + – – toll, dass wir so gute junge Läufer haben wie<br />

10 Ukraine – + – 4 + – 2 + – 2 + –<br />

Kamila, Alexandra, Anna, Mark. Als Kapitän<br />

mische ich mich in nicht in die Vorbereitung<br />

Russland: Die Überlegenen<br />

ein, denn ich bin nicht der Trainer. Ich habe<br />

nur zu Mark vor dem KP gesagt, er solle Spaß<br />

Die Russen wollten nichts dem Zufall überlassen haben und so laufen wie bei der EM und der<br />

und schickten ihr A-Team in den Wettbewerb, Russischen Meisterschaft. Dank der<br />

«<br />

World<br />

ähnlich wie Kanada vor vier Jahren. Sie nutzten Team Trophy in Japan ist der Mannschaftswettbewerb<br />

populär geworden und gibt dem<br />

nicht einmal die Option, bis zu zwei Läufer oder<br />

Paare zwischen KP und Kür auszutauschen, womöglich<br />

auch, weil sie Konflikte vermeiden Unser Sport entwickelt sich weiter und dieses<br />

Eiskunstlauf einen besonderen Teamgeist.<br />

wollten. Im Eistanz hatten sie eigentlich keine Event gibt nicht nur uns, sondern auch den<br />

andere Wahl, als Sinitsina/Katsalapov beide Programme<br />

laufen zu lassen. Da die Herren unmit-<br />

jedes Segment Medaillen einführen, also für<br />

Zuschauern viele Emotionen. Ich würde für<br />

telbar nach dem Teamwettbewerb das KP laufen das KP und die Kür.“<br />

mussten, war wohl ursprünglich geplant, Mik-<br />

USA: Am Team-Gold schnuppern<br />

Die USA hatten in Sotchi und PyeongChang jeweils<br />

Bronze gewonnen, aber diesmal rechneten<br />

sie sich zu Recht mehr aus. Nachdem die<br />

Amerikaner am ersten Tag ein wenig unerwartet<br />

in Führung lagen, träumten sie sogar kurzzeitig<br />

von Gold. Um die Russen ernsthaft zu<br />

gefährden, hätten sie allerdings überall außer<br />

im Eistanz etwas besser abschneiden müssen.<br />

Die Taktik überraschte – so setzte der US-Verband<br />

Karen Chen ein (die später im Einzel die<br />

schlechteste der drei Amerikanerinnen war).<br />

Das Argument war, man wolle die LäuferInnen<br />

mit Olympiaerfahrung nehmen. Chen patzte im<br />

KP beim 3R und war Fünfte. In der Kür blieb sie<br />

als Vierte ebenfalls unter ihren Möglichkeiten<br />

und stand nur drei einwandfreie Dreifache. Nathan<br />

Chen startete anders als vor vier Jahren<br />

mit einem fehlerfreien KP und tankte so Selbstvertrauen.<br />

Vincent Zhou blieb dagegen unter<br />

den Erwartungen. Dass er hinter Kagiyama landete,<br />

war keine so große Überraschung, aber<br />

nachdem er den 4F aufgerissen und drei weitere<br />

Vierfache mal wieder unterdreht hatte,<br />

konnte Kondratiuk ihn schlagen. Die beiden<br />

Tanzpaare glänzten. Hubbell/Donohue gewannen<br />

den RD und Chock/Bates die Kür. Alexa<br />

Knierim/Brandon Frazier waren im KP stark, in<br />

der Kür machten sie ein paar Fehler und waren<br />

in diesem Segment Fünfte und Letzte. So lagen<br />

die Amerikaner in Endklassement nur zwei<br />

Punkte vor den Japanern.<br />

»„Ich denke, eine Silbermedaille ist etwas, auf<br />

«<br />

Kapitän Evan Bates<br />

das man unglaublich stolz sein kann. Das ist<br />

die höchste Platzierung für unser Land in der<br />

Geschichte dieses Wettbewerbs. Wir hatten<br />

das Glück, dass wir bei jedem Wettbewerb in<br />

der Box sitzen und unser Team anfeuern<br />

konnten. Es bedeutete uns sehr viel, dass wir<br />

in diesem Jahr die Chance hatten mitzumachen.<br />

Wir hoffen, dass dieses Läuferteam die<br />

nächste Generation amerikanischer Läufer<br />

inspiriert. Es gab viele sehr bemerkenswerte<br />

Leistungen und wir sind super glücklich, dass<br />

wir heute dazu beitragen konnten, indem wir<br />

so gut gelaufen sind, wie wir konnten.“<br />

Japan: Der Durchbruch<br />

Japan konnte immer auf seine EinzelläuferInnen<br />

zählen, aber für den olympischen Teamwettbewerb<br />

war das nicht genug. Den Unterschied<br />

machte diesmal vor allem das Paarlaufpaar Riku<br />

Miura/Ryuichi Kihara mit seinen guten Leistungen.<br />

Im fehlerfreien KP holten sie als Vierte sieben<br />

Punkte, in der Kür war nur Miuras 3T unterdreht,<br />

aber sie wurden trotzdem Zweite, was<br />

neun Punkte einbrachte. Shoma Uno als Zweiter<br />

mit sauberem KP und Yuma Kagiyama als Erster<br />

mit einer tollen, mitreißenden Gladiator-Kür<br />

stockten das Punktekonto erheblich auf. Bei den<br />

Damen überzeugten Kaori Sakamoto in der Kür<br />

und Wakaba Higuchi im KP jeweils mit dem<br />

zweiten Platz. Den 3A riskierte Higuchi anders als<br />

im Einzel nicht. Die Eistänzer Misato Komatsubara/Tim<br />

Koleto landeten im RD auf dem siebten


15<br />

Teamwettbewerb<br />

Das russische Team<br />

Fotos: Tatjana Flade<br />

Olympische Winterspiele<br />

und in der Kür auf dem letzten Platz. Nachdem<br />

Kana Muramoto/Daisuke Takahashi bei der Vier-<br />

Kontinente-Meisterschaft Zweite geworden waren,<br />

fragte sich mancher, ob im Hinblick auf den<br />

Teamwettbewerb nicht besser sie hätten in Peking<br />

starten sollen. Gut möglich, dass Muramoto/<br />

Takahashi zumindest im RD besser abgeschnitten<br />

hätten und es für Japan sogar für Silber gereicht<br />

hätte. Aber eine Garantie ist es nicht. Für den japanischen<br />

Eiskunstlauf ist diese Medaille ein<br />

wichtiger Erfolg, der LäuferInnen dazu motivieren<br />

kann, in die Paar-Disziplinen zu wechseln.<br />

»„Die letzten beiden Male waren wir<br />

«<br />

Vierte,<br />

wir konnten keine Medaille holen und ich<br />

denke, dass wir dank der Stärke in aller Kategorien<br />

und dank der Verbesserung unseres<br />

großartigen Paarlaufpaares und dank unserer<br />

fantastischen Einzelläufer im Ranking aufsteigen<br />

konnten. Der Teamwettbewerb ist<br />

eine große Motivation für Länder, Energie<br />

und Zeit in alle Kategorien zu investieren.“<br />

Das Team aus den USA<br />

Kapitän Tim Koleto<br />

Kanada: Die Enttäuschung<br />

Vier Jahre nach dem strahlenden Sieg von<br />

PyeongChang war von der Stärke der Kanadier<br />

nicht mehr viel übriggeblieben. Genauer gesagt<br />

war vom Gold-Team nur Eric Radford noch da<br />

oder wieder da, mit Vanessa James. Das relativ<br />

neue Duo belegte in der Kür immerhin den vierten<br />

Rang. Kirsten Moore-Towers/Michael Marinaro<br />

hatten im KP Mühe beim Twist und 3T, so<br />

dass sie hier Fünfte wurden. Die besten Leistungen<br />

zeigten die Eistänzer Piper Gilles/Paul Poirier,<br />

die aber an der Konkurrenz aus Russland<br />

und den USA und im RD auch aus Italien nicht<br />

vorbeikamen, sowie etwas überraschend Madeline<br />

Schizas, die im Team besser war als im Einzel<br />

und in beiden Segmenten einen sehr guten<br />

dritten Rang belegte. Bei den Herren kam das<br />

Pech dazu, dass Keegan Messing wegen seiner<br />

Coronatests verspätet anreiste und den Team-<br />

Wettbewerb verpasste. Er hätte wahrscheinlich<br />

mehr Punkte gesammelt als der ziemlich schwache<br />

Roman Sadovsky. Dass sie zehn Punkte hinter<br />

den Japanern auf Rang vier landeten, war<br />

für die Kanadier bitter.<br />

Team Japan


16<br />

Teamwettbewerb<br />

Olympische Winterspiele<br />

China: Besser als erwartet<br />

China nahm anders als früher den Teamwettbewerb<br />

ernst und erreichte sogar das Finale.<br />

Wenjing Sui/Cong Han gewannen das KP, während<br />

in der Kür Cheng Peng/Yang Jin den dritten<br />

Platz holten. Boyang Jin stürzte im KP beim<br />

4T, was einige Plätze kostete, in der Kür wurde<br />

er nach ein paar Fehlern Vierter. Die Eistänzer<br />

Shiyue Wang/Xinyu Liu hielten sich erwartungsgemäß<br />

in der Mitte. Der Schwachpunkt<br />

war Yi Zhu, die mehrfach patzte und über den<br />

letzten Platz nicht hinauskam. Auf der gebürtigen<br />

US-Amerikanerin lastete viel Druck. Sie<br />

war in einem intransparenten Prozess mit einigen<br />

nicht-öffentlichen Testwettbewerben für<br />

die Spiele nominiert worden und wurde außerdem<br />

von nationalistischen Fans geschmäht, da<br />

sie ja keine „echte“ Chinesin sei. In den chinesischen<br />

sozialen Netzwerken schlug ihr eine<br />

Welle des Hasses entgegen, insbesondere nach<br />

dem Auftritt im Team. Hasskommentare richteten<br />

sich übrigens auch gegen Nathan Chen,<br />

der als „amerikanisiert“ beschimpft und dafür<br />

kritisiert wurde, dass er schlecht Chinesisch<br />

spreche. Chen fühlt sich allerdings als Amerikaner<br />

und hatte nie vor, für China zu starten.<br />

In der Pressekonferenz betonte er seine Verbindung<br />

zu China und Peking, wo seine Eltern vor<br />

der Auswanderung in die USA gelebt hätten<br />

und sprach einige Worte Chinesisch. Doch diesen<br />

verblendeten Fanatikern kann man es nie<br />

recht machen.<br />

Das deutsche Team<br />

Fotos: Ritoss<br />

Georgien vor Italien,<br />

Deutschland im Pech<br />

Georgien qualifizierte sich erstmals für den<br />

Teamwettbewerb und war in allen Kategorien<br />

im Individualwettbewerb vertreten. Dieser Erfolg<br />

beruht allerdings allein auf der russischen Schule<br />

– alle GeorgierInnen sind in Russland geboren<br />

und aufgewachsen und trainieren dort. Die<br />

Männer sind immerhin georgischer Abstammung,<br />

die Paarlauf- und Tanzpartnerinnen Karina<br />

Safina und Maria Kazakova sowie die Einzelläuferin<br />

Anastasiia Gubanova sind Russinnen.<br />

Georgien scheiterte nur knapp am Einzug ins Finale,<br />

nach Punktgleichheit mit China nach den<br />

KPs entschied ein Tiebreaker.<br />

Italien hatte sich Hoffnungen aufs Finale gemacht,<br />

aber der dritte Platz von Charlene Guignard/<br />

Marco Fabbri im RD und der fünfte von<br />

Daniel Grassl im KP reichten nicht, weil Nicole<br />

Della Monica/Matteo Guarise sowie Lara Naki<br />

Gutmann zu weit hinten waren. Tschechien war<br />

ebenfalls das erste Mal im Team dabei, hatte<br />

aber keine Chance auf einen vorderen Platz.<br />

Deutschland hatte den achten Platz angepeilt,<br />

der für die Förderung aus Bundesmitteln eine<br />

große Rolle spielt. Doch das war aus eigener<br />

Kraft nicht mehr zu schaffen, nachdem Minerva<br />

Fabienne Hase/<strong>No</strong>lan Seegert nach seinem positiven<br />

Corona-Test ausfielen. Die beste Leistung<br />

zeigte Nicole Schott, die im KP den sechsten<br />

Rang belegte. Paul Fentz riss den Toeloop zum<br />

dreifachen auf und Katharina Müller/Tim Dieck<br />

wirkten verunsichert und hatten z.T. niedrige<br />

Levels. Fentz und die Tänzer landeten jeweils<br />

auf dem letzten Rang. Die Ukraine war ebenfalls<br />

nicht vollständig, weil Ivan Shmuratko in Quarantäne<br />

saß.<br />

Madelaine Schizas<br />

Foto: Earl<br />

Nachdem Valievas positiver Dopingtest bekannt<br />

wurde, entschied das IOC, die Siegerehrung zu<br />

verschieben, bis der Fall geklärt sei. Man wolle<br />

„die richtigen Medaillen“ vergeben. Diese Entscheidung<br />

ist umstritten, denn damit wurden<br />

auch die nicht in den Dopingfall verwickelten<br />

Amerikaner und Japaner bestraft. Sie wollten<br />

lieber jetzt ihre Silber- bzw. Bronzemedaillen<br />

bekommen und ihren olympischen Moment genießen,<br />

selbst wenn sie diese Medaillen am<br />

Ende austauschen müssten. Die Japaner nahmen<br />

die Entscheidung zumindest nach außen kommentarlos<br />

hin. Das US-Team dagegen kritisierte<br />

das IOC und stellte sogar einen Eilantrag an den<br />

Sportsgerichtshof CAS, mit dem sie das IOC<br />

dazu zwingen wollten, eine Siegerehrung durchzuführen,<br />

nachdem IOC-Präsident Thomas Bach<br />

die SportlerInnen in einem extra anberaumten<br />

Treffen nicht von seiner Position überzeugen<br />

konnte und ihnen als etwas lächerlichen „Trostpreis“<br />

olympische Fackeln schenkte. Der CAS<br />

lehnte den Eilantrag ab. „Wir haben unser Bestes<br />

versucht, diese Medaille zu bekommen, wir<br />

haben für unsere Sache gekämpft“, sagte Nathan<br />

Chen. „Wir sind enttäuscht. Wir haben die<br />

Gelegenheit, das Podium mit den Teamkameraden<br />

zu teilen und ich weiß, was das für ein besonderer<br />

Moment ist. Es tut mir weh, dass sie<br />

das hier nicht haben werden. Ich denke, wir<br />

hätten das verdient gehabt.“<br />

Das IOC hat sich mit der Entscheidung keinen<br />

Gefallen getan und bei den LäuferInnen für Unverständnis<br />

gesorgt. Eine irgendwann woanders<br />

durchgeführte Siegerehrung kann die „echte“<br />

auf der „Medal Plaza“ oder in der Eishalle nicht<br />

ersetzen. Das IOC wiederum wollte ein Zeichen<br />

gegen Doping setzen, muss sich aber fragen, ob<br />

der Schuss am Ende nicht nach hinten losgegangen<br />

ist.


Der<br />

Raketenmann:<br />

Nathan Chen<br />

holt Olympiasieg<br />

Seit er 2018 seinen ersten von drei WM-<br />

Titeln gewann, hat Nathan Chen die<br />

Szene dominiert. Der US-Amerikaner war<br />

unangefochten die Nummer eins der<br />

Welt, selbst der von ihm und anderen<br />

Sportlern als „G.O.A.T“ (Greatest of all<br />

Times – Der Größte aller Zeiten) bezeichnete<br />

Yuzuru Hanyu kam nicht mehr an<br />

ihm vorbei. Die einzige Niederlage seit<br />

2018 brachten ihm sein Landsmann Vincent<br />

Zhou und Shoma Uno bei Skate<br />

America im vergangenen Oktober bei, als<br />

Chen keine gute Leistung zeigte und<br />

Dritter wurde. Aber kurz danach bei Skate<br />

Canada war der Schüler von Rafael<br />

Arutiunian wieder überlegen. Chen war<br />

daher der klare Favorit in Peking. Allerdings<br />

gibt es auf olympischen Eis immer<br />

wieder Überraschungen und jeder kennt<br />

das Beispiel des Kanadiers Kurt Browning,<br />

der viermal Weltmeister wurde,<br />

aber bei drei Olympischen Spielen 1988,<br />

1992 und 1994 jeweils das Podium verfehlte.<br />

Chen hat Brownings Geschichte<br />

nicht wiederholt und gewann klar, auch<br />

weil sein Hauptkonkurrent Hanyu schon<br />

im KP weit hinter ihm lag.<br />

Männer | Olympia<br />

KP Kür Pkt<br />

1 Nathan Chen – Ver. Staaten 1 1 332.60<br />

2 Yuma Kagiyama – Japan 2 2 310.05<br />

3 Shoma Uno – Japan 3 5 293.00<br />

4 Yuzuru Hanyu – Japan 8 3 283.21<br />

5 Junhwan Cha – Südkorea 4 7 282.38<br />

6 Jason Brown – Ver. Staaten 6 6 281.24<br />

7 Daniel Grassl – Italien 12 4 278.07<br />

8 Evgeni Semenenko – Russland 7 9 274.13<br />

9 Boyang Jin – China 11 8 270.43<br />

10 Morisi Kvitelashvili – Georgien 5 11 268.62<br />

11 Keegan Messing – Kanada 9 10 265.61<br />

12 Kevin Aymoz – Frankreich 10 15 254.80<br />

13 Deniss Vasiljevs – Lettland 16 12 252.71<br />

14 Adam Siao Him Fa – Frankreich 14 13 250.15<br />

15 Mark Kondratiuk – Russland 15 14 248.82<br />

16 Matteo Rizzo – Italien 13 17 247.53<br />

17 Brendan Kerry – Australien 17 16 244.80<br />

18 Vladimir Litvintsev – Aserbaidschan 18 19 239.19<br />

19 Andrei Mozalev – Russland 23 18 233.33<br />

20 Konstantin Milyukov – Weißrussland 21 20 222.22<br />

21 Nikolaj Majorov – Schweden 20 21 220.78<br />

22 Donovan Carrillo – Mexiko 19 22 218.13<br />

23 Lukas Britschgi – Schweiz 24 23 212.58<br />

24 Ivan Shmuratko – Ukraine 22 24 205.76<br />

Finale nicht erreicht:<br />

25 Michal Brezina – Tschechien 25 – 75.19<br />

26 Alexei Bychenko – Israel 26 – 68.01<br />

27 Sihyeong Lee – Südkorea 27 – 65.69<br />

28 Aleksandr Selevko – Estland 28 – 65.29<br />

29 Roman Sadovsky – Kanada 29 – 62.77<br />

Nicht angetreten:<br />

– Vincent Zhou – Ver. Staaten – – –<br />

Der chinesischstämmige Amerikaner<br />

war vor vier Jahren in Pyeong Chang<br />

im KP an seinen Ambitionen gescheitert,<br />

als er den 4L und 4F<br />

zeigen wollte. Doch diesmal war<br />

das kein Problem. Zu „La Boheme“<br />

von Charles Aznavour<br />

lief und sprang Chen inklusive<br />

4F und 4L-3T so sicher, dass er<br />

niemanden an seiner Favoritenrolle<br />

zweifeln ließ. Am Ende<br />

zeigte der sonst sehr abgeklärt<br />

wirkende Läufer ungewöhnlich viele<br />

Emotionen. Ein ungeheurer Druck fiel<br />

von ihm ab, die Erleichterung war ihm<br />

deutlich anzusehen. Der Lohn war eine<br />

neue Rekordpunktzahl von 113,97. In<br />

der Kür war der 22-Jährige zum unterhaltsamen<br />

„Rocket Man“ von Elton<br />

John zurückgekehrt, eine wesentlich<br />

bessere Wahl das das verkopfte Mozart-Medley,<br />

das er im Grand Prix lief.<br />

Die Rakete zündete, Chen feuerte sein<br />

Feuerwerk aus Vierfachsprüngen ab:<br />

zwei 4F, 4S, 4L, 4T, dazu einen 3A und<br />

drei Dreifache, nur der in Kombination mit<br />

4T und Euler geplante Flip wurde einfach,<br />

doch das spielte keine Rolle (obwohl er sich<br />

darüber ärgerte). Sogar Musiker Sir Elton<br />

John gratulierte dem frisch gebackenen<br />

Olympiasieger per Twitter und Instagram.<br />

Chen ist nicht nur ein Springer, sondern hat<br />

künstlerische Qualitäten, selbst wenn er nicht<br />

so expressiv ist wie einige andere. Im Internet<br />

tauchten Videos und Bilder des kleinen Nathan<br />

auf, wie er ein wenig unbeholfen einen<br />

ersten Auftritt im heimischen Salt Lake City<br />

absolvierte, da dürfte er etwa vier Jahre alt<br />

gewesen sein. Der österreichische Verband<br />

postete auf seiner Facebook-Seite sein internationales<br />

Debüt beim Junioren Grand Prix in<br />

Linz mit 13 Jahren, da gewann er schon mit<br />

einem 3A zu Beginn der Kür. Nun hat er es<br />

ganz nach oben geschafft und die Eiskunstlaufwelt,<br />

auch die Konkurrenten inklusive Hanyu,<br />

zollten Chen den Respekt, den er verdient hat.<br />

Er ist ein würdiger Olympiasieger.<br />

Nathan Chen<br />

Foto: Robin Ritoss<br />

17<br />

Männer<br />

Olympische Winterspiele


18<br />

Männer<br />

Olympische Winterspiele<br />

»<br />

Nathan Chen<br />

„Ich hätte nie gedacht, dass ich in meiner<br />

Karriere so weit kommen könnte. Ich habe<br />

natürlich immer von den Olympischen Spielen<br />

geträumt und davon gewinnen zu können,<br />

aber ich dachte, das ist schwer, ich<br />

weiß nicht, ob ich das schaffe. Es bedeutet<br />

alles für mich, aber ich brauche noch ein<br />

wenig Zeit, um alles zu verarbeiten. Nach<br />

dem KP war ich sehr emotional, angesichts<br />

dessen, was 2018 passiert ist und wie die<br />

zwei KPs (im Team und im Einzel) damals<br />

gelaufen sind. Heute bin ich natürlich auch<br />

sehr emotional. Es war ein langer Weg und<br />

ich denke an die Menschen, die mich unterstützt<br />

haben – meine Eltern, meine Familie,<br />

Rafael (Arutunian, Trainer), den Rest meines<br />

großen Teams. Rafael hatte noch keinen<br />

Olympiasieger und ich freue mich für ihn,<br />

dass er nun einen hat. In meiner Kür hatte<br />

ich Spaß und Freude am Laufen, aber<br />

«<br />

ich<br />

musste den Fokus behalten. Nach dem (vierfachen)<br />

Lutz hatte ich noch drei Sprünge<br />

und natürlich habe ich den Fehler bei der<br />

Kombi (vierfach) Toeloop-(dreifach geplanter)<br />

Flip gemacht. Danach musste ich<br />

schnell rechnen und sicherstellen, dass ich<br />

für den (dreifachen) Axel und den (dreifachen)<br />

Lutz wieder da war.“<br />

Der „Shooting Star“ der vergangenen Saison<br />

war Yuma Kagiyama aus Japan, der seinen Aufstieg<br />

fortsetzte und wie bei der WM hinter<br />

Chen auf Platz zwei sprang. Butterweiche<br />

Sprünge und Leichtigkeit zeichnen den 18-Jährigen<br />

aus. Im KP zu „Smile“ präsentierte er 4S<br />

und 4T-3T, in der „Gladiator“-Kür gelangen drei<br />

Vierfache einwandfrei, nur beim leicht unterdrehten<br />

4R stieg er um. Die Kür war aber nicht<br />

ganz so eindrucksvoll wie im Teamwettbewerb,<br />

was der Japaner selbst einräumte. Sein Jubel<br />

nach gelungenen Programmen und seine Freude<br />

über die <strong>No</strong>ten sind sehr sympathisch, er zeigt<br />

mehr Emotionen als die meisten anderen Läufer.<br />

Chen konnte er nicht gefährlich werden, aber<br />

der Abstand zum drittplatzierten Shoma Uno<br />

»<br />

war mit 17 Punkten ebenfalls deutlich.<br />

Yuma Kagiyama<br />

„Ich bin sehr glücklich, dass ich als Repräsentant<br />

Japans bis zum Ende durchhalten<br />

konnte. Es war für mich eine gute<br />

«<br />

Erfahrung<br />

und lässt sich mit meinen zukünftigen Zielen<br />

verbinden. Ich war sehr nervös und<br />

konnte mein Programm nicht so gut wie im<br />

Team-Event umsetzen, aber trotzdem habe<br />

ich 100 Prozent gegeben, das war sehr gut.<br />

Ich habe mich nicht unter Druck gesetzt gefühlt,<br />

weil ich Zweitplatzierter war. Ich war<br />

eher nervös, weil ich unbedingt eine gute<br />

Performance abliefern wollte. Mir geht es<br />

nicht darum, jemanden zu besiegen, ich laufe<br />

immer gegen mich selbst.“<br />

Uno erlaubte sich ein paar Unsauberkeiten. Im<br />

KP fasste er mit der Hand bei der Kombi 4T-3T<br />

aufs Eis, in der Bolero-Kür gab es Minuspunkte<br />

für den 4S (q), den fast gestürzten 4F sowie einen<br />

knappen 4T. Der 4R war aber sehr gut. Uno<br />

gewann mit ein wenig Glück seine zweite Olympiamedaille,<br />

weil Hanyu zu weit hinten lag und<br />

andere mögliche Medaillenkandidaten ebenfalls<br />

patzten bzw. gar nicht am Start waren. Sein<br />

Trainer Stéphane Lambiel konnte wegen eines<br />

positiven Coronatests erst ein paar Tage später<br />

als geplant anreisen, schaffte es aber rechtzeitig<br />

»<br />

zum Wettbewerb.<br />

Shoma Uno<br />

„Ich bin ehrlich gesagt glücklich. Meine<br />

«<br />

Performance<br />

war nicht atemberaubend, aber ich<br />

bin froh über das Ergebnis und dass ich die<br />

Bronzemedaille holen konnte. In diesen vier<br />

Jahren ist sehr viel passiert und ich bin sehr<br />

froh darüber, ein zweites Mal an den Olympischen<br />

Spielen teilgenommen zu haben. Um<br />

ein Athlet wie Nathan zu werden, muss ich<br />

im kommenden Jahr allerdings an all meinen<br />

Elementen arbeiten und viel mehr trainieren.“<br />

Hanyus wichtigstes Ziel für diese Olympischen<br />

Spiele war es, den vierfachen Axel zu zeigen. Natürlich<br />

wollte er außerdem gerne gewinnen und<br />

als erster Eiskunstläufer seit Gilles Grafström vor<br />

94 Jahren drei Olympiasiege feiern. Aber dieser<br />

Traum platzte im KP, als Hanyu den 4S einfach<br />

sprang. 4T-3T und alle anderen Elemente in dieser<br />

extra für ihn eingespielten Piano-Version des<br />

Rondo Capriccioso von Camille Saint-Saens gelangen.<br />

Der Star sprach von einem Loch im Eis<br />

und die durchgedrehten „Fanyus“ (seine Extrem-<br />

Fans) fanden sofort den Schuldigen: Der Russe<br />

Andrei Mozalev sei es gewesen, der es gewagt<br />

habe, im Einlaufen just an dieser Stelle einen<br />

Sprung zu machen und dabei ein Loch ins Eis zu<br />

bohren mit dem finsteren Plan, Hanyu zu Fall zu<br />

bringen. Der zweimalige Olympiasieger riskierte<br />

den 4A, unterdrehte und stürzte, aber dennoch<br />

war das einer seiner besten Versuche des<br />

Sprungs, wie er selbst sagte. Später enthüllte er<br />

auf einer Pressekonferenz, dass er seinen lädierten<br />

Knöchel im Training erneut verletzt habe und<br />

nicht angetreten wäre, wenn es nicht Olympische<br />

Spiele gewesen wären. Wie es weitergehe und ob<br />

»<br />

er die WM laufe, überlege er noch.<br />

Yuzuru Hanyu<br />

„Natürlich ist mir der dritte Titel durch<br />

«<br />

die<br />

Finger gerutscht und vielleicht hat das sogar<br />

etwas von dem Druck genommen, aber es ist,<br />

wie ich nach Sotchi gesagt habe: Ich bin immer<br />

noch ein Olympiasieger, ein zweimaliger.<br />

Darauf muss ich stolz sein und weiterleben<br />

als ein Mensch, der zwei olympische Eiskunstlauftitel<br />

hintereinander gewonnen hat.<br />

Die Person, die ich morgen sein werde, kann<br />

stolz sein auf die Person, die ich heute bin.“<br />

Corona-Opfer Zhou, Kolyada, Messing<br />

Junwhan Cha knüpfte an seinen Erfolg von Tallinn<br />

an und lief das bisher beste KP seiner Karriere.<br />

In der Kür klappte alles bis auf einen<br />

Sturz beim 4T. Damit ist der Koreaner endgültig<br />

Yuzuru Hanyu<br />

in der Weltspitze angekommen. Jason Brown<br />

lieferte sein Maximum ab mit sauberen dreifachen<br />

Sprüngen, exzellenten <strong>Pirouette</strong>n und<br />

starker Interpretation und bewies zum wiederholten<br />

Male, dass ein Programm ohne Vierfachsprünge<br />

nicht weniger sehenswert ist. Der<br />

sportliche Wert ist zwar geringer, aber künstlerisch<br />

erstklassige Programme haben ihren Platz<br />

im Eiskunstlauf. Das sahen die Preisrichter genauso,<br />

die ihm die zweithöchsten Komponenten<br />

gaben. Brown ließ seine Zukunft offen. Der Italiener<br />

Daniel Grassl war der beste Europäer. Im<br />

KP bekam der 4L ein q und ein Ausrufezeichen<br />

wegen eines Kantenfehlers. In der Kür gelangen<br />

dem EM-Zweiten 4L, 4F und 4R, aber die Qualität<br />

seiner Sprünge ist nicht optimal, so dass<br />

sich die Pluspunkte in Grenzen hielten. Bester<br />

Russe war Evgeni Semenenko, der kurzfristig<br />

den mit Corona infizierten Mikhail Kolyada ersetzte.<br />

Bis auf einen Fehler beim 4T in der Kür<br />

konnte Semenenko seine Leistung abrufen, obwohl<br />

er an Rückenschmerzen litt und eine<br />

schmerzstillende Spritze benötigte. Kolyada<br />

hatte zwar nur Erkältungssymptome, aber war<br />

nicht schnell genug wieder negativ und der<br />

Verband ersetzte ihn, wohl auch aus Sorge, dass<br />

er in China in Quarantäne landen und nicht an<br />

den Start gehen könnte. Corona traf mehrere,<br />

aber der Russe war der einzige, der am Ende<br />

gar nicht laufen konnte. Keegan Messing saß in<br />

Kanada fest, weil er auf die nach einer Corona-


19<br />

Erkrankung verlangten vier negativen Tests<br />

warten musste und verpasste den Teamwettbewerb<br />

(was Kanadas Medaillenchancen reduzierte).<br />

Messing hatte eine wahre Odyssee hinter<br />

sich, als er am Tag vor dem KP endlich ankam:<br />

Erst war in Vancouver in Quarantäne und versuchte<br />

sich im Hotelzimmer fit zu halten. Dann<br />

war es schwierig, einen Flug zu finden und der<br />

30-Jährige musste erst nach Montreal, von dort<br />

über Frankfurt und Mailand nach Peking fliegen.<br />

„Ich bin vom Flughafen direkt zum Training<br />

in die Halle gefahren, ich hatte nicht einmal<br />

Zeit, um mich zu rasieren,“ erzählte der Kanadier,<br />

der sich nicht unterkriegen ließ. Der Trainingsausfall<br />

machte sich bemerkbar – im KP<br />

waren die Level ungewöhnlich niedrig.<br />

zwar 4T-2T und 3A im KP, aber beim 3L wäre er<br />

fast gestürzt und rutschte noch gerade so eben<br />

ins Finale. Dort klappte nicht alles nach Wunsch,<br />

»<br />

aber immerhin erneut der 4T und ein guter 3A.<br />

Lukas Britschgi<br />

„Ich konnte diese Bühne wirklich genießen<br />

und habe versucht, jeden Moment<br />

«<br />

mitzunehmen.<br />

Ich fühle mich geehrt, dass ich<br />

meine Kür laufen konnte. Er war nicht meine<br />

beste Leistung, ich hatte ein paar Fehler.<br />

Mein Training lief gut, aber jetzt konnte ich<br />

nicht mein ganzes Potenzial zeigen. Am<br />

Ende habe ich es genossen und das ist es,<br />

war zählt. Es war ein Lebensziel für mich,<br />

bei den Olympischen Spiele zu laufen und<br />

ich habe es dieses Jahr erreicht. Das ist ein<br />

unvergessliches Gefühl. Jetzt werde ich für<br />

die WM im <strong>März</strong> trainieren und will es dort<br />

besser machen.“<br />

Die „Ü30-Veteranen“ Michal Brezina und Alexei<br />

Bychenko verpassten das Finale und damit einen<br />

schönen Abschied vom olympischen Eis. Für<br />

den Tschechen waren es die vierten und für den<br />

Israeli die dritten Spiele. Sowohl Deutschland<br />

als auch Österreich waren nicht vertreten, weil<br />

weder Paul Fentz noch Maurizio Zandron bei<br />

der Olympiaqualifikation in Oberstdorf erfolgreich<br />

waren.<br />

Männer<br />

Olympische Winterspiele<br />

Shoma Uno<br />

Fotos: Robin Ritoss<br />

Yuma Kagiyama<br />

Vincent Zhou erhielt ein positives Testergebnis<br />

am Abend nach der Kür im Teamwettbewerb<br />

und musste vom Einzelwettbewerb zurückziehen.<br />

Er veröffentlichte ein Video auf Instagram,<br />

in dem er mit tränenerstickter Stimme mitteilte,<br />

warum er nicht starten könne. Die ISU lud<br />

den Amerikaner zum Trost zum Schaulaufen<br />

ein, bis zu dem er aus der Quarantäne entlassen<br />

wurde. Sowohl Zhou als auch Kolyada hätten<br />

Chancen auf die Top 5 und bei optimaler<br />

Leistung sogar auf eine Medaille gehabt, was<br />

es besonders bitter für sie macht. Bei der Anreise<br />

wurden außerdem der Ukrainer Ivan<br />

Shmuratko (konnte nicht im Team laufen) und<br />

Adam Siao Him Fa aus Frankreich positiv getestet,<br />

kamen aber anders als Paarläufer <strong>No</strong>lan<br />

Seegert nach vier Tagen wieder frei.<br />

Boyang Jin lief stabiler<br />

als zuletzt und<br />

schaffte es immerhin<br />

in die Top Ten, auch sein<br />

Paradeelement 4L klappte.<br />

Morisi Kvitelashvili überzeugte<br />

im KP und schaffte es sogar in die<br />

beste Einlaufgruppe für die Kür, aber<br />

dort misslang ein 4T. Kevin Aymoz<br />

hatte Probleme mit seinen Vierfachen.<br />

Deniss Vasiljevs gefiel mit Musikalität<br />

und Ausdruck, nur der 4S ging in der Kür<br />

daneben. Bei Europameister Mark Kondratiuk<br />

war nach dem Teamwettbewerb<br />

ein wenig die Luft raus, denn er musste<br />

viermal in sechs Tagen starten. Brendan<br />

Kerry lieferte trotz seiner Fußverletzung einen<br />

der besten Wettbewerbe seiner Karriere<br />

ab. Nicht optimal lief es für Matteo Rizzo, der<br />

übrigens kurzfristig zu seinem alten KP „Volare“<br />

zurückgekehrt war, weil er sich dafür bessere<br />

Komponenten erhoffte. Andrei Mozalev scheiterte<br />

im KP am 4S – er stürzte, allerdings nicht an<br />

der Stelle, an der er zuvor angeblich das Loch für<br />

Hanyu ins Eis gehackt hatte – und am Axel, den<br />

er aufriss. Beinahe wäre er im KP als 23. ausgeschieden.<br />

Die Kür war etwas besser. Donovan<br />

Carrillo qualifizierte sich als erster Mexikaner für<br />

das Finale bei den Olympischen Spielen (und<br />

zeigte als erster einen 4T). Lukas Britschgi stand<br />

Das Niveau des Herrenwettbewerbs war hoch<br />

und die Punktzahlen spiegeln wider, wie dicht<br />

das Feld gerade in der Mitte beieinander liegt.<br />

Ein gelungenes oder misslungenes Element kann<br />

hier ein paar Plätze ausmachen. Andererseits<br />

gab es einige Fehler, wenn auch deutlich weniger<br />

als vor vier Jahren. Ein Sturzfestival blieb<br />

zum Glück aus, dank der Regeländerungen, nach<br />

denen sich das Risiko nicht sicher beherrschter<br />

Höchstschwierigkeiten nicht mehr lohnt. Ohne<br />

groben Patzer, also Sturz oder fast Sturz kamen<br />

unter den Top Ten Chen, Kagiyama, Brown und<br />

Grassl durch beide Programme.<br />

Daniel Grassl


20<br />

Eistanz<br />

Olympische Winterspiele<br />

Vom Mut, gewinnen zu wollen:<br />

Gabriella Papadakis<br />

& Guillaume Cizeron<br />

Gabriella Papadakis und Guillaume Cizeron<br />

tanzten im „Capital Indoor Stadium“<br />

von Peking mit traumwandlerischer Sicherheit<br />

zum Olympiagold. Schon vor vier<br />

Jahren hätten sie gewinnen können, wenn<br />

nicht die legendären Kanadier Tessa Virtue/Scott<br />

Moir zurückgekommen und ihnen<br />

den Titel knapp weggeschnappt hätten.<br />

Die Franzosen haben den Eistanz in<br />

den vergangenen Jahren geprägt und<br />

Fans, Jurys, Medien mit ihrem einzigartigen<br />

Stil verzaubert. Es ist schwer in Worte<br />

Gabriella Papadakis und Guillaume Cizeron<br />

Fotos: Robin Ritoss<br />

Eistanz | Olympia<br />

RT Kür Pkt<br />

1 Gabriella Papadakis / Guillaume Cizeron<br />

Frankreich 1 1 226.98<br />

2 Victoria Sinitsina / Nikita Katsalapov<br />

Russland 2 2 220.51<br />

3 Madison Hubbell / Zachary Donohue<br />

Ver. Staaten 3 3 218.02<br />

4 Madison Chock / Evan Bates<br />

Ver. Staaten 4 4 214.77<br />

5 Charlène Guignard / Marco Fabbri<br />

Italien 7 5 207.05<br />

6 Alexandra Stepanova / Ivan Bukin<br />

Russland 5 8 205.07<br />

7 Piper Gilles / Paul Poirier<br />

Kanada 6 7 204.78<br />

8 Olivia Smart / Adrian Diaz<br />

Spanien 9 6 199.11<br />

9 Laurence Fournier Beaudry / Nikolaj Sörensen<br />

Kanada 8 11 192.35<br />

10 Lilah Fear / Lewis Gibson<br />

Großbritannien 10 9 191.64<br />

11 Kaitlin Hawayek / Jean-Luc Baker<br />

Ver. Staaten 11 10 189.74<br />

12 Shiyue Wang / Xinyu Liu<br />

China 12 12 184.42<br />

13 Marjorie Lajoie / Zachary Lagha<br />

Kanada 13 13 181.02<br />

14 Diana Davis / Gleb Smolkin<br />

Russland 14 14 179.82<br />

15 Juulia Turkkila / Matthias Versluis<br />

Finnland 16 15 173.88<br />

16 Natalie Taschlerova / Filip Taschler<br />

Tschechien 17 17 168.32<br />

17 Natalia Kaliszek / Maksym Spodyriev<br />

Polen 15 20 167.31<br />

18 Tina Garabedian / Simon Proulx Senecal<br />

Armenien 19 16 167.<strong>03</strong><br />

19 Maria Kazakova / Georgy Reviya<br />

Georgien 18 19 164.33<br />

20 Oleksandra Nazarova / Maksym Nikitin<br />

Ukraine 20 18 162.87<br />

Finale nicht erreicht:<br />

21 Katharina Mueller / Tim Dieck<br />

Deutschland 21 – 65.47<br />

22 Misato Komatsubara / Tim Koleto<br />

Japan 22 – 65.41<br />

23 Paulina Ramanauskaite / Deividas Kizala<br />

Litauen 23 – 58.35<br />

zu fassen, was diesen Stil ausmacht. Es ist<br />

eine Mischung aus der Leichtigkeit, mit<br />

der sie über das Eis schweben und der<br />

technischen Raffinesse, mit der sich ihre<br />

Elemente und Programme zu einem Gesamtkunstwerk<br />

verbinden. Dies gelingt<br />

nur wenigen und die Franzosen haben es<br />

zur Perfektion gebracht. Auf dem Eis sind<br />

Papadakis/Cizeron in ihrer eigenen Welt<br />

und für die Minuten ihrer Kür nehmen sie<br />

die Menschen mit in diese Welt. Das hat<br />

etwas Magisches, etwas Einzigartiges, an<br />

das niemand ganz herankommt, auch<br />

wenn andere Spitzenpaare sich angenähert<br />

haben und tolle Programme zeigen.


21<br />

Papadakis/Cizeron hatten die EM aus Sorge vor<br />

Corona ausgelassen, sie wollten nichts riskieren.<br />

Dass sie weniger Wettkampfpraxis als einige<br />

Konkurrenten hatten, machte ihnen keine Sorgen.<br />

Musste es auch nicht, wie sie bewiesen. Im<br />

Rhythmustanz setzten sich die viermaligen<br />

Weltmeister mit rund zwei Punkten an die Spitze,<br />

aber nicht einmal sie hatten einen Level 4<br />

für alle Elemente. Den gab das Technische Panel<br />

mit Kontrollerin Halina Gordon Poltorak (Polen)<br />

und den Spezialisten György Elek (Ungarn) sowie<br />

Ayako Higashino (Japan) ihnen für den<br />

Blues, die Twizzles und die Hebung, während die<br />

zwei Schrittfolgen einen Level drei hatten. Aber<br />

es reichte für eine neue Höchstpunktzahl.<br />

Die romantische „Elegie“ war ebenso ein Highlight.<br />

Die Franzosen konnten ihre ganze Ausdruckskraft<br />

ausspielen. Vier Elemente bekamen<br />

einen Level vier, die anderen wieder einen Level<br />

drei, aber wen interessieren hier ehrlich gesagt<br />

schon die Levels? Alles war leicht und flüssig,<br />

keinen Moment sah es so aus, als könnten sie<br />

auch nur einen falschen Schritt machen. Am<br />

Ende erzielten Papadakis/Cizeron eine neue<br />

Rekordwertung in der Gesamtpunktzahl, es regnete<br />

die Höchstnote 10,00 und der Traum vom<br />

»<br />

Olympiagold war Realität.<br />

Gabriella Papadakis & Guillaume Cizeron<br />

Gabriella: „Ich fasse es langsam, aber<br />

gleichzeitig habe ich das Gefühl, dass ich<br />

vorher erst einmal auf dem Boden liegen<br />

und weinen muss. Ich versuche, es ganz,<br />

ganz langsam zu realisieren. Wir haben darauf<br />

gewartet, das ist die Medaille, die wir<br />

wollten. Mein Gehirn begreift es noch nicht.<br />

Die vergangenen vier Jahre waren nur für<br />

diesen Moment. Wir haben sehr viel gearbeitet<br />

und es war hart. Jetzt sind wir hier<br />

und ich habe das Gefühl, ich sehe einen<br />

Film über mein Leben.“<br />

Guillaume: „Wir waren noch nie so gestresst,<br />

aber jede Sekunde des Programms fühlte<br />

sich perfekt an. Vor vier Jahren waren wir<br />

ziemlich enttäuscht darüber, wie wir den<br />

Kurztanz gelaufen sind. Diesmal wollten wir<br />

vor allem eine schöne Erfahrung und Freude<br />

beim Laufen haben und diese olympischen<br />

Momente mitnehmen, von denen wir geträumt<br />

haben. Diese Goldmedaille<br />

«<br />

hat uns<br />

mehr angetrieben als alles andere. Wir haben<br />

nie zuvor in unserer Karriere für ein bestimmtes<br />

Ziel so hart gearbeitet. Alle unsere<br />

Goldmedaillen kamen eine nach der anderen,<br />

ohne dass wir sie als präzises Ziel gewollt<br />

hatten. Dieses Jahr hatten wir den Mut gefasst,<br />

gewinnen zu wollen. Das war eine<br />

ziemlich wichtige Veränderung.“<br />

Viktoria Sinitsina/Nikita Katsalapov waren in<br />

den vergangenen zwei Jahren nahe an die Franzosen<br />

herangerückt und lieferten ebenfalls zwei<br />

perfekte Programme ab. Ihr RD zu Blues und<br />

Funk war charakteristisch, sie hatten dieselben<br />

Level wie die Sieger. In der Rachmaninov-Kür<br />

gaben die Moskauer alles und schufen ihren eigenen<br />

magischen Moment, so frei und losgelöst<br />

tanzten sie. Zu Recht waren die zweimaligen<br />

Europameister glücklich mit ihrer Leistung. Für<br />

Katsalapov war es bereits die vierte (falls das<br />

Ergebnis vom Teamwettbewerb in Peking Bestand<br />

hat) olympische Medaille nach Mannschaftsgold<br />

und Einzel-Bronze in Sotchi. Er ist<br />

übrigens der erste Eistänzer, der mit zwei verschiedenen<br />

Partnerinnen eine olympische Medaille<br />

gewinnen konnte.<br />

»<br />

Viktoria Sinitsina & Nikita Katsalapov<br />

Viktoria: „Es ist schwer, meine Emotionen in<br />

Worte zu fassen. Nach dem Einlaufen war<br />

ich so konzentriert und so inspiriert, dass ich<br />

keine anderen Gedanken hatte. Ich sah in<br />

Nikitas Augen und ich spürte das Selbstvertrauen<br />

und die Unterstützung und alle anderen<br />

Gedanken waren weg. Als ich die erste<br />

Pose einnahm, war mir jedes Element bewusst<br />

und die Kür war so schnell vorbei. Die<br />

Emotionen überwältigten mich, ich wollte<br />

weinen, schreiben, jubeln, alles gleichzeitig.“<br />

Nikita: „Es war sicher die beste Kür der Saison.<br />

Wir sind ohne Angst rausgegangen,<br />

«<br />

wir<br />

sind mit voller Power gelaufen. Natürlich<br />

wollten wir hier um den ersten Platz kämpfen,<br />

aber es war ein fairer Kampf und wir<br />

sind glücklich mit unserer Silbermedaille. Gabriella<br />

und Guillaume sind sehr stark, sie sind<br />

eines meiner liebsten Paare und sie haben die<br />

Goldmedaille verdient. Diesmal ist es für uns<br />

Silber, beim nächsten Mal vielleicht Gold.“<br />

Victoria Sinitsina und<br />

Nikita Katsalapov<br />

Madison Chock<br />

und Evan Bates<br />

Die zwei US-Paare lieferten sich das Duell um<br />

Bronze, wobei Madison Hubbell/Zachary Donohue<br />

die Nase deutlicher als erwartet vorne hatten.<br />

Sowohl im RD als auch in der Kür zum Lied<br />

„Drowning“ von Anne Sila blieben sie fehlerlos<br />

und überzeugten mit guten Elementen.<br />

»<br />

Madison Hubbell & Zachary Donohue<br />

Madison: „Wir hatten nicht das Gefühl, dass<br />

wir irgendetwas unerledigt ließen. Wir sind<br />

extrem stolz, dankbar und glücklich, auf dem<br />

Podium zu stehen. Das ist so ein Privileg.<br />

Seit ich ein kleines Mädchen war, habe ich<br />

gehört, dass mein Weg im Eiskunstlauf immer<br />

über die Tage und Momente und nicht<br />

nur die Ergebnisse sein soll. Ich denke, diese<br />

Medaille ist nur zu uns gekommen, weil wir<br />

das in den vergangenen vier Jahren zu Herzen<br />

genommen haben. Alle in der letzten<br />

Gruppe waren so nah beieinander (in den<br />

Punkten) und ein Fehler könnte den<br />

«<br />

ganzen<br />

Plan umwerfen. Wir waren alle angespannt,<br />

aber es ist ein Zeugnis dessen, wie sehr wir<br />

einander antreiben, um besser zu werden.“<br />

Zachary: „Auf einem olympischen Podium zu<br />

stehen, ist ein Mix aus Stolz, Freude, Hochgefühl,<br />

Erleichterung und dem Stress, der sich<br />

im Lauf einer ganzen Saison aufgebaut hat.“<br />

Eistanz<br />

Olympische Winterspiele


22<br />

Eistanz<br />

Olympische Winterspiele<br />

Chock/Bates gerieten im RD in Rückstand, als<br />

die Schrittfolge nur einen Level zwei bekam. Auf<br />

diesem Niveau macht das schon etwas aus,<br />

wenn die Paare so dicht beieinanderliegen. Der<br />

Druck ist enorm, ein falscher Schritt, ein Wackler<br />

und du liegst hinten. Dabei ist der RD zu Liedern<br />

von Billie Eilish cool und auch die „Weltraumkür“<br />

zu elektronischer Musik von Daft Punk<br />

ragt heraus. Aber es gibt eben nur drei Medaillen<br />

… Wenigstens werden Chock/Bates Edelmetall<br />

vom Teamwettbewerb bekommen. Bates<br />

war übrigens bei seinen vierten Olympischen<br />

Spielen dabei – 2010 lief er mit Emily Samuelson<br />

und seitdem mit Chock.<br />

»<br />

Evan Bates<br />

„Wir wollten wirklich auf dem Podium<br />

«<br />

sein.<br />

Und ich denke, der vierte Platz kann manchmal<br />

der schwierigste sein, den es gibt. Aber<br />

die Tatsache, dass es nur drei Plätze auf dem<br />

Podium gibt, macht diesen Sport so furios<br />

und bei so vielen Menschen beliebt, bei den<br />

Fans zu Hause und bei den Sportlern. Wir<br />

wollen, dass der Wettkampf hochklassig ist,<br />

und genau das ist er.“<br />

Charlène Guignard/Marco Fabbri starteten bei<br />

ihren dritten Spielen. Die Italiener haben sich<br />

dank guter Technik und gelungener Programme<br />

in der Weltspitze etabliert. Sie sind eine Ermutigung<br />

für andere, weil sie vom üblichen Standard<br />

abweichen, denn sie sind beide nicht sehr<br />

groß. Aber die privat liierten Tänzer können unterschiedliche<br />

Stile sehr gut interpretieren – ob<br />

Michael Jackson im RD oder eine romantische<br />

Liebesgeschichte in der Kür. Sie wollen sich<br />

noch nicht festlegen, ob sie bis zu den Olympischen<br />

Spielen 2026 im heimischen Mailand<br />

weitermachen, aber nächste Saison wollen die<br />

definitiv laufen. Guignard brach in Freudentränen<br />

aus, als sie sah, dass sie Alexandra Stepanova/<br />

Ivan Bukin überholt hatten – damit hatte<br />

sie nicht gerechnet und der fünfte Platz war ein<br />

hervorragendes Ergebnis.<br />

Stepanova/Bukin sorgten bei der russischen<br />

Presse für Aufregung, weil sie erst später als die<br />

anderen anreisten. Das gab Anlass zu Spekulationen,<br />

aber sie verrieten nicht, ob sie Probleme<br />

mit den Coronatests hatten, sondern sagten nur,<br />

dass sie ihrem Vorbereitungsplan folgten. Das<br />

Trainingslager in Krasnojarsk hatten sie aus Sorge<br />

vor Corona ausgelassen, nachdem dort mehrere<br />

Fälle auftraten. In Peking zeigten sich die<br />

EM-Zweiten in guter Form, nur in der Romeound-Julia<br />

Kür wären sie fast bei ihrem „Hydroblading“<br />

Element ausgerutscht. Da verloren sie<br />

die Pünktchen, die sie hinter Guignard/Fabbri<br />

zurückfallen ließen.<br />

Kür verwackelten sie ihre Kombinationshebung,<br />

die zwar noch einen Level vier, aber wenig Pluspunkte<br />

bekam.<br />

»<br />

Piper Gilles<br />

„Die Kür heute war nicht das, was<br />

«<br />

wir wollten.<br />

Es ist ziemlich hart und wir hatten natürlich<br />

noch nicht die Chance herauszufinden,<br />

wie wir das hinter uns lassen werden.<br />

Aber trotzdem fühlten wir uns vereint und<br />

wir hatten das Gefühl, dass wir zusammen<br />

waren. Letztendlich ist es das, was uns weitergehen<br />

lässt, wenn wir von den Spielen<br />

nach Hause kommen und die nächste Sache<br />

in Angriff nehmen.“<br />

Olivia Smart/Adrian Diaz verdienten sich die<br />

Top-Ten Platzierung mit zwei guten Programmen,<br />

insbesondere die „Zorro“-Kür passt optimal<br />

zu ihnen. Die Montrealer Schule, zu der sie<br />

gehören, war wieder sehr dominant: Von den<br />

besten zehn trainieren sechs Duos bei Marie-<br />

France Dubreuil, Romain Haguenauer & Co und<br />

insgesamt hatten sie elf Paare am Start, darunter<br />

die Briten Lilah Fear/Lewis Gibson und die<br />

US-Amerikaner Kaitlin Hawayek/Jean-Luc Baker,<br />

die sich gut präsentierten. Die Finnen Juulia<br />

Turkkila/Matthias Versluis gefielen ebenfalls vor<br />

allem in der Kür.<br />

Pech für Müller/Dieck<br />

Katharina Müller und Tim Dieck verpassten das<br />

Finale denkbar knapp mit nur 0,06 Punkten<br />

Rückstand auf die Ukrainer Alexandra Nazarova/Maxim<br />

Nikitin. Die Konkurrenz ist groß, viele<br />

Paare sind auf einem ähnlichen Niveau und die<br />

Deutschen hatten das Pech, die Startnummer<br />

eins zu ziehen. Wären sie in einer späteren<br />

Gruppe gelaufen wie zum Beispiel die Armenier<br />

Tina Garabedian/ Simon Proulx-Senecal, die bei<br />

der EM noch einen Platz hinter ihnen lagen,<br />

wären die Chancen aufs Finale besser gewesen.<br />

Wenigstens mussten sich die Dortmunder nichts<br />

vorwerfen. Sie liefen deutlich besser als im<br />

Teamwettbewerb, konnten den Charakter<br />

ihres frechen Tanzes zu „Sucide<br />

Squad“ herüberbringen und auch die<br />

gefürchteten Twizzles gelangen mit Level<br />

4. Allerdings waren die Levels der anderen<br />

Elemente zu niedrig – nur zwei für den<br />

Blues und die Schrittfolgen, ein Level drei für<br />

die Hebung. Das war bitter für das Paar, sie waren<br />

sehr enttäuscht. Eine Woche nach den Spielen<br />

entschied die DEU, dass nicht Müller/Dieck,<br />

sondern die Deutschen Meister Jennifer Janse<br />

van Rensburg/Benjamin Steffan zur WM nach<br />

Frankreich fahren.<br />

»<br />

Katharina: „Wir sind zufrieden mit der Performance<br />

(im RD), mit den Punkten weniger.<br />

Die Punkte machen uns diese Saison einen<br />

Strich durch die Rechnung. Aber wir sind<br />

zufrieden, Anjelika (Krylova, Trainerin) ist<br />

zufrieden. Mit der Startnummer eins sind<br />

wir gut klargekommen. Es gab ein, zwei<br />

technische Momente, die wohl auch die<br />

technischen Spezialisten gesehen haben.<br />

Aber wie haben es ansonsten genossen und<br />

es war auch vom Gefühl her besser als im<br />

Team Event. Wir haben gezeigt, was wir<br />

konnten. Ich habe bei den Olympischen<br />

Spielen unheimlich viel gelernt, was mich<br />

als Persönlichkeit, als Sportlerin weiterbringt.<br />

Es gab so viele Momente und Situationen<br />

für das Team, für uns selbst, die man<br />

wirklich nirgendwo anders mitbekommt.“<br />

Katharina Müller & Tim Dieck<br />

Tim: „Wir wussten von vornherein, dass der<br />

Teamwettbewerb ein kleiner Vorteil ist, um<br />

mal das Eis im Wettkampf zu fühlen. Ich<br />

denke, man hat gesehen, dass wir uns gesteigert<br />

haben. Ich habe mir die Olympi-<br />

«<br />

schen Spiele noch ein wenig anders vorgestellt.<br />

Ich dachte, mich überrumpelt das total,<br />

aber es war dann doch ein normaler<br />

Wettkampf von der Nervosität her. Das<br />

Drumherum war natürlich etwas ganz anderes<br />

und es gab viele schöne Momente, die<br />

man einfangen konnte.“<br />

Das Niveau des Wettbewerbs war wie für Olympischen<br />

Spiele angemessen hoch. Es gab nur einen<br />

Sturz – die Polen Natalia Kaliszek/Maksym<br />

Spodyriev plumpsten beide in der Schlusspose<br />

der Kür aufs Eis. Die Litauer Paulina Ramanauskaite/Deividas<br />

Kizala, die die wegen der fehlenden<br />

Staatsbürgerschaft nicht startberechtigten<br />

Allison Reed/Saulius Ambrulevicius ersetzten,<br />

landeten wie erwartet mit Abstand auf dem<br />

letzten Platz, denn sie hatten als einzige nicht<br />

wirklich olympisches Niveau.<br />

Nach dem Gewinn der Bronzemedaille bei der<br />

WM in Stockholm machten sich Piper Gilles/<br />

Paul Poirier Hoffnungen auf einen Podestplatz<br />

in Peking, aber sie waren am Ende ziemlich<br />

deutlich davon entfernt. Die Kanadier fielen insbesondere<br />

im RD zu Elton Johns „I Guess This Is<br />

Why They Call It The Blues“ und „Still Standing”<br />

mit ihren orangenen Kostümen auf. Aber die Level<br />

im RD waren niedriger als erhofft und in der<br />

Katharina Mueller und Tim Dieck<br />

Foto: Ritoss


Überlegte<br />

Entschlossenheit:<br />

Anna<br />

Shcherbakova<br />

Der Damen-Wettbewerb war voller Drama<br />

und stand wegen Kamila Valieva tagelang<br />

im Mittelpunkt der Spiele. Das<br />

Medieninteresse war vergleichbar dem<br />

nach dem Eisenstangenattentat auf Nancy<br />

Kerrigan oder beim Preisrichterskandal<br />

von Salt Lake City. Am Ende stand Anna<br />

Shcherbakova ganz oben, wie schon bei<br />

der WM in Stockholm und insgesamt<br />

dreimal bei der Russischen Meisterschaft<br />

und wieder war sie diejenige, der viele es<br />

am wenigstens zugetraut hätten. Das Ergebnis<br />

spiegelt das wider, denn die Russin<br />

war zweimal Zweite – im KP hinter der<br />

favorisierten Kamila Valieva und in der<br />

Kür hinter der Sprungkönigin Alexandra<br />

Trusova. Doch Valieva brach in der Kür<br />

unter dem Druck zusammen und Trusova<br />

patzte im KP. Shcherbakova stand, obwohl<br />

sie die Weltmeisterin ist, wie immer<br />

ein wenig im Schatten der anderen. Doch<br />

sie legte zwei saubere Programme aufs<br />

Eis und nebenbei bemerkt, stand zwei 4F.<br />

Jetzt ist sie verdient Olympiasiegerin. Die<br />

17-Jährige hat die richtige Mischung aus<br />

einem federleichten Laufstil und schwierigen<br />

Sprüngen, aber sie lief sehr kontrolliert,<br />

wie sie selbst sagte.<br />

Anna Shcherbakova<br />

Foto: Ritoss<br />

23<br />

Frauen<br />

Olympische Winterspiele<br />

Frauen | Olympia<br />

KP Kür Pkt<br />

1 Anna Shcherbakova – Russland 2 2 255.95<br />

2 Alexandra Trusova – Russland 4 1 251.73<br />

3 Kaori Sakamoto – Japan 3 3 233.13<br />

4 Kamila Valieva – Russland 1 5 224.09<br />

5 Wakaba Higuchi – Japan 5 6 214.44<br />

6 Young You – Südkorea 6 4 213.09<br />

7 Alysa Liu – Ver. Staaten 8 7 208.95<br />

8 Loena Hendrickx – Belgien 7 9 206.79<br />

9 Yelim Kim – Südkorea 9 11 202.63<br />

10 Mariah Bell – Ver. Staaten 11 8 202.30<br />

11 Anastasiia Gubanova – Georgien 10 10 200.98<br />

12 Ekaterina Kurakova – Polen 24 12 185.84<br />

13 Viktoriia Safonova – Weißrussland 17 13 184.83<br />

14 Olga Mikutina – Österreich 18 14 182.20<br />

15 Ekaterina Ryabova – Aserbaidschan 16 15 179.97<br />

16 Karen Chen – Ver. Staaten 13 17 179.93<br />

17 Nicole Schott – Deutschland 14 19 177.65<br />

18 Lindsay Van Zundert – Niederlande 22 16 175.81<br />

19 Madeline Schizas – Kanada 20 18 175.56<br />

20 Eliska Brezinova – Tschechien 12 21 175.41<br />

21 Eva-Lotta Kiibus – Estland 21 20 171.75<br />

22 Alexia Paganini – Schweiz 19 22 168.91<br />

23 Mana Kawabe – Japan 15 23 166.73<br />

24 Alexandra Feigin – Bulgarien 23 24 159.31<br />

25 Jenni Saarinen – Finnland 25 25 153.04<br />

Finale nicht erreicht:<br />

26 Josefin Taljegard – Schweden 26 – 54.51<br />

27 Yi Zhu – China 27 – 53.44<br />

28 Natasha Mckay – Großbritannien 28 – 52.54<br />

29 Kailani Craine – Australien 29 – 49.93<br />

30 Anastasiia Shabotova – Ukraine 30 – 48.68<br />

Als „überlegt und entschlossen“<br />

beschreibt sie sich, und so wirkt sie<br />

auch auf dem Eis. Im KP hatte sie<br />

mit „Dangerous Affairs“ und „Total<br />

View“ einen etwas anderen, dynamischeren<br />

Stil gewählt als sonst, in<br />

der Kür hatte sie einen Musikmix mit<br />

„Master und Margarita“ zur ausdrucksstarken<br />

Schrittfolge. Im Training war<br />

sie bei den Vierfachen weniger sicher<br />

als Valieva und Trusova, aber ihre<br />

Wettkampfstärke zahlte sich aus. Bewertet<br />

wird schließlich, was sie in den<br />

bis zu 2:50 Minuten bzw. vier Minuten<br />

unter den Augen der Preisrichter<br />

macht und nicht, was im Training<br />

passiert. Die Läuferin wirkt erwachsen<br />

und gebildet, sie ist eine<br />

gute Botschafterin für den Sport<br />

(siehe Interview Seite 5).


24<br />

Frauen<br />

Olympische Winterspiele<br />

Trusovas Traum war es, fünf Vierfache in der Kür<br />

zu bringen und dieser erfüllte sich – 4F, 4S, 4L-<br />

Euler-3S waren einwandfrei, beim 4T stieg sie<br />

um. Der zweite 4L war leicht unterdreht (q). Ihr<br />

anderer Traum, den Olympiasieg zu holen, erfüllte<br />

sich dagegen nicht, vor allem, weil sie im KP<br />

5,6 Punkte hinter Shcherbakova lag, nachdem sie<br />

beim 3A gestürzt war. Obwohl sie sich stilistisch<br />

verbessert hat und die Programme „Frida“ im KP<br />

und „Cruella“ in der Kür besser interpretierte als<br />

früher, waren die Komponenten im Vergleich zu<br />

einigen anderen Läuferinnen vor allem in der Kür<br />

überhöht. Als die WM-Dritte das Ergebnis sah,<br />

tobte sie, warf mit Gegenständen um sich und<br />

schrie, sie hasse den Sport und werde nie wieder<br />

aufs Eis gehen. Das alles öffentlich vor der Kamera,<br />

so dass es jeder mitbekam. Danach beruhigte<br />

die 17-Jährige sich und trat vor die Presse.<br />

»<br />

Alexandra Trusova<br />

„Ich habe schon seit drei Jahren keinen großen<br />

Wettkampf mehr gewonnen<br />

«<br />

und ich<br />

habe es immer darauf zurückgeführt, dass<br />

ich nicht alle meine Vierfachen gemacht<br />

habe. Jetzt habe ich fünf Vierfache gestanden<br />

und ich habe trotzdem nicht gewonnen.<br />

Es hat lange gedauert, bis ich das (die Vierfachen)<br />

erreicht habe. Ich bin zufrieden mit<br />

meiner Leistung, aber nicht mit dem Resultat.<br />

Ich war verärgert und enttäuscht. Natürlich<br />

waren das emotionale Worte (übers Aufhören).<br />

Ich werde mir etwas Zeit nehmen<br />

und darüber nachdenken und dann entscheiden,<br />

was ich in der Zukunft mache.“<br />

Sakamoto mit Kraft und Klasse<br />

venkraft nicht. Im KP stieg sie beim 3A um, ein<br />

verzeihlicher Fehler, und sie führte knapp, da<br />

alle übrigen Elemente sehr gut waren. In der<br />

Kür dagegen kämpfte die 15-Jährige vom ersten<br />

Sprung an. Der 4S bekam ein q, der 3A war verstolpert,<br />

dann stürzte sie beim 3S in der Kombi<br />

mit 4T und beim zweiten 4T. Die Läuferin weinte<br />

in der Tränenecke bitterlich und brachte unter<br />

Schluchzen hervor, dass jetzt wenigstens die<br />

Siegerehrung nicht abgesagt werde – daran<br />

sieht man, wie sehr sie das alles belastet hat.<br />

Choreograph Daniil Gleikhengauz strich seiner<br />

Schülerin tröstend über den Kopf, Trainerin Eteri<br />

Tutberidze fragte sie sachlich, warum sie nach<br />

dem 3A nicht mehr gekämpft habe – aber dass<br />

sie mit ihr schimpfte oder eine „Atmosphäre der<br />

Kälte“ herrschte, wie IOC-Präsident Thomas<br />

Bach anhand von TV-Bildern aus der Ferne urteilte,<br />

stimmt nicht.<br />

Die Südkoreanerin Young You steigerte sich erheblich<br />

im Vergleich zur Vier-Kontinente-Meisterschaft.<br />

Sie konnte den 3A in beiden Programmen<br />

landen, allerdings wurde der im KP abgewertet<br />

und der in der Kür war unterdreht, aber<br />

unterdreht war besser, als wenn sie ihn aufgerissen<br />

hätte oder gestürzt wäre. Die Gewinnerin<br />

der Olympischen Jugendspiele war froh, dass sie<br />

ohne groben Patzer durchkam. Wenn sie den 3A<br />

packt, hat You gute Medaillenchancen.<br />

Higuchi mit 3A<br />

Kaori Sakamoto ist eine dynamische, kraftvolle<br />

Läuferin, die auch ohne Vierfachsprünge oder 3A<br />

ganz vorne mithalten kann, aber sie darf sich keine<br />

Fehler erlauben. In Peking lieferte sie zwei<br />

perfekte Programme, wobei das KP zum „Gladiator“<br />

besonders gut zu ihr passt. Für die Kür hat<br />

sich Choreograph Benoît Richaud das Thema<br />

„starke Frauen“ ausgedacht, was ihm wichtig ist,<br />

aber so eine politische Botschaft wirkt bei Sakamoto<br />

nicht authentisch. Eher könnte man sich<br />

Loena Hendrickx oder Mariah Bell vorstellen.<br />

Wakaba Higuchi konnte in KP und Kür jeweils<br />

einen ordentlichen 3A zeigen, machte aber bei<br />

anderen Sprüngen ein paar Fehler. Die temporeiche<br />

Japanerin gefiel vor allem in ihrer Kür<br />

zum „König der Löwen“, kann aber bei den<br />

Komponenten noch zulegen. Alysa Liu überzeugte<br />

ebenfalls und war die beste US-Amerikanerin.<br />

Sie riskierte den 3A in der Kür, aber er<br />

war vorwärts gelandet. Die präzise und ausdrucksstarke<br />

Loena Hendrickx erlaubte sich im<br />

KP einen Wackler beim 2A und in der Kür einen<br />

aufgerissenen Salchow, war aber die beste<br />

nicht-russische Europäerin und konnte zu Recht<br />

»<br />

stolz auf sich sein.<br />

Loena Hendrickx<br />

„Ich war sehr nervös, ich wäre fast gestorben.<br />

Am Anfang der Kür fühlte ich mich ein<br />

wenig wacklig, aber nach dem zweiten<br />

Sprung hatte ich Selbstvertrauen.<br />

«<br />

Dann<br />

habe ich einen dummen Fehler am Ende gemacht.<br />

Nach dem KP war ich sehr emotional,<br />

ich war enttäuscht. In der Kür wollte<br />

ich es mehr genießen und dankbar dafür<br />

sein, dass ich hier sein kann. Diese Olympischen<br />

Spiele waren ein wenig seltsam mit<br />

allem, was drum herum passiert ist und mit<br />

Corona. Ich habe versucht, jedes Training<br />

und den Wettkampf zu genießen. Ich habe<br />

so hart für diesen Moment gearbeitet und<br />

ich bin froh, nach all den Verletzungen hier<br />

zu sein. Ich liebe Eislaufen.“<br />

Die Südkoreanerin Yelim Kim präsentierte zwei<br />

sehr gute Programme, sie bekam nur jeweils ein<br />

„q” für einen Sprung. Mariah Bell stürzte im KP<br />

»„Ich kam hierher in der Hoffnung,<br />

«<br />

bessere Er-<br />

Kaori Sakamoto<br />

gebnisse im Team und im Einzel zu erzielen<br />

als 2018. Das Resultat hat meine Erwartungen<br />

übertroffen und ich bin sehr zufrieden mit<br />

meiner Leistung. Bevor Kamila Valievas <strong>No</strong>ten<br />

kamen, war ich nicht sicher, ob ich eine weitere<br />

Medaille gewinne. Als ich meinen Namen<br />

an dritter Stelle sah, konnte ich es kaum<br />

glauben. Ich hätte fast geweint. Nachdem ich<br />

zwei Medaillen gewonnen habe, hoffe ich,<br />

mehr Leute zum Eiskunstlauf zu bringen.”<br />

Kaori Sakamoto<br />

Kamila Valieva war ein Schatten ihrer selbst im<br />

Einzelwettbewerb, was nach dem Stress um ihren<br />

positiven Dopingtest kein Wunder war (siehe<br />

Seite 13). Im Training klappten die meisten<br />

Elemente, aber im Wettbewerb reichte die Ner-<br />

Kamila Valieva


terdreht. In der Kür gelang diese Kombi<br />

einwandfrei, aber die Wahl-Oberstdorferin<br />

stürzte beim Solo-3F. Da das<br />

Feld eng beieinander lag, fiel sie drei<br />

Plätze zurück. Sehr positiv ist, dass<br />

Schott in allen drei Programmen die<br />

Kombi 3F-3T gezeigt hat. Sie erreichte das beste<br />

Ergebnis aller Deutschen in Peking.<br />

»<br />

Nicole Schott<br />

„Ich bin einfach zufrieden mit dem, was ich<br />

hier in den drei Wochen geleistet habe. Lustigerweise<br />

habe ich genau den gleichen<br />

Fehler gemacht wie vor vier Jahren, den<br />

zweiten Flip nämlich versemmelt. Ansonsten<br />

bin ich sehr zufrieden, auch, dass ich gekämpft<br />

habe und einfach vor allem mit meiner<br />

Performance und mit den Levels der <strong>Pirouette</strong>n.<br />

Das Eislaufen besteht nicht nur<br />

aus Sprüngen, was man oft irgendwie vergisst.<br />

Ich wollte mich auf das Läuferische<br />

und die Passion konzentrieren, die ich für<br />

den Eiskunstlauf habe. Ich habe mir dieses<br />

Jahr ganz arg vorgenommen, nicht<br />

auf Punkte und Platzierungen zu schauen,<br />

weil das einfach sehr subjektiv ist. Nach<br />

dem Kurzprogramm vom Team-Event habe<br />

ich festgestellt, dass ich dadurch viel entspannter<br />

war und es viel mehr genießen<br />

konnte, obwohl ich mir da natürlich mehr<br />

Punkte gewünscht hätte für dieses Kurzprogramm,<br />

weil es wirklich das beste war, was<br />

ich bis dato gelaufen bin und die Punkte das<br />

nicht widergespiegelt haben.“<br />

«<br />

Olga Mikutina<br />

25<br />

Frauen<br />

Olympische Winterspiele<br />

Alexandra Trusova<br />

Fotos: Robin Ritoss<br />

bei der Kombi 3F-3T. In der eleganten Kür zu<br />

„Hallelujah“ klappte alles bis auf einen unsauberen<br />

3S, aber sie hatte keine dreifach-dreifach<br />

Kombi zu bieten. Die für Georgien startende<br />

Russin Anastasiia Gubanova hinterließ wie bei<br />

der EM einen sehr positiven Eindruck, kann aber<br />

noch an ihren Zwischenschritten arbeiten. Ekaterina<br />

Kurakova, die ebenfalls aus Russland<br />

kommt und für Polen läuft, verpatzte das KP und<br />

holte dank einer gelungenen Kür zwölf Plätze<br />

auf. Karen Chen machte in der Kür zu viele Fehler<br />

bei den Sprüngen, was sie auch nicht mehr<br />

mit ihrem guten Stil wettmachen konnte.<br />

Mikutina vor Schott und Paganini<br />

Das beste Ergebnis der Läuferinnen aus dem<br />

deutschsprachigen Ländern erzielte die Österreicherin<br />

Olga Mikutina, die nach ihren Verletzungsproblemen<br />

wieder an ihre frühere Form<br />

anknüpfen konnte. Im KP war nur der 3L unterdreht,<br />

der Flip hatte ein „q“. In der Kür waren<br />

ebenfalls nicht alle Sprünge komplett rotiert,<br />

aber sie stürzte nicht und punktete mit ihrer<br />

Ausstrahlung.<br />

Nicole Schott glänzte im eleganten Tango-KP,<br />

nur zweite Sprung in der Kombi 3F-3T war un-<br />

Die Tschechin Eliska Brezinova lief das beste KP<br />

ihrer Karriere und schaffte es sogar in die vorletzte<br />

Einlaufgruppe, rutschte aber nach mehreren<br />

Patzern acht Plätze ab. Lindsay van Zundert<br />

war die erste Niederländerin seit 46 Jahren,<br />

die die sich für die Olympischen Spiele<br />

qualifizieren konnte, und anders als bei der<br />

missglückten EM zeigte sie eine stabile Leistung<br />

und landete im Mittelfeld. Alexia Paganini<br />

aus der Schweiz verlor viele Punkte durch unterdrehte<br />

Sprünge, so dass sie auch mit ihrem<br />

guten Stil nicht weiter nach vorne kam. Die Estin<br />

Eva-Lotta Kiibus war nicht in Bestform,<br />

schaffte es aber immerhin ins Finale. Die elegante<br />

Jenni Saarinen aus Finnland, die zeitweise<br />

bei Michael Huth trainiert, durfte als 25.<br />

Läuferin ins Finale. Das ließ die ISU auf Wunsch<br />

des IOC zu, weil Valieva startete und die 25.<br />

Läuferin nach dem KP sich nicht benachteiligt<br />

fühlen sollte, falls die Russin nachträglich disqualifiziert<br />

werden sollte. Saarinen wirkte jedoch<br />

sehr nervös und stürzte dreimal.<br />

Der Wettbewerb verdeutlichte, welchen technischen<br />

Sprung die Frauen in den vergangenen<br />

Jahren gemacht haben. Vor vier Jahren hatte<br />

nur die US-Amerikanerin Mirai Nagasu einen 3A<br />

bei den Olympischen Spielen gezeigt, diesmal<br />

hatten sieben Läuferinnen ihn im Programm, allerdings<br />

gelang der Sprung nur Higuchi sauber.<br />

Wie erwartet, haben die Russinnen die ersten<br />

Vierfachsprünge bei den Damen aufs olympische<br />

Eis gebracht, und zwar gleich vier verschiedene:<br />

Toeloop, Salchow, Flip und Lutz.<br />

Nicole Schott<br />

Alexia Paganini


26<br />

Paare<br />

Olympische Winterspiele<br />

Die Vollendeten:<br />

Wenjing Sui &<br />

Cong Han<br />

Wenjing Sui/Cong Han erregten Aufmerksamkeit,<br />

seit sie im Herbst 2009 bei den<br />

Junioren Grand Prix in Minsk und in Dresden<br />

debütierten. Sie fielen mit ihrem flotten<br />

Laufstil und einer besonderen Ausstrahlung<br />

auf. Wenig später kamen die<br />

schwierigen Elemente dazu, inklusive<br />

vierfacher Würfe. Zwölfeinhalb Jahre,<br />

also ein ganzes Sportlerleben nach ihrem<br />

Sieg in Sachsen, erreichten Sui/Han ihr<br />

großes Ziel und wurden auf heimischen<br />

Eis Olympiasieger. Schon 2018 gehörten<br />

sie als aktuelle Weltmeister zu den Topfavoriten,<br />

aber Aljona Savchenko/Bruno<br />

Massot zogen in der Kür denkbar knapp<br />

an ihnen vorbei. Knapp war es auch diesmal<br />

wieder, aber am Ende spielt es keine<br />

Rolle, ob man mit 0,63, mit sechs oder mit<br />

16 Punkten Vorsprung gewonnen hat.<br />

Paare | Olympia<br />

KP Kür Pkt<br />

1 Wenjing Sui / Cong Han<br />

China 1 1 239.88<br />

2 Evgenia Tarasova / Vladimir Morozov<br />

Russland 2 2 239.25<br />

3 Anastasia Mishina / Aleksandr Galliamov<br />

Russland 3 3 237.71<br />

4 Aleksandra Boikova / Dmitrii Kozlovskii<br />

Russland 4 4 220.50<br />

5 Cheng Peng / Yang Jin<br />

China 5 6 214.84<br />

6 Alexa Knierim / Brandon Frazier<br />

Ver. Staaten 6 7 212.68<br />

7 Riku Miura / Ryuichi Kihara<br />

Japan 8 5 211.89<br />

8 Ashley Cain-Gribble / Timothy Leduc<br />

Ver. Staaten 7 9 198.05<br />

9 Karina Safina / Luka Berulava<br />

Georgien 9 8 192.44<br />

10 Kirsten Moore-Towers / Michael Marinaro<br />

Kanada 13 10 181.37<br />

11 Laura Barquero / Marco Zandron<br />

Spanien 11 11 181.36<br />

12 Vanessa James / Eric Radford<br />

Kanada 12 12 180.99<br />

13 Nicole Della Monica / Matteo Guarise<br />

Italien 10 13 179.87<br />

14 Rebecca Ghilardi / Filippo Ambrosini<br />

Italien 16 14 165.43<br />

15 Hailey Kops / Evgeni Krasnopolski<br />

Israel 15 15 153.82<br />

16 Minerva Fabienne Hase / <strong>No</strong>lan Seegert<br />

Deutschland 14 16 149.69<br />

Finale nicht erreicht:<br />

17 Jelizaveta Zukova / Martin Bidar<br />

Tschechien 17 – 54.64<br />

18 Miriam Ziegler / Severin Kiefer<br />

Österreich 18 – 51.96<br />

Nicht angetreten:<br />

– Ioulia Chtchetinina / Mark Magyar<br />

Ungarn – – –<br />

Wenjing Sui und Cong Han<br />

Fotos: Robin Ritoss<br />

Sui/Han gewannen das KP mit hauchdünnem<br />

Vorsprung vor Evgenia Tarasova/Vladimir Morozov.<br />

Ihr Flamenco war erstklassig, die Elemente<br />

ebenfalls, insbesondere der Wurfflip. In der Kür<br />

gingen die Chinesen aufs Ganze und riskierten


27<br />

den vierfachen Twist, der ihnen so locker und<br />

leicht gelang, dass er fast wie ein dreifacher<br />

aussah und sogar einen Level 3 bekam. Damit<br />

brachte das Element 10,47 Punkte ein. Die<br />

zweimaligen Weltmeister erlaubten sich in ihrer<br />

emotionalen Kür „Bridge Over Troubled Water“<br />

einen Patzer, der sie fast das Gold gekostet<br />

hätte: Sui stolperte beim (abgewerteten) 3S,<br />

doch es reichte. Sui/Han hatten viele Höhen<br />

und Tiefen, viele Verletzungen, aber sie kamen<br />

immer wieder zurück und sehr viele Fans und<br />

andere SportlerInnen drückten ihnen die Daumen<br />

für Peking. Sui, 26 und Han, 29 verrieten<br />

noch nicht, ob sie ihre Karriere beenden wollen<br />

(siehe Seite 4).<br />

Evgenia Tarasova/Vladimir Morozov waren vor<br />

vier Jahren in Korea Zweite nach dem KP und<br />

rutschten nach fehlerreicher Kür auf den vierten<br />

Rang ab. Diesmal waren sie wieder Zweite nach<br />

dem ersten Tag, aber sie gaben die Medaille<br />

nicht mehr aus der Hand. Die ganze Saison hatten<br />

die Moskauer es nicht geschafft, zwei saubere<br />

Küren zu laufen, immer ging mindestens in<br />

einem Programm etwas schief. In Peking war<br />

das anders und das Duo punktete auch mit seinem<br />

Stil. Sowohl das KP „Galatea und Pygmalion“<br />

als auch die Kür zu „Lighthouse“ von Patrick<br />

Watson sind romantisch, betonen die Linien und<br />

läuferische Klasse der Russen. Für sie war es<br />

»<br />

eine Silbermedaille mit Goldglanz.<br />

Evgenia Tarasova & Vladimir Morozov<br />

Vladimir: „Alle hier sind glücklich mit ihrer<br />

Medaille. Eine Olympia-Medaille ist der Höhepunkt<br />

deiner Karriere und deshalb bedeutet<br />

sie sehr viel für uns. In den vergangenen<br />

vier Jahren haben wir nur für diesen Moment<br />

und für diese Medaille gearbeitet. Als<br />

wir unser Programm beendet haben, waren<br />

wir froh, dass es vorbei war und dass wir<br />

sauber gelaufen sind, alle Elemente einen<br />

Level vier hatten. Wir waren innerlich sehr<br />

emotional und danach waren wir wie leer,<br />

weil wir alles auf dem Eis gegeben haben.“<br />

Evgenia: „Wenn du in der Schlusspose stehst<br />

und begreifst, dass du sauber gelaufen bist,<br />

dass du gut warst, dann explodieren<br />

«<br />

deine<br />

Emotionen. Das ist das Glück, dass alles im<br />

richtigen Moment geklappt hat. Während du<br />

läufst, denkst du nur an die Elemente, das<br />

Programm. Da gibt es keine Nebengedanken.<br />

Die Erinnerungen an die vergangenen Olympischen<br />

Spiele haben uns verlassen. Wenn<br />

wir nicht danach gefragt worden wären,<br />

würden wir nicht mehr daran denken.“<br />

Junge russische Duos ebenfalls stark<br />

Die frischen jungen Weltmeister von 2021,<br />

Anastasia Mishina/Alexander Galliamov, überzeugten<br />

auch in Peking wieder mit ihrer technischen<br />

Perfektion und Präzision zu „Esmeralda“<br />

und „Der Schneesturm“ und „Zeit, vorwärts“. In<br />

den Komponenten und beim Tempo haben sie<br />

noch etwas Nachholbedarf, aber die Bronzemedaille<br />

war ein schöner Erfolg für das talentierte<br />

Duo, das eine große Zukunft vor sich hat. Ihrer<br />

Trainerin Tamara Moskvina, die sich mit ihren<br />

80 Jahren nach dieser Saison langsam aus dem<br />

Alltagsgeschäft zurückziehen und an Artur Minchuk<br />

übergeben möchte, machten sie in jedem<br />

»<br />

Fall viel Freude.<br />

Anastasia Mishina/Alexander Galliamov<br />

Anastasia: „Als alle Elemente gut gingen,<br />

hatten wir dieses vertraute Gefühl, dass wir<br />

gewinnen können, wenn wir alles gut machen.<br />

Hier wussten wir, dass es vielleicht<br />

nicht so laufen wird und wir waren einfach<br />

nur glücklich, dass wir gut gelaufen sind.<br />

Wenn ein Sportler alles macht, was er kann,<br />

ist da mehr Freude als Enttäuschung. Wir<br />

werden weiterarbeiten. Der dritte Platz motiviert<br />

uns, härter zu arbeiten.“<br />

«<br />

Alexander: „Die erst- und zweitplatzierten<br />

Paare waren fantastisch. Das sind würdige<br />

Rivalen und wir sind froh, dass wir mit diesen<br />

legendären Athleten mithalten können.<br />

Das waren nicht ihre ersten Olympischen<br />

Spiele und für uns war es eine Ehre, gegen<br />

sie zu laufen.“<br />

Alexandra Boikova/Dmitrii Kozlovskii waren<br />

zwar sehr gut, aber zwei kleine Fehler waren in<br />

diesem hochklassigen Wettbewerb zu viel. Im<br />

KP touchierte Boikova beim dreifachen Wurfflip<br />

mit der Hand, in der Kür stolperte sie beim<br />

Wurfrittberger. Kozlovskii murrte über die Bewertung,<br />

aber die ging in Ordnung. Cheng Peng/<br />

Yang Jin machten den chinesisch-russischen<br />

Länderkampf komplett. Sie lieferten zwei solide<br />

Programme ab, nur in der Kür hatte Pengs Salchow<br />

zwei Umdrehungen. Beide waren glücklich<br />

und erleichtert, denn es nagte immer noch an<br />

ihnen, dass sie vor vier Jahren in PyeongChang<br />

nach verpatztem KP das Finale verpasst hatten.<br />

Alexa Knierim/Brandon Frazier konnten im KP<br />

ihre Bestleistung abrufen und in der Kür blieb<br />

Fraziers 2S der einzige Fehler. Ärger droht ihnen<br />

jetzt von den streitsüchtigen Musikern der Band<br />

„Heavy Young Heathens“, zu deren Remake des<br />

Klassikers „House of the Rising Sun“ sie im KP<br />

laufen. Knierim/Frazier sind nicht die ersten<br />

Läufer, die das Brüderpaar wegen der Nutzung<br />

des Songs verklagen will.<br />

Riku Miura/Ryuichi Kihara setzten ihren Aufstieg<br />

fort. Im KP sprang sie den Toeloop nur<br />

doppelt und in der Kür war ihr 3T und 3S unterdreht,<br />

aber mit sehr guten anderen Elementen<br />

und ihrem eleganten Stil zu „Hallelujah“ im KP<br />

und „Woman“ in der Kür machten die Japaner<br />

das wett, so dass sie trotzdem einen Platz nach<br />

vorne kamen. Ashley Cain-Gribble/Timothy Le-<br />

Duc glänzten insbesondere im KP zu „The White<br />

Crow“ mit einem 3R. In der Kür zu Musik aus<br />

dem Film „W.E.“ ging dieser Sprung jedoch bei<br />

ihr daneben und sie stürzte außerdem am Ende<br />

der 3S-2T-2R-Kombination.<br />

Die jungen Georgier Karina Safina/Luka Berulava<br />

legten ein tolles Debüt mit zwei fehlerfreien<br />

Programmen hin. Sie ließen einige erfahrenere<br />

Paare hinter sich, zum Beispiel die Kanadier<br />

Kirsten Moore-Towers/Michael Marinaro. Die<br />

Evgenia Tarasova und<br />

Vladimir Morozov<br />

Anastasia Mishina und<br />

Aleksandr Galliamov<br />

Paare<br />

Olympische Winterspiele


28<br />

Paare<br />

Olympische Winterspiele<br />

hatten im KP das seltene Kunststück fertiggebracht,<br />

beide beim Wurfrittberger zu stürzen. In<br />

der Kür lief es bis auf Probleme bei den Einzelsprüngen<br />

besser.<br />

Barqueros Dopingstest<br />

Laura Barquero/Marco Zandron waren das erste<br />

spanische Paarlaufpaar bei Olympischen Spielen<br />

und kamen ohne groben Patzer (aber mit einem<br />

2T von ihr in der Kür) durch. Der Schock für das<br />

Duo kam ein paar Tage nach dem Wettbewerb,<br />

als die Internationale Test Agentur ITA bekannt<br />

gab, in der von Barquero nach dem KP genommenen<br />

Dopingprobe sei der verbotene Wirkstoff<br />

Clobestol gefunden worden. Clobestol ist ein<br />

androgenes Steroid, das einen moderaten Muskelaufbau<br />

ermöglichen soll und das im staatlich<br />

organisierten Dopingprogramm der DDR zum<br />

Einsatz kam. Heute gilt Clobestol nicht mehr<br />

als effektives Dopingmittel, aber da der Wirkstoff<br />

Bestandteil einer rezeptfrei erhältlichen<br />

Wundsalbe ist, wurde er in der Vergangenheit<br />

mehreren Sportlern zum Verhängnis, wie der<br />

Spiegel 2021 berichtete. Tückischerweise kann<br />

man einer Studie zufolge bereits einen positiven<br />

Test haben, wenn man jemanden die Hand<br />

gibt, der eine Clobestol-haltige Salbe benutzt<br />

hat. Barquero beruft sich einem Medienbericht<br />

zufolge darauf, die Creme benutzt und nicht<br />

davon gewusst zu haben, dass sie den verbotenen<br />

Stoff enthält. Ob sie mit Milde seitens des<br />

Sportsgerichtshof CAS, an den die ITA den Fall<br />

abgegeben hat, rechnen kann, bleibt abzuwarten,<br />

denn in der Packungsbeilage der Salbe Trofodermin<br />

soll eindeutig Clobestol als Bestandteil<br />

gelistet sein.<br />

Vanessa James/Eric Radford sind zwar beide<br />

sehr erfahren, aber als Paar eben noch nicht,<br />

was sich immer wieder bemerkbar macht. Im KP<br />

sprang James den Toeloop doppelt. In der Kür<br />

klappte alles bis auf einen Sturz beim Wurfflip<br />

und ein paar Levels waren niedrig, aber für das<br />

sympathische Paar galt „dabei sein ist alles“.<br />

»<br />

Eric Radford<br />

„Meine früheren Erfolge machten dieses<br />

Olympischen Spiele für mich einzigartig. Als<br />

ich mit Meagan (Duhamel) lief, hatten wir<br />

immer etwas zu beweisen. Wir gehörten die<br />

meiste Zeit unserer Karriere zu den Spitzenpaaren.<br />

Ich habe Olympische Medaillen in allen<br />

Farben. Ich habe zwei WM-Titel und was<br />

das angeht, haben wir das nicht zu beweisen,<br />

aber wir müssen es uns selbst beweisen. Wir<br />

hatten viel mit Meinungen von außen zu tun,<br />

wer wir als Menschen sind und was unsere<br />

Motivation ist. Aber wenn wir es für uns<br />

selbst tun, kümmert uns das nicht. Es berührt<br />

uns nicht und das ist das Beste an<br />

«<br />

der ganzen<br />

Saison für uns. Niemand kann uns nehmen,<br />

was wir für uns selbst erreicht haben.<br />

Diese Olympischen Spiele waren eine einzige<br />

Riesenerfahrung, die ich in den kommenden<br />

Monaten verarbeiten werde. Es gab viel großartige,<br />

große Momente. Und dann waren da<br />

so viele liebe, kleine Momente auf dem Weg.<br />

Das sind Erinnerungen fürs Leben.“<br />

Die Italiener Nicole Della Monica/Matteo Guarise<br />

hatten mit den Sprüngen und Würfen Probleme,<br />

wie auch ihre Landsleute Rebecca Ghilardi/<br />

Filippo Ambrosini. Hailey Kops/Evgeni Krasnopolski<br />

schafften es überraschend ins Finale, weil die<br />

Schlüsselelemente im KP glückten. In der Kür<br />

aber gelangen ihr die Einzelsprünge nicht.<br />

Drama um Hase/Seegert<br />

Die Olympischen Spiele sollten der Höhepunkt in<br />

der Karriere von Minerva Fabienne Hase/<strong>No</strong>lan<br />

Seegert werden. Darauf hatte das Paar lange<br />

hingearbeitet und nicht aufgegeben, als sie<br />

2018 an der Qualifikation scheiterten. Diesmal<br />

war die Qualifikation kein Problem, die Berliner<br />

führten die Rangliste der deutschen Paar klar an.<br />

Sie verfolgten ihr Ziel konsequent und investierten<br />

viel, hatten sogar ihre<br />

Heimatstadt verlassen, um<br />

bei Dmitri<br />

Savin in<br />

Russland<br />

zu trainieren. Doch das fiese Corona-Virus hätte<br />

fast den Olympia-Traum zerstört. Seegert wurde<br />

bei der Anreise positiv getestet und landete in<br />

Quarantäne. Erst nach zehn Tagen kam er frei,<br />

der Trainingsausfall war erheblich. Zwar hatten<br />

die Deutschen Glück, dass der Paarlaufwettbewerb<br />

ganz am Ende war und sie noch ein paar<br />

Tage auf dem Eis trainieren konnten, aber die<br />

Topform war weg. Im KP konnten sie das noch<br />

kompensieren, da stürzte Hase nur beim Wurfsalchow,<br />

und sie erreichten das Finale als 14. In<br />

der Kür jedoch reichten die Kräfte nicht. Seegert<br />

brach zwei Hebungen ab und sprang den Salchow<br />

doppelt, Hase ging beim Wurfrittberger zu<br />

Boden. So hatten sich die Deutschen Meister ihren<br />

Auftritt nicht vorgestellt, aber unter den aktuellen<br />

Umständen konnten sie froh sein, dass<br />

sie überhaupt laufen konnten (siehe Seite 4).<br />

Wenig Glück hatten auch die Österreicher Miriam<br />

Ziegler/Severin Kiefer. Nach seinem Kahnbeinbruch<br />

in der linken Hand, den er am ersten<br />

Trainingstag bei der EM erlitten hatte, musste<br />

er operiert werden. Ende Januar stieg das Duo<br />

ins Training ein und die Elemente gelangen wieder.<br />

Aber im Wettkampf fehlte die Routine. Im<br />

KP waren Twist, 3T und Wurfflip unsauber, dazu<br />

die Levels sehr niedrig, so dass sie ausschieden.<br />

Die Tschechen Jelizaveta Zukova/Martin Bidar<br />

erreichten das Finale nach zwei Stürzen ebenfalls<br />

nicht.<br />

<strong>No</strong>ch schlimmer traf es Ioulia Chtchetinina/<br />

Mark Magyar, die sich als erste ungarische<br />

Paarläufer nach 66 Jahren für Olympische Spiele<br />

qualifizieren konnten. Sie reisten wegen Ausrüstungsproblemen<br />

(so Chtchetinina auf Instagram)<br />

erst kurz vor dem Wettkampf an und<br />

dann bekam Magyar ein positives Testergebnis.<br />

„Ich habe keine Worte, um meine Gefühle zu<br />

beschreiben. Wir hatten einen langen Weg zu<br />

diesen Spielen und es bricht mir das Herz, dass<br />

es so endet“, schrieb Chtchetinina.<br />

Der Paarlauf-Wettbewerb hatte insgesamt ein<br />

hohes Niveau mit Top-Leistungen der Duos bis<br />

einschließlich zum siebten Platz (plus die Georgier<br />

als Neunte).<br />

Minerva Fabienne Hase<br />

und <strong>No</strong>lan Seegert<br />

Alexandra Boikova<br />

und Dmitrii Kozlovskii<br />

Fotos: Ritoss


Marie Lundmark Trophy <strong>2022</strong><br />

Am 22. und 23. Januar fand die Marie Lundmark Trophy statt, benannt nach dem finnischen<br />

ISU-Vorstandsmitglied, in Turku in Finnland. Wie bei so vielen Synchron-Wettbewerben<br />

waren auch hier die Teilnehmerlisten durch die Covid 19-Pandemie stark dezimiert.<br />

Am meisten Teams waren in der Advanced <strong>No</strong>vice-Kategorie vertreten. Durchsetzen<br />

konnte sich hier das Team Sunrise 2 aus der russischen Paradise-Familie (96,89<br />

Punkte). Besonders hervorzuheben ist dabei das Moves Element, das im höchsten Level<br />

gelaufen wurde und die Beweglichkeit des Teams zeigte. Ein butterweicher Laufstil und<br />

daraus resultierende hohe Programmkomponenten separierten sie von der Konkurrenz.<br />

Dahinter landete das Team Finettes (88,78 Punkte) aus Finnland. Das Treppchen komplementierte<br />

das Team Dynamique (85,13 Punkte), ebenfalls aus Finnland.<br />

In der Junioren Kategorie lieferten sich jeweils<br />

zwei Teams aus Finnland und Russland einen<br />

Kampf um die Medaillen. Als klare Siegerinnen<br />

taten sich dabei die Russinnen von Junost Junior<br />

hervor und gewannen sowohl KP als auch<br />

Kür (2<strong>03</strong>,78 Punkte). Die Marke von 200 Punkten<br />

wurde noch nicht von vielen Juniorenteams<br />

erreicht, doch Junost gelang es dank hoher Lekampf<br />

konnte sich Fintastic (182,23 Punkte)<br />

knapp gegen Mystique (182,<strong>03</strong> Punkte) durchsetzen<br />

und gewann die Bronzemedaille.<br />

Bei der Meisterklasse liefen drei finnische und<br />

ein russisches Team um die Medaillen. Im Kurzprogramm<br />

setzte sich noch Team Unique, die<br />

Weltmeisterinnen von 2013, durch. Mit der untypisch<br />

etwas faden Kür zur Filmmusik von `“A<br />

Star is Born“ reichte es im Gesamtklassement<br />

aber nur zu Rang zwei (220,95 Punkte). Gewonnen<br />

haben die Helsinki Rockettes mit einer<br />

kämpferischen Kür zu „Digital Twin“ (214,51<br />

Punkte). Immerhin zu Rang drei und zu über<br />

200 Punkten reichte es für Team Junost Senior<br />

(2ß6,01 Punkte) aus Russland, die erst seit Kurzem<br />

in der Meisterklasse vertreten sind. Dream<br />

Edges Senior liefen auf den vierten Rang<br />

(197,28 Punkte). Das Schweizer Team Starlight<br />

Elite wurde mit ordentlichen 135,44 Punkten<br />

Fünfter. <br />

mb<br />

29<br />

Synchronwettbewerbe<br />

Mozart Cup <strong>2022</strong><br />

Internationaler Neustart für Team Berlin 1<br />

Nach fast zwei Jahren konnte Team Berlin<br />

1 endlich wieder an einem ‘richtigen’, einem<br />

internationalen Wettbewerb teilnehmen,<br />

der Weg dahin war – wie wohl für die<br />

meisten Teams - oft steinig und frustrierend,<br />

denn immer wieder wurden Wettbewerbe<br />

abgesagt oder aber das Team konnte<br />

nicht fahren, weil Läuferinnen infiziert<br />

oder in Quarantäne waren. Umso mehr<br />

freuten sich alle, am letzten Januarwochenende<br />

endlich wieder im Wettbewerbsgeschehen<br />

angekommen zu sein und in die<br />

schöne Stadt Salzburg zum Mozart Cup zu<br />

reisen. Der Wettbewerb ist in der Synchronwelt<br />

sehr beliebt, ist er doch immer<br />

liebevoll und besonders gut organisiert.<br />

Meisterklasse<br />

Team Berlin 1 gelang ein fulminanter Start in<br />

die Saison, die Berlinerinnen wurden auf Anhieb<br />

mit sehr guten Punkten Siegerinnen in der<br />

Meisterklasse (Senioren) ISU. Schon das KP, das<br />

Team Berlin 1, Foto: Höppner<br />

vels. In 10 von 13 Elementen erreichten sie jeweils<br />

das Höchste. Sunrise 1, das Juniorenteam<br />

der mehrmaligen Weltmeisterinnen Paradise<br />

landete im KP nach mehreren Stürzen im Moves<br />

Element nur auf Rang 4. Da in der Kür jedoch<br />

fast alles gelang, schafften sie es in einer Aufholjagd<br />

noch auf den zweiten Platz (188,72<br />

Punkte). Im internen finnischen Konkurrenzihnen<br />

mit ‘Ich bin ein Berliner’ auf den Leib geschneidert<br />

ist, zeigten die Sportlerinnen mit<br />

Charme, Esprit und einer guten Portion Berliner<br />

Witz. Auch die Elemente waren stark. Hervorzuheben<br />

sind der gewanderte Kreis und das Kreuzen.<br />

Beides gelang nicht nur im höchsten Level,<br />

sondern auch die Ausführungspunkte waren<br />

gut. Bei den Komponenten waren die Preisrichter<br />

hingegen noch etwas (zu) zurückhaltend. Die<br />

Kür zu ‘The Power of Water’ glückte ähnlich gut.<br />

Gerade die schwierige große Hebung war voller<br />

Leichtigkeit und auch das Paarelement war sehr<br />

gelungen. Im Endergebnis war es ein Neustart<br />

nach Maß. Das Team siegte mit 186,21 Punkten<br />

und mit über 15 Zählern Vorsprung zum zweitplatzierten<br />

Team Olympia (171,62 Punkte). Die<br />

tschechischen Läufer/innen zeigten das KP mit<br />

kleinen Schwächen und einem Sturz im Kreuzen,<br />

für das sie einheitlich -5 erhielten. Die Kür<br />

gelang aber umso besser mit einem ausdrucksstarken<br />

und äußerst unterhaltsamen Programm<br />

nach der Bohemian Rhapsody von Queen, in<br />

dem sie ‘ihren Mann’ gekonnt als Freddy Mercury<br />

einsetzten. Die Ausführungspunkte waren<br />

ausschließlich positiv und bewegten sich zwischen<br />

+1 und +3. Einige Elemente wie die große<br />

Hebung und das gewanderte Element zeigte<br />

das Team im höchsten Level. Im KP hatte das<br />

zweite deutsche Team United Angels aus Stuttgart<br />

mit einem sehr schönen Programm mit<br />

starken 56,66 Punkten, einem schönen gewanderten<br />

Kreis und sehr gutem Kreuzen auf dem<br />

zweiten Platz gelegen. In der Kür zum Kasino-<br />

Thema misslang den Stuttgarter/innen das<br />

zweite Kreuzen, denn eine Läuferin stürzte.<br />

Auch insgesamt lief die Kür noch nicht ganz so<br />

flüssig wie das KP. Für die Kür erhielten die United<br />

Angels 102,28 Punkte und damit die höchste<br />

Punktzahl in ihrer Geschichte. Insgesamt<br />

wurden es sehr gute 158.48 Punkte und Platz 3<br />

vor den Italienerinnen „Fire on Ice“ mit 151,65<br />

Punkten, den Niederländerinnen „Team Illumination“<br />

(139,56 Zähler) und den tschechischen<br />

Team Darlings (139,05).<br />

Juniorinnen und Nachwuchs<br />

Die ersten drei Plätze bei den Juniorinnen<br />

machten drei US-amerikanische Teams untereinander<br />

aus. Es siegten die New Yorker Team<br />

Skyliners trotz eines Sturzes im Pivotierten<br />

Block dank des Vorsprungs aus dem KP mit insgesamt<br />

175,66 Punkten. Zweite wurden die Hockettes,<br />

das älteste amerikanische Synchronteam,<br />

das in Ann Arbor, Michigan zu Hause ist,<br />

mit dem KP zu ‘The Greatest Showman’ und der<br />

Kür zu ‘Ghostly Shadows Come To Light’. Das<br />

Team erreichte insgesamt 163,37 Punkte. Den<br />

dritten Platz konnte das Team Fond du Lac Blades<br />

mit der KP-Musik ‘Man In The Mirror’ und<br />

der Kür zu einem Beyoncé-Medley erobern. Einen<br />

guten sechsten Platz belegten die Österreicherinnen<br />

von Vienna Colibris Junior mit insgesamt<br />

88,61 Punkten. Im Nachwuchsbereich<br />

zeigte sich das tschechische Team Kometa besonders<br />

stark und gewann den Wettbewerb mit<br />

55,15 Punkten vor den Cool Dreams <strong>No</strong>vice aus<br />

der Schweiz mit 53,24 Punkten. Den dritten<br />

Platz belegte Munich Destiny mit einer ordentlichen<br />

Leistung und 48,22 Punkten. mb


30<br />

Synchronwettbewerbe<br />

French Cup mit ungewohnt vielen Zuschauern<br />

Die Helsinki Rockettes<br />

Foto: Brajon<br />

Der traditionsreiche French Cup fand vom 4. bis 5. Februar in Rouen<br />

statt und brachte in der vollbesetzen Halle die fast vergessene gute<br />

Stimmung bei Synchronwettbewerben zurück. Gewöhnungsbedürftig war dagegen die<br />

Premiere der neuen Kategorie Elite 12, in der nur 12 Athletinnen pro Team auf das Eis<br />

gehen. Durchsetzen konnte sich hier das Team Hayden Select aus der bekannten USamerikanischen<br />

Haydenettes-Familie mit 112 Punkten. Das Team lief eine saubere, gut<br />

choreographierte Kür und konnte dennoch nicht wirklich überzeugen. Trotz hervorragender<br />

eisläuferischer Fähigkeiten fiel im Vergleich zu den anderen Kategorien das<br />

Fehlen der Symmetrie auf, die die Zahl 16 mit sich bringt. Auch die - obwohl gut ausgeführten<br />

- Kreuzungselemente wirkten mit 12 Läufern eher dürftig als spektakulär.<br />

Toll dagegen waren die Wettbewerbe in der Junioren-<br />

und Meisterklassekategorie. Bei den Juniorinnen<br />

konnte sich das Team Elite aus Illinois<br />

in den USA durchsetzen. Ihre spektakuläre und<br />

moderne Kür zu Hip Hop und Street-Beats begann<br />

es gleich mit einem lehrbuchreifen Whip-<br />

Kreuzen. Auch das perfekt synchrone Spin-Element<br />

mit Taucher-Eingang bewies endlich einmal,<br />

warum auch dieses Element seinen Platz<br />

im Regelwerk verdient hat. Rang 2 ging an das<br />

Team Dream Edges Junior aus Finnland, die seit<br />

ihrer Aufsplittung in ein Juniorinnen- und ein<br />

Seniorinnenteam nicht mehr an ihre alte Präzi-<br />

sion heranreichen. So waren diesmal nach zwei<br />

Stürzen im KP bereits alle Chancen auf einen<br />

Sieg dahin. Die Bronzemedaille sicherte sich das<br />

Team Ice Fire Junior aus Polen, das damit seinen<br />

Aufwärtstrend der letzten Saisons bestätigen<br />

konnten. Auf Rang 4 und 5 landeten die beiden<br />

Schweizer Juniorenteams, wobei sich das Team<br />

Cool Dreams Junior punktetechnisch deutlich<br />

von der Konkurrenz aus Zürich absetzen konnte.<br />

In der Meisterklasse konnten die Helsinki Rockettes<br />

aus Finnland ihre starke Form von der<br />

Marie Lundmark Trophy erneut unter Beweis<br />

stellen. Ihre diesjährige Kür ist sowohl gefühlvoll<br />

als auch kämpferisch. Einziger Kritikunkt ist<br />

sicher, dass das Thema „Digital Twin“ ohne vorhergehende<br />

Beschreibung allein durch die Interpretation<br />

auf dem Eis nicht ersichtlich wird. Gerade<br />

die Kreativhebung ist aber dennoch ein optischer<br />

Genuss und die Goldmedaille mehr als<br />

verdient. Silber ging an die Skyliners aus den<br />

USA. Trotz ihrer starken Schlittschuhfähigkeiten<br />

und einer interessant choreographierten Kür<br />

verhindern viele kleine Unsicherheiten in mehreren<br />

Elementen aktuell noch, die Läufer/innen<br />

als Top 5-Team bei Weltmeisterschaften auf<br />

dem Schirm zu haben. Team Passion aus Ungarn<br />

präsentierte zwei starke Programme und sicherte<br />

sich so die Bronzemedaille. Die erlaufenen<br />

knapp 180 Punkte machen das Team zu ernstzunehmenden<br />

Konkurrenten für den begehrten<br />

fünften Platz im Nationenranking bei der Weltmeisterschaft<br />

im April. Die Schweizerinnen von<br />

Starlight Elite aus Zürich konnte sich nach der<br />

Marie Lundmark Trophy punktemäßig verbessern<br />

und errangen Platz 5 mit 142 Punkten. mb<br />

Neuchâtel Trophy mit Berlinerinnen<br />

Die wunderschöne Schweizer Stadt Neuchâtel (Neuenburg) am gleichnamigen See begrüßte<br />

wieder zahlreiche Synchronteams verschiedener Kategorien und Nationalitäten.<br />

Sogar Zuschauer waren erlaubt, es galt die 2G-Regel. Die Trophy war hervorragend organisiert<br />

und die Wettbewerbe waren spannend.<br />

Besonders galt dies für die Senioren (Meisterklasse)<br />

ISU, in der das russische Team Paradise<br />

und eines der besten finnischen Teams, die Marigold<br />

Ice Unity (MIU), um den Sieg kämpften.<br />

Im KP hatte MIU nach einem interessanten und<br />

gut gelaufenen Programm zu „Daniel’s Joik“ des<br />

Schweden Jon Henrik Fjällgren und zu „Stars of<br />

the Far <strong>No</strong>rth“ geführt, da das Kreuzen und das<br />

<strong>No</strong>-Hold-Element ein wenig besser gelangen.<br />

Aber auch Paradise war gewohnt stark und<br />

zeigten ein sehr lebendiges, temperamentvolles<br />

KP zu „In Amour / Hits Mix 99“. MIU erarbeitete<br />

sich so einen Vorsprung von gut zwei Punkten.<br />

In der Kür zu „Unstoppable / One Last Shot /<br />

Trapped in Time / Dawn“ mussten die Finninnen<br />

(230 Punkte) dann den seit 2019 amtierenden<br />

Weltmeisterinnen Paradise (die WM 2020 und<br />

2021 fielen wegen Covid 19 aus) den Vortritt<br />

lassen. Denn diese hatten sowohl in der Technik<br />

als auch in den Komponenten (5 x 10,0, im<br />

Durchschnitt 9,75) mit insgesamt 234 Punkten<br />

die Nase vorn. Paradise präsentierte eine sehr<br />

gefühlvolle und sehr weich gelaufene Kür zu<br />

„Samson and Dalilah“. Team Unique, ebenfalls<br />

aus Finnland, zeigte zwei wirklich gute Programme<br />

auf einem hohen technischen Niveau<br />

und gewann Bronze mit 225 Zählern.<br />

Besonders erfreulich ist aus deutscher Sicht,<br />

dass Team Berlin 1 den erfolgreichen Auftritt<br />

und die beim Mozart Cup erhaltenen Punkte bestätigen<br />

konnte und Vierte mit 180 Punkten<br />

wurde. Schade war, dass die Berlinerinnen im<br />

KP weder den gewanderten Kreis noch den pivotierten<br />

Block im höchsten Level zeigen konnten.<br />

In der Kür stürzte eine Läuferin im <strong>No</strong>-<br />

Hold-Element, aber die übrigen Elemente gelangen<br />

gut. Hervorzuheben sind besonders die<br />

Gruppenhebung und das Paarelement. Mit einer<br />

guten Leistung erreichte das Team Starlight Elite<br />

aus der Schweiz den sechsten Platz mit 157<br />

Punkten. Auch die Programme der United An-


Schock bei Olympia<br />

Killerwal bricht<br />

durch Eisdecke<br />

und verschlingt<br />

Eiskunstläuferin<br />

31<br />

Satire<br />

Peking (dpo) - Schockierende Szenen spielten<br />

sich heute bei den Olympischen Spielen in Peking<br />

ab: Kurz vor dem Ende des Teamwettkampfs<br />

im Einzellauf der Damen brach ein Killerwal<br />

im Capital Stadium durch die Eisdecke<br />

und verschlang die finnische Eiskunstläuferin<br />

Kristiina Hakkarainen mitten in ihrer Kür mit<br />

Haut und Haar.<br />

Hakkarainen war gerade kurz davor, ihren Paradesprung,<br />

einen vierfachen Salchow, auszuführen,<br />

als plötzlich ein rund 14 Meter langer Killerwal<br />

mit voller Wucht das Eis durchbrach und<br />

die Finnin mit einem Haps lustvoll schmatzend<br />

verspeiste. Anschließend verschwand der Orka<br />

wieder in der blauen Tiefe.<br />

Biologen und Meereswissenschaftler warnen<br />

schon lange, dass der Mensch immer weiter in<br />

den Lebensraum der Meeressäuger eindringt.<br />

Dabei erhöht sich die Chance auf folgenschwere<br />

Zusammentreffen, wie es heute in Peking der<br />

Fall war.<br />

Inzwischen wurde das Loch im Eis wieder ausgebessert,<br />

damit der Wettbewerb fortgesetzt<br />

werden kann. Zudem haben die Veranstalter<br />

mehrere Dutzend Marine-Soldaten mit Harpunen<br />

in der Halle stationiert, um im <strong>No</strong>tfall eingreifen<br />

zu können. dan, ssi; Foto: Imago<br />

Aus dem Satire-Magazin Postillon,<br />

Der Postillon, www.der-postillon.com<br />

gels gelangen und brachten den achten Platz<br />

mit 131 Zählern.<br />

Junioren<br />

Den Wettbewerb der ISU-Junioren gewannen mit<br />

großem Abstand (201 Punkte) und zwei tollen<br />

Programmen (KP: Starlight Express, Kür: The Dunes<br />

/ Carpet Chase / Song of Sheherazade / Evanescent)<br />

und herausragender Technik die Musketeers<br />

aus Finnland. Die drei US-amerikanischen<br />

Teams <strong>No</strong>rthernettes (173), Starlights (158) und<br />

DC Edge (149) folgten auf den nächsten Plätzen.<br />

Den fünften und sechsten Rang machten die<br />

Gastgeberinnen aus der Schweiz unter sich aus.<br />

Cool Dreams Junior (KP: Hustle von der Sängerin<br />

P!nk und Kür: Oblivion) war in beiden Programmen<br />

deutlich stärker (129 Punkte) als das Team<br />

Starlight Junior (109 Zähler, KP: There’s a Storm<br />

Coming, Kür: Step Into the Light / Out of the<br />

Shadows / Deliverance / Take the Leap). Die<br />

Skating Graces Junior erwischten beim KP zu<br />

„Cry of the Celts / Stolen Kiss / The Warriors“<br />

einen schlechten Tag und vieles gelang nicht<br />

wie gewünscht. In der Kür zu „You Can’t Stop<br />

the Girl / We’re Dark Fey / The Army Dances /<br />

Once Upon a Dream“ lief es deutlich besser.<br />

Trotzdem blieb am Ende der 11. Platz mit 84<br />

Punkten.<br />

Weil nicht genug Läuferinnen zusammenkamen,<br />

musste Team Berlin Juniors in der Kategorie<br />

Junioren B (<strong>No</strong>n-ISU) und konnte damit<br />

nur in der Kür starten. Ein kleiner Trost war<br />

es, dass sich die Berlinerinnen mit 60 Punkten<br />

von den Konkurrentinnen aus der Schweiz,<br />

dem Team Emerald (50 Punkte), deutlich absetzen<br />

konnte. <br />

mb<br />

Das <strong>Pirouette</strong>-Magazin<br />

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32<br />

Der Berliner Eispalast<br />

Eislaufgeschichte<br />

Wie Vermarktung Kunsteis möglich machte<br />

Der Berliner Eispalast<br />

Nachdem in Paris 1892 mit dem „Pole<br />

<strong>No</strong>rd“ und 1893 mit dem „Palais de<br />

Glace“ die ersten luxuriösen Eispaläste in<br />

Europa öffneten, folgte London 1895 mit<br />

der „Niagara Hall“ sowie 1896 dem „National<br />

Skating Palace“ diesem Modetrend.<br />

Ein Eispalast ist eine Eishalle als<br />

Theaterbau, die den Eissport als Anker für<br />

einen vielfältigen Angebotsmix nutzt.<br />

Eiskunstlaufen wurde als ein Besuchermagnet<br />

vermarktet, rückte von einer<br />

Randsportart der Elite in die öffentliche<br />

Wahrnehmung und erlebte einen enormen<br />

Popularitätsschub. Die kommerziell<br />

ausgerichteten Eispaläste ermöglichten<br />

den Vereinen den Zugang zu kostenintensivem<br />

Kunsteis, was ein kontinuierliches<br />

Training von jährlich neun bis zehn Monaten<br />

ermöglichte und damit für einen<br />

enormen sportlichen Aufschwung sorgte.<br />

Zudem sicherten Eispaläste in Zeiten des<br />

Wechsels zu gemäßigterem Klima und<br />

wesentlich weniger Natureistagen den<br />

Wettkampfkalender der ISU.<br />

Erst 1908 öffnete mit dem Eispalast in der heutigen<br />

Martin-Luther-Straße 22-24 (heute 14-<br />

18), Ecke Motzstraße, in Berlin-Schöneberg der<br />

erste Eispalast in Deutschland. Die erste öffentlich<br />

zugängliche Kunsteishalle Deutschlands<br />

wurde zwar 1892 von Eisfabrikant Johann Felix<br />

Unsöld in der Münchner Galeriestraße errichtet,<br />

sie konnte aber als Fabrikhalle in Größe und<br />

Ausstattung nicht den Ansprüchen eines Eispalasts<br />

genügen.<br />

Zur Umsetzung des Berliner Projekts wurde eine<br />

Eispalast-AG gegründet, die unter Leitung von<br />

Fedor Berg und Albert Levy stand. Als Architekt<br />

gewannen sie Walter Hentschel und als Baumeister<br />

Alfred Richter. Das Investment betrug<br />

damals enorm hohe 4,<strong>03</strong> Mio. Mark. Die monumentale<br />

Fassade des Gebäudes war durch Säu-<br />

lenpaare in drei Felder geteilt. Auf der linken<br />

Frontseite des Gebäudes befanden sich ein Kaffeehaus,<br />

auf der rechten Frontseite waren Läden<br />

und eine Bierhalle angeordnet. Im Hof gab es<br />

einen Rasen-Tennisplatz. Zwei Haupteingänge<br />

führten ins Vestibül des Vorderhauses mit Garderoben<br />

und Kleiderablagen, das durch Glasverkleidungen<br />

einen besonderen Reiz erhielt. Über<br />

dem Vestibül befanden sich im zweiten Geschoss<br />

zwei Festsäle.<br />

1909 zogen dort ein Cabaret- sowie ein Lichtbild-Theater<br />

ein. Im dritten waren Verwaltungsund<br />

Wirtschaftsräume untergebracht. Aus dem<br />

Vestibül führten links und rechts Eingänge mit<br />

Kassenschaltern in die Eishalle. Der Eispalast<br />

hatte von 09:00 bis 24:00 Uhr geöffnet. Der<br />

Eintritt betrug bis 18:00 Uhr 75 Pfennig und<br />

danach 1 Mark. Ein Abonnement à 30 Bons kostete<br />

22,50 M. Die Eisfläche maß 56 x 34 m und<br />

stellte mit 1.904 m² kurzzeitig die größte<br />

Kunsteisbahn Europas dar. Die aus zwei Doppelkompressoren<br />

bestehende Kältemaschine<br />

stammte von der Firma August Borsig und war<br />

in einem angebauten Maschinenhaus untergebracht.<br />

Die Eisbahn umgab im Parterre wie auch<br />

im ersten Stock eine fünf Meter breite Galerie,<br />

auf der sich Tischgarnituren befanden. Diese<br />

boten maximal 3000 Zuschauern Platz. An den<br />

Seiten waren Büfetts zur gastronomischen Versorgung<br />

aufgestellt. Die Raumtemperatur betrug<br />

15° C. Die Eishalle war 18 Meter hoch. Ihre Innenarchitektur<br />

beruhte auf Lünetten mit Bogenstellungen.<br />

Die Decke bildete ein Korbgewölbe<br />

mit Stichkappen. Für die Beleuchtung sorgten<br />

19 Flammenbogenlampen an der Decke, 30<br />

Differentialbogenlampen auf den Galerien sowie<br />

1260 Bogenkaschierungen mit Kugellampen.<br />

In der Mitte der Stirnseite der Halle befand sich<br />

die Orchesterloge, über der ein Kolossalgemälde<br />

von Richard Eschke thronte. Es stellte eine<br />

Schneelandschaft um St. Moritz dar und wurde<br />

von sechs großflächigen Spiegeln effektvoll umrahmt.<br />

Über der Eishalle befanden sich Behandlungsräume<br />

der Körperkulturanstalt von Dr. Karl<br />

Zander, eine Badeanstalt, ein orthopädischer<br />

Kinderturnsaal sowie ein Lese- und Schreibsalon.<br />

Ein Sonnen- und Luftbad auf dem Dach des<br />

Eispalasts rundete das Angebot ab.<br />

Am 31. August 1908 wurde der Eispalast mit<br />

einem Schaulaufen unter Leitung von Carl<br />

Gützlaff eingeweiht. Ursprünglich war der 1.<br />

Mai geplant. Die Eröffnungsfeier stellte ein gesellschaftliches<br />

Großereignis dar. Zahlreiche<br />

Prominenz aus Politik, der Finanz-, Theater-


und Kunstwelt nahmen daran teil. Zuerst betraten<br />

Vertreter drei Berliner Eislaufvereine mit<br />

deren Bannern die Eisfläche. Danach gab es<br />

Darbietungen im Einzel-, Paar- und Schnelllaufen,<br />

einen Reigen von 16 Paaren und ein Achterreigen<br />

von vier Paaren. Höhepunkte bildeten<br />

eine Walzerdarbietung der international erfolgreichen<br />

Einzelläufer Elsa und Max Rendschmidt<br />

sowie die Aufritte von Martin Gordan und<br />

Heinrich Weber. Einen Tag später wurde der<br />

Eispalast für den Publikumslauf geöffnet. Allein<br />

in den ersten 14 Tagen besuchten 80.000 Personen<br />

den neuen Eispalast.<br />

Die Betreiber sahen sich als ein „Institut für gesellschaftliche<br />

Zusammenkünfte der großen<br />

Welt, welche auch während des Tages einige<br />

Stunden anregend verplaudern, welche Körper-<br />

Kultur in ihrer höchsten Ausbildung treiben, einem<br />

verfeinerten Sport huldigen und die endlich<br />

die wissenschaftlich genehmigte Hygiene in der<br />

angenehmsten Umgebung und nach methodisch<br />

erprobten Formen betreiben will“. In diesem Zusammenhang<br />

wird deutlich, dass die Verpachtung<br />

von Eiszeiten für Training und zur Durchführung<br />

von Wettbewerben eher als ein probates<br />

Werbemittel galt. Um Gäste anzuziehen,<br />

verfügte das Haus über einen Stamm an Eislauflehrkräften<br />

wie Paul Mündner. Als <strong>No</strong>vum<br />

fanden erste Eisballettaufführungen statt. Bereits<br />

im September 1908 gab es eine erste Eispantomime<br />

zur historischen Entwicklung des<br />

Eislaufs unter Leitung von Georg Helfrich. In das<br />

Abendlaufen wurden jeweils zwei Show-Programmteile<br />

– meist Gruppentänze - eingebunden.<br />

Am 18. <strong>No</strong>vember 1908 hatte die erst<br />

zehnjährige Charlotte Oelschlägel, später gefeierter<br />

Revuestar, ihren ersten Auftritt auf dem<br />

Eis. 1910 wurde die Eispantomime „Park Montplaisir“<br />

aufgeführt. Zu den weiteren Eispalast-<br />

Stars gehörte Käthe Schmidt.<br />

Auch als Austragungsstätte von Eiskunstlauf-<br />

Wettbewerben sorgte der Eispalast Lutherstraße<br />

für Renommee. Auftakt bildete der am 3. bis<br />

5.11.1908 vom Berliner Schlittschuh-Club veranstaltete<br />

„Preis des Berliner Eispalastes“. Als<br />

Olympia-Revanche war der Wettbewerb exzellent<br />

besetzt. Neben den Kunstlaufmeetings der<br />

Berliner Vereine wurde saisonal eine internationale<br />

Sportwoche ausgerichtet. 1910 fanden<br />

hier die Herren-EM sowie die ISU-Meisterschaften<br />

für Damen und Paare, 1911 die Herren-WM<br />

statt. Nachdem<br />

zwei weitere Eispaläste in<br />

Berlin öffneten, geriet der<br />

erste in finanzielle Schieflage<br />

und musste 1913<br />

schließen. Nach der Nutzung<br />

als Kühl- und Lagerhalle<br />

während des Ersten<br />

Weltkriegs wandelte die<br />

„Scala GmbH“ das Gebäude<br />

im Jahr 1920 in ein Theater<br />

um. 1943 wurde der erste<br />

deutsche Eispalast durch<br />

Bomben zerstört und abgerissen.<br />

Heute befinden sich<br />

auf dem Gelände Geschäftshäuser.<br />

Dr. Matthias Hampe<br />

Zwei Dortmunderinnen setzten Akzente bei den<br />

NRW-Meisterschaften<br />

In diesem Jahr gingen bei den NRW-Meisterschaften nicht nur Läuferinnen und Läufer<br />

aus NRW, sondern auch aus Bremen, Hamburg und Niedersachsen und den Niederlanden<br />

an den Start, insgesamt etwa 120 Läuferinnen, 4 Läufer und 5 Eistanzpaare.<br />

Bei den Intermediate <strong>No</strong>vice (Neulingen) im Eistanzen<br />

gewannen die Düsseldorfer Geschwister<br />

Enikö und Zoard Kobor eindeutig mit knapp 70<br />

Punkten. Bereits beim Kilian und dem Starlight<br />

Waltz brachte sie ihre Kantenreinheit in Führung.<br />

In ihrer Kür zur Filmmusik „La La Land“ erhielten<br />

sie für kein Element Minuspunkte und<br />

für ihre Choreo-Schrittfolge sogar eine +3. Dahinter<br />

folgten mit 61 Punkten und Wacklern bei<br />

den Twizzles Nella Hemcke aus Dortmund und<br />

Deniz Briestermeister aus Krefeld. Nach dem Eistanzwettbewerb<br />

zeigte das Dortmunder Meisterklassepaar<br />

Viktoriia Lopusova und Asaf Kazimov<br />

ihren Rhythmustanz zu Musik von Elton John,<br />

der aber nicht gewertet wurde. Ansonsten war<br />

niemand aus der Meisterklasse am Start.<br />

Bei den Junioren siegte <strong>No</strong>ah Jüßen aus Unna<br />

im Alleingang mit 112 Punkten. Sein KP begann<br />

er mit „Singing in the Rain“ und wechselte dann<br />

zu „Umbrella“. Dabei verpatzte er den 3F, ebenso<br />

wie in der Kür zu „Game of Thrones“ und „Lucky<br />

Day“. Dazu kamen hier Stürze bei seinen beiden<br />

3S-Versuchen.<br />

Die aktuelle Deutsche Nachwuchsmeisterin<br />

Anna Gerke aus Dortmund ging in ihrem KP zu<br />

„Avatar“ zwar beim 3F zu Boden und hatte Probleme<br />

beim 2A. Aber ihre Kombination 3R-2T<br />

gelang ebenso ausgezeichnet wie die übrigen<br />

Elemente. In ihrer Kür zu „Piraten der Karibik“<br />

stürzte sie beim 3L, zeigte aber vier weitere<br />

Dreifachsprünge, darunter eine Sequenz 2A-Euler-3S.<br />

Alle Elemente außer dem Lutz erhielten<br />

nur Pluspunkte. Sie freute sich riesig über ihre<br />

gelungene Darbietung und siegte klar mit 111<br />

Punkten. Den zweiten Platz konnte sich Jenna<br />

Louisa Klemm, ebenfalls aus Dortmund, sichern.<br />

Im KP misslang ihre 3T-Kombination, aber sie<br />

präsentierte 3S und 2A. Die Kür zu „A Star is<br />

Born“ gelang nicht so gut, denn fast alle Sprünge<br />

waren fehlerhaft. Trotzdem reichte es noch<br />

zu 89 Punkten und sie blieb damit knapp vor<br />

der Essenerin Katharina Vialichka mit 88 Zählern.<br />

Einen Sprung nach vorne machte die Hamburgerin<br />

Esther Hammer, die mit ihrer Kür zum<br />

„Miss Fisher-Theme“ und insgesamt 68 Punkten<br />

vom zehnten auf den vierten Platz kletterte.<br />

In der Kategorie Jugend war das Podest ganz in<br />

Essener Hand. Nach dem KP lagen die ersten<br />

drei Läuferinnen nur 1,5 Punkte auseinander.<br />

Trotz zweier Stürze konnte sich Kimberley Hammerschmidt<br />

in der Kür zu „Experience“ mit einer<br />

Level 4- und zwei Level 3-<strong>Pirouette</strong>n und 82<br />

Punkten durchsetzen. Dahinter platzierte sich<br />

ihre Teamkollegin Hannah Führer trotz ebenfalls<br />

zweier Stürze. Die nach dem KP führende Marie<br />

C. Belmejdoub fiel mit der fünftbesten Kür und<br />

zwei nicht gewerteten <strong>Pirouette</strong>n mit 71 Punkten<br />

auf Rang drei zurück.<br />

Bei den Juniorinnen wurde die amtierende Juniorenmeisterin<br />

Olesya Ray ihrer Favoritenrolle<br />

gerecht. Im Kurzprogramm zu „Memories“ lief<br />

es nicht ganz so gut. Sie musste beim 3F zu Boden<br />

und hatte auch Probleme bei der 3T-3T-<br />

Kombination, aber sie ging in Führung. Ihre<br />

„Matrix“-Kür hingegen brachte sie perfekt aufs<br />

Eis. Neben zwei 2A zeigte sie fünf Dreifachsprünge<br />

und zwei Level 4-<strong>Pirouette</strong>n. Die fünf<br />

Preisrichter vergaben keine negativen Wertungen<br />

und sie erhielt zweimal +4 und zehnmal<br />

+3. Mit 151,97 Punkten gewann sie überlegen<br />

den Wettbewerb und erhielt verdient die höchste<br />

Wertung der gesamten Veranstaltung. Ihre<br />

Teamkollegin Hannah Pfaffenrot stürzte in ihrem<br />

KP zu „Je t‘aime encore“ in der eingesprungenen<br />

<strong>Pirouette</strong>. In der Kür zeigte sie zwei 3S,<br />

darunter 2A-Euler-3S und ein 3R, der nicht<br />

rückwärts gelandet war. 120 Punkte brachten<br />

sie noch auf Platz 2. Ina Jungmann, ebenfalls<br />

aus Dortmund, gelang im KP ein 3T, der nicht<br />

ganz rückwärts gelandet war. In der Kür zu<br />

„Schindlers Liste“ wurde ihr 3R abgewertet. 116<br />

Punkte brachten sie auf den dritten Platz.<br />

<br />

Sabine Rechtziegler<br />

Jenna Louisa Klemm<br />

Foto: Höppner<br />

33<br />

NRW-Meisterschaften


34<br />

Challenge Cup<br />

Challenge Cup in den<br />

Niederlanden<br />

Neuer Standort und starke Leistungen<br />

Aus Tilburg berichtet Judith Dombrowski<br />

Traditionell in der letzten Februarwoche steht der Challenge<br />

Cup in den Niederlanden im Eiskunstlaufkalender. Ein Wettbewerb,<br />

der von einigen Sportlern als letzte Chance genutzt<br />

wird, die erforderlichen Punkte für den Start bei den Weltmeisterschaften<br />

zu erlangen. Außerdem werden die letzten nationalen<br />

Entscheidungen gefällt, wer bei den großen Wettbewerben<br />

zu Saisonschluss antreten darf. In der olympischen Saison ist ein<br />

Wettbewerb eine Woche nach Beendigung der Spiele verständlicherweise<br />

personell nicht so gut besetzt wie in den Vorjahren.<br />

Dennoch konnte der Challenge Cup <strong>2022</strong> mit einigen<br />

sehenswerten Auftritten punkten.<br />

Zum ersten Mal fand der Wettbewerb nicht in<br />

der niederländischen Regierungsstadt Den Haag<br />

statt, sondern in der Provinz <strong>No</strong>ord-Brabant. Die<br />

Stadt Tilburg hat sich die Austragungsrechte für<br />

den Challenge Cup auch für die kommenden drei<br />

Jahre gesichert. Die Stadt möchte bewusst den<br />

Eiskunstlaufnachwuchs fördern und der Sportart<br />

mehr Aufmerksamkeit widmen. Hierfür soll der<br />

größte niederländische Eiskunstlaufwettbewerb<br />

nun Aushängeschild sein. Der Challenge<br />

Cup beinhaltet neben dem internationalen<br />

Wettbewerb auch die niederländischen Meisterschaften.<br />

Zwei Olympia-Teilnehmerinnen<br />

Daher fand auch Lindsay van Zundert, die erste<br />

Niederländerin seit 46 Jahren, die sich für die<br />

Olympischen Spiele qualifizieren konnte und<br />

dort mit dem 18. Platz ein ganz hervorragendes<br />

Ergebnis einfuhr, nur eine Woche nach ihrem<br />

Start in Peking den Weg nach Tilburg. Obwohl<br />

sie - noch etwas gezeichnet vom Jetlag und der<br />

Aufregung der letzten Wochen - nicht ihre<br />

Bestleistung abrufen konnte, verteidigte sie<br />

souverän ihren niederländischen Meistertitel. Im<br />

Gesamtergebnis reichten ihr 150,97 Punkte für<br />

den siebten Rang. Damit platzierte sich van<br />

Zundert vor der zweiten Olympiateilnehmerin:<br />

Für Jenni Saarinen aus Finnland war der Start<br />

so kurz nach den Spielen wohl auch nicht die<br />

beste Idee. Mit 141,70 Punkten blieb die Bronzemedaillengewinnerin<br />

der Nebelhorntrophy<br />

2020 weit hinter ihren Möglichkeiten zurück.<br />

Starke Leistung von Rino Matsuike<br />

Über sich fast hinauszuwachsen schien die Gewinnerin<br />

des Challenge Cups: Die 17-jährige Japanerin<br />

Rino Matsuike erreichte mit 224,34<br />

Punkten 22 mehr als ihre bisherige Bestleistung,<br />

aufgestellt vor wenigen Wochen bei der Vier-<br />

Kontinente-Meisterschaft. Diese Punktzahl verdiente<br />

sich Matsuike durch zwei absolut fehlerfrei<br />

vorgetragene Programme sowie Level 4-Be-<br />

Lindsay van Zundert<br />

Fotos: Dombrowski<br />

Rino Matsuike und Trainerin<br />

Naoki Rossi<br />

Ilia Malinin


35<br />

wertungen bei allen <strong>Pirouette</strong>n und Schrittfolgen.<br />

Sie und ihre Trainerin Mihoko Higuchi freuten<br />

sich sehr und kamen auch nach dem Auftritt<br />

lange nicht mehr aus dem Strahlen heraus.<br />

Lindsay Thorngren aus den USA zeigte eine starke<br />

Kür mit sehr guten Dreifach-Dreifach-Kombinationen<br />

und hervorragenden <strong>Pirouette</strong>n und<br />

sicherte sich Silber, nachdem ihr im Kurzprogramm<br />

die Kombination komplett missglückt<br />

war. „Ich bin sehr froh, dass ich den Wettbewerb<br />

mit einer guten Leistung beenden konnte“,<br />

meinte die 16-Jährige, die ihre Kür zur Musik<br />

der erfolgreichen Netflix-Serie „Das Damengambit“<br />

läuft. „Der Hauptcharakter der Serie inspiriert<br />

mich sehr“, erzählte sie nach ihrem Auftritt.<br />

„Sie steht für mich für Feminismus und Frauenpower<br />

und ich versuche, diesen starken Charakter<br />

so gut wie ich kann auch in meiner Kür zu<br />

zeigen.“ Bronze ging mit 168,54 Punkten an Julia<br />

Lang aus Ungarn, die ihrer Trainerin Julia Sebestyen,<br />

der Europameisterin des Jahres 2004,<br />

freudestrahlend um den Hals fiel, als ihr klar<br />

wurde, dass sie es aufs Podest geschafft hatte.<br />

Sofia Schaller aus Österreich erreichte einen<br />

schönen fünften Platz (157,71). Der Damenwettbewerb<br />

fand ohne deutsche Beteiligung statt.<br />

Starostin kämpferisch vor erster WM<br />

Bei den Herren jedoch nutzte Nikita Starostin,<br />

der nach seiner starken Leistung bei den Europameisterschaften<br />

in Tallinn bereits für die<br />

Weltmeisterschaft nominiert wurde, den Challenge<br />

Cup, um letzte Wettkampfpraxis vor dem<br />

bislang größten Wettbewerb seiner Karriere zu<br />

sammeln. Im Kurzprogramm wollte allerdings<br />

kein Sprungelement wie geplant gelingen. In<br />

der Kür hatte Starostin zu Beginn Probleme bei<br />

den dreifachen Axeln, zeigte danach jedoch eine<br />

gute Leistung und konnte sich mit der sechstbesten<br />

Kür noch auf den siebten Gesamtrang<br />

vorarbeiten. „Ich werde in den nächsten Wochen<br />

gezielt am Axel arbeiten“, zeigte sich Starostin<br />

kämpferisch nach seinem Auftritt. Stolz<br />

war er, dass seine <strong>Pirouette</strong>n und Schrittfolgen<br />

ausschließlich Level 4 erhielten (197,40). Als<br />

Ziel für die WM setzte er sich das Erreichen der<br />

Kür, in der er dann eventuell einen Vierfachen<br />

probieren möchte. In Tilburg hatte Starostin ein<br />

Heimspiel, denn der 19-jährige trainiert mit seinem<br />

Trainerteam um Adam Solya und Jorik<br />

Hendrickx regelmäßig in genau dieser Eishalle.<br />

Leider machte ihn diese Tatsache eher nervös.<br />

Artur Mai und Trainerin<br />

Manuela Machon<br />

Im Gespräch mit der <strong>Pirouette</strong> gab er an, viel an<br />

seiner mentalen Stärke arbeiten zu wollen.<br />

Souveräner Favoritensieg von<br />

Ilia Malinin<br />

Ebenfalls bei der Weltmeisterschaft in Montpellier<br />

am Start sein wird der 17-jährige Ilia Malinin<br />

(Interview auf Seite 6). Die große Nachwuchshoffnung<br />

der Amerikaner benötigte noch<br />

die technische Mindestpunktzahl im Kurzprogramm.<br />

Malinin ging hier auf Nummer sicher<br />

und zeigte nur gute dreifache Sprünge. Die<br />

Vierfachen holte der Sohn von Tatiana Malinina,<br />

Siegerin der Vier-Kontinente-Meisterschaft im<br />

Jahr 1999, dann in der Kür heraus. Er stand 4S,<br />

4T und die Sprungfolge 4T-Euler-3S nach einem<br />

anfänglichen Sturz beim vierfachen Lutz. Mit<br />

260,69 Punkten bedeutete das den überlegenen<br />

Sieg für den ehrgeizigen Teenager, der davon<br />

träumt, in Frankreich bereits eine Medaille zu<br />

holen. Ein Fernziel Malinins ist das Landen des<br />

vierfachen Axels. Die Amerikaner haben nach<br />

Nathan Chen also direkt das nächste Sprungwunder<br />

in den Startlöchern.<br />

Seine beste Karriereleistung zeigte der Este<br />

Mihhail Selevko, der jüngere Bruder von Olympiateilnehmer<br />

Aleksandr Selevko. In Tilburg<br />

zeigte er, dass er seinem Bruder eine große nationale<br />

Konkurrenz werden kann: Mit 241,52<br />

Punkten, 20 Punkte über seiner bisherigen Bestmarke,<br />

holte er Silber. Sota Yamamoto aus Japan<br />

zeigte ein sauberes Kurzprogramm, das ihm<br />

dank eines gut gelandeten 4S sogar die Führung<br />

über Nacht einbrachte. Leider unterliefen ihm in<br />

der Kür dann viele Fehler, so dass er auf den<br />

Bronzerang abrutschte (237,76).<br />

Niederländisches Duell beim Paarlauf,<br />

Sieg für Franzosen im Eistanz<br />

Die Startlisten bei den Paaren und den Eistänzern<br />

waren in Tilburg recht dünn besetzt. Aus<br />

deutscher Sicht war der Rückzug von Annika<br />

Hocke und Robert Kunkel, die zunächst gemeldet<br />

waren, sehr schade. Mit einer peppigen Kür gewann<br />

das russische Paar Karina Akopova und Nikita<br />

Rakhmanin ganz souverän mit 189,33 Punkten.<br />

Auf den Plätzen zwei und drei kämpften die<br />

beiden niederländischen Teams um den Startplatz<br />

bei der Weltmeisterschaft und um den nationalen<br />

Meistertitel. Daria Danilova und Michel<br />

Tsiba entschieden dieses Duell mit 149,40 Punkten<br />

für sich. Grund dafür war unter anderem,<br />

dass ihren Konkurrenten Nina Osipova und Dmitry<br />

Epstein in der zweiten Hälfte der Kür eine<br />

Hebung komplett missglückte. Mit 139,94 Punkten<br />

holten sie Bronze beim Challenge Cup und<br />

Silber bei den niederländischen Meisterschaften.<br />

Im Eistanz setzten sich die Franzosen Natacha<br />

Lagouge und Arnaud Caffa mit 171,52 Punkten<br />

durch. Die beiden zeigten eine schöne Kür zu<br />

Melodien von Antonio Vivaldi. Yuka Orihara und<br />

Juso Pirinen aus Finnland holten mit 169,39<br />

Punkten Silber, Mariia Ignateva und Danijil<br />

Szemko aus Ungarn mit 153,07 Punkten Bronze.<br />

Auf dem siebten Platz landete das junge Dortmunder<br />

Paar Victoria Lopusova und Asaf Kazimov<br />

mit 130,26 Punkten. Die beiden sagten<br />

nach der Kür, mit ihrer Leistung zufrieden zu<br />

sein, jedoch mit etwas mehr Punkten gerechnet<br />

zu haben. Sie schauen zu den deutschen Olympiateilnehmern<br />

Katharina Müller und Tim Dieck<br />

auf und wollen im Sommer intensiv mit ihren<br />

Vorbildern gemeinsam trainieren.<br />

Schweizer Naoki Rossi holt Silber<br />

und hat große Pläne<br />

Erfreuliche Ergebnisse aus dem deutschsprachigen<br />

Raum gab es bei den Junioren. Der 15-jährige<br />

Schweizer Naoki Rossi verpasste den Sieg<br />

nur um Haaresbreite. Er gewann die Kürwertung,<br />

nachdem ihm unter anderem eine 3A-3T-<br />

Kombination gelang. In der Gesamtwertung lag<br />

Rossi am Ende mit 210,36 Punkten einen Zähler<br />

hinter dem Japaner Shunsuke Nakamura. Der<br />

Schweizer, der seit eineinhalb Jahren an der<br />

Young Goose Akademie im italienischen Egna<br />

trainiert, hat große Ziele für die kommende Saison:<br />

Er möchte den vierfachen Lutz ins Programm<br />

einbauen, den er im Training schon einige<br />

Male landete. Zudem möchte er bei Junioren<br />

Grand Prix das Podest erreichen und träumt sogar<br />

von der Qualifikation für das Junioren<br />

Grand Prix Finale. Der deutsche Juniorenmeister<br />

Louis Weissert wurde Vierter. Im Kurzprogramm<br />

erreichte er mit 64,31 Punkten eine neue persönliche<br />

Bestleistung. Arthur Mai aus Berlin<br />

wurde Sechster. Der 16-Jährige freute sich besonders,<br />

dass ihm zum ersten Mal im Programm<br />

eine 3L-Euler-3S-Kombination geglückt war.<br />

Japanische Dominanz bei den<br />

Juniorinnen und deutsche Erfolge<br />

Stark lief bei den Juniorinnen die erst 13-jährige<br />

deutsche Juniorenmeisterin Olesya Ray aus<br />

Dortmund. Sie eröffnete ihre Kür zur Musik des<br />

Filmes Matrix mit 2A-3T- und 2A-Euler-3S-<br />

Kombinationen, die jedoch beide leicht unterdreht<br />

waren. Sie möchte bald auch den 3L und<br />

den 3F in ihre Kür aufnehmen. Beide Sprünge<br />

klappen im Training schon sehr gut, erzählte sie<br />

nach ihrem neunten Platz in Tilburg (128,38<br />

Punkte). Rays Dortmunder Trainingskollegin Ina<br />

Jungmann belegte mit 102,22 Punkten den 15.<br />

Platz. Auch bei den Juniorinnen ging der Sieg<br />

an Japan: Mode Chiba gewann mit 175,29<br />

Punkten vor ihrer Landsfrau Ayumi Shibayama<br />

(165,<strong>03</strong> Punkte), die in der Kür im rot-goldenen<br />

Tutu und zur Musik von Don Quixote auftrat<br />

und sich klar als Fan von Olympiasiegerin Alina<br />

Zagitova outete. Bronze ging an die Italienerin<br />

Anna Pezzetta, die durch eine enorme Höhe bei<br />

ihren Sprüngen auf sich aufmerksam machte.<br />

Viele Junioren und Juniorinnen hofften sehr,<br />

dass die Juniorenweltmeisterschaft <strong>2022</strong> noch<br />

stattfindet (siehe Seite 2). Während des Wettbewerbs<br />

in Tilburg stand die Entscheidung noch<br />

aus, was mit dieser passieren wird.<br />

Auch in der Nachwuchsklasse gab es bei den<br />

Mädchen einen schönen deutschen Erfolg: Julia<br />

Grabowski aus Mülheim an der Ruhr belegte<br />

mit 110,71 Punkten einen starken zweiten Platz.<br />

Sofia Edler wurde mit 88,73 Punkten Neunte.<br />

Richard Alexander von Göler kam in der Nachwuchsklasse<br />

der Jungen mit 91,06 Punkten auf<br />

Rang fünf. <br />

•••<br />

Challenge Cup


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