24.02.2022 Aufrufe

reisen EXCLUSIV - Frühjahr 2022

“Die 22 besten Reisen für 2022” Wandern auf den Azoren Genusswandern über die Alpen Die schönsten Wanderrouten auf Mallorca Die Lieblingsreisen der Prominenten Auf einen Happen nach Schweden Die Wüste Saudi-Arabiens Neuseeland Kanada Mosel Nordlichter in Island Skitouren im Pitztal Die besten deutschen Hotels Münchens neues Designhotel Nobu Ibiza Bay Masina Resort Kroatien und vieles mehr

“Die 22 besten Reisen für 2022”

Wandern auf den Azoren
Genusswandern über die Alpen
Die schönsten Wanderrouten auf Mallorca
Die Lieblingsreisen der Prominenten
Auf einen Happen nach Schweden
Die Wüste Saudi-Arabiens
Neuseeland
Kanada
Mosel
Nordlichter in Island
Skitouren im Pitztal
Die besten deutschen Hotels
Münchens neues Designhotel
Nobu Ibiza Bay
Masina Resort Kroatien

und vieles mehr

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Frühling <strong>2022</strong><br />

Deutschland € 7,90 · Schweiz SFR 13,50 · Österreich € 9,00<br />

Die<br />

besten Reisen<br />

für <strong>2022</strong>


Wir haben<br />

die Schnauze voll.<br />

Hilf unseren Meeren mit deiner Spende: wwf.de/plastikflut<br />

Der WWF arbeitet weltweit mit Menschen, Unternehmen und Politik zusammen, um die Vermüllung der Meere zu stoppen.<br />

Hilf mit deiner Spende! WWF-Spendenkonto: IBAN DE06 5502 0500 0222 2222 22


EDITORIAL<br />

DIE SCHLACHT UMS BUFFET<br />

Wir schreiben schon das Jahr <strong>2022</strong>, als ich in einem kleinen Hotel in Kappeln, das liegt<br />

in Schleswig-Holstein wunderschön an der Schlei, probiere, zu frühstücken. Probieren<br />

– auf diesem Verb sollte in diesem Fall die Betonung liegen. Doch von vorne.<br />

Das Frühstücksbüffet besteht nur aus einem kleinen Tresen. Dort befindet sich eine Auswahl an<br />

Käse, Wurst und Fisch (schließlich sind wir im Norden!) sowie etwas Obst, Joghurt und Marmelade.<br />

Milchsorten stehen dort in Kannen, Brötchen und Brot zur Auswahl und drei Sorten Müsli.<br />

Eierspeisen können am Tisch bestellt werden. Genauso wie Kaffee oder Tee. Ach ja, Saft würde<br />

es auch an diesem kleinen Tresen geben.<br />

Ein Hotel mit wenig Zimmern hat dementsprechend auch wenig Gäste. Man kann es also ganz<br />

gemütlich angehen, beim Gang zum Buffet. Sich etwas Süßes und dann etwas Salziges holen.<br />

Je nach Wunsch. So stelle ich es mir zumindest vor, bis ein Pärchen den Frühstücksraum betritt.<br />

Wer in einem Familienhotel in Spanien schon mal Urlaub gemacht hat, kennt das, die Wege<br />

sind lang, man holt sich ein bisschen mehr, oft gibt es das Gewünschte nicht mehr, wenn man<br />

zurückkehrt, denn zu viele Gäste haben die gleichen Präferenzen. Aber in diesem kleinen Hotel<br />

mit süßen acht Tischen im Frühstücksraum und großzügigen zehn Schritten zum Buffet, wäre<br />

eine derartige Angst, zu kurz zu kommen, kaum vonnöten.<br />

Das sieht das Pärchen anders und nimmt sich acht Brötchen, die komplette Käseauswahl, alle<br />

Salamischeiben und das gesamte Obst an seinen Tisch. Dort wird es platziert, als wäre jetzt<br />

Sonntagsfrühstückszeit daheim im Wintergarten. Nun, der zweite Gang zum Buffet. Die Karaffe<br />

Saft kann doch auch gleich mit an den Tisch wandern, oder? Und überhaupt, wieso den Joghurt<br />

aus der Schale löffeln, wenn die dortige Portion in der Größe direkt erwünscht ist. Also wandert<br />

diese auch an den Tisch, der natürlich mittlerweile viel zu klein geworden ist. Das Pärchen<br />

wechselt sich ab und räumt peu à peu das gesamte Buffet ab und blockiert dabei, schließlich<br />

haben wir Coronazeiten und wir halten Abstand, die Frühstücksoption für alle anderen Gäste.<br />

Ein Kind wagt sich als Erstes an den Tresen, als das Pärchen fertig ist, und guckt unglücklich zu<br />

seiner Mutter. Keine Nutella mehr da. Keine Butter. Ach ja, und auch keine Croissants.<br />

Die Kellnerin sucht das Gespräch und wird mit einem: Wir haben doch 18 Euro pro Person für<br />

»all you can eat« bezahlt, abgekanzelt.<br />

Foto: Julia Breuer/juliaslieblinge; Illustration: Popmarleo/Shutterstock.com<br />

Wir haben <strong>2022</strong>. Wir achten auf unseren Konsum, wir wollen Verschwendung vermeiden. Behutsam<br />

umgehen mit unseren Ressourcen. Dieses Hotel hat sich bemüht, so bedacht wie möglich,<br />

die Lebensmittel zu platzieren, um eben eine Verschwendung zu vermeiden. Doch was nützt<br />

das, wenn die Gäste sich benehmen, als würde ihnen die Welt gehören. Um am Ende sehr viele<br />

Reste auf ihrem Tisch übrig zu lassen. Und den Frühstücksraum mit den Worten verlassen, hier<br />

kann man einfach nicht lange und ausgiebig frühstücken.<br />

Am nächsten Tag kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, dass wir das Schauspiel ein<br />

weiteres Mal erleben. Der Lerneffekt hat sicher eingesetzt. Unangenehm war es dem<br />

Pärchen sicherlich zudem, dass sie nur sehr wenig gegessen haben und alles andere<br />

im Müll landen musste. Doch weit gefehlt. Ich komme zum Buffet ohne<br />

Saft, ohne Käse und ohne Lachs. Drehe mich um und sehe das Pärchen an<br />

einem größeren Tisch sitzen. Mehr Platz für alles, was das Herz begehrt. Aber<br />

wie das schon bei kleinen Kindern ist, auch hier waren wohl die Augen größer als<br />

der Magen.<br />

Jennifer Latuperisa-Andresen, Instagram @fraumuksch<br />

frühjahr <strong>2022</strong><br />

3


42<br />

MALLORCA<br />

INHALTSTANDARDS<br />

03 Editorial<br />

06 Reisenews<br />

08 Esskalation<br />

10 Für kleine Weltenbummler<br />

12 Städtetipp Valencia<br />

14 Kulturtipp<br />

15 Da wollen wir hin<br />

16 Take away<br />

17 Autoren<br />

19 Vorfreude<br />

56 Kochbücher<br />

59 Kolumne<br />

114 Gewinnspiel & Impressum<br />

60<br />

KANADA


87<br />

HOTELS<br />

»Das sind unsere<br />

22 Lieblings<strong>reisen</strong> für<br />

das Jahr <strong>2022</strong>.«<br />

die <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>-Redaktion<br />

WANDERN<br />

KULTUR<br />

Fotos: Kapreski/Shutterstock.com, Maslina Resort, Anastassia Vassiljeva/Shutterstock.com, Viktor Birkus/Shutterstock.com<br />

26 Azoren<br />

Dramatische Landschaften, grüne<br />

Wiesen, blaue Hortensienhecken und<br />

fangfrischer Fisch – klingt gut? Ist gut!<br />

34 Alpenüberquerung<br />

Eine Woche Genusswandern vom<br />

Tegernsee über den Alpenhauptkamm<br />

nach Sterzing in Südtirol – ein Erlebnis<br />

für immer.<br />

42 Mallorca<br />

Schluss mit Party. Wir fliegen nach<br />

Mallorca um die Natur zu erkunden!<br />

Unsere Lieblings-Wanderrouten.<br />

INTERVIEWS<br />

Wir haben interessanten, spannenden und<br />

viel gereisten Persönlichkeiten einen kleinen<br />

Steckbrief geschickt, um mehr über ihr<br />

Reiseleben zu erfahren. Hier ihre Antworten:<br />

18 Sibel Kekilli, Schauspielerin<br />

24 Caesar Elsner, Tänzer<br />

48 Niels Frevert, Musiker<br />

65 Philipp Kohlhöfer, Autor<br />

86 Sabine Heinrich, Moderatorin<br />

92 Armin Morbach, Fotograf<br />

97 Antonia Zander, Designerin<br />

50 Stockholm<br />

Auf einen Happen nach Schweden:<br />

Vegetarische Gaumenfreuden rund<br />

um Stockholm begeistern<br />

Reporterin Simone.<br />

60 Kanada<br />

Unser Autor Ole schwärmt von seiner<br />

Wahlheimat: endlose Weiten, pulsierende<br />

Metropolen und die nettesten<br />

Mitmenschen.<br />

66 Saudi-Arabien<br />

Kaftans, Kunst und karge Landschaft –<br />

wie die Wüste Saudi-Arabiens<br />

zum spektakulärsten Museum<br />

der Welt wird.<br />

76 Neuseeland<br />

Die filmische Reise von Frodo Beutlin<br />

ist mittlerweile 20 Jahre her. Die heimlichen<br />

Hauptdarsteller sind so schön<br />

wie eh und je. Hier die Locations von<br />

der Filmtrilogie »Herr der Ringe«.<br />

82 Mosel<br />

Auf ein Gläschen Wein fährt Reporter<br />

Ralf in die Moselregion und erlebt<br />

einen Triathlon der anderen Art.<br />

88 Nobu Ibiza Bay<br />

Wer auf Diät ist, sollte dieses Hotel auf Ibiza<br />

meiden, denn neben dem gewohnten Fünf-Sterne-<br />

Luxus gibt es eine unglaublich gute Küche.<br />

93 Beste deutsche Hotels<br />

Klarer Heimvorteil: Wer in Deutschland stilvoll<br />

nächtigen will, findet hier die richtigen Adressen.<br />

94 Maslina Resort<br />

Wir haben den perfekten Ort zum Ausspannen<br />

gefunden. Er liegt auf der kroatischen Insel Hvar<br />

und ist zudem ein nachhaltiger Interieur-Traum.<br />

98 Schwan Locke<br />

Jetzt nicht mit Vorfreude geizen: Münchens neues<br />

Designhotel fürs große, schicke Glück!<br />

WINTERERLEBNIS<br />

102 Nordlichter in Island<br />

In Japan besteht der Glaube, dass ein Kind, das<br />

unter Nordlichtern gezeugt wurde, mit gutem<br />

Aussehen sowie Glück gesegnet ist. Hier wären<br />

ein paar Adressen im schönen Island.<br />

108 Skitouren im Pitztal<br />

Autor Martin hat die Skier gebuckelt, den Berg<br />

bezwungen und uns davon erzählt.


eisenews<br />

Wenn es nicht herausragend wäre, dann wäre es<br />

nicht New York. Die neueste Attraktion der Stadt ist<br />

an Nervenkitzel kaum zu überbieten. Von der erst<br />

2020 eröffneten Aussichtsplattform The Edge führt<br />

ein Klettersteig auf die fast 400 Meter hohe Spitze<br />

des Wolkenkratzers. Damit ist es der welthöchste<br />

Klettersteig der Welt an einem Gebäude. Und das<br />

obwohl für viele Besucher die Aussichtsplattform<br />

allein schon ausreichend Nervenkitzel verspricht.<br />

Diese nämlich ragt kurz unter der Spitze aus der<br />

Fassade des Wolkenkratzers und schwebt wie ein<br />

riesengroßer Balkon im Freien. Der Boden ist gläsern<br />

und gibt den Blick auf die Straßenschluchten<br />

Manhattans in 335 Metern Tiefe frei. So lautet die<br />

Devise: Blick auf Augenhöhe halten und das Panorama<br />

über die Insel Manhattan bis zur Südspitze<br />

genießen. Das gilt wohl auch für die todesmutigen<br />

Kletterer, die das Gebäude hinaufkraxeln – gesichert<br />

versteht sich. Oben angekommen, können sich die<br />

ganz Mutigen ins Seil fallen lassen und mit dem<br />

Rücken zum Abgrund das Panorama von New York<br />

auf sich wirken lassen. Klettertour um € 163 p. P.,<br />

www.edgenyc.com/en/cityclimb<br />

1<br />

REISEZIEL<br />

HIMMELSSTÜRMER IN NEW YORK<br />

6<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

frühling <strong>2022</strong>


AUF AUGENHÖHE<br />

Seit Oktober 2021 können Dubai-Besucher in die Luft<br />

gehen: Das Ain Dubai ist mit 250 Metern das höchste<br />

Riesenrad der Welt und befindet sich auf der aufgeschütteten<br />

Insel Bluewaters Island. Rund 1.750 Besucher<br />

können in den 48 klimatisierten Hightech-Gondeln<br />

38 Minuten lang gemütlich Dubais Wahrzeichen wie<br />

The Palm, Dubai Marina und und das Burj al Arab fast<br />

auf Augenhöhe erleben.<br />

HAND IN HAND<br />

Inselstaaten wie Palau und Mauritius haben es vorgemacht,<br />

nun ziehen auch vier Länder in Mittel- und<br />

Südamerika nach. Ecuador, Kolumbien, Costa Rica und<br />

Panama planen, im Osten des Pazifischen Ozeans das<br />

größte Meeresschutzgebiet der westlichen Hemisphäre<br />

einzurichten. Mehr als 500.000 Quadratkilometer wird<br />

das Gebiet umfassen und ist damit größer als Deutschland,<br />

Österreich und die Schweiz zusammen. Auch die<br />

wertvollen Ökosysteme der Galapagosinseln umfasst<br />

das Schutzgebiet, wo industrieller Fischfang verboten<br />

sein wird.<br />

DAHEIM BEI JAPANS GEFEIERTEM AUTOR<br />

In Haruki Murakamis Arbeitszimmer arbeiten, in seinen Büchern blättern und seine Schallplatten hören? Fast zu schön, um wahr<br />

zu sein, auf dem Campus der Waseda-Universität in Tokio tatsächlich fortan möglich. Dort, wo der gefeierte Autor Japans einst<br />

selbst studierte, wurde ihm eine Bibliothek gewidmet – mit der Nachbildung seines Arbeitszimmers, seinen rund 3.000 Büchern<br />

und einer beeindruckenden Schallplattensammlung, teils selbst von ihm gestiftet. Auch das Gebäude ist eine Augenweide. Kein<br />

Wunder, denn das Design, innen wie außen, hat der japanische Stararchitekt Kengo Kuma entworfen.<br />

Fotos: IIJIMA Yutaka (2), Waseda-University, Courtesey of Edge (2), Emirates, Dustin Haney<br />

7


esskalation<br />

Ein köstliches Argument für den Besuch eines Landes, das man kulinarisch nicht auf dem Zettel hat: das Restaurant<br />

Hiša Franko im slowenischen Sočatal. Denn hier kocht Ana Roš, sie war auch Teil der zweiten Staffel in der von<br />

Netflix produzierten Serie »Chef’s Table«. Das Restaurant betreibt sie zusammen mit ihrem weinbegeisterten Mann<br />

Valter Kramar. Das Sensationelle: Nur wenige Jahre nachdem sich Ana Roš im Restaurant Hiša Franko, das sie von<br />

den Schwiegereltern übernahm, selbst das Kochen beibrachte, gilt sie als beste Köchin der Welt. Ihre Kreationen begeistern<br />

Feinschmecker rund um den Globus. Ihr Stil? Lokale saisonale Produkte in Szene setzen. Das klingt simpel.<br />

Sagen wir so, es ist bodenständig, aber wahnsinnig raffiniert, wie die Knochenmark-Ravioli mit wildem Hopfen und<br />

Hefe-Öl oder die Kutteln mit Saubohnen, gebratenen Nesseln und gereiftem Höhlenkäse. Auch das Hiša Franko ist<br />

eher unkonventionell, kein typisches Haute-Cuisine-Restaurant, sondern ein Ort, in dem sich die Gäste wohlfühlen<br />

mit roten Wänden und orange-farbenem Licht. Unbedingt eine Reise wert! www.hisafranko.com/de<br />

GENUSShappen<br />

2<br />

REISEZIEL<br />

8


KUBA-licious<br />

ANS Eingemachte<br />

Sie beschwören den Duft des Sommers<br />

und der blühenden Sommerrose herauf:<br />

die Uckerose-Delikatessen von Elena von<br />

Gieck. In ihrem kleinen Lädchen in der<br />

brandenburgischen Uckermark zaubert<br />

sie allerhand Köstliches – vom Rosenmousse<br />

über Honig bis zum New Make Single Malt.<br />

Das lässt man sich doch gerne auf der<br />

Zunge zergehen! www.uckerose.de<br />

Oder wie wäre es denn mit<br />

einem erfrischenden Punch<br />

el nacional – einen Drink auf<br />

Rumbasis, der in Gedanken<br />

nach Kuba entführt. Das Rezept<br />

stammt von Eminente, einem<br />

neuen kubanischen Rum aus<br />

Zentralkuba. Glückselig und pure<br />

Leichtigkeit im Glas, so geht’s:<br />

50 ml Eminente Reserva<br />

5 ml Maraschino-Likör<br />

15 ml Ananassaft<br />

10 ml Limettensaft<br />

5 ml Zuckersirup<br />

www.eminente.com<br />

MACH MAL Teaaa!<br />

Ein strahlendes Lächeln zaubert die Verpackung<br />

der italienischen Kultzahnpasta Marvis im Retrodesign<br />

ins Gesicht. Die neue Tea-Collection ist eine<br />

Hommage an die Teekultur von Asien bis nach<br />

Europa. Welche Sorte soll es denn sein? Der Klassiker<br />

Earl Grey oder trendigere Sorten wie Blossom<br />

Tea und Creamy Matcha Tea? 75 ml, um € 8,<br />

www.marvis.com<br />

Fotos: PR (2), Suzan Gabrijan (3), Peter Fehrentz, More-Möbel, Rocco Forte Hotels, Uckerose/Götz Wrage (2)<br />

WUNDERbar<br />

Wir treffen uns an der Bar, Harri!<br />

Wer so eine hübsche und edle<br />

Hausbar besitzt, fühlt sich stets wie<br />

im Luxushotel. Der Barschrank<br />

Harri von [more] aus Nussbaumholz<br />

ist ein wirklicher Hingucker<br />

und ein Raumwunder noch dazu.<br />

So hat man seine Lieblingsdrinks<br />

und Cocktails immer parat. Heute mal einen Singapore<br />

Sling? Versetzt geschmacklich direkt in die Long Bar des<br />

Raffles Hotels in Singapur, wo er erfunden worden ist.<br />

Home-Happy-Hour, unsagBAR schön! In zwei Varianten<br />

erhältlich: schmal und hoch (116 cm), € 4.785; breit und<br />

niedrig (105 cm), € 5.706, www.more-moebel.de<br />

ZU TISCH BEI Tim Mälzer<br />

Ein Fünf-Sterne-Superior-Hotel und TV-Koch Tim Mälzer – passt das? Ja, passt!<br />

Ebenso perfekt wie die Kombination aus authentischen italienischen Spezialitäten<br />

mit japanischen Geschmacksnoten, die Tim Mälzer im neuen Restaurant<br />

»Chiaro« im Hotel de Rome in Berlin auf den Tisch bringt. Kostprobe? Beef Tartar<br />

mit Tramezzini (eine Art Sandwich) und der würzigen japanischen Tonkatsu-Soße,<br />

Melone Toro mit Wasabi und Thunfischbauch stehen ebenso auf der Karte wie<br />

vegetarische Klassiker wie geräucherte Gnocchi. Die Atmosphäre? Schön lebendig und<br />

ungezwungen – eben gemütliches Ambiente wie bei La Nonna. www.roccofortehotels.com<br />

frühling <strong>2022</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

9


kleine weltenbummler<br />

Ausser Rand und Band<br />

3<br />

REISEZIEL<br />

Für all jene, die nach dem letzten Harry-Potter-Buch oder der Verfilmung tieftraurig<br />

waren, dass es keine Fortsetzung gab: Es geht weiter! Und zwar in Hamburg im<br />

Mehr! Theater am Großmarkt. Seit Dezember 2021 macht das Theaterstück »Harry<br />

Potter und das verwunschene Kind« die Abenteuer von Harry, Ron und Hermine<br />

wieder erlebbar. Dabei setzt das Stück 19 Jahre nach Harrys Geschichte ein. Harrys<br />

zweitältester Sohn Albus kommt nach Hogwarts. Die Schlacht gegen das Böse ist<br />

doch längst gewonnen? Mitnichten, das Dunkle kommt oft von dort, wo man es am<br />

wenigsten erwartet. J. K. Rowling hat das Stück extra für die Theaterbühne geschrieben.<br />

Es wird getanzt, es sprühen Funken und es rollen in bester Zauber-Hogwarts-Manier<br />

Treppen über die Bühne. Ein wahrhaft magisches Erlebnis, das bereits<br />

in London, New York, Melbourne und San Francisco große Erfolge gefeiert hat und<br />

nun endlich auch in Deutschland zu sehen ist. Tickets unter:<br />

www.hamburg-tourism.de/harry-potter<br />

Mit dem praktischen Reise-Regen-Rücksitz-Koffer verfliegt<br />

jede An- und Abreise raketenartig schnell. Er enthält rund<br />

50 abwechslungsreiche Spielideen wie Suchbilder, Rätsel,<br />

Malideen und Spiele, die unterwegs für reichlich Ablenkung<br />

und Spielspaß sorgen – ob im Auto, Flugzeug, Schiff<br />

oder in der Bahn. Und schwuppdiwupp ist das Ziel<br />

erreicht. Schon da? Schadeee! Um € 16, Moses Verlag,<br />

www.moses-verlag.de<br />

10 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


Unter Dach und Fach<br />

Wohin geht der nächste<br />

Urlaub? Na, zum Camping<br />

ins Kinderzimmer. Aber psst!<br />

Die Plüschfreunde Koala<br />

und Löwe schlafen schon<br />

und träumen vom nächsten<br />

wilden Camping-Abenteuer.<br />

Von Zara Home, Plüschtiere<br />

beim Campen, um € 16,<br />

www.zarahome.com<br />

Regentanz<br />

Wer einen Regenponcho von Rainkiss<br />

besitzt, der kann den nächsten Wolkenbruch<br />

wohl kaum abwarten. Gummistiefel<br />

an, durch Pfützen tanzen und stylish<br />

im Partnerlook den Poncho ausführen.<br />

Perfekt auch für jegliche Regengüsse<br />

unterwegs, denn er lässt sich klein zusammenfalten<br />

und in jedes Handgepäck<br />

verstauen. Für Kinder € 59, für Erwachsene<br />

€ 69, www.rainkiss.online<br />

Zeit für einen Mutausbruch!<br />

Es ist nie zu früh für Abenteuer: Das Buch »Entdecke die Welt« erzählt<br />

Geschichten von Mut, Neugier, fernen Ländern und von Forschern und<br />

Entdeckern, die furchtlos unbekannte Welten entdeckt haben. So segelt<br />

man mit den Wikingern übers Meer, besteigt mit den Sherpas den Mount<br />

Everest und lernt die Astronauten kennen, die sich in den Weltraum<br />

gewagt haben. Ein Buch, das neugierig auf die Welt und Mut macht,<br />

mutig zu sein. Ab sieben Jahren, Kleine Gestalten, 56 S., € 19,90<br />

Fotos: PR (3), Michael Ricks, Manuel Harlan, Studio Yagüe<br />

frühling <strong>2022</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

11


städtetipp<br />

4<br />

REISEZIEL<br />

VALENCIA<br />

WELTHAUPTSTADT<br />

DES DESIGNS <strong>2022</strong><br />

Kunstvolle Murals befinden sich an den Häuserwänden<br />

im Viertel El Carmen, wo sich schon zahlreiche<br />

Street-Art-Künstler verwirklichen durften.<br />

Denn Valencia strotzt nur so vor Kreativität und<br />

ist auch <strong>2022</strong> Welthauptstadt des Designs.<br />

Besonders typische Mitbringsel sind traditionelle<br />

Keramik, Seide oder Goldschmiedekunst. Und<br />

natürlich müssen gerade in diesem Jahr auch die<br />

zahlreichen Museen der Stadt sowie die fotogene<br />

futuristische Stadt der Künste und Wissenschaften<br />

besucht werden. Ein Städtetrip dieses Jahr ist<br />

eine wahre Kulturerfahrung.<br />

http://auf.reise/design-metropole<br />

VALENCIA IST EINE KLASSE FÜR SICH.<br />

SPANIENS DRITTGRÖSSTE METROPOLE<br />

BIETET IM ZENTRUM AN JEDER ECKE<br />

HISTORISCHE KLEINODE, KULINARISCHE<br />

LECKERBISSEN – UND ÜBERRASCHEND<br />

VIEL GRÜN. ACH JA, GANZ SCHÖN<br />

SONNENVERWÖHNT IST DIE STADT<br />

AUCH. UNSERE TIPPS!<br />

ES GRÜNT SO GRÜN!<br />

Bis 2025 will Valencia die erste kohlendioxidneutrale<br />

Stadt werden. Ganz schön ambitioniert,<br />

aber wer sich in der Stadt umschaut, stellt<br />

fest: Das könnte klappen. Rund um die zentrale<br />

Plaza del Ayuntamiento wurde eine 12.000<br />

Quadratmeter große Fußgängerzone geschaffen,<br />

das 160 Kilometer lange Fahrradwegenetz<br />

wird weiter ausgebaut und immer mehr<br />

Grünflächen werden geschaffen. Klassiker<br />

unter den Parks ist der wunderschöne Jardín<br />

del Turia, der auf neun Kilometern Länge an<br />

Palmen, Orangenbäumen, Kiefern, duftenden<br />

Rosengärten, Teichen, Brunnen und 18 Brücken<br />

aus verschiedenen Epochen vorbeiführt. Nur<br />

zehn Kilometer von der Stadt entfernt, wartet<br />

ein weiteres Highlight: der Naturpark L‘Albufera.<br />

In der urbanen Oase, umgeben von Reisfeldern<br />

und Wald, entspannen Urlauber bei traumhaften<br />

Sonnenuntergängen und romantischen<br />

Bootsfahrten. In Sachen intelligenter Tourismus<br />

ist Valencia eben ganz vorne dabei und wurde<br />

dieses Jahr als Hauptstadt ausgewählt.<br />

http://auf.reise/turia-park<br />

12 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> frühling <strong>2022</strong>


ANZEIGE<br />

ALBUFERA – DER GARTEN EDEN<br />

Nachhaltigkeit ist auch für die Gastronomie wichtig. Zum Glück<br />

hat Valencia das Privileg, mit lokalen Produkten bestens versorgt<br />

zu sein. Tausende Quadratmeter Gemüse- und Obstfelder<br />

umgeben die Stadt – bis zum Naturpark Albufera, wo mehrere<br />

lokale Reissorten angebaut werden. Fangfrisch kommt der Fisch<br />

direkt aus dem Mittelmeer und wird anschließend auf dem<br />

Fischmarkt in der Marina de València versteigert.<br />

Paella, Paella!<br />

Die Paella gehört zu Valencia wie die<br />

Weißwurst zu Bayern – die muss man<br />

einfach probieren, wenn man in der Stadt<br />

zu Besuch ist. Aber Vorsicht: Nicht überall<br />

gibt es die echte »Paella Valenciana«.<br />

Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte<br />

eines dieser Restaurants besuchen: Borja<br />

Azcutia, Goya Gallery oder Palace Fesol.<br />

Und wer die perfekte Paella-Zubereitung<br />

lernen will, besucht die Kochschule<br />

»Valencia Club Cocina«. Guten!<br />

http://auf.reise/club-cocina<br />

Fotos: Visit Valencia/David Rota (2), Visit Valencia/Arlandis, Fam Studio/Shutterstock.com, Manuel Torres, Pablo Casino, Mike Water<br />

NOCH EINMAL SCHNELL<br />

SONNENBADEN<br />

In Valencia brutzelt die Sonne an 300 Tagen im Jahr<br />

vom Himmel, und selbst im Winter sind Temperaturen<br />

von 20 Grad noch drin. Umso schöner, dass man in nur<br />

zwei Stunden von Deutschland aus im Sonnenparadies<br />

ist. Als exzellente Spots, um ein Sonnenbad zu nehmen,<br />

lohnen sich die Stadtstrände La Malvarrosa oder El Cabanyal.<br />

Die sind nur einen Katzensprung vom Zentrum<br />

entfernt – ideal auch, um spontan am Abend ein Foto<br />

vom Sonnenauf- oder untergang am Meer zu schießen.<br />

ES GRÜNT SO GRÜN!<br />

Zwischen Markthalle<br />

und Sterneküche<br />

Ein Zwischenstopp im Schlemmerparadies<br />

Markthalle gehört in<br />

Valencia auf die Agenda jedes<br />

Touristen. Wer nur wenig Zeit<br />

hat, hat die Qual der Markthallen-Wahl:<br />

Es locken der<br />

Mercado Central, gleich<br />

neben der alten Seidenbörse<br />

La Lonja de la Seda,<br />

und der Mercado de Colón in<br />

der Calle Jorge Juan. Beide sind<br />

nicht nur eine architektonische<br />

Augenweide, sondern bieten<br />

auch viele Leckereien. Tipp: Dort<br />

unbedingt die erfrischende<br />

Erdmandelmilch »Horchata«<br />

mit Fartóns probieren. Überhaupt<br />

könnte man seinen<br />

Aufenthalt in Valencia nur<br />

mit Schlemmen verbringen:<br />

Von kreativer Sterneküche<br />

bis traditionellem urigem Restaurant<br />

finden sich in den rund<br />

2..000 Bars, Cafés und Restaurants<br />

stets neue Lieblingsgerichte.<br />

http://auf.reise/markt-und-co<br />

13


events<br />

Das sollte man <strong>2022</strong> nicht verpassen: Unsere drei Event-Tipps<br />

sind eine Reise wert. Ab nach Oberammergau, Kassel und<br />

Esch-sur-Alzette in Luxemburg.<br />

5<br />

REISEZIEL<br />

PASSIONSSPIELE OBERAMMERGAU .<br />

Nur alle zehn Jahre findet dieses besondere Ereignis statt. 2020 mussten die Passionsspiele, die die letzten Tage im Leben Jesu darstellen,<br />

verschoben werden. In weiser Voraussicht hat man sich gleich für das Jahr <strong>2022</strong> entschieden. 400 Jahre ist es her, da wütete<br />

die Pest auch tief in Bayern. Die Bewohner Oberammergaus wandten sich in ihrer Verzweiflung an Gott und gelobten, fortan alle zehn<br />

Jahre das Leben und Leiden Christi nachzuspielen, so die Pest von ihnen ablasse. Das haben sie seit 1634 konsequent durchgezogen.<br />

Es werden rund 450.000 Zuschauer erwartet. Das Passionstheater in Oberammergau fasst knapp 4.500 Sitzplätze und ist damit die<br />

weltweit größte Freiluftbühne mit überdachtem Zuschauerraum. Die Mitwirkenden stammen allesamt aus dem bayerischen Dorf. Wer<br />

mitspielen möchte, muss in Oberammergau geboren sein oder seit mindestens 20 Jahren dort leben. Eine Aufführung dauert rund<br />

fünf Stunden, unterbrochen von einer dreistündigen Pause. Ein großes Spektakel, für das es sich lohnt, den weiten Weg ins tiefste<br />

Bayern auf sich zu nehmen. Vom 14. Mai bis 2. Oktober <strong>2022</strong>, www.passionsspiele-oberammergau.de<br />

ESCH<strong>2022</strong>.<br />

DOCUMENTA FIFTEEN..<br />

Luxemburgs zweitgrößte Stadt Esch-sur-Alzette wird im Jahr <strong>2022</strong><br />

europäisches Kulturmekka. Geplant sind rund 160 Projekte mit<br />

mehr als 2.000 Events, im Süden Luxemburgs und im angrenzenden<br />

Frankreich. In <strong>2022</strong> sind noch zwei weitere Städte Kulturhauptstadt<br />

Europas: Kaunas in Litauen und Novi Sad in Serbien.<br />

www.esch<strong>2022</strong>.lu/de<br />

Sie gehört zu den bedeutendsten<br />

Ausstellungen<br />

moderner Kunst überhaupt<br />

und findet nur alle fünf Jahre<br />

in Kassel statt: die documenta<br />

fifteen vom 18. Juni<br />

bis 25. September <strong>2022</strong>.<br />

Dieses Jahr hat das indonesische<br />

Künstlerkollektiv<br />

ruangrupa die documenta<br />

kuratiert und wird einiges<br />

anders machen. Statt<br />

großer Namen setzen sie<br />

aufs Kollektiv – 54 Künstler<br />

aus aller Welt sind dabei.<br />

documenta-fifteen.de<br />

Fotos: Birgit Gudjonsdottir, Tom Mesic Photography, documenta fifteen<br />

14<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


da wollen wir hin<br />

THE SLATE Phuket, Thailand<br />

Fotos: The Slate (2)<br />

Wer die dunklen langen Wintertage und das ewige Regenschirm-dabeihaben-müssen gegen eine Kitsch-<br />

Bildschirmschoner-Kulisse eintauschen möchte, der sollte in den Norden Phukets <strong>reisen</strong>. Genauer in das<br />

Designhotel »The Slate«. Das Tagesprogramm: Sonne tanken, schlemmen, Seele baumeln lassen – und<br />

die besondere Architektur bewundern. Bill Bensley, einer der führenden Architekten Südostasiens, hat<br />

ein Gespür dafür, Bauwerke gekonnt in die Umgebung zu integrieren. Das zeigt er auch beim Bau des<br />

The Slate, das eine Ode an die Vergangenheit des Zinnbergbaus auf Phuket ist – und industriellen Chick<br />

mit traditionellem thailändischen Design verbindet. Betonböden und Möbel aus geschwärztem Stahl mit<br />

bronzenen Nieten treffen auf traditionelles thailändisches Dekor wie warmes Holz. Die gemütliche und<br />

moderne Mischung aus industrieller Vergangenheit und tropischen Akzenten zieht sich wie ein roter<br />

Faden durch das Resort: von den vier Restaurants mit thailändischer und japanischer Küche über das<br />

Spa bis zu den 184 Zimmern und Suiten. Wer noch mehr Privatsphäre bevorzugt, der mietet eine der<br />

privaten Pool-Villen. Zusätzlicher Bonus: die Lage. Der Nai-Yang-Strand gehört zu den Geheimtipps Phukets<br />

und ist Teil des Sirinat-Nationalparks. Womit wir wieder bei der Kitsch-Bildschirmschoner-Kulisse<br />

wären. Klingt verlockend? Nichts wie hin! DZ ab € 200 die Nacht, www.theslatephuket.com<br />

REISEZIEL<br />

6<br />

frühjahr <strong>2022</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

15


takeaway<br />

KARTEN STEHEN AUF.<br />

NACHHALTIGKEIT.<br />

Nachhaltige Inspiration<br />

auf 105 verschiedenen<br />

Spielkarten: »Planet A – Das<br />

nachhaltige Kartenspiel«<br />

gibt spielerisch viele gute<br />

Anregungen, was man<br />

besser machen kann, um<br />

die Umwelt zu schützen.<br />

Von 10 bis 110 Jahren, für<br />

2 bis 5 Spieler, um € 17,<br />

myplaneta.de<br />

GUTER KAFFEE.<br />

Die Schwimmshorts von Nikben<br />

verbreitet schon vor dem Urlaub<br />

gute Laune. Wo es hingeht? Na,<br />

nach Tansania. Erst auf Safari<br />

Elefant, Leopard und Giraffe<br />

Hallo sagen und dann ab rüber<br />

nach Sansibar und an den<br />

Traumstränden relaxen. Aus<br />

recycelten Plastikflaschen<br />

hergestellt, € 79,<br />

https://nikben.com<br />

FASSUNG BEWAHREN!.<br />

Sonnig bis heiter? Mit der schicken Sonnenbrille<br />

»Aventura« im 1970er-Jahre-Look bewahrt man<br />

bei jeder Wetterlage die<br />

Fassung, denn je nach<br />

Lichteinfall verändert<br />

sie leicht ihre Farbe. Von<br />

Silhouette, € 299,<br />

silhouette.com<br />

Unterwegs ist es oft gar nicht so einfach, an<br />

guten Kaffee zu kommen. Klug, wer den Kaffee<br />

mit auf Reisen nimmt. Die Filterkaffee-Sachets<br />

des Hamburger Brands BLÆK passen in jede<br />

Hosentasche. »Specialty Instant Coffee«,<br />

6 Sachets, um € 5, blaek.coffee<br />

HÜLLENLOS?.<br />

NICHTS DA!.<br />

Auf den ersten Blick ist es ein<br />

lässiger Vintage-Aktenkoffer,<br />

doch wenn man ihn öffnet,<br />

kommt ein überraschender,<br />

nicht minder lässiger Inhalt<br />

hervor: ein tragbarer, voll funktionsfähiger<br />

Grill. Ab jetzt nur<br />

noch Grillgut: ob beim spontanen<br />

Besuch von Freunden auf<br />

der Terrasse oder geplanten<br />

Familienpicknick im Park. »Mon<br />

Oncle Portable Bbq« von RS<br />

Barcelona, um € 268, https://<br />

shop.rs-barcelona.com<br />

TADAAA .<br />

Stillvoller kann der Reisepass wohl nicht um<br />

die Welt jetten: »Pass-Etui« von Hermès mit<br />

Dolce-Vita-Flair. Jedes Etui ist ein Unikat.<br />

€ 390, hermes.com<br />

HINEIN INS.<br />

WEEKEND FEELING.<br />

Egal, wohin es geht, ob<br />

romantischer Wochenendtrip<br />

nach Paris oder Freunde<br />

besuchen in Amsterdam: Mit<br />

dem Pflegequartett aus<br />

Augenpatches und Gesichtsmasken<br />

ist man das komplette<br />

Wochenende eins a<br />

gepflegt. Ab ins Handgepäck<br />

und los! »Getaway<br />

Plan« von Patchology, € 15,<br />

über niche-beauty.com<br />

Fotos: PR (7)<br />

16<br />

frühling <strong>2022</strong>


AUTOREN<br />

Das<br />

kriegennochnoch hin!<br />

kriegen die auch<br />

noch<br />

Wolf Alexander Hanisch<br />

Martin Häußermann<br />

Keine Herausforderung,<br />

die er nicht annimmt.<br />

Kein Abenteuer, das er<br />

nicht bestreiten möchte.<br />

Martin ist unser Mann für<br />

die rasanten und etwas<br />

kniffeligen sportlichen<br />

Herausforderungen auf<br />

Reisen. Ob auf dem Motorrad,<br />

im Porsche oder<br />

eben auf Skiern – wie<br />

im Pitztal, als er sich im<br />

Ski-Tourengehen versuchte<br />

und die Spitze der<br />

österreichischen Gipfel<br />

erklomm.<br />

»Ich höre nur das Knirschen<br />

der Ski im Schnee und das<br />

gleichmäßige Atmen der<br />

anderen beim Aufstieg. Auf<br />

der Wildspitze angekommen<br />

bin ich platt, aber überglücklich.«<br />

Simone Sever<br />

Reisen haben zwar seit<br />

dem Pandemieausbruch<br />

ein bisschen ihre Leichtigkeit<br />

verloren, ihren Zauber<br />

aber noch lange nicht.<br />

Für Autorin Simone Sever<br />

kommt deshalb zurzeit<br />

jede einzelne Reise, egal<br />

wohin, einem kleinen<br />

Wunder gleich, so wie die<br />

»Nordlichter in Island«<br />

oder die »Kochenden<br />

Leidenschaften in Stockholm«.<br />

»Wenn ich schon auf Reisen<br />

gehe in diesen anstrengenden<br />

Zeiten, dann immer mit<br />

Bedacht. Ich begebe mich<br />

freiwillig vor und nach jedem<br />

Trip so lange in Quarantäne,<br />

bis ich sicher bin, dass<br />

ich niemanden anstecken<br />

kann.«<br />

Ralf Johnen<br />

Autor Ralf ist in Bonn und<br />

somit gar nicht weit von<br />

der Mosel aufgewachsen.<br />

Mit dem Fluss und<br />

seinem spektakulären Tal<br />

hat er jedoch nur sporadisch<br />

Bekanntschaft geschlossen.<br />

Er musste erst<br />

ins Ausland ziehen, um<br />

sich dem Moseltal erneut<br />

anzunähern. Dabei hat<br />

er sich für eine autofreie<br />

Reise entschieden, von<br />

der er sich neue Einblicke<br />

und Perspektiven erhoffte<br />

– sei es mit Wanderschuhen<br />

zwischen Riesling-Reben,<br />

im Jugendstilhotel<br />

in Traben-Trarbach, im<br />

Fahrradsattel auf dem<br />

Weg zu atemberaubenden<br />

Aussichtspunkten<br />

oder zwecks Müßiggangs<br />

an Bord eines Ausflugsschiffs.<br />

Seine zufriedene<br />

Schlussfolgerung:<br />

»Während das landschaftliche<br />

Spektakel für die<br />

Ewigkeit ist, bewegt sich an<br />

der Mosel auch in Sachen<br />

Tourismus einiges.«<br />

Andreas Dauerer<br />

Spüren, was ist, lautet<br />

das Motto von unserem<br />

Autoren Andreas. Egal<br />

ob draußen in rauer<br />

Natur oder drinnen im<br />

kuschligen Warmen. Es<br />

sind immer die Eindrücke<br />

von unterwegs, die ihn<br />

magisch anziehen – gerne<br />

auch die beiläufigen, machen<br />

sie doch das Reisen<br />

erst so richtig spannend.<br />

»Wer einen grünen Garten<br />

möchte, muss ihn auch<br />

wässern. Klingt logisch,<br />

trifft aber ganz besonders<br />

auf die Azoren zu. Die<br />

immergrünen Vulkaninseln<br />

gleichen manchmal einer<br />

Waschmaschine mit Schleudergang.<br />

Die Belohnung?<br />

Eine Flora und Fauna, die<br />

nicht mit Vielfältigkeit geizt,<br />

und eine Kulinarik, die<br />

genau das widerspiegelt.<br />

Hinfahren und mit allen<br />

Sinnen genießen.«<br />

Fotos: privat<br />

Man kann Lieblingsländer<br />

haben, Lieblingslandschaften,<br />

Lieblingsstädte.<br />

Wolf Alexander Hanisch<br />

ist da nicht so festgelegt.<br />

Sein Faible ist einfach das<br />

Staunen – sei es auf Bora<br />

Bora oder in Bad Belzig,<br />

sei es zu Fuß, auf dem<br />

Rad oder im Fond eines<br />

Bentleys. Sich verblüffen<br />

zu lassen, betrachtet er<br />

als eine Kunst, die in unserer<br />

gleichmacherischen<br />

Welt wichtiger ist denn<br />

je. Und schwieriger auch.<br />

Saudi-Arabien machte es<br />

ihm allerdings einfach:<br />

Viel eigenwilliger und<br />

jungfräulicher kann ein<br />

Reiseziel kaum sein.<br />

»Ehrlich gesagt hatte ich<br />

schon zu knabbern an der<br />

ziemlich ungelenken Art der<br />

Saudis Fremden gegenüber.<br />

Der letzte, den ich bei der<br />

Passkontrolle am Flughafen<br />

in Riad traf, war allerdings<br />

so überschäumend liebenswürdig,<br />

dass ich sicher bin:<br />

Das kriegen die auch noch<br />

hin.«<br />

instagram@martinunterwegs<br />

instagram@aspirinia<br />

instagram<br />

@boardingcompleted<br />

instagram@andreasdauerer<br />

frühling <strong>2022</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

17


interview<br />

Sibel Kekilli ist eine erfolgreiche<br />

Schauspielerin, die uns nicht<br />

nur zu Tränen rühren, mit ihrem<br />

Lächeln bezaubern und mit Nachdruck<br />

bewegen kann. Sie ist auch<br />

Inspiration. Denn ihr Engagement<br />

findet nicht nur vor der Kamera<br />

statt, sondern oft auch dort, wo<br />

niemand hinsieht. Sibel zeigt sich<br />

auch sonst politisch und sozial<br />

engagiert und setzt sich für Frauen<br />

in Not ein. So hat sie beispielsweise<br />

vor Corona für UNIDAS<br />

ein Frauenhaus in Brasilien mit<br />

aufgebaut und eröffnet. Wer sich<br />

so zwischen den Welten bewegt,<br />

weiß auch, wo es besonders<br />

schön ist. Und danach mussten<br />

wir diese bezaubernde Frau<br />

einfach fragen.<br />

SIBEL<br />

KEKILLI<br />

Instagram @sibelkekilli<br />

Mein letzter Urlaub führte wohin?<br />

Im Juli dieses Jahres ging es das erste Mal seit<br />

Pandemiebeginn wieder ins Ausland, nach Sizilien.<br />

Nach so einer langen Reiseauszeit war es schon<br />

ein wenig gewöhnungsbedürftig, zu fliegen oder in<br />

Menschenmengen die einzelnen Orte zu entdecken<br />

– und das bei sommerlichen Höchsttemperaturen.<br />

Dennoch bin ich quer über die Insel<br />

gefahren, um mir so viel wie möglich anzusehen.<br />

Die Gegend um Agrigent mit den beeindruckenden<br />

Tempeln fand ich toll, aber auch die vielen kleinen<br />

alten Städtchen, die es überall auf der ganzen<br />

Insel verteilt zu entdecken gibt. Und natürlich<br />

Palermo oder Catania, wobei mir persönlich Letzteres<br />

besser gefallen und mich sehr an das frühe<br />

Istanbul erinnert hat.<br />

Dort bin ich immer glücklich:<br />

In Santa Fe, New Mexico. Zum einen ist es diese<br />

Weite des Landes, die Farben, alles ist so intensiv<br />

und strahlt eine ungemeine Ruhe aus. Dazu leben<br />

dort gute Freunde. Ähnlich ist es auf dem Land in<br />

Baden-Württemberg bei meiner besten Freundin,<br />

die quasi zwischen Weinbergen lebt. Beide Orte<br />

machen mich glücklich, weil bestimmte Lieblingsmenschen<br />

dort um mich herum sind.<br />

Mein Herzenshotel:<br />

Das ist schwierig, da gibt es nämlich einige. In<br />

Berlin ist es das Hotel de Rome. Da fühle ich mich<br />

einfach wohl, es ist immer, wie nach Hause zu<br />

kommen, und gerade während der Pandemie habe<br />

ich das Hotel noch mehr für mich entdeckt. Es war<br />

ein Rettungsanker, auch mal aus Hamburg herauszukommen.<br />

Die Menschen dort kennen mich<br />

inzwischen, und alles versprüht eine heimelige<br />

Atmosphäre. Auch der Bayerische Hof in München<br />

hat einen ähnlichen Effekt auf mich. Und, kein Geheimtipp,<br />

aber trotzdem sehr besonders sind für<br />

mich das Mandarin Oriental in New York und das<br />

Four Seasons in L.A., weil ich dort immer schlief,<br />

als wir mit »Game of Thrones« Premiere gefeiert<br />

haben. Und last, but not least: Selbst wenn man<br />

selten in der eigenen Stadt im Hotel schläft, finde<br />

ich das Vier Jahreszeiten in Hamburg immer ein<br />

Erlebnis. Vor allem um die Weihnachtszeit zum<br />

klassischen Afternoon-Tee oder auch bei Kaffee<br />

und Kuchen ist es eine super Adresse.<br />

Das nehme ich immer mit auf Reisen:<br />

Meinen Reisepass, Hand- und Sonnencreme.<br />

Lippenbalsam von Dior, der pflegt und schimmert<br />

so schön leicht rosé, und meinen Lieblingsduft von<br />

Armani in klein. Denn gerade nach langen Flügen<br />

möchte ich zumindest etwas gepflegt ankommen,<br />

auch wenn man Jetlag hat und einfach nur ins<br />

Hotel möchte. Inzwischen sind ja auch Masken<br />

ein Muss und eine Reiseapotheke ist ebenfalls im<br />

kleinen Rimowa-Koffer dabei. Da ich sehr gerne<br />

schwimme, packe ich auch immer einen Badeanzug<br />

ein und zwei Sonnenbrillen, eine könnte<br />

ja kaputtgehen. Und ich habe wirklich immer<br />

mindestens ein Buch dabei.<br />

Foto: Andreas Dauerer<br />

18 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


VORFREUDE<br />

Vom Sofa aus die Welt erkunden? Das geht. Und zwar mit Serien<br />

und Filmen. Also ab ins historische England und im Städtchen Bath<br />

umherflanieren. Oder sich auf eine abenteuerliche Fahrt mit dem<br />

Orient-Express begeben. Nur der Trip zur Schwäbischen Alb, tief in<br />

den Wald, ist eher für die Hartgesottenen unter uns.<br />

7<br />

REISEZIEL<br />

Foto: Zoltan Tasi; Text: Ulrike Herder<br />

MIT ALLEN WASSERN GEWASCHEN<br />

Plötzlich möchte man auch an den prunkvollen Herrenhäusern aus Kalkstein vorbeiflanieren, im<br />

idyllischen Park picknicken und am besten noch in der Regency-Ära gelebt haben. Das englische<br />

Städtchen Bath im Südwesten des Landes ist Drehkulisse für die britische Netflix-Erfolgsserie<br />

»Bridgerton«, die genau in dieser kurzen historischen Epoche, von 1810 bis 1820, spielt. Zu<br />

dieser Zeit trafen sich hier Hoheiten, Künstler und eben die gehobene Gesellschaft. Bis heute<br />

ist Bath ein Juwel der Regency-Architektur. Die ganze Stadt trägt beige und ist von sattgrüner<br />

Landschaft umgeben. Eine der Hauptkulissen ist die sichelförmig angelegte Reihenhäuserzeile<br />

Royal Crescent, die nobelste Adresse der Stadt mit dem gleichnamigen Luxushotel. Doch auch<br />

die Römer, die Bath gründeten, prägten die Stadt mit ihrer pompösen Bäderlandschaft, wo sie<br />

im 45 Grad warmen Thermalwasser, das seit Jahrtausenden aus dem Boden sprudelt, badeten.<br />

In den sehr gut erhaltenen Ruinen des Roman Baths ist heute ein Museum untergebracht.<br />

Baden geht man heutzutage besser im grandios gelegenen Rooftop-Pool des Thermae Bath Spa<br />

direkt um die Ecke und fühlt sich plantschend mit Blick über die Stadt wie ein Star.<br />

19


VORFREUDE | Orient-Express<br />

REISEZIEL<br />

8<br />

Ihn umranken Mythen und ein geheimnisvolles Flair: den Orient-Express. Er brachte einst die Schönen und<br />

Reichen in Luxus und Stil durch Europa. 1883 begab sich der Luxuszug mit etwa zwei Dutzend unerschrockenen<br />

Passagieren vom Pariser Gare de l’Est auf seine erste Fahrt. Das Ziel: Konstantinopel, das heutige Istanbul. Die<br />

noble Eisenbahnlinie avancierte schnell zum Synonym für Glamour und Intrigen – und verband Europa von Westen<br />

nach Osten, wie es zuvor nicht möglich war. Agatha Christie befeuerte in ihrem weltbekannten Krimi »Mord im<br />

Orient-Express« die mysteriöse Aura des Kultzugs. Zuletzt verfilmt 2017 von Hollywood, wo sich eine Starbesetzung<br />

aus Johnny Depp, Michelle Pfeiffer, Judi Dench, Penélope Cruz und Co. auf der abenteuerlichen Fahrt gegenseitig<br />

verdächtigt, der Mörder oder die Mörderin zu sein. 2023 kehrt dieses historische, luxuriöse Bahnerlebnis<br />

mit neuen Zügen und Routen nach Italien zurück – nach rund 46 Jahren Pause. Passagiere können in sechs Zügen<br />

Italien von Norden nach Süden erkunden oder Routen nach Paris, Istanbul und Split auf Schienen be<strong>reisen</strong>. Ein<br />

umweltfreundliches Abenteuer mit Nostalgiefaktor!<br />

20<br />

frühling <strong>2022</strong>


HÖCHSTE EISENBAHN<br />

Fotos: Rendering Orient Express La Dolce Vita by Dimorestudio (2), Fonds de dotation Orient Express Heritage, Gerard Pijoan, Lola Hakimian<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

21


22 frühling <strong>2022</strong>


VORFREUDE | Sächsische Schweiz<br />

9<br />

REISEZIEL<br />

STELLT ALLES IN DEN SCHATTEN<br />

Ums nackte Überleben geht es für fünf Männer aus dem Survival-<br />

Thriller »Prey« (Netflix), die einen Junggesellenabschied in wilder<br />

Natur verbringen. Die idyllische Landschaft der Sächsischen<br />

Schweiz wird zur nervenaufreibenden Filmkulisse. Ein unbekannter<br />

Scharfschütze nimmt die Männertruppe ins Visier. Wird die<br />

Spannung unerträglich, einfach auf die wirklich atemberaubende<br />

Natur konzentrieren! So weit das Auge reicht, erheben sich dicht<br />

bewaldete Tafelberge und bizarre, frei stehende Sandsteinfelsen.<br />

Tief im schluchtenreichen Tal schlängelt sich kurvenreich die Elbe.<br />

Kletterer jeglichen Könnens finden hier ein Eldorado in den rund<br />

1.110 Felsen. Und auch Wanderer spazieren auf idyllischen Wegen.<br />

Der beliebteste Wanderweg ist der Malerweg, der vorbei an den<br />

Basteifelsen, der Felsenbühne Rathen und der Festung Königstein<br />

führt. Doch eines ist sicher: Wer »Prey« geschaut hat, wird sich tief<br />

im Wald der Sächsischen Schweiz ein ums andere Mal umdrehen,<br />

um zu schauen, was da für ein Schatten hinter den Bäumen lauert.<br />

Foto: Andreas Kretschmer<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

23


interview<br />

Von St. Pauli nach St. Petersburg:<br />

Sein Glücksort ist seine Heimat<br />

Hamburg. Hierher kehrt der 20 Jahre<br />

alte Balletttänzer stets gerne zurück.<br />

Den Rest des Jahres verbringt<br />

er tanzend – am Michailowski-Theater<br />

in Russland. Und meistert sozusagen<br />

den Spagat zwischen zwei Welten.<br />

Wir wollten von dem begabten Tänzer<br />

wissen, wo er gerne urlaubt, und<br />

wo er unbedingt einmal hin<strong>reisen</strong><br />

möchte?<br />

Instagram @caesar_stp<br />

CAESAR<br />

ELSNER<br />

Mein letzter Urlaub führte wohin?<br />

So richtig Urlaub mit Sonne, Strand und einem Cocktail in der Hand,<br />

das kenne ich nicht wirklich. In den Sommerferien heißt es für mich<br />

seit Jahren: Balletttraining. Die letzten Sommer hab ich hauptsächlich<br />

bei den International Ballet Masterclasses in Prag verbracht. Ein tolles<br />

Programm mit Tänzern und Tänzerinnen aus aller Welt. Prag im Sommer,<br />

mit Abenden an der Moldau, das fühlte sich dann aber doch wie Urlaub<br />

an. Ansonsten ist für mich Urlaub zu Hause, denn …<br />

Dort bin ich immer glücklich: … zu Hause bin ich glücklich. Wenn man<br />

wie ich seit Jahren im Ausland lebt, dann ist das eigene Zimmer, dann<br />

sind mein Zwillingsbruder, meine Eltern, meine Freunde und der Hamburger<br />

Hafen Heimat und Glücksgefühl pur.<br />

Schwester des Tänzers« gelesen. Es erzählt die Geschichte der Familie<br />

Nijinski, und das Hotel Astoria findet mehrfach Erwähnung. Vor ein paar<br />

Wochen konnte ich ein Wochenende in diesem wunderschönen Haus verbringen.<br />

An der Wand in meinem Zimmer hing ein riesiges Foto von Diana<br />

Vishneva, einer der ganz großen Primaballerinen der Stadt. Ballett findet<br />

in St. Petersburg herrlicherweise an jeder Ecke statt, und im Rocco Forte<br />

Astoria stehen die Chancen, die hochverehrten Dancing Stars anzutreffen,<br />

sehr hoch.<br />

Das nehme ich immer mit auf Reisen: Meine Blackroll ist natürlich<br />

immer dabei, als Balletttänzer muss ich mich schließlich jeden Tag<br />

dehnen, um topfit zu bleiben. Außerdem ist immer eine Schlafbrille in<br />

meinem Handgepäck, denn ich liebe es, im Flugzeug zu schlafen.<br />

Mein Herzenshotel: Ich denke gern zurück an eine Reise nach Thailand.<br />

Auf Koh Samui habe ich mit meiner Familie in einem einfachen Holzhüttenhotel<br />

direkt am Strand gewohnt. Nur drei Schritte, und ich konnte<br />

mich ins Meer werfen. Mein derzeitiges Herzenshotel ist ein bisschen<br />

luxuriöser: Das Rocco Forte Astoria in St. Petersburg ist so, wie ich mir<br />

ein Traumhotel vorstelle. Ich hab mal das Buch von Eva Stachniak »Die<br />

Da will ich unbedingt noch einmal hin: Nach Moskau, natürlich mal<br />

ans Bolschoi-Theater. Und von den Malediven träume ich auch, von einsamen<br />

Sandbänken in türkisfarbenem Meer, von kitschigen Sonnenuntergängen<br />

und von Delfinen, die vor meinem Overwater-Bungalow im Wasser<br />

rumspringen. Bis ich mir den Traum erfüllen kann, braucht es aber wohl<br />

noch ein bisschen Zeit.<br />

Foto: Photography by ASH<br />

24 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


WANDERN<br />

REIF fürs Warme!<br />

Lust auf Weinwandern? Da haben wir einen<br />

Geheimtipp: Die Gemeinde Kitzeck im Sausal<br />

in der Südsteiermark ist der höchstgelegene<br />

Weinbauort Österreichs auf 564 Metern<br />

Höhe. Neben fantastischen Wanderwegen und<br />

Weinen wartet hier eine Besonderheit, um<br />

müde Wanderbeine zu entspannen: die erste<br />

steirisch-finnische Winzersauna. Das kleine<br />

Holzmassivhaus aus dem Jahr 1838 mit großem<br />

Panoramafenster in den Weinbergen in<br />

Kitzeck gehört zum Wellnesshotel »Das Kappel«.<br />

Wohlig warm schwitzen und dabei dem<br />

Winzer bei der Lese aus der Ferne zusehen!<br />

www.daskappel.at/winzersauna/<br />

ICH TRAG<br />

DICH, WOHIN<br />

DU WILLST!<br />

Fast zu schön, um sie nur<br />

zum Wandern zu benutzen:<br />

Die Thermoskanne von Rig<br />

Tig mit vier Bechern trägt<br />

man gerne bergauf und<br />

bergab, holt sie aber noch<br />

lieber zum Picknick heraus.<br />

»Set Picnic«, um € 50<br />

Fotos: Lueneburger Heide GmbH, PR, Das Kappel<br />

Jetzt geht’s<br />

rund!<br />

Er gehört zu den beliebtesten<br />

Wanderwegen Deutschlands<br />

und wird in diesem Jahr zehn<br />

Jahre alt: der Heidschnuckenweg<br />

in der Lüneburger Heide. Zum<br />

Jubiläum geht es rund, denn die<br />

zwölf neuen Heideschleifen sind<br />

Rundwanderwege sowohl für<br />

Spaziergänger als auch für<br />

ambitionierte Wanderer. So<br />

wandert man zwischen 1,4 und<br />

20,9 Kilometern durch weitläufige<br />

Heidelandschaften, dichte<br />

Wälder, Flussauen und Moore.<br />

Und mit Glück begegnen einem<br />

auch die wolligen Namensträger<br />

des Wanderwegs: die schnuckeligen<br />

Heidschnucken.<br />

www.lueneburger-heide.de<br />

frühling <strong>2022</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

25


Azoren<br />

Die Aussicht ist so fantastisch, dass der<br />

Handy-Schnappschuss von unserem<br />

Reporter als erstes zu sehen sein musste.<br />

Über allem erhebt sich auf dem Foto der<br />

nebelverhangene Star: der Vulkan Pico.<br />

26<br />

frühling <strong>2022</strong>


WANDERN | Azoren<br />

10<br />

REISEZIEL<br />

text & fotos<br />

BAndreas Dauerer<br />

Mitten<br />

im Hoch<br />

WALE, WEIN, WETTERKAPRIOLEN –<br />

UND DAS ALLES AUF AKTIVEN<br />

VULKANEN. SO KÖNNTE MAN DIE<br />

AZOREN AUCH MAL EBEN ZUSAMMEN-<br />

FASSEN. ES WÄRE SEHR WAHR UND<br />

TROTZDEM UNVOLLSTÄNDIG. HÖCHSTE<br />

ZEIT ALSO, DEN INSELN MITTEN IM<br />

ATLANTIK EINEN BESUCH ABZUSTATTEN<br />

UND DEN EIGENEN HORIZONT ZU<br />

ERWEITERN. EINE BEGEGNUNG.<br />

Geht es Ihnen auch so? Ich höre Azoren und denke an das<br />

Hoch. Wahrscheinlich hat mein alter Erdkundelehrer<br />

Schuld. Doch damit nicht genug, die neun Inseln, die zu<br />

Portugal gehören, aber autonom verwaltet werden, liegen<br />

auch noch in den Rossbreiten. Hoch und Rossbreiten sind<br />

wie Trigger für mich, da unbedingt hinzuwollen. Immer schon. Vielleicht<br />

liegt das auch ein klein wenig daran, dass ich zeitlebens mit klirrender<br />

Kälte nicht so gut klarkomme, mich in subtropischen Gefilden<br />

aber immer pudelwohl fühle. All das versprechen die Azoren: Sonne,<br />

Meer, eine mannigfaltige Fauna und eine üppig überbordende Flora.<br />

Einerseits. Andererseits stehe ich jedoch gerade an einer Aussichts-<br />

27


WANDERN | Azoren<br />

Eintauchen, auftauchen: Wie<br />

in einer perfekt abgestimmten<br />

harmonischen Choreografie<br />

begleiten die Delfine das<br />

Ausflusgsboot.<br />

plattform und sehe, genau, nichts. Wobei das, ganz streng genommen,<br />

natürlich nicht richtig ist. Ein bisschen Grün schimmert am Rand schon<br />

durch ein nebliges, nasses Grau. Dass es ein paar Meter weiter steil nach<br />

unten geht, erahne ich hingegen nur. Wir wollten ja diesen berühmten<br />

Pfad gehen, von Vista do Rei nach Sete Cidades entlang der Kraterkante,<br />

quasi als krönenden Abschluss der Azoren-Stippvisite. Eine<br />

Wanderung, die wirklich jeder gemacht haben muss, der hier auf die<br />

Hauptinsel São Miguel kommt. Ana, die Rezeptionistin im Hotel, hatte<br />

mir noch genau gezeigt, was mich erwarten würde. Auf der übergroßen<br />

Postkarte sah ich tausend leuchtende Grünschattierungen, zwei elliptische<br />

Krater, deren Ränder in Schlangenlinien durch das Bild huschen,<br />

innen gefüllt mit smaragdgrünem Wasser. In der Mitte die trennende<br />

kleine Brücke, im Hintergrund sich auftürmende, sattgrüne Berghänge<br />

und darüber ein zartblauer Himmel mit, genau, vier fast schon unschuldigen<br />

weißen Wolken. Schade, dass ich die Postkarte nicht eingesteckt<br />

habe, die hätte ich hier vom Aussichtspunkt Vista do Rei mal hinhalten<br />

sollen. Als Gegenstück zu nicht erlebter Erfahrung sozusagen. Stattdessen<br />

tropft es von oben weiter auf uns herab, und der Wind rüttelt<br />

nicht mehr ganz so sanft an meinem Hosenbein.<br />

So viel zum Azorenhoch, denke ich mir. Eduardo,<br />

unser Guide für diese Tour, hatte es mir allerdings<br />

schon zu Beginn der Reise gesagt, dass das mit<br />

dem viel zitierten Hoch so eine Sache sei. »Wir<br />

haben hier schon mal alle Jahreszeiten an einem<br />

Tag«, meinte er, »stabil wird das Hoch erst, wenn<br />

es weiter in Richtung Festland zieht.« Er grinst.<br />

Ah, ja. Schönwetter kommt also erst, wenn man<br />

wieder in Richtung europäisches Festland unterwegs<br />

ist?! Ganz möchte ich ihm nicht glauben,<br />

aber für heute hat er recht, wie ein flüchtiger Blick auf das Handy verrät:<br />

Lissabon, Sonnenschein, 24 Grad, klare Sicht. Nun ja, wer Regen liebt,<br />

ist hier auf den Azoren in jedem Falle ganz wunderbar aufgehoben.<br />

Aber auch solche Menschen wie ich, also mit Kälteaversionen, werden<br />

die wenig schwankenden Temperaturen zwischen 16 und 22 Grad sehr<br />

zu schätzen wissen. Aber muss ausgerechnet hier und jetzt dieser Wettergott<br />

sich uns gegenüber gleich derart schlecht benehmen? Nicht mal<br />

die Hand vor Augen sehe ich. Da bleibt nur ein Ausweg: Essen gehen,<br />

Wein trinken, vergessen und gleichzeitig ein bisschen hoffen, es möge<br />

besser werden.<br />

Dabei hatte doch alles so wunderbar angefangen. Umgarnt haben<br />

sie mich, diese Azoren, schon direkt bei der Ankunft. Sonne und<br />

Wolken im Wechsel, moderate Temperaturen – und trocken kann das<br />

Archipel 1.369 Kilometer weit weg vom europäischen Festland sehr<br />

wohl auch. Tags darauf ging es um neun Uhr hinaus auf die See, Wale<br />

beobachten. Das Meer glich einem sanften, tiefblauen Teppich, und<br />

die einzigen Wellen, die wir zu Gesicht bekamen, waren jene von den<br />

Delfinschulen, die unser Boot scheinbar freudig begleiteten und mit<br />

den Bugwellen um die Wette tanzten. Die Wale hingegen waren weniger<br />

gnädig. Eine Seiwalkuh mit ihrem Jungen, die nur kurz ihre Finnen<br />

zeigten und ein paar Mal ihre Lungen füllten und kräftige Wasserfontänen<br />

in den Himmel bliesen. Auch ein Pottwal sagte kurz hallo,<br />

aber mit gehörigem Sicherheitsabstand, und dann war er mal eben 20<br />

Minuten weg, um anschließend ganz zu verschwinden. Manchmal ist<br />

»Wir haben hier<br />

schon mal alle<br />

Jahreszeiten an<br />

einem Tag.«<br />

Geduld gefragt, die Natur lässt sich eben nicht so gerne in die Karten<br />

schauen – und das ist ja auch gut so. Zwar sitzen heute noch die<br />

Whale Spotter in eben jenen Häuschen, wo einst der erfolgreiche Walsichter<br />

ins Horn blies, um den blauen Riesen anschließend mit Ruderboot<br />

und Harpune nach dem Leben zu trachten. Bis Anfang der 1980-<br />

er Jahre war das so – und grausam obendrein, zumal man hier auf den<br />

Azoren stets sehr archaisch und in ausschließlicher Handarbeit diesen<br />

Kampf ausgefochten hat. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass der<br />

Wal mit mehreren Harpunen getroffen werden musste, um dem tonnenschweren,<br />

wunderbar grazilen Lebewesen überhaupt beikommen<br />

zu können. Glücklicherweise ist das nun schon eine Weile passé, und<br />

wer mag, guckt sich die Geschichte sehr anschaulich im Walmuseum<br />

auf der Insel Pico an, inklusive Wahlzahngravuren, versteht sich.<br />

Befremdlich können die Azoren nämlich schon auch sein. In<br />

Furnas etwa gibt es im alten, aber eben noch aktiven Vulkankrater<br />

geothermale Aktivitäten. Die Luft ist schwefelgeschwängert, und der<br />

Boden blubbert vor sich hin. In die dampfenden Löcher können Touristen<br />

wie Einheimische ihren Topf ein paar Meter mit einem Seil hinablassen,<br />

um dann Mutter Erde dabei zuzusehen,<br />

wie sie den Inhalt durchgart. Cozido nennt<br />

man das hier, ein natürliches Slow Cooking bei<br />

Niedrigtemperatur gewissermaßen. Die Einheimischen<br />

befüllen ihre Töpfe gerne mit einem<br />

fleischlastigen Allerlei, aber natürlich kann man<br />

auch ein vegetarisches Stew garen lassen. Der<br />

Geschmack? Indifferent und ein wenig rauchig.<br />

Es ist wohl eher das Drumherum, das dieses Gericht<br />

so speziell macht. Entweder genießt man<br />

die sechs bis zehn Stunden Wartezeit bei herrlichstem<br />

Ausblick auf den Krater von Furnas bei Gesellschaftsspielen,<br />

Wein oder Bier. Oder aber man fährt hinüber in den Terra-Nostra-Park<br />

und stürzt sich im botanischen Garten in die 35 bis 40 Grad heißen<br />

Mineralquellen. Zumindest diejenigen, die nichts gegen eine leichte<br />

Braunfärbung ihrer Badehose haben, denn das Wasser kennt diesbezüglich<br />

wirklich kein Pardon. Der Haut soll die Prozedur hingegen<br />

sehr zuträglich sein. Anschließend flaniert man ganz entspannt durch<br />

den riesigen angelegten Garten, vorbei an unzähligen Kamelien und<br />

Farnen, Magnolien, Azaleen, Strelitzien, Hibiskus oder Araukarien.<br />

Gerade die Flora der Inseln ist so ein Fall für sich. Weil man den vielen<br />

Seefahrern ein bisschen Heimatgefühl vermitteln wollte, haben die<br />

Bewohner aus allen Herren Ländern Pflanzen auf die Inseln geholt.<br />

Das Resultat: Einige Arten, wie etwa Ginger Lily, die man inselauf<br />

und inselab fast überall findet, haben sich derart invasiv vermehrt,<br />

dass sie endemische Pflanzen beinahe vollständig verdrängt haben.<br />

Mittlerweile versuchen verschiedene Universitätsprojekte, heimische<br />

Pflanzenarten wieder vermehrt anzusiedeln. Eines etwa liegt direkt in<br />

Furnas – ideal also, um es mit dem In-den-Topf-Gucken zu verbinden.<br />

Überhaupt sind es diese »Alles kann, nichts muss«-Zusammenhänge,<br />

über die ich mich hier am meisten freue. Wer etwa keine Lust<br />

hat, sich beim Canyoning in Caldeiras de Ribeira Grande meterhoch<br />

abzuseilen oder von Felsvorsprüngen in den Fluss zu stürzen, setzt<br />

sich bei der alten Mühle einfach hin, genießt umgeben von blau und<br />

rosa blühendem Hibiskus seinen Cafezinho und fühlt sich wie auf Ha-<br />

28<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

frühling <strong>2022</strong>


Schönwetter kommt also erst, wenn<br />

man wieder in Richtung europäisches<br />

Festland unterwegs ist?!<br />

Lissabon<br />

herbst 2021 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> 29


WANDERN | Azoren<br />

Mach mal zackig: Die Azoren<br />

sind die Kulisse eines einzigartigen<br />

Naturschauspiels –<br />

wie die zackigen Felsen der<br />

Ilhéu da Vila bei Vila Franca<br />

do Campo auf São Miguel.<br />

Manchmal ist Geduld gefragt,<br />

die Natur lässt sich eben nicht<br />

so gerne in die Karten schauen –<br />

und das ist auch gut so.<br />

30


Der Terra-Nostra-Park<br />

auf São Miguel zählt mit<br />

seiner vielfältigen und<br />

bunten Pflanzenwelt<br />

wohl zu den schönsten<br />

Parks der Welt.<br />

frühling <strong>2022</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> 31


WANDERN | Azoren<br />

Feiner Mix: Kulinarik pur findet sich quer durch die Inselwelt – wie bei James, der in seiner<br />

Gin Library (links unten) auf São Miguel geschmorten Oktopus mit Gin Tonic serviert.<br />

Zusammenhalt: Pedro Cavaleiro führt die Weinkooperative<br />

Ilha do Pico. Seit 1949 wird hier Wein hergestellt.<br />

Reben mit Blick aufs Meer: Unter dem neuen Haupthaus der<br />

Azores Wine Company auf Pico gedeihen in den berühmten<br />

Parzellen aus Lavastein edle Tropfen.<br />

32<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

herbst 2020


Corvo<br />

Flores<br />

Graciosa<br />

Faial<br />

São Jorge<br />

Terceira<br />

Pico<br />

São Miguel<br />

Santa Maria<br />

Illustration: ArtMari/Shutterstock.com, Danler/Shutterstock.com<br />

waii. Was eine anschließende Wanderung durch den kleinen Park noch<br />

befeuert. Es kann auch sein, dass die Wetterkapriolen den Flugplan<br />

ändern. Anstatt auf Pico landet man in Horta auf Faial und setzt dann<br />

mit der Fähre über ans ursprüngliche Ziel. Das kostet ein bisschen<br />

mehr Zeit, aber gar nicht so viel mehr Nerven, denn alles scheint hier<br />

ein wenig leichtgängiger. Wie nebenbei bringt der Wind Gerüche in<br />

die Nase, die zwischen Seetang, den berühmten Natas (die es selbstverständlich<br />

auch hier gibt), Yams (leckeres Wurzelgemüse) und Wein<br />

changieren. Ja, richtig gehört, auch Wein gehört dazu und hat auf Pico<br />

sogar eine lange Tradition, die bis ins 16. Jahrhundert reicht. Also gedeihen<br />

vor allem rund um Santo António und Lajido in hübsch parzellierten<br />

Feldern mit Blick aufs Meer Reben wie Arinto, Verdelho und<br />

Terrantez. Und dazu auch rote Sorten wie Aragonez, Castelão, Rufete<br />

oder Saborinho. In kleinen Vierecken aus Lavastein ist der Wein hinter<br />

Steinwänden vor Wind und Salzwasser geschützt. Letzteres schmeckt<br />

man aber dennoch ein wenig durch. Das passt gut zu den Weißweinen,<br />

bei den roten erscheint es mir aber mitunter gewöhnungsbedürftig.<br />

Auch die Preise sind verglichen mit den Weinen vom Festland sehr<br />

ordentlich. 30 bis 40 Euro sind keine Seltenheit, was vor allem mit<br />

der maschinenarmen Ernte zu tun hat. Mit António Maçanita hat Pico<br />

nun auch einen der bekanntesten Weinmacher auf die Insel gelotst.<br />

Gemeinsam mit seinen zwei Kompagnons Filipe Rocha und Paulo<br />

Machado gründete er die Azores Wine Company und produziert seit<br />

2014 sehr leckere Weißweine, vor allem der Terrantez do Pico ist ein<br />

Gaumenschmeichler. Mit 50 Euro auch noch verhältnismäßig günstig,<br />

wenn man bedenkt, dass die drei kommendes Jahr eine rote Cuvée<br />

herausbringen wollen, der bei 250 Euro angesiedelt sein soll.<br />

Etwas bodenständiger geht es da schon in der Kooperative Ilha do<br />

Pico zu, die es bereits seit 1949 gibt. Die kleinen Bauern liefern ihre<br />

Trauben, die dann zu Wein weiterverarbeitet und anschließend verkauft<br />

werden. Pedro, Mitte zwanzig, Rauschebart, wache Augen hinter<br />

einer schmalen Brille, führt durch die Hallen. Seit knapp zwei Jahren<br />

ist er hier und Chefkoordinator der Kooperative. Wie das Leben hier<br />

so für ihn sei, möchte ich wissen. Schließlich kommt er vom Festland<br />

in der Nähe von Coimbra. »Es ist super schön, ich arbeite auf einer<br />

wunderbaren Insel mit sehr speziellem Wein, draußen scheint die<br />

Sonne und der Wind bläst mit den Walen um die Wette«, entgegnet er.<br />

Aber zur einen gehöre natürlich auch die andere Seite. »Klar, die Insel<br />

ist nicht groß, es regnet und stürmt auch mal.« Um Abstand zu gewinnen,<br />

fahre er gerne ins Hinterland rund um den namensgebenden Berg<br />

Pico, der mit über 2.350 Metern gleichzeitig der höchste Berg Portugals<br />

ist. Wenn er niemanden sehen möchte, schaut er nach Süden.<br />

»Dann ist da nur Himmel und Meer.« Im Westen ist es die Insel Faial,<br />

mit ihrem belebten Hafen und den bunt bemalten Kacheln, auf denen<br />

sich die Seefahrer noch immer verewigen, ehe sie einen leichten Gin<br />

Tonic beim legendären Peter Café Sport Pub zu sich nehmen und dem<br />

Vulkan Capelinhos einen Besuch abstatten, der von September 1957<br />

gleich über 13 Monate lang aktiv war und die Insel mal eben um über<br />

zwei Quadratkilometer wachsen ließ. Im Norden guckt man hinüber<br />

nach São Jorge, wo es gefühlt fünfmal so viele Kühe wie Menschen<br />

gibt, dafür kommt von dort auch mit der beste Käse ganz Portugals.<br />

Nach der Weinprobe geht es deshalb auch in jenes Hinterland. Fast<br />

scheint es so, als hätte der Wettergott wieder auf stur gestellt. Wir<br />

fahren durch Nebel, und die Kuppe des Picos ist dick verhangen. Uns<br />

begleiten grünbraune Gräser und Gestrüpp und vom Wind verformte<br />

Wacholderbäume. Ehrensache, dass auf den Azoren auch Gin produziert<br />

wird, denke ich mir. Alles ist plötzlich noch ruhiger als sonst, ein<br />

bisschen fühlt man sich wie in Mordor, dem Schwarzen Land aus Tolkiens<br />

Herr der Ringe. »Die Spitze werden wir heute wohl nicht sehen«,<br />

meint Eduardo. »Dafür könnte es im Norden aber schöner sein.« Wir<br />

lassen den Pico links liegen und fahren gen Nordosten hinunter nach<br />

Santo Amaro. Ein kurzer Regenschauer, und schon kommt die Sonne<br />

heraus und taucht die Insel São Jorge gegenüber in ein saftig grünes<br />

Licht. Manchmal muss man geduldig sein, und manchmal passiert es<br />

einfach ohne großes Zutun. Auf den Azoren scheint das alles besonders<br />

eng beieinander zu liegen, wie ich finde. Und wahrscheinlich ist<br />

es genau das, was diese Inselgruppe mitten im Atlantik so ungeheuer<br />

charmant für eine Reise macht. Deshalb der abschließende Rat: Hinfahren!<br />

Sich den Azorenwind um die Nase wehen lassen, Wein und<br />

Käse, aber auch Fisch und Fleisch genießen und die Schönheiten der<br />

Natur erkunden. Wer dann am nächsten Tag aufwacht und von Delfinen<br />

geträumt hat, den haben die Inseln wie mich ganz fest umarmt.<br />

INFO<br />

Eine gute Anlaufstelle ist die Website des Tourismusverbands der<br />

Azoren. Zahlreiche Tipps zu Aktivitäten auf den Inseln sowie Infos<br />

zu Hotels und Fortbewegung unter: www.visitazores.com/de<br />

ANREISE<br />

Von Deutschland aus fl iegt unter anderem die TAP über Lissabon<br />

nach Ponta Delgada auf São Miguel (www.fl ytap.de). Alle neun<br />

Inseln haben Flughäfen, die von der heimischen Fluglinie SATA<br />

bedient werden (www.azoresairlines.pt). Vor Ort ist ein Mietwagen<br />

empfehlenswert.<br />

SCHLAFEN<br />

São Miguel. Senhora da Rosa Tradition & Nature Hotel.<br />

Sehr feines, mit 35 Zimmern auch überschaubares Boutiquehotel<br />

mit tollem Spa, kleinem Outdoorpool und hervorragender Küche.<br />

Eines der elf Deluxe DZ ab ca. € 150 inkl. Frühstück.<br />

www.senhoradarosa.com<br />

Pico. Aldeia da Fonte. Das Hotel liegt direkt am Meer, und die<br />

Gäste haben einen eigenen Zugang, wenngleich Schwimmen nur<br />

bei sehr zahmem Meer möglich ist. Es gibt auch einen kleinen<br />

Pool mit Blick auf das Meer. Suiten ab ca. € 130 inkl.<br />

Frühstück. www.aldeiadafonte.com<br />

frühling <strong>2022</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

33


REISEZIEL<br />

11<br />

text & fotos<br />

BAndreas Dauerer<br />

FOLGE<br />

DEM<br />

ÜES GIBT DINGE, DAVON TRÄUMEN ALLE..<br />

UND ES GIBT DINGE, DAVON TRÄUMEN VOR ALLEM.<br />

DIEJENIGEN, DIE AUF DER NORDSEITE DER ALPEN WOHNEN..<br />

DIE REDE IST VON EINER ALPENÜBERQUERUNG. WAR SIE LANGE ZEIT.<br />

EHER DEN RADLERN VORBEHALTEN, KANN MAN SIE MITTLERWEILE.<br />

AUCH GUT ZU FUSS BEWÄLTIGEN. EINE WOCHE LANG,.<br />

OHNE JEGLICHE ENTBEHRUNGEN..<br />

34<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


WANDERN | Alpenüberquerung<br />

Panorama-Glück. Wer sich an<br />

solchen Ausblicken, wie hier in<br />

Schlegeis, erfreuen kann, wird<br />

bei der Überquerung sehr<br />

glücklich sein.<br />

frühling <strong>2022</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> 35


WANDERN | Alpenüberquerung<br />

DIE ÜBERQUERUNG DER ALPEN VON DEUTSCHLAND .<br />

BIS NACH SÜDTIROL IN ITALIEN IST EINE .<br />

WANDERUNG OHNE GEFÄHRLICHE PASSAGEN.<br />

36<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


EEin Mogst no aa Hoibe? reißt mich aus meiner will<br />

kurzzeitigen Tagtraumphase. Nicht jäh, eher sanft,<br />

spricht es doch eine der Wirtstöchter im feschen<br />

Dirndl über den Tresen. Ich bin gerade im Post-Wanderungsmodus<br />

an der Hotelbar. Dem Tag ein wenig<br />

Zeit geben, vor dem inneren Auge das Erlebte Revue<br />

passieren lassen und nebenbei sowohl den Beinen<br />

Ruhe gönnen als auch den möglichen Flüssigkeitsverlust<br />

ausgleichen. Wobei: So schlimm war die dritte<br />

Etappe der Alpenüberquerung jetzt auch nicht, als<br />

dass ich mich komplett ausgedörrt auf allen vieren<br />

hier nach Pertisau geschleppt hätte. Aber ein bisserl<br />

spürt es der gemeine Schreibtischtäter dann ja doch,<br />

wenn er auf einmal Stift und Stuhl gegen Stock und<br />

Stiefel tauscht und die Bergwelt per pedes erkundet.<br />

reili, entfährt es mir, ganz im bayerischen Idiom.<br />

Gerade wenn die Müdigkeit ein bisschen über den<br />

Körper zu bestimmen droht, dann ist man schnell<br />

drin in seiner Muttersprache, die hier jedoch alles andere<br />

als ungewöhnlich und schon gar nicht deplatziert<br />

wirkt, schließlich ist die Grenze ja ohnehin nur<br />

einen Steinwurf entfernt. Schwups, steht es auch<br />

schon da, das zweite Radler. Die Limo gegen den<br />

Flüssigkeitsverlust und das Helle als anregende Vorfreude<br />

auf den noch jungen Abend.<br />

Begonnen hat alles am Tegernsee. Dort nämlich<br />

startet die genusswandernde Alpenüberquerung, für<br />

die sich gleich vier Tourismusregionen zwischen<br />

Oberbayern und Südtirol zusammengetan haben, um<br />

eine moderate Wanderungsmöglichkeit aus einer<br />

Hand über die Alpen zu erschaffen. Natürlich gab es<br />

die Wegerl an Seen und Bergen quasi schon immer,<br />

aber nun werden sie gemeinsam unter einem Dach<br />

vermarktet und instand gehalten. Ausbaldowert hat<br />

die Route Georg Pawlata, Endvierziger, studierter<br />

Geologe, Alpenliebhaber und Abenteurer. »Für die<br />

Radfahrer gibt es a zig Routen, so der Innsbrucker.<br />

»Aber zu Fuß gab es einfach nichts Vergleichbares.<br />

Das Schöne an seinem Weg: Man kann die Natur im<br />

Alpenraum hautnah erleben, ohne sich jedoch zu<br />

überanstrengen. Denn die Route mit dem kann<br />

fast beliebig unterbrochen, verlängert oder auch verkürzt<br />

werden. Möglich macht das die gute Infrastruktur,<br />

sodass man schnell die öffentlichen erkehrsmittel<br />

nutzen kann, um letzten Endes genau die<br />

Intensität zu bekommen, die man haben möchte. Es<br />

ist ein bisschen Bergwandern mit ständigem Plan B<br />

im Hinterkopf, was gerade für Familien oder Gruppen<br />

mit sehr unterschiedlichen Motivations- oder Konditionsgraden<br />

zuträglich sein dürfte. Aber natürlich<br />

man die sieben Tage durchhalten und aus eigener<br />

Kraft ans Ziel kommen, sonst ist das ja nur der halbe<br />

Spaß. Und dennoch ist da dieses Polster, dass man bei<br />

extrem schlechtem Wetter auch eine Alternative hätte,<br />

wunderbar praktisch, sodass letztlich auch kein<br />

Zeitplan torpediert wird.<br />

Also geeignete Kleidung und Schuhwerk anlegen<br />

und einfach loslaufen. Tegernsee, Wildbad Kreuth,<br />

Achensee, Hochfügen, Mayrhofen, Pfitsch und<br />

schließlich Sterzing. Man kann die Tour allein machen<br />

und sich selbst die Unterkünfte aussuchen oder<br />

sich über ein Reisebüro helfen lassen und ein kleines<br />

Paket buchen. Letzteres hat den Vorteil, dass auch<br />

das Gepäck transportiert wird und Shuttle-Busse<br />

auch mal die Arbeit des Nahverkehrs übernehmen<br />

können. Das ist dann schon sehr komfortabel. Genächtigt<br />

wird durchgängig in familiär geführten Hotels<br />

und Pensionen mit, das möchte ich an dieser Stelle<br />

einmal betonen, richtig gutem Essen. Keine Haute<br />

Cuisine, aber hervorragende alpenländische bis mediterrane<br />

Küche, die deutlich mehr ist als ein bloßer<br />

Energielieferant. So kommt nach einem langen Tag<br />

bei Kürbiscremesuppe, Hirschbraten, Vanilleeis und<br />

hausgemachtem Käse schnell wieder Schwung in die<br />

müden Glieder, und auch das ein oder andere Getränk<br />

kann Körper und Geist mit einem gefüllten Magen<br />

besser vertragen. Wobei, wer wandert, der schlägt<br />

sich nicht die Nächte um die Ohren, sondern ist weit<br />

vor Mitternacht im Bettchen. Schließlich fängt vor allem<br />

der frühe Vogel bekanntlich die wunderbaren<br />

morgendlichen Stimmungen so richtig ein und ist<br />

ganz nebenbei auch schneller am Ziel, um dann die<br />

Abendsonne zu genießen.<br />

Überhaupt ist es dieser Genuss, der sich beständig<br />

durch alle Etappen zieht. Die Alpenüberquerung<br />

vom Tegernsee bis nach Sterzing ist eine Wanderung<br />

ohne lebensgefährliche Verrenkungen und auch ohne<br />

vorheriges Trainingslager. Man wandert durch die<br />

Berglandschaft, wo es zu anstrengend oder kompliziert<br />

wird, steigt man in den Bus oder die Seilbahn.<br />

Es ist ein etwas anderer Ansatz, und der ist schön.<br />

amilien treffe ich auf der Route, auch ältere Wanderer<br />

haben hier ihre Freude an der Natur ganz ohne<br />

Seilschaft. Zarte Bande knüpft man ohnehin am besten<br />

bei den Pausen am Wegesrand oder bei deftigen<br />

Mahlzeiten in den Almhütten und am Abend im Hotel<br />

sowieso. Ich finde es total geil, sagt Clemens,<br />

Anfang 50, leicht ergraute Mähne und bekennender<br />

Bulli-Fahrer aus Nordrhein-Westfalen. »Alles ist top<br />

organisiert, nicht zu schwer und das Schönste:<br />

frühling <strong>2022</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

37


WANDERN | Alpenüberquerung<br />

Kinderleicht ist der Aufstieg in<br />

Schlegeis. Das ist auch gut so,<br />

denn dann lassen sich die Aussicht<br />

und die Natur besser genießen.<br />

38<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


DER KÖRPER FUNKTIONIERT,.<br />

DER GEIST FLIEGT. EIN BISSCHEN.<br />

WIE YOGA IM FREIEN..<br />

frühling <strong>2022</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

39


WANDERN | Alpenüberquerung<br />

VOM SCHLEGEISSPEICHER.<br />

HINAUF ZUM.PFITSCHER JOCH, DANN.<br />

ÜBER DIE GRENZE VON ÖSTERREICH NACH.<br />

ITALIEN UND ANSCHLIESSEND.<br />

WIEDER HINUNTER INS TAL..<br />

Achtung, Grenze: Quasi bedeutungslos,<br />

aber nostalgisch spannend ist dieser<br />

unprätentiöse Grenzübergang von<br />

Österreich nach Italien.<br />

40<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

frühling <strong>2022</strong>


Wir treffen immer wieder auf richtig tolle Leute, die<br />

die gleichen Erlebnisse machen wie wir selbst. Wahrscheinlich<br />

ist es genau diese doch etwas ungewöhnliche<br />

Mischung auf der Strecke, die den besonderen Reiz<br />

dieser Alpenüberquerung ausmacht. Wandern in den<br />

Hochalpen, links und rechts scharfe Zacken, die einen<br />

immer wieder majestätisch begleiten, ein Weg, der<br />

anspruchsvoll, aber auch für relativ Ungeübte machbar<br />

ist. Eine Grundfitness darf man schon mitbringen,<br />

meint Georg, der alpenbegeisterte Geologe, zwar. Aber<br />

auch über 80-Jährige hätten die Tour bis dato wunderbar<br />

meistern können.<br />

Wer nach einzelnen Höhepunkten fragt, den muss<br />

ich an dieser Stelle enttäuschen. Hinfahren, selber<br />

wandern. Jeder Tag ist anders, außerdem spielt auch<br />

das Wetter immer eine gewichtige Rolle. Der Vorteil<br />

der Alpen ist jedoch, dass das Wetter schnell umschlagen<br />

kann. Sowohl in die eine als auch in die andere<br />

Richtung. Aber natürlich gibt es ein paar Highlights.<br />

Der Weg am Achensee in Tirol etwa, der wohl<br />

anspruchsvollste, was weniger an den Höhenmetern<br />

liegt, die überwunden werden müssen, als am Weg<br />

selbst. Immer wieder etwas steiler abfallende Hänge,<br />

die natürlich wunderbare Blicke auf den See ermöglichen,<br />

die bei manchen Wanderern jedoch eher ein Anschmiegen<br />

an die Felsseite zur Folge haben. Trittsicher<br />

und ein wenig schwindelfrei sollte man bei der ganzen<br />

Tour dann schon sein. Belohnt wird man aber im konkreten<br />

Beispiel mit einer Wanderung am Seeufer und<br />

durch Buchenwälder sowie einem obligatorischem<br />

Kaltgetränk auf der Gaisalm. Hier kommt man nämlich<br />

nur zu uß hin oder mit dem Ausflugsschiff. Ein<br />

grünes Idyll mit Blick auf die umliegenden Berge. Die<br />

Ausblicke vom Spieljoch nach Hochfügen und ins Zillertal<br />

sind atemberaubend. Ende September leuchten<br />

die Berge dazu feuerrot, weil die Blätter der Beerensträucher<br />

sich jetzt ins Rötliche verfärben. Und<br />

natürlich ist die vorletzte Etappe ein wirkliches<br />

chmankerl. om chlegeisspeicher hinauf zum Pfitscher<br />

Joch, dann über die Grenze von Österreich nach<br />

Italien und anschließend wieder hinunter ins Tal. Die<br />

Überquerung des Alpenhauptkamms ist nicht besonders<br />

schwer, dafür landschaftlich unbeschreiblich<br />

schön. Ein glasklarer Wasserfall begleitet den ersten<br />

Teil des Aufstiegs, irgendwann sind es nur noch Sonne,<br />

Wind und ein paar andere Wanderer, die man überholt<br />

oder die an einem vorbeihuschen. Mal sind es Kuhglocken,<br />

und wenn man Glück hat, sieht man auch mal<br />

Gämsen. Das Knirschen der Steine unter der Sohle, das<br />

bewusste Wahrnehmen des eigenen Herzschlages, einund<br />

ausatmen. Wer seinen eigenen Rhythmus, sein<br />

eigenes Tempo gefunden hat, der wird ein ganz natürlicher<br />

Teil der Szenerie. Der Körper funktioniert, der<br />

Geist fliegt. Ein bisschen wie oga im reien. Herrlich.<br />

Natürlich kommt der Einkehrschwung auf 2.275 Meter<br />

über dem Meeresspiegel im Pfitscher-och-Haus<br />

gerade recht. Die Makkaroni sind kein Geheimtipp<br />

mehr, schmecken aber immer noch hervorragend.<br />

Dazu eine Apfelschorle, ein kühles Bier oder einen<br />

grünen Veltliner. Runterkommen. Ratschen. Rausgucken.<br />

Auf die Hohe Wand, den Schrammacher, Olperer,<br />

Hochferner und, natürlich, weit ins Tal. Genießen. Einfach<br />

immer wieder genießen.<br />

Anschließend geht es dann hinunter ins Pfitscher<br />

Tal. Der Abstieg wird begleitet von andauernden Blicken<br />

in das lang gezogene, saftig grüne Tal. Das hat<br />

den Vorteil, dass man immer genau weiß, wo man<br />

hinmuss. Je nach Konditionslage kann es auch mal<br />

nerven, weil es mitunter den Anschein hat, dass dieses<br />

Tal auch nach einer Stunde Abstieg noch nicht<br />

signifikant näher gekommen ist. pätestens wenn das<br />

Geröll weniger wird und der Waldboden überhandnimmt,<br />

ist man nicht nur auf der richtigen Route,<br />

sondern auch nah am Tal. Ich ziehe die Schuhe aus<br />

und laufe die letzte halbe Stunde hinunter nach St.<br />

Jakob barfuß über den weichen Untergrund. Ein paar<br />

Wurzeln und Steine können mir nichts mehr anhaben.<br />

Genau diese Momente sind es, die ich festhalten<br />

möchte. Ein Stück Glückseligkeit, das sich wie ein<br />

Kokon ganz zärtlich um mich spinnt. Ein Augenblick,<br />

in dem ich gerne die Zeit anhalten möchte.<br />

INFO<br />

Offizielle Seite der Alpenüberquerung vom<br />

Tegernsee bis nach Sterzing mit allen wichtigen<br />

Informationen, Karten und Beschreibungen zur<br />

Route sowie direkter Buchungsmöglichkeit.<br />

Preise ab € 850 im DZ für individuelle Touren<br />

inkl. Frühstück bis € 1470 p. P. im DZ mit 6 x<br />

Halbpension. www.die-alpenueberquerung.com<br />

Weitere Infos zu Angeboten und allgemeinen<br />

Fragen beim Buchungsbüro Feuer und Eis<br />

Touristik unter: +49 8022 66364 0<br />

REISEZEIT<br />

Die Alpenüberquerung lässt sich von etwa Mitte<br />

Juni bis Mitte September durchführen. Gerade in<br />

den Anfangs- und Endmonaten kann auch mal<br />

Neuschnee fallen.<br />

Das Pfitscher-Joch-Haus<br />

(2.276 m), in den Zillertaler<br />

Alpen am Jochsee<br />

und direkt an der Grenze<br />

zwischen Italien und<br />

Österreich gelegen, ist<br />

Südtirols älteste private<br />

Schutzhütte. Sie öffnete1888<br />

ihre Pforten und<br />

wird in fünfter Generation<br />

geführt.<br />

41


12<br />

REISEZIEL<br />

text<br />

BMarie Tysiak<br />

Mediterranes<br />

Wanderglück<br />

Mallorca als einen »Allrounder« zu beschreiben, ist fast noch<br />

untertrieben: Dramatische Steilküsten treffen auf Traumstrände,<br />

verwinkelte Altstädte und hitzige Beach-Partys auf einsame Fincas<br />

in den Bergen. Urlauber können sich in jeder Hinsicht austoben.<br />

Was die wenigstens wissen: Auch für Wanderer sind die<br />

Möglichkeiten auf der Baleareninsel schier<br />

unbegrenzt. Wir zeigen euch drei<br />

lohnenswerte Gebiete zum Wandern.<br />

Zu Fuß unterwegs auf<br />

Mallorca<br />

42<br />

frühling <strong>2022</strong>


WANDERN | Mallorca<br />

Den südlichsten Punkt Mallorcas bildet das Cap de<br />

Ses Salines. Hier thront auf den sandfarbenen Kalksteinfelsen<br />

der gleichnamige Leuchtturm aus dem<br />

ahr , der auch heute noch den chiffen im<br />

Dunkeln den Weg weist. Nur wenige Meter unterhalb<br />

klatschen zu beiden Seiten die Wellen gegen die<br />

zerklüfteten Felsen. Ein schmaler Pfad führt von hier<br />

nach Osten und Westen entlang der Küste. Die Wege<br />

sind einfach zu begehen und flach und somit auch<br />

ideal für Familien geeignet. In jedem Fall sollte man<br />

die Badesachen nicht vergessen! Es geht nämlich<br />

über Felsen und Buschlandschaft immer unmittelbar<br />

am Meer entlang, eine angenehme Brise begleitet<br />

die Wanderer. Für die richtige Erfrischung darf ein<br />

Sprung ins Wasser aber natürlich nicht fehlen, das<br />

Mittelmeer erstrahlt hier im Süden zudem besonders<br />

türkis. Und doch ist jede der verschiedenen Buchten<br />

und Strände unterwegs anders, besonders seicht ist<br />

die Bucht von Platja des Caragol, kurz vorher an der<br />

Landzunge Sa Punta Negra ist es hingegen rau, verlassene<br />

Fischerhütten trotzen auf den Felsen Wind<br />

und Wellen. Noch ist diese Gegend recht unbekannt,<br />

und manchmal hat man als Wandernder einige dieser<br />

wunderschönen Orte, die man oft nur zu Fuß erreichen<br />

kann, ganz für sich alleine.<br />

REICHLICH MEER:<br />

ENTLANG DES CAP DE SES SALINES<br />

TIPP<br />

DAS PRAKTISCHE Man muss sich nicht vorher<br />

entscheiden, wie weit man gehen möchte. Denn<br />

man bleibt, wo es einem gefällt, und läuft anschließend<br />

wieder zurück zum Leuchtturm, wo es einen<br />

Parkplatz gibt. Besonders schön im Osten: die<br />

Bucht Cala Màrmols (ca. 5 Kilometer pro Weg).<br />

Im Westen lohnt es sich, bis zum wunderschönen<br />

Strand von Platja es Carbó zu laufen, von wo man<br />

auf die kleine vorgelagerte Insel schwimmen kann.<br />

Hier leben die dunklen Balearen-Eidechsen. Wer<br />

mag, geht weiter bis Colónia de Sant Jordi, wo es<br />

schöne Einkehrmöglichkeiten gibt und man unkompliziert<br />

mit dem Taxi zurück zum Startpunkt kommt<br />

(10 Kilometer pro Weg).<br />

Alle Wanderungen finden sich auch bei bekannten<br />

Outdoor-Apps wie AllTrails, Komoot oder<br />

OutdoorActive.<br />

43


WANDERN | Mallorca<br />

Nördlich der Stadt Artà im Nordosten Mallorcas breitet sich der Naturpark<br />

Llevant aus. Die Peninsula zeichnet sich durch seine traumhafte<br />

Gebirgslandschaft aus, die zwar wesentlich niedriger als die Serra de la<br />

Tramuntana ist, aber nicht minder eindrucksvoll. Auch hier reichen die<br />

Berge bis zum Meer, wo das grüne Land in Klippen hinabbricht. Doch<br />

manchmal öffnen sich die elsen zu einer kleinen Badebucht, wie zum<br />

Beispiel die Platja des Caló, Cala Na Clara oder Sa Font Celada. Besonders<br />

eindrucksvoll: Fernab von jeglicher Zivilisation kann man hier hautnah<br />

die Geschichte Mallorcas in verschiedenen Jahrtausenden miterleben:<br />

Man fand im Naturpark Llevant prähistorische Funde der Talayot-Kultur,<br />

die hier ihre eigenartigen Turmbauten hoch oben in den Bergen mit Blick<br />

über die gesamte Halbinsel hinterließen. Unterwegs im Naturpark passiert<br />

man deren Überreste; wer sich mehr für die Talayot-Kultur interessiert,<br />

sollte außerdem unbedingt das talaiotische Dorf von Ses Païsses bei<br />

Art besuchen. berall auf Mallorca finden sich puren des olkes.<br />

Später, unter der Franco-Herrschaft, wurde auf der Llevant-Halbinsel ein<br />

Gefangenenlager errichtet, in dem republikanische Gegner des Regimes<br />

zur Arbeit unter härtesten Bedingungen gezwungen wurden, zum Beispiel<br />

zum Bau einer Militärstraße im heutigen Nationalpark, die allerdings<br />

nie fertiggestellt wurde. Die Ruinen des Lagers (Campament dels<br />

Soldats) erinnern an diese dunkle Zeit Spaniens, die auch auf Mallorca<br />

ihre Spuren hinterlassen hat.<br />

TIPP<br />

LEICHT Von Betlem schlängelt sich ein wunderschöner,<br />

flacher Küstenweg entlang der kleinen Buchten<br />

bis zur Platja des Caló ca. 3 Kilometer hin, gleicher<br />

Weg zurück. Unterwegs findet man Gelegenheiten<br />

zum Klettern und Baden.<br />

MITTEL Vom Kloster Ermita de Betlem verläuft ein<br />

ca. 5 Kilometer langer Pfad auf den Gipfel des Puig<br />

de Ferrutx und bietet wunderschöne Ausblicke<br />

über die Halbinsel und das Meer. Den gleichen Weg<br />

wieder zurück.<br />

SCHWER Rund um den höchsten Gipfel der Halbinsel,<br />

den Puig de la Tudossa (442 Meter), führen<br />

tolle Wege über die Halbinsel. Vom Wanderparkplatz<br />

beim Landgut Alqueria Vella d’Avall startet ein ca.<br />

20 Kilometer langer Rundweg einmal auf den Gipfel<br />

und weiter zur wunderschönen Bucht S’Arenalet des<br />

Verger im Osten. Wer möchte, kann hier in einem<br />

Refugio übernachten (Voranmeldung notwendig!)<br />

und die Runde am nächsten Tag fortsetzen.<br />

44 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> frühling <strong>2022</strong>


AUF HISTORISCHEN PFADEN:<br />

PARC NATURAL DE LA PENINSULA DE LLEVANT<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

45


An der Westküste, auf einer Länge von fast 100 Kilometern, reihen sich die felsigen Gipfel der Serra<br />

de la Tramuntana wie Perlen an einer Kette, nicht selten sind beim Anflug auf Palma einige von ihnen<br />

in uckerwatte-Wolken gehüllt. . Meter misst der Puig Maor, der höchste von ihnen. iele<br />

der kleinen Fischerorte, die sich in die schmalen Buchten und Täler dazwischen drängen, waren früher<br />

nur mit dem Boot erreichbar, wie zum Beispiel Banyalbufar oder Port de Sollér. Auch wenn heute Serpentinen-<br />

und Passstraßen über die Berge führen, hat sich diese Region ihren ursprünglichen Charme<br />

bewahren können und ist vom Massentourismus weitestgehend verschont geblieben. Wanderfans<br />

finden hier besonders in der kühleren ahreszeit ein Naturspektakel, das erstaunlich viel Abwechslung<br />

bietet und zugleich selbst Bergerfahrene vor Herausforderungen stellt. chroffe chluchten, felsige<br />

Gipfelbesteigungen und steile Klippen warten hier an jeder Ecke, oft wandert man auf alten Eselspfaden<br />

vorbei an wilden Bergziegen und uralten Olivenbäumen. Belohnt werden die anstrengenden Touren<br />

in der Serra de la Tramuntana mit spektakulären Aussichten über die Berge und das Meer, gastfreundlichen<br />

incas mit frischem rangensaft entlang des Weges und magischen Bergdörfern wie beispielsweise alldemossa<br />

oder Deià, wo die Zeit stehen geblieben zu sein scheint.<br />

BERGE PUR:<br />

SERRA DE LA TRAMUNTANA<br />

46<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

frühling herbst 2020 <strong>2022</strong>


WANDERN | Mallorca<br />

TIPP<br />

Der noch nicht komplett fertiggestellte Fernwanderweg GR 221 führt einmal den<br />

gesamten Verlauf des Gebirgszugs von Süden nach Norden entlang – wer ihn im<br />

Kompletten gehen möchte, hat neun Tagesetappen vor sich und wird mit einem<br />

mediterranen Wanderurlaub der Superlative belohnt. Wer nicht so viel Zeit hat, für<br />

den empfehlen wir diese Tagestouren in der Serra de la Tramuntana.<br />

LEICHT Halbinsel Sa Foradada – vom Aussichtspunkt mit Parkplatz geht es in 3,5<br />

Kilometern über die Landzunge zur Bucht, wo ein kleines Restaurant am Strand frische<br />

Paella serviert. Derselbe Weg zurück.<br />

Fotos: valeriiaarnaud/Shutterstock.com, Paul Gilmore, Pep Fuster/Shutterstock.com, Vulcano/Shutterstock.com, Alena Vavrdova, Sergei Gussev/Flickr.com<br />

MITTEL Von dem wunderschönen Bergdorf Valldemossa führt ein ca. 10 Kilometer<br />

langer Pfad über einen schmalen Grad mit unglaublichen Aussichten über das Meer bis<br />

in das Künstlerdorf Deià.<br />

SCHWER Von der schönen Bucht Sa Calobra können Abenteuerlustige in12 Kilometern<br />

die Schlucht Torrent de Pareis bis nach Escorca hinaufklettern – Achtung, wörtlich<br />

gemeint. Teilweise muss man sich an den Seilen hinaufziehen. Einfacher ist es, wenn<br />

man den Weg in Escorca startet und hinunterwandert.<br />

Wie gemalt: Im Bergdorf Deià in der Serra de la Tramuntana<br />

haben sich Künstler aus aller Welt niedergelassen und in den<br />

schmucken Häusern ihre Ateliers eingerichtet. Kein Wunder –<br />

diese Szenerie inspiriert!<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

47


interview<br />

Wer Songs schreibt wie »Blinken<br />

am Horizont« oder »Aufgewacht<br />

auf Sand«, hat auch ein Auge für<br />

die besonderen Momente im Leben.<br />

Und deshalb glaubt man Niels<br />

Frevert jedes Wort seiner Songtexte.<br />

Der Singer-Songwriter ist aus<br />

der deutschsprachigen Musikszene<br />

nicht mehr wegzudenken. Vor<br />

Kurzem erschien sein sechstes<br />

Album »Putzlicht« mit Liedern, die<br />

ihn ausmachen: melancholisch,<br />

poetisch und doch optimistisch.<br />

Hier verrät er uns, was ihn an<br />

Mallorca glücklich macht und<br />

warum er auf einem seiner<br />

Cover auf einem Hotelzimmerfußboden<br />

liegt.<br />

NIELS<br />

FREVERT<br />

Instagram @niels_frevert<br />

Mein letzter Urlaub führte wohin? So richtig Urlaub? Ist schon etwas<br />

her – mit meiner Teenagertochter in die Türkei, in einen kleinen Ort an<br />

der Lykischen Küste. Es war nicht ausschließlich erholsam. Aber wir zwei<br />

hatten wirklich tolle Tagesausflüge ins Umland.<br />

Dort bin ich immer glücklich: Eher zufällig bin ich immer mal wieder auf<br />

Mallorca gelandet. Es gibt so viel zu erkunden! Als Großstadtkind gefällt<br />

mir natürlich auch Palma. Am liebsten bin ich im Südosten der Insel.<br />

Mein Herzenshotel: Ganz klar das Fürstenhof in Wien. Der Klassiker,<br />

direkt gegenüber dem Westbahnhof. Früher, wenn man bei der Buchung<br />

angegeben hat, dass man Künstler oder Künstlerin ist, gab es tatsächlich<br />

15 Prozent Rabatt. Der Platz in diesem Fragebogen reicht nicht aus, um<br />

genug zu schwärmen. Leider ist dem familiengeführten Betrieb mit den<br />

Jahren das Geld ausgegangen. Zuerst wurden die Balkons zum Hinterhof<br />

abmontiert, weil deren Sanierung nicht finanziert werden konnte. Dann<br />

wurde an eine Hotelkette verkauft. Ich weiß nicht, ob es das Fürstenhof<br />

überhaupt noch gibt. Auf dem Cover meines Albums »Paradies der<br />

gefälschten Dinge« sieht man mich dort auf dem Hotelzimmerfußboden<br />

liegen. Achten Sie auf das Teppichmuster!<br />

Das nehme ich immer mit auf Reisen: Meine Laufsachen. Auf Tournee<br />

gehe ich jeden Morgen joggen. Eine gute Gelegenheit, noch ein wenig<br />

von der Stadt zu sehen, bevor es wieder weitergeht. Oft lande ich dabei<br />

übrigens an Flüssen.<br />

Da will ich unbedingt nochmal hin: Im Sinne von »Da war ich noch<br />

nie«? St. Petersburg, Kambodscha, Sardinien ...<br />

Fotos: Benedit Schermann VISUALS<br />

48 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


KULTUR<br />

GLÄNZEND<br />

aufgelegt<br />

Wer ins südfranzösische Arles<br />

reist, kann das neue Glanzstück<br />

der Stadt nicht übersehen:<br />

»The Tower« besteht aus vier<br />

miteinander verbunden Türmen,<br />

die sich 56 Meter in die Höhe<br />

stapeln. Kein Geringerer als<br />

Stararchitekt Frank Gehry hat<br />

das neue Kulturzentrum Luma<br />

Arles erschaffen. Schon jetzt ist<br />

das Luma eines der größten Kulturzentren<br />

der Welt, initiiert von<br />

der Schweizer Milliardärin Maja<br />

Hoffmann. Doch es ist nicht nur<br />

die Größe, sondern vor allem die<br />

Fassade, die das Gebäude so<br />

auffällig macht. Die verdrehte<br />

Struktur aus Beton und Stahl ist<br />

mit kleinteiligen Edelstahlziegeln<br />

und Glaskästen verziert –<br />

11.000 an der Zahl –, die das<br />

Licht in jede Himmelsrichtung<br />

reflektieren. Gehry schafft damit<br />

einen Bezug zur Kunst, genauer<br />

zu den Werken von Vincent van<br />

Gogh, den das sanfte, warme<br />

Licht der Provence stets faszinierte.<br />

www.luma.org<br />

LICHTKUNST-<br />

WERK ZUM<br />

GEBURTSTAG<br />

Glänzend aufgelegt ist<br />

auch die Elbphilharmonie<br />

in Hamburg. Kein Wunder,<br />

denn schließlich feiert<br />

das Wahrzeichen sein<br />

fünfjähriges Jubiläum. Die<br />

Bilanz klingt gut: Rund<br />

3,3 Millionen Menschen<br />

lauschten bisher einem<br />

Konzert, 14,5 Millionen<br />

standen staunend auf der<br />

Aussichtsplattform Plaza.<br />

Wer Lust hat, kann sich<br />

das Drohnen-Lichtspektakel<br />

zum Jubiläum<br />

ansehen. Vom 28. April<br />

bis 1. Mai ist es so weit.<br />

www.elbphilharmonie.de<br />

Fotos: Baptiste, Moka Studio gbr, Kim Wyon<br />

Zu Besuch bei Margrethe<br />

von Dänemark<br />

Für Königin Margrethe von Dänemark ist das Jahr <strong>2022</strong> ein besonderes:<br />

Sie feiert ihr 50. Thronjubiläum – und den 300. Geburtstag<br />

eines ihrer absoluten Lieblingsschlösser – des Schlosses Fredensborg<br />

im Norden der Insel Seeland. Die königliche Familie nutzt das<br />

Schloss im <strong>Frühjahr</strong> und im Herbst, im Juli dürfen Besucher bei<br />

einer Führung einen Blick in die königliche Residenz und den<br />

privaten Garten werfen. Der Schlossgarten ist ganzjährig für<br />

esche genet www.kongeligeslotte.dk/en/<br />

frühling <strong>2022</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

49


KULTUR | Stockholm<br />

ST<br />

13<br />

REISEZIEL<br />

text<br />

BSimone Sever<br />

CKHOLM<br />

Fleischlose<br />

Leidenschaften<br />

Sie sind jung, gern auch tätowiert. Mal klischeeblond,<br />

mal ohne Haupthaar. Bart ist beliebt. Sie sind Singles,<br />

alleinerziehend, Mütter und Väter, Paare – und eines<br />

haben sie alle gemeinsam: Sie können kochen.<br />

Gesund. Nachhaltig. Vegetarisch. Regional. Saisonal.<br />

Manchmal ausgezeichnet und auf Sterneniveau.<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>-Autorin Simone Sever hat Platz<br />

genommen an Tafeln, Tischen und Theken der<br />

modernen Restaurantszene in Stockholm.<br />

Smaklig Måltid!<br />

50<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

frühling <strong>2022</strong>


Dabei beginnt mein appetitlicher Stockholm-Trip mit einem mittelschweren kulinarischen<br />

Schock, lerne ich doch im Land des Mittsommers und der rot-weißen Holzhäuser,<br />

dass ich bis zu diesem Tag die schwedischen Hackbällchen, die im bekannten<br />

Möbelhaus mit den vier Großbuchstaben gern auf die Tabletts kommen, völlig falsch<br />

geordert habe. Die Teile heißen ausgesprochen nämlich gar nicht Köttbullar – das<br />

sind Schöttbullar. Alter Schwede, ich hatte ja keine Ahnung!<br />

Aber auch sonst sind mir schwedische Mahlzeiten eher unbekannt. Gerade mal<br />

Zimtschnecken, Knäckebrot, Hering und Kalles, diesen verpackungsschönen Lachskaviar<br />

in der Tube, kenne ich. Na ja und eben die K… äh, Schöttbullar. Schwedens<br />

Küche, so verrät Wikipedia, »gilt als unkompliziert und einfach«. Das lasse ich mir<br />

jetzt auf der Zunge zergehen und auf einen Besuch ankommen.<br />

Ich treffe Elvira Lindqvist, Mutter von zwei Kindern und zugleich kreative Chefin des<br />

Restaurant Oxenstierna. Beide Fulltime-Jobs managt sie mit Herz, Seele und voller<br />

Überzeugung. Mitten im Stockholmer Citycenter liegt ihre Oase des Geschmacks<br />

idyllisch versteckt. Elvira folgt mit ihrem Team in den Restaurant-Menüs sowohl der<br />

Natur als auch der Jahreszeit. Besonders spannend: Sie hat den Geschmack des<br />

schwedischen Sommers eingefangen. Denn den hat die sympathische junge Frau<br />

einfach mal in Gläser gesteckt. Das Haltbarmachen, weiß Lindqvist, ist Teil der<br />

schwedischen Kochtradition, aber dieses Handwerk ist eben nicht nur die Vergangenheit,<br />

es ist auch die Zukunft. Wie die alten Methoden des Einlegens und<br />

Fermentierens mit Milchsäure mit modernen Geschmackskombinationen einhergehen<br />

und welche Gräser, Kräuter und Früchte sich eignen, findet sie zusammen mit Lena<br />

Engelmark Embertsén, ihres Zeichens Geschmacksexpertin und Wald- und Wiesengängerin,<br />

heraus. Die beiden ergänzen sich ausgezeichnet. Die Treffen resultieren in<br />

schmackhaften Ergebnissen: eingelegte Fichtenblüten, geeister Flieder mit Wiesensauerampfer,<br />

fermentierter Birkensaft, Ruchgras-Schnaps, Veilchenzucker …<br />

All das findet der Gast schließlich in aromenreichen Kombinationen auf seinem<br />

Teller wieder. Einfach? Nicht wirklich!<br />

Einmal Sammlerteller, bitte:<br />

Elvira Lindqvist serviert in<br />

ihrem Restaurant Oxenstierna<br />

u. a. Eingelegtes an<br />

Wald- und Wiesenkräutern.<br />

Sommernachtstraum<br />

in Perlmutt<br />

51


KULTUR | Stockholm<br />

Appetitliche<br />

Nordlichter<br />

In der fein restaurierten Saluhall, im noch<br />

feineren Stockholmer Stadtteil Östermalm,<br />

haben zwölf Michelin-Star-Chefs aus den<br />

Nordländern geschmackvolle skandinavische<br />

Menüs zusammengestellt. Im Oktober<br />

2021 fanden sich die Küchenzauberer<br />

erstmalig zum »Stars du Nord«-Event<br />

zusammen. Gemeinsam servierten sie<br />

das Beste, was Länder und Landschaften<br />

zu bieten haben und was den Starköchen<br />

dazu einfiel. Die Schweden, genauer Jacob<br />

Holmström vom Gastrologik, nur ein paar<br />

Minuten von der Markthalle entfernt, und<br />

Johan Björkman vom Koka in Göteborg<br />

machten den Gourmetgästen die Münder<br />

wässrig mit einer Waldpilzsuppe von gegrillten<br />

Wildäpfeln mit eingelegten Pfifferlingen.<br />

Dazu wurde ein leicht moussierender 2019<br />

Elstar Æble von der dänischen Andersen<br />

Winery empfohlen. Passt! Die Finnen<br />

servierten Zander, Hering und Mandelkartoffeln<br />

und dazu ein schwedisches Linnaeus<br />

Organic Lager aus Uppsala. Skål! Tartar von<br />

der schwedischen Bergkuh, dazu geräucherter<br />

Forellenkaviar … der Gaumen kam mit<br />

jedem Bissen jedes einzelnen Starkochs<br />

voll auf seine Kosten. Wo die Sterne des<br />

Nordens das nächste Mal den Gourmethimmel<br />

erleuchten, ist noch nicht bekannt.<br />

Aber sie werden leuchten, das ist so klar<br />

wie die Nordlichter.<br />

Hier braucht keiner tief stapeln: Beim<br />

»Stars du Nord«-Event treffen zwölf<br />

Michelin-Star-Köche aufeinander und<br />

kreieren ein skandinavisches Menü.<br />

52<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

frühling <strong>2022</strong>


Zero Waste und<br />

maximale Sustainability<br />

Nachhaltigkeit ist das Thema, das bei<br />

Paul Taylor Lanthandel in Sundbyberg<br />

ein bisschen außerhalb des Stockholmer<br />

Stadtkerns im Fokus steht. Im Shop des<br />

Nachbarschafts-Restaurants wird nicht nur<br />

auf jegliche Verpackungen verzichtet, Paul<br />

kauft seine Waren obendrein mit Bedacht<br />

bei den lokalen Bauern. Aber er holt auch<br />

Waren, die kurz vor dem Ablaufdatum sind,<br />

in ausgewählten Märkten ab. Tische, Stühle,<br />

Wasserflaschen und Vasen sind in dem<br />

einladenden und hellen Shop-Restaurant<br />

aus recycelten Materialien. Und weil das<br />

Thema Nachhaltigkeit damit noch lange<br />

nicht ausgeschöpft ist und der Kreislauf<br />

noch nicht abgeschlossen, setzt man zudem<br />

bei Paul Taylor Lanthandel auf eine<br />

eigens angeschaffte Kompostmaschine.<br />

Die Erde, die mit der Maschine gewonnen<br />

wird, ist dann Mutterboden für die<br />

nächsten Rüben, Salate und Kohlköpfe.<br />

Ein gesunder Kreislauf, der mehr als nur<br />

beeindruckt.<br />

Aufgetischt wird, was Region<br />

und Saison hergeben – sowohl bei<br />

Dr. Mat als auch bei Paul Taylor.<br />

Dr. Mat: Gesund und lecker<br />

»Lass Nahrung deine Medizin sein und Medizin deine Nahrung«, steht auf<br />

einem Schild an der Wand beim Eingang zu Dr. Mat. Dr. Mat, das sind<br />

Danielle und Johan Lalin, die ihren kleinen gesunden Stehimbiss, inklusive<br />

Verkaufskühltheke, mit viel Herz, Leuchten in den Augen und einer<br />

großen Portion herzlichem Engagement betreiben. Eigentlich wollte das<br />

sympathische Paar sich restauranttechnisch vergrößern, alles war schon<br />

in Planung, doch dann kam Corona und machte einen dicken Strich durch<br />

die Rechnung. Nun verwöhnt das harmonische Duo erst einmal weiterhin<br />

die Gästeschar im überschaubaren Ambiente mit 100 Prozent Bio, glutenund<br />

laktosefreien saisonalen Gerichten wie etwa Salate, Bowls und Pasta.<br />

Ein absoluter Knaller sind die gesunden Shots mit Ingwer, Kurkuma,<br />

Schwarzpfeffer, Apfelessig, Zitrone und all den herrlich gesunden Zutaten.<br />

»Tant Kurant« ist ein echter Rachenputzer und bei »Fru Snyting« versteht<br />

sich der Spruch, der am Eingang die Gäste begrüßt, wie von selbst:<br />

Nahrung ist Medizin, Medizin ist Nahrung. Ich nehme gleich noch einen<br />

zweiten Shot. Kann in der langsam kälter werdenden Jahreszeit eh nicht<br />

schaden. Und schmeckt außerdem!<br />

53


KULTUR | Stockholm<br />

Ich bin etwas zu früh dran und damit nicht allein. Es warten schon andere<br />

Hungrige auf den Einlass ins Gewächshaus, ins Växthuset, was irgendwie<br />

konspirativ unter einer Autobahnüberführung und direkt neben den Räumlichkeiten<br />

eines Nightclubs liegt und offensichtlich gerade sehr angesagt ist.<br />

Ich bin gespannt, denn ich habe bereits von Niki Sjölund gehört und seine<br />

farbenfrohen Bilder der Natur auf Instagram bestaunt. Niki ist ein Waldläufer,<br />

einer der hinausgeht und schaut, was er Essbares findet. Einer, der findet<br />

und mitnimmt, was ihm das Jedermannsrecht gestattet. Und weil es gerade<br />

Herbst ist und der Herbst vor allem für Pilze eine gute Jahreszeit ist, kommen<br />

heute in meinem neungängigen Menü im Växthuset immer wieder Pilze auf<br />

den Teller: goldene Pfifferlinge, Trompetenpilze, Birkenpilze … Saisonal.<br />

Raffiniert. Von Einfachheit keine Spur.<br />

Funghi-Fight-Club<br />

54<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

frühling <strong>2022</strong>


Fotos: Restaurant Oxenstiernan (3), Stars du Nord, Stars du Nord/Frederik Hessman, Thomas Krebs, Dr. Mat, Meny Svamp, Thron Ullberg, Lennart Weibull (2), GenOMart/Shutterstock.com<br />

Knöllchen<br />

für den Gast<br />

Der Tisch ist für den letzten kulinarischen Schwedenhappen im Grand<br />

Hotel Stockholm, im Rutabaga, gedeckt. Rutabaga, was übersetzt<br />

Steckrübe heißt, ist, wie der Name vermuten lässt, ebenfalls ein vegetarisches<br />

Restaurant. Die Kochkunst vom vierfach gewählten »Schwedischen<br />

Koch des Jahres«, Mathias Dahlgren, erhebt im Rutabaga die<br />

grüne Küche auf Weltklasseniveau. An der langen Tafel wird aufgetragen:<br />

getrüffelte, vegetarische Foie Gras mit Croûtons aus Weizensauerteig.<br />

Gegrillter Apfelsalat mit Endivien, Blumenkohl, Walnüssen und einer<br />

fein abgestimmten Hagebutten-Vinaigrette. Jasminreis in Salatblättern<br />

mit frittierten Zwiebeln, Ingwer, Wasabi und asiatischer Apfelbirne.<br />

Dazu immer wieder alkoholfreie und farblich harmonierende Getränke.<br />

Mal mit der fruchtigen Frische von Äpfeln, dann haut einen das Aroma<br />

des Trüffels im Glas zum dunklen Beerensaft beinahe um, und plötzlich<br />

wird duftend der Sellerie serviert, fein und slow über Nacht gebacken<br />

– mit Trüffeln, brauner Butter, Molke und Zitronenzesten, so weich und<br />

aromareich, dass er butterweich auf der Zunge zergeht. Schwedische<br />

Küche, »einfach und unkompliziert«, so beschrieb das doch Wikipedia?<br />

Ich würde mal sagen, es ist höchste Zeit, das zu korrigieren.<br />

Fleischlos erfolgreich: Mathias Dahlgren kocht im<br />

Rutabaga grüne Küche auf Weltklassenniveau.<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

55


Und was koche ich heute? Wir kennen das Problem.<br />

Doch dieses Jahr ist Schluss damit. Einfach jeden Tag ein<br />

Kochbuchrezept, und die Mahlzeit ist gerettet. So füllen<br />

wir auf jeden Fall unseren Speiseplan <strong>2022</strong>.<br />

Futterneid<br />

1<br />

2<br />

Jerusalem<br />

Nirgendwo beeindruckt Israels Küche so<br />

sehr durch ihre Vielfalt und Kreativität wie<br />

in Jerusalem, der Stadt, die schon immer<br />

ein Schmelztiegel unterschiedlicher Kulturen<br />

war. Hier treffen sich Menschen aus<br />

der ganzen Welt: Israelis, Palästinenser,<br />

Aramäer, Marokkaner, Äthiopier, Jemeniten,<br />

Menschen aus Osteuropa. So unterschiedlich<br />

wie die Herkunft ihrer Bewohner ist,<br />

so vielfältig sind die Gerichte der arabisch-levantinischen<br />

und der klassischen<br />

europäisch-jüdischen Küche. Dieses Buch<br />

macht Appetit: auf eine Küche, die weltweit<br />

einzigartig ist – und auf die ebenso einzigartige<br />

Stadt Jerusalem. Jerusalem – Rezepte,<br />

Restaurants, Geschichten – von Vanessa<br />

Schlesier und Malte Jäger, 256 Seiten,<br />

€ 29,90, erschienen im at Verlag<br />

2 Najat<br />

Najat Kaanache ist die beste marokkanische<br />

Köchin der Welt. Nach ihrer namhaften Ausbildung<br />

beispielsweise im »elBulli« bei Ferran<br />

Adrià, um nur einen der vielen Starköche zu<br />

nennen, bei denen sie lernen durfte, zog sie<br />

2016 nach Marokko und eröffnete in Fes ihr<br />

Restaurant »Nur«. Es gilt heute als das beste<br />

marokkanische Restaurant der Welt. In<br />

diesem prachtvollen, edlen und zauberhaft<br />

gestalteten Kochbuch präsentiert Najat ihre<br />

100 besten Rezepte und nimmt uns mit auf<br />

eine sinnliche Traumreise durch ihr Heimatland.<br />

Unfassbar gut. Najat – 80 bunte<br />

Rezepte & Geschichten aus dem magischen<br />

Marokko – Najat Kaanache, 304 Seiten,<br />

€ 45, Christian Verlag<br />

3 |<br />

3<br />

3 Orientalia<br />

Die »Queen of Persian Cookery« ist zurück!<br />

Nach Persiana und Scirocco kommt nun mit<br />

Orientalia der dritte Band der Bestsellerautorin<br />

Sabrina Ghayour in unsere Küchen!<br />

Mit gewohnter Leichtigkeit und Kreativität<br />

verbindet die Engländerin das Beste aus<br />

Orient und Okzident und entführt uns in<br />

ihre leuchtend bunte Welt voll persischer<br />

Warmherzigkeit. Ihre Menüs sind ein Traum<br />

und garantiert ein Fest für die Sinne.<br />

Orientalia – Neue Rezepte aus den Küchen<br />

Persiens – Sabrina Ghayour, 240 Seiten,<br />

€ 26,95 erschienen im Hölker Verlag<br />

56<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

frühling <strong>2022</strong>


4 Isola Sarda<br />

Sardinien ist berühmt für seine wunderbaren<br />

Strände, doch kulinarisch betrachtet ist<br />

die Insel noch ein Geheimtipp. Letitia Clark<br />

präsentiert alles, was die Insel Sardinien<br />

zu bieten hat, in einer Vielzahl an unwiderstehlichen<br />

und einfach nachzukochenden<br />

Rezepten. Dabei zeigt sie auch, wie die<br />

sardische Küche von dem Spiel verschiedener<br />

Geschmacksrichtungen lebt und wie<br />

süße und auch bittere Noten miteinander<br />

harmonieren können. Eine Vielzahl von ehrlichen<br />

und authentischen Rezepten mit echt<br />

sardischem Flair, gespickt mit Anekdoten.<br />

Ein Buch, das Spaß macht!<br />

Isola Sarda – Rezepte und Geschichten aus<br />

Sardinien – von Letitia Clark – 256 Seiten,<br />

€ 26, erschienen im ars vivendi Verlag<br />

5 Fire Islands<br />

Bei Feuerinseln haben wir nicht zuerst an<br />

Indonesien gedacht. Umso überraschender<br />

ist dieses Kochbuch. Die preisgekrönte<br />

Autorin Eleanor Ford zeichnet ein persönliches<br />

und intimes Porträt der Landesküche,<br />

von der raffi nierten Kochkunst Javas über<br />

das würzige Herz Sumatras bis hin zu den<br />

heiligen Speisen Balis. In den Straßen der<br />

Städte wird Sambal aus scharfem Chili zu<br />

Nudelsuppen gereicht, Erdnusssoße gibt<br />

gegrillten Saté-Spießen eine süße Note, der<br />

Duft von Curry, Ingwer, Zitronengras und<br />

Limette zieht durch die Luft. Ergänzt werden<br />

die Gerichte durch den perfekten Reis,<br />

aromatische Soßen und erfrischende<br />

Getränke. Fire Islands – Rezepte aus<br />

Indonesien – von Eleanor Ford, 240 Seiten,<br />

€ 32, erschienen im Knesebeck Verlag<br />

4<br />

LIFESTYLE<br />

5<br />

Text & Fotos: Jennifer Latuperisa-Andresen<br />

6 Das Sri-Lanka-Kochbuch<br />

Leider passiert es oft, dass die Küche Sri<br />

Lankas mit der indischen oder thailändischen<br />

wortwörtlich in einen Topf geworfen<br />

wird. Eins steht fest: Der Schärfegrad ist<br />

ähnlich. Aber die sri-lankische Küche perfekt<br />

beschrieben. Eine ganz besondere und<br />

unwiderstehliche Mischung. Emily Dobbs<br />

hat selbst mit einem Pop-up-Stand auf dem<br />

Durid Street Market in London große Erfolge<br />

gefeiert und ihre Kunden mit den dünnen<br />

Sauerteig-Pfannkuchen aus Sri Lanka, genannt<br />

Hoppers, begeistert. In ihrem ersten<br />

Kochbuch zeigt sie uns, wie leicht man sich<br />

die exotische Küche nach Hause holen kann<br />

– mit hiesigen Zutaten und dem ein oder<br />

anderen Gang zum Asiamarkt. Falls etwas<br />

sehr Spezielles, wie Pandanblätter oder<br />

Palmsirup mal nicht zu fi nden sein sollten,<br />

gibt sie in einer Tabelle Ersatzzutaten an.<br />

Atmosphärische Fotos der Autorin auf dem<br />

Markt oder im Gespräch mit Einheimischen<br />

an deren Ständen vermitteln ein authentisches<br />

Sri-Lanka-Feeling und runden das<br />

Kochbuch ab. Das Sri-Lanka-Kochbuch,<br />

von Emily Dobbs, 232 Seiten, € 24,95,<br />

erschienen im DK Verlag<br />

6<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

57


7 Tanja Vegetarisch<br />

Vegetarisch zu kochen entspricht nicht<br />

nur dem Zeitgeist, sondern ist auch der<br />

gelebte Alltag von Spitzenköchin Tanja<br />

Grandits. In diesem Buch finden sich<br />

Rezepte vom Frühstück bis zum Dessert.<br />

Immer grandios lecker, wunderbar<br />

abgeschmeckt und garantiert eine<br />

Küche mit Herz und Seele, Gemüse<br />

und Geschmack für jeden Tag.<br />

Tanja Vegetarisch – Grüne Lieblingsrezepte<br />

für jeden Tag, einfach & genussvoll<br />

– Tanja Grandits, 336 Seiten, € 34,<br />

erschienen im at Verlag<br />

7 8<br />

LIFESTYLE<br />

8 Super Fresh<br />

»Simple made special«, so lautet<br />

das Motto der australischen Bestseller-Kochbuchautorin<br />

Donna Hay. Sie<br />

zeigt, wie man aus einfachen Zutaten<br />

schnell leckere und gleichzeitig gesunde<br />

Gerichte zaubern kann – Einfachheit<br />

kombiniert mit dem gewissen Extra.<br />

Ihre Rezepte sind alltagstauglich und<br />

stresserprobt – genau das Richtige für<br />

uns. Super fresh – Jeden Tag schnell<br />

und leicht gekocht – von Donna Hay,<br />

224 Seiten, € 27, erschienen im Gräfe<br />

und Unzer Verlag<br />

9 My Little Green Kitchen<br />

Sylwia Gervais nimmt die Zutaten am<br />

liebsten direkt aus ihrem kleinen Garten.<br />

Das können wir doch auch! Dieses<br />

Buch bietet viele hilfreiche Tipps und<br />

eine Fülle toller Rezepte für die kleine<br />

grüne Küche. Pure Inspiration!<br />

My Little Green Kitchen – Ernten,<br />

kochen, genießen – von Sylwia Gervias,<br />

208 Seiten, € 30, erschienen im<br />

Hölker Verlag<br />

10 Vegetarische Heimatküche<br />

Von wegen in Deutschland gibt es<br />

nur Schnitzel, Currywurst oder Haxe.<br />

Dieses Kochbuch beweist, dass eine<br />

rein vegetarische und dazu klassische<br />

Ernährung nicht nur machbar, sondern<br />

auch köstlich ist. Von Käsespätzle<br />

über Schnüsch, von sächsischem<br />

Kartoffelkuchen bis Friesentorte, von<br />

vegetarischem Rheinischen Sauerbraten<br />

bis Pilzfrikadellen mit Kartoffelbrei:<br />

In diesem Veggie-Kochbuch bleiben<br />

keine Wünsche offen – und all das<br />

ohne Fleisch. Eine tolle Hommage an<br />

die Heimat. Vegetarische Heimatküche<br />

– Heimisches Seelenfutter ohne Fleisch<br />

– Susann Kreihe, Anna Plumbaum,<br />

192 Seiten, € 24,99, erschienen im<br />

Christian Verlag<br />

9 10<br />

58 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

frühling <strong>2022</strong>


KOLUMNE<br />

Unsere Kolumnistin Ala Zander ist nicht nur PR-Agentur-<br />

Chefin, sondern auch ein rastloser Geist mit erlesenem<br />

Geschmack. Heute entführt sie uns nach Mallorca.<br />

Nur, dass sie nicht wie unsere Redakteurin Marie über<br />

die Insel wandert, sondern lieber radelt. Ein grandios<br />

hübsches Plätzchen hat sie zudem gefunden.<br />

Fotos: PR (3), Privat<br />

Seit zwei Jahren leben wir nun mit Corona. Mal mehr, mal<br />

weniger gut. Für mich als rastlos Reisende bedeutete die<br />

Coronapandemie vor allem eins: positive Stagnation. Diverse<br />

Lockdowns ließen mein gesamtes Reise-Business<br />

komplett brachliegen und zwangen mich, ungewohnt<br />

lang an ein und demselben Ort zu verweilen. Im ersten<br />

Lockdown war ich neun Wochen lang im wunderschönen<br />

österreichischen Bergdorf Bad Gastein »eingesperrt«, offiziell<br />

ja auch mein Wohnsitz. Lockdown Nummer zwei<br />

verbrachte ich in Athen, der »Stadt der Götter«, und seitdem endgültig<br />

in den Olymp meiner absoluten Lieblingsmetropolen aufgestiegen. Der<br />

dritte Lockdown im letzten Herbst traf mich, als ich mich gerade beruflich<br />

auf Mallorca befand, wo ich meine Rennradsucht gekonnt mit einem<br />

Beauty-Job kombiniert hatte. Netterweise bekam ich von einer Kundin<br />

meiner Agentur angeboten, den österreichischen Lockdown doch<br />

einfach in ihrer mallorquinischen Ferienwohnung auszusitzen. Dankbar<br />

nahm ich ihr Angebot an und richtete mir bis Weihnachten ein<br />

sonniges Insel-Office ein, Mittagspausen auf dem Rennrad inklusive.<br />

Kaum hatte ich mich im Apartment der einen (zauberhaften) Kundin<br />

eingerichtet, erhielt ich die E-Mail einer Exkundin. Susanne war Geschäftsführerin<br />

eines amerikanischen Beauty-and-Health-Konzerns,<br />

für den ich vor Corona für ein spannendes Projekt engagiert wurde.<br />

Aus heiterem Himmel unterrichtete sie mich davon, dass sie ihren<br />

Münchner Managerposten spontan an den Nagel gehängt hatte, um mit<br />

ihrem Mann ein Finca-Hotel auf Mallorca zu eröffnen. Ist das noch<br />

Zufall oder schon Fügung?<br />

Ziemlich spontan war dann auch mein Besuch der Finca Limoncello,<br />

fabelhaft gelegen irgendwo im Nirgendwo zwischen den pittoresken<br />

Örtchen Sineu und Petra, für mich als Radsportlerin eine der<br />

schönsten Gegenden Mallorcas. chon von Weitem kann man eine<br />

herrschaftliche Palmenauffahrt erkennen, die in einen überwältigenden<br />

bstgarten auf über . uadratmetern führt:rangen,<br />

Mandarinen, Feigen, Kaki, Aprikosen oder Granatäpfel – alles gedeiht<br />

hier in üppiger Bio-Qualität. Susanne erzählte mir, wie sie und ihr<br />

Mann Franz sich auf den ersten Blick in dieses imposante Anwesen<br />

verliebten – und mir ging es genauso. Franz war bis letztes Jahr als<br />

Allgemeinmediziner in München tätig, eigene Praxis (Schwerpunkt<br />

Naturheilverfahren, geregeltesLeben, alles prima bis sich die beiden<br />

inmitten der Corona-Krise dazu entschieden, sich auf Mallorca<br />

ihren großen Traum eines kleinen, feinen Landhaus-B-&-B zu verwirklichen.<br />

Franz ist wie ich leidenschaftlicher Rennradfahrer, weshalb es<br />

auf der inca Limoncello natürlich auch alle Arten von kostenlosen<br />

Leihrädern gibt. Überhaupt gibt es für die Gäste der insgesamt fünf<br />

neu designten immerede Menge diskreten Luus. Ein riesiger Pool,<br />

eine Boccia-Bahn, eine Chill-out Area mit oga-Ecke und edeMenge<br />

Ruhe und Natur. n top bietet ranz individuelle Gesundheitsleistungen<br />

an: Applied Kinesiologie, Akupunktur oder Infusionstherapien<br />

alles natürlich in einem eigenen Praisraum. usanne kommt ursprünglich<br />

aus der Hotellerie, war lange im Event- und Marketingbereich<br />

tätig und weiß offensichtlich ziemlich gut, wie man eine Oase<br />

der Erholung für Rastlose schafft. Nach zwei Tagen auf der Finca hatte<br />

ich nicht nur viel zu viel gegessen usanne verwöhnt ihre Gäste nämlich<br />

auchnoch rund um die Uhr mit hausgemachten Köstlichkeiten ,<br />

sondern wusste vor allem eins: Ich komme wieder und bleibe dann<br />

deutlich länger an diesem magischen Ort, den man übrigens niemals<br />

ohne eine lasche von ranz selbst gemachtem Limoncelloverlässt.<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

59


text<br />

BOle Helmhausen<br />

Einzigartiges<br />

Kanada<br />

14<br />

REISEZIEL<br />

60<br />

frühling <strong>2022</strong>


KULTUR | Kanada<br />

WILDNIS, WEITE, WELTSTÄDTE. NICHT ENDEN WOLLENDE<br />

STRASSEN DURCH EINE UNVERGESSLICHE NATUR. ALS ZWEIT-<br />

GRÖSSTES LAND DER WELT BIETET KANADA EINE UNGLAUBLICHE<br />

VIELFALT AN ERLEBNISSEN, DIE SICH FÜR IMMER INS GEDÄCHTNIS<br />

BRENNEN. REPORTER OLE HELMHAUSEN, WOHNHAFT IN MONTREAL<br />

ERKLÄRT UNS SEINE LIEBE FÜR KANADAS WAHRZEICHEN. SEINE<br />

GANZ PERSÖNLICHEN. MAL BEKANNT, MAL UNBEKANNT.<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

61


KULTUR | Kanada<br />

Ein Hund, der von zu Hause wegläuft, ist<br />

noch drei Tage lang vom Küchenfenster<br />

aus zu sehen. So beschreiben die Rancher<br />

in Saskatchewan die Endlosigkeit vor ihrer<br />

Haustür. Was damit gemeint ist, ahnt der Besucher<br />

bereits auf dem Trans-Canada-Highway. In der Prärieprovinz strebt die<br />

mit 7.821 Kilometern längste Nationalstraße der Welt so lange stur<br />

geradeaus nach Westen, dass die Hände – theoretisch zumindest – eine<br />

knappe Stunde lang nicht auf dem Steuer verweilen müssten. Tempomat<br />

einstellen, zurücklehnen und die grandiose Abwesenheit der fahrwilligen<br />

Menschheit genießen. So ganz allein auf weiter Flur. Herrlich!<br />

Vor der Haube: der berühmte »Big Sky« mit gewaltigen, sich über<br />

dem Horizont auftürmenden Kumuluswolken. Und die Erdkrümmung,<br />

egal, wohin man blickt. So sehen 3,9 Einwohner pro Quadratkilometer<br />

Kanadas aus: einsam. Und unwillkürlich taucht da die Frage<br />

auf, wie es sich anfühlt, unter 0,04 Einwohnern pro Quadratkilometer<br />

in den Northwest Territories zu verweilen. Antwort: extrem einsam.<br />

Doch Einsamkeit muss in Kanadas dünn besiedelten Northwest Territories<br />

nichts Negatives bedeuten. Ganz im Gegenteil. Und wie schön<br />

ist der Gedanke, mit einem Roadtrip dort die Bevölkerungsdichte vorübergehend<br />

zu verdoppeln.<br />

Zu schön um, wahr zu sein? Mit gut 10 Millionen Quadratkilometern<br />

Fläche, sechs Zeitzonen und 243.000 Kilometern Küste ist das<br />

Land im Norden Nordamerikas ein Gigant. Bevölkerungsmäßig ist es<br />

dagegen ein Zwerg. Ganze 38 Millionen Menschen leben hier, über die<br />

Hälfte davon in den zehn größten Städten im Süden. Dass man sich<br />

hier gegenseitig auf die Füße tritt, ist also nicht zu befürchten.<br />

Wide Open Spaces: Hinterm Horizont geht’s weiter<br />

In Kanada ist der Weg das Ziel, und dieses Ziel lässt sich am besten<br />

mit Auto oder Zug erreichen. Roadtrips mit Mietwagen oder Wohnmobil<br />

stehen auf jeder Bucket List, dicht gefolgt von Zug<strong>reisen</strong> quer<br />

durchs Land und mehrtägigen Kanu-Expeditionen durch die Wildnis.<br />

Entdeckerfreuden bringen alle Optionen. Anders als in Deutschland<br />

– mal ehrlich: Wer hat daheim auf Straße oder Schiene das letzte<br />

Mal Neugier oder Entdeckerfreude verspürt? – garantieren Auto- und<br />

Zug<strong>reisen</strong> durch Kanada Erlebnisse, die man nie mehr vergisst. Kaum<br />

jemand bleibt von der Weite und Endlosigkeit in den Prärieprovinzen<br />

unberührt, kaum jemand unbeeindruckt von den schnee- und eisbedeckten<br />

Giganten im Westen und Norden, die Ehrfurcht gebieten und<br />

Gespräche verstummen lassen. Und wer einmal das Gefühl kennenlernen<br />

möchte, im Umkreis von vielen Hundert Kilometern der einzige<br />

Mensch zu sein, traut sich einfach, eine Kanutour im Norden des Landes<br />

zu unternehmen.<br />

Sprachlos im Schatten der Berge<br />

Wo genau gibt es nun solche Ziele mit Wow-Garantie? Antwort: praktisch<br />

in jeder Provinz und in jedem Territorium! Angeführt wird die lange<br />

Liste der Ikonen zweifellos von den Rocky Mountains<br />

in Alberta und British Columbia. Gleich fünf<br />

grandiose Nationalparks gibt es in dieser monumentalen<br />

Bergwelt Banff, asper, oho, Kootenay und Waterton<br />

Lakes – und eine Vielzahl weiterer, von den Provinzen verwaltete<br />

Schutzgebiete. Zu Füßen majestätischer Zwei- und Dreitausender empfangen<br />

drei berühmte Resortstädtchen Besucher aus aller Welt: Banff<br />

Lake Louise mit seinen legendären chlosshotels Banff prings und<br />

Chateau Lake Louise, anspruchsvollem hopping und Dining, asper<br />

und Canmore mit rustikal-eleganten Sporthotels, Restaurants, Pubs<br />

und Cafés. Hauptattraktionen: Seen, Gipfel, Tiere und eine Straße. Die<br />

Hochgebirgsseen Lake Louise und Moraine Lake kennt zwar die ganze<br />

Welt, und doch: Wer, umgeben von Giganten, diese Meisterwerke von<br />

Mutter Natur zum ersten Mal vor sich sieht, hält die Luft an, starrt mit<br />

großen Augen und kann den Blick für eine ganze Weile nicht abwenden.<br />

Auf dem nahen Highway 93 kommen Nackenschmerzen vom Aufblicken<br />

hinzu. Die als Icefields Parkway weltberühmte Panoramastraße<br />

von Lake Louise nach dem Kilometer entfernten asper folgt<br />

der kontinentalen Wasserscheide durch den wildesten und schönsten<br />

Abschnitt der Rocky Mountains. Uralte Gletscher, Wasserfälle und<br />

weite, tiefgrüne Täler mit türkisfarbenen Seen wie Peyto und Bow<br />

Lake: Immer dann, wenn man denkt, dass es nicht mehr besser werden<br />

kann, geht es über eine Anhöhe oder um eine Kurve, und es wird<br />

noch unglaublicher, unnahbarer, märchenhafter.<br />

Die Wucht der Einsamkeit beim Rafting und Paddeln<br />

Aus einem Paddler-Logbuch: eder ist nass und dreckig, hat aufgesprungene<br />

Hände und Pudding in den Schultern. Alles ist feucht. Zur<br />

nächsten heißen Dusche sind es 180 Kilometer Luftlinie. Der Himmel<br />

hängt heute so tief und suppig, dass wir mit dem Paddel darin herumrühren<br />

können. Warum tun wir uns das an? Ganz einfach. Weil dies<br />

der Keele River ist. Weil er sich durch die scharf gezackten Mackenzie<br />

Mountains der Northwest Territories arbeitet und es hier weit und<br />

breit keine Menschen gibt. Dafür aber schneebedeckte Bergklötze,<br />

über deren Kämme sich die Mitternachtssonne abrollt, und sternenklare<br />

Nächte, die so still sind, dass wir anfangs irritiert aufschrecken,<br />

weil uns die Nachtgeräusche der Großstadt fehlen. Wie schön!«<br />

Paddeln unter der Mitternachtssonne, das berauschende Gefühl<br />

beim Ritt durch die Wellen und enes, wenn das Wasserflugzeug hinter<br />

den Bergen verschwindet und man plötzlich realisiert, dass man<br />

die nächsten 14 Tage in straßenloser Wildnis ohne Handyempfang unterwegs<br />

ist: Die Northwest Territories (kurz NWT) und der benachbarte<br />

ukon sind Kanu- und Rafting-Paradiese für alle, die die innere<br />

Uhr auf Reset stellen wollen. Egal, ob man ein Paddel-Novize ist oder<br />

ein durchtrainierter Wildnisexperte: In Kanadas Norden gibt es Flüsse<br />

aller chwierigkeitsgrade und natürlich auch profilierte Anbieter geführter<br />

Kanu- und Raftingexpeditionen. Der South Nahanni River mit<br />

seinen vier bis zu 1.000 Meter tiefen Schluchten und den gewaltigen<br />

Virginia Falls treibt auch Raftern Freudentränen in die Augen.<br />

62 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> frühling <strong>2022</strong>


Wo genau gibt es nun solche Ziele<br />

mit Wow-Garantie? Antwort: praktisch in jeder<br />

Provinz und in jedem Territorium!<br />

Mit allen Wassern gewaschen: Wer einmal in den<br />

Northwest Territories über einsame Seen gepaddelt<br />

ist, hat seinen Sehnsuchtsort gefunden.<br />

herbst 2021<br />

63


KULTUR | Kanada<br />

Gut gelaunte Metropolen wie<br />

Toronto oder Vancouver beeindrucken<br />

mit ihrer Skyline, aber<br />

auch mit inneren Werten, denn<br />

langweilig wird es hier nie.<br />

Im ukon Territory gibt es gleich mehrere behaglich fließende Wasserwege,<br />

allen voran der ukon River, der Big almon und der Teslin.<br />

Doch meine avoriten heißen Alsek und Tatshenshini. Diese zwei bieten<br />

die vielleicht ikonischsten Raftingerlebnisse im Norden Kanadas:<br />

atemberaubende Gletschertäler, tiefblaue een voller Eisberge, eine<br />

faszinierende arktische lora und auna und ein einzigartiges, berauschendes<br />

Gefühl völliger Abgeschiedenheit. Der Alsek windet sich<br />

durch den atemberaubenden Kluane-Nationalpark mit seinen ünftausendern.<br />

Dort treibt man an einigen der aktivsten Gletscher der<br />

Welt vorbei, bevor er auf den Tatshenshini trifft, der weiter nach British<br />

Columbia fließt und schließlich im Golf von Alaska endet.<br />

Noch ein Auszug aus dem Paddler-Logbuch: Der Keele ist unser<br />

uhause geworden, die Erinnerung an martphone und WLAN<br />

verschwimmt endgültig im zarten Nachmittagslicht. An der Mündung<br />

des Twitya River gehen wir an Land und werfen die Leinen aus. Wo<br />

das blaugrüne Wasser des Twitya sich mit dem des Keele vereinigt,<br />

heißen uns zahllose Lachse und schen willkommen. eit, die Ruhe<br />

zu genießen.<br />

Big City Lights<br />

on den tosenden Wassern der Niagarafälle zu den maestätischen<br />

Rocky Mountains, von den schroffen Klippen am Atlantik bis zu den<br />

Regenwäldern am Pazifik: Wer Kanadas landschaftliche Ikonen mit<br />

der außergewöhnlichen Geschichte und Architektur des Landes kombiniert,<br />

landet fast automatisch in einigen der schönsten tädte des<br />

Kontinents. ede ist einzigartig, ede reich an nationalen Wahrzeichen<br />

Toronto, mit , Millionen die größte, ist eine der multikulturellsten<br />

der Welt. Der Notruf antwortet in prachen: Wenn emand<br />

wählt und weder Englisch noch ranzösisch spricht, sind die Mitarbeiter<br />

so geschult, dass sie die Person in weniger als einer Minute<br />

mit emandem verbinden, der die prache spricht. Egal, ob es Ungarisch,<br />

arsi oder das sudanesische Acholi ist. ber die Hälfte der Torontonians<br />

wurde nicht in Kanada geboren, über ein Dutzend ethnischer<br />

iertel verleihen mit Tausenden von Bars und Restaurants der tadt<br />

eine Atmosphäre zwischen Kunst, Kulinarik und Kult. Hinzu kommt<br />

eine formidable Architektur. Augenschmeichler kreiert von den internationalen<br />

Reißbrettstars wie rank Gehry übrigens ohn der tadt<br />

und Daniel Libeskind. berragt wird die von ihnen kreierte, supermoderne<br />

kyline der tadt vom CN Tower. Die schlanke, Meter hohe<br />

kulptur ist das dritthöchste frei stehende Gebäude der Welt und gehört<br />

zu den Top-Attraktionen der tadt. on den Aussichtsplattformen<br />

des CN Tower die Gischtwolke der nahen Niagarafälle zu sehen, ist<br />

nur eines der vielen Highlights in diesem urbanen Paradies.<br />

h, l, l ubec City ist die Hauptstadt der französischsprachigen<br />

Provinz ubec. Die einzigen tadtmauern nördlich von Meiko<br />

haben ihrer Altstadt den Ehrentitel eines Unesco-Weltkulturerbes eingebracht.<br />

Die kopfsteingepflasterten Gassen sind eng und verwinkelt,<br />

die Cafs und Bistros so charmant und die Aussichten vom airmont<br />

Chateau rontenac, dem wohl ikonischsten Hotel des Landes, auf den<br />

ankt-Lorenz-trom so wunderschön, dass man am liebsten den ganzen<br />

ommer in einer der ältesten tädte Kanadas verbringen möchte.<br />

Ah, ancouver on den Glastürmen in Downtown über die<br />

Totempfähle im tanley Park bis zu den steilen North hore Mountains<br />

Besucher aus aller Welt geraten ins chwärmen, wenn die Rede<br />

von ancouver ist. Die tadt am Pazifik wird sehr häufig die schönste<br />

tadt Kanadas genannt. Die beste Lage hat sie auf eden all. urfen<br />

und ki fahren an einem Tag, dieses Klischee wird gerne bedient. Doch<br />

es stimmt. Das Wetter ist hier auch besser als im restlichen Land. Deswegen<br />

sind die trände von Kitsilano und English Beach auch immer<br />

einen Picknickausflug mit chwimmeinlage wert Wahr ist auch, dass<br />

die reizeitmöglichkeiten hier in der Westküstenmetropole endlos<br />

sind. Meine avoriten für einen Aufenthalt in ancouver: paziergang<br />

im tanley Park, Bummel durch die Künstlergemeinde Granville Island<br />

und hopping im Public Market, Radtour auf dem Kilometer langen<br />

eawall, Besuch des hervorragenden Museum of Anthropology, um<br />

nur eine Handvoll zu nennen. Die Locals lieben auch eine Wanderung<br />

über der Baumgrenze im Garibaldi Provincial Park und das Kaaking in<br />

Deep Cove North ancouver. der gehen, unter anderem, im Lighthouse<br />

Park West ancouver zwischen uralten Douglasien spazieren.<br />

Glückliches ancouver. Einzigartiges Kanada<br />

INFO<br />

Mehr Infos zu Kanadas Vielseitigkeit und über die Orte, die ihr<br />

unbedingt sehen solltet, findet ihr auf kanadastisch.de<br />

Fotos: Destination Canada (2), Connor Jolley, Tandem x visuals, Goh Iromoto 2013/Destination Ontario,<br />

Mwangi Gatheca, Destination Vancouver/Albert Normandin, Mister Emil/Shutterstock.com<br />

64<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

frühling <strong>2022</strong>


interview<br />

Philipp Kohlhöfer ist Autor von<br />

»Pandemien« und popkulturaffiner<br />

Wissenschaftsjournalist mit einer<br />

Vorliebe für Marvel-Filme –<br />

weswegen in »Pandemien« nicht<br />

nur das Impfen und der R-Wert<br />

erklärt werden, sondern auch die<br />

Avengers vorkommen (und Ebola<br />

und Tony Stark). Er spielt Bass,<br />

hat eine Teenagertochter und<br />

wohnt in Hamburg. Und er weiß<br />

seit der Buchrecherche, wie das<br />

war, als Angela Merkel zum ersten<br />

Mal in der Charité anrief. Warum<br />

Paris einer der Gründe für sein<br />

Buchprojekt war, und warum man<br />

ihn im Pool suchen sollte, lest<br />

ihr hier.<br />

PHILIPP<br />

KOHLHÖFER<br />

Instagram @philipp_kohlhoefer<br />

Foto: Achim Multhaupt<br />

Mein letzter Urlaub führte wohin? Paris. Ich mag Städte<strong>reisen</strong> und<br />

ich bin nicht gerne im Flugzeug, also führt das fast zwangsläufig in<br />

alle europäischen Großstädte. Glücklicherweise sind da auch sehr<br />

viele dabei, in die man immer wieder fahren kann. Es war die letzte<br />

Reise vor dem ersten Lockdown und einer der Gründe, warum ich<br />

»Pandemien« schrieb.<br />

Dort bin ich immer glücklich: Im Pool. Ich schwimme. Bahnen<br />

ziehen ist das Beste, was es gibt, um zu denken, runterzukommen,<br />

automatisch zu funktionieren, Pläne zu machen und zu verwerfen.<br />

Es ist die Schönheit der Bewegung, gepaart mit dem Durchhaltenmüssen,<br />

weil man ja sonst untergeht. Das kann ich stundenlang<br />

machen, und im Grunde höre ich nur irgendwann auf, weil man ja<br />

mal aufhören muss.<br />

Mein Herzenshotel: Habe ich nicht. Hotels sind Konsumprodukte,<br />

die man benutzt, weil man irgendwohin muss. Wie ein Brot, das<br />

frühling 2016<br />

man isst, weil man nicht verhungern will. Da gibt es bessere Brote<br />

und ganz furchtbare, aber zum Glück so viele gute, dass ich kein<br />

Lieblingsbrot habe. Wenn ich hinfahre, wo ich hinwill, dann benutze<br />

ich nie ein Hotel, sondern miete mir ein Apartment.<br />

Das nehme ich immer mit auf Reisen: Ganz pragmatisch: Kreditkarte,<br />

Personalausweis. Und eine Badehose. Ansonsten gilt: zu<br />

wenig. Ich trage unglaublich ungern Koffer und Taschen und daher<br />

bin ich vermutlich der minimalistischste Reisende der Welt. Aber<br />

das Gute ist: Erstens braucht man wenig, und zweitens gibt es fast<br />

alles fast überall.<br />

Da möchte ich unbedingt irgendwann mal hin: American Heartland.<br />

Irgendwo nach Iowa oder Kansas oder Tennessee oder Dakota.<br />

Da, wo man nie hinfährt, und dann sechs Monate bleiben und versuchen,<br />

die Menschen zu verstehen.<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

65


KULTUR | Saudi-Arabien<br />

V 15 M<br />

SCHLEIER<br />

BEFREIT<br />

REISEZIEL<br />

text<br />

BWolf Alexander Hanisch<br />

EIN LAND MACHT SICH LOCKER: DAS KÖNIGREICH<br />

SAUDI-ARABIEN IST AUF MODERNISIERUNGSKURS<br />

UND WILL ERSTMALIG VOM TOURISMUS PROFITIEREN.<br />

MIT DEM FESTIVAL »WINTER AT TANTORA«<br />

ÜBERNIMMT DIE OASENREGION VON AL-ULA<br />

EINE LEUCHTTURMFUNKTION FÜR EIN NEUES,<br />

BUNTERES LEBEN IM WÜSTENSTAAT.<br />

66


frühling <strong>2022</strong><br />

67


KULTUR | Saudi-Arabien<br />

68<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> herbst 2021


ES IST, ALS FLOGEN WIR UBER EINEN SANDKASTEN<br />

VOLLER KLECKERBURGEN. NUR DASS DER SANDKASTEN<br />

SO GROSS WIE BELGIEN IST<br />

Im nationalen lughafen von Riad herrschte noch dieser muslimische<br />

Tarnkappen-Dresscode, gegen den jede Nonne als Nudistin<br />

durchgeht. Und der anschließende Inlandsflug machte keine<br />

Ausnahme: kaum eine rau ohne Gesichtsschleier und berkleid.<br />

Wer durch die Reihen des Airbus blickte, hätte meinen können,<br />

jemand hätte die Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts einfach<br />

mit einem dicken schwarzen Filzstift übermalt. Doch Sekunden nach<br />

der Landung, . Kilometer nordwestlich der saudi-arabischen<br />

Hauptstadt, bekam die tetile Apartheid Risse. Wo eben noch Abayas<br />

und Niqabs alles Feminine verneinten, klirrten plötzlich Goldreifen<br />

an nackten Armen. Wallten Locken. Präsentierten sich vom chleier<br />

befreit porzellanschöne Zähne und ferrarirot geschminkte Lippen.<br />

Willkommen in Al-Ula, tönte es aus den Bordlautsprechern. Man<br />

hätte hinzufügen können: Willkommen im größten ersprechen, das<br />

audi-Arabien derzeit zu bieten hat.<br />

Wenn es noch weiße Flecken auf der touristischen Weltkarte gibt,<br />

dann gehört das erzkonservative Land dazu. Angesichts seiner hollywoodesken<br />

Wüstenexotik wirkt das allerdings fast absurd. Besonders<br />

die Region um Al-Ula soll voll davon sein. Die ase war einst<br />

ein wichtiger Knotenpunkt entlang der Weihrauchstraße, wo alle<br />

möglichen ölker zusammenkamen. Das soll wieder aufleben, hat<br />

das Königreich etzt entschieden und Al-Ula zum Leuchtturm einer<br />

Reformpolitik gemacht, die vom grenzenlosen Weltappetit des Menschen<br />

profitieren will. o vergibt audi-Arabien nicht nur neuerdings<br />

online Touristenvisa, sondern lockert auch seine mittelalterliche Moral<br />

samt Geschlechtertrennung und schafft moderne Attraktionen. Die<br />

mit Abstand aufsehenerregendste ist Al-Ulas Kulturfestival Winter at<br />

Tantora, das an zwölf Wochenenden von Dezember bis März stattfindet<br />

und Besucher aus dem In- und Ausland anziehen soll. elbst wenn<br />

manche Events wie das erste Wüsten-Poloturnier der Welt wirken wie<br />

aus dem Ideenblock eines schnöseligen Marketingstrategen: Da will<br />

man doch hin!<br />

u den Attraktionen zählen auch lüge mit intage-Maschinen.<br />

Ich habe einen gebucht, um zu überblicken, warum gerade Al-Ula<br />

als touristisches Kronjuwel auserkoren wurde. Im magentafarbenen<br />

Morgenlicht des nächsten Tages treffe ich Klaus Plasa auf dem Rollfeld.<br />

Der Schlacks ist ein von Job zu Job tingelnder deutscher Testpilot<br />

und das Gegenteil von Tom Cruise. Statt eines Overalls à la Top Gun<br />

trägt er Jeans, T-Shirt und Flip-Flops. Wir klettern in eine Beech 18,<br />

jenen Typ, mit dem Ingrid Bergman in »Casablanca« aus der Schlussszene<br />

fliegt. Als wir abheben, steigt gasballonschnell die onne auf<br />

und bringt unter uns eine Canyonlandschaft zum Leuchten, durch die<br />

riesige grüne Zungen lecken. Es sind Hunderttausende von Dattelpalmen.<br />

Dann taucht tief geschachtelt die Altstadt des früheren Al-<br />

Ula auf. 1983 wurde sie von der letzten Familie verlassen. Klaus kippt<br />

die Maschine zur Seite und dreht ein paar röhrende Kurven über dem<br />

Ruinenfeld aus eng stehenden Lehmziegelhäusern. Der Co-Pilot<br />

brüllt aus seiner Puppenküche von Cockpit durch den Motorenlärm<br />

nach hinten. Irgendwo in diesem Labyrinth soll die obeliskförmige<br />

Sonnenuhr stehen, die dem Festival seinen Namen gibt. Ich sehe aber<br />

nur ein wildes Wabenmuster aus Wänden ohne Dach, das man derzeit<br />

nicht betreten darf. Wer es jedoch täte, müsste sich vorkommen, als<br />

spaziere er durch ein Bild von MC Escher.<br />

Weiter in Richtung Westen wird die chluchtenlandschaft dramatischer.<br />

Es ist, als flögen wir über einen andkasten voller Kleckerburgen.<br />

Nur dass der Sandkasten so groß wie Belgien ist. Wohin ich<br />

auch schaue – überall aufgetürmte Jahrmillionen, überall geronnene<br />

Zeit. Endlich, denke ich. Endlich eine Natur, die noch nicht von Geschichte<br />

verzehrt ist. Doch das Gegenteil ist der Fall. Klaus wackelt<br />

mit der linken Tragfläche, um mir ein paar schwache Kringelstrukturen<br />

im and zu zeigen. Es sind Relikte aus dem Neolithikum, als äger<br />

und Sammler zu Bauern- und Hirtenkulturen übergingen. Und das ist<br />

längst nicht alles. Ich ahne es, als ich drei einsame Jeeps ausmache, die<br />

sich tapfer durch die Unendlichkeit kämpfen.<br />

Zwei Stunden später sitze ich selbst in einem Toyota Landcruiser.<br />

Der Himmel ist nun metallicblau, das Licht weiß und stechend. Aus<br />

der Froschperspektive wirkt die Landschaft noch fantastischer. Die roten,<br />

vom Atem der andstürme gebauten elsen sehen etzt aus wie<br />

frühling <strong>2022</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

69


FREIHEITEN WERDEN IN SAUDI – ARABIEN<br />

NICHT ERKAMPFT, SONDERN GEWAHRT.UND DIES AUCH<br />

NUR DANN WENN ES DEM KRONPRINZEN PASST.<br />

Tempel, Gralsburgen, Inkaschlösser. Aber ich erkenne auch Gesichter<br />

in ihnen. Tiere. Raketen. Aufgeklappte Bücher. Das ist das Wunderliche<br />

an Al-Ula: Es kombiniert die hypnotisierende berflusslosigkeit<br />

der Wüste mit einem Assoziationskarussell, das nicht aufhört, sich in<br />

meinem Kopf zu drehen.<br />

Dass wir in einem Wadi aussteigen, das aussieht, als hätte Karl<br />

May gekifft, erscheint dann fast konseuent. Links ragt eine Pyramide<br />

in Blau und Pink aus dem and, rechts ziehen weingummibunte<br />

Kugeln über ein Geröllfeld. Es sind zwei von 14 verstreuten Kunstinstallationen,<br />

die im Rahmen von Desert zu sehen sind. Die Künstlerbewegung<br />

machte bislang das Coachella Valley in Kalifornien zur<br />

Bühne für zeitgenössische Kunst und ist nun erstmals ins Ausland<br />

gegangen. Die Show darf man revolutionär nennen. Zum Beispiel die<br />

Arbeit Nama von Lita Albuuerue: Auf einem elsen wacht eine<br />

königsblaue rauenfigur im Lotussitz über ebenso gefärbte Kreise<br />

im and. Die Astronautin, die so vom All erzählen soll, ist ein glatter<br />

erstoß gegen das islamische Bilderverbot. Rund . ahre lang<br />

hatte hier niemand etwas Ähnliches gewagt. Und schon gar nicht in<br />

Form einer Frau.<br />

In der honiggelben Steinwelt ist die entrückte blaue »Najma« von<br />

schwebender chönheit. Eine andere Anmutung hat The Lost Path<br />

des saudischen Künstlers Muhannad Shono. Bündel pechschwarzer<br />

Rohre fließen wie diabolische Adern durch and und Geröll, teilen<br />

sich auf, klettern über Wände und verschwinden in Spalten. »Die Menschen<br />

sollten ihren eigenen Weg gehen, auch wenn er schwer ist«, erläutert<br />

Hadi. Der Mann mit dem Prophetenbart ist einer der Wächter,<br />

die jeweils vor einer Installation stehen und Katalogtexte aufsagen.<br />

Die Wucht von Shonos Botschaft in einem Land, das mit seinem Hardcore-Islam<br />

das eigenverantwortliche Denken jahrhundertelang verbarrikadierte,<br />

scheint Hadi nicht zu spüren. Er lächelt nur schief. Und<br />

ist froh, dass er diesen Job gefunden hat. Der Ölreichtum produziert<br />

nämlich keineswegs das erwartete chlaraffenland mit tiefhängenden<br />

Früchten, die in jeden Landeswinkel hineinwachsen. Mir dämmerte es<br />

bereits angesichts der hier herumzockelnden Mercedesruinen, die in<br />

Dubai längst keiner mehr fährt.<br />

Wie man hört, soll der remdenverkehr audi-Arabien , Millionen<br />

neue Arbeitsplätze bescheren. Aber es geht um mehr. Der Tourismus<br />

ist Teil der Modernisierungsoffensive ision , die der<br />

regierende Kronprinz Mohammed bin Salman seinem Land verordnet<br />

hat, um unabhängiger vom Öl zu werden und auf dem Hexenbesen<br />

der Globalisierung mitreiten zu können. Gleichzeitig muss er der aufsteigenden<br />

Mittelklasse etwas bieten und eine Bevölkerung bei Laune<br />

halten, in der fast Prozent unter ahre alt sind. Also erlaubt<br />

audi-Arabien nun Entertainment vor gut einem ahr war das noch<br />

Teufelszeug.<br />

ür Al-Ulas Unterhaltung wurde die Maraya Concert Hall in die<br />

Landschaft gestellt. Und sie liefert auf Anhieb. Der voll verspiegelte<br />

Würfel reflektiert die Wüstenberge ringsum und verschwindet so fast<br />

völlig in seiner Umgebung. Mehr Abstraktion geht nicht. Habe ich<br />

jemals ein schöneres Gebäude gesehen als diese gespenstische Fata<br />

Morgana? Im Schummerlicht des Foyers relativiert sich der Eindruck<br />

ein wenig – zu sehr erinnert der Teppichboden an einen sozialistischen<br />

Kulturpalast. Dafür ist die zumeist saudische Abendgesellschaft unverkennbar<br />

großkalibrig. Die Männer tragen ein Siegerlächeln zur aspirinweißen<br />

Dishdasha, die rauen Designer-Abayas mit chlitz und<br />

glitzernden Borten, in denen auch Billie Eilish auftreten könnte. Die<br />

Hautevolee ist wegen der Persian Night gekommen. Auch das erstaunt.<br />

Musik vom Erzfeind Iran?<br />

Im aal steht gerade Leila orouhar auf der Bühne und schafft es,<br />

so seicht wie pathetisch zu singen. Die dralle Blondine steckt in einer<br />

Bonboniere von Rüschenkleid und schüttelt ihre Haarwolke mit<br />

erotischer erve. Im Publikum formen Mädchen inger und Daumen<br />

zu Herzchen, der Applaus nach den ongs kommt mit irritierender<br />

Verzögerung. Konzerte sind hier eindeutig ungewohnt. Und manches<br />

andere auch. Neben mir sitzt ein Herr mit Kufiya im Kreis seiner vier<br />

voll verschleierten Ehefrauen und starrt so angespannt auf das persische<br />

Verführungsfeuerwerk, als müsse er eine Drahtbürste verdauen.<br />

Kann es sein, dass das Tempo der Lockerungen dabei ist, das moralische<br />

kosystem des Landes zu erschüttern? Ach was. Wir kehren<br />

nur zurück zu itten, die bis Anfang der er-ahre normal waren,<br />

sagt Hussam al Mayman in einer der Pausen. Der Mann mit der titanbeschichteten<br />

Coolness eines George Clooney ist Manager der Royal<br />

Commission for Al-Ula, die sich um die Entwicklung der Gegend<br />

kümmert. Er lobt die neuen Freiheiten der Frauen, die jetzt arbeiten,<br />

<strong>reisen</strong> und sogar Auto fahren dürften. Dass ene eministinnen, die<br />

gegen das Fahrverbot demonstriert hatten, immer noch in Haft sind,<br />

ist für ihn kein Thema. Das ist es aber auf jeden Fall. Denn der Umstand<br />

macht überdeutlich: reiheiten werden in audi-Arabien nicht<br />

erkämpft, sondern gewährt. Und dies auch nur dann, wenn es dem<br />

Kronprinzen passt.<br />

Gut, dass es die Wüste gibt mit ihrer alles relativierenden Größe<br />

meine Krittelei nähme sonst vielleicht überhand. Auch die wenigen<br />

Hotels scheinen sich ihr unterzuordnen. Sie liegen weit verstreut, sind<br />

halb elt, halb Luusresort und in ihrer beige-braunen Camouflage<br />

kaum zu erkennen. Ich dagegen schlafe in einem Wohnwagen für Touristen.<br />

Er sieht aus wie eine mit Scheuersand blank geriebene Konservendose<br />

und steht im Reigen anderer Trailer auf einer Art elsenlichtung.<br />

Bevor ich zu Bett gehe, sitze ich lange auf meiner Privatterrasse<br />

und schaue in den Nachthimmel. Die Sterne sind zum Greifen nah.<br />

Fast halte ich sie für landende Flugzeuge.<br />

Am nächsten Morgen bringt ein strahlender Inder das rühstück<br />

mit einer ervicebeflissenheit, die man zärtlich nennen muss. Ganz<br />

anders der saudische ahrer, der genervt die Augen verdreht, als ich<br />

die Autotür einen Tick zu unsanft schließe. Nach zwei Kurven staune<br />

70<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

frühling <strong>2022</strong>


KULTUR | Saudi-Arabien<br />

Die Region von Al-Ula war einst Knotenpunkt alter<br />

Handelsrouten und Zivilisationen. Den saudischen<br />

Künstler Rashed Al Shashai inspirierte dies zu diesem<br />

Werk: eine Pyramide aus Kunststoffpaletten, in der<br />

sich althergebrachte Hochkultur und moderner<br />

Kommerz symbolisch vereinen.<br />

herbst 2020<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

71


KULTUR | Saudi-Arabien<br />

»The Future is Now« heißt die Skulptur von Gisel Colon. Was die prüden Saudis<br />

wohl von ihrer phallischen Anmutung halten? Die Maraya Concert Hall ist dagegen<br />

unverfänglich: Durch ihr Spiegelkleid löst sie sich nahezu zwischen den Felsen auf.<br />

Mehr Hommage an eine Landschaft geht nicht.<br />

72<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

frühling herbst 2020 <strong>2022</strong>


herbst 2020 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> 73


KARIBIK KULTUR | | Saudi-Arabien<br />

Dominica<br />

Hegra war die zweitwichtigste Stadt der Nabatäer nach Petra in Jordanien. Während sich dort die Touristen drängen, hat man hier die Gräber<br />

fast für sich. Und es scheint, als wolle die Natur mithalten: Der gespenstisch schöne Elephant Rock ist nur ein Beispiel.<br />

Dickhäuter im Sand: Der<br />

Elefantenfels sieht aus wie<br />

gemeißelt. Doch es war der<br />

Wind, der ihn so formte.<br />

74


ICH GENIESSE DAS GEFUHL, ENTDECKER UND<br />

NICHT TOURIST ZU SEIN, IN VOLLEN ZUGEN.<br />

Fotos: Royal Commission of Al-Ula (RCU) (4), Felipe Pires, Lance Gerber, Wolf Alexander Hanisch, DDB, CJimenez/Shutterstock<br />

ich nur noch im Bann der Felsenberge. Jeder von ihnen scheint seinen<br />

eigenen Charakter zu haben. Gerade als ich denke, dass es nicht mehr<br />

besser werden kann, sind wir in Hegra. Und Al-Ula setzt noch einen<br />

drauf.<br />

Die antike Ausgrabungsstätte Hegra wäre überall auf der Welt ein<br />

rt, wo sich Reisebusse verkeilen. Außer uns sind aber nur zwei weitere<br />

Geländewagen da. Dabei muss man kein Archäologe sein, um die<br />

Bedeutung der Nekropole zu begreifen: Bahnhofsportalhoch prangen<br />

mehr als Monumentalgräber im andstein. ie stammen vom olk<br />

der Nabatäer, das hier seine zweitwichtigste tadt nach Petra in ordanien<br />

unterhielt. Manche der Pforten stehen dicht wie Reihenhäuser<br />

und sind von einer Akkuratesse, als läge hier noch das Werkzeug herum,<br />

mit dem man sie baute. Doch sie trotzen schon seit . ahren<br />

der Ewigkeit. Warum ist das alles nur so verdammt gut erhalten? Azmi<br />

hat eine Erklärung. Jahrhundertelang habe man um die Gräber einen<br />

Bogen gemacht, weil sie vorislamisch seien. Viele hätten sogar an deren<br />

erfluchung geglaubt. Erst etzt fangen wir an, ein Bewusstsein<br />

dafür zu entwickeln, sagt der Guide. on den Restaurierungsarbeiten<br />

spräche man allerdings immer noch nur hinter vorgehaltener Hand:<br />

Man will den orwurf vermeiden, Götzenbilder auszugraben. Aber<br />

wie auch immer. Ich genieße das Gefühl, Entdecker und nicht Tourist<br />

zu sein, in vollen Zügen.<br />

Als gehörten seine Relikte zur chöpfung, verschwimmen in Hegra<br />

die Grenzen zwischen Mensch und Natur. Am Elefantenfelsen ist<br />

das ähnlich. Der Meter hohe olitär gleicht einem Dickhäuter so<br />

perfekt, dass es mir fast schwerfällt, an einen glücklichen Zufall zu<br />

glauben. Erst recht im purpur blutenden Abendrot. Dann ist die onne<br />

weg, aber der Himmel behält noch lange die lachsrosa Farbe von<br />

Löschpapier. Der Steinelefant glüht jetzt nach. Und glüht. Und glüht.<br />

Es dauert lange, bis ich begreife, dass Strahler angegangen sind und<br />

so kunstvoll hochgedimmt werden, dass das echte Abendlicht dagegen<br />

fast dilettantisch wirkt.<br />

Am letzten Tag könnte ich mit einer ip-Line durch eine Mondlandschaft<br />

rasen. Auf Kamelen reiten. Mir von armern erklären lassen,<br />

wie süße Zitronen und bittere Orangen wachsen. Oder auf einem<br />

Markt Hummus kosten. Ich verfaulenze ihn aber lieber bis zum Mittag<br />

in einem Wüstencamp, wo mir Beduinen-Darsteller Tabak für meine<br />

hishapfeife bringen und nach Hustensaft schmeckenden Kaffee servieren.<br />

Ich liege auf Polstern und sinniere wieder über die scheinbar<br />

gerade erst erstarrten Gesten der Felsenberge. Sie sind längst meine<br />

Freunde geworden. Könnte man hier als Fels wiedergeboren werden<br />

– ich wäre dabei.<br />

Trotzdem freue ich mich, als mein Fahrer kommt. Ein Sandsturm<br />

hat das Camp überfallen und verschießt sein kristallscharfes Schrot.<br />

Wir kurven lange durch die Wüste. Die Landschaft jenseits der Fenster<br />

erinnert nun an ein überbelichtetes oto. Als ich die orstellung geradezu<br />

grotesk finde, dass emals wieder etwas Menschengemachtes auftauchen<br />

könnte, hört der turm auf und wir halten vor Annabels. Das<br />

Pop-up-Restaurant ist ein Ableger des angesagtesten Members Club<br />

von London und eistiert nur während des estivals. After-Eight-grüne<br />

Stellwände, viktorianische Lampenschirme, Chintzkissen – britischer<br />

geht es kaum. Der mit Miso glasierte Kabeljau schmeckt großartig, das<br />

Rote-Beete-Carpaccio auch. Aber mit audi-Arabien haben die Gerichte<br />

nichts gemein. Die Drinks dafür umso mehr. Leider. Denn so gut<br />

jetzt ein Sundowner zur campariroten Dämmerung passte – wir sind<br />

in einem taat, der Alkoholkonsum mit Gefängnis und tockschlägen<br />

bestraft. Hinter der Bar, wo sich üblicherweise ein buntes Pfauenrad<br />

aus pirituosen auffächert, stehen nur ein paar freudlose aft- und<br />

irupflaschen. Den amilien, die hier speisen, wirds egal sein. Aber<br />

was ist mit den vielen auf Spaß getrimmten Schönheiten, die ich im<br />

lugzeug aus Riad sah? Und wo sind die überhaupt?<br />

Am letzten Abend des estivals treffe ich sie alle wieder auf einem<br />

Wüstenplateau zur großen Abschlussparty. Azimuth nennt sich<br />

das pen Air mit Weltklasse-Lightshow und temporären Restaurants<br />

und Bars und riesiger Bühne. ber die tigert etzt Tinie Tempah. Uh<br />

audi Arabia Get your Party Der Londoner Grime-Rapper dampft<br />

vor Pubertät. Die Menge steht noch locker, ich schlängele mich durch.<br />

Manchmal kreuzen sich die Blicke. Dann leuchtet ein Gesicht auf und<br />

emand ruft Welcome to audi Arabia. In den Bars berauscht man<br />

sich statt an Gin Tonics an der Droge ucker die Buffets mit unfassbar<br />

köstlichen Süßigkeiten sind endlos. Gruppen stehen zusammen,<br />

lachen und singen sogar. Man genießt offensichtlich eine ungekannte<br />

moralische Schwerelosigkeit. »So wie die Saudis kann doch niemand<br />

leben«, ruft mir eine ukrainische Kellnerin ins Ohr. »Noch nicht einmal<br />

die Saudis selbst!« Doch im Vorraum der Herrentoilette knien<br />

dann und wann Männer auf Gebetsteppichen und man sieht Frauen<br />

mit Abaya und Niab in der Menge schwarze ernste chatten in einer<br />

neuen, bunten, leichtsinnigen Welt.<br />

päter am Abend nimmt der ergnügungsdampfer ahrt auf, als<br />

Elektropionier Jean-Michel Jarre die Bühne betritt. Sein rhythmischer<br />

Sphärensound ist wie gemacht für die elegische Wüstenlandschaft.<br />

Die Menschen werden immer lauter, vielleicht so laut wie noch nie<br />

in ihrem Leben. Am chluss des Konzerts breitet arre die Arme aus<br />

und beschwört sein Publikum mit französischem Akzent: ou are the<br />

future!« In diesem Moment erzittern die Felsen hinter ihm in einem<br />

schockierend pinken Laserkleid. Es wirkt, als wollten sie ihm unbedingt<br />

recht geben.<br />

INFO<br />

Immer wieder finden in Al-Ula Kunstausstellungen und Festivals<br />

statt – in diesem Jahr noch bis Ende März <strong>2022</strong>. Saudia Airlines<br />

bietet in dieser Zeit dreimal die Woche fünfstündige Direktflüge<br />

von Paris nach Al-Ula an. Mehr Infos unter:<br />

www.experiencealula.com<br />

frühling <strong>2022</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

75


KULTUR | Neuseeland<br />

16<br />

REISEZIEL<br />

Urlaub in<br />

Mittelerde<br />

text<br />

BKonrad Bender<br />

21 (in Worten: einundzwanzig) Jahre ist es jetzt her,<br />

dass der erste Teil der »Herr der Ringe«-Trilogie<br />

erstmals über die Leinwände dieser Welt flimmerte.<br />

Der heimliche Hauptdarsteller der Fantasy-Saga:<br />

der Drehort Neuseeland. Grund genug, heute noch<br />

einmal einen Blick auf die Kiwi-Eilande zu werfen.<br />

Denn die beeindruckenden Naturschauplätze gibt<br />

es heute natürlich immer noch. Und auch einige der<br />

errichteten Kulissen lassen nicht nur Nerd-Herzen<br />

höherschlagen. Wir kennen viele der mehr als<br />

150 Drehorte im ganzen Land, die noch heute<br />

eine anstrengende Reise durch die<br />

Totensümpfe rechtfertigen.<br />

76 frühling <strong>2022</strong>


FJORDLAND:<br />

DER FANGORN-WALD<br />

Dieser Wald bleibt zum Glück, wo er ist, nämlich am Südzipfel Neuseelands: Der Fjordland-Nationalpark<br />

umfasst 1,2 Millionen Hektar (das sind etwa 1,7 Millionen Fußballfelder) Berg-, Seen-, Fjordund<br />

Regenwaldlandschaften, und da soll erst mal einer beweisen, dass sich da nicht ein paar<br />

Ents versteckt haben. Und auch Ent-Frauen. Der Fjordland-Nationalpark nämlich war die Kulisse<br />

für den Fangorn-Wald, in dem die beiden Hobbits Merry und Pippin auf die verhältnismäßig<br />

gemächlichen Ents und ihre für mittelerdische Umstände sehr demokratieähnliche Art der Entscheidungsfindung<br />

getroffen sind. So vielfältig, wie sich der Nationalpark gestaltet, präsentiert<br />

sich dementsprechend auch die Liste mit Aktivitäten, die sich dort unternehmen lassen. Ob im<br />

Kajak den Park erkunden, unter Wasser eine fremde Welt kennenlernen oder mit dem Helikopter<br />

durch die Lüfte gleiten – langweilig wird es hier nicht.<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

77


KULTUR | Neuseeland<br />

WAIKATO: HOBBINGEN<br />

Auf diesen Punkt haben doch alle nur gewartet: Natürlich darf das beschauliche Hobbingen in<br />

dieser Aufzählung nicht fehlen. Es wird wohl niemanden geben, der beim ersten Anblick der<br />

runden Holztüren vor den elegant geschwungen Wohnhöhlen der gemütlichen Hobbits nicht<br />

verwundert bis bezaubert war. Die Kulisse dafür bot das Farmland rund um die Stadt Matamata<br />

in der Region Waikato. Noch heute kann das Auenland in einem geführten Spaziergang<br />

erkundet werden, denn Hobbingen wurde – nachdem es zwischenzeitlich vom Erdboden verschwunden<br />

war – anlässlich des Drehs der Hobbit-Trilogie wieder aufgebaut und dann einfach<br />

stehen gelassen. Deshalb können wir Großlinge heute ein paar neugierige Blicke in die 44 voll<br />

ausgebauten Hobbit-Löcher werfen. Ganz großes Kino!<br />

78 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

frühling <strong>2022</strong>


Der Schicksalsberg ist der vielleicht wichtigste Ort in der ganzen Trilogie und rückt auch immer<br />

wieder prominent ins Bild. Natürlich ist er nicht am Computer entstanden, sondern wurde »gespielt«<br />

durch den Mount Ngauruhoe im Tongariro National Park. Der Vulkan ist zwar auch in seiner Freizeit<br />

noch aktiv, allerdings nicht ganz so dramatisch, wie auf der Leinwand. Deshalb ist es auch möglich,<br />

den Berg selbst zu erklimmen. Zu festem Schuhwerk oder sehr ledrigen Hobbitfüßen wird geraten.<br />

Doch nicht nur der Mount Ngauruhoe, auch im Rest des Nationalparks wurde für die Trilogie gedreht –<br />

und zwar die Szenen in Mordor. Das raue Gebirge eignete sich mit seiner zerklüfteten Topografie<br />

dafür ganz hervorragend und die Rangipo-Wüste, die die Gebirgskette umgibt, ist in den Filmen häufig<br />

als Hintergrund für diverse Ork-Aufmärsche zu sehen. Wer naturbegeistert ist und keine Angst<br />

vor manchmal etwas kargen Landschaften und dem einen oder anderen Uruk-hai ist, für den ist ein<br />

abenteuerlicher Urlaubsausflug in diesen Nationalpark genau das Richtige.<br />

RUAPEHU:<br />

MORDOR UND DER SCHICKSALSBERG<br />

79


KULTUR | Neuseeland<br />

CANTERBURY: EDORAS<br />

Dieses Canterbury liegt tatsächlich nicht in Kent,<br />

sondern in Neuseeland, genauer gesagt rund um den<br />

Ort Christchurch herum. Für »Herr der Ringe«-Fans<br />

dürfte hier vor allem der Mount Sunday im Ashburton<br />

District das Ziel sein. Auf dem nämlich wurde für die<br />

Filme die Hauptstadt des Reitervolks von Rohan errichtet,<br />

die majestätisch über der Umgebung thronte.<br />

Vom Filmset ist zwar nichts mehr übrig, der Aufstieg<br />

lohnt sich aber schon aufgrund der atemberaubenden<br />

Naturkulisse allemal. Und mit ein wenig Fantasie<br />

und Kopfkino kann man sich trotzdem die Palisaden<br />

und den hölzernen Palast der Rohirrim vor Augen rufen.<br />

NELSON-TASMAN:<br />

DIMRILL DALE UND MORIA<br />

Man möchte den Eindruck gewinnen, Neuseeland bestünde<br />

nur aus Gebirgen. In der Nelson-Tasman-Region<br />

etwa wurden im dortigen Kahurangi-Nationalpark<br />

unter anderem die Szenen rund um die Durchquerung<br />

der Minen von Moria gedreht. Der Mount Olymp und<br />

der Boulder Lake sind zu sehen, als die Gefährten die<br />

von Saruman gesandten Krähen entdecken, und der<br />

Mount Owen ist jener Berg, in dessen Schatten die<br />

Gefährten sich nach der Flucht aus Moria ausruhen<br />

und den Verlust Gandalfs betrauern. In Mittelerde<br />

ist dies der Ort Dimrill Dale, auf Deutsch Schattenbachtal.<br />

Die Gegend lässt sich entweder per pedes<br />

erkunden oder ganz standesgemäß mit dem Helikopter.<br />

Da hat man auf jeden Fall den besten Überblick.<br />

80<br />

frühling <strong>2022</strong>


WELLINGTON:<br />

ANDUIN UND DER PFAD<br />

DER TOTEN<br />

Fotos: Peter Hammer, David Tip, Sebastian Goldberg, Shaun Jeffers, Matthew Buchanan, Richard Foreman, bennyjain<br />

Unvergessen die Szene, in der Arwen und Frodo vor den Nazgûl<br />

fliehen und die Elbin die Verfolger vom entfesselten Fluss Anduin<br />

wegreißen lässt. Im wahren Leben hört der auf den Namen Hutt<br />

River. Der Fluss trennt die beiden Parks Moonshine und Totara und<br />

verläuft »in echt« um einiges ruhiger als auf der Leinwand. Ebenfalls<br />

eine spannende Ecke in der Region: der Mount Victoria. Am<br />

bewaldeten Bergfuß wurde seinerzeit die Szene gedreht, in der<br />

die Hobbits sich nach ihrem Aufbruch erstmals vor den Schwarzen<br />

Reitern verstecken müssen. Für einen beschaulichen Ausflug<br />

empfiehlt sich also auf jeden Fall etwas angenehmeres Wetter als<br />

in der Szene.<br />

In Wellington selbst, beziehungsweise im Vorort Miramar, kommen<br />

Freunde von Spezialeffekten und Kostümen voll auf ihre Kosten.<br />

Dort befindet sich der Weta Workshop, in dem zahlreiche der vielen<br />

Effekte, Rüstungen, Waffen und weitere Requisiten ausgetüftelt<br />

wurden. Die Werkstatt kann im Rahmen einer Tour besichtigt werden.<br />

Und noch ein Drehort verbirgt sich in der Region um Wellington.<br />

In den Putangirua Pinnacles nämlich suchten Aragorn, Legolas<br />

und Gimli die Armee der Toten auf, um sie an den Eid auf Isildurs<br />

Erben zu erinnern.<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

81


17<br />

REISEZIEL<br />

text<br />

BRalf Johnen<br />

Moseltriathlon mit<br />

Genusseinheiten<br />

Die Mosel neu erleben? Das ist nicht schwierig. Wie wäre es etwa mit der<br />

Kombination aus mehreren Fortbewegungsarten: abwechslungsreiche<br />

Wanderungen, spielerisch leichte Etappen auf dem E-Bike und<br />

zwischendrin Ruheeinheiten an Bord eines Ausflugsschiffs.<br />

Eine Tour, die sich perfekt für ein langes Wochenende eignet.<br />

82<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

frühling <strong>2022</strong>


KULTUR | Mosel<br />

Tag 1, 12 Uhr<br />

Für einen Junitag ist es kühl, als wir in Bernkastel-Kues ankommen.<br />

Der wolkige Himmel kommt uns gelegen, denn zum Auftakt unserer<br />

Tour möchten wir uns direkt einer Herausforderung stellen: Auf direktem<br />

Weg soll es in Richtung Traben-Trarbach gehen. Durch die steilen<br />

Weinberge, wo die berühmten Rieslingtrauben gedeihen, und nicht<br />

entlang der Mosel, die zwischen den beiden Weinorten einen großen<br />

Bogen schlägt.<br />

15 Uhr<br />

Nach knapp drei knackigen Wanderstunden erreichen wir unser Ziel.<br />

Obwohl wir Luftlinie kaum mehr als fünf Kilometer von unserem<br />

Startpunkt entfernt sind, wähnen wir uns in einer anderen Welt. So<br />

mag Traben-Trarbach heute rund 5.000 Einwohner zählen. Doch das<br />

Städtchen, dessen Name sich aus den beiden gegenüberliegenden<br />

Ortsteilen zusammensetzt, blickt auf eine ruhmreiche Vergangenheit<br />

zurück, die um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert ihren Höhepunkt<br />

erreichte. Aus dieser Zeit stammt auch das Hotel Bellevue, das<br />

leicht an seiner markanten Silhouette zu erkennen ist.<br />

19 Uhr<br />

Die fast schon verschwenderische Opulenz unserer Unterkunft setzt<br />

sich im hauseigenen Restaurant Belle Époque fort. Großformatige Jugendstilmalereien<br />

und aufwendig ornamentierte Lampen wetteifern<br />

im Belle Époque um die Aufmerksamkeit der Gäste. Wir entscheiden<br />

uns für gebeizten Lachs mit buntem Salat und Jakobsmuscheln mit<br />

Spargel. Dabei gönnen wir uns die nostalgische Einsicht, dass einiges<br />

in früheren Zeiten schon schöner war.<br />

Tag 2, 10 Uhr<br />

Am nächsten Morgen lassen wir uns im selben Saal zunächst viel Zeit<br />

beim Frühstück. Erst am späten Vormittag erkunden wir das kleine<br />

Städtchen. Hierzu nehmen wir an einer Führung durch die Unterwelt<br />

von Traben-Trarbach teil. Diese führt unter anderem ins Vinotropolis,<br />

einen altehrwürdigen Weinkeller in der Nähe der Moselbrücke. Laura<br />

Gerhardt, unser Guide, erklärt uns, dass Traben-Trarbach um das Jahr<br />

1900 nach Bordeaux der weltweit zweitwichtigste Umschlagplatz für<br />

Wein gewesen ist. Daher auch die aufwändigen Jugendstilbauten.<br />

Die Studentin kennt sich mit dem Thema aus, denn sie wurde<br />

2018 zur Weinkönigin der Moselregion gewählt. Eine Erfahrung, auf<br />

die die 22-Jährige mit gemischten Gefühlen zurückblickt. Die Weinfeste,<br />

ja, die seien schön und gut, aber eben auch sehr altmodisch. Es<br />

gibt also noch Modernisierungsbedarf in dem Weinbaugebiet.<br />

16.30 Uhr<br />

Am späten Nachmittag begeben wir uns an Bord der Theodor Heuss,<br />

die um 17 Uhr ihr Tagewerk am nahen Anleger fortsetzt. Endstation<br />

für uns ist ell. An Deck des Passagierschiffs gleiten wir träge über<br />

die Mosel, die sich zunächst nur mit leichten Kurven ihren Weg in<br />

Richtung Norden bahnt. Dabei entdecken wir vom Deck einige große<br />

Mosellagen mit ihren verschrobenen Namen wie Kröver Nacktarsch<br />

und Briedeler Herzchen. Dank der mit großen Lettern angefertigten<br />

Schriftzüge sind sie unverkennbar. Erst bei Pünderich schlägt der<br />

Fluss wieder einen der weiten Bogen, die seit Generationen auf Postkarten<br />

zu sehen sind. Eine Extravaganz, die er kurz darauf wiederholt,<br />

um nun endlich nach Zell zu führen.<br />

83


Gute Aussichten: Ob mit Blick auf die Mosel im Speisesaal des Jugendstilhotels Bellevue in Traben-Trarbach frühstücken, mit dem Schiff<br />

entlang der Steillagen nach Zell oder beim Eisessen in Cochem – für einen Urlaub an der Mosel gibt es mehr als einen guten Grund.<br />

84


KULTUR | Mosel<br />

Fotos: Ralf Johnen (3), Fokke Baarssen/Shutterstock.com<br />

19 Uhr<br />

Nachdem wir im Hotel Zum Grünen Kranz in Zell eingecheckt haben,<br />

wandern wird am Moselufer zum Restaurant Zum Eichamt. Das Lokal<br />

ist für eine moderne Auslegung der traditionellen Küche bekannt.<br />

Eine Kostprobe: »Gebackene Entenbrust im Haselnuss-Mantel mit<br />

Weinbergspfirsichrotkohl. Dazu gönnen wir uns eine eller chwarze<br />

Katz vom gleichnamigen Weinberg. Eine Marke, die im Ort von Wandmalereien<br />

über Figuren und Reklameschilder bis hin zu Flaschenetiketten<br />

in vielen Variationen präsent ist.<br />

Tag 3, 9 Uhr<br />

Der nächste Morgen begrüßt uns mit Sonnenschein. Ein guter Tag also<br />

für eine Radtour. Wir entscheiden uns für E-Bikes. Am Südufer bewegen<br />

wir uns zunächst ein tück flussaufwärts, um bei Reil die Mosel<br />

zu überqueren. Auf der anderen Seite folgen wir einem gut ausgebauten<br />

Radweg zurück in Richtung Zell. Neben uns erkennen wir nun die<br />

Bahnstrecke, die wir gestern schon vom chiff aus gesehen haben. or<br />

vielen Jahren fuhren hier die ersten Züge von Paris nach Berlin.<br />

Bald sehen wir das Pündericher Hangviadukt, ein Eisenbahnteilstück,<br />

das aus 92 Torbogen besteht und das wie eine Hinterlassenschaft<br />

der Römer aussieht. Kurz dahinter biegen wir in den Weinberg<br />

ab und gelangen schließlich zum Aussichtsturm Prinzenkopf.<br />

Das 27 Meter hohe Bauwerk thront seit 2009 auf dem 235 Meter<br />

hohen Berg gleichen Namens. Als wir nach 113 Stufen die Plattform<br />

erreichen, kommen wir in den Genuss einer atemberaubenden Aussicht.<br />

Gut 150 Meter unter uns liegt die Moselschleife Zeller Hamm.<br />

Der Blick vereint alles, was die Region ausmacht: In einiger Entfernung<br />

sehen wir am Hang die trutzige Marienburg, dahinter Steillagen,<br />

die in kleine Uferdörfer übergehen, und schließlich einen Fluss, der<br />

sich sein Bett scheinbar willkürlich gegraben hat.<br />

13 Uhr<br />

Für die letzte Etappe können wir uns zwischen zwei Optionen entscheiden:<br />

Entweder wir schauen uns das romantische Flusstal auf dem Weg<br />

nach Cochem wieder vom Deck des Linienschiffs an oder wir begeben<br />

uns nochmals auf eine Wanderung, die sich diesen Titel dank der vielen<br />

Kilometer auch verdient. Wir entscheiden uns für eine gemischte Variante,<br />

die uns zunächst auf dem Fluss nach Senheim bringt. Von hier aus<br />

wandern wir über den Moselsteig zu unserem Zielort.<br />

19 Uhr<br />

Als wir am frühen Abend Cochem erreichen, gönnen wir uns zunächst<br />

einmal das beste Eis der Region. Das gibt es bei der Gelateria Bortolot,<br />

einem unscheinbaren Lokal an der Moselbrücke. Die aus den Dolomiten<br />

stammende Familie beschäftigt sich schon seit 1896 mit der<br />

Herstellung von Speiseeis, was sie zu meisterhaften Kompositionen<br />

befähigt. Besonders gut ist die orte Weinbergpfirsich.<br />

Tag 4, 10 Uhr<br />

Den nächsten Tag beginnen wir abermals mit einem Aufstieg, diesmal<br />

zur Reichsburg Cochem. Das ikonische Bauwerk könnte als Kulisse für<br />

einen Tim-Burton-Film dienen und wurde mutmaßlich ab dem Jahr<br />

1100 auf einem spitz zulaufenden Berg errichtet, der Cochem und die<br />

Mosel um rund 100 Meter überragt. Der Aufstieg lohnt sich allein wegen<br />

der Aussicht.<br />

13 Uhr<br />

Cochem selbst leidet indes seit Generationen unter seiner eigenen Popularität.<br />

Die einen sagen, ab hier werden in Richtung Moselmündung<br />

nicht nur die Berge, sondern auch die Weine flacher. Andere sprechen<br />

unverblümt vom »Ballermann an der Mosel«. Doch auch hier tut sich<br />

etwas: Die Cochemer Kaffeerösterei serviert Craft Coffee auf hohem<br />

Niveau. Mit einem vorzüglichen Flat White sitzen wir auf der Fensterbank<br />

und blicken auf die umliegenden Fachwerkhäuser.<br />

15 Uhr<br />

Ohnehin bewahrheitet sich auch in Cochem eine alte Reiseweisheit:<br />

Sobald körperliche Anstrengungen im Spiel sind, hält sich der Andrang<br />

in Grenzen. So ist es denn auch in den höher gelegenen Gassen angenehm<br />

ruhig. Wir überqueren den Fluss, um am Südufer die Probierstube<br />

eines Winzers aufzusuchen. Unsere Wahl fällt auf die Weinstuben<br />

Hieronimi. Das Haus lockt neben Hotel und Restaurant auch mit einem<br />

ebenso wohltemperierten wie sehenswerten Weinkeller, wo wir<br />

eine kühle Flasche Moselwein Feinherb für kleines Geld kaufen. Damit<br />

setzen wir uns in der Nachmittagssonne ans Ufer und kühlen uns die<br />

Füße im Fluss. Die Gläser bekommen wir ohne Aufpreis dazu – natürlich<br />

müssen wir sie zurückbringen. Einen besseren Blick auf Altstadt<br />

und Burg gibt es kaum. Da schmeckt der Wein umso besser.<br />

INFO<br />

Die Mosel entspringt in den Vogesen, und bahnt sich rund 544<br />

Kilometer weit ihren Weg durch Frankreich und Luxemburg bis zur<br />

Mündung in den Rhein bei Koblenz. Als Weinanbaugebiet genießt<br />

die Mosel weltweiten Ruhm. Obwohl das Anbaugebiet wegen<br />

der komplizierten Steillagen seit Jahren kleiner wird, erzielt der<br />

Riesling Spitzenpreise. moselhighlights.de, weinland-mosel.de,<br />

visitmosel.de (inklusive Beschreibung des Moselsteigs)<br />

ANREISE Wer mit dem Auto anreist, kann dieses in Bernkastel-<br />

Kues abstellen (Parkausweis gegen Gebühr in der Touristeninformation).<br />

Von Cochem fährt die Bahn zurück bis nach Wittlich.<br />

Von dort ein Taxi zurück zum Ausgangspunkt nehmen.<br />

UNTERKÜNFTE, RESTAURANTS & AKTIVITÄTEN<br />

TRABEN-TRARBACH Jugendstilhotel Bellevue, bellevue-hotel.de<br />

Moselrundfahrten, Preise online, moselrundfahrten.de<br />

Traben-Trarbacher Unterwelt, unterwelt-ausflug.de<br />

ZELL AN DER MOSEL Zum Eichamt zumeichamt.de<br />

Fahrradverleih Zell, E-Bike € 27/Tag, fahrradverleih-zell.de<br />

Hotel Zum Grünen Kranz, zumgruenenkranz.de<br />

COCHEM Gelateria Bortolot, bortolot.de<br />

Weinstuben Hieronimi Cochem, hotel-hieronimi.de<br />

Reichsburg Cochem, reichsburg-cochem.de<br />

Cochemer Kaffeerösterei, kaffeerösterei-cochem.de<br />

Weingut Daniel Bach, bach-wein.de<br />

Hotel Villa Vie, villa-vie-cochem.de<br />

frühling <strong>2022</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

85


interview<br />

Sabine Heinrich kennt sich in Deutschland gut<br />

aus, denn schließlich moderiert sie beim ZDF<br />

»Das große Deutschland-Quiz«. Besonders im<br />

Westen, also in Nordrhein-Westfalen, ist sie<br />

beliebt, denn dort bringt sie jede zweite Woche<br />

die Menschen mit ihrer Frühsendung auf WDR2<br />

einfühlsam und frohen Mutes in den Tag. Und<br />

wer im Alltag durchaus Stress und Anspannung<br />

kennt, muss im Urlaub einfach entspannen.<br />

Wo das am besten geht, haben wir sie einmal<br />

persönlich gefragt.<br />

Mein letzter Urlaub führte mich ... Wir haben uns im Sommer in unsere<br />

kleine Knutschkugel gequetscht und sind zu dritt in die Berge gefahren.<br />

Dabei war der Weg schon das Ziel, und wir sind statt des öden Fernpasses<br />

über das Timmelsjoch nach Südtirol gefahren und haben mitten im Sommer<br />

die Sandalen ausgezogen und uns in einen kleinen Schneehaufen gestellt.<br />

Ziel war Hafling, oberhalb von Meran.<br />

Dort bin ich immer glücklich: Draußen! Ich war schon ziemlich viel<br />

unterwegs und suche immer das Abenteuer (mit dem Paddelboot von<br />

Kanada nach Alaska oder von Hütte zu Hütte den Montblanc umwandern).<br />

Für dieses Draußen-Glück reicht manchmal aber auch ein Tag an der Sieg<br />

und abends auf dem Kocher Nudeln kochen und dann in den Schlafsack<br />

kuscheln.<br />

Mein Herzenshotel: Das Miramonti in Südtirol! Als ich dort angekommen<br />

bin, hab ich etwas geweint, weil ich so müde war und wusste: Hier werde<br />

ich mich erholen können. Das Miramonti ist purer Luxus und gleichzeitig<br />

so zurückhaltend und naturverbunden.<br />

Genauso wie unsere Herzenspension zum Skifahren in Kühtai/Tirol, das<br />

Hotel Kristall. Direkt neben dem Skihang, kein Schnickschnack, aber ganz<br />

viel Liebe durch die Familie Prantl, die uns sehr ans Herz gewachsen ist.<br />

Das nehme ich immer mit auf Reisen: Meine Mama fährt nie ohne<br />

eine Flasche Maggi in den Urlaub, und ich habe mich immer darüber sehr<br />

lustig gemacht. Bis ich gemerkt habe, dass ich kein bisschen besser bin.<br />

Denn wir haben immer unsere kleine blaue Bialetti und Kaffee dabei. Als<br />

würde es in Italien keinen geben. Ganz schön peinlich. Mal sehen, wann<br />

unser Kind anfängt, uns dafür auszulachen.<br />

SABINE<br />

HEINRICH<br />

Instagram @sabheinrich<br />

Foto: Kai Oberhäuser<br />

86


HOTEL<br />

Wir wollen MEER!<br />

Was hilft gegen Urlaubssehnsucht? Eine Unterkunft für den nächsten<br />

Urlaub buchen! Wer absolute Privatsphäre sucht, der ist in den neuen<br />

durchgestylten Ferienhäusern der sevencollection an der Algarve gut<br />

aufgehoben. Die ehemaligen Fischerhäuschen, teils direkt am Meer, sind<br />

in hübsche Unterkünfte für vier bis sechs Personen verwandelt worden.<br />

Abschalten, in den Tag hineinleben und das luftig-leichte Lebensgefühl<br />

an der Algarve genießen. www.sevencollection.de<br />

LAUSCH-<br />

ANGRIFF<br />

Die liebenswerte Molly Gray<br />

ist Zimmermädchen im<br />

altehrwürdigen Londoner<br />

Regency Grand Hotel und<br />

liebt ihren Job, die eleganten<br />

Suiten nach jedem Gast<br />

wieder in einen Topzustand<br />

zu bringen. Doch dann<br />

checkt der berüchtigte und<br />

schwerreiche Mr. Black<br />

ein, und Molly fi ndet ihn<br />

tot in seinem zerwühlten<br />

Zimmer. Ein cleveres und<br />

durchdachtes Hotel-Krimi-<br />

Hörbuch, das nicht nur<br />

fesselt, sondern auch zum<br />

Schmunzeln bringt. argon<br />

Hörbuch, »The Maid – Ein<br />

Zimmermädchen ermittelt«<br />

von Nita Prose, gelesen<br />

von Anna Thalbach, 7 Std.<br />

37 Min., um € 20<br />

Fotos: sevencollection. (2), PR (2)<br />

Will ich haben!<br />

Wer kennt es nicht: Kaum hat man<br />

das Hotelzimmer verlassen, vermisst<br />

man schon die kleinen Dinge, die den<br />

Hotelaufenthalt so einzigartig machen.<br />

a htten i den aschigen ade<br />

mantel, das weiche Kissen oder die<br />

unglaublich bequeme Matratze.<br />

einsiste nnen sich nn<br />

hilfe schaen nd sich i neen<br />

nlineh de sHtelette<br />

it den schnen hn nd<br />

Reiseaccessoires des Hotels<br />

eindecken. Eben daheim wohnen<br />

wie im Hotel!<br />

www.kempinskiboutique.com/de/<br />

frühling <strong>2022</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

87


HOTEL<br />

Boho-Vibes und reichlich<br />

Lebensfreude: Im Nobu<br />

Ibiza Bay einzuchecken,<br />

bedeutet, auf die<br />

coolste Art und Weise<br />

zu urlauben.<br />

NOBU IBIZA BAY Balearen<br />

88 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

frühling <strong>2022</strong>


text<br />

Jennifer Latuperisa-Andresen<br />

DAS MAKI-RÖLLCHEN<br />

UNTER DEN HOTELS<br />

Reichlich chic, unglaublich<br />

köstlich und perfekt gelegen ist das<br />

Nobu Ibiza Bay. Ein Aufenthalt,<br />

der sich garantiert lohnt.<br />

18<br />

REISEZIEL<br />

89


HOTEL<br />

Mit Liebe zur Präzision entsteht im legendären Nobu-Restaurant<br />

jedes Detail, vom Maki-Röllchen zur Soße und natürlich<br />

dem Reis. Garantiert wird ein perfektes Menü serviert.<br />

Die Wahl eines Hotels ist auf einer Insel wie Ibiza essenziell.<br />

Geradezu eine Frage der Identität. Gehöre ich zum<br />

Partyvolk, möchte ich mich einsam zurückziehen, mag<br />

ich die Stadt? Für mich, und das sieht man mir leider<br />

auch an, ist eines ganz wichtig: Kann ich dort auch gut<br />

essen? Und wenn ich beim Nobu Ibiza Bay diese Frage lediglich mit Ja<br />

beantworten würde, wäre es, ehrlich gesagt, untertrieben. Doch dazu<br />

später mehr.<br />

Das Hotel liegt direkt am Strand von Talamanca, und eben dieser<br />

Strand liegt nur einen Spaziergang entfernt von Ibiza-Stadt. Oder<br />

ein paar Gehminuten vom legendären Club Pacha. Dementsprechend<br />

hatte ich ein wenig Sorge vor dem Publikum und der dortigen Atmosphäre.<br />

Ein Dum-dum-dum aus den Lautsprechern bereits am Morgen<br />

oder derart durchgestylte und im ewigen elfie verhaftete trandschönheiten,<br />

dass ich nur eingerollt im Handtuch zum Pool gehen<br />

würde. Doch weit gefehlt.<br />

Das Publikum ist cool, keine Frage. Ich sehe große Strohhüte, weiße<br />

Kaftans, aber spüre kein Bodyshaming. Ganz im Gegenteil. Die Atmosphäre<br />

ist loungig-angenehm, und auch wenn irgendwie jede Ecke<br />

des Hotels Instagram-würdig erscheint, ist das Zücken des Handys<br />

doch eher eine Seltenheit.<br />

Ich finde es auch eine Leistung, wie chic dieses Hotel geworden<br />

ist. Einst war es eine Bettenburg, ausgezeichnet mit drei Sternen, bis<br />

Nobu dieses Objekt fand und gleich das Potenzial verstand. Wände<br />

wurden entnommen, die Anzahl der Zimmer wurde drastisch reduziert.<br />

Und auch das ist nachhaltig. Alte Substanz muss nicht zwingend<br />

entfernt werden und Neues hochgezogen, es ist durchaus erstrebenswert,<br />

mit dem vorhandenen Material zu arbeiten, und das ist hier gelungen.<br />

Die Lobby allein ist mit ihren gemütlichen Sofas und Lounges eine<br />

erweiloase, die lichtdurchflutet ist und den Blick auf den Adults-only-Pool<br />

sowie die den Strand freigibt. Keine Sorge, auch Familien sind<br />

hier willkommen. Nur clevererweise haben die ihren ganz eigenen<br />

Pool plus Kids-Club. So fühlt sich niemand unnötig gestört.<br />

Andere Hotels haben auch tolle Pools, doch keins der Ibiza-Häuser<br />

hat eine japanische Küche wie das Nobu. Natürlich ist die Geheimwaffe<br />

des Nobu-Hotels das Nobu-Restaurant. Wie sollte es<br />

anders sein. Wem das nichts sagt, dem sei es nun kurz erklärt. Im<br />

ahr eröffnete Nobu Matsuhisa in Los Angeles sein Restaurant<br />

Matsuhisa. Im ahr besuchte Robert De Niro das Restaurant<br />

zum ersten Mal und wurde zum Stammgast und machte dem<br />

japanischen Koch das Angebot mit ihm gemeinsam eine Dependance<br />

in New ork City zu eröffnen. Doch De Niro musste ein paar ahre<br />

warten, bis Matsuhisa zustimmte. Was dann geschah, ist eine unglaubliche<br />

Erfolgsgeschichte. Mittlerweile gibt es Restaurants weltweit<br />

und 13 Nobu-Hotels. Und ja – wer Sushi mag, wird Nobu lieben.<br />

Ich empfehle das 7-Teller-Menü – denn wer einen Blick in die Karte<br />

wirft, wird schnell eines feststellen: Entscheidungen zu treffen, ist<br />

unmöglich. Deshalb lohnt sich das Degustationsmenü. Und bei jedem<br />

neu servierten Gang mag man es nicht glauben, dass es noch ranierter<br />

und leckerer werden kann. Aber wir können es garantieren:<br />

Das geht! Und wer weiß, wie lange so ein Sushi-Meister allein lernen<br />

muss, den perfekten Reis zu kochen, wird sich hier fragen, wie lang<br />

die Ausbildung zum perfekten Makiröllchen dauert. Wenn ich jetzt<br />

darüber schreibe, sehne ich mich direkt wieder an den Nobu-Tisch,<br />

mit Meeresrauschen im Hintergrund und japanischen Köstlichkeiten<br />

vor der Nase.<br />

Doch es muss nicht nur japanisch in diesem Gourmandhotel sein.<br />

Das Restaurant Chambao direkt am trand bietet frische ischgerichte<br />

und hochwertige mediterrane Küche und das Pop-up-Restaurant BiBo<br />

Ibiza Bay des berühmten spanischen Chefkochs Dani García serviert<br />

mexikanische Streetfood-Finessen. Auch hier gilt: Bringt Hunger mit.<br />

Wer jetzt an labbrige Tacos denkt oder an einen Eintopf Chili con Carne,<br />

der ist zwar in der richtigen Landesküche unterwegs, aber kann nicht<br />

ermessen, wie unglaublich raniert die Küchenkreationen sind. Highlight<br />

ist die am Tisch angefertigte Guacamole. Frischer geht es nicht.<br />

Und was ich an dieser Kombi – fantastisches Essen in einem tollen<br />

Hotel – so mag, liegt ja auch auf der Hand. Es sind die paar Schritte ins<br />

Zimmer. Die Möglichkeit, noch ein Glas frische Margarita zu bestellen<br />

und zu wissen: Das Bettchen ist nicht weit.<br />

INFO<br />

Nobu Ibiza Bay. 52 Carrer de Ses Feixes, 07800 Ibiza<br />

Tel. +34 971 192 222, www.nobuhotelibizabay.com<br />

Zimmer ab € 396 inkl. Frühstück<br />

Fotos: Nobu Hotel Ibiza Bay (5), Kapreski/Shutterstock.com<br />

90<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

frühling <strong>2022</strong>


Gedächtnis wie ein Elefant? Das Nobu-Hotel bleibt definitiv im Kopf – allein wegen des modernen und richtig coolen Interieurs in Ibizatypischer<br />

Farbpalette aus Weiß, Gold und Blau gepaart mit lokalen Kunstwerken wie den Elefantenköpfen aus Bast im Kids Club.<br />

herbst 2020 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> 91


interview<br />

Armin Morbach ist<br />

Mann von Welt mit<br />

vielen Talenten und<br />

vielleicht einigen noch<br />

bekannt aus Germany‘s<br />

Next Topmodel. Heute<br />

ist er vor allem Herausgeber<br />

und Chefredakteur<br />

des Beauty-Kultur-<br />

Magazins TUSH und<br />

Fotograf. Der Tierfreund<br />

und Madonna-Fan lebt<br />

in Hamburg und arbeitet<br />

rund um den Globus.<br />

Also, her mit den supertollen<br />

Reisetipps!<br />

ARMIN<br />

MORBACH<br />

Mein letzter Urlaub führte mich ... ins San Luis nach Südtirol. Es liegt mitten in den<br />

Bergen, bei Hafling, rund um einen See, hat spektakuläre zweigeschossige Luxusbaumhäuser<br />

– alles aus Mondholz plus Glas und Lehm gebaut. Die riesige Sauna, der<br />

Outdoorpool – alles liegt direkt am Seeufer; und du konntest fantastisch vegan essen.<br />

Als Hamburger, gebürtig aus den Bergen, war es auch so ein bisschen ein »Zurück<br />

zu meinen Wurzeln«.<br />

Dort bin ich immer glücklich: Wir Stadtmenschen empfinden ja schon 20 Kilometer als<br />

Reise ... Und so reise ich also jeden Abend zu mir nach Hause. Es liegt mitten im Wald,<br />

alles um mich herum ist grün! Dort bin ich wirklich sehr, sehr glücklich.<br />

Mein Herzenshotel: Das ist das Hotel de Rome in Berlin. Dort fühl’ ich mich immer ganz<br />

besonders aufgehoben. Das kommt wahrscheinlich auch daher, dass ich einer der ersten<br />

Gäste war und sehr persönlich umsorgt wurde – ich finde es schön, dass man dort genau<br />

weiß, was ich mag, und Extras in meinem Zimmer liegen. Früher war es das Hotel Louis in<br />

München direkt am Viktualienmarkt, das war wirklich mein absolutes Lieblingshotel. Aber<br />

leider haben sie kein veganes Restaurant mehr.<br />

Das nehme ich immer mit auf Reisen: Für einen langen Trip packe ich grundsätzlich<br />

immer zwei Koffer, in dem einen ist die Hälfte stets schon mit meinem Nackenkissen<br />

belegt. Und mein »Sleep-Pillow-Spray« hab ich auch immer dabei. Das muss sogar auf<br />

Kurztrips mit.<br />

Da möchte ich unbedingt irgendwann noch einmal hin: Oman! Das war der Wahnsinn.<br />

Das Six Senses Zighy Bay! Auf Omans nördlicher Halbinsel Musandam, ein Resort zwischen<br />

schroffen, zerklüfteten Bergen und einem langen, lieblichen Sandstrand auf der anderen<br />

Seite; vollkommen ruhig, ja, abgelegen und doch mit jedem Komfort, den man sich nicht<br />

mal vorstellen kann.<br />

Instagram @arminmorbach @tushmagazine<br />

Foto: Simon Stock<br />

92 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


5 1<br />

3<br />

4<br />

2<br />

Fotos: xxx<br />

Fotos: Guido Lifhelm, Fridolin Full, Mark Seelen, Tom Kohler, Mandarin Oriental Hotel Group<br />

TOP OF LUXUSHOTELS<br />

Spieglein, Spieglein an der Wand, wo ist das beste Hotel im ganzen Land? Bevor wir nun die Glaskugel bemühen,<br />

werfen wir einen Blick auf die vorgestellte Rangliste »Die 101 besten Hotels Deutschlands« aus mehr als 12.800 Hotels in<br />

unserem Land. Wer in diesen fünf Hotels eincheckt, der nächtigt bei den Spitzenreitern:<br />

1 2 3 4 5<br />

Das FAIRMONT VIER<br />

JAHRESZEITEN hat in<br />

Hamburg, direkt an der<br />

Binnenalster, sozusagen<br />

die Poleposition. Das Haus<br />

existiert bereits seit 1897<br />

und kann sich berechtigt<br />

als Teil der Hamburger<br />

Geschichte sehen. Neben<br />

den komfortablen Betten<br />

und dem exzellenten Service<br />

punktet es mit einer<br />

kulinarischen Vielfalt, die in<br />

Deutschland einzigartig ist.<br />

Pro Nacht um € 362 im DZ.<br />

Das SCHLOSS ELMAU<br />

LUXURY SPA RETREAT &<br />

CULTURAL HIDEAWAY<br />

ist ein bayerisches Träumchen<br />

im Landkreis Garmisch-Partenkirchen<br />

auf<br />

1.008 Metern Höhe, direkt<br />

am Fuß des Wettersteingebirges.<br />

International<br />

bekannt wurde es, als 2015<br />

hier Merkel und Obama<br />

beim G7-Gipfel nächtigten.<br />

Um € 600 im DZ pro<br />

Nacht.<br />

Der BREIDENBACHER<br />

HOF in Düsseldorf ist das<br />

einzige Luxushaus aus<br />

Nordrhein-Westfalen, das<br />

es in die Top Ten der besten<br />

Hotels in Deutschland<br />

geschafft hat. Vor allem<br />

Shopping-Queens finden<br />

mit der Königsallee direkt<br />

vor der Tür ein Paradies:<br />

Prada, Gucci, Hermès,<br />

Chanel, Dior und Louis<br />

Vuitton – alles da! Um<br />

€ 365 pro Nacht fürs DZ.<br />

Das SEVERIN’S RESORT<br />

& SPA auf Sylt ist ein<br />

klassisches Baderesort<br />

am Wattenmeer im Dorf<br />

Keitum. Auf 30.000<br />

Quadratmetern und in<br />

62 Zimmern und Suiten,<br />

22 Apartments in 5 Villen<br />

finden Gäste reichlich Platz<br />

und Privatsphäre. Noch privater<br />

wird es im Landhaus<br />

Severin*s Morsum Kliff mit<br />

13 Zimmern – mit Blick auf<br />

das Wattenmeer und die<br />

Heidelandschaft. Um<br />

€ 360 pro Nacht fürs DZ.<br />

Das MANDARIN ORIENTAL<br />

in München ist die beste<br />

Adresse der bayerischen<br />

Metropole. Mehrere Spitzenrestaurants,<br />

darunter das<br />

Matsuhisa des berühmten<br />

Küchenchefs Nobu Matsuhisa,<br />

beherbergt das Haus.<br />

Highlight ist aber die 120<br />

Quadratmeter große Präsidentensuite<br />

mit ausladender<br />

Terrasse und Blick über<br />

die Stadt (rund € 12.500<br />

pro Nacht). Um € 600 pro<br />

Nacht fürs DZ.<br />

frühling <strong>2022</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

93


HOTEL<br />

text<br />

Linda Ruckes<br />

IMMER MIT<br />

DER RUHE<br />

19<br />

REISEZIEL<br />

Umschmeichelt von alten Olivenbäumen,<br />

dicken Aleppo-Kiefern und duftenden Kräutern<br />

liegt das Maslina Resort in der Maslinica-Bucht<br />

auf der kroatischen Insel Hvar.<br />

Der kroatische Architekt Tomislav Alujevic hat mit dem Maslina Resort ein Refugium<br />

geschaffen, das sich ganz wunderbar in die ursprüngliche Natur der<br />

Bucht einfügt. Nicht zuletzt dank der unaufdringlichen Holzfassade, deren<br />

dünne Holzstreben an Pinienbäume erinnern. Die Bungalows sind nicht höher<br />

gebaut als die Natur dahinter, die Dächer wurden bepflanzt, um zukünftig mit<br />

der Natur zu verschmelzen. Auch sonst wurde das natürliche Erbe Hvars gekonnt verarbeitet:<br />

Holz, tein, Terrakotta. Besonders in zene gesetzt: der helle tein der Nachbarinsel<br />

Bra. Er wurde etwa für die riesige teinplatte in der Lobby oder die Waschbecken auf den<br />

Hotelzimmern verwendet.<br />

MASLINA RESORT Hvar<br />

94<br />

winter frühling 2021/<strong>2022</strong><strong>2022</strong>


Bitte Platz<br />

nehmen und verwöhnen<br />

lassen,<br />

denn dass es den<br />

Gästen an nichts<br />

fehlt, hat man im<br />

Maslina Resort<br />

perfektioniert.<br />

95


HOTEL<br />

Kissenschlacht: Selbst die Kissen posieren fotogen auf dem Bett. Dabei wirkt das Maslina<br />

Resort keineswegs gestellt, vielmehr wie ein naturverbundenes Refugium zum Wohlfühlen.<br />

Nachhaltigkeit und der Bezug lokaler Produkte sind Teil der Maslina-Philosophie,<br />

die sich wie ein grüner aden durch den Hotelaufenthalt<br />

zieht. Alles, was ins Maslina integriert wurde, kommt von der<br />

Insel oder dem Umland. o wie die utaten der spritzigen Ingwer-itronen-Limonade,<br />

die mir als Willkommensdrink gereicht wurde.<br />

Homemade, versteht sich.<br />

Oh, so instagrammable<br />

Im Ranking der most instagrammable Hotels dürfte das Maslina Resort<br />

in der obersten Liga mitspielen. Hier hat das Team um Interior-Designerin<br />

Lonie Alma Mason genau den eitgeist getroffen. otogen<br />

ist wirklich ede Ecke Nachkaufen möchte ich nicht nur die<br />

Bluetooth-Bo von Marshall oder die abstrakt bestickte Kissenhülle<br />

von House Doctor, auch die Keramiktassen der lokalen Künstlerin Tea<br />

Radic Instagram terraceramica, aus der ich gerade meinen selbst<br />

aufgebrühten Kaffee trinke, haben es auf meine Wunschliste geschafft.<br />

Kaffeetasse abgestellt, schnappe ich mir den Bademantel für das<br />

pa aus dem offenen Kleiderschrank und verlasse mein immer. Ich<br />

schlendere vorbei an der Bibliothek, deren Bücher wie Designobekte<br />

im Regal stehen. Hektik am Morgen? ehlanzeige. Die ersten Gäste<br />

haben es sich dort in den stylischen Lounge-tühlen mit Wiener Geflecht<br />

beuem gemacht. Andere schwimmen bereits im Pool die ersten<br />

Bahnen. der posieren sie für ihren Instagram-eed? etzt, wo der<br />

otospot uasi fast menschenleer ist? Ich bin froh, gleich nicht vor<br />

die Kamera treten zu müssen, sondern in die Wellnesswelt abtauchen<br />

zu können. Mein Handy habe ich sowieso auf dem immer gelassen.<br />

Wann ich das letzte Mal ohne Handy vor die Tür bin? Ich erinnere<br />

mich nicht. Aber etzt steht Entspannung auf dem Programm, und da<br />

dürfen Instagram Co. gerne in ganz weite erne rücken.<br />

Mindful Morning<br />

Im Garten des Pharomati pa liegen bereits oga-Matten ausgerollt<br />

und laden zu einer Morgen-Meditation ein mit Klangschalen. Die<br />

kommt mir wie gerufen Nach ein paar Klangschalen-ibrationen und<br />

tiefen Ein- und Ausatmungen finde ich langsam in die Realität zurück.<br />

Ich darf noch einen Moment innehalten und in die pawelt eintauchen.<br />

Auf die Morgen-Meditation folgt eine Gesichts- und Nackenmassage.<br />

Und am Ende erhole ich mich bei einer Tasse grünem Tee aus<br />

dem hoteleigenen Kräutergarten.<br />

Inselerkundung oder Entspannung?<br />

Was nun? Ich könnte mich auf eines der Holzfahrräder schwingen,<br />

die in der Lobby für die Gäste bereitstehen, und ins zehn Minuten<br />

entfernte tari Grad radeln, das mit seiner kopfsteingepflasterten Altstadt<br />

entzückt. Ich könnte die fruchtbaren Landschaften erkunden und<br />

in lilafarbenen Lavendelfeldern posieren oder mit dem Boot durch<br />

das Pakleni-Archipel schippern und hier und da eine Abkühlung im<br />

türkis leuchtenden Wasser nehmen. Doch einmal auf den Geschmack<br />

gekommen, sehnt sich mein Körper nach Nichtstun.<br />

Mein Plan für die nächsten tunden: mich meinem Buch widmen,<br />

das seit sechs Monaten ungelesen auf meinem Nachttisch liegt, zwischendurch<br />

im Pool oder im tiefblauen Meerwasser erfrischen, einen<br />

fruchtigen Drink an der ABay Beach Bar genießen und vielleicht mal<br />

die Augen schließen und tief durchatmen.<br />

Saisonal. Regional. Mediterran.<br />

Klingt nach Langeweile, aber dennoch verfliegt<br />

die eit wie im lug, und ich bemerke,<br />

dass es eit fürs Abendessen wird. ürs<br />

Dinner wähle ich den vordersten Tisch am<br />

Pool, mit uneingeschränkter icht auf die<br />

Bucht, wo noch immer ein paar Köpfe aus<br />

dem alzwasser ragen. Die tief stehende<br />

onne spiegelt sich auf der Wasseroberfläche und zaubert ein<br />

wunderschönes Licht. Mein oodie-Herz schlägt höher, während<br />

ich das Menü studiere: charfe Tomaten-Gazpacho mit oghurteis,<br />

Ravioli gefüllt mit iegenkäse in Kamillensoße und knusprigen<br />

Pinienkernen, gebratener eeteufel mit Artischocken in Thymianus,<br />

dazu ein Weißwein des tina-Weinguts der Nachbarinsel Bra.<br />

Gerade, als mir mein tropical Macaron mit Mangocreme, Passionsfruchteis<br />

und Ananas serviert wird bestes Dessert ever, nimmt<br />

eine amilie mit zwei kleinen Kindern am Nebentisch Platz. Der unge<br />

lächelt mich an. Was ich neben der ausgezeichneten Küche um das<br />

Küchenteam von erge Gouloums besonders am Resort schätze?<br />

Den achtsamen Luus dieses naturverbundenen Refugiums, der ungezwungen<br />

und dabei im Trend der eit ist. Und obendrein noch tierund<br />

familienfreundlich. Hier fühle ich mich wohl.<br />

INFO<br />

ANREISE Nach Split, z. B. mit Eurowings ab Düsseldorf oder<br />

Berlin. Weiterfahrt mit der Fähre von Split nach Hvar (Überfahrt<br />

circa zwei Stunden) oder mit dem hoteleigenen Speedboat<br />

(Preise auf Anfrage). www.croatiaairlines.com<br />

Maslina Resort. Uvala Maslinica 0, 21460 Stari Grad, Kroatien.<br />

Eine Nacht im DZ ab € 360 inkl. Frühstück. Im Winter hat das<br />

Resort geschlossen und öffnet <strong>2022</strong> wieder im Mai.<br />

www.maslinaresort.com<br />

Fotos: Linda Ruckes (3), Nikola Radovani (3), Kapreski/Shutterstock.com<br />

96<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

frühling <strong>2022</strong>


interview<br />

Ihre Ponchos lassen sich prima bei jedem<br />

Langstreckenflug tragen. Sie halten warm<br />

und lassen die Trägerin bei der Ankunft<br />

gleich einen edlen Look präsentieren.<br />

Denn Antonia Zander – oder sollten wir<br />

besser sagen – Cashmere-Queen, weiß,<br />

wovon sie spricht. Ihr Label ist die<br />

Fortführung des Unternehmens ihrer<br />

Mutter. Ihre Mode ist superlässig, oft<br />

extravagant, aber immer edel. Und da<br />

lag es nahe, dass wir diese stilvolle Frau<br />

einmal nach ihren Lieblingsreisezielen<br />

befragen.<br />

Mein letzter Urlaub führte wohin? Mein letzter<br />

Urlaub war im Sommer drei Wochen Toskana mit<br />

Freunden. Das ist mittlerweile Tradition und ist<br />

auch kein »Ausweichmanöver« wegen Corona.<br />

Italien ist meine große Liebe, und der größte Luxus<br />

bedeutet für mich, dort in einem Haus auf einem<br />

einsamen Hügel in der Natur zu sein. Wir fahren<br />

mit dem Auto, haben unsere Hunde dabei und gehen<br />

nur unter Menschen, wenn wir mal keine Lust<br />

auf Kochen haben. Ich kann von dort aus arbeiten<br />

und habe trotzdem den größten Entspannungsfaktor<br />

– ohne Termine, Flugzeug, Zeitdruck …<br />

Dort bin ich immer glücklich: Am glücklichsten<br />

bin ich dort, wo ich aufgewachsen bin: auf dem<br />

Hof meiner Eltern im Chiemgau – mitten im bayerischen<br />

Nirgendwo. Aber eigentlich überall dort,<br />

wo ich in der Natur sein kann, keinen Lärm höre<br />

oder andere Menschen sehe. Ich hatte immer den<br />

Traum, mal einen Sommer als Sennerin auf einer<br />

Alm zu verbringen …<br />

Mein Herzenshotel: Nachdem ich mich ungern<br />

Zeitplänen (Frühstück, Abendessen etc.)<br />

unterwerfe und keinen Spaß bei der Zubereitung<br />

meines Kaffees verstehe, miete ich meistens lieber<br />

ein Haus als ein Hotelzimmer. Aber ein Herzenshotel<br />

ist unbedingt das Waldhaus Rudolfshöhe<br />

in Bad Gastein. Hier anzukommen, ist wie nach<br />

Hause zu kommen, feste Zeiten gibt es nicht. Man<br />

fühlt sich wie auf dem Zauberberg, umgeben von<br />

Natur und Freunden. Die Zimmer sind wunderschön<br />

eingerichtet, das Essen köstlich! Und<br />

meinen persönlichen Kaffee kriege ich morgens<br />

in einem steinernen Maßkrug …<br />

Instagram @antoniazander_official<br />

ANTONIA<br />

ZANDER<br />

Foto: Philippe Arlt<br />

Das nehme ich immer mit auf Reisen: Egal ob<br />

Winter- oder Sommerurlaub: Ich habe immer einen<br />

Triangolo aus meiner Kollektion dabei – Kaschmir<br />

hält immer warm, ob im Flugzeug, im Restaurant,<br />

als Bettüberwurf oder zum Bikini, und nimmt kaum<br />

Platz weg.<br />

frühling 2016<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

97


HOTEL<br />

EIN<br />

20<br />

REISEZIEL<br />

RT DES<br />

VERTRAUENS<br />

an den Toren der<br />

Schwanthalerhöhe<br />

Mit dem Schwan Locke leuchtet in München ein neuer<br />

Stern am Himmel der Designhotels. Unsere Redakteurin<br />

Marie Tysiak hat Probe geschlafen – und sich in dem<br />

Apartment gleich wie zu Hause gefühlt. Dazu wurde<br />

sie noch phänomenal bekocht.<br />

text<br />

Marie Tysiak<br />

98<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

frühling <strong>2022</strong>


SCHWAN LOCKE München<br />

99


HOTEL<br />

Der Schlüssel zum Herzen:<br />

Im Schwan Locke wird die<br />

Kunst von jungen, lokalen<br />

Illustratoren und Illustratorinnen<br />

gestaltet. Das<br />

macht Laune!<br />

Wer schon mal mit dem Zug in München angekommen<br />

ist, der weiß: Das Bahnhofsviertel versprüht<br />

nicht den Glamour, den man von der Landeshauptstadt<br />

erwarten würde. Doch nur wenige Gehminuten<br />

gen Süden, und man spaziert durch die breiten,<br />

mit schicken pastellfarbenen Jugendstilbauten gesäumten Straßenzüge,<br />

die ich sofort mit München in Verbindung bringe und die mich als<br />

Wahlkölnerin mit einem Faible für Altbauten manchmal etwas neidisch<br />

werden lassen. Dort, wo bald die kleinen Lädchen der schönen<br />

und leckeren Dinge auf der Schwanthalerhöhe beginnen, empfängt<br />

seit diesem Sommer das Schwan Locke seine Gäste – nur durch ein<br />

kleines Schild an der Häuserwand erkennbar. Betritt man jedoch das<br />

Hotel, ist man weit entfernt von unscheinbar: Ein verspiegelter Raum,<br />

dahinter die Lounge mit Rezeption und ein Cafébereich. Etwas verwinkelt<br />

schließen sich das Restaurant- und Barkonzept Bambule! und<br />

der große Hinterhof an. Ein kurzer Rundumblick genügt: Das Schwan<br />

Locke ist ein Designtempel der poppigen Art. Hier treffen amt und<br />

Leder auf skandinavische Elemente und knallige Farben. Individuell<br />

gestaltete Polstermöbel auf moderne Kunst und Retro-Feeling. Doch<br />

alles harmoniert auf eine anregende wie beruhigende Weise miteinander.<br />

Inspiriert ist die Einrichtung von dem sogenannten Deutschen<br />

Werkbund, der seit Anfang des 20. Jahrhunderts mit der Verbindung<br />

von Industrie und Kunst zu Zeiten des Bauhaus von München aus in<br />

der deutschen Designszene mitspielte und bis heute aktiv ist. Ein gutes<br />

Jahrhundert Werkbund-Geschichte wird hier neu interpretiert. Der<br />

Duft nach köstlichem Kaffee und Bananenbrot und das geschäftige<br />

Treiben in der kleinen Lounge hauchen dem Designtempel Leben ein.<br />

151 Apartments verteilen sich in dem modernen Gebäude über<br />

sieben Stockwerke rund um den großen Innenhof. Die Nummer auf<br />

meiner Zimmerkarte mit Gute-Laune-Pop-Art-Print führt mich bis in<br />

den obersten Stock zur Terrace Suite – die Zimmerkarten sind wie so<br />

vieles in diesem Hotel von jungen, oft lokalen Illustratorinnen und<br />

Illustratoren gestaltet, viele von ihnen gehör(t)en dem Werkbund an.<br />

Das Minikunstwerk öffnet die schwere Tür zu meinem Apartment.<br />

Richtig gehört: Das Schwan Locke ist ein Aparthotel – und ich ziehe<br />

nur allzu gerne die nächsten Tage in das schicke 32 Quadratmeter<br />

große Studio ein. Neben dem britischen Kingsize-Bett liegt die kuschelige<br />

Wolldecke schon für mich bereit. Bestimmt werde ich es mir<br />

damit später mit einem der leckeren Tees auf dem roten, geradlinigen<br />

Samtsofa gemütlich machen und vielleicht sogar noch etwas am Laptop<br />

werkeln. Denn: Die funky Atmosphäre inspiriert, vielleicht schreibe<br />

ich ebendiese Geschichte schon auf. Es gibt außerdem eine voll<br />

ausgestattete Küche, Platz zum Essen, Arbeiten und Leben, alles in<br />

feinstem Schwan-Locke-Design. Aber erst einmal muss ich natürlich<br />

den Blick von der Terrasse aus checken und – tada – heute ist es so<br />

klar, dass ich hinter den roten Häuserdächern von München sogar den<br />

Umriss der Alpen erkenne Dabei befinde ich mich mitten im Herzen<br />

der Stadt.<br />

Und weil die Sonne überraschenderweise so schön scheint, nutze ich<br />

die Gelegenheit für einen nachmittäglichen Bummel über die Schwanthalerhöhe.<br />

Obwohl mein Freund jahrelang genau auf der anderen Seite<br />

der Theresienwiese gewohnt hat, kenne ich das Viertel kaum. In den<br />

letzten Jahren haben sich in den schönen Häuserfassaden hippe Weinkneipen,<br />

Sushi-Läden und Design-Shops angesiedelt und das Viertel, liebevoll<br />

auch Westend genannt, zu einer aufstrebenden Perle Münchens<br />

gemacht. Felix, der dynamische Manager des Hauses, hat mir gleich ein<br />

paar coole Adressen mitgegeben, und so sitze ich wenig später bei Champagne<br />

Characters mit einem spritzigen Weißwein vor dem gemütlichen<br />

Shop und lasse das Münchner Spätsommertreiben auf mich wirken.<br />

Ich bin also schon in der perfekten Stimmung, als ich nach meinem<br />

Spaziergang im Innenhof des Schwan Lockes Platz nehme. Teil des Konzepts<br />

der britischen Hotelmarke, die mit diesem schönen Hotel nun<br />

ihr erstes Haus außerhalb der Britischen Inseln eröffnet hat, ist es, mit<br />

lokalen Gourmetköchen auch einen Ort anzubieten, der für die Einheimischen<br />

zu einer kleinen Oase in ihrer Stadt wird. Und jetzt, nur wenige<br />

Tage nach der Eröffnung, sind die Tische des Bambule bereits voll<br />

besetzt. Wolfgang Hingerl, der das Michelin-Sternerestaurant Mural<br />

in München betreibt, ist nun für dieses neue Konzept verantwortlich.<br />

Er begrüßt alle Gäste persönlich auf der großen Terrasse oder an der<br />

schicken Retro-Bar. Ich starte elegant mit Cocktails und Austern mit<br />

Balsamico-Topping in den Abend. Wolfgang empfiehlt, auf ungezwungene<br />

und sehr empathische Weise, die perfekten Weine, und trifft dabei<br />

meine Vorliebe für Naturweine auf den Punkt. Die Speisen von Fish &<br />

Chips über gegrillte Aubergine, Steak Frites und Caesar Salad interpretieren<br />

Klassiker aus aller Welt neu – und verleihen ihnen Gourmetniveau.<br />

Zufrieden blicke ich mich in dem von angeregten Gesprächen und<br />

lachenden Gemütern gefüllten Innenhof um, wo sich die Balkone der<br />

Zimmer zu drei Seiten erheben. Felix hat mir beim Einchecken erzählt,<br />

dass man vielleicht bald die gigantische, weiße Hauswand gegenüber<br />

so nutzt, dass man von seinem Balkon einen Kinoabend der besonderen<br />

Art genießen kann. Ansonsten bleibt der Innenhof aber jetzt schon<br />

eines meiner Highlights – neben dem tollen Apartment natürlich. Ich<br />

freue mich, morgen hier mit einem Cappuccino zu fläzen. ielleicht<br />

traue ich mich ja sogar an die Onsen-Eier nach japanischer Art zum<br />

Frühstück, die ich zwischen den Granola-Bowls und Croissants auf der<br />

Frühstückskarte entdeckt habe. Aber dem Team rund um Felix und<br />

Wolfgang vertraue ich nach diesem ersten Tag blind – das Hotel hat meine<br />

Erwartungen bei Weitem übertroffen. Ich freue mich so sehr, nach<br />

so vielen Monaten des Stillstands endlich wieder von unserer schönen<br />

Welt inspiriert zu werden. Denn dafür ist das Schwan Locke perfekt.<br />

INFO<br />

Eine Nacht im Schwan Locke Theresienwiese kostet ab € 145.<br />

Bei einem Aufenthalt unbedingt einen Abend im Bambule! verbringen!<br />

www.lockeliving.com<br />

Fotos: Marie Tysiak (2) , LOCKE (2), Lennart Wiedemuth/LOCKE (2), Kapreski/Shutterstock.com<br />

100<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> frühling <strong>2022</strong>


WINTER<br />

GANZ unter sich<br />

Wie man Hüttengaudi und Wintersporterlebnis noch steigern kann? Indem<br />

man seine beste Freundin mitnimmt! Im Skigebiet Hochfügen im Tiroler Zillertal<br />

erleben Freundinnen ein perfektes Wochenende, denn hier findet man alles, was<br />

man für einen guten Mädels-Trip braucht: schönes Ambiente, leckeres<br />

Essen, entspanntes Pistenvergnügen und jede Menge Zeit, ausgiebig die<br />

Geschehnisse der letzten Wochen zu bequatschen. Beim »Ladies Only<br />

Weekend« erleben ambitionierte Wintersportlerinnen zwei Tage lang mit einem<br />

Guide die besten Tiefschnee-Spots, die Hochfügen zu bieten hat, nur unter<br />

Mädels. Das Wochenende ist individuell buchbar. www.hochfuegenski.com<br />

SONNENGRUSS<br />

Auch im Winter sollte man<br />

den Sonnenschutz nicht<br />

vernachlässigen: »Darling<br />

High Protection« schützt<br />

empfi ndliche Haut mit<br />

Aprikosenöl und duftet herrlich<br />

nach Monoi de Tahiti.<br />

Auftragen und gedanklich<br />

dem Sonnenparadies Französisch-Polynesien<br />

einen<br />

Besuch abstatten. Über<br />

niche-beauty.com, 150 ml,<br />

€ 31<br />

Fotos: Skigesellschaft Hochfügen/Level 26, Skigesellschaft Hochfügen, Bon Voyage, PR<br />

Dufter<br />

Kurztrip<br />

Die Duftkerze von<br />

Bon Voyage ist dem<br />

Winter-Sehnsuchtsort<br />

Kitzbühel gewidmet<br />

und duftet so<br />

verführerisch wie ein<br />

traditionelles österreichisches<br />

Dessert<br />

– nach Milch, Vanille<br />

und Karamell. Ein<br />

Kurztrip für die Sinne!<br />

200 g, 40 Stunden<br />

Brenndauer, € 69,<br />

www.bonvoyage-studio.com<br />

frühling <strong>2022</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

101


21<br />

REISEZIEL<br />

AUF<br />

LICHTERJAGD<br />

IN ISLAND<br />

Wenn die Tage auf der Nordatlantikinsel ab Ende<br />

August kürzer werden und die Sonnenstrahlen<br />

sich langsam zur Ruhe legen, kommt die Zeit von<br />

Aurora borealis. In der stillen Dunkelheit am klaren<br />

Nachthimmel erscheinen dann die geheimnisvollen<br />

Polarlichter. Nicht jeder kommt in den Genuss, sie zu sehen.<br />

Wer jedoch das große Glück hat, die Nordlichter zu erleben, der wird<br />

den Moment ganz sicher niemals vergessen. Die Chancen, zwischen<br />

September und Mai Zeuge des Naturspektakels zu werden, sind besonders<br />

hoch.<br />

102<br />

frühling <strong>2022</strong>


WINTER | Island<br />

text<br />

Simone Sever<br />

Alljährlich in den Wintermonaten kehren die<br />

magischen Farbspiele am Himmel über Island<br />

zurück. Doch die Unvorhersehbarkeit des<br />

Naturspektakels macht die Jagd nach Aurora<br />

borealis zu einem spannenden Abenteuer.<br />

Wo auf Island die Chancen der Lichtjäger am<br />

größten sind? Wir verraten sieben Hotspots<br />

in sieben isländischen Regionen.<br />

Unvergesslicher Lichtmoment:<br />

Imposant setzen sich die Nordlichter<br />

über dem Berg Vestrahorn in Szene.<br />

103


Eine Fahrt durch die verzweigten, abgelegenen<br />

Westfjorde von Island ist schon bei Tageslicht<br />

ein beeindruckendes Erlebnis. Im Zick-Zack-Kurs<br />

von Bucht zu Bucht, um grandiose Aussichten zu<br />

genießen. Aber wenn zudem die Lichter tanzen,<br />

wird das Herz so tief berührt, dass man dieses<br />

Fleckchen Erde niemals vergisst.<br />

104<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> herbst 2020


WINTER | Island<br />

herbst frühling 2020 <strong>2022</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> 105


Place to be Number 1 An der Spitze der Seltjarnarnes-Halbinsel westlich<br />

der isländischen Hauptstadt Reykjavík liegt die unbewohnte Insel<br />

Gròtta nur zehn Minuten mit dem Auto entfernt. Und weil auf Gròtta<br />

keine direkten Lichtquellen die Jagd nach Aurora borealis stören,<br />

ist der Gròtta-Leuchtturm ein idealer Ort, um – während man dem<br />

Rauschen der Meereswellen lauscht – Ausschau nach den tanzenden<br />

Lichtern zu halten.<br />

Place to be Number 2 Zwischen Kontinentalplatten in Südisland liegt<br />

nur eine knappe Stunde Autofahrt von Reykjavík entfernt der Thingvellir<br />

Nationalpark. Im bekanntesten Nationalpark Islands treffen die<br />

eurasische und die nordamerikanische Kontinentalplatte aufeinander,<br />

und somit ist dieser Ort weltweit der einzige, an dem die Nordlichter<br />

in Nordamerika und Europa gleichzeitig beobachtet werden können.<br />

Place to be Number 3 Ein noch weitgehend unbekannter Ort und<br />

echter Geheimtipp zum Polarlichterbeobachten ist der Kleifarvatn-See<br />

in der Region Reykjanes, die etwa 30 Kilometer südlich von Reykjavík<br />

liegt. Man stelle sich das so vor: Eingebettet in eine vulkanische Landschaft<br />

mit dem rund Meter hohen Palagonitrücken veifluhls im<br />

Westen ist der größte See der Region eine einmalige Kulisse für das<br />

mystische Naturphänomen am Nachthimmel.<br />

Place to be Number 4 Der Kolgrafafjörður ist ein Fjord im Westen<br />

Islands, knapp 200 Kilometer nördlich der Hauptstadt und liegt auf<br />

der Halbinsel Snæfellsnes. Dieser Seitenarm des Urtuvalafjörður ist<br />

ogelbeobachtern ein Begriff, denn viele eevogelarten fühlen sich in<br />

der isländischen Natur heimisch. Kolgrafafjörður ist außerdem ein guter<br />

Aussichtspunkt für die Polarlichter.<br />

Place to be Number 5 Die Region Westfjorde ist wohl die entlegenste<br />

Region Islands, um Nordlichter zu beobachten. In der Abgeschiedenheit<br />

im Nordwesten des Landes finden sich überall einsame rte, um<br />

das Naturspektakel im Stillen zu bewundern. Wem das Glück hold<br />

ist, der darf zusehen, wie sich die Lichter über den Horizont entlang<br />

der malerischen Landschaft erstrecken. Im Winter verwandelt sich die<br />

Region nahe dem Polarkreis zu einem wahren Schneekönigreich. Für<br />

einige eventuell doch zu abgelegen? Wer jedoch die besondere Winterzeit<br />

in den Westfjorden genießen möchte, der ist hier goldrichtig.<br />

Place to be Number 6 skrsförur in stisland. Im ehemaligen<br />

ischerort skrsförur können tanzende Nordlichter zwischen<br />

den Halbinseln Vattarnes und Hafnarnes über der majestätischen Bergkette<br />

gesichtet werden. Im kleinen Ort an der ostisländischen Küste<br />

gibt es zudem in einer ehemaligen Heringsfabrik eine Nordlichter-Ausstellung.<br />

Im Wathne‘s House sind seit Mai 2016 die Werke von<br />

nna and hanna unter dem Titel Dance With the Mountainszu<br />

bestaunen.<br />

Place to be Number 7 Entlang der Küstenroute des Arctic Coast Way<br />

in Nordisland finden sich immer wieder Aussichtspunkte, um bei einem<br />

kurzen topp auf das Glück zu hoffen und die Nordlichter zu beobachten.<br />

Etwa am Hafen der kleinen Halbinsel pkonufellshöfi. Dort<br />

stehen die Chance auf eine Sichtung der Nordlichter besonders gut.<br />

Übrigens: Um auf all die besonderen Sichtungsplätze vorbereitet zu<br />

sein, finden sich auf der Website des isländischen Wetterdienstes ausführliche<br />

Informationen über die Nordlichtervorhersagen anhand der<br />

aktuellen Wolkendecke und sogar der Sonnenaktivität. Die Nordlichter<br />

erscheinen oft tief am Horizont, daher sollte der Blick in Richtung<br />

Großer Wagen am Himmel gerichtet sein. Heiße Schokolade, ein Unterschlupf<br />

vor Kälte und warme Klamotten dürfen auf keiner Nordlichter-Tour<br />

fehlen.<br />

INFO<br />

Mehr Anregungen und Inspirationen für einen Islandtrip<br />

zu Open-Air-Swimmingpools, Fjorden, Gletschern,<br />

Lagunen, Wildpferden und Wasserfällen unter<br />

www.inspiredbyiceland.com und www.visiticeland.com.<br />

Und die Wettervorhersagen gibt es unter https://en.vedur.is<br />

106 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> frühling <strong>2022</strong>


WINTER | Island<br />

Fotos: Páll Jökull Pétursson, Pórir N. Kjartansson, Jónína Óskarsdóttir<br />

Auf alle Fälle: Der Skógafoss-Wasserfall im Süden der Insel<br />

ist mit einer Höhe von etwa 60 Metern einer der größten<br />

Wasserfälle Islands. Zeigen sich dann noch Nordlichter,<br />

mag man sein Glück kaum fassen.<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> 107


text & fotos<br />

Martin Häußermann<br />

Einfach Spitze<br />

Vom Pitztaler Gletscher aus kann man Tirol aufs Dach<br />

steigen. Die Wildspitze ist buchstäblich der Gipfel des<br />

österreichischen Bundeslandes und ein beliebtes Skitouren-<br />

Ziel. Den Einstieg in diese entspannte Wintersport-<br />

Disziplin lässt sich am Rande der Pisten erlernen.<br />

22<br />

REISEZIEL<br />

Ich bin platt. Und ich bin glücklich. Die erste Skitour der Saison<br />

hat zwar mehr Körner gekostet, als ich eigentlich im Beutel hatte.<br />

Dafür war das Wetter hervorragend, die Aussichten traumhaft<br />

und unsere Bergführer mit einer nahezu unermesslichen<br />

Geduld ausgestattet. Und diese Ruhe …<br />

Genau diese Ruhe hat mich vor wenigen Jahren motiviert, es einmal<br />

mit dem Skitourengehen zu probieren. Weg vom Trubel der großen<br />

Skipisten, kein hektisches Gedrängel an den Liften. Stattdessen erreicht<br />

man den Berg mit eigenen Kräften und im eigenen Tempo. Wobei<br />

wir am Anfang der Saison nicht ganz auf Aufstiegshilfen verzichten<br />

können. Schließlich war Frau Holle in den vergangenen Wochen und<br />

Tagen noch nicht besonders fleißig.<br />

108<br />

frühling <strong>2022</strong>


WINTER | Pitztal<br />

In den Seilen hängen?<br />

Nicht die Truppe rund<br />

um Bergführer Alfi.<br />

109


Also reihen wir uns am frühen Morgen ein in die – glücklicherweise noch<br />

recht kurze – Schlange vor der Gletscherbahn. Mit unserem Tourenequipment<br />

sind wir hier Exoten. Das Gros der Wartenden sind Rennläufer<br />

und Skilehrer, die sich auf die neue Saison vorbereiten. Sie alle<br />

werden mit dem 200 Menschen fassenden Gletscherexpress nach oben<br />

katapultiert. Die Schrägseilbahn rauscht durch einen knapp vier Kilometer<br />

langen Stollen und überwindet in ziemlich genau acht Minuten<br />

gut 1.100 Höhenmeter.<br />

So schnell kann kein Mensch gehen. Auch Finn Hösch und Antonia<br />

Niedermaier nicht. Dabei sind die beiden 18-Jährigen, die uns<br />

an diesem Tag begleiten, waschechte Spitzensportler. Der Maschinenbaustudent<br />

und die Abiturientin betreiben Skibergsteigen als<br />

Wettbewerbssport und hoffen, in Cortina dAmpezzo dabei zu<br />

sein. Dann wird ihre Sportart erstmals als olympischer Wettbewerb<br />

ausgetragen. Die Chancen, dass die beiden Athleten aus Bayern da<br />

mitmischen, sind gut. Schließlich holte Antonia Anfang 2021 den<br />

Junioren-Weltmeistertitel in gleich zwei Skibergsteiger-Disziplinen,<br />

Finn landete in der vergangenen Saison in mehreren Wettbewerben in<br />

den internationalen Top Ten. Für 1.200 Höhenmeter braucht er nach<br />

eigenen Angaben etwa eine Stunde und zehn Minuten. Das ist zwar<br />

deutlich langsamer als die Seilbahn, aber deutlich schneller als wir<br />

Normalsterblichen. Selbst gut Trainierte brauchen die dreifache Zeit.<br />

Dieses Leistungsvermögen nötigt Respekt ab, doch in unserer<br />

Gruppe nehmen sich die beiden sympathischen Athleten zurück und<br />

zeigen unterwegs, wie man in Sekundenbruchteilen, buchstäblich im<br />

Sprung, seine Steigfelle abzieht. Letzteres ist für uns zwar spannend zu<br />

sehen, aber nicht relevant. Unser Motto lautet: Erlebnis statt Ergebnis.<br />

Der Einstieg in das Erlebnis Skitourengehen gelingt auf dem<br />

Pitztaler Gletscher ganz prima. Vor vier Jahren wurde hier der erste<br />

Skitourenpark Österreichs eingerichtet. Im Klartext heißt das: Anfänger<br />

üben ihre ersten Schritte mit den Tourenskiern in einem gesicherten<br />

Skigebiet abseits von Lawinengefahr und in der Nähe präparierter<br />

Pisten. Sollte es also entweder nicht klappen oder partout<br />

keinen Spaß machen, so ist der schnelle, individuelle Ausstieg aus der<br />

Tour über eine kurze Tiefschneepassage und anschließende Abfahrt<br />

auf einer präparierten Piste möglich. Dort demonstrieren die beiden<br />

jungen Athleten, wie perfektes Skitourengehen aussieht. Im Prinzip<br />

nicht viel anders als Langlaufen im klassischen Stil. Nur dass der Anstieg<br />

deutlich steiler ist als eine Langlaufloipe und deutlich länger.<br />

Auf der sogenannten Cappuccino-Route, die anspruchsvollste der drei<br />

ausgeschilderten kirouten, sind Höhenmeter zu überwinden <br />

unter anderem mit einer Passage, die bergab als schwarze Piste ausgeschildert<br />

ist. ben wartet dann tatsächlich ein Cappuccino oder eine<br />

andere Kaffeespezialität im höchsten Kaffeehaus sterreichs, dem<br />

Caf , serviert vom knorrigen Wirt epp, der hier seit neun ahren<br />

Gäste empfängt.<br />

Ein Cappuccino und ein tück Kuchen dazu ist sicher eine schöne<br />

Belohnung für die Anstrengungen bergauf. »Aber mit das Wichtigste<br />

ist das Gipfelerlebnis«, konstatiert Bergführer Raphael Eiter, den alle<br />

nur Ra nennen. Ich gehe direkt hinter ihm und gerate zunehmend<br />

außer Puste. Das hat viele Gründe. Zum einen bewegen wir uns hier<br />

in einer Höhe über . Meter, an die ich mich noch nicht akklimatisiert<br />

habe, zum anderen müssen wir, bevor wir den eigentlichen<br />

Anstieg Richtung Gipfel beginnen, mit den Ski auf dem Rücken über<br />

einen Grat kraxeln. Erst rauf, dann runter, denn zum Abfahren liegt zu<br />

wenig Schnee. Und schließlich stelle ich fest, dass mir zur Eroberung<br />

der Wildspitze, dem Sehnsuchtsberg vieler Österreicher, wohl die notwendige<br />

Kondition fehlt. Schließlich brauche ich ja auch noch Körner,<br />

um den Grat auch auf dem Rückweg nochmals zu überwinden.<br />

»Im Hochwinter ist das nicht notwendig, denn wenn ausreichend<br />

chnee liegt, kann man auch direkt abfahren, sagt Alfi, unser zweiter<br />

Bergführer. Aber heute ist es eben anders. Wir sind am Anfang<br />

110<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

herbst 2020


Auf die Petersenspitze<br />

freuen<br />

sich alle wie die<br />

Schneekönige, da<br />

es nun nur noch<br />

bergab geht.<br />

Anfänger üben ihre ersten Schritte<br />

mit den Tourenskiern in einem gesicherten<br />

Skigebiet abseits von Lawinengefahr.<br />

herbst 2020<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

111


Ab geht‘s: Antonia<br />

Niedermaier und<br />

Finn Hösch betreiben<br />

Tourengehen als<br />

Leistungssport.<br />

Tempolimit? Gibt<br />

es nicht!<br />

Eine Skitour ist eben kein Wunschkonzert,<br />

sondern ein Naturerlebnis.<br />

112 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


WINTER | Pitztal<br />

der Saison und müssen mit dem vorhandenen Altschnee auskommen.<br />

Das hat den Vorteil einer praktisch nicht vorhandenen Lawinengefahr.<br />

Dafür muss man die bereits beschriebenen Mühen auf sich nehmen.<br />

Eine Skitour ist eben kein Wunschkonzert, sondern ein Naturerlebnis.<br />

Ein sehr schönes übrigens. Es hat schon etwas Meditatives, wenn man<br />

seine mit Steigfellen bestückten Ski Schritt für Schritt den Berg hochschiebt,<br />

gleichmäßig die frische kühle Luft einatmet und dabei den<br />

Blick schweifen lässt. Erst recht, wenn das Wetter so schön und die<br />

Fernsicht so grandios ist. Das Einzige, was ich höre, ist das Knirschen<br />

der Ski im Schnee und vielleicht noch das gleichmäßige Atmen der<br />

anderen, mit denen ich über ein Seil verbunden bin. Diese Verbindung<br />

ist bei einem Aufstieg über einen Gletscher üblich und aus Sicherheitsgründen<br />

sinnvoll. Denn nicht jede Gletscherspalte ist auf Anhieb<br />

sichtbar. Sollte also jemand wegrutschen, fangen ihn die anderen auf.<br />

Ich habe zwischenzeitlich die eilschaft gewechselt. Während Ra<br />

mit den Konditionsstärkeren das Dach Tirols, die Wildspitze auf rund<br />

. Meter Höhe anpeilt, gehe ich mit Alfi, tephanie, Charlotte und<br />

Gerald Richtung Petersenspitze, die auf . Metern Höhe liegt. Das<br />

ermöglicht einerseits das – auch aus meiner Sicht erstrebenswerte –<br />

Gipfelerlebnis, spart andererseits aber Höhenmeter und auch das<br />

Anlegen von Steigeisen, die zum Aufstieg auf die Wildspitze zu dieser<br />

Jahreszeit zwingend notwendig sind. Darüber sind wir alle ziemlich<br />

froh, schließlich pfeift der Wind einem hier oben stechend scharf entgegen.<br />

Also schnallen wir unsere Skier ab und verstauen die Steigfelle<br />

in unseren Rucksäcken. Dann stapfen wir in unseren gut profilierten<br />

Tourenschuhen nach oben. Aber nur für ein kurzes Foto, dann geht es<br />

wieder zurück, Ski anschnallen, um in die vom Wind besser geschützte<br />

Hochebene abzufahren. Jausenstube nennen sie diesen Flecken,<br />

weil hier die meisten Rast machen, um sich zu stärken.<br />

Das tun wir auch, schließlich müssen wir unsere Energievorräte<br />

auffüllen vor der Abfahrt durch den schweren Bruchharsch und den<br />

zu erwartenden Aufstieg auf den Grat. Und der kostet nochmals richtig<br />

Kraft. Meine persönliche Akkuanzeige blinkt bereits rot, als ich<br />

den höchsten Punkt erreiche und meine Skier wieder anschnallen darf.<br />

Aber die Mühe hat sich gelohnt. Und die Wildspitze besteige ich eben<br />

beim nächsten Besuch im Pitztal.<br />

INFO<br />

ANREISE Mit dem Auto: Über die Fernpassstraße (B 179) oder<br />

die Inntalautobahn (A 12) bis Imst, dann auf der Landstraße durchs<br />

Pitztal bis St. Leonhard.<br />

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Mit der Bahn bis Bahnhof<br />

Imst/Pitztal, dann 45 Minuten mit dem Omnibus bis St. Leonhard.<br />

SKI-VERLEIH Tourenski und -schuhe können bei Intersport<br />

Huter (in Mandarfen oder auf dem Pitztaler Gletscher) ausgeliehen<br />

werden. Die Tarife liegen bei rund € 25 (Ski inkl. Stöcke und<br />

Steigfelle) und € 11 (Schuhe) pro Tag.<br />

Weitere Informationen: www.pitztal.com<br />

frühling <strong>2022</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> 113


CHECKOUT<br />

Impressum<br />

Aufenthalt im Neugrad zu gewinnen:<br />

MINIMALISTISCHES WOHNEN INMITTEN<br />

DES NATIONALPARKS EIFEL<br />

Ganz nah – und doch weit weg: Inmitten des Nationalparks Eifel, umgeben von nichts<br />

als Natur, finden Architekturliebhaber und Ruhesuchende in den Cabins von Neugrad<br />

ihr kleines Paradies. Schlicht und einfach, hell und großzügig, behaglich und natürlich,<br />

geradlinig und reduziert: Die sieben Häuser – vier kompakte 2-Personen-Cabins und drei<br />

geräumige 4-Personen-Cabins – bringen alles, was das gemütliche Wohnen ausmacht,<br />

auf durchdachte Weise zusammen. Dabei wirkt die Zusammenstellung der aus ökologischen<br />

Baumaterialien gestalteten Ferienhäuser ganz natürlich auf dem naturbelassenen,<br />

autofreien Areal. Besonders toll: Für die Extraportion Entspannung sorgen ein eigener<br />

Kamin sowie eine finnische Sauna – so vergessen Urlauber den Alltag ganz schnell. Wer<br />

sich dennoch nach ein wenig mehr Action sehnt, für den bieten die Neugrad Experiences<br />

ein abwechslungsreiches Programm aus geführten Kulinarik- oder Sternen-Wanderungen,<br />

Yoga- oder Coaching-Retreats sowie einer sportlichen Auszeit – zu Fuß, zu Wasser oder<br />

auf zwei Rädern.<br />

Wir verlosen zwei Übernachtungen für zwei Personen inklusive<br />

Frühstück de luxe in einer 2-Personen-Cabin – wahlweise auch mit<br />

Hund – im Wert von 400 Euro. Ferienzeiten sind ausgeschlossen.<br />

Für deine Teilnahme am Gewinnspiel beantworte bitte eine Frage<br />

unter: www.<strong>reisen</strong>exclusiv.com/gewinnspiel-neugrad<br />

Einsendeschluss ist der 22. April <strong>2022</strong>.<br />

Fotos: Neugrad, Marina Schammler<br />

erscheint viermal im Jahr bei der<br />

ella Verlag und Medien GmbH<br />

Emil-Hoffmann-Str. 55–59<br />

50996 Köln<br />

Tel.: 02236 84880<br />

Fax: 02236 848824<br />

info@<strong>reisen</strong>exclusiv.com<br />

www.<strong>reisen</strong>exclusiv.com<br />

Chefredakteurin<br />

Jennifer Latuperisa-Andresen<br />

Art Director<br />

Alessandro Riggio<br />

Redaktion<br />

Ulrike Herder, Linda Ruckes,<br />

Frank Störbrauck, Marie Tysiak<br />

Mitarbeitende dieser Ausgabe<br />

Jan Malte Andresen<br />

Konrad Bender<br />

Andreas Dauerer<br />

Wolf Alexander Hanisch<br />

Martin Häußermann<br />

Ole Helmhausen<br />

Ralf Johnen<br />

Simone Sever<br />

Ala Zander<br />

Anzeigenleitung<br />

Susanne Gorny, sg@ella-verlag.com<br />

Anzeigen<br />

Andrea Vogel, av@ella-verlag.com<br />

Marketing & Kooperationen<br />

Claudia Scholz, cs@ella-verlag.com<br />

Korrekturen<br />

Bärbel Philipp, textperlen.de<br />

Dokumentation<br />

Anna Fuchs<br />

Titelbild Karsten Winegeart<br />

Druck Bonifatius, Paderborn<br />

Vertrieb<br />

VU Verlagsunion KG, Hamburg<br />

114<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


URLAUB IN DEUTSCHLAND?<br />

Diese<br />

Diese<br />

Vorstellung<br />

Vorstellung<br />

ist<br />

ist<br />

verlockend.<br />

verlockend.<br />

Komm<br />

Komm<br />

auf<br />

auf<br />

funkygermany.com<br />

funkygermany.com<br />

mit<br />

mit<br />

in<br />

in<br />

die<br />

die<br />

coolsten<br />

coolsten<br />

Städte.<br />

Städte.<br />

Begleite<br />

Begleite<br />

uns<br />

uns<br />

auf<br />

auf<br />

Abenteuern<br />

Abenteuern<br />

in<br />

in<br />

der<br />

der<br />

freien<br />

freien<br />

Natur.<br />

Natur.<br />

Besuche<br />

Besuche<br />

wegweisende<br />

wegweisende<br />

Ausstellungen<br />

Ausstellungen<br />

und<br />

und<br />

Museen.<br />

Museen.<br />

Erkunde<br />

Erkunde<br />

die<br />

die<br />

besten<br />

besten<br />

Shopping-Meilen.<br />

Shopping-Meilen.<br />

Schlemme<br />

Schlemme<br />

und<br />

und<br />

genieße<br />

genieße –<br />

und<br />

und<br />

freu<br />

freu<br />

dich<br />

dich<br />

auf<br />

auf<br />

stylische<br />

stylische<br />

Hotels.<br />

Hotels.<br />

Germany<br />

Germany<br />

ist<br />

ist<br />

funky.<br />

funky.<br />

So<br />

So<br />

angesagt<br />

angesagt<br />

wie<br />

wie<br />

nie.<br />

nie.<br />

#bepartoftheFUNKYjourney<br />

#bepartoftheFUNKYjourney<br />

funky.germany<br />

funky.germany


Menschen, Landschaften, Wildlife, Kultur<br />

ALLES KANADASTISCH!<br />

Der Blog mit allen wichtigen Infos zum<br />

schönsten Land der Welt<br />

WWW.KANADASTISCH.DE

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!