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FINDORFF GLEICH NEBENAN Nr. 21

FINDORFF GLEICH NEBENAN ist das Stadtteilmagazin für Findorff und Bremen für Handel, Dienstleistung, Kultur & Politik

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PROFILE<br />

q KATRIN RABUS BELEBT <strong>FINDORFF</strong> MIT DEM »ZENTRUM FÜR KULTUR UND MEDIEN«<br />

» Ich stecke meine ganze Energie in eigenes Handeln.«<br />

<strong>FINDORFF</strong> <strong>GLEICH</strong> <strong>NEBENAN</strong> | 06<br />

KATRIN RABUS<br />

AUSGEZEICHNET<br />

G<br />

lückwunsch Katrin, ich kenne niemanden<br />

persönlich, der es bekommen hat, aber Dir<br />

ist es verliehen worden: das Verdienstkreuz<br />

am Bande. Was bedeutet diese Wertschätzung<br />

für Dich ?<br />

Sehr viel ! Ich glaube, ohne Wertschätzung<br />

kann kein Mensch leben. Wertschätzung ist<br />

auch etwas, was man anderen geben sollte.<br />

Das ist sehr schwer. Man ist ja immer sehr<br />

mit sich selbst beschäftigt. Ich hatte erst Schwierigkeiten, das<br />

Verdienstkreuz anzunehmen. Geholfen hat mir, dass der Vorschlag<br />

für die Verleihung an meine Person von den BürgerInnen<br />

kam – und nicht von offizieller Seite. Das hat mich bestärkt, das<br />

Verdienstkreuz anzunehmen, weil man sich tatsächlich ja nicht<br />

abstrakt für den Staat einsetzt, sondern man engagiert sich<br />

für Menschen – und man macht das, wofür man sich einsetzt,<br />

natürlich auch für sich selbst. Aber in erster Linie ist es so,<br />

dass andere etwas davon haben.<br />

Der »Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland« wird<br />

auf Vorschlag für besondere Leistungen auf politischem,<br />

wirtschaftlichem, kulturellem, geistigem oder ehrenamtlichem<br />

Gebiet verliehen.<br />

Im Gesetz von 1951 sprach man noch von geistigen Leistungen<br />

für die Gesellschaft. Diese Begründung hat mir gut gefallen.<br />

Das trifft es in meinem Fall. Eine geistige Leistung hat eine<br />

tiefergehende Bedeutung, kulturell ist heute ja alles.<br />

Weißt Du, wer Dich vorgeschlagen hat ?<br />

Ja, das weiß ich inzwischen – und ich habe mich bedankt,<br />

zumal das Procedere vom Vorschlag bis zur Verleihung für die<br />

vorschlagende Person mit viel bürokratischem Aufwand verbunden<br />

gewesen ist. Ich wusste gar nicht, das jedeR jemanden vorschlagen<br />

kann – und kann nur empfehlen, es auch für andere zu<br />

tun. Der Weg zum Ziel ist nicht ganz einfach, aber er lohnt sich.<br />

Die offizielle Verleihung nahm Bürgermeister Bovenschulte<br />

vor, zugleich Präsident des Bremer Senats. Prof. Dr. Pierwoß,<br />

einst Intendant des Bremer Theaters, hat über Dich gesagt:<br />

»Die Unberechenbarkeit dieser außerparlamentarischen Opposition<br />

war ihr Qualitätsmerkmal«. Wollte sich das parteipolitische<br />

Bremen mit Dir vielleicht doch noch versöhnen ?<br />

Ich glaube, das spielte keine Rolle.<br />

Vielleicht sollten wir kurz auf die Neunziger zurückblicken:<br />

Gemeinsam mit Klaus Pierwoß hast Du damals die Kulturinitiative<br />

»Anstoß« gegründet, um Dich außerhalb einer Partei<br />

öffentlich und sehr streitbar für die Bremer Kultur einzusetzen.<br />

Deine Kritik kam nicht überall gut an ?<br />

Das war so. Aber entscheidend war damals: Unsere Kritik wurde<br />

ernst genommen und in politische Aktion umgesetzt. Es ist<br />

leider so, dass die Generation, die damals mit uns die Kämpfe<br />

um die Kultur ausgefochten hat, inzwischen abgetreten ist.<br />

Heute ist eine andere Generation herangewachsen, die lieber<br />

die öffentliche Stille bevorzugt. Es ist in der Kulturszene ruhig<br />

geworden – und man betont heute eher, wie gut man sich mit<br />

der Politik versteht. Das ist aus meiner Sicht ein falsches Verständnis.<br />

Wer mich kennt, der weiß, dass ich im menschlichen<br />

Umgang PolitikerInnen als AnsprechpartnerInnen sehr schätze.<br />

Dieser wertschätzende Umgang miteinander war auch eines<br />

der Geheimnisse, warum »Anstoß« Erfolg hatte. Es gab in der<br />

Auseinandersetzung in der Sache stets gegenseitigen Respekt.<br />

Ich habe das auch an den Glückwünschen gemerkt.<br />

Das Verdienstkreuz am Bande ist bereits die zweite große<br />

Ehrung, die Du erfahren hast. 2010 wurde Dir in Berlin für<br />

Dein besonderes medienpolitisches Engagement der französische<br />

Verdienstorden verliehen. Welche Auszeichnung ist Dir<br />

wichtiger ?<br />

Ich freue mich, zu den ganz wenigen Menschen zu gehören,<br />

die in beiden Ländern geehrt wurden.<br />

Du hast mir einmal gesagt, dass es für Dich kein »Man sollte<br />

doch endlich etwas machen...« gibt, sondern nur »Ich sollte<br />

und kann etwas machen...«. »Man« gibt es nicht. Magst Du<br />

uns diese Aussage ausführlicher erklären ?<br />

Ich bemerke, dass die junge Generation Gegebenheiten<br />

weniger infrage stellt. Ich weiß nicht, warum das so ist, aber<br />

ich weiß, dass wir anders waren. Menschen müssen die Dinge<br />

nicht als gegeben hinnehmen. Wenn also jemand sagt, »Man<br />

müsste...«, zeigt diese Formulierung zunächst nur, dass Interesse<br />

an einer Sache vorhanden ist – und auch die Vorstellung,<br />

dass etwas anders sein könnte, als es ist. Der nächste Schritt<br />

ist, sich zu fragen: »Wer könnte Veränderungen bewirken ?«<br />

Sicherlich sind das nicht diejenigen Personen, die in die Sache<br />

bisher involviert sind. Der dritte Schritt ist: »Wer sieht das<br />

genauso wie ich ?« Nicht selten stellst du fest, dass andere das,<br />

was du verändern willst, noch gar nicht bemerkt haben. Man<br />

fängt an zu erklären und merkt: »Das bringt gar nichts«. Oft<br />

bekommt man nur als Antwort: »Ja, aber das war doch schon<br />

immer so.« Vierter Schritt: Statt mühselig anderen Menschen<br />

weiterhin zu erklären, dass etwas geändert werden müsste, ist<br />

es besser, ich stecke meine ganze Energie in eigenes Handeln<br />

und frage mich: »Wo wäre denn ein erster Ansatz, etwas zu<br />

verändern?« Ich bin kein revolutionärer Typ. Ich fange mit kleinen<br />

Schritten an. Man muss sich aber den Menschen nähern,<br />

die verantwortlich sind, um zu fragen: »Wie sehen Sie das ?<br />

Könnte man da etwas zum Besseren ändern? « Dialoge sind<br />

wichtig. Sie kommen in meiner Arbeit automatisch zustande.<br />

Auch heute noch fällt mir in vielen Situationen sofort etwas<br />

ein, was geändert werden könnte. Mit dieser Sichtweise macht<br />

man sich aber nicht nur FreundInnen. Man muss mit Kritik<br />

auch ein bisschen vorsichtig sein. u<br />

<strong>FINDORFF</strong> <strong>GLEICH</strong> <strong>NEBENAN</strong> | 07

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