FINDORFF GLEICH NEBENAN Nr. 21
FINDORFF GLEICH NEBENAN ist das Stadtteilmagazin für Findorff und Bremen für Handel, Dienstleistung, Kultur & Politik
FINDORFF GLEICH NEBENAN ist das Stadtteilmagazin für Findorff und Bremen für Handel, Dienstleistung, Kultur & Politik
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
q SUPERSUSE MUSS DRINGEND ÜBER TRÄUME NACHDENKEN.<br />
Von Fernreisen und Ponys im Garten<br />
N<br />
eulich suchte eine Freundin in unserer<br />
Mädelsrunde einen Rat: Sie würde sich<br />
zu ihrem 50. Geburtstag so gern ihren<br />
langjährigen Traum erfüllen und endlich<br />
einmal nach Thailand fliegen – man solle<br />
schließlich nicht so lange warten mit dem<br />
Erfüllen von Träumen. Was wir davon<br />
halten würden.<br />
Nix, dachte ich. Langzeitflüge: Nö, die sind doch<br />
besonders klimaschädlich. Thailand: Nö, da war<br />
doch was mit Ausbeutung von ethnischen<br />
Minderheiten, oder ? Urlaub in Coronazeiten:<br />
Nönö.<br />
Und sagte: Hmm. Das sei ja eine schöne<br />
Idee und Thailand ist auch ein spannendes<br />
Land, aber zur Zeit sei das ja schwierig<br />
wegen Corona. Und Fliegen – naja –<br />
da ist ja das Problem mit der Klimabilanz.<br />
Und schon ging die Diskussion los: Man<br />
könne doch ruhig ab und zu fliegen. Blöd, also<br />
klimakritisch, sei es, mal eben für ein Wochenende<br />
durch die Gegend zu jetten. Oder nur noch<br />
Urlaub mit dem Flieger zu machen. Aber so<br />
einen langjährigen Traum erfüllen, das sei doch<br />
okay. Machen wir doch nur einmal im Leben.<br />
Nur jetzt grad nicht, wegen Corona. So die Allgemeinmeinung<br />
der anderen. Hmm, denke ich. Vielleicht doch nicht so viel nö ?<br />
Einen Traum erfüllen, das muss doch erlaubt sein, oder ?<br />
Würde ich doch auch machen, oder ?<br />
Und was ist eigentlich mit meinen Träumen ? Da muss ich erstmal<br />
drüber nachdenken. Thailand kam bisher nicht vor. Früher<br />
träumte ich von einem eigenen Pony, das im Garten grast<br />
und im Gartenhäuschen schläft. Meine Mutter war dagegen.<br />
Inzwischen denke ich: Irgendetwas mit Reisen muss es sein,<br />
Frankreich immer noch. Und Geschichten schreiben. Warm soll<br />
es sein und am Meer. Am besten alles zusammen – schön !<br />
Beim Abendessen frag ich mal die Familienmitglieder, was<br />
sie über Träume denken. Kind 1 muss erstmal überlegen,<br />
ganz die Mutter. Und findet, dass sie ja gerade dabei ist, sich<br />
einen Traum zu erfüllen: Nach dem Abi in die USA, ganz bald.<br />
Schnüff. Kind 2 hat grad mit Umbauarbeiten zu tun (Pubertät)<br />
und träumt von der nächsten Minecraftrunde. Ach ja, einen<br />
Spielecomputer hätte er gern, das wäre schon traumhaft. Nö,<br />
sagt die Schwester: Es geht nicht um Dinge, die man im Laden<br />
kaufen kann. Mehr so um nicht-materielle Träume. Wow,<br />
denke ich, jetzt wird es philosophisch.<br />
Der allerliebste Ehemann denkt kurz nach und weiß sofort:<br />
Er möchte gern fliegen, also geflogen werden. Und zwar in einer<br />
kleinen Maschine, die Welt von oben betrachten. Kann auch<br />
<strong>FINDORFF</strong> <strong>GLEICH</strong> <strong>NEBENAN</strong> | 34<br />
Bremen von oben sein. Wichtig ist: Er möchte das Fliegen fühlen.<br />
Ach ja, und er möchte Polarlichter sehen und dann möchte<br />
er noch an einen Ort, an dem die Sonne exakt senkrecht steht.<br />
Jetzt kommt Kind 1 in Schwung und kramt in ihren Geografiekenntnissen.<br />
Wo will er genau hin, welcher Breitengrad muss<br />
das sein ? Und schon wird diskutiert. Ich bin raus.<br />
Der Mann ist ja gar nicht zu bremsen. Wieso wusste ich nichts<br />
davon ? Und denke: Kann man nicht einfach mal anfangen,<br />
Träume zu verwirklichen ? So ein Rundflug<br />
über Bremen ist doch machbar, oder ? Und<br />
hatte ich nicht eigentlich geplant, diesen<br />
Sommer für ein paar Wochen nach<br />
Frankreich zu fahren und dort ein<br />
Buch zu schreiben, also zumindest<br />
anzufangen ? Doch, aber dann kam<br />
ein Job dazwischen und der Traum<br />
in die Schublade. Blöd eigentlich.<br />
Raus damit und neu gedacht !<br />
Am nächsten Tag schicke ich meiner<br />
Asien-Traum-Freundin einen Zeitungsschnipsel,<br />
in dem steht, dass man wieder<br />
nach Thailand einreisen darf, ohne sich<br />
in Quarantäne begeben zu müssen. Sie bedankt<br />
sich und erklärt, dass der Familienrat<br />
ihr von den Reiseplänen abgeraten hat.<br />
Vor allem ihr 14-jähriger Sohn ist empört,<br />
dass Mama überhaupt darüber nachdenkt zu fliegen und dann<br />
auch noch so weit weg. Corona und Klimakatastrophe und so.<br />
Und erkundet die Welt lieber per Minecraft. Aha, noch so einer.<br />
SUPERSUSE<br />
Ich bin noch nicht durch mit dem Thema und frage jetzt so<br />
ziemlich alle nach ihren Träumen und der Erfüllung. Mein<br />
Umfrageergebnis: Alle, also die meisten, müssen erstmal darüber<br />
nachdenken. Haben die keine Träume ? Oder liegt es daran,<br />
dass wir ganz zufrieden sind oder uns unsere Träume im Kleinen<br />
erfüllen ? Damit fange ich gleich mal an und träume vom<br />
Frühling – warme Sonne im Gesicht, Hängematte im Garten.<br />
Ach ja: Eine größere Terrasse wäre auch nicht schlecht.<br />
q ÜBER SUSE LÜBKER<br />
Suse »Supersuse« Lübker lebt mit Kindern und Ehemann im<br />
schönen Findorff. Die freiberufliche Texterin und Trainerin<br />
konzipiert, schreibt und redigiert Texte für Verlage, Vereine,<br />
Verbände und Soloselbstständige, online und offline. Zudem<br />
veranstaltet sie Kommunikations- und Schreibworkshops. 2015<br />
erschien ihr Buch »Das Bremer Kinderlexikon. Von Achterdiek<br />
bis Ziegenmarkt« – für alle kleinen und großen BremerInnen,<br />
die Lust haben, ihre Stadt (neu) zu entdecken. In ihrem Blog<br />
berichtet sie über Alltagsabenteuer und gibt Tipps zum Thema<br />
Zeitmanagement. Der Blog auf www.suseluebker.de/blog<br />
Text: Suse Lübker, Illustration: Rainer Pleyer ▲