Nr. 82 - Frühling 2022
Land-Art XXL: Saype, von Belfort in die weite Welt Château des Milandes: "Mein Leben, das ist Joséphine!" Brouage: die Zitadelle der geplatzten Träume Rezept: La Madeleine de Proust
Land-Art XXL: Saype, von Belfort in die weite Welt
Château des Milandes: "Mein Leben, das ist Joséphine!"
Brouage: die Zitadelle der geplatzten Träume
Rezept: La Madeleine de Proust
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Aber Schwamm drüber, darum geht es hier gar nicht.<br />
Stell dir vor, die Académie française, diese altehrwürdige<br />
Hüterin der französischen Sprache, verlangt zum ersten<br />
Mal in ihrer Geschichte die Außerkraftsetzung eines administrativen<br />
Dokuments, da sie es als illegal einstuft.<br />
Bei diesem Dokument handelt es sich genau um den<br />
neuen französischen Personalausweis, der 2021 eingeführt<br />
wurde. Und der Grund, wirst du dich jetzt fragen? Jetzt<br />
darfst du lachen, weil er zweisprachig ist.<br />
Ich schwöre, das ist keine Übertreibung! Es stand heute im Figaro, und ich dachte mir, das muss ich dir unbedingt<br />
mitteilen. Hélène Carrère d’Encausse, ihres Zeichens « Sekretär der Académie française auf Lebenszeit »<br />
(und nicht « Sekretärin », wie man eigentlich sagen würde, denn Madame ist gegen weibliche Funktions- und<br />
Berufsbezeichnungen) empört sich in dem Artikel ganz unverhohlen und erinnert daran, dass laut Artikel 2<br />
der Verfassung Französisch « die Sprache der Republik » ist. Zudem schreibt ein Gesetz aus dem Jahr 1994 für<br />
administrative Dokumente die französische Sprache vor. Madame « le » secrétaire perpétuel äußert sich eindeutig:<br />
« Unter dem Vorwand, dass die Europäische Union eine zweisprachige Angabe der Titel empiehlt, malträtiert man<br />
ein grundlegendes Prinzip. » Kurz, sie zieht gegen den zweisprachigen Personalausweis in den Krieg! Die neuen<br />
Ausweise wären eine derartige Gefahr für die Sprache, dass die Akademie, wie der Artikel ausführt, bereits<br />
« eine Anwaltskanzlei beauftragt hat ». Diese hat den Premierminister angeschrieben, « um die Verfügung für die<br />
Ausstellung der neuen Personalausweise außer Kraft zu setzen ». Wenn schon, denn schon! Und wenn das nicht<br />
reichen sollte, haben die Mitglieder der Akademie bereits das weitere Vorgehen angekündigt: « Sollte keine Entscheidung<br />
getroffen werden, um Französisch erneut als einzige Sprache auf dem Personalausweis festzuschreiben »,<br />
würden sie « Einspruch beim Conseil d’État einlegen »!<br />
Liebe Erika, ich kann mir vorstellen, dass du dir nun dieselbe Frage stellst, wie ich sie mir gestellt habe:<br />
Was wird aus den Ausweisen, die seit 2021 ausgegeben wurden – also auch aus meinem? Glücklicherweise hat<br />
sich ein Rechtsprofessor in einem Interview folgendermaßen geäußert: « Die Außerkraftsetzung eines Gesetzestextes<br />
kann nicht rückwirkend geschehen. Bereits gedruckte Ausweise bleiben gültig. Lediglich diejenigen, die nach der<br />
Entscheidung ausgegeben werden, müssten geändert werden » ... Da bin ich aber beruhigt. Ich muss gestehen, ich<br />
würde der Regierung ja am liebsten vorschlagen, die zukünftigen Ausweise in Französisch, Englisch ... und Deutsch<br />
zu verfassen! Egal, ob die Académie française das verstehen will oder nicht!<br />
Herzliche Grüße