Nr. 82 - Frühling 2022
Land-Art XXL: Saype, von Belfort in die weite Welt Château des Milandes: "Mein Leben, das ist Joséphine!" Brouage: die Zitadelle der geplatzten Träume Rezept: La Madeleine de Proust
Land-Art XXL: Saype, von Belfort in die weite Welt
Château des Milandes: "Mein Leben, das ist Joséphine!"
Brouage: die Zitadelle der geplatzten Träume
Rezept: La Madeleine de Proust
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ART DE VIVRE Kulturerbe<br />
Eine nach wie vor aktuelle Mission<br />
Der Fotograf Auguste Mestral<br />
(um 1856) und eines seiner<br />
Fotos, das im Rahmen seiner<br />
Beteiligung an der Mission<br />
héliographique (1851) in<br />
der Sainte-Chapelle (Paris)<br />
entstand. Rechte Seite:<br />
Der Fotograf Hippolyte<br />
Bayard posiert in seinem<br />
Garten (um 1847).<br />
die Lancierung einiger Arbeiten, beschränkte sich dann<br />
aber erstaunlicherweise darauf, sie einfach zu archivieren.<br />
Es gab keinerlei Veröffentlichung, wie man es angesichts<br />
der neuartigen Vorgehensweise hätte erwarten können.<br />
Für die fünf Fotografen war das eine herbe Enttäuschung.<br />
Glücklicherweise wurde man sich in Pressekreisen darüber<br />
bewusst, welche Bedeutung die Mission im Hinblick<br />
auf die Weiterentwicklung fotografischer Techniken<br />
gehabt hatte, und verbreitete die Erkenntnisse unter den<br />
eigenen Fotografen. Für Le Gray war die Mission sowieso<br />
ein Glücksfall, denn er wurde in der Folge zum offiziellen<br />
Fotografen der kaiserlichen Familie bestellt.<br />
Im Anschluss an die Mission von 1851 vergab der<br />
französische Staat regelmäßig öffentliche Aufträge an Fotografen.<br />
So auch 1983, als die Délégation à l’aménagement<br />
du territoire et à l’action régionale DATAR (eine staatliche<br />
Investitionsförderungsgesellschaft) rund dreißig Fotografen<br />
– sowohl erfahrene als auch junge – damit beauftragte,<br />
das Land zu bereisen und den Wandel der natürlichen und<br />
städtischen Landschaften auf französischem Territorium<br />
zu dokumentieren und auf diese Weise ein « Porträt » des<br />
französischen Landschaftsbilds der damaligen Zeit zu<br />
zeichnen. Zu den Auserwählten gehörten beispielsweise<br />
Raymond Depardon und Robert Doisneau (1912-1994).<br />
Zum ersten Mal seit mehreren Jahrzehnten nutzte man<br />
wieder die « menschliche Perspektive » und keine Luftbilder,<br />
um das Staatsgebiet zu präsentieren. Gleichzeitig<br />
wurde ausdrücklich ein « künstlerischer » Blickwinkel<br />
gewünscht, frei von allen « administrativen » Zwängen.<br />
Vor allem aber wurde, im Gegensatz zur Mission héliographique<br />
aus dem Jahr 1851, ein Teil der erstellten Fotografien<br />
publiziert. Es entstand ein schönes Buch 2 , das heute<br />
leider vergriffenen ist. Zu sehen sind die Werke jedoch<br />
auf einer diesem Projekt gewidmeten Website 3 . Mit der<br />
erneuten Vergabe eines umfangreichen öffentlichen Auftrags<br />
an Fotografen zum Thema Radioscopie de la France:<br />
regards sur un pays traversé par la crise sanitaire setzt die<br />
französische Regierung also die Tradition der Mission<br />
photographique fort. Die Jury besteht aus Vertretern der<br />
Französischen Nationalbibliothek (BNF) – denen die<br />
Leitung des Projekts obliegt –, Vertretern des Kulturministeriums<br />
und qualifizierten Personen aus Fotografie und<br />
Presse. Aus allen Bewerbungen wurden 200 Fotografen<br />
ausgewählt, die entweder seit 2018 einen Abschluss an<br />
einer Journalismus- oder Kunstschule gemacht haben<br />
oder eine Presseveröffentlichung aus den vergangenen<br />
vier Jahren nachweisen können, welche eine Zusammenarbeit<br />
rechtfertigt. Jeder Fotograf hat für die Fotos ein<br />
Jahr Zeit und erhält dafür eine pauschale Vergütung von<br />
22 000 Euro. Am Ende wird die Nationalbibliothek die<br />
Werke in ihre Sammlungen aufnehmen, sie im ganzen<br />
Land im Rahmen entsprechender Aktivitäten einsetzen,<br />
eine Retrospektive organisieren und ein Buch über die<br />
Arbeiten veröffentlichen. Genug also, um die Fotografien<br />
breit zu streuen. Offensichtlich hat man aus den Fehlern<br />
der Mission héliographique von 1851 gelernt … Insofern<br />
wird die Öffentlichkeit die in diesem Rahmen realisierten<br />
Aufnahmen begutachten können. Wir halten Sie auf dem<br />
Laufenden.<br />
1 La Mission héliographique, cinq photographes<br />
parcourent la France en 1851, Monum, Éditions du<br />
patrimoine, 2002, 320 Seiten, ISBN 978-285<strong>82</strong>26900.<br />
2 Paysages photographies: La mission photographique<br />
de la DATAR; travaux en cours, 1984-1985,<br />
Éditions Hazan, 1985, 518 Seiten, vergriffen.<br />
3 https://missionphoto.datar.gouv.fr<br />
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