Nr. 82 - Frühling 2022
Land-Art XXL: Saype, von Belfort in die weite Welt Château des Milandes: "Mein Leben, das ist Joséphine!" Brouage: die Zitadelle der geplatzten Träume Rezept: La Madeleine de Proust
Land-Art XXL: Saype, von Belfort in die weite Welt
Château des Milandes: "Mein Leben, das ist Joséphine!"
Brouage: die Zitadelle der geplatzten Träume
Rezept: La Madeleine de Proust
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ART DE VIVRE Kulturerbe<br />
Der Fotograf Gustave Le<br />
Gray (um 1856) und eines<br />
seiner Fotos vom Château de<br />
Chenonceau (Indre-et-Loire),<br />
das im Rahmen der Mission<br />
héliographique (1851) entstand.<br />
Rechte Seite: der Fotograf<br />
Henri Le Secq auf der Kirche<br />
Notre-Dame de Paris (1853).<br />
dazu, umfangreiche Restaurierungsmaßnahmen ins Auge<br />
zu fassen. Großen Architekten wie Eugène Viollet-le-Duc<br />
(1814-1879) sollte dabei eine bedeutende Rolle zufallen.<br />
Um die Ausführung der Arbeiten jedoch planen und die<br />
entsprechenden Finanzmittel bereitstellen zu können,<br />
benötigte man im Vorfeld zunächst Skizzen, Zeichnungen<br />
und Abbildungen der betroffenen Monumente. Man<br />
schickte also ganze Heerscharen von Zeichnern und Malern<br />
los, die mit Skizzenblöcken und Staffeleien unter dem<br />
Arm durch das Land zogen. All das benötigte allerdings<br />
Zeit, und die Zeit drängte … Da kam der fotografische<br />
Fortschritt genau im richtigen Moment!<br />
Die Lösung: Fotografien<br />
Obwohl die für die Daguerreotypie notwendige Ausrüstung<br />
schwer war und bis dato vor allem im Studio für<br />
Stillleben und Porträts eingesetzt worden war, weckte diese<br />
Technik das Interesse der um das Kulturerbe besorgten<br />
Politiker. Angesichts der dringend benötigten Bilder als<br />
Ausgangsbasis für die anstehenden Arbeiten beschloss<br />
die gerade ins Leben gerufene Commission des monuments<br />
historiques auf Anregung eines ihrer Mitglieder, Prosper<br />
Mérimée (1803-1870), die Möglichkeiten zu nutzen,<br />
die sich durch die Fortschritte in der Fotografie boten.<br />
Mithilfe dieser Technik sollte schnell und wirkungsvoll<br />
aufgezeigt werden, in welch schlechtem Zustand viele<br />
Kirchen, Schlösser und andere Gebäude in Frankreich<br />
bereits waren. Die Kommission rief also 1851 die Mission<br />
héliographique ins Leben und erteilte damit den ersten<br />
öffentlichen Auftrag für die Erstellung von Fotografien in<br />
Frankreich.<br />
Fünf Fotografen auf Mission<br />
Zu diesem Zeitpunkt kamen also die fünf Fotografen<br />
Baldus, Bayard, Le Gray, Le Secq und Mestral ins Spiel.<br />
Sie waren aufgrund ihres offensichtlichen Interesses – teilweise<br />
auch aufgrund ihrer Arbeit im Bereich der Fotografie<br />
– ausgewählt worden und erhielten den Auftrag, 175<br />
gefährdete Gebäude in ganz Frankreich zu fotografieren.<br />
Jeder von ihnen bekam eine bestimmte Streckenvorgabe,<br />
der er mit mehr oder weniger gutem Willen folgte. Die<br />
auf Fotografie spezialisierte Historikerin Anne de Mondenard<br />
beschreibt dies in einem fesselnden Werk 1 , das<br />
dem Unterfangen gewidmet ist: Baldus war zunächst in<br />
Burgund zugange und begab sich anschließend in die<br />
Provence; Bayard beschränkte sich auf die Normandie; Le<br />
Gray und Mestral legten mehr als 3000 Kilometer vom<br />
Pays de la Loire bis ins Limousin, vom Bordelais bis ins<br />
Languedoc, von der Rhône über die Auvergne bis nach<br />
Paris zurück, während Le Secq sich auf den Norden und<br />
Osten Frankreichs konzentrierte. Eines ist auf jeden Fall<br />
sicher: Alle zogen im Sommer 1851 für eine Dauer von<br />
drei Monaten mit ihrem sperrigen, schweren und empfindlichen<br />
Material los. Der Staat übernahm die Kosten<br />
für Reise, Unterkunft und Verpflegung, das eigentliche<br />
« Gehalt » erhielten die fünf Fotografen erst bei ihrer<br />
<strong>82</strong> · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2022</strong>