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Nr. 82 - Frühling 2022

Land-Art XXL: Saype, von Belfort in die weite Welt Château des Milandes: "Mein Leben, das ist Joséphine!" Brouage: die Zitadelle der geplatzten Träume Rezept: La Madeleine de Proust

Land-Art XXL: Saype, von Belfort in die weite Welt
Château des Milandes: "Mein Leben, das ist Joséphine!"
Brouage: die Zitadelle der geplatzten Träume
Rezept: La Madeleine de Proust

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FRANKREICH HEUTE Land-Art<br />

Saype, Sie wurden 1989 im Departement Territoire de<br />

Belfort, genauer gesagt in der Stadt Belfort, geboren.<br />

Was verbindet Sie mit diesem Departement?<br />

Diese Gegend ist für mich sehr wichtig. Hier habe ich<br />

meine ersten Lebenserfahrungen gemacht. Abgesehen<br />

von einem zweijährigen Aufenthalt in Straßburg – im<br />

Alter von 21 Jahren im Rahmen meiner Ausbildung zum<br />

Krankenpfleger – lebte ich hier, bis ich 27 Jahre alt war.<br />

Dadurch habe ich eine sehr starke Beziehung zu diesem<br />

Departement. Inzwischen lebe ich zwar mit meiner Frau,<br />

einer gebürtigen Schweizerin, in deren Heimatland, wir<br />

wohnen aber nur rund eine Autostunde von Belfort entfernt.<br />

Insofern kann ich regelmäßig hierherkommen und<br />

meine Eltern und Großeltern besuchen, die nach wie vor<br />

hier leben. Es ist essenziell für mich, diese Verbindung<br />

aufrechtzuerhalten. Nachdem ich heute im Rahmen meiner<br />

Kunstprojekte kreuz und quer über den Erdball reise,<br />

brauche ich eine verlässliche Beziehung zu einem ruhigen<br />

Ort, der mir Stabilität verleiht, wo ich zur Ruhe kommen<br />

und Menschen treffen kann, die mir etwas bedeuten. Das<br />

Territoire de Belfort bietet mir genau das, es bietet mir<br />

Halt, ist Balsam für die Seele.<br />

Wie kam es, dass Guillaume Legros, ein Sohn der Stadt Belfort,<br />

sich für Kunst interessierte, sodass aus ihm Saype wurde, einer<br />

der bekanntesten Land-Art-Künstler auf weltweiter Ebene?<br />

Ich gestehe, dass mich mein Werdegang selbst erstaunt.<br />

Aber genau das ist ja das Tolle. Es zeigt, dass im<br />

Leben alles möglich ist! Im Grunde hatte ich überhaupt<br />

keinen Bezug zur Kunst: Mein Vater ist Informatiker,<br />

meine Mutter Radiologieassistentin im Krankenhaus.<br />

Man kann sagen, dass Kunst bei uns zu Hause keine Rolle<br />

spielte, dass sich niemand besonders dafür interessierte.<br />

Und doch hat sie sich allmählich in mein Denken eingeschlichen.<br />

Ich glaube, wie bei vielen Jungs hat das bei mir<br />

begonnen, als ich mit Kumpels Graffiti an Wände sprühte.<br />

Damals war ich 14 Jahre alt. Wir dachten nicht weiter<br />

darüber nach, sprühten meistens unter freiem Himmel, an<br />

mehr oder weniger verlassenen Orten, wo es gestattet war,<br />

beispielsweise in ehemaligen Lagerhallen. Das war alles<br />

sehr harmlos, machte uns aber viel Spaß. Abgesehen vom<br />

Spaß, gemeinsam mit Kumpels etwas zu kreieren, wurde<br />

mir vermutlich damals bewusst, dass ich mit diesen Graffiti<br />

einen geheimen Wunsch umsetzen konnte, nämlich<br />

ein sichtbares Zeichen meiner Existenz zu hinterlassen.<br />

Ich erinnere mich, dass ich dieses Gefühl genial fand. Ab<br />

diesem Zeitpunkt begeisterte ich mich für Kunst, informierte<br />

mich, las viel, besuchte wann immer es möglich<br />

war Museen und Ausstellungen. Und dann habe ich den<br />

Schritt gewagt und mir Utensilien zum Malen gekauft …<br />

Haben Sie immer im Freien gemalt?<br />

Nein, als ich nach der Graffiti-Phase begann, mir das<br />

notwendige Material zuzulegen, arbeitete ich zunächst<br />

sehr viel im Atelier. Ich glaube, ich musste mich zunächst<br />

mit der Kunst wirklich auseinandersetzen, vielleicht in<br />

gewisser Weise mit ihr « alleine sein », um zu lernen und<br />

herauszufinden, was mir liegt, um meinen Weg zu finden.<br />

Das war eine sehr introspektive, nahezu zwanghafte<br />

Arbeit. Ich schloss mich ein und probierte verschiedene<br />

56 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2022</strong>

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