Nr. 82 - Frühling 2022
Land-Art XXL: Saype, von Belfort in die weite Welt Château des Milandes: "Mein Leben, das ist Joséphine!" Brouage: die Zitadelle der geplatzten Träume Rezept: La Madeleine de Proust
Land-Art XXL: Saype, von Belfort in die weite Welt
Château des Milandes: "Mein Leben, das ist Joséphine!"
Brouage: die Zitadelle der geplatzten Träume
Rezept: La Madeleine de Proust
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UNTERWEGS IN FRANKREICH Nouvelle Aquitaine / Corrèze<br />
waren die Kunden interessiert, seinen Wein zu kaufen.<br />
Schnell hatte der findige Weinhändler die notwendigen<br />
Mittel, um in Meymac das Haus mit den Türmchen bauen<br />
zu können, das er Château des Moines Larose taufte.<br />
Ein schlau gewählter Name, der die Vorstellung eines<br />
Château inmitten der Weinberge des Bordelais erweckte<br />
und der lange Zeit auf den Etiketten erschien. Der Erfolg<br />
sprach sich schnell herum, somit war es naheliegend, dass<br />
andere Handelsreisende aus der Haute-Corrèze ebenfalls<br />
in dieses lukrative Geschäft einstiegen. Ab etwa 1900 und<br />
während einer Dauer von rund 50 Jahren gaben Hunderte<br />
dieser Händler gegenüber ihren nordfranzösischen und<br />
belgischen Kunden Meymac-près-Bordeaux als Postanschrift<br />
an. 1914 gab es im Dorf etwa 300 Weinhändler,<br />
ein Hotel, zwei Banken, drei Destillerien, eine Etikettendruckerei<br />
und eine Korkenfabrik. Nicht schlecht für eine<br />
Gemeinde, die keinerlei Weintradition besaß und relativ<br />
weit von Bordeaux entfernt lag!<br />
Enge Beziehungen zwischen<br />
Corrèze und Bordelais<br />
Unter den Pionieren im Handel mit Bordeaux-Wein<br />
gab es nicht wenige, die wie Gaye-Bordas regelrechte lokale<br />
Persönlichkeiten wurden. Um ihren Erfolg zu zeigen,<br />
ließen sie große Häuser bauen, die oft Symbole trugen, die<br />
eine Beziehung zu Reben hatten. Es ist kurzweilig, heute<br />
bei einem Spaziergang durch Meymac und die umliegenden<br />
Dörfer darauf zu achten, wie viele schmiedeeiserne<br />
Gitter dieser schönen Gebäude mit Weintrauben verziert<br />
sind … Dennoch bewahrten diese « Neureichen » einen<br />
kühlen Kopf: Ihnen war schnell klar, dass sie die Beschaffung<br />
von Bordeaux-Wein sicherstellen mussten, wollten<br />
sie ihr lukratives Geschäft weiterführen. Sie begannen daher,<br />
mit ihren Einnahmen in Weinberge – mit oder ohne<br />
Château – im Bordelais zu investieren. Dadurch erklärt<br />
sich, dass heute noch einige prestigeträchtige Weinberge<br />
im Anbaugebiet Bordeaux im Besitz von Familien aus der<br />
Corrèze sind. So ist beispielsweise die Familie Moueix,<br />
die aus dem rund 20 Kilometer von Meymac entfernten<br />
Dorf Liginiac stammt, noch heute Mehrheitseigentümerin<br />
von Château Pétrus. Man schätzt, dass rund 30 % der<br />
Reben im Gebiet Pomerol, 10 % im Gebiet Saint-Émilion<br />
und 5 % im Médoc nach wie vor im Besitz von Familien<br />
sind, deren Wurzeln in der Corrèze liegen. Als amüsantes<br />
Detail am Rande sei erwähnt, dass Valérie Pécresse,<br />
die bei den anstehenden Präsidentschaftswahlen (April/<br />
Mai <strong>2022</strong>) für die Partei Les Républicains für das Amt des<br />
französischen Staatspräsidenten kandidiert, einen angeheirateten<br />
Großonkel besitzt, der ein reicher Weinhändler<br />
der Corrèze war. Alle diese Familien betrieben nach dem<br />
Vorbild von Gaye-Bordas aktiv den Weinhandel und leisteten<br />
auf diesem Wege einen nicht unbedeutenden Beitrag<br />
zum weltweiten Erfolg der Bordeaux-Weine. Begünstigt<br />
wurde dies unter anderem durch den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur,<br />
die von der Hauptstadt der Gironde<br />
zunächst Transporte auf dem Seeweg Richtung Großbritannien,<br />
später dann auf dem Luftweg in die Vereinigten<br />
Staaten und nach Japan ermöglichte. Ein Erfolg, der – wie<br />
uns die Dörfer in der Gegend von Meymac in Erinnerung<br />
rufen – zum Teil auf einem einfallsreichen Bluff basiert<br />
…<br />
Für alle, die noch tiefer einsteigen möchten<br />
Es gibt mehrere interessante Werke über die Geschichte<br />
der Weinhändler im Pays de Meymac:<br />
• Meymac-près-Bordeaux, tomes I à III, Marcel Parinaud,<br />
Éditions des Monédière et de l’Esperluette. Dies ist<br />
zweifellos die am besten belegte Abhandlung über<br />
die Geschichte der Weinhändler von Meymac, die<br />
auf mehrjährigen Recherchen und Analysen von<br />
Marcel Parinaud basiert. Er stammt selbst aus einer<br />
Weinhandelsfamilie und begeistert sich leidenschaftlich<br />
für die Geschichte von Meymac. Bemerkenswert!<br />
• Corrèze-près-Bordeaux, les pionniers du négoce du<br />
vin originaires de Meymac, Florian Arfeuillère, Geste<br />
Éditeur, 2020, 304 Seiten, 13,90 € , ISBN 979-1035306175.<br />
Diese Darstellung der Geschichte der Weinhändler ist<br />
romanhaft geschrieben, basiert jedoch auf historischen<br />
Tatsachen. Sie ist leichter zu lesen und damit eine<br />
Ergänzung zu oben genanntem Werk. Lehrreich und<br />
unterhaltend zugleich.<br />
• Du rififi à Meymac-près-Bordeaux, Manu<br />
Tranche, Les Ardents Éditeurs, 2021, 64<br />
Seiten, 17 € , ISBN 978-2490623150. Eine<br />
interessante Mischung aus Fiktion und<br />
belegten Tatsachen in Comicform über<br />
den Werdegang eines Bauers aus der<br />
Corrèze, der seine Heimat verlässt,<br />
um sich in Belgien als Weinhändler zu<br />
betätigen. Eine ganz andere Art, etwas<br />
mehr über diesen Teil der Vergangenheit<br />
des Departements Corrèze zu erfahren.<br />
Die Auszüge aus dem Comic wurde mit<br />
Genehmigung des Verlags durch uns<br />
übersetzt.<br />
52 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2022</strong>