Nr. 82 - Frühling 2022

UNTERWEGS IN FRANKREICH Nouvelle Aquitaine / Périgord
Bei unseren
Recherchen für
diesen Artikel
haben wir die
folgenden Werke
besonders
geschätzt. Wir
empfehlen sie
Ihnen daher,
wenn Sie noch
etwas tiefer
in das Thema
einsteigen
möchten.
• Un château sur
la Lune: Le rêve brisé de Joséphine Baker, Jean-
Claude Bouillon-Baker, Éditions Hors Collection, 274
Seiten, 2012, 19,50 €, ISBN 978-2258092792. Das fünfte der
12 Adoptivkinder von Joséphine Baker erinnert sich an
seine Kindheit und würdigt seine Mutter damit auf sehr
ergreifende Art.
• Joséphine Baker: L’universelle, Brian Bouillon-Baker,
Éditions du Rocher, 232 Seiten, 2021, 18,90 €, ISBN
978-2268106823. Auch Brian Bouillon-Baker ist ein
Adoptivsohn Joséphines. Er setzte sich aktiv dafür
ein, dass der Leichnam seiner Mutter in das Pantheon
überführt wurde. Dieses Buch, das aus diesem Anlass
veröffentlicht wurde, ist ebenfalls ein Zeugnis einer
außergewöhnlichen Kindheit, zwischen Château
des Milandes, Paris und Monaco, inmitten einer
« Regenbogenfamilie ».
• Joséphine Baker: Des trottoirs de Saint Louis aux marches
du Panthéon, Marie-Florence Ehret, Éditions de la
Différence, 157 Seiten, 2016, 13,50 €, ISBN 978-2729122881.
Ein nützliches Buch, um mehr über den couragierten
Werdegang von Joséphine Baker zu erfahren und die
Hintergründe ihres Kampfes gegen Diskriminierung und
Rassismus zu verstehen.
• Joséphine Barker contre Hitler: La star noire de la France
Libre, Charles Onana, Éditions Duboiris, 192 Seiten,
2013, 15 €, ISBN 978-2952231572. Der Journalist Charles
Onana recherchierte in Militärarchiven und beschreibt
auf packende Weise, wie Joséphine Baker 1939 in die
französische Résistance eintrat. Für sie selbst erfolgte
das spontan und war naheliegend: « Frankreich hat mich
zu dem gemacht, was ich bin, ich bin bereit, mein Leben
für das Land zu geben », sagte diejenige, die in der Tat
ihr Leben aufs Spiel setzte, indem sie beispielsweise
wichtige Informationen mit unsichtbarer Tinte auf
ihre Partituren schrieb. Für dieses Engagement wurde
Joséphine Baker später mit dem Kriegskreuz und der
Widerstandsmedaille ausgezeichnet.
ben Sie schwarze Zahlen, Sie beschäftigen vier Mitarbeiter
ganzjährig, in der Saison sind es sogar vierundzwanzig.
Vor allem ist das Schloss mittlerweile ein einzigartiger Ort
für alle diejenigen, die sich für die Welt von Joséphine Baker
interessieren …
Wissen Sie, wenn ich zurückdenke, laufen mir immer
noch Schauer über den Rücken. Von Anfang an
war es so, als hörte ich die Stimme von Joséphine, die
zu mir sagte: « Los, nur Mut, du schaffst es, du musst
es machen. » Eines ist auf jeden Fall sicher: Ich bin
heute mehr denn je davon überzeugt, dass man niemals
aufgeben darf, wenn man etwas im tiefsten Inneren
möchte. Dann muss man seine Passion leben und Spott
oder Lästereien einfach übergehen. Ich erinnere mich
noch gut daran, dass man sich zum Beispiel vor einigen
Jahren hier in der Gegend erzählte, ich würde mit dem
Hubschrauber zum Schloss fliegen, dabei hatte ich einen
kleinen Peugeot 108. Manche wollten ganz offensichtlich
nicht mit mir reden, weil ich eine Frau war und dazu
noch eine junge. In den Augen dieser Menschen hatte ich
überhaupt keine Berechtigung, mich um Les Milandes zu
kümmern. Aber Schwamm drüber, ich habe das ausgehalten.
Und oft habe ich dabei an Joséphine gedacht. Sie war
für mich immer ein Vorbild. Auch sie war zeitlebens eine
entschlossene Frau …
Nun, am Ende dieser Unterhaltung können wir es ja eingestehen:
Uns hat weniger die derzeit aktuelle Überführung von
Joséphine Baker ins Pantheon dazu bewogen, diesen Artikel
zu schreiben – darüber haben auch in Deutschland schon genug
Medien berichtet –, als vielmehr eine Intuition im Laufe unserer
Recherchen. Wir begannen zu ahnen – und nach dem Besuch
von Milandes und der Begegnung mit Ihnen hat sich das
bestätigt –, dass es eine unterschwellige Verbindung zwischen
den Schicksalen zweier ausgesprochen entschlossener Frauen
gibt, nämlich zwischen Joséphine und Ihnen … Wie denken
Sie darüber?
Ich gebe zu, dass mich Ihre Worte sehr berühren. Ich
bin es nicht gewohnt, im Vordergrund zu stehen. Alles, was
ich mache, mache ich für Joséphine. Nicht für mich. Aber
mir ist schon klar, dass ihre Persönlichkeit in mir etwas
Besonderes zum Klingen bringt. Ich fühle mich ihr sehr
nah. Allerdings ist es schwierig für mich nachzuvollziehen,
warum das so ist. Ich glaube, dass uns beide in der Tat eine
bestimmte Entschlossenheit zu eigen ist beziehungsweise
war. Wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, dann
ziehe ich es auch durch. Joséphine war genauso. Beide
haben beziehungsweise hatten wir ein enormes Pflichtbewusstsein.
Es gibt nur wenige Frauen, die sich im selben
Ausmaß wie Joséphine in der Résistance engagiert haben,
um Frankreich zu verteidigen. Dabei war sie nicht einmal
Französin. Das « Pflichtbewusstsein », das mich antreibt,
ist es, alles daranzusetzen, um Les Milandes als Kulturgut
zu bewahren und das Andenken an Joséphine ins beste
Licht zu setzen. Das ist wesentlich bescheidener, aber ich
mache das mit derselben Entschlossenheit. Und das Vor-
46 · Frankreich erleben · Frühling 2022