UNTERWEGS IN FRANKREICH Nouvelle Aquitaine / Périgord Am 30. November 2021 erwies Frankreich mit einer grandiosen Zeremonie, die auf mehreren Fernsehsendern live ausgestrahlt wurde, einer schwarzen Amerikanerin eine der bewegendsten Hommagen, die man sich vorstellen kann: An diesem Tag zog Joséphine Baker ins Pariser Pantheon ein. Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron hielt aus diesem Anlass eine aufrüttelnde Rede über die « Kriegsheldin. Kämpferin. Tänzerin. Sängerin. Schwarze, die die Schwarzen verteidigte, vor allem aber Frau, die die Menschheit verteidigte ». Im Sarg, der anschließend feierlich in das prestigeträchtige Monument getragen wurde, befanden sich jedoch nicht ihre sterblichen Überreste – diese werden weiterhin auf dem Marinefriedhof von Monaco ruhen –, sondern er war symbolisch mit Erde von vier verschiedenen Orten gefüllt: mit Erde aus Saint-Louis – ihrer Heimatstadt in Missouri (USA) –, aus Paris – einer ihrer « zwei Lieben » – aus dem Dordognetal – wo sie über 30 Jahre im Château des Milandes lebte – und aus Monaco – wo Joséphine von Prinzessin Grace Kelly (1929-19<strong>82</strong>) aufgenommen wurde, nachdem sie aus finanziellen Gründen Les Milandes räumen musste. « Sie ziehen in unser Pantheon ein, und mit Ihnen strömt ein Wind von Fantasie und Kühnheit herein. Ja, zum ersten Mal zieht auch eine gewisse Vorstellung von Freiheit, die Vorstellung von einem Fest ein », präzisierte der Präsident und fuhr fort: « Sie ziehen in unser Pantheon ein, weil Sie Frankreich geliebt haben, weil Sie [Frankreich] einen Weg gezeigt haben, der unbestritten der Seine war, an dem [Frankreich] dennoch zweifelte. » Damit erinnerte er an die wesentliche Rolle, die Joséphine Baker in der Résistance spielte. Während des Zweiten Weltkriegs riskierte sie mehrere Male ohne zu zögern ihr Leben und nutzte ihre Bekanntheit dafür, die Nazis auszuhorchen und zahlreiche Informationen nach London zu übermitteln. Zudem bot sie Widerstandskämpfern auf Les Milandes Unterschlupf. Aber es war höchstwahrscheinlich einer der letzten Sätze der berührenden Rede, die den Menschen am längsten im Gedächtnis bleiben wird: « Sie ziehen in unser Pantheon ein, weil Sie zwar als Amerikanerin geboren wurden, weil es aber niemanden gibt, der französischer ist als Sie. Am Ende Ihrer Karriere änderten Sie den Text Ihres größten Erfolges und beteuerten, ‹Mein Land, das ist Paris›. Heute Abend summt jeder von uns den Refrain, der wie eine Hymne an die Liebe klingt: ‹Mein Frankreich, das ist Joséphine›. » Unter den aus diesem Anlass im Pantheon Versammelten – die Eingeladenen waren sorgfältig ausgewählt worden, anwesend waren im Wesentlichen die Kinder und andere Nahestehende von Joséphine Baker, Vertreter des französischen Staates und anderer Länder, Persönlichkeiten aus Politik und Kultur – befand sich auch eine diskrete Frau, die den Worten des Präsidenten andächtig lauschte. Zu Beginn der Zeremonie, als der Sarg von Joséphine die Rue Soufflot in Richtung Pantheon hochgetragen wurde, schnürte es ihr die Kehle zu. Ebenso, als die Klänge der Chansons von Joséphine in den Pariser Nachthimmel emporstiegen. Bewegt dachte sie, dass es dieselben Ausschnitte sind, die sie selbst vor Jahren ausgewählt hatte, um den Rundgang der Besucher im Château des Milandes, im Périgord, zu untermalen. Als dann auf der Straße Französinnen und Franzosen spontan applaudierten, wurde sie endgültig von ihren Emotionen überwältigt. Diese Begeisterung der Menschen schien für sie die schönste Hommage überhaupt zu sein. Am 30. November 2021 trugen sechs Mitglieder der Luftwaffe (in der die Sängerin sich engagiert hatte) den Sarg von Joséphine Baker feierlich über die Rue Soufflot (V. Pariser Arrondissement) bis ins Pantheon, wo er im Rahmen einer bewegenden Zeremonie vom Staatspräsidenten empfangen wurde. Folgende Worte Joséphines wurden an die Wand projiziert: « Frankreich hat mich zu dem gemacht, was ich bin, ich werde dem Land ewig dankbar sein. » 40 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2022</strong>
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2022</strong> · 41