Nr. 82 - Frühling 2022
Land-Art XXL: Saype, von Belfort in die weite Welt Château des Milandes: "Mein Leben, das ist Joséphine!" Brouage: die Zitadelle der geplatzten Träume Rezept: La Madeleine de Proust
Land-Art XXL: Saype, von Belfort in die weite Welt
Château des Milandes: "Mein Leben, das ist Joséphine!"
Brouage: die Zitadelle der geplatzten Träume
Rezept: La Madeleine de Proust
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Der Privatgarten von André Eve<br />
Der Privatgarten von André Eve (1931-<br />
2015) liegt etwas mehr als 70 Kilometer<br />
nordöstlich des Gartens von Stéphane<br />
Chassine. Es handelt sich dabei unbestritten<br />
um einen Garten Eden, um ein Paradies<br />
für Liebhaber und Kenner von Rosen. Es<br />
ist ein legendärer Ort, der Besucher aus der<br />
ganzen Welt anzieht, dessen genaue Adresse<br />
jedoch fast nur unter der Hand weitergegeben<br />
wird, da man seine Ruhe und poetische Ausstrahlung<br />
bewahren möchte. Hier kreierte der 2015 verstorbene André<br />
Eve, der weltweit als « Rosenpapst » bezeichnet wird, ganz alleine auf<br />
einer kaum einmal 1500 Quadratmeter großen Fläche hinter der diskreten<br />
Holztür seines Hauses im Zentrum von Pithiviers Dutzende<br />
von Rosensorten. Als Sohn von Gemüsebauern wurde er naturgemäß<br />
bereits als Kind mit der Bearbeitung des Bodens vertraut gemacht.<br />
Respekt vor der Natur und Geduld gehörten für ihn schon immer<br />
zu den wesentlichen und unverzichtbaren Qualitäten eines Gärtners.<br />
Nach einer Ausbildung an der renommierten École d’Horticulture von<br />
Versailles, begann er beim französischen Saatgutproduzenten Vilmorin<br />
zu arbei ten, wo er die Kunst der Gartenachitektur erlernte, bevor<br />
er in Paris in der legendären Boutique des Unternehmens, am direkt<br />
an der Seine gelegenen Quai de la Mégisserie, Pflanzen verkaufte.<br />
Dort begegnete er Marcel Robichon, einem bekannten Rosenzüchter<br />
aus Pithiviers, und freundete sich mit ihm an. Marcel weihte ihn in<br />
die Geheimnisse der Hybridisierung ein und verschaffte ihm Zugang<br />
zum abgeschotteten Kreis der Rosiéristes. Er bot ihm schließlich an,<br />
seine Nachfolge anzutreten, was André Eve Ende der 1950er-Jahre<br />
auch tat. André Eve war von seinem neuen Beruf und vom Universum<br />
der Rose begeistert. 1969 kreierte er seine erste Rose, die er « Sylvie<br />
Vartan » taufte. Die Vermarktung war überaus erfolgreich. Es folgten<br />
rund vierzig weitere Züchtungen. 1979 wollte er sich ausschließlich<br />
der Kultivierung und Vermarktung alter, in Vergessenheit geratener<br />
Rosensorten widmen und verkaufte die Gärtnereien. Damals begann<br />
er, bei sich zuhause in Pithiviers, den Garten seiner Träume zu realisieren.<br />
Seine Ehefrau Yvonne, die nach wie vor dort lebt, empfing uns<br />
sehr herzlich.<br />
Yvonne Eve, Ihr Mann gilt auf der ganzen Welt als einer der größten Spezialisten<br />
und Züchter von Rosen. Wie war sein Verhältnis zu diesen Blumen?<br />
Mein Mann war ein passionierter Mensch. Sogar ein unglaublich<br />
passionierter. Und wie alle Menschen mit einer ausgeprägten Leidenschaft<br />
war er manchmal, wie soll ich sagen, etwas « einseitig » und verbrachte<br />
die meisten seiner Tage ganz allein im Garten. Niemand hatte<br />
das Recht, etwas anzurühren! Ich kann Ihnen sagen, dass ich selbst<br />
manchmal einen Trick anwenden musste, um seine Aufmerksamkeit<br />
zu wecken. Es war beispielsweise immer schwierig, ihn zum Essen ins<br />
Haus zu bekommen, obwohl ich eine kleine Glocke hatte und zur entsprechenden<br />
Zeit klingelte, um ihm klarzumachen, dass es Zeit ist, zu<br />
kommen. Aber selbst dann kam er selten sofort, immer hatte er eine<br />
Entschuldigung, um noch ein bisschen bei seinen Blumen zu bleiben.<br />
Doch im Grunde genommen war das nicht schlimm, die Suppe musste<br />
halt ein bisschen warten. Es war so schön, ihn glücklich zu sehen.<br />
Dank seiner Passion für Rosen führten wir ein fantastisches Leben.<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2022</strong> · 27