UNTERWEGS IN FRANKREICH Centre-Val de Loire / Loiret Vorherige Doppelseite und diese Seiten: Der Park im englischen Stil Jardins de Roquelin in Meungsur-Loire liegt am Ufer der Loire und ist eine wahre Oase des Friedens. Es gibt dort mehr als 1000 Rosenstöcke in 500 Sorten und eine gut sortierte Gärtnerei (mehr als 150 Sorten), in der man bereits ab 19 € seine Lieblingsrose erwerben kann. Alles scheint darauf hinzudeuten, dass Franzosen eine sehr besondere Beziehung zur Rose haben: Die « Königin der Blumen » hat seit Jahrhunderten nicht nur zahlreiche Maler, Schriftsteller und Dichter inspiriert, sondern sie hat offensichtlich auch einen besonderen Platz im Herzen der Menschen erobert. Um sich darüber bewusst zu werden, muss man im Hexagon nicht weit gehen, denn die Rose ist allgegenwärtig, ob in privaten Gärten oder in öffentlichen Parks. In einigen Weingegenden steht sie manchmal sogar am Ende einer Rebreihe, wo sie dabei helfen soll, Krankheiten zu erkennen, bevor diese die Reben befallen. Im ganzen Land finden alljährlich unzählige Festivals und Fêtes de la Rose statt, zudem kann Frankreich vermutlich mit Stolz behaupten, das einzige Land zu sein, in dem sich eine Ladenkette mit 35 Filialen und dem symbolträchtigen Namen Au nom de la Rose ausschließlich dieser Spezies widmet. Die Verkaufszahlen sprechen im Übrigen für sich: Laut den Gartenbauverbänden werden in Frankreich pro Jahr knapp 650 Millionen Rosenstöcke und Schnittrosen verkauft. Grund genug also, dass man die Rose guten Gewissens als die bei Weitem beliebteste Blume der Franzosen bezeichnen kann. Die Mehrheit der Schnittrosen wird heute zwar – via Amsterdam – aus Südamerika und Kenia importiert, dennoch gibt es im Hexagon nach wie vor eine Tradition in Sachen Rosenzucht und ein international anerkanntes Know-how in Bezug auf Hybridisierung und die Kreation neuer Sorten. Gerade in dieser Beziehung spielte das Departement Loiret schon immer eine wichtige Rolle. Offensichtlich nahm das Abenteuer der Rose in dieser Region bereits im Mittelalter seinen Anfang, und zwar im Wald. Historiker und Botaniker sind sich heute darin einig, dass damals dort bereits Wildrosen, nämlich Heckenrosen, in großer Zahl wuchsen. Im Laufe der Jahre begann man damit, solche Stöcke in die Nähe von Ansiedelungen zu verpflanzen, später dann zu veredeln, wodurch die ersten widerstandsfähigeren Blumen « produziert » wurden. Vor allem in den Kreisen der Lehnsherren fanden diese sofort Anklang. Im 18. Jahrhundert ließen sich angesichts der starken Begeisterung für diese Blume und immer neuer Erkenntnisse auf dem Gebiet der Botanik die ersten Wegbereiter der Rosenkultur im Departement Loiret nieder. Sie studierten und beobachteten diese dekorative Pflanze, bis sie die Hintergründe besser verstanden und Fortschritte in der Aufzucht machten, sodass widerstandsfähigere und noch schönere Rosen entstanden. Die Arbeiten zogen renommierte Pflanzenzüchter – Barbier, Robichon, Turbat, Vigneron u. a. – an, die sich im Verlauf des 19. Jahrhunderts ebenfalls in der Region niederließen. Sie setzten sich ihrerseits dafür ein, den Produktionsprozess von Rosen weiter zu verbessern, wodurch die Exemplare aus dem Loiret schnell ein gewisses Renommee bekamen. Dies ging so weit, dass die Gegend um Orléans im 20. Jahrhundert eine französische « Hauptstadt der Rose » wurde, genauso wie die Stadt Doué-en-Anjou im Pays de la Loire, der wir im vergangenen Frühjahr (Frankreich erleben <strong>Nr</strong>. 78) eine Reportage widmeten. Diese Tradition ist nach wie vor lebendig und die Rose steht im ganzen Departement im Zentrum der Aufmerksamkeit. Immer noch gibt es nicht nur mehrere Gärtnereien und Baumschulen, die sich mit der Rose beschäftigen und neue Sorten züchten, sondern auch viele Parks und Gärten, die ihr gewidmet sind. Die Route de la Rose umfasst 15 Etappen – Zuchtbetriebe, private Gärten, ein Arboretum, namhafte Kulturstätten – die jeder nach Lust und Laune durchstreifen und sich 24 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2022</strong>
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2022</strong> · 25