• Haven • CHrisoula K • Die 10 besten WraCKs • erste sCHritte zum ...
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Das Online-Magazin vOn Taucher.neT<br />
Wracks<br />
<strong>•</strong> <strong>Haven</strong><br />
<strong>•</strong> <strong>CHrisoula</strong> K<br />
<strong>•</strong> <strong>Die</strong> <strong>10</strong> <strong>besten</strong> <strong>WraCKs</strong><br />
<strong>•</strong> <strong>erste</strong> <strong>sCHritte</strong><br />
<strong>zum</strong> WraCKtauCHer<br />
Reise<br />
Vis<br />
Biologie<br />
Der Igelfisch<br />
Medizin<br />
Auf Zack fürs Wrack?<br />
Ausgabe 08/2011
2<br />
Inhalt<br />
ediToriAl<br />
liebe leser 3<br />
TiTelThemA<br />
„haven“ can’t wait – Tauchgang <strong>zum</strong> Wrack der haven 4<br />
der perfekte einstieg – das Wrack der Chrisoula K. <strong>10</strong><br />
Top Ten – Zehn Wracks, die man gesehen haben sollte 17<br />
Faszination Altmetall – <strong>erste</strong> schritte beim Wracktauchen 24<br />
reise<br />
Vis – eine ganz besondere insel 29<br />
mediZin Und biologie<br />
medizin – Auf Zack fürs Wrack? 36<br />
held der defensive – igelfischen auf der spur 40<br />
AUgenbliCKe<br />
evolution statt revolution 46<br />
Vorschau / impressum 47<br />
Das neue DiveinsiDe –<br />
noch umfangreicher,<br />
frischer,<br />
authentischer!<br />
Unsere Themen der AUgUsT-AUsgAbe:<br />
InsIde<br />
Titelbild von Michael Böhm<br />
reise<br />
An der kroatischen Küste gibt es eine menge schöner<br />
Plätze. Über und unter Wasser. harald mathä hat viele<br />
davon schon bereist, doch von der Adria hat er immer<br />
noch nicht genug. Aber richtiggehend verliebt hat<br />
er sich – taucherisch wie kulinarisch – in eine ganz<br />
besondere insel in dalmatien.<br />
seite 29<br />
biologie<br />
Igelfische sind lustig! Einfach so lange belästigen<br />
bis sie Angst bekommen und sich aufpumpen und<br />
wie ein ball aussehen. noch größere idioten kaufen<br />
am Basar getrocknete Igelfische – um diese dann<br />
zuhause verstauben zu lassen. harald mathä hat sich<br />
diese erstaunliche Kreatur angesehen.<br />
seite 40<br />
mediZin<br />
ein Wracktauchgang ist spannend. Welche schätze<br />
liegen hier verborgen? Wie hat das meer von dem<br />
„künstlichen riff“ besitz genommen? die neugierde<br />
ist groß, aber ein paar grundlegende dinge sollte man<br />
dabei beachten und die tauchmedizinischen Aspekte<br />
im hinterkopf behalten.<br />
seite 36
3<br />
Editorial<br />
edItorIal<br />
liebe leser,<br />
was ist bloß mit Deutschlands beliebtesten Ferienflieger los? Anfangs war Air Berlin ein schlankes<br />
Unternehmen: Rentable Kurz- und Mittelstrecken, auf denen als einziger Flugzeugtyp die Boeing<br />
737-800 eingesetzt wurde. Das sparte Kosten bei Wartung und Ersatzteilhaltung, über Jahre hinweg<br />
schrieb man schwarze Zahlen. Irgendwann genügte das nicht mehr und die Firma ging unter der Leitung<br />
von Joachim Hunold auf aggressiven Expansionskurs: LTU wurde gekauft, auch um die Condor<br />
wurde gebuhlt, was nur im letzten Moment verhindert werden konnte. Doch schon der LTU-Kauf veränderte<br />
alles: Auf einmal hatte man ein kaum noch überschaubares Streckennetz und einen wilden<br />
Mischmasch an Fluggerät; einmal quer durch die fast komplette Boeing- und Airbus-Modellpalette.<br />
<strong>Die</strong> Gewinne brachen ein, das Sparen wurde ob<strong>erste</strong>s Firmengebot, viele Serviceleistungen fielen<br />
weg oder wurden verteuert – wie beispielsweise die Gebühren für die Beförderung von Tauchgepäck<br />
oder die Leistungen der Air-Berlin-Cards. Jetzt ist Hunold weg und das Steuer soll ein Mann herumreißen,<br />
dem sie bei seinem vorherigen Arbeitgeber keine Träne hinterher weinen: Der ehemalige<br />
Bahn-Vorstand Hartmut Mehdorn, dem das Manager-Magazin bereits bescheinigte, ihm „fehle der<br />
Masterplan für Air Berlin“.<br />
Air Berlin im zweiten Halbjahr 2011: Eine offene Geschichte, an der auch viele Tauchreiseziele<br />
„hängen“ – sollte die Airline kippen, würde eine kurzfristig kaum zu ersetzende Lücke entstehen.<br />
Drücken wir die Daumen!<br />
Viel Spaß beim Lesen wünscht,<br />
Ihre Redaktion
4<br />
Titelthema<br />
11. april 1991, 12:30 Uhr: eine<br />
gewaltige explosion an Bord des<br />
griechischen tankers „<strong>Haven</strong>“ setzt<br />
schnell das gesamte schiff in Brand.<br />
die löscharbeiten der Crew erweisen<br />
sich schon bald als sinnlos, fünf<br />
seemänner sterben in den Flammen,<br />
darunter auch der Kapitän Petros<br />
Grigorakakis. erst drei tage später<br />
erlöschen die Flammen, und die<br />
„<strong>Haven</strong>“ sinkt. sie hinterlässt neben<br />
tod und leid für die Crew auch ein<br />
Umweltdesaster, von dem die<br />
gesamte Küstenregion noch über<br />
zehn Jahre einschneidend betroffen<br />
sein wird.<br />
„<strong>Haven</strong>“ can´t wait<br />
nicht nur für Was Profis:<br />
ein tauchgang <strong>zum</strong> Wrack Der „haven“<br />
Bericht von Michael Böhm
5<br />
Titelthema<br />
Guide Giovanni Belgrano erläutert anhand eines Modells die tauchgangsplanung zur <strong>Haven</strong>.<br />
Vor 20 Jahren war der Untergang der „<strong>Haven</strong>“<br />
eine Tragödie für Mensch und Natur. Doch<br />
glücklicherweise sind die Wunden mittlerweile<br />
geheilt; heute bietet das Wrack eine faszinierende<br />
Kulisse für einen nicht ganz alltäglichen<br />
Tauchgang im tiefen Blau des Ligurischen<br />
Meeres. <strong>Die</strong> „<strong>Haven</strong>“ ruht etwa eineinhalb<br />
Meilen vor dem Hafen von Arenzano an der<br />
„Punta di San Martino“ in einer Tiefe von rund<br />
80 Metern. Sie liegt auf ebenem Kiel, wenn<br />
man das so sagen kann. Denn der Meeresboden<br />
fällt zur See hin ab, so dass die Hecksektion<br />
als interessantester Bereich des Schiffs<br />
<strong>zum</strong>indest in Teilen innerhalb der üblichen<br />
Sporttauchertiefe von 40 Metern liegt.<br />
Schraube und Deck befinden sich ein gutes<br />
Stück tiefer und münden im Blau. Doch der<br />
weitaus faszinierendere Teil mit Aufbauten,<br />
Schornstein und Brücke ist auch für ambitionierte<br />
Nicht-Tekkies erreichbar. Obwohl gut<br />
80 Meter ihrer einstigen Größe fehlen, wirkt<br />
die Tankerdame immer noch gigantisch. Der<br />
Blick von der Brücke in die Richtung, in der<br />
sich einst der Bug befand, ist äußerst beeindruckend.<br />
<strong>Die</strong> „<strong>Haven</strong>“ ist das größte Wrack<br />
im Mittelmeer und wird gerade deshalb<br />
nahezu täglich von Tauchern besucht. Überwiegend<br />
sind es Tec-Taucher, die sich zur<br />
„<strong>Haven</strong>“ wagen. Doch es geht auch ohne Tec,<br />
Deep down und Doppelpack: Gino Sardi, der<br />
Mann hinter Techdive Arenzano, und sein<br />
Sohn Nicola bringen auch Taucher an das<br />
Wrack, die nicht zu den absoluten Tiefenfreaks<br />
zählen. Techdive ist eine von zwei Tauchbasen<br />
im Hafen von Arenzano, die sich auf Trips zu<br />
diesem Tanker spezialisiert haben. Gino ist<br />
ein alter Hase, der jedoch auf den <strong>erste</strong>n Blick<br />
eher der Typ „Zio Gino“, Onkel Gino ist. Hat<br />
der Kenner jedoch die alte Cousteau-Gagnan-<br />
Ausrüstung in Ginos Laden entdeckt, ahnt er<br />
schnell, auf welche lange Erfahrung der Chef<br />
von Techdive zurückblickt. Spätestens wenn<br />
der Blick auf die Unmengen von Doppelpacks,<br />
Stageflaschen und das detailgetreue, zwei<br />
Gewaltige Ölfahne im ligurischen Meer: das schadensausmaß der Katastrophe vom 11. april 1991 ist<br />
selbst aus dem Weltraum deutlich zu erkennen.<br />
Meter lange Modell der „<strong>Haven</strong>“ fällt, sind alle<br />
Zweifel beseitigt, und es ist klar: Hier sind<br />
Profis am Werk.<br />
riesige AUssenmAsse<br />
Vom Hafen aus geht es auf PS-starken<br />
Schlauchbooten in rund 15 Minuten zur Dropzone<br />
über der „<strong>Haven</strong>“. Mit an Bord der<br />
Deutsch sprechende Italiener Marco Venturini.<br />
Er ist selbst Instructor und Eigner der Tauchbasis<br />
Halaveli Diving in Mestre. Obwohl er<br />
direkt vor der Türe seiner Basis einige Wracks<br />
vorfindet, ist er ein häufiger Gast in Arenzano.<br />
Er hat sich in die alte Lady verliebt, sie ist für<br />
ihn auch etwas Besonderes. Marco nennt die<br />
Tauchgänge zur <strong>Haven</strong> „sowas wie Tec Light“.<br />
Sicherlich ist es sinnvoll, sich mit einem großzügigen<br />
Luftvorrat auszustatten. Denn mit<br />
einer Doppel-7 oder -<strong>10</strong> und reinem Sauerstoff<br />
als Dekogas und der entsprechenden Ausbildung<br />
ist ein 20-minütiger Spaziertauchgang<br />
auf der „<strong>Haven</strong>“ ein nahezu risikoloses Vergnügen.<br />
„Aber es macht auch Spaß, mit einer<br />
Titelbild von Mauro Zürcher (www.mzplongee.ch), Satellitenbild Quelle: NEODAAS (www.sat.dundee.ac.uk)
6<br />
Titelthema<br />
Bilder: Mauro Zürcher (www.mzplongee.ch)<br />
die <strong>Haven</strong> ist sowohl für tekkies als auch erfahrene sporttaucher<br />
ein lohnender tauchplatz.
7<br />
Titelthema<br />
Vorbereitungen <strong>zum</strong> tauchgang direkt am Hafen.<br />
18er-Flasche ausgerüstet die oberen Bereiche<br />
der „<strong>Haven</strong>“ zu betauchen“, erklärt Venturini.<br />
Zu recht, denn bei guten Sichtbedingungen<br />
ist hier das Lichtspiel aus Hell und Dunkel am<br />
schönsten, zeichnet sich die Silhouette der<br />
Aufbauten vor dem herrlichen Blau gut ab.<br />
„Und man erhält den <strong>besten</strong> Eindruck der<br />
riesigen Ausmaße des Wracks“, ergänzt<br />
Marco.<br />
heFTige exPlosionen<br />
Zurück ins Jahr 1991: <strong>Die</strong> Nacht bricht herein,<br />
und der lichterloh brennende Tanker erhellt<br />
den Golf von Genua, während sich Unmengen<br />
von Öl ins Ligurische Meer ergießen. Das Schiff<br />
gerät in Schlagseite, und der Hafenmeister<br />
entschließt sich, entgegen anderer Expertenmeinungen,<br />
die „<strong>Haven</strong>“ nicht auf das offene<br />
Meer zu schleppen, sondern an Ort und Stelle<br />
zu fixieren. Doch eine zweite, mindestens<br />
genauso heftige Explosion macht die Pläne<br />
schema zur tauchgangsplanung<br />
(von techdive arenzano)<br />
zunichte. Wie von Geisterhand bewegt sich<br />
das brennende Schiff vor der Küste von Savona<br />
durch die Nacht. Erst am nächsten Tag gelingt<br />
es Schleppern, das mittlerweile fragile Schiff<br />
an den Haken zu nehmen. Das Vorschiff − mit<br />
einer Länge von 80 Metern − bricht zwischen<br />
Cogoleto und Arenzano vom Rest des Ölgiganten<br />
ab und versinkt in über 400 Metern<br />
Tiefe. <strong>Die</strong>s geschieht, während Schlepper den<br />
brennenden Rest des stählernen Riesen,<br />
immerhin noch 250 Meter lang, an seine heutige<br />
Position ziehen. <strong>Die</strong> Flammen verlöschen<br />
erst drei Tage später, und am Morgen des 14.<br />
April sinkt auch der ausgebrannte Rest der<br />
„<strong>Haven</strong>“.<br />
Während sich die Diveguides wie Giovanni<br />
Belgrano gemeinsam mit den anderen sieben<br />
Tauchern auf den Tauchgang vorbereiten,<br />
versorgt Gino Sardi das RIB. Stefano Astori,<br />
Tec-Instructor aus dem norditalienischen<br />
Crema und Inhaber eines Reisebüros speziell<br />
für Taucher, ist längst Dauergast an der ligurischen<br />
Küste. „<strong>Die</strong> „<strong>Haven</strong>“ lernst du nicht so<br />
schnell kennen. Nicht mit einem, nicht mit<br />
fünf Tauchgängen. Aber gerade das macht<br />
den Tanker ja so reizvoll.“ Und Belgrano fügt<br />
hinzu: „Ich lebe hier und habe schon unzäh-<br />
lige Tauchgänge zur „<strong>Haven</strong>“ unternommen.<br />
Trotzdem werden es noch viele, viele Besuche<br />
bei der ausgebrannten Lady sein, bis ich einen<br />
Sack voll brauchbarer Fotos im Kasten habe.“<br />
Giovanni Belgrano, von Beruf Fotograf, arbeitet<br />
gerade an einem Bildband der „<strong>Haven</strong>“.<br />
Im September, wenn die Saison vorbei und<br />
das Meer noch ruhig und warm ist, beginnt<br />
sein fotografischer Tauchmarathon <strong>zum</strong><br />
Wrack.<br />
enTlAdUng<br />
AUF hoher see<br />
<strong>Die</strong> „Amoco Milford <strong>Haven</strong>“, so der frühere<br />
Name vor dem Verkauf an einen griechischen<br />
Reeder, war einer von vier Tankern der Amoco<br />
Oil Company in Cadiz. Das Schwesterschiff<br />
„Amoco Cadiz“ erlangte vor der französischen<br />
Bretagneküste im Jahr 1978 den gleichen,<br />
traurigen Berühmtheitsgrad wie später die<br />
Bilder von Michael Böhm
8<br />
Titelthema<br />
Impressionen vom<br />
oberen decksbereich<br />
der <strong>Haven</strong>, den<br />
niedergängen und der<br />
Brücke.<br />
Bilder von Michael Böhm, Bild links oben von Mauro Zürcher (www.mzplongee.ch)
9<br />
Titelthema<br />
„<strong>Haven</strong>“. <strong>Die</strong>se war noch einen Tag vor der<br />
Tragödie unterwegs von der arabischen Golfregion<br />
nach Genua − alle Tanks randvoll mit<br />
Rohöl. <strong>Die</strong> Entladung auf See ist auch heute<br />
noch gängige Praxis, zu groß sind die Schiffe,<br />
um ihre Fracht im genuesischen Hafen zu<br />
löschen. Wie kam es aber zu dem Unglück<br />
von ungeahntem Ausmaß, was war am Mittag<br />
des 11. April 1991 geschehen? Der Tanker von<br />
über 330 Metern Länge und mehr als 50<br />
Metern Breite lag <strong>zum</strong> Löschen der Ladung<br />
vor Genua an einem schwimmenden Terminal.<br />
<strong>Die</strong> rund 224.000 Tonnen Rohöl waren<br />
nur <strong>zum</strong> Teil an Land befördert worden, dann<br />
musste innerhalb des Tankers umgepumpt<br />
werden, um das Schiff wieder in eine gute<br />
Schwimmlage zu bringen. Vermutlich fiel<br />
dabei eine Pumpe aus. Metall knirschte, so<br />
eine Zeugenaussage während der späteren<br />
das ende des tauchgangs an der dekostange.<br />
Ermittlungen. Und vermutlich bildeten sich<br />
auch Hitze und Funken, die dann zu der <strong>erste</strong>n,<br />
verhängnisvollen Explosion führten, die<br />
bis an Land zu spüren war.<br />
Was letztlich von der „<strong>Haven</strong>“ übrig blieb, präsentiert<br />
sich heute den Tauchern, die mit Tauchbasen<br />
wie Techdive zu dem Wrack absteigen.<br />
Noch während sich die letzten Taucher über<br />
Bord fallen lassen, beginnt Gino damit, die<br />
Dekostange aufzubauen. An ihr werden dann<br />
einige Zeit später die <strong>erste</strong>n Rückkehrer einen<br />
mehr oder weniger langen Dekostopp abhängen.<br />
Reiseleiter und Instructor Astori organisiert<br />
Touren <strong>zum</strong> Wrack − mit Übernachtung,<br />
Abendessen und Vorträgen auf Deutsch. <strong>Die</strong><br />
Tauchgänge sehen in etwa so aus: Als Advanced<br />
Diver mit einem Deep-Dive-Specialty<br />
führt der Tauchgang bis in rund 40 Meter<br />
Tiefe, mit einer Tec-Ausbildung sind tiefere<br />
Tauchgänge zulässig. Wer ganz runter möchte,<br />
wird den Tauchgang vermutlich mit Trimix-<br />
Gemischen oder Kreislaufgeräten planen.<br />
Stefano Astori betont: „Man muss wissen, dass<br />
die Tauchgänge nichts für unerfahrene Taucher<br />
sind. Denn auch für Sporttaucher wird<br />
der Trip zu einem Deko-Tauchgang. In der<br />
einfachen Tec-Variante mit großer Monoflasche<br />
oder einem Doppelpack Luft gehe ich<br />
meist so bis 48 Meter mit einer Grundzeit von<br />
20 Minuten. Eine Stage mit EAN50 oder reinem<br />
Sauerstoff verkürzt dann die Dekozeit an der<br />
Dekostange erheblich.“ Wenn nötig, ist bei<br />
Techdive Arenzano die Begleitung durch einen<br />
erfahrenen Tauchguide inklusive.<br />
imPosAnTer bliCK<br />
Als Belohnung für diesen nicht ganz einfachen<br />
Tauchgang winkt bei guten Bedingungen ein<br />
Blick aus 50 Metern Tiefe entlang der gigantischen<br />
Aufbauten bis hinauf zur Meeresoberfläche.<br />
Das Sonnenlicht spiegelt und bricht<br />
sich im oberen Bereich, das Wrack wirkt alles<br />
andere als düster und abweisend. Das Eintauchen<br />
in verschiedene Räume ist ebenso<br />
möglich wie der imposante Blick vom Inneren<br />
der Brücke auf das Vorschiff, das sich im end-<br />
die ausgebrannte <strong>Haven</strong> kurz vor dem Untergang (agenzia regionale Protenzione ambiente ligure)<br />
losen Blau verliert. Fischschwärme sind die<br />
heutigen Bewohner des Wracks, umkreisen<br />
majestätisch langsam die Aufbauten und den<br />
Schornstein. Letzterer fiel schon bald nach<br />
dem Untergang den Schneidbrennern <strong>zum</strong><br />
Opfer, um kein Hindernis für andere Schiffe<br />
darzustellen. Der höchste Punkt des Schiffes<br />
beginnt bei etwa 34 Metern, das Deck liegt<br />
bei rund 55 Metern und der gewaltige Propeller<br />
fordert den Abstieg bis in 80 Meter<br />
Tiefe.<br />
Wenn dem Taucher die Götter des Meeres,<br />
des Lichtes und der Strömung wohlgesonnen<br />
sind, bleibt ein Tauchgang zur „<strong>Haven</strong>“ immer<br />
in Erinnerung. Zurück im Hafen von Arenzano<br />
ist die Ausrüstung bald gespült, verstaut oder<br />
wartet bei Gino auf den nächsten Trip. Ist man<br />
unter Italienern, wird die Zeit selten langweilig<br />
oder ist gar vom Hunger geprägt. „Trofie<br />
al pesto genovese“, der typische „Polpo di<br />
Ligure“ mit Kartoffeln, „Fritto misto di mare“<br />
− zu reichlich und gut ist, was direkt nebenan<br />
im Ristorante „L‘Approdo“ auf den Tisch<br />
kommt. Und psssssst, nicht weitersagen: Dazu<br />
passt vorzüglich ein Glas leicht gekühlter<br />
Pigato, ein äußerst charaktervoller ligurischer<br />
Weißwein. Buon appetito e arrividerci a la<br />
„<strong>Haven</strong>“! MB<br />
der KUlInIarIsCHe GeHeIMtIPP<br />
Balin Cuisine<br />
Wer ein paar Tage in Ligurien verbringt, sollte dieses<br />
Restaurant der Extraklasse unbedingt einplanen: Balin<br />
Cuisine. Exklusiv in jeder Hinsicht, fantastisches Ambiente,<br />
etwas Besonderes – nichts für jeden Tag, ein<br />
Erlebnis der besonderen Art, nicht nur zubereitet, sondern<br />
zelebriert von Küchenchef Giuliano Piscina.<br />
Balin Cuisine<br />
Viale Rimembranza 33<br />
16039 Sestri Levante<br />
Ligurien - Italien<br />
Tel. +39 0185 44397<br />
Bilder von Michael Böhm, Mauro Zürcher (mit freundlicher Genehmigung von Nereus)
<strong>10</strong><br />
Titelthema<br />
Wer <strong>zum</strong> shaab abu nuhas fährt, der will vor<br />
allem eines: altmetall, altmetall, altmetall. das<br />
riff ist das letzte Hindernis für die aus dem<br />
suezkanal kommenden schiffe, bevor sie das<br />
offene rote Meer erreichen. Vier Wracks liegen<br />
dort für sporttaucher wie auf dem Präsentierteller,<br />
alle in Maximaltiefen zwischen 24 und 31<br />
Meter – geradezu ideal für ausgedehnte tauchgänge<br />
mit nitrox. Von West nach ost sind dies<br />
die Ghiannis d, dann die Carnatic, gefolgt von<br />
der Chrisoula K und der Kimon M. Und gerade<br />
die Chrisoula K hat alles, was ein gutes Wrack<br />
braucht: Bereiche für anfänger und erfahrene,<br />
eine gut erhaltene ladung und viele interessante<br />
details in den Innenräumen.<br />
Der perfekte Einstieg<br />
Das Wrack Der chrisoula k<br />
Bericht von Linus Geschke
11<br />
Titelthema<br />
Hier dreht sich nichts mehr: die ständerbohrmaschine<br />
an Bord der Chrisoula K.<br />
1954 in Lübeck als Dora Oldendorff vom<br />
Stapel gelaufen, war der mittelgroße Stückgutfrachter<br />
ein typisches Kind seiner Zeit:<br />
<strong>10</strong>1 Meter lang, 14,8 Meter breit, mit einer<br />
Verdrängung von 3.807 Tonnen und mittschiffs<br />
platzierten Aufbauten. Der Schiffsdiesel<br />
mit 2.700 PS verhalf dem Frachter zu<br />
einer Höchstgeschwindigkeit von gut zwölf<br />
Knoten – ein robustes, zuverlässiges und<br />
vielseitig einsetzbares Arbeitspferd. Gut 17<br />
Jahre lang war sie anschließend für die<br />
Reederei E.L. Oldenburg unterwegs, bevor<br />
das Schiff 1970 an eine griechische Reederei<br />
verkauft wurde, die es auf Anna B<br />
umtaufte. Einen Besitzerwechsel später<br />
erhielt sie dann den Namen, der ihr letzter<br />
werden sollte und unter dem sie Tauchern<br />
heute bekannt ist: Chrisoula K.<br />
Ihre letzte Fahrt begann im August 1981,<br />
als sie sich unter dem Kommando von Kapitän<br />
Theodorus Kanellis auf den Weg von<br />
einem italienischen Hafen nach Jeddah in<br />
Saudi Arabien machte. Beladen mit billigen<br />
Bodenfliesen (Terrazzoplatten), hatte die<br />
Chrisoula K gerade den Golf von Suez passiert,<br />
als sie je nach Quelle am 30. oder 31.<br />
August 1981 in voller Fahrt mit dem nordöstlichen<br />
Teil des Shaab Abu Nuhas kollidierte.<br />
Der Kapitän befand sich zu der Zeit<br />
bereits in seiner Kabine, die Brücke hatte<br />
er einem Untergebenen überlassen. Wie so<br />
viele vor und nach ihm glaubte er, die<br />
FaKten zUM taUCHGanG<br />
Minimale Tiefe: Zwei Meter<br />
Maximale Tiefe: 27 Meter<br />
Strömung: Selten und wenn, dann nur schwach<br />
ausgeprägt<br />
Für Anfänger geeignet: Ja, mit Ausnahme des<br />
Maschinenraums<br />
Unbedingt anschauen: Bewuchs, Laderäume, Heck,<br />
Maschinenraum<br />
nicht mehr im <strong>besten</strong> zustand, aber immer noch<br />
gut als solche erkennbar: Bodenfliesen aus<br />
Italien, die ladung der Chrisoula K.<br />
gefährlichen Hindernisse schon hinter sich<br />
gelassen und das offene Meer vor sich zu<br />
haben. Der Frachter wurde, noch auf dem<br />
Riff liegend, von seiner Besatzung aufgegeben<br />
und von der Reederei als Totalverlust<br />
abgeschrieben. Erst Wochen später rutschte<br />
die Chrisoula K in die Tiefe ab, ihr Bug blieb<br />
gar noch Jahre lang auf dem Riffdach liegen.<br />
Und obwohl die Identifizierung der Chrisoula<br />
K (genau wie die der drei anderen<br />
Wracks bei Abu Nuhas) unter Experten als<br />
gesichert gilt, schwirren vielen Tauchern
12<br />
Titelthema<br />
taucher über den offenen, meist völlig zerstörten<br />
laderäumen der Chrisoula K, die Fliesenpakete<br />
verteilen sich über weite Bereiche des Wracks.<br />
noch andere Namen durch den Kopf: Seastar,<br />
Marcus oder Marcos, die Olden. <strong>Die</strong> Gründe<br />
dafür sind vielfältig: Zum einen gibt es ein<br />
Bugstück, welches keinem der vier bekannten<br />
Wracks zugerechnet werden kann und<br />
welches immer wieder für Spekulationen<br />
sorgt. Zum anderen sind es einfach Verwechslungen<br />
oder – ganz banal – auch<br />
reine Lügengeschichten. <strong>Die</strong> Chrisoula K<br />
hieß früher Dora Oldendorff, das davon<br />
übriggebliebene Olden ist immer noch an<br />
ihrem Rumpf zu lesen. Oder die Seastar: Der<br />
Name war schlicht und einfach die Erfindung<br />
eines großen deutschen Tauchmagazins;<br />
ein havariertes Schiff mit diesem<br />
Namen hat es im Roten Meer nie gegeben.<br />
So spannend die Theorien über ein fünftes<br />
oder gar sechstes Wrack bei Abu Nuhas also<br />
auch sein mögen: Gefunden hat es bislang<br />
noch niemand.<br />
TAUChen An der<br />
ChrisoUlA K<br />
Meist ankern die Safarischiffe im Südwesten<br />
des Shaab Abu Nuhas, von wo aus Tauchergruppen<br />
mit Schlauchbooten zu den jeweiligen<br />
Wracks gebracht und direkt über den<br />
Schiffsrelikten ins Wasser gelassen werden.<br />
Unter der Oberfläche wendet man sich am<br />
<strong>besten</strong> direkt dem Heckbereich des Frachters<br />
zu, wo sich in 27 Meter Tiefe mit Propeller<br />
und Ruderblatt auch die tiefste Stelle<br />
der Chrisoula K befindet. Das komplette<br />
Heck liegt um annähernd 90 Grad zu seiner<br />
Steuerbordseite hin verdreht, der Rest des<br />
Schiffes dagegen steht fast aufrecht. Reling,<br />
Winschen, Davits und Poller sind gut erhalten,<br />
Steinkorallen haben das Achterdeck<br />
weitflächig in Besitz genommen. Direkt vor<br />
den hinteren Aufbauten ist auch ein Ersatzpropeller<br />
befestigt, der trotz seiner Dimensionen<br />
immer wieder gern übersehen wird.<br />
Wenn man von hier aus ein Stück weiter in<br />
Wer den Blick fürs detail hat, wird sich an den zahlreichen leitungen, schalter und wie hier an<br />
Handrädern trotz des rostigen Überzugs erfreuen.<br />
Richtung Bug taucht, erreicht man den hint<strong>erste</strong>n<br />
Laderaum, der mit seiner riesigen<br />
Öffnung auch für weniger erfahrene Taucher<br />
ein lohnendes Ziel darstellt. Hier sieht es<br />
aus wie in einem Baumarkt nach einem<br />
Erdbeben, überall liegen verstreute Pakete<br />
aus Bodenfliesen herum, an denen immer<br />
noch „Made in Italy“ zu erkennen ist. <strong>Die</strong>ser<br />
Bereich gibt schon einen guten Eindruck<br />
von dem wieder, was Wracktauchen eigentlich<br />
ausmacht. Rostiger Stahl, Lichtspiele<br />
der Sonnenstrahlen, dazwischen Teile einer<br />
Ladung, die auch dem tausendsten Taucher<br />
immer noch die Hoffnung einer bislang<br />
völlig neuen und spektakulären Entdeckung<br />
vermitteln.<br />
Kurz vor den Aufbauten verlässt man den<br />
Laderaum wieder und kann nun einen Blick<br />
auf den abgebrochenen Schornstein werfen,<br />
der an der Steuerbordseite auf Grund liegt.<br />
Auch der hintere Mast gibt ein erstklassiges<br />
Fotomotiv ab; parallel <strong>zum</strong> Meeresboden<br />
ragt er abgeknickt weit über das Deck hinaus,<br />
Korallen haben ihn fast vollständig in Besitz<br />
genommen, auf seiner Spitze hat sich eine<br />
Muschel breitgemacht. Trotz der interessanten<br />
Schiffsruine lohnen kurze Blicke<br />
hinüber <strong>zum</strong> Riff, wo sich oftmals ein kapitaler<br />
Napoleon-Lippfisch herumtreibt und<br />
Wimpelfische dem Szenario Farbe verleihen.<br />
Vorbei an der Brücke, die von den Elementen<br />
fast bis zur Unkenntlichkeit zerstört<br />
wurde, kommt man an den vorderen Bereich<br />
der Chrisoula K, wo ein zweiter Mast mit<br />
seinen Ladebäumen zu erkennen ist. An<br />
dieser Stelle ist das Hauptdeck eingestürzt,<br />
lediglich das Zwischendeck steht noch, es<br />
wirkt wie ein Knick im Rumpf, hinter dem<br />
sich ein weiterer Laderaum anschließt. Links<br />
und rechts des Wracks erstreckt sich ein
13<br />
Titelthema<br />
der Maschinenraum – nur mit erfahrung zu empfehlen<br />
Trümmerfeld, welches auch große Teile des<br />
nun steil ansteigenden Riffes bedeckt. Oftmals<br />
hat sich die Natur dabei die Bruchstücke<br />
wieder einverleibt, sind diese untrennbar<br />
mit der Riffstruktur verwachsen. Besonders<br />
auffällig ist der Bewuchs von Hartkorallen<br />
sowie der Fischreichtum in diesem<br />
Gebiet: Neben allerlei Schwarmfisch lassen<br />
sich hier auch kapitale Muränen sichten,<br />
die mit ihren Köpfen aus den zahlreichen<br />
Spalten hinaus schauen. Das Wrack selber<br />
gibt nun nicht mehr viel her – im Bereich<br />
des Vorschiffes ist es mehr das Riffleben,<br />
welches die Taucher bei Laune hält.<br />
ZiemliCh eng:<br />
der mAsChinenrAUm<br />
Passionierte Wracktaucher lassen das eigentliche<br />
Wrack häufig links liegen; zu interessant<br />
erscheinen ihnen die Bereiche, in denen<br />
das Sonnenlicht durch Abwesenheit glänzt.<br />
Auch bei der Chrisoula K finden sich die<br />
meisten Details im Verborgenen, ist ein<br />
Abstieg in die Kraftzentrale des Schiffes<br />
noch immer lohnend. Auch, wenn vieles<br />
schon demontiert oder geplündert wurde:<br />
Zu entdecken gibt es mehr als genug. Der<br />
Weg in den dunklen Bauch des Frachters<br />
beginnt am <strong>besten</strong> im Bereich der zerstörten<br />
Brücke, von wo aus sowohl eine Öffnung<br />
oberhalb des Maschinenraums wie auch<br />
eingestürzte Laufroste auf der Backbordseite<br />
tiefer hinab führen. Wer hier hin will,<br />
ob innen oder außen am schiffswrack der<br />
Chrisoula K: die alte dame sieht mittlerweile<br />
sehr zerklüftet aus.<br />
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14<br />
Titelthema<br />
nur kein sediment<br />
aufwirbeln, sonst ist es<br />
aus mit den neugierigen<br />
Blicken ins Innere von<br />
schubladen, Maschinen<br />
und Werkzeugen, die im<br />
Innenraum der Chrisoula<br />
K auch 30 Jahre nach<br />
dem Untergang noch<br />
zu sehen sind. nahe<br />
der Maschine verteilen<br />
sich eine Vielzahl von<br />
aggregaten. Heute sind<br />
diese reizvolle objekte<br />
für taucher.<br />
einst lagen 2.700<br />
Ps an der Welle<br />
vor der schraube<br />
an, wenn der<br />
9-zylinder-Mandiesel<br />
der Chrisoula<br />
K loslegte.<br />
Heute ist diese<br />
schiffsschraube<br />
eines der fotografischen<br />
Highlights<br />
am Wrack bei abu<br />
nuhas.
15<br />
Titelthema<br />
taucher auf dem Weg ins Innere. die Öffnungen sind weiträumig und auch für anfänger durchaus<br />
geeignet. trotzdem erfordert auch die Chrisoula K gute Kenntnisse über das Betauchen von Wracks.<br />
sollte – wie bei jedem Wrack – neben einer<br />
lichtstarken Hauptlampe auch ein sogenanntes<br />
„Back-up-Light“ mit sich führen.<br />
Bewährt haben sich dabei LED-Lampen,<br />
beispielsweise von Halcyon, Tilly-Tec oder<br />
Heser, die gemessen an ihrer Größe eine<br />
gute Leuchtkraft und lange Betriebszeiten<br />
bieten. Anders als die Laderäume, die auch<br />
für Anfänger gut geeignet sind, sollten Taucher<br />
dabei über eine dementsprechende<br />
Erfahrung und Ausbildung verfügen: Formal<br />
betrachtet liegt ein solcher Tauchgang<br />
außerhalb dessen, was man allgemein als<br />
„Sporttauchen“ bezeichnet.<br />
Wer den Einstieg über den Laufrost gewählt<br />
hat, erreicht als <strong>erste</strong>s das Zwischendeck.<br />
Besonders interessant in diesem Bereich ist<br />
die ehemalige Werkstatt, in der eine große<br />
Standbohrmaschine, Sicherungskästen<br />
sowie eine imposante Werkbank prächtige<br />
Blickfänge abgeben. Unmittelbar gegenüber<br />
befindet sich eine Tür, hinter der eine Öffnung<br />
tiefer hinab führt. Dem Gang weiter<br />
in Richtung des Achterschiffs folgend, stößt<br />
man dann auf einen Wellentunnel, durch<br />
den der mittschiffs befindliche Antrieb der<br />
Chrisoula K mit dem Propeller verbunden<br />
ist. Ein Eindringen lohnt nicht: Es ist eng<br />
dort und außer der Welle gibt es nichts zu<br />
sehen. Besser ist es, unmittelbar zuvor auf<br />
der linken Seite den Stufen zu folgen, die<br />
in den unt<strong>erste</strong>n Teil des Maschinenraumes<br />
führen. Rechter Hand kommt man zuerst<br />
an einem Regal vorbei, in dem immer noch<br />
Kabel und Dichtungen liegen, bevor man<br />
geradeaus auf eine Schalttafel zutaucht, die<br />
mit deutschen und griechischen Buchstaben<br />
beschriftet ist. Stiefel, die vereinzelt um den<br />
Motorenblock herum liegen, lassen die<br />
Geschichte des Schiffes wieder lebendig<br />
werden und zeigen, dass auch diese tausenden<br />
Tonnen Stahl einst von Leben erfüllt<br />
waren. Nach der Umrundung des Motorblocks<br />
kann man dann durch die große<br />
Öffnung wieder ins Freie steigen; hinauf<br />
<strong>zum</strong> nächsten Abenteuer, <strong>zum</strong> nächsten<br />
Wrack. lG<br />
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<strong>Die</strong>ser Bericht ist ein exklusiver Nachdruck des gleichnamigen<br />
Kapitels aus dem Buch „Mitten im Blau –<br />
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17<br />
Titelthema<br />
Versunkene zeitzeugen, enge Gänge, dunkle Maschinenräume und<br />
ein oftmals pralles Fischleben: Für viele taucher gehören abstiege<br />
zu gesunkenen schiffen <strong>zum</strong> spannendsten, was die Unterwasserwelt<br />
bereit hält. auch diveInside-redakteur linus Geschke macht<br />
da keine ausnahme: „Jeder tauchgang kann schön sein. aber so<br />
richtig faszinierend wird es nur, wenn Großfische oder Wracks auf<br />
dem Plan stehen.“ Für diveInside hat er zehn Wracks zusammengestellt,<br />
die jeder taucher gesehen haben sollte. rein subjektiv,<br />
ohne anspruch auf Vollständigkeit. Beliebte ziele für die Massen,<br />
weniger bekannte für taucher, die sich außerhalb der regularien<br />
des sporttauchens bewegen – ein Querschnitt dessen, was die<br />
Faszination Wracktauchen ausmachen kann.<br />
TOP TEN<br />
zehn Wracks, <strong>Die</strong> man gesehen haben sollte<br />
Bericht von Linus Geschke
18<br />
Titelthema<br />
AndreA doriA<br />
Für Amerikaner ist die Andrea Doria der „Mount Everest“ des Tauchens: Schlechte Sicht,<br />
Strömung, Kälte; dazu die Tiefe und Innenbereiche, in denen man in Sekunden die<br />
Orientierung verlieren kann. Bislang kamen 16 Menschen bei Tauchgängen an dem einst<br />
„schönsten Kreuzfahrtschiff der Welt“ ums Leben. Trotz aller Nachteile: Für ambitionierte<br />
Wracktaucher ist der ehemalige Luxusliner bis heute eine Herausforderung geblieben; eines<br />
der faszinierendsten Ziele, die man unter Wasser erkunden kann.<br />
Zahllose Mythen ranken sich um sie. Unglaubliche Mengen an Porzellan im Inneren locken<br />
die Wrackräuber an, zahllose<br />
Anekdoten berichten<br />
über die Rivalität zwischen<br />
verschiedenen Tauchergruppen<br />
und Touranbietern.<br />
Wer die Andrea Doria<br />
z u k ü n f t i g b e t a u c h e n<br />
möchte, sollte sich beeilen:<br />
Ein Schiff ist von seiner<br />
Struktur her nicht dazu<br />
geeignet, auf der Seite zu<br />
liegen. Ein Passagierschiff<br />
schon gar nicht. Mittlerweile<br />
sind Großteile der Aufbauten<br />
eingestürzt, gilt die<br />
Andrea Doria als instabiles<br />
Wrack, dessen knarrende<br />
Metallgeräusche weithin<br />
hörbar vor einer Penetration<br />
warnen. Für diejenigen,<br />
die Sicherheit ganz unten<br />
auf ihrer Agenda stehen<br />
haben, hat dies aber auch Vorteile: Durch die zusammengestürzten<br />
Aufbauten sind jetzt Bereiche im Schiffsinneren zugänglich geworden,<br />
die bis vor wenigen Jahren noch fast unerreichbar schienen.<br />
Länge: 213,4 Meter<br />
Breite: 27,50 Meter<br />
Typ: Luxusliner<br />
Stapellauf: 1951<br />
Untergang: 1956<br />
Ort: Nordatlantik/rund 200 Seemeilen östlich von New York<br />
Maximale Tiefe: 70 Meter<br />
Schwierigkeitsgrad: sehr hoch, nur für wrackerfahrene technische<br />
Taucher<br />
Weitere Infos:<br />
sehnsuchtsziel<br />
für taucher an<br />
der doria: das<br />
Porzellan!<br />
Sie ist eines der bekanntesten<br />
und das vielleicht meistbetauchte<br />
Wrack der Welt: <strong>Die</strong> unweit des<br />
Sinai liegende Thistlegorm; ein<br />
britischer Versorgungsfrachter<br />
aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges,<br />
der von deutschen Heinkel<br />
HE111-Fliegern bombardiert<br />
und versenkt wurde. <strong>Die</strong> Fotos<br />
ihrer Ladung aus LKWs, Motorrädern,<br />
Gewehren, Jeeps und<br />
militärischen Gütern gehören zu<br />
den meistgedruckten Bildern in<br />
Tauchmagazinen. Geführte Taucherrudel,<br />
geplünderte Artefakte:<br />
Hier gibt es Wracktauchen für die<br />
Massen. Warum gehört die Thistlegorm<br />
dennoch in diese Liste?<br />
Weil man sie wenigstens einmal<br />
im Leben gesehen haben muss.<br />
Weil der Teil der Ladung, der ihr<br />
geblieben ist, immer noch ausreicht,<br />
um sie zu einer Art Unterwassermuseum<br />
zu machen. Weil<br />
die Thistlegorm zur Grundausstattung<br />
eines jeden Tauchers<br />
gehört, dessen Herz für Altmetall<br />
schlägt – und weil bei ihr die<br />
Mischung aus historischem Hintergrund,<br />
einer attraktiven<br />
Ladung und guter Erreichbarkeit<br />
einfach stimmt.<br />
ThisTlegorm<br />
Länge: 126,5 Meter<br />
Breite: 17,7 Meter<br />
Typ: Versorgungsfrachter<br />
Stapellauf: 1940<br />
Untergang: 1941<br />
Ort: Shaab Ali/Nördliches Rotes Meer<br />
Maximale Tiefe: 32 Meter<br />
Schwierigkeitsgrad: auch für weniger erfahrene Taucher<br />
geeignet<br />
Weitere Infos:<br />
die thistlegorm ist<br />
vielleicht das bekannteste<br />
Wrack der Welt.<br />
Ihre ladung erinnert<br />
an ein Unterwassermuseum<br />
– auch, wenn<br />
viele details bereits<br />
geplündert wurden.<br />
Bilder: Archiv Richie Kohler (Titel und Links), Michael Böhm
19<br />
Titelthema<br />
sms Cöln<br />
Für die SMS Cöln gilt, was auch für die Andrea Doria galt: Wer den Kleinen Kreuzer bei Scapa<br />
Flow betauchen möchte, sollte damit nicht mehr allzu lange warten. Hier ist es weniger die<br />
seitliche Lage, die das Schiff instabil werden lässt, sondern die über neun Jahrzehnte, welche<br />
seit dem Untergang 1919 vergangen sind: Irgendwann wird auch der beste Schiffsstahl<br />
im Salzwasser mal weich und beginnt zu korrodieren.<br />
Dennoch gilt die Cöln vielen Tauchern als das am <strong>besten</strong> erhaltene Wrack in Scapa Flow,<br />
lediglich die beiden vorderen Geschütze wurden bei Bergungsarbeiten entfernt. Tauchgänge<br />
ins Innere des Kleinen<br />
Kreuzers sind ausgesprochenanspruchsvoll.<br />
Neben vielen<br />
Engstellen erhöht<br />
auch das in beträchtlichem<br />
Maße vorhandene<br />
Sediment den<br />
Schwierigkeitsgrad –<br />
ein falscher Flossenschlag,<br />
und der Tauchgang<br />
wird <strong>zum</strong> Blindflug.<br />
Wer diese Risiken<br />
händeln kann oder<br />
sich beim Abstieg auf<br />
den Außenbereich<br />
beschränkt, wird mit<br />
einem der historisch<br />
i n t e r e s s a n t e s t e n<br />
Schiffswracks belohnt, die in Europa zu finden sind.<br />
Länge: 149,8 Meter<br />
Breite: 14,2 Meter<br />
Typ: Kriegsschiff<br />
Stapellauf: 1916<br />
Untergang: 1919<br />
Ort: Scapa Flow/Schottland<br />
Maximale Tiefe: 36 Meter<br />
Schwierigkeitsgrad: für erfahrene Sporttaucher<br />
Weitere Infos:<br />
Historische<br />
aufnahme der<br />
sMs Cöln<br />
le Polynesien<br />
Malta: Wracktauchparadies für<br />
Sporttaucher, vor dessen Küste viele<br />
Schiffe künstlich versenkt wurden.<br />
Das faszinierendste Wrack jedoch<br />
wurde weder künstlich versenkt<br />
noch liegt es in für normale Sporttaucher<br />
erreichbaren Tiefen. <strong>Die</strong><br />
Polynesien ruht exponiert auf dem<br />
Meeresgrund, oftmals gibt es hier<br />
stärkere Strömungen, dazu verbietet<br />
es die Kombination aus Tiefe<br />
und Schiffsgröße, diesen Tauchspot<br />
in das reguläre Programm einer<br />
Tauchbasis aufzunehmen.<br />
Für den britischen Wrackexperten<br />
Ned Middleton ist die Polynesien<br />
das „schönste Wrack der Welt“ – und<br />
er dürfte damit nicht grundsätzlich<br />
verkehrt liegen. Im <strong>erste</strong>n Weltkrieg<br />
aufgrund des Torpedotreffers eines<br />
deutschen U-Bootes gesunken,<br />
wird das Wrack heute oftmals als<br />
„The plate-ship“, also das „Teller-<br />
Schiff“ bezeichnet: Ein Spitzname,<br />
der aufgrund der vielen Artefakte<br />
absolut gerechtfertigt ist. Teller,<br />
Tassen, Weinflaschen – bei den vielen<br />
Details an Bord kann man fast<br />
schon froh sein, dass die Polynesien außerhalb der Reichweite<br />
der meisten Taucher liegt.<br />
Um das Schiff richtig zu erkunden, kann man vor Ort ruhig eine<br />
ganze Woche einplanen. <strong>Die</strong> Anzahl der Räume, Gänge und Artefakte<br />
in ihr wirkt schier endlos; ihre Schönheit setzt Maßstäbe für<br />
das Wracktauchen im Mittelmeer.<br />
Länge: 152 Meter<br />
Breite: 16 Meter<br />
Typ: Kombiniertes Fracht-/Passagierschiff<br />
Stapellauf: 1890<br />
Untergang: 1918<br />
Ort: Malta<br />
Maximale Tiefe: 65 Meter<br />
Schwierigkeitsgrad: nur für technische Taucher<br />
Weitere Infos:<br />
Viele artefakte gibt es<br />
auch im Inneren der<br />
Polynesien zu sehen.<br />
Historische aufnahme<br />
der Polynesien: erst<br />
so werden einem die<br />
beeindruckenden<br />
dimensionen bewusst.<br />
Bilder: Dr. Charles Tait (SMS Cöln), marinefoundation.org
20<br />
Titelthema<br />
Wann hat ein Wrack Kultstatus? Vielleicht,<br />
wenn die Taucher ihm liebevolle<br />
Kosenamen geben. Wenn dem so ist,<br />
dann hat es die „Rosi“ geschafft, obwohl<br />
sie etwas kleiner ist als die Thistlegorm<br />
und ihre Ladung nicht annähernd so<br />
spektakulär daherkommt. Doch die<br />
Mischung aus Tiefe, Mystik und Fischreichtum<br />
reißt das locker wieder heraus.<br />
Durch die etwas unterhalb der<br />
Sporttauchgrenze liegenden Tiefe<br />
bleibt der Rosi auch der ganz große<br />
Massenansturm erspart, den ihr<br />
berühmtes Gegenstück über sich ergehen<br />
lassen muss: Gerade die tief liegenden<br />
inneren Bereiche wirken immer<br />
noch fast so, als sei man der <strong>erste</strong><br />
Mensch, der diese durchtaucht. Der<br />
Werkraum, die Schalttafel, die immer<br />
noch intakten Glühbirnen – für ambitionierte<br />
Sporttaucher ist die Rosalie<br />
Moller das Beste, was einem im nördlichen<br />
Roten Meer vor die Maske kommen<br />
kann.<br />
Länge: <strong>10</strong>8,2 Meter<br />
Breite: 15 Meter<br />
Typ: Kohlefrachter<br />
Stapellauf: 19<strong>10</strong><br />
Untergang: 1941<br />
Maximale Tiefe: 52 Meter<br />
Schwierigkeitsgrad: für erfahrene<br />
Sporttaucher<br />
Weitere Infos:<br />
Im Inneren der rosalie Moller: 70 Jahre<br />
haben die Glühbirnen überlebt.<br />
der Bug der rosalie erinnert an den der<br />
titanic.<br />
rosAlie moller<br />
Bilder: Michael Böhm<br />
GOZO<br />
INSELPARADIES IM MITTELMEER<br />
Höhlen - Steilwände - Wracks<br />
und glasklares Wasser<br />
Tauch ein an einem der<br />
Top Spots im Mittelmeer
21<br />
Titelthema<br />
ms seATTle<br />
Wer kältere Gewässer nicht scheut, findet in Norwegen eine Menge lohnender Ziele, gerade<br />
der Zweite Weltkrieg hat dort auch unter Wasser für viele Zeitzeugen gesorgt. Eines der<br />
bekanntesten Wracks ist die MS Seattle; ein deutscher Frachter, der in Tiefen zwischen 25<br />
und 75 Metern liegt und sowohl für Sporttaucher wie auch für „Tekkies“ zu betauchen ist.<br />
Der für diese Region außergewöhnlich ausgebildete Bewuchs, der geschichtliche Hintergrund<br />
und die Größe des Schiffes machen sie auch für mehr als einen Tauchgang<br />
interessant.<br />
Wichtig: Aktuell herrscht<br />
an der Seattle ein Tauchverbot.<br />
Im September<br />
20<strong>10</strong> sind an ihr zwei<br />
dänische Taucher tödlich<br />
verunglückt, von denen<br />
man bislang nur einen<br />
bergen konnte. Erst wenn<br />
auch der zweite gefunden<br />
ist, soll darüber entschieden<br />
werden, wie es<br />
mit dem Tauchen an<br />
dem Frachter in Zukunft<br />
weitergehen soll.<br />
Länge: 140 Meter<br />
Breite: 18 Meter<br />
Typ: Frachter<br />
Stapellauf: 1928<br />
Untergang: 1940<br />
Ort: Korsvikfjord/Kristiansand<br />
Maximale Tiefe: 75 Meter<br />
Schwierigkeitsgrad: für erfahrene Sporttaucher<br />
Weitere Infos:<br />
oben: Historische aufnahme der Ms seattle kurz nach<br />
dem stapellauf im Jahre 1928.<br />
rechts: Bilder eines Wracktauchgangs an der Ms seattle<br />
JUrA<br />
Würde das Wrack der Jura<br />
in irgendeinem Meer liegen,<br />
wäre es kaum einer Erwähnung<br />
wert. Tut es aber nicht.<br />
<strong>Die</strong> Jura liegt im Bodensee,<br />
und das grünlich schimmernde<br />
Wasser sowie der<br />
gute Zustand angesichts<br />
der vielen seit dem Untergang<br />
vergangenen Jahrzehnte<br />
machen das hölzerne<br />
Schiffsrelikt zu etwas<br />
besonderem – zu einem der<br />
schönsten Tauchgänge, die<br />
Wrackfreunde in heimischen<br />
Seen erleben können.<br />
Hier geht es nicht ums<br />
Penetrieren, um Artefakte<br />
oder um eine beeindruckende<br />
Schiffsgröße. Wer an<br />
der Jura taucht, macht dies<br />
meist der Stimmung wegen,<br />
die auf die meisten Taucher<br />
wie verwunschen wirkt.<br />
Auch, wenn der vor fast 150<br />
Jahren bei einer Kollision<br />
mit der „Stadt Zürich“ gesunkene<br />
Schaufelraddampfer<br />
mittlerweile unter den vielen<br />
Besuchern leidet und<br />
sich ihr nicht jeder mit der gebotenen Vorsicht nähert (dies gilt<br />
auch für einige der Anbieter), hat er sich bis heute seine einmalige<br />
Ausstrahlung bewahrt.<br />
Länge: 46,3 Meter<br />
Breite: <strong>10</strong>,2 Meter<br />
Typ: Schaufelraddampfer<br />
Stapellauf: 1854<br />
Untergang: 1864<br />
Ort: Schweizer Teil des Bodensees<br />
Maximale Tiefe: 38 Meter<br />
Schwierigkeitsgrad: für erfahrene Sporttaucher<br />
Weitere Infos:<br />
das hölzerne schiffsrelikt<br />
im grünschimmernden<br />
Bodensee<br />
ist ein besonderes<br />
Wrackerlebnis.<br />
der schriftzug der Jura<br />
ist auch heute noch<br />
gut lesbar.<br />
Bilder: Stefan Baehr (MS Seattle), Jochen G. (Jura)
22<br />
Titelthema<br />
Uss sPiegel groVe<br />
Ganz ehrlich? Ich mag keine<br />
künstlich versenkten Wracks.<br />
Ihnen fehlt das Überraschende,<br />
die Möglichkeit auf Entdeckungen,<br />
die spektakuläre Geschichte<br />
des Untergangs. Oftmals sind<br />
sie nur leblose stählerne Hüllen.<br />
Dennoch gehört die USS Spiegel<br />
Grove auf diese Liste: Aufgrund<br />
ihrer Historie, ihrer beeindruckenden<br />
Größe und der vielen<br />
Details, die dem Kriegsschiff im<br />
Inneren gelassen wurden.<br />
Dass die Spiegel Grove – gerade<br />
dann, wenn man sie ausgiebig<br />
penetriert – kein einfaches<br />
Wrack ist, beweisen auch die<br />
sechs Toten, die es in der relativ<br />
kurzen Zeit seit dem Untergang<br />
dort bereits gegeben hat: Alleine<br />
im März 2007 starben drei erfahrene<br />
Taucher, die den Rückweg<br />
nicht mehr fanden und sich im<br />
Schiffsinneren verirrten. Ein vierter<br />
überlebte nur mit viel Glück,<br />
weil er sich als einziger für einen<br />
anderen Weg entschied. Grund<br />
hierfür ist auch das viele Sediment,<br />
welches sich im Inneren<br />
angesammelt hat – ein falscher<br />
Flossenschlag und der Tauchgang<br />
wird <strong>zum</strong> Blindflug. Unter<br />
all den versenkten Wracks, die als künstliche Riffe dienen sollen, nimmt<br />
die USS Spiegel Grove eine Ausnahmestellung ein.<br />
Länge: 170 Meter<br />
Breite: 28 Meter<br />
Typ: Landungsunterstützungsschiff (Landing Ship Dock)<br />
Stapellauf: 1955<br />
Untergang: 2002<br />
Ort: Key Largo/Florida<br />
Maximale Tiefe: 45 Meter<br />
Schwierigkeitsgrad: für erfahrene Sporttaucher<br />
Weitere Infos:<br />
die Uss spiegel<br />
Grove auf dem<br />
Weg zur Versenkung.<br />
Viel sediment im<br />
Inneren der spiegel<br />
Grove erhöht<br />
das risiko.<br />
Bilder: Florida Keys<br />
Flaschen gefüllt<br />
Ventile geprüft<br />
Boot sicher vor Anker<br />
Wrack gesichtet<br />
ein irres Gefühl!<br />
INTERBOOT<br />
DAS PURE VERGNÜGEN<br />
Lust auf Abenteuer?<br />
Auf der INTERBOOT erfahren Sie, wie man<br />
zeitgemäß in Unter wasserwelten eintaucht.<br />
17-25 SEPTEMBER 2011<br />
MESSE FRIEDRICHSHAFEN<br />
www.interboot.de<br />
44° 45°<br />
47°<br />
48°<br />
49°<br />
50°
23<br />
Titelthema<br />
Auch, wenn man mit Superlativen vorsichtig<br />
sein sollte: <strong>Die</strong> in sudanesischen<br />
Gewässern liegende Umbria gehört zu<br />
den drei schönsten Wracks, die das Rote<br />
Meer zu bieten hat – für viele ist sie<br />
sogar das schönste.<br />
Nach dem Kriegseintritt Italiens im Zweiten<br />
Weltkrieg von der Besatzung selbst<br />
versenkt, hat die Umbria bis heute noch<br />
viele Details und Artefakte zu bieten.<br />
<strong>Die</strong> diversen Fahrzeuge, die militärischen<br />
Güter, die Weinflaschen: Hier zeigt sich<br />
der Unterschied zu den in Ägypten liegenden<br />
Schiffen am deutlichsten. Der<br />
Sudan ist eben kein Massentauchziel;<br />
dementsprechend gut erhalten sind die<br />
Wracks dort. Wer die recht zeitintensive<br />
Anreise hinter sich gebracht hat, stößt<br />
bei den eigentlichen Tauchgängen an<br />
der Umbria kaum noch auf Schwierigkeiten.<br />
<strong>Die</strong> Ein- und Ausgänge sind groß,<br />
das Wasser klar, die Tiefe nitroxtauglich.<br />
Eine spannende Historie, die noch weitestgehend<br />
erhaltene Ladung, der große<br />
Fisch- und Korallenreichtum machen<br />
das einst in Hamburg gebaute Schiff zu<br />
einem unvergesslichen Tauchziel.<br />
Länge: 153 Meter<br />
Breite: 18 Meter<br />
Typ: Truppentransporter<br />
Stapellauf: 1911<br />
Untergang: 1940<br />
Ort: Wingate Riff/vor Port Sudan<br />
Maximale Tiefe: 38 Meter<br />
Schwierigkeitsgrad: auch für weniger<br />
erfahrene Taucher geeignet<br />
Weitere Infos:<br />
UmbriA<br />
In der Umbria: ein Highlight im<br />
roten Meer. na, dann Prost!<br />
an Bord der Umbria liegen immer<br />
noch viele Weinflaschen<br />
Hier geht es nicht um ein einziges<br />
Wrack – Truk Lagoon (seit 1990<br />
Chuuk) ist der größte Wrackspielplatz<br />
der Welt! Mehr als 70 Wracks<br />
liegen hier im Pazifik, von denen<br />
rund 30 betauchbar sind, angefangen<br />
vom kleinen Frachter bis<br />
hin <strong>zum</strong> japanischen U-Boot<br />
I-169. Sie alle sind Opfer der<br />
Angriffe von Flugzeugen mehrerer<br />
amerikanischer Flugzeugträger<br />
geworden, die im Februar<br />
1944 über die in der Lagune vor<br />
Anker liegenden Schiffe herfielen.<br />
Über 400 Tonnen an Bomben und<br />
Torpedos wurden abgeworfen;<br />
es war so etwas wie ein verspäteter<br />
Vergeltungsschlag für Pearl<br />
Harbour.<br />
Mit das bekannteste Wrack ist<br />
die „Aikoku Maru“, ein ehemals<br />
150 Meter langes kombiniertes<br />
Fracht- und Passagierschiff, von<br />
dem nur noch der hintere Bereich<br />
erhalten geblieben ist. Aber der<br />
hat es in sich: Beginnend in 40<br />
Metern Tiefe, geht es weit über<br />
den Sporttaucherbereich hinab<br />
– viele Gänge, Räume, Skelette<br />
und Artefakte lassen den Taucher<br />
oftmals vergessen, dass die<br />
nächste Druckkammer fast <strong>10</strong>00<br />
Kilometer weit entfernt ist.<br />
Truk Lagoon ist das Sehnsuchtsziel<br />
schlechthin für Wracktaucher;<br />
ein Mekka für Altmetallfreunde.<br />
Hier könnte man Monate verbringen<br />
und würde dennoch immer<br />
wieder auf Neues stoßen: Wenn<br />
da nur die lange Anreise nach<br />
Mikronesien nicht wäre…<br />
Weitere Infos:<br />
TrUK lAgoon<br />
die aikoku Maru (Bilder<br />
oben) ist eines der<br />
bekanntesten Wracks<br />
von truk lagoon. doch<br />
im Bereich der lagune<br />
liegt eine Vielzahl<br />
weiterer Überreste aus<br />
dem zweiten Weltkrieg<br />
wie der Betty Bomber<br />
(Bild Mitte) oder die<br />
Fujikawa Maru (Bild<br />
unten).<br />
Bilder: Andrej Viehoever (Umbria), Werner Thiele (Truk Lagoon)
24<br />
Titelthema<br />
die Gruppe lässt sich langsam an der ankerleine in die tiefe sinken. Bei<br />
zwanzig Metern sind die taucher auf einmal mitten im Blau, das Boot über<br />
ihnen ist nicht mehr zu erkennen, ihr ziel liegt noch unter ihnen verborgen.<br />
ein paar Meter tiefer lassen sich ein Mast und schemenhaft <strong>erste</strong> aufbauten<br />
erkennen, dann verfestigen sich die schatten und das schiff wird erkennbar.<br />
Mystisch liegt das Wrack vor den tauchern, der Höhepunkt dieser tour.<br />
Faszination<br />
Altmetall<br />
<strong>erste</strong> schritte <strong>zum</strong><br />
sicheren Wracktauchen<br />
Bericht von Andreas Nowotny
25<br />
Titelthema<br />
dieses Wrack eines Panzers in aquaba eignet<br />
sich hervorragend um festzustellen ob altmetall<br />
zur Passion werden könnte.<br />
Wracks üben eine ganz besondere und eigentümliche<br />
Faszination aus – nicht nur, aber<br />
natürlich besonders auch auf viele Taucher.<br />
Sie bieten ein spannendes Gefühl der Entdeckung,<br />
lassen während des Tauchgangs gleichzeitig<br />
einen Film im Kopf ablaufen und versinnbildlichen<br />
das „Abenteuer Tauchen“ wie<br />
kaum eine andere Tauchsparte. Es ist kein<br />
Wunder, dass einige Taucher der Faszination<br />
versunkener Schiffe völlig erliegen und andere<br />
Tauchgangsarten gar nicht mehr richtig genießen<br />
können. Denn bei Wracks spielt nicht nur<br />
der Tauchplatz an sich eine Rolle, der Mikrokosmos<br />
an Leben, der rings um ein Wrack<br />
entsteht, gleich ob es schutzsuchende Fische<br />
sind oder Korallen, die sich mit der Zeit des<br />
Fremdkörpers bemächtigen. Es ist auch immer<br />
ein Blick in die Vergangenheit, die Gewissheit,<br />
dass mit diesem Tauchgang eine Geschichte<br />
verbunden ist, die mal tragisch oder auch mit<br />
gutem Ausgang, aber immer interessant ist.<br />
Bei einigen Schiffen scheint es fast so, als ob<br />
erst das Ende als Schrotthaufen auf dem Meeresgrund<br />
ihr Dasein veredelt hat. Bei anderen<br />
Schiffen ist ein Tauchgang auch eine Zeitreise<br />
in die Geschichte, Zeugnis für Auseinandersetzungen,<br />
die man selber <strong>zum</strong> Glück nicht<br />
erleben musste. Abgerundet wird das Erlebnis<br />
Wracktauchen von den Fotomotiven, denn<br />
mit ein wenig Glück gelingen Bilder, die über<br />
das übliche „Fisch / Taucher im Wasser“ weit<br />
hinausgehen.<br />
geFAhren des<br />
WrACKTAUChens<br />
Bei aller Faszination muss man sich bei Wracktauchgängen<br />
darüber im Klaren sein, dass sie<br />
Risiken beinhalten, die man nicht unterschätzen<br />
darf, um gefahrlose Tauchgänge zu erleben.<br />
<strong>Die</strong> größte Gefahr geht dabei vom Wrack<br />
selber aus, denn das umgebende Wasser setzt<br />
den versunkenen Schiffen schwer zu. Man<br />
muss immer mit scharfkantigen Objekten<br />
rechnen, die teils unvermutet hervorragen.<br />
Gerade abgerissene Verstrebungen, die<br />
ursprünglich rund und ungefährlich waren,<br />
können sich durch Rosten in messerscharfe<br />
Klingen verwandeln. Da diese Streben oft<br />
schlecht zu sehen sind, wenn sie aus dem<br />
Wrack hervorragen, kann man dort leicht mit<br />
seinen Schläuchen einfädeln. Auch alte Leinen<br />
oder Fischernetze, die sich an den Aufbauten<br />
verfangen haben, bergen die Gefahr für den<br />
Taucher sich zu verheddern.<br />
Von den meisten Tauchern wird die Stabilität<br />
eines Schiffes nicht genügend bedacht. Beim<br />
Schiffsbau werden natürlich die Gesetze der<br />
Statik berücksichtigt, aber unter der Annahme,<br />
dass es aufrecht auf dem Wasser fährt. Liegt<br />
es seitlich auf dem Grund, unterliegen die<br />
Aufbauten Kräften, für die sie nicht gebaut<br />
wurden. In Verbindung mit der schon ange-<br />
sprochenen Zersetzung des Metalls durch<br />
Korrosion und den Wasserbewegungen, sei<br />
es durch Strömung, Tidenhub oder starke<br />
Wellen bei Stürmen, besteht schnell eine<br />
große Einsturzgefahr, die von Tauchern meist<br />
nicht richtig eingeschätzt werden kann. Bei<br />
herabhängenden Wrackteilen, die sich im<br />
Wasser hin- und herbewegen, ist das Risiko<br />
noch deutlich sichtbar, aber selbst wenn das<br />
Schiff ganz ruhig erscheint, können Teile<br />
Titelbild von Mauro Zürcher (www.mzplongee.ch), Bild von: Osama Otoum
26<br />
Titelthema<br />
davon ohne Vorwarnung in sich zusammenfallen.<br />
<strong>Die</strong>ses Risiko kann man am <strong>besten</strong><br />
dann bewerten, wenn man ein Wrack immer<br />
wieder betaucht und so sieht, wie stark es<br />
sich über die Zeit verändert. Daher sollte man<br />
vor Wracktauchgängen immer Erkundigungen<br />
über den Zustand einholen und diese ernstnehmen.<br />
Ein weiterer Gefahrenpunkt, gerade bei langen<br />
Schiffen und schlechter Sicht, ist die Orientierung.<br />
Kompasse haben die unangenehme<br />
Eigenschaft, sich durch die Anwesenheit von<br />
so viel Eisen verwirren zu lassen. Man ist daher<br />
häufig auf visuelle Orientierung beschränkt.<br />
Besonders, wenn man darauf angewiesen ist,<br />
an der Ankerleine des eigenen Bootes wieder<br />
aufzusteigen, sollte man sich nicht zu weit<br />
davon entfernen, bis man ein Gespür für das<br />
Wrack hat und weiß, wie man sich darauf<br />
zurechtfinden kann. Gibt es Karten, sollte man<br />
diese unbedingt vorher studieren und mit<br />
sich führen.<br />
AbseiTs des<br />
sPorTTAUChens – die<br />
WrACKPeneTrATion<br />
<strong>Die</strong> genannten Gefahren bezogen sich bisher<br />
auf das Erkunden eines Wracks von außen.<br />
Sie gelten in noch viel größerem Maße für<br />
Exkursionen ins Innere. Zusätzlich kommen<br />
hier noch weitere Faktoren ins Spiel, die bedin-<br />
gen, dass ein solcher Tauchgang nur von<br />
entsprechend ausgebildeten Tauchern mit<br />
der richtigen Planung, Ausrüstung und Disziplin<br />
bei der Durchführung unternommen<br />
wird.<br />
Bei Wrackpenetrationen handelt es sich immer<br />
um sogenannte Overhead-Tauchgänge: Der<br />
direkte Weg an die Oberfläche ist, genau wie<br />
beim Höhlentauchen, versperrt. <strong>Die</strong> Sicht in<br />
einem Wrack ist durch die dort meist herrschende<br />
Dunkelheit beeinträchtigt und kann<br />
durch das Aufwirbeln von Sedimenten schlagartig<br />
gegen Null sinken. <strong>Die</strong> Orientierung ist<br />
durch ungewohnte Grundrisse und mögliche<br />
Schräglagen beeinträchtigt. Durchgänge sind<br />
nicht für Taucher mit ihren Flaschen gedacht<br />
und können dazu führen, dass man stecken<br />
bleibt. An anderen Stellen können Engstellen<br />
dazu führen, dass man den bereits zurückge-<br />
die offenen aufbauten der Ghiannis d. sind ideal<br />
für den einstieg in das Wracktauchen.<br />
legten Weg rückwärts bewältigen muss, weil<br />
kein Platz <strong>zum</strong> gefahrlosen Wenden ist.<br />
Nirgends ist die Faszination des Wracktauchens<br />
größer, als wenn man in einem gut<br />
erhaltenen Wrack vorsichtig durch Maschinenräume<br />
und Mannschaftsräume schwebt<br />
und im Kopf ein Film abläuft, wie das Leben<br />
an Bord gewesen sein muss, ehe das Schiff<br />
sein nasses Grab fand. Um aber nicht in genau<br />
diesem auch zu enden, sollten unerfahrene<br />
Wracktaucher ohne entsprechende Ausbildung<br />
von solchen Tauchgängen Abstand<br />
nehmen.<br />
der einsTieg ins<br />
AbenTeUer WrACKTAUChen<br />
Glücklicherweise gibt es genügend Wracks,<br />
die auch Einsteigern besondere Tauchgänge<br />
bieten, denn prinzipiell sind viele Tauchgänge<br />
an versunkenen Schiffen nicht schwieriger<br />
als andere Tauchgänge im offenen Meer. Dennoch<br />
gibt es ein paar Dinge zu beachten, um<br />
Wrackpenetration, d.h. das tiefe eindringen in<br />
das innere des schiffskörpers ist für anfänger<br />
absolut tabu.<br />
das meiste aus einem Wracktauchgang herauszuholen<br />
und wieder sicher an die Oberfläche<br />
zu gelangen.<br />
<strong>Die</strong> Vorbereitung<br />
<strong>Die</strong> Beschäftigung mit dem angepeilten<br />
Tauchziel dient einerseits dazu, den Hintergrund<br />
des Schiffes kennenzulernen. Wenn<br />
man weiß, was es für ein Schiff war, warum<br />
es diese Route fuhr, was es geladen hatte und<br />
warum es unterging, kann man das, was man<br />
Unterwasser sieht besser einordnen und v<strong>erste</strong>hen.<br />
Man baut eine ganz andere Beziehung<br />
dazu auf, als wenn man einfach unvorbereitet<br />
hinuntertaucht und kann auch beispielsweise<br />
gezielt nach Zeugnissen für die Unfallursache<br />
suchen. Außerdem hilft die Vorbereitung nicht<br />
Tauch-<br />
Angebote<br />
Niederländische<br />
Karibik<br />
Bilder von IDC (Ghiannis) und Mauro Zürcher (www.mzplongee.ch)
27<br />
Titelthema<br />
Für anfänger reicht der Blick von außen. das durchtauchen von Innenräumen sollte den erfahrenen<br />
vorbehalten bleiben.<br />
nur bei der Orientierung, sondern allgemein<br />
bei der Minimierung des Risikos:<br />
<strong>•</strong> Wie ist die Lage des Schiffes, liegt es aufrecht<br />
auf dem Grund oder seitlich?<br />
<strong>•</strong> Ist das Schiff in einem Stück oder zerbrochen<br />
in mehrere Teile?<br />
<strong>•</strong> Wie ist der allgemeine Zustand, gibt es besonders<br />
gefährliche Stellen im Außenbereich?<br />
<strong>•</strong> Wie tief liegt es? <strong>Die</strong>s ist wichtig, um die<br />
optimale Nitroxmischung zu bestimmen.<br />
<strong>•</strong> Gibt es an dem Wrack besondere Strömungen,<br />
auf die man achten muss?<br />
<strong>•</strong> Wie sind Sicht und Temperatur am Wrack?<br />
Vor jedem Wracktauchgang sollte auch ein<br />
ausführliches Briefing oder Buddygespräch<br />
stehen, damit alle in der Gruppe den gleichen<br />
Kenntnisstand haben und genau wissen, wie<br />
der Tauchgang ablaufen soll.<br />
<strong>Die</strong> Ausrüstung<br />
Wenn man nicht vorhat, in das Wrack einzudringen,<br />
kann man den Tauchgang prinzipiell<br />
mit jeder normalen Tauchausrüstung, die<br />
für diesen Tauchplatz geeignet ist (Tiefe, Temperatur,<br />
Helligkeit), durchführen. Dennoch<br />
sollte man immer folgendes mitnehmen:<br />
<strong>•</strong> Handschuhe und Kopfhaube – sie bieten<br />
Schutz vor Schnittverletzungen, die einen<br />
Tauchurlaub ansonsten schnell beenden<br />
können.<br />
<strong>•</strong> Messer, Schere oder Leinencutter – wenn<br />
man sich trotz aller Vorsicht mal verheddert<br />
hat, ist ein solches Werkzeug Gold wert.<br />
<strong>•</strong> Lampe & Backup-Lampe – auch wenn für<br />
den Außenbereich das Oberflächenlicht<br />
ausreicht, möchte man sicher auch einmal<br />
in das Schiff hineinleuchten, <strong>zum</strong>al viele<br />
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Optimal FlOw DEsigN
28<br />
Titelthema<br />
Wracks Meereslebewesen Schutz und<br />
Zuflucht bieten.<br />
<strong>•</strong> Kleines Reel oder Spool – sollte die Sicht<br />
nicht besonders und man auf das Aufstiegsseil<br />
angewiesen sein, kann man auch bei<br />
einer Außenerkundung eine Leine verlegen,<br />
um wieder zurückzufinden. Da diese Leinen<br />
jedoch, gerade wenn man den Umgang<br />
nicht geübt ist, reißen und sich verheddern<br />
können, sollte man sehr vorsichtig sein und<br />
sich im Zweifelsfall nicht zu weit vom Aufstiegsseil<br />
entfernen.<br />
Zusätzlich sollte man seine Ausrüstung so<br />
konfigurieren, dass keine Schläuche unnötig<br />
abstehen, sondern alle Ausrüstungsteile möglichst<br />
nah am Körper anliegen.<br />
<strong>Die</strong> Durchführung<br />
Mehr noch als bei anderen Tauchgängen<br />
sollten alle Mittaucher genau die Umgebung<br />
beobachten und eine enge Kommunikation<br />
pflegen, um sich vor Gefahren warnen zu<br />
können. Insbesondere sollte auf die folgenden<br />
Punkte geachtet werden:<br />
<strong>•</strong> Abstand <strong>zum</strong> Wrack – neben der Gefahr von<br />
herabfallenden Wrackteilen sind es besonders<br />
scharfe, hervorstehende Eisenteile, die<br />
ein Risiko darstellen.<br />
<strong>•</strong> Vermeidung von Overhead-Situationen, wie<br />
dem Untertauchen der Aufbauten eines auf<br />
der Seite liegenden Schiffes. Durchtaucht<br />
man Stellen, die einen Overhead beinhalten,<br />
ist doppelte Vorsicht geboten, da man diese<br />
Art des Tauchens nicht gewohnt ist.<br />
<strong>•</strong> Vermeidung von Engstellen – auch bei den<br />
äußeren Aufbauten gibt es Bereiche, die zu<br />
eng sind, um gefahrlos hindurchzutauchen.<br />
<strong>•</strong> <strong>Die</strong> Orientierung behalten – am <strong>besten</strong> durch<br />
das Mitführen einer Wrackkarte und das<br />
mentale Abhacken von markanten Punkten.<br />
Man sollte jederzeit wissen, wo man ist und<br />
wie man wieder <strong>zum</strong> Aufstiegsseil findet.<br />
die decksaufbauten der thistlegorm bieten<br />
einen guten einstieg ins Wracktauchen.<br />
<strong>•</strong> Nicht vom Tauchplan abweichen – besonders<br />
um ungeplante Ausflüge ins Innere zu unternehmen.<br />
<strong>Die</strong> Versuchung, auch mal ins Innere<br />
vorzudringen, steigt, wenn man sich am<br />
Wrack befindet – damit aber leider auch<br />
exponentiell das Risiko, denn man hat weder<br />
die richtige Ausrüstung, die Erfahrung, noch<br />
die Planung vorgenommen, um den Tauchgang<br />
sicher durchführen zu können.<br />
Wie geht es weiter?<br />
Wracktauchen bietet ein enormes Suchtpotential,<br />
das überall auf der Welt gestillt werden<br />
kann, von einem Holzdampfer im Bodensee<br />
über die Wracks der Ostsee hin zu den wärmeren<br />
Gewässern vor Malta und natürlich<br />
auch im Roten Meer. Wer den versunkenen<br />
Schiffen einmal erlegen ist, möchte immer<br />
mehr davon und irgendwann natürlich auch<br />
das Innere erkunden. Wer das vorhat, sollte<br />
sich bei entsprechenden Tauchorganisationen<br />
weiterbilden und zusammen mit erfahrenen<br />
Wracktauchern langsam und sicher seine<br />
Fähigkeiten steigern.<br />
<strong>Die</strong> Taucher vom Anfang dieses Textes bewegen<br />
sich langsam über das Deck des versunkenen<br />
Frachters. Immer wieder huschen ihre<br />
Lampen ins Innere. In der Kombüse hängt ein<br />
Schwarm silbern glänzender Glasfische wie<br />
eine Wolke über den Herdresten und zuckt<br />
im Lichtkegel unruhig hin und her. Mittschiffs<br />
teilt sich die Gruppe. Während die eine Hälfte<br />
weiter <strong>zum</strong> Bug taucht, lässt sich die andere<br />
vorsichtig durch ein zerborstenes Oberlicht<br />
in den Maschinenraum ab. <strong>Die</strong> Sonnenstrahlen<br />
erhellen die gewaltigen Motoren, die LED-<br />
Lampen beleuchten weitere Einzelheiten der<br />
Anlage. Nach einer gemächlichen Umrundung<br />
des Maschinenblocks geht es wieder durch<br />
das Oberlicht aufs Deck, wo auch die andere<br />
Gruppe wieder eintrifft. Zusammen machen<br />
sie sich zurück zur Ankerleine und steigen<br />
langsam auf, den Blick immer auf das Wrack<br />
gerichtet. Langsam wird der Stückgutfrachter<br />
wieder von dem Blau des Meeres verschluckt.<br />
Was bleibt, ist die Erinnerung an einen außergewöhnlichen<br />
Tauchgang. an<br />
Bilder von Hans-Juergen Hanker
29<br />
Reise<br />
an der kroatischen Küste gibt es eine Menge schöner<br />
Plätze. Über und unter Wasser. Harald Mathä hat viele<br />
davon schon bereist, doch von der adria hat er immer<br />
noch nicht genug. aber richtiggehend verliebt hat er<br />
sich – taucherisch wie kulinarisch – in eine ganz<br />
besondere Insel in dalmatien.<br />
Vis<br />
eine von 1.244 inseln in kroatien<br />
– aber Was für eine!<br />
Bericht und Bilder von Harald Mathä
30<br />
Reise<br />
die autofähre „Petar Hectorovic“ bringt Besucher<br />
von split nach Vis.<br />
Hafenidylle im kleinen sädtchen Komiza<br />
Das kann nicht gutgehen! <strong>Die</strong> riesige „Petar<br />
Hectorovic“ scheint für die kleine Bucht eindeutig<br />
zu groß. Von der ob<strong>erste</strong>n Etage der<br />
Autofähre wirken Hafenanlagen und Häuschen<br />
wie Spielzeug. Als sich dann die riesige<br />
Bugklappe der Fähre knarrend und quietschend<br />
öffnet und die Sonne dem Schiff in<br />
reIse-InFos<br />
Google Maps: 43°02‘45“N 16°09‘04“O<br />
Lage: Süddalmatien/Kroatien<br />
Größe: 17 x 8 km<br />
Anreise: Per Auto oder Flugzeug nach Split, dann 2<br />
Stunden Fähre (PKW+ 2 Pers.: 478 Kuna (ca. 68 Euro)<br />
Währung: 7 Kuna = 1 Euro<br />
Bank und Geldautomaten in Vis Stadt und Komiza<br />
Nächste Deko-Kammer: Split<br />
Nächstes Krankenhaus: Split<br />
Tauchbasen:<br />
Anma Diving, Vis<br />
Dodoro Diving, Vis<br />
Issa Diving, Komiza<br />
Manta Diving, Komiza<br />
den Bauch scheint, strömen Menschen und<br />
Fahrzeuge aus dem Autodeck der Fähre.<br />
Noch der Blick in den Rückspiegel wirkt<br />
befremdlich: Der kleine Hafen von Vis scheint<br />
wie um die riesige Autofähre der Reederei<br />
Jadrolinija herumgebaut.<br />
dAs sTädTChen KomiZA ...<br />
... liegt auf der Westseite von Vis und ist ein<br />
Ort <strong>zum</strong> Verlieben! Das alte Fischerdorf ist<br />
eine natürliche Fußgängerzone: <strong>Die</strong> Gassen<br />
sind für Autos zu eng. So hallen statt Motorengeräuschen<br />
die Schritte der Passanten<br />
vom Kopfsteinpflaster wider. In den Gärten<br />
der alten Steinhäuser wachsen Palmen und<br />
blühen Kakteen. <strong>Die</strong> exotische Frucht neben<br />
der Agave ist ein Granatapfel. Im Hafen<br />
schaukeln kleine, bunte Fischerboote in der<br />
Dünung. Leise plätschern die Wellen an die<br />
Kaimauern. Am Rathaus hat ein „Klapa“, ein<br />
traditioneller Männerchor, Aufstellung<br />
genommen und trällert mit Begeisterung<br />
kroatische Volksweisen. Lieder über Dalmatien<br />
und die Adria, den Wein und die Liebe.<br />
Nicht als Touristenattraktion, sondern weil<br />
sie das schon immer so machen, wenn sie<br />
Lust dazu haben, erzählt Jelena, als sie das<br />
Lamm vom Grill serviert.<br />
KUlinArisCher<br />
ex-geheimTiPP<br />
<strong>Die</strong> amerikanische Zeitschrift „Vanity Fair“<br />
machte die urige Konoba „Pol Murvu“ bei<br />
Zena Glava im Inselinneren berühmt: Sie<br />
wählte es <strong>zum</strong> <strong>besten</strong> Grill-Lokal der Welt!<br />
Barbara Pölzer wird nicht müde davon zu<br />
schwärmen. Wolfgang kommt mit dem<br />
Zustimmen kaum nach. Was ist dran an der<br />
kleinen Konoba, die übersetzt „unterm Maulbeerbaum“<br />
heißt? <strong>Die</strong> Blätter des Maulbeerbaums<br />
bewegen sich leicht, der kühle Wind<br />
bringt Erleichterung von der Tageshitze. Vom<br />
schattigen Gastgarten aus schweift der Blick<br />
über sanfte Hügel, Weingärten und Olivenhaine.<br />
Gastfreundschaft wird im kleinen<br />
Familienbetrieb großgeschrieben. Den mächtigen<br />
Grill hat der Chef selbst gebaut. Mit<br />
Holz, glühender Kohle und Feuer spielt er<br />
wie ein Organist. Von dort kommen die<br />
Leckerbissen, die Dalmatien zu bieten hat.<br />
Höhepunkte sind das gegrillte Gemüse und<br />
die Gerichte aus der Peka, einer mit Kohlen<br />
bedeckten Blechglocke, unter der die Speisen<br />
stundenlang garen. Oktopus, Lamm oder<br />
Ziege: Eine Spezialität zarter und leckerer<br />
als die andere! Und wer jetzt glaubt, das<br />
Lokal sei teuer, der irrt!<br />
TAUChen AUF Vis<br />
Große Zahlen auf der Seekarte nahe einer<br />
Insel sind ein Garant für rasch abfallenden<br />
Meeresgrund mit interessanten Steilwänden.<br />
Kleine Zahlen dazwischen weisen auf Untiefen<br />
hin. <strong>Die</strong>se tief aus dem Meer aufragenden<br />
Berge sind von der Strömung gut umspült
31<br />
Reise<br />
Bestens erhalten, sogar das steuerrad ist noch da: das Wrack der „teti“<br />
und liefern Filtrierern beste Bedingungen.<br />
Gelbe und rote Gorgonien wachsen auf den<br />
Wänden in dichten Gärten. Zwischen ihnen<br />
huschen orange Fahnenbarsche umher und<br />
schnappen nach Fressbarem. Zwischen den<br />
Gorgonien wartet der diskusförmige Heringskönig<br />
genauso wie <strong>besten</strong>s getarnte Drachenköpfe<br />
nur darauf, dass ihnen ein unvor-<br />
sichtiger Barsch nahe genug vor das Maul<br />
schwimmt.<br />
Über 2.000 Jahre Schifffahrt hinterließen<br />
auch um Vis viele Spuren am Meeresgrund.<br />
Zwei Wracks sind besonders sehenswert:<br />
Das Wrack der „Teti“ liegt zwischen 7 und 32<br />
Metern. Als <strong>erste</strong>s kommt beim Abtauchen<br />
die Ladung vor die Maske: Pflast<strong>erste</strong>ine!<br />
Dann kommt der riesige Dampfkessel und<br />
Kondensator in Sicht. Tiefer am Wrack wird<br />
das Wasser spürbar kälter. In der flirrenden<br />
Sprungschicht suchen Meerbarben nach<br />
Fressbarem am Wrack. An ihnen vorbei gleitet<br />
man <strong>zum</strong> Heck. Hier wartet eine kleine<br />
Sensation: Das immer noch vorhandene<br />
Steuerrad! An ihm stand der Kapitän 1930,<br />
als er die kleine Insel rammte. An der Back-<br />
Blick auf die Insel Bisevo vom stabilen tauchkatamaran<br />
von „Manta diving“<br />
Orange in allen<br />
Schattierungen:<br />
Tauchen Sie ein in das<br />
Rote Meer<br />
Alle Farben des Regenbogens und tausende mehr finden Sie im wundervollen Roten<br />
Meer. Buchen Sie Ihre Taucharrangements mit einem Mitglied der CDWS für ein Maximum<br />
an Sicherheit und Vergnügen. Auf www.cdws.travel findet sich eine Liste aller legal<br />
operierenden Tauchunternehmen am ägyptischen Roten Meer.<br />
Foto: Kimmo Hagman<br />
www.cdws.travel
32<br />
Reise<br />
Magisches Blau: In<br />
der „blauen Grotte“<br />
auf der vorgelagerten<br />
Insel Bisevo.<br />
der dampfkessel<br />
der „teti“ liegt wie<br />
ein riesiges Fass<br />
am Meeresgrund.<br />
das Wrack der „Vassillios t“ liegt auf seiner Backbordseite. die<br />
prächtig bewachsenen daviten ragen waagrecht ins Wasser.<br />
Impressionen aus den Gewässern um Vis.
33<br />
Reise DEIN<br />
In manchen alten Häusern in Komiza haben<br />
sich Handwerker und Künstler niedergelassen.<br />
bordseite hat in einem Rohr ein prächtiger<br />
Congeraal sein Zuhause. Er wird regelmäßig<br />
angefüttert, daher nähert er sich Tauchern<br />
recht zutraulich.<br />
Der <strong>10</strong>4 Meter lange Kohlefrachter Vassilios<br />
T. rammte 1939 präzise die Südwestspitze<br />
von Vis gleich neben dem Leuchtturm. Der<br />
Untergang war kein Zufall, die genauen<br />
Umstände sind aber bis heute unklar. Nun,<br />
Hauptsache da liegt ein schönes Wrack! Der<br />
Tauchgang beginnt am höchsten Punkt, dem<br />
Bug in 25 Metern Tiefe. Am auf seiner Backbordseite<br />
liegenden Wrack gibt es viel zu<br />
entdecken. <strong>Die</strong> „Daviten“ genannten Krane<br />
an Deck sind fotogen mit gelben Schwefelschwämmen<br />
bewachsen. <strong>Die</strong> offenen Laderäume<br />
sind einfach zu betauchen. <strong>Die</strong><br />
Instrumente sollte man aber bei aller Faszination<br />
im Auge behalten. Heck und Schrauben<br />
des Wracks liegen auf 55 Metern; zu tief<br />
für Pressluft. Der Reserveanker bei 40 Metern<br />
gibt ein schönes Fotomotiv ab und ist ein<br />
guter Punkt umzukehren.<br />
„modrA sPilJA“ – biseVo<br />
Und die blAUe groTTe<br />
<strong>Die</strong> Insel Bisevo liegt drei Seemeilen von Vis<br />
entfernt, die blaue Grotte ist ihre Hauptattraktion.<br />
„Kopf runter, sonst Beule!“, warnt<br />
Von der urigen<br />
Konoba „Pol<br />
Murvu“ schweift<br />
der Blick weit über<br />
olivenhaine und<br />
Weingärten.<br />
der Fremdenführer. Das kleine Holzboot passt<br />
nur knapp durch die enge Öffnung in den<br />
Fels, und bis sich die Augen an die Finsternis<br />
gewöhnen, sieht man erst mal gar nichts.<br />
Mit bloßen Händen schiebt der Schiffsführer<br />
das Boot langsam weiter und erzählt auf<br />
kroatisch. Nach einigem Ruckeln schiebt sich<br />
der Kahn um eine Ecke. Dann sind Augen<br />
und Hirn überfordert: <strong>Die</strong> gesamte Grotte<br />
ist plötzlich von einem unglaublichen Blau<br />
erfüllt, das durch eine Öffnung von unten<br />
aus dem Meer strahlt.<br />
Ob man hier auch tauchen darf, ist nicht ganz<br />
klar. Kann man aber ein Ticket vorweisen, dass<br />
man die Grotte schon über Wasser besichtigt<br />
hat, ist das kein Problem. Taucht man von der<br />
Seeseite in die Grotte, so ist diese reichlich<br />
unspektakulär. Langsam gewöhnen sich die<br />
Augen an die Dunkelheit, entdecken aber<br />
nichts Besonderes. Im Lichtstrahl der Lampen<br />
sieht man die Brücke, die sich unter Wasser<br />
durch die Grotte spannt. In wenigen Metern<br />
Wassertiefe sollte man sich jetzt umdrehen<br />
und genießen. Das Licht strömt durch den<br />
Eingang der Grotte herein. Beim Blick nach<br />
oben kann man das überirdische Blau nur<br />
erahnen, das man über Wasser bereits genoss.<br />
Dafür tröstet vor der Höhle eine Steilwand,<br />
die bis weit über <strong>10</strong>0 Meter abfällt und vor<br />
Leben nur so pulsiert!<br />
gAnZ ohne gesChiChTe<br />
gEht Es nIcht!<br />
„Glorreich siegend vor Lissa“ – 1866 besiegte<br />
der österreichische Admiral Wilhelm von<br />
Tegethoff vor Vis (ital. Lissa) die überlegene<br />
italienische Flotte. Sein taktisches Geschick<br />
brachte den Sieg. In Österreich ist dieser Sieg<br />
bis heute fast ebenso bedeutend wie das<br />
INDIVIDUELLES<br />
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34<br />
Reise<br />
langusten und Hummer speisen vom Feinsten: das elegante „Jastozera“ am Hafen von Komiza.<br />
3:2 gegen Deutschland bei der Fußball-WM<br />
1978 in Cordoba!<br />
Doch Vis hat historisch noch mehr zu bieten:<br />
Eine Höhle auf der Insel diente ab 1944 dem<br />
Partisanenführer Josip Brod Tito als Hauptquartier.<br />
Tito wurde später Staatsoberhaupt<br />
von Jugoslawien und führte den Vielvölkerstaat<br />
bis zu seinem Tod 1980. <strong>Die</strong> Tito-Höhle<br />
„Titova spilja“ kann frei besichtigt werden.<br />
Einziger Gegenstand darin: Ein Plastiksessel,<br />
auf dem Tito ganz bestimmt nicht gesessen<br />
hat! Von der Höhle aus blickt man in eine<br />
weite, fruchtbare Ebene. Hier gedeihen herrliche<br />
Tröpfchen, wie der Rotwein Plavac Mali.<br />
Zwischen den Reben ragen eigenartige, rotweiße<br />
Pfeiler empor: Es handelt sich um<br />
Reste vom Flugfeld der Royal Airforce aus<br />
dem zweiten Weltkrieg. <strong>Die</strong>sen Landeplatz<br />
wollte ein schwer beschädigter Boeing B-17<br />
Bomber 1944 zur Notlandung nutzen. Doch<br />
rote Leuchtkugeln zeigten es an: Das Rollfeld<br />
war besetzt, und der Pilot musste an der<br />
Küste notwassern. <strong>Die</strong> Besatzung wurde heil<br />
aus dem Meer gerettet, die „fliegende Fes-<br />
tung“ sank auf 70 Meter Tiefe. Geht es nach<br />
den kroatischen Tauchbestimmungen, darf<br />
nur mit Trimix in dieser Tiefe getaucht werden.<br />
Liegt es an diesen Bestimmungen oder<br />
an der langen Isolation von Vis, dass die B-17<br />
in einem so hervorragenden Zustand ist?<br />
<strong>Die</strong> Gewässer um Vis sind immer wieder für<br />
eine Überraschung gut: Erst im Dezember<br />
2009 wurde ein weiterer amerikanischer<br />
Bomber aus dem zweiten Weltkrieg entdeckt:<br />
eine viermotorige B-24 „Liberator“ in 40<br />
Metern Tiefe.<br />
AbsChied<br />
Das kleine Café im Hafen von Vis verschwindet<br />
in ihrem Schatten ebenso wie die Palmen<br />
im Park daneben. Ein dumpfes Grollen erfüllt<br />
die Bucht, als die riesige „Petar Hectorovic“<br />
im engen Hafen den Rückwärtsgang einlegt,<br />
um zu bremsen. Dass der weiße-blaue Stahlkoloss<br />
tatsächlich in den Hafen passt, ist<br />
allen Wartenden bekannt, aber der Anblick<br />
verwundert jedes Mal wieder. HM
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36<br />
Medizin<br />
auf zack fürs Wrack?<br />
tauchmeDizinische asPekte Des Wracktauchens<br />
ein Wracktauchgang ist <strong>zum</strong>eist spannend und fantasieanregend – man stelle sich nur die letzten<br />
Minuten des schiffes oder Flugzeuges und seiner Besatzung vor. Was ist damals wirklich<br />
passiert? Wie viele Menschen hat das schiff/Flugzeug mit in die tiefe genommen? Welche<br />
schätze liegen vielleicht noch verborgen? Wie hat das Meer von dem „künstlichen riff“ Besitz<br />
genommen? Wer wohnt jetzt dort, und wer verteidigt unter Umständen sein „revier“? die neugierde,<br />
dies alles auszukundschaften ist groß und zieht abenteuerlustige taucher an. aber ein<br />
paar grundlegende dinge sollte man dabei beachten und auch die tauchmedizinischen aspekte<br />
im Hinterkopf behalten.<br />
Ausbildung:<br />
Falls das Wrack knapp unter der Wasseroberfläche<br />
liegt und leicht zu betauchen<br />
ist, braucht man natürlich keine spezielle<br />
Ausbildung, um sich das einmal anzusehen.<br />
<strong>Die</strong> meisten Wracks liegen jedoch um einiges<br />
tiefer. Ein Open Water-Diver darf maximal<br />
18 Meter tief tauchen. Ein Advanced<br />
OWD-Kurs (oder Äquivalent) ist in diesem<br />
Falle also die Mindestanforderung. Aber<br />
selbst nach einem erfolgreich absolvierten<br />
„Wrack Specialty Kurs“ ist die Einschätzung<br />
der eigenen Fähigkeiten sowie des geplanten<br />
Wracktauchgangs wichtig.<br />
Ausrüstung:<br />
Um ein Wrack zu betauchen bedarf es etwas<br />
mehr Vorbereitung als für einen normalen<br />
Tauchgang – und vor allem zusätzliche Ausrüstung.<br />
Merkhilfe sind die „Drei Ls“: Luft /<br />
Licht / Leine. <strong>Die</strong> Gründe dafür liegen auf<br />
der Hand – bzw. im Wrack: unübersichtliche<br />
Verhältnisse, spitze oder scharfe Kanten am<br />
Wrack, Tiefe, Dunkelheit, Unübersichtlichkeit,<br />
Kälte etc.<br />
Damit sich der Taucher nicht in Netzen und<br />
Tauen verfängt oder an spitzen und scharfkantigen<br />
Gegenständen verletzt, gehört<br />
ein Unterwasser-Scheinwerfer zu den wichtigsten<br />
Utensilien eines Wracktauchers. Der<br />
Scheinwerfer sollte einen weit streuenden<br />
Lichtkegel besitzen und stark genug sein,<br />
um auch größere Räume zu erleuchten.<br />
Zusätzlich sollte immer eine kleine Ersatzlampe<br />
mitgeführt werden. Ein Tauchermesser<br />
ist fester Bestandteil der Ausrüstung,<br />
um sich im Ernstfall aus Netzen oder Seilen<br />
befreien zu können. Das Mitführen eines<br />
größeren Luftvorrats ist MUSS, wenn Wracks<br />
sehr tief liegen, Strömungen bestehen oder<br />
unübersichtliche Schiffsteile zu erwarten<br />
sind. Wenn ein Drittel des Luftvorrats verbraucht<br />
ist, sollte der Rückweg zur Wasseroberfläche<br />
angetreten werden, da ein Drittel<br />
der Luft als Reserve einzuplanen ist.<br />
Handschuhe, Kopfhaube oder sogar und<br />
ein Helm (in engen Wracks) sind als Verletzungsschutz<br />
zu empfehlen. Schnitt- und<br />
Risswunden durch scharfkantige, rostige<br />
Metallteile eines algen- oder bakterienbesiedelten<br />
Wracks können mit Infektionen<br />
der Gleichgewichtssinn, der auch entscheidend von der optischen „Kontrolle“ abhängig ist, kann<br />
bei schrägliegenden Wracks gestört werden.<br />
ruhe bewahren und nicht in Panik ausbrechen<br />
ist die devise bei beginnenden Problemen.<br />
noch lange an diesen Tauchgang erinnern.<br />
Eine Sicherungsleine ist in unübersichtlichen<br />
Wracks unbedingt erforderlich und<br />
sollte immer straff gehalten werden, um zu<br />
verhindern, dass sie sich verheddert oder<br />
an einer Stelle durchscheuert.<br />
Vorsichtsmaßnahmen:<br />
Jeder Taucher sollte sich bewusst sein, dass<br />
ein Wrack jederzeit zerfallen kann. Ein Wrack<br />
ist Korrosion, Fäulnis und ständiger Wasserbewegung<br />
ausgesetzt und kein statisches<br />
Gebilde. Deshalb sollte ein Wracktaucher<br />
niemals Türen öffnen, an Stangen und Verstrebungen<br />
rütteln und nicht unter Aufbauten<br />
hindurchschwimmen. Türen eines<br />
Wracks können zufallen und den Taucher<br />
einschließen oder einquetschen. Verrostete<br />
Verstrebungen können zusammenbrechen<br />
und den Taucher dabei schwer verletzen.<br />
Munition und Granaten aus Kriegszeiten<br />
sind unter Umständen auch noch nach Jahrzehnten<br />
scharf und können durch Erschütterungen<br />
explodieren.<br />
Bilder Andreas Nowotny
37<br />
Medizin<br />
eIGener erFaHrUnGsBerICHt:<br />
Tauchplatz:<br />
Wrack der Hilma Hooker, Bonaire, 47 Meter Wassertiefe<br />
Wir betauchten in einer Gruppe von fünf Tauchern das<br />
Wrack der Hilma Hooker auf Bonaire. Vier Taucher waren<br />
erfahren, für einen jungen Mann in der Gruppe, Thomas<br />
B., war es allerdings der <strong>erste</strong> tiefere Wracktauchgang.<br />
Nach einem problemlosen Abstieg tauchte schemenhaft<br />
das Wrack auf. Bei guter Sicht und wenig Strömung<br />
waren die Tauchgangsbedingungen ideal. Thomas tauchte<br />
an das auf der Seite liegende Schiff heran und hielt sich<br />
kopfüber am Rand fest, um einen Blick in den Rumpf zu<br />
werfen. Und dann ging alles ganz schnell. Er schoss so<br />
plötzlich nach oben, dass zwei der Taucher Mühe hatten,<br />
ihm zu folgen. Es war klar, dass man Thomas aus Eigenschutz<br />
nicht bis an die Oberfläche hinterherschießen<br />
konnte, aber im unteren Bereich war es natürlich einen<br />
Versuch wert, ihn einzufangen. <strong>Die</strong> beiden Taucher<br />
erwischten ihn noch ganz knapp bei 25 Meter und hatten<br />
– selbst zu zweit – Mühe, ihn festzuhalten und zu<br />
beruhigen. Ein Check seines Luftvorrats zeigte noch 130<br />
bar (15-Liter-Tank) und einen gut funktionierenden<br />
Atemregler. Auch der Bleigurt saß noch an Ort und Stelle.<br />
Dekozeit bestand zu diesem Zeitpunkt noch nicht. <strong>Die</strong><br />
beiden anderen Taucher folgten in angemessener Auftauchgeschwindigkeit<br />
und schlossen sich der Dreier-<br />
Gruppe an. Nachdem sich Thomas wieder beruhigt hatte<br />
und seine Atmung wieder normalisiert war, wurde er in<br />
die Mitte genommen und der Tauchgang kontrolliert<br />
beendet. Keiner der Taucher kam zu Schaden. Beim<br />
Debriefing erzählte Thomas von einem grünen Monster,<br />
das beinahe seinen ganzen Kopf abgebissen habe, als<br />
er sich über die Seite des Wracks beugte. Er habe schlichtweg<br />
„gepanikt“ und wollte nur noch nach oben.<br />
Am nächsten Tag unternahmen vier der Taucher einen<br />
erneuten Versuch, die Hilma Hooker zu betauchen. Thomas<br />
wollte nicht mit. Seine Selbsteinschätzung war gut<br />
und wurde mit Respekt behandelt. Der zweite Tauchgang<br />
erfolgte an gleicher Stelle und alle vier Taucher lugten<br />
sehr vorsichtig über den seitlichen Rand des Wracks<br />
und…Thomas hatte recht – es gab dort wirklich ein<br />
„Monster“ in Form der größten, dicksten und grünsten<br />
Muräne, die ich in 25 Taucherjahren gesehen habe. Sie<br />
lebte direkt unterhalb der Bordwand und zeigte in ca.<br />
50 cm Abstand ihre eindrucksvollen Zähne.<br />
Wichtig:<br />
Falls es beim Wracktauchen zu kleinen Zwischenfällen<br />
wie diesem kommen sollte oder auch zu Schlickverwirbelungen,<br />
Desorientierung, Verheddern oder Hängenbleiben<br />
an Gegenständen oder Seilen: nicht in Panik<br />
ausbrechen! Ruhe bewahren, versuchen ruhig zu atmen<br />
und erst mal nachdenken, was zu tun ist.<br />
Bilder von TomTom (Muräne), Anke Fabian (Hilma Hooker)<br />
DEIN<br />
INDIVIDUELLES<br />
TAUCH SYSTEM<br />
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38<br />
Medizin<br />
schwebeteilchen im Kombination mit der schräglage des Wracks begünstigen orientierungsschwierigkeiten<br />
und können zu Gleichgewichtsstörungen führen.<br />
In engen Räumen oder Gängen besteht die<br />
Gefahr, dass sich der Taucher verirrt oder<br />
einklemmt. In Räumen, in denen wenig<br />
Wasserbewegung herrscht, haften oft feine<br />
Schlickpartikel an Decken, Böden und Wänden,<br />
die durch den Flossenschlag leicht<br />
aufgewirbelt werden können, die Sicht nehmen<br />
und dann zu Orientierungsverlusten<br />
führen.<br />
Gefahren für Taucher und Ausrüstung v<strong>erste</strong>cken<br />
sich auch unter Muscheln, Algen<br />
oder Seepocken, denn diese verdecken oft<br />
spitze oder scharfkantige Metallgegenstände.<br />
Auch muss bei einem Wracktauchgang<br />
immer damit gerechnet werden, dass<br />
einem <strong>zum</strong> Beispiel plötzlich eine Muräne<br />
dicht vor das Gesicht schwimmt, da ein<br />
Wrack verschiedenen Tieren Unterschlupf<br />
gewährt. In einer solchen Situation gilt es<br />
Ruhe zu bewahren und nicht in Panik auszubrechen.<br />
Wahrnehmung:<br />
<strong>Die</strong> Wahrnehmung unter Wasser ist anders<br />
als an Land. Das hängt mit der unterschiedlichen<br />
optischen Brechung und Streuung<br />
zusammen. In einem dunklen oder düsteren<br />
Wrack kann dies zu erheblichen Einschränkungen<br />
der Sicht bis hin zur Desorientierung<br />
oder auch zur Fehleinschätzung von realen<br />
Gefahren führen.<br />
Brechung:<br />
Durch die unterschiedliche Lichtbrechung<br />
im Wasser (Brechungsindex 1,33) und in<br />
der Luft (Brechungsindex 1,0) erscheinen<br />
alle Gegenstände im Wasser um 1/3 vergrößert<br />
oder bei räumlichem Sehen um 1/4<br />
näher. Das erklärt die nochmals bedrohlicher<br />
wirkende Situation mit der grünen Muräne<br />
(s. Erfahrungsbericht).<br />
Streuung:<br />
Schwebeteilchen im Wasser erschweren die<br />
optische Orientierung noch zusätzlich. Zum<br />
Teil werden Lichtwellen von den Schwebeteilchen<br />
absorbiert, was zu einer raschen<br />
Helligkeitsabnahme mit zunehmender Wassertiefe<br />
und vor allem im Wrack selbst führt.<br />
Ein Teil der Lichtwellen wird aber auch von<br />
den Schwebeteilchen reflektiert. <strong>Die</strong>s führt<br />
zu einem diffusen Streulicht unter Wasser,<br />
bewirkt eine Abnahme des Kontrastes Licht/<br />
Schatten und erschwert so die Orientierung<br />
– und beeinflusst unseren Gleichgewichtssinn,<br />
der mitunter auch entscheidend von<br />
der optischen Kontrolle abhängig ist. <strong>Die</strong>s<br />
kann zu Schwindel führen – vor allem dann,<br />
wenn das Wrack auch noch schief liegt.<br />
Schwindel:<br />
Schwindel beim Tauchen kann die vielfältigsten<br />
Ursachen haben und ist einen eigenen<br />
Artikel wert, da die Störungen des<br />
Gleichgewichtsorgans äußerst unterschiedlich<br />
sein können. Schlagwortartig seien<br />
erwähnt:<br />
<strong>•</strong> Kalorischer Schwindel, verursacht durch<br />
Temperaturunterschiede<br />
<strong>•</strong><br />
<strong>•</strong><br />
<strong>•</strong><br />
<strong>•</strong><br />
Barotrauma: Trommelfelldehnung oder<br />
sogar Riss oder Drucktrauma des Mittel-<br />
oder Innenohrs<br />
Alternobarer Schwindel durch Druck-<br />
unterschiede zwischen linkem und<br />
rechtem Ohr<br />
Innenohrdekompressionserkrankung<br />
I d i o p a t h i s c h e r S c h w i n d e l : o h n e<br />
bekannte Ursachen<br />
Idiopathischer Schwindel:<br />
Als „idiopathisch“ bezeichnet man die Fälle<br />
von Drehschwindel, bei denen keine Ursa-<br />
chen für eine Funktionsstörung des Gleichgewichtsorgans<br />
gefunden wurde und auch<br />
der klügste Mediziner nicht weiß, woher<br />
der Schwindel kommt. Es gibt Funktionsstörungen<br />
des Gleichgewichtsorgans, die<br />
unter normalen Umgebungsbedingungen<br />
an Land überhaupt nicht auffällig werden,<br />
da die Fehlfunktion durch die ergänzenden<br />
Orientierungsmöglichkeiten der Augen und<br />
der Haltemuskulatur kompensiert werden.<br />
Fallen diese Informationen unter Wasser<br />
<strong>zum</strong> Beispiel bei schlechter Sicht und<br />
Gewichtslosigkeit weg, muss sich der<br />
Mensch weitgehend auf seine Gleichgewichtsorgane<br />
– die Innenohren – verlassen.<br />
Besonders empfindlich reagieren die seitlichen<br />
Bogengänge, wenn sie senkrecht<br />
stehen, besonders unempfindlich sind sie<br />
dagegen bei horizontaler Lage. <strong>Die</strong>s kann<br />
dazu führen, dass ein Taucher in horizontaler<br />
Schwimmlage bereits über ebenem<br />
Grund einen Drehschwindel bemerkt und<br />
den Tauchgang deshalb abbricht, schon<br />
kurz darauf während des Auftauchens (bei
39<br />
Medizin<br />
horizontaler Lage des seitlichen Bogengangs)<br />
jedoch gar keinen Drehschwindel<br />
mehr verspürt.<br />
Beim Betauchen eines Wracks, welches<br />
schräg liegt, dessen Türen schief stehen<br />
und die Decken nicht wie üblich horizontal,<br />
sondern schräg gelagert sind, wie etwa in<br />
der Giannis D (Abu Nuhas, Ägypten) – führt<br />
dies regelmäßig zu Schwindel und Unwohlsein<br />
der Taucher. Als Tipp sei hier erwähnt,<br />
dass es immer einen Versuch wert ist, eine<br />
eher aufrechte Körperhaltung einzunehmen<br />
und sich auf die Richtung der immer aufwärts<br />
treibenden Luftblasen zu konzentrieren,<br />
um den Schwindel zu reduzieren<br />
und die Orientierung, was oben und was<br />
unten ist, wiederzuerlangen.<br />
Platzangst:<br />
„Klaustrophobie“ ist eine Angststörung vor<br />
engen oder auch nur gefühlt engen oder<br />
abgeschlossenen Räumen. <strong>Die</strong> Symptome<br />
der Platzangst variieren vom leichten<br />
Unwohlsein bis zur Panikattacke. Im engeren<br />
Sinne liegen hier <strong>zum</strong>eist zwei Ängste<br />
zugrunde: die Angst vor dem „Eingesperrt<br />
sein“ und die Angst vor dem Ersticken. Bei<br />
einem Tauchgang in einem engen, unübersichtlichen<br />
Wrack können sich beide Komponenten<br />
erheblich gegenseitig potenzieren<br />
und bis zur Panikattacke steigern, denn<br />
die Angst zu ersticken ist unter Wasser noch<br />
stärker ausgeprägt als an Land. Neigt ein<br />
Taucher zur Platzangst, möchte aber trotzdem<br />
ein Wrack betauchen, ist es sinnvoll,<br />
sich zunächst einmal im Außenbereich aufzuhalten<br />
und Schritt für Schritt – in diesem<br />
Falle Tauchgang für Tauchgang – die eigenen<br />
Grenzen auszuloten. Der Tauchpartner<br />
sollte informiert und bereit sein bei seinem<br />
Buddy zu bleiben und gegebenenfalls auf<br />
die Innenschau des Wracks zu verzichten.<br />
Psychologische Aspekte:<br />
Der Umgang mit Kälte, Dunkelheit und Enge<br />
beim Tauchen muss erst trainiert werden, um<br />
die eigenen psychischen und körperlichen<br />
Reaktionen kennenzulernen und abschätzen<br />
zu können. Ein Tauchanfänger sollte sich möglichst<br />
einer Gruppe erfahrener Wracktaucher<br />
anschließen, die genügend Ruhe ausstrahlen<br />
und über die nötige Erfahrung verfügen,<br />
wenn’s „mal eng“ wird.<br />
Einer der negativen Gruppeneffekte ist der<br />
„Gruppenzwang“. Unabhängig von der Situation<br />
hat sich sicher schon jeder einmal dabei<br />
ertappt, sich überreden zu lassen, etwas zu<br />
tun, was die Mehrheit der Gruppe wollte. Beim<br />
Tauchen – und speziell bei Tauchgängen mit<br />
besonderen Anforderungen wie das Wracktauchen<br />
– sollte man jedoch auch den Mut<br />
haben, innerhalb der persönlichen Grenzen<br />
zu bleiben – denn ein JA für die Anderen<br />
heißt in diesem Falle ein NEIN zu sich selbst,<br />
und ein NEIN zur Gruppe heißt, die eigenen<br />
Grenzen zu bejahen.<br />
Hinter den meisten Wrack steckt ein tragisches<br />
Ereignis aus der Geschichte – dessen taucherische<br />
Erkundung sollte aber auf keinen Fall<br />
ein weiteres tragisches Ereignis aus der Rubrik<br />
Tauchmedizin hinzufügen. aF
40<br />
Biologie<br />
Igelfische sind lustig! Man muss sie<br />
nur so lange belästigen, bis sie panische<br />
angst bekommen, sich mit Wasser<br />
aufpumpen und dann wie ein Ball<br />
aussehen. Jetzt noch das Beweisfoto<br />
„taucher und Igelfisch“ und man<br />
kann zuhause jedem zeigen, wie<br />
cool tauchen doch ist. nur die noch<br />
größeren Vollpfosten kaufen am<br />
Basar in Hurghada oder am Markt<br />
von rovinj getrocknete Igelfische –<br />
um diese dann zuhause verstauben<br />
zu lassen. Harald Mathä hat sich<br />
diese erstaunliche Kreatur für dive-<br />
Inside einmal genauer angesehen.<br />
Helden der<br />
Defensive<br />
IGelFIsCHen<br />
aUF der sPUr<br />
Bericht von Harald Mathä
41<br />
Biologie<br />
Verwechslungsmöglichkeit!<br />
dieser Kugelfisch hat es sich auf einer<br />
Bojenleine gemütlich gemacht.<br />
ein Kurzstachel-Igelfisch<br />
in der lembeh-strait<br />
Igelfische sind aus biologisch nicht ganz korrekter<br />
Sicht die Schwestern der Kugelfische.<br />
Oder Brüder. Oder wie auch immer. Wie ihre<br />
Geschwister oder zoologischen Nachbarn<br />
können sie sich mit Wasser aufpumpen, wenn<br />
sie bedroht werden. <strong>Die</strong> Stacheln stehen dann<br />
wie bei einem Igel nach allen Seiten ab. Ein<br />
Angreifer wird nach einem Testbiss mit schmerzendem<br />
Maul vom Opfer ablassen. Hat ein<br />
Raubfisch einen Igelfisch schon gepackt, bevor<br />
sich dieser aufbläst, haben nun beide ein Problem.<br />
Der Igelfisch steckt zwischen Ober- und<br />
Unterkiefer des Räubers und seine spitzen<br />
Stacheln bohren sich umso tiefer in dessen<br />
Fleisch, je weiter er sich aufbläst. Schafft jener<br />
es, das stachelige Teil auszuspucken, wird der<br />
Hunger bleiben, der Appetit aber wohl länger<br />
ausbleiben: Abgebrochene Stacheln im Maul,<br />
dazu tiefe, blutende Löcher im Gaumen, die<br />
sich infizieren werden. Dazu Vergiftungserscheinungen<br />
durch das Kugelfischgift Tetrodotoxin.<br />
Eine Begegnung also, die für Jäger<br />
und Gejagten tödlich enden kann. Überlebt<br />
der Jäger, wird er wohl Igelfische und alles,<br />
was so ähnlich wie eine schwimmende Kugel<br />
aussieht, künftig von seinem Speiseplan strei-<br />
IGelFIsCHe<br />
Ordnung: Tetradontiformes<br />
(Vierzähner, Kugelfischverwandte)<br />
Familie: Diodontidae (Zweizähner)<br />
mindestens 22 Arten in sechs Gattungen<br />
Englisch: Blowfish, Pufferfish<br />
Größe: 15 bis 70 cm<br />
Aussehen: mehr oder minder stachelig und rund<br />
Nahrung: alles mit einer harten Schale<br />
Lebensraum: Boden- und Riffbewohner<br />
Verbreitung: weltweit in tropischen Meeren<br />
Verwechslungsmöglichkeit: Kugelfische und<br />
Kofferfische<br />
Bilder: Heinz Süßenbeck, M. Moog<br />
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TesTsieger
42<br />
Biologie<br />
chen. Zumindest wenn sein IQ höher als der<br />
einer abgestorbenen Steinkoralle ist.<br />
Wie ein hUbsChrAUber<br />
Igelfische geben wie Kugelfische ein dankbares<br />
Fotomotiv ab. Sie sind wenig scheu und<br />
normalerweise recht langsam. Der Antrieb<br />
erfolgt fast ausschließlich durch die schnell<br />
rudernden Brustflossen. Rücken- und Afterflosse<br />
flirren zur Stabilisierung mit, gesteuert<br />
Wer hat hier das größere Problem?<br />
ein Patt!<br />
wird mit der Schwanzflosse. <strong>Die</strong> Bauchflossen<br />
sind bei Igelfischen nutzlos, deshalb sind sie<br />
auch gar nicht erst vorhanden. Igelfische<br />
mögen nicht schnell sein, dafür sind sie aber<br />
extrem wendig. Der Vergleich mit einem Hubschrauber<br />
drängt sich auf: Sie können auf der<br />
Stelle schweben, sich nach oben, unten und<br />
hinten bewegen. Sogar um die eigene Achse<br />
drehen können sie sich! So nutzen sie die<br />
dreidimensionalen Zwischenräume im Riff<br />
perfekt als Jagdrevier oder als V<strong>erste</strong>ck. Muss<br />
es ausnahmsweise mal ganz schnell gehen,<br />
dann wird die Schwanzflosse als Antrieb<br />
benutzt. Sie fällt dann als Ruder aus, der kurze<br />
Sprint wird ziemlich steuerlos. Nach ein paar<br />
Schlägen ist der Fisch erschöpft und muss<br />
sich ausruhen.<br />
sPielZeUg FÜr<br />
ArsChlöCher?<br />
Igelfische können sich durch schlucken von<br />
Wasser zu einer stachelbewehrten Kugel aufblasen.<br />
<strong>Die</strong>s ist eine Stresssituation für das Tier,<br />
weil es das ganze Wasser nachher wieder auswürgen<br />
muss. Überlebt man so den Angriff<br />
eines Raubfisches, dann ist der Stress das kleinere<br />
Übel. Ganz anders sieht es aber aus, wenn<br />
tauchende Vollidioten, egal welcher Brevetierung<br />
oder Nationalität, Igelfische solange<br />
drangsalisieren, bis sie sich endlich aufblasen.<br />
Auch mancher geistig unterbemittelte Tauchguide<br />
scheint zu meinen, seiner Gruppe dieses<br />
ach so lustige Schauspiel zeigen zu müssen.<br />
Von der übelsten Sorte sind manche Schnor-<br />
Palau<br />
NITROX KOSTENLOS!<br />
Manche Igelfische dringen auch ins Brackwasser<br />
und in Flüsse vor. experten rätseln immer<br />
noch über dieses exemplar im Hallstättersee.<br />
chelguides: Hebt man einen Igelfisch aus dem<br />
Wasser, so bläst er sich in seiner Panik mit Luft<br />
auf, was offenbar besonders lustig ist! Der<br />
Igelfisch erstickt dadurch. Wer so etwas sieht,<br />
haut dem Idioten nicht gleich eine in die Fresse,<br />
Mikronesien<br />
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Bilder: Martin Schmidt, Sabineee
43<br />
Biologie<br />
ein voll aufgeblasener Igelfisch:<br />
letzte rettung und stress pur für das tier!<br />
Igelfische besitzen nur<br />
zwei zähne, mit denen<br />
die Muscheln und<br />
Krebspanzer knacken.<br />
die schwanzflosse verwenden Igelfische nur im notfall <strong>zum</strong><br />
antrieb.<br />
Kindchenschema: Große blaue augen, rundes Gesicht und ein reizender Mund schau mir in die augen, Kleines!<br />
Bilder: links oben: Bilder: © Harald Osama Mathä, Otoum, links Annett unten: Burger, © Jeannine_Andre, I. Maier, Nico, Silvana Mitte: Gueffroy © Heiko
44<br />
Biologie<br />
tetrodotoxin<br />
sondern dokumentiert den Vorfall und meldet<br />
dies der Basisleitung und Taucher.Net – <strong>Die</strong>ses<br />
Arschloch soll künftig Kakerlaken dressieren!<br />
TeTrodoToxin – sind<br />
igelFisChe giFTFisChe?<br />
Kugelfische und Igelfische standen lange im<br />
Ruf, echte Giftfische zu sein. Nach ihrem Verzehr<br />
kam und kommt es regelmäßig zu tödlichen<br />
Vergiftungen. Vor etwa <strong>10</strong>0 Jahren wurde das<br />
potente Gift identifiziert: Tetrodotoxin, eines<br />
auf den großen Kopf der Igelfische folgt ein<br />
kleiner Körper.<br />
der stärksten Nicht-Proteingifte. Im Gegensatz<br />
zu Proteingiften wird es auch beim Kochen<br />
oder Erhitzen nicht denaturiert (zerstört). Trotzdem<br />
sind in Japan die Kugelfischartigen als<br />
„Fugu“ bei Feinschmeckern hoch begehrt. Vor<br />
dem Ablaichen ist die Tetrodotoxinkonzentration<br />
in den Fischen besonders hoch – genau<br />
zu diesem Zeitpunkt soll der Fisch besonders<br />
pikant und prickelnd schmecken. Warum? Sind<br />
die denn verrückt?! Auch diese Frage kann<br />
nicht eindeutig mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet<br />
werden... Ist es der Adrenalinkick, dass dieses<br />
Mahl das letzte sein könnte oder ist es das<br />
Prickeln auf der Zunge, das durch Spuren des<br />
Giftes gespürt wird? <strong>Die</strong>se Fragen können<br />
wohl nur japanische Gourmets beantworten.<br />
<strong>Die</strong> Zubereitung unterliegt strengen gesetzlichen<br />
Vorschriften. Ausschließlich speziell<br />
ausgebildete Köche dürfen Fugu zubereiten.<br />
Besonders giftige Teile der Fische werden dabei<br />
vor der Zubereitung entfernt. <strong>Die</strong> Vergiftungsrate<br />
in zugelassenen Fugu-Restaurants ist<br />
dadurch fast auf null gesunken. Todesfälle gibt<br />
es nach wie vor jedes Jahr; bei Fischern und<br />
Hobbyköchen.<br />
Forschungen zeigen, dass die Fische das Gift<br />
nicht selbst erzeugen, sondern über die Nahrung<br />
aufnehmen und speichern. Auch von<br />
symbiotischen Bakterien ist die Rede, die das<br />
Toxin bilden sollen. Wie auch immer: Egal mit<br />
ld50 <strong>Die</strong> LD50 (Letale Dosis) ist die Dosis eines Giftes, welche<br />
die Hälfte aller Versuchstiere tötet.<br />
Auf den Menschen ist diese Angabe nur bedingt<br />
anwendbar, da er empfindlicher oder unempfindlicher<br />
als das Tier reagieren kann. <strong>Die</strong> LD50 ist also als Maß<br />
für die relative Giftigkeit zu v<strong>erste</strong>hen. <strong>Die</strong> Angabe<br />
erfolgt hier in Mikrogramm (µg= Millionstel Gramm)<br />
des Giftes pro Kilogramm Körpergewicht des Opfers<br />
und die Applikationsart. Hier s.c.= subcutan, also<br />
unter die Haut gespritzt. Beispiel: 600 Mikrogramm (=<br />
0,6 mg = 0,0006g) Tetrodotoxin, das ist etwa ein halbes<br />
Salzkörnchen, würden einen 75 Kilogramm schweren<br />
Menschen mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit<br />
töten. Demnach könnte man statistisch mit einem<br />
Gramm Tetrodotoxin etwa 1.000 Menschen töten.<br />
wieviel Tetrodotoxin der Fisch sich vollgepumpt<br />
hat – er zeigt keine Vergiftungserscheinungen!<br />
Für Weicheier unter den Fugo-Fans gibt es in<br />
Japan die „Schattenparker“-Version von Fugu:<br />
<strong>Die</strong> Fische werden mit einer speziellen Diät<br />
gezüchtet, in der sie keine Tetrodotoxine aufnehmen<br />
können und auch ihre in Untermiete<br />
lebenden Bakterien keine bilden können. Aber:<br />
Wozu dann überhaupt Kugelfisch essen?<br />
<strong>Die</strong> LD50 des Giftes (siehe Infobox) liegt bei 8<br />
µg/kg (Maus, s.c.). Erfahrungen zeigen, dass<br />
die orale Aufnahme von weniger als einem<br />
Milligramm (0,001 g) für einen Menschen ziemlich<br />
ungesund ist – um nicht zu sagen, es verkürzt<br />
die Lebenserwartung dramatisch. Gegen<br />
Null, um genau zu sein! Nach 5-30 Minuten<br />
treten die Vergiftungserscheinungen ein: Tetrodotoxin<br />
blockiert die Nervenleitungen. Willkürliche<br />
und unwillkürliche Muskulatur werden<br />
nach und nach gelähmt. Leichte Vergiftungen<br />
merkt man am Prickeln auf der Zunge. Mit<br />
zunehmender Vergiftung folgt Taubheit im<br />
Mund. Nach und nach und mit steigendem<br />
Vergiftungsgrad kommt es zu Problemen beim<br />
Gehen und Sprechen. Wenn es nicht an zuviel<br />
Sake (Reiswein) lag, dann wird es ernst! Dann<br />
versagen die Muskeln, die sonst Blase und<br />
Darm schließen. Noch vor dem Herzmuskel<br />
erschlafft die Atemhilfsmuskulatur. Der Vergiftete<br />
erstickt bei vollem Bewusstsein einige<br />
Stunden nach der Mahlzeit. Kein schöner Tod,<br />
kein schöner Anblick. Gegengift gibt es keines.<br />
Pech gehabt! <strong>Die</strong> gute Nachricht: Überlebt<br />
ein Großaugen-Igelfisch in seinem kuscheligen<br />
schwamm-Bettchen<br />
man die Vergiftung, bleiben kaum Folgeschäden,<br />
und nach etwa 48 Stunden ist dann der<br />
selbstverschuldete Albtraum vorbei.<br />
FAZiT<br />
Igelfische haben eine Nische im Riff gefunden<br />
und erfolgreich besetzt. Sie scheinen unförmig<br />
und langsam, können sich aber im dreidimensionalen<br />
Raum perfekt in jede Dimension<br />
bewegen. Bei Bedrohung blasen sie sich mit<br />
Wasser auf und gleichen dann einem stachelbestückten<br />
Ball. Wehe dem Raubfisch, der ihn<br />
im Maul hat oder schluckt! Igelfische sind zu<br />
ihrer Verteidigung oft giftig, ohne selbst Gift<br />
produzieren zu können. In ihrem Körper reichern<br />
sie, wie andere Kugelfische, Tetrodotoxin<br />
an. In Ostasien macht sie das zur Delikatesse<br />
mit „Kick“. HM<br />
Bilder: Christine Zittlau, Dominik Voegtli
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evolution statt revolution<br />
Neulich auf dem Tauchschiff: Ich stehe da und schaue mir mal ganz<br />
bewusst meine Tauchausrüstung an. Nach sechs Jahren mit dem alten<br />
Apeks war in diesem Jahr die Lust auf was Neues groß, und ein Mares<br />
Abyss kam ins Haus – den hatte ich früher schon mal, der machte nie<br />
Faxen (der Apeks übrigens auch nicht) und bot sich so als erstrebenswerte<br />
Alternative an. Mein Jacket? Ein altes DIR-Zone mit Backplate und<br />
Monowing, sicher schon 800 Tauchgänge auf dem Buckel, wirkt aber immer<br />
noch wie neu. Der Anzug? Uraltes Teil von Mares, passt aber ganz prima<br />
und sieht auch nur minimalst abgerockt aus. <strong>Die</strong> Flossen? Scubapro Jetfin<br />
– die hat es schon gegeben, als die Beatles noch auf Platz 1 in den Hitparaden<br />
standen. Und so ist der Computer (Uwatec Galileo) das Einzige, was<br />
man optisch der Neuzeit zuordnen kann. Toll.<br />
Warum ich das schreibe? Weil all die neuen<br />
Entwicklungen des letzten Jahrzehnts anscheinend<br />
an mir vorbeiliefen. Ich mag keine<br />
Indeflator-Jackets, ich mag keine Splitfins.<br />
Und selbst der neu angeschaffte Abyss ist ja<br />
im Prinzip schon ein altes Schätzchen, das in<br />
den vergangenen Jahren nur optisch aufgefrischt<br />
wurde. Lediglich beim Computer wird<br />
mit dem Galileo eine Ausnahme gemacht:<br />
Aber das auch nur, weil er kein buntes und<br />
akkufressendes Mäusekino wie mancher seiner<br />
Konkurrenten hat.<br />
Dann schau ich mir an, was die Mittaucher<br />
so an Equipment haben und stelle fest: Bei<br />
denen, die auch schon lange tauchen, sieht<br />
es im Prinzip ähnlich aus. Wenig Neues.<br />
Bewährte Marken und Typen. Anders bei den<br />
Neueinsteigern: Hier gibt es einen wilderen<br />
Mix aus H<strong>erste</strong>llern und modischen<br />
Accessoires, viele Indeflator-<br />
Jackets, viel Neuwertiges. Ist ja auch<br />
klar – wer erst kurz taucht, hat selten<br />
schon ältere Ausrüstungsteile. Vielleicht<br />
ist das aber auch ein Problem der H<strong>erste</strong>ller:<br />
Für erfahrene Taucher gibt es<br />
kaum einen Grund, warum man das<br />
bewährte Equipment verändern sollte.<br />
Seit der Markteinführung eines Abyss, der<br />
Jetfin-Flossen oder von Backplate-Wings gab<br />
es hunderte von Werbekampagnen, die von<br />
den Vorzügen der jeweils neuesten Modelllinie<br />
berichten, die auf den Markt geworfen<br />
wurden – einen zwingenden Grund für einen<br />
Wechsel hat es dagegen so gut wie nie gegeben.<br />
Besonders schlimm mag für H<strong>erste</strong>ller<br />
der Blick auf einen ganz gewöhnlichen „Tekkie“<br />
ausfallen: <strong>Die</strong> Kombination aus Atemregler,<br />
Flossen und Wing lassen diesen oftmals<br />
wie ein tauchendes Museum wirken.<br />
Natürlich hat es auch Entwicklungen gegeben,<br />
die das Tauchen entscheidend vorangebracht<br />
haben: <strong>Die</strong> Kombination aus Lichtstärke und<br />
Leuchtdauer, die eine moderne Tauchlampe<br />
aufbieten kann, lässt jedes zehn Jahre alte<br />
Modell mittlerweile auch optisch <strong>zum</strong> alten<br />
Eisen gehören. <strong>Die</strong> LED-Leuchte war ein Quantensprung.<br />
Ebenso bei den Trockentauchanzügen<br />
– bequemer, leichter, weicher und<br />
oftmals auch deutlich günstiger sind sie in<br />
den letzten Jahren geworden. Auch die Tauchcomputer<br />
haben sich rasant weiterentwickelt:<br />
Bessere Displays, ausgefeiltere Rechenprogramme,<br />
Tiefenstopps und Gaswechsel sind<br />
mittlerweile <strong>zum</strong> Standard geworden. Aber<br />
das sind eher Nebenbaustellen, die <strong>zum</strong> Teil<br />
von der rasant schnellen Entwicklung im<br />
Bereich der Elektronik allgemein profitieren.<br />
Was die Hardware angeht (Jacket, Regler,<br />
Flossen), ist dagegen vieles beim Alten geblieben.<br />
Winzige Evolutionen, das ja – wirkliche<br />
Revolutionen hat es keine gegeben.<br />
H<strong>erste</strong>ller mögen jetzt dagegenhalten und<br />
beispielsweise die Vorzüge ihrer geschlitzten<br />
Flossen preisen: Den geringeren Kraftaufwand,<br />
die Gelenkschonung, die guten Höchstgeschwindigkeiten,<br />
die sie damit bei Versuchen<br />
in Schwimmbecken erzielen. Alles schön und<br />
gut. In der Praxis, bei Strömung, in engen<br />
Wracks, hab ich von diesen Vorzügen noch<br />
nichts gemerkt. Gelobt sei, was hart ist. Aber<br />
vielleicht liegt das auch an mir, vielleicht bin<br />
ich einfach nur nicht empfindlich genug.<br />
Genauso bei den Atemreglern: Sowohl die<br />
Apeks-Modelle wie auch der Abyss sind von<br />
der Konstruktion her seit etlichen Jahren<br />
kaum verändert worden – mal eine<br />
neue Abdeckung für die zweite Stufe,<br />
mal etwas weniger Gewicht bei der<br />
<strong>erste</strong>n, mal eine andere Farbe, das war<br />
es auch schon. Beide sind extrem zuverlässig,<br />
auch bei tiefen Tauchgängen,<br />
auch im Kaltwasser. All das gilt auch für<br />
einige der neu entwickelten Atemregler,<br />
die in den genannten Punkten<br />
genauso gut abschneiden: Genau so, das ja,<br />
aber eben auch nicht besser. Dazu ist das<br />
Preis/Leistungsverhältnis der „Oldtimer“ kaum<br />
schlagbar, gibt es überall Ersatzteile und Revisionskits.<br />
Wie gesagt: Vielleicht liegt das ja auch an mir.<br />
Vielleicht bin ich einfach nur altmodisch und<br />
vertraue Bewährtem mehr als Neuem. Vielleicht<br />
fällt unseren Lesern ja ein Produkt aus<br />
dem Bereich Jacket/Flossen/Atemregler ein,<br />
welches deutlich besser als die Klassiker funktioniert.<br />
Nicht in den Werbeaussagen oder in<br />
der Theorie, sondern in der täglichen harten<br />
Praxis. Ich bin gespannt – in den Taucher.<br />
Net-Foren gibt es ja genügend Platz <strong>zum</strong><br />
diskutieren. lG<br />
46 Bericht von Linus Geschke
47<br />
Vorschau <strong>Die</strong> nächste DiveInside erscheint am <strong>10</strong>.<strong>10</strong>.2011<br />
BIoloGIe-sPezIal „neoBIota“<br />
IN DER NÄCHSTEN AUSGABE Heimische Gewässer:<br />
Widdauer Seen<br />
sonnenbarsch<br />
dreikantmuscheln<br />
ochsenfrosch<br />
Reise:<br />
Utila - Honduras<br />
Medizin:<br />
Der Sauerstoffkrampf<br />
Das Online-Magazin vOn Taucher.neT<br />
imPressUm<br />
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Herbert Gfrörer · Armin Süss<br />
REDAKTION<br />
Chefredakteur: Armin Süss<br />
Redakteur Theorie, Ausbildung & Medizin: Andreas Nowotny<br />
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Chef vom <strong>Die</strong>nst: Herbert Gfrörer<br />
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Kocheler Straße 27, 82418 Murnau<br />
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