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Von der Schauspielschule Max Reinhardts zur Hochschule für ...

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Anlaß des 25jährigen Bestehens: "Immer habe ich einen geschlossenen Willen in <strong>der</strong><br />

Führung gespürt, und <strong>der</strong> Name <strong>Max</strong> <strong>Reinhardts</strong> bedeutet nicht nur ein äußeres<br />

Glanzschild, son<strong>der</strong>n seine Theaterphantasie, seine Spiellaune und seine farbige<br />

Vehemenz saßen immer mitten unter dieser Jugend. Das empfand ich und erfreute mich als<br />

Regisseur, das empfinde ich und erfreut mich heute als künstlerischer Leiter <strong>der</strong><br />

Volksbühne, und meine Engagements junger Menschen aus <strong>der</strong> <strong>Schauspielschule</strong> haben<br />

mir mehr als recht gegeben."<br />

Auf erfahrene Schauspieler des Deutschen Theaters als Pädagogen <strong>zur</strong>ückgreifen zu<br />

können, war das solideste Kapital, über das die Schule des <strong>Reinhardts</strong>chen<br />

Theaterunternehmens verfügte. Die enge Verflechtung mit den Reinhardt-Bühnen hatte aber<br />

auch den Nachteil, in alle <strong>der</strong>en ökonomische und künstlerische Miseren verwickelt zu<br />

werden. Wie die Theater <strong>Reinhardts</strong> von den Einnahmen abhingen, die durch Kartenverkauf<br />

erzielt wurden, war die <strong>Schauspielschule</strong> vor allem auf die Gel<strong>der</strong> angewiesen, die die<br />

Schüler <strong>für</strong> den Unterricht aufzubringen hatten. Dadurch befand sich Berthold Held oft in<br />

dem Dilemma, mehr zahlende Schüler, die die Kasse füllten, aufnehmen und auf die<br />

angemessene Zahl unterrichten<strong>der</strong> Lehrer, weil sie an <strong>der</strong> Kasse zehrten, verzichten zu<br />

müssen. Als Reinhardt sich 1920 von <strong>der</strong> Leitung seiner Berliner Bühnen <strong>zur</strong>ückzog,<br />

verschlechterten sich die Bedingungen <strong>für</strong> eine effektive, künstlerisch zu verantwortende<br />

Ausbildung. Existenznotwendig war <strong>für</strong> die Schule das "stabile" Verhältnis zum Deutschen<br />

Theater, das Einverständnis darüber, daß den Schülern <strong>der</strong> <strong>Schauspielschule</strong>, wenn<br />

Statisten und Darsteller <strong>für</strong> kleine Rollen gebraucht wurden, Vorrang gegeben wird, "so daß<br />

diesen im Interesse <strong>der</strong> Schulerhaltung eine dauernde Beschäftigung gewährleistet werden<br />

kann". Umgekehrt sollten die Schüler <strong>der</strong> <strong>Schauspielschule</strong> aber auch dem Deutschen<br />

Theater <strong>zur</strong> Mitwirkung in allen Vorstellungen <strong>zur</strong> Verfügung stehen, "die Anfor<strong>der</strong>ung durch<br />

das Besetzungsbüro und die Rollenverteilung sollen aber nicht direkt, son<strong>der</strong>n durch die<br />

Schulleitung erfolgen". Vergeblich bemühten sich Reinhardt und Held, finanzielle<br />

Unterstützung vom Staat, vom Bühnenverein und von <strong>der</strong> Genossenschaft Deutscher<br />

Bühnenangehöriger zu erhalten. In <strong>der</strong> Öffentlichkeit wurde, um nicht zuletzt auch die<br />

überhandnehmende Ausbildung durch Privatlehrer einzuschränken, <strong>der</strong> Ruf nach staatlich<br />

geför<strong>der</strong>ter, verantwortungsvoller Berufsausbildung <strong>für</strong> Schauspieler immer stärker erhoben.<br />

Daß dann 1925 nicht dem privatwirtschaftlich operierenden Reinhardt-Konzern, son<strong>der</strong>n<br />

dem Staatlichen Schauspielhaus, also Leopold Jessner, die erste staatlicherseits geför<strong>der</strong>te<br />

<strong>Schauspielschule</strong> unterstellt wurde, enttäuschte die Pioniere des<br />

Schauspielschulgedankens nicht wenig. Die unerwartete Konkurrenz zwang, was <strong>für</strong> die<br />

Schüler von Vorteil war, zu größeren Anstrengungen, das Niveau zu erhalten, bescherte <strong>der</strong><br />

Reinhardt-Schule aber weitaus ungünstigere finanzielle Rahmenbedingungen: Die Schüler<br />

mussten hier ein höheres Schulgeld bezahlen, die als Lehrer begehrten Schauspieler<br />

bekamen weniger Unterrichtsgeld als an <strong>der</strong> Staatlichen <strong>Schauspielschule</strong>.<br />

In Leopold Jessners Ausführungen zu seinem Ausbildungsprogramm, das auch <strong>für</strong> die<br />

<strong>Reinhardts</strong>che <strong>Schauspielschule</strong> Vorbildcharakter hatte und <strong>der</strong>en Absolventen zugutekam,<br />

hieß es: "Der Schüler soll im Ausdruckswillen unserer Zeit erzogen werden. Nicht aber ist<br />

damit gemeint, daß er schon – gewissermaßen mit <strong>der</strong> Muttermilch – auf bestimmte Stile<br />

und Bewegungen vereidigt werden soll. Über allen Stilen und Bewegungen steht das<br />

Theater in seiner lebendigen Ganzheit. Und <strong>für</strong> dieses Theater soll er zunächst das rein<br />

technische Rüstzeug erhalten. Durch die vollkommene Beherrschung des technischen<br />

Apparates soll <strong>der</strong> werdende Schauspieler die ihn früher o<strong>der</strong> später entnervenden<br />

Theater in seiner lebendigen Ganzheit. Und <strong>für</strong> dieses Theater soll er zunächst das rein<br />

technische Rüstzeug erhalten. Durch die vollkommene Beherrschung des technischen<br />

Apparates soll <strong>der</strong> werdende Schauspieler die ihn früher o<strong>der</strong> später entnervenden<br />

psychischen Hemmungen verlieren, die seine Leistung bedrohen. Auf solcher Grundlage<br />

erst soll seine geistige und ethische Einstellung gelenkt und entwickelt werden. Die<br />

vorgesehene Lehrzeit umfasst zwei Jahre, <strong>der</strong> Lehrplan zwei Klassen. Zunächst: die Klasse<br />

A des ersten Jahres. In ihm sollen die Kenntnisse des Elementaren als Rüstzeug <strong>für</strong> alle<br />

kommenden Aufgaben gelehrt werden. Vorgesehen sind 24 Wochenstunden. <strong>Von</strong> diesen 24<br />

Stunden sind neun <strong>zur</strong> rein sprechtechnischen Ausbildung (z.B. Phonetik und<br />

Atemökonomie sowie <strong>zur</strong> sprachlichen Stillehre (z.B.Unterscheidung von Prosa- und<br />

Verssprache) gedacht. Vier Stunden sind <strong>für</strong> die körperliche Ausbildung bestimmt. Vier

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