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Mein Beitrag in der Gilde Gazette Ausgabe 30 zur Bedeutung der Namen "Hamm" und "Hamtor"

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Das Hamtor - ehemals Zugang <strong>in</strong> das Gartenvorland <strong>und</strong> <strong>in</strong> das Sumpfgebiet ...<br />

Warum das „Hamtor“ nur wenig mit „Kappes-Hamm“ zu tun hat<br />

Das Hamtor - ehemals Zugang <strong>in</strong> das Gartenvorland <strong>und</strong> <strong>in</strong><br />

das Sumpfgebiet <strong>der</strong> Krurlandschaft<br />

E<strong>in</strong> Versuch <strong>zur</strong> Deutung des <strong>Namen</strong>s e<strong>in</strong>es ehemaligen Stadttores<br />

In dem vorherigen <strong>Beitrag</strong> wurde die Geschichte <strong>der</strong> Gaststätte „Hamtorkrug“ untersucht <strong>und</strong><br />

dabei herausgestellt, dass diese Gaststätte <strong>in</strong> dem ersten Haus, welches vor dem Hamtor<br />

entstand, <strong>und</strong> zwar um 1850, beheimatet ist. Der Bezug zum Hamtor ist damit e<strong>in</strong>deutig<br />

geklärt, aber auch nie <strong>in</strong> Frage gestellt worden. Viel entscheiden<strong>der</strong> jedoch ist die Frage,<br />

woher dieses Tor, welches bis vor 1800 mit weiteren fünf Toren den Zugang <strong>zur</strong> Stadt Neuss<br />

gewährte (o<strong>der</strong> auch versperrte), se<strong>in</strong>en <strong>Namen</strong> hat. Dieser Frage will die folgende Untersuchung<br />

nachgehen.<br />

Sicherlich steht dieser Name <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em<br />

unmittelbaren Zusammenhang mit dem<br />

ursprünglichen Dorf, heutigen Stadtteil<br />

von Düsseldorf, („Kappes“-) Hamm, so wie<br />

das Obertor während <strong>der</strong> französischen<br />

Zeit „Porte de Cologne“ hieß, weil man<br />

durch dieses Tor die Stadt verlassen musste,<br />

wollte man sich nach Köln begeben,<br />

o<strong>der</strong> das Zolltor, das während <strong>der</strong> selben<br />

Epoche „Porte de Juliers“ genannt wurde,<br />

weil man von dort nach Jülich gelangte,<br />

o<strong>der</strong> das „Porte de Creveld“ (Nie<strong>der</strong>tor) für<br />

den Zugang nach Krefeld.<br />

Macht man sich aber auf, die Herkunft<br />

des <strong>Namen</strong>s sprachgeschichtlich zu untersuchen,<br />

so stößt man dennoch auf den<br />

Ortsnamen „Hamm“, <strong>in</strong>dem man versucht,<br />

e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>schaftliche Eigenschaft <strong>der</strong><br />

Lage des Tors <strong>und</strong> des Ortes auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Rhe<strong>in</strong>seite zu bestimmen. Und dabei<br />

sollte man auch an<strong>der</strong>e Orte mit ähnlich<br />

kl<strong>in</strong>genden <strong>Namen</strong> <strong>in</strong> den Blick nehmen:<br />

Hamm <strong>in</strong> Westfalen, Hamm<strong>in</strong>keln, Hameln,<br />

Hamburg, Nordenham, englische<br />

Städte <strong>und</strong> Landschaften wie Nott<strong>in</strong>gham,<br />

Birm<strong>in</strong>gham, Hamshire etc.<br />

Folgt man dem Deutschen Wörterbuch<br />

<strong>der</strong> Gebrü<strong>der</strong> Grimm, so lassen sich e<strong>in</strong>ige,<br />

zum Teil unterschiedliche Deutungsansätze<br />

f<strong>in</strong>den, die dennoch auf die beson<strong>der</strong>e<br />

Lage des Hamtores anwendbar s<strong>in</strong>d.<br />

Dort f<strong>in</strong>det man z. B. den H<strong>in</strong>weis,<br />

dass im norddeutschen (friesischen <strong>und</strong><br />

nie<strong>der</strong>sächsischen) Sprachraum Hamm<br />

jeden umzäunten o<strong>der</strong> gehegten Raum bedeutet<br />

<strong>und</strong> sich auf Wiese, Weide, Wald,<br />

Haus <strong>und</strong> Hof beziehen lässt.<br />

In Oldenburg <strong>und</strong> Gießen bezieht sich<br />

<strong>der</strong> Flurname „Hamm“ jeweils auf e<strong>in</strong>en<br />

Bezirk von Gärten dicht bei <strong>der</strong> Stadt.<br />

In Texten rhe<strong>in</strong>ischen Ursprungs f<strong>in</strong>det<br />

sich aber auch die <strong>Bedeutung</strong> von<br />

Hamm als Ufer, so zum Beispiel <strong>in</strong> dem<br />

S<strong>in</strong>n: „wenn <strong>der</strong> Rhe<strong>in</strong> aus dem Hammen läuft<br />

…“ Geme<strong>in</strong>t ist damit, dass <strong>der</strong> Rhe<strong>in</strong><br />

über se<strong>in</strong>e Ufer tritt, das e<strong>in</strong>geengte Bett<br />

verlässt. Hamm kann sich dann also auch<br />

auf e<strong>in</strong> altes Bett des Rhe<strong>in</strong>s beziehen.<br />

Bei <strong>der</strong> Deutung des <strong>Namen</strong>s Hamburg<br />

wird u. a. auch die Möglichkeit <strong>in</strong> Betracht<br />

gezogen, die <strong>Bedeutung</strong> des germanischen<br />

„Ham“ = W<strong>in</strong>kel als Ursprung anzunehmen<br />

<strong>und</strong> damit e<strong>in</strong>e Burg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em w<strong>in</strong>kelförmigen<br />

Terra<strong>in</strong> an e<strong>in</strong>em Fluss zu<br />

bezeichnen, wie z. Bsp. bei Hameln. E<strong>in</strong><br />

ähnlicher Ansatz geht von dem althochdeutschen<br />

Hamm aus, was „Biegung, toter<br />

Flussarm, Landstück zwischen Gräben“ me<strong>in</strong>t<br />

o<strong>der</strong> dem altsächsischen „Hamm“ für<br />

„Land <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Flussbiegung. Landzunge, etwas<br />

Gekrümmtes“.<br />

Schließlich ist „Hamme“ e<strong>in</strong>e alte Bezeichnung<br />

für das Körperteil zwischen<br />

Knie <strong>und</strong> Hüfte, wie Lende o<strong>der</strong> Schenkel,<br />

wobei sich dieser Begriff sowohl auf<br />

die menschliche Anatomie als auch auf<br />

tierische Körperteile beziehen kann, wobei<br />

letztendlich die Form, nämlich Krümmung<br />

o<strong>der</strong> Biegung, herausgestellt werden<br />

soll. Im Englischen entspricht diese <strong>Bedeutung</strong><br />

dem „ham“, <strong>der</strong> Entsprechung für<br />

Sch<strong>in</strong>ken.<br />

Wenn man diese Erklärungen heranzieht,<br />

so f<strong>in</strong>den wir bis <strong>in</strong>s 19. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

im Umfeld des Hamtors alle Voraussetzungen<br />

<strong>zur</strong> Anwendung dieser Begriffe.<br />

Das Tor liegt an <strong>der</strong> westlichen Peripherie<br />

des Stadtmauergürtels am Scheitelpunkt<br />

e<strong>in</strong>es Bogens. Davor liegt <strong>der</strong> Wasser führende<br />

Stadtgraben, <strong>der</strong> sicherlich nicht unbed<strong>in</strong>gt<br />

als Fluss bezeichnet werden kann,<br />

aber dennoch liegt das Tor an se<strong>in</strong>em<br />

Ufer. Der Begriff „Hamm“ lässt sich auf die<br />

durch Hecken e<strong>in</strong>gegrenzten Gärten <strong>und</strong><br />

Wiesen, vielleicht sogar Fel<strong>der</strong> beziehen,<br />

die sich zwischen <strong>der</strong> westlichen Stadtmauer<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Kruraue bzw. dem sumpfigen<br />

Bruchgebiet an <strong>der</strong> Krur befanden.<br />

In diesem S<strong>in</strong>ne argumentiert auch<br />

Karl Kre<strong>in</strong>er, wenn er <strong>zur</strong> <strong>Bedeutung</strong> des<br />

Wortes verschiedene Ansichten anführt:<br />

Er verweist zuerst darauf, dass das<br />

Hamtor „durch zwei Mauern gesichert [war].<br />

Rechts:<br />

Ansicht des Hamtors von <strong>der</strong> Stadtseite<br />

aus gesehen. Das Hamtor wurde 1841<br />

abgerissen. Unmittelbar rechts des Tores<br />

sieht man e<strong>in</strong> Haus mit nur ger<strong>in</strong>ger<br />

Tiefe <strong>und</strong> etwas weiter rechts weitere mit<br />

ähnlichen Dimensionen. Diese Häuser<br />

s<strong>in</strong>d an den Stützmauern angelehnt, die<br />

urspünglich den Wehrgang trugen. Weil<br />

diese Häuser erst recht spät im 20. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

dem Abbruch verfielen, haben<br />

sich zwei dieser R<strong>und</strong>bögen bis heute<br />

erhalten.<br />

65


Aus Geschichte <strong>und</strong> Gegenwart<br />

Außerdem genoß es den Schutz <strong>der</strong> Krursümpfe.<br />

Der kurze Wall zwischen den beiden Gräben<br />

hatte die Form e<strong>in</strong>er schmalen Insel <strong>und</strong> hieß im<br />

Volksb<strong>und</strong> Butterweck.“ In diesem Fall könnte<br />

Hamm „Landstück zwischen zwei Gräben“<br />

bedeuten, worauf Kre<strong>in</strong>er aber nicht e<strong>in</strong>geht.<br />

Er fügt statt dessen h<strong>in</strong>zu:<br />

„E<strong>in</strong>e [Ansicht] me<strong>in</strong>t, das Wort Ham bedeute<br />

als Flurnamen e<strong>in</strong> ger<strong>und</strong>et vorspr<strong>in</strong>gendes<br />

Landstück o<strong>der</strong> den äußeren Bogen e<strong>in</strong>er<br />

Krümmung. Ähnlich <strong>der</strong> Ortschaft Hamm am<br />

Rhe<strong>in</strong> o<strong>der</strong> dem ‚Hämchen‘ e<strong>in</strong>es Schwe<strong>in</strong>es o<strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>em Pferdekummet, das auch Ham genannt<br />

werde, bezeichne das Hamtor die Stelle, wo sich<br />

im Mauerr<strong>in</strong>g gleich e<strong>in</strong>em Bauch am weitesten<br />

vorwölbe. An<strong>der</strong>e neigen zu <strong>der</strong> Erklärung, die<br />

auf den <strong>in</strong> alten Urk<strong>und</strong>en ausschließlich verwendeten<br />

‚Hantpforte‘ <strong>zur</strong>ückgreift <strong>und</strong> ihn im<br />

H<strong>in</strong>blick auf den nach Büttgen führenden Weg<br />

auf die ‚Hontschaft Büttgen‘ bezieht …“ Diesem<br />

letzten Erklärungsansatz vermag ich<br />

mich nicht anzuschließen, weil zu weit<br />

hergeholt.<br />

S<strong>in</strong>nvoller ersche<strong>in</strong>t hier, ebenfalls<br />

von dem Ursprungswort „Hantpforte“ ausgehend,<br />

<strong>der</strong> Ansatz von Jens Metzdorf<br />

zu se<strong>in</strong>, <strong>der</strong> von dem Bestimmungswort<br />

„Hant-„ ausgeht <strong>und</strong> die Assimilierung zu<br />

„Hunt“, „Hont“, schließlich zu „Ham“ als<br />

Bezeichnung für sumpfig-morastiges Gebiet<br />

annimmt (wie es sich z. B. im Ortsnamen<br />

„Hombroich“ wie<strong>der</strong>f<strong>in</strong>det), um von<br />

daher das „Hamm“ auf das Gebiet unmittelbar<br />

an <strong>der</strong> Krur zu beziehen, welches<br />

bis <strong>in</strong> den heutigen Stadtwald ja auch als<br />

das Neusser Broich (also mit Bäumen <strong>und</strong><br />

Buschwerk besetztes Sumpfgebiet) bezeichnet<br />

wurde.<br />

Re<strong>in</strong>hold Mohr<br />

Unten: Auf <strong>der</strong> Karte von Braun / Hogenberg<br />

aus <strong>der</strong> Zeit vor dem großen<br />

Stadtbrand im Jahr 1586 erkennt man<br />

deutlich, dass das Hamtor fast das äußere<br />

Ende des Bogens <strong>der</strong> westlichen<br />

Stadtmauer (den Scheitelpunkt) bildet<br />

<strong>und</strong> sich davor mit Hecken e<strong>in</strong>gefasste<br />

Gärten o<strong>der</strong> Fel<strong>der</strong> bef<strong>in</strong>den.<br />

Deutlich erkennbar auch <strong>der</strong> sogenannte<br />

„Botterweck“, e<strong>in</strong>e Insel im Stadtgraben<br />

l<strong>in</strong>ks des Hamtors.<br />

Benutzte Literatur<br />

• Grimm, Jacob, Grimm, Wilhelm: Wörterbuch<br />

<strong>der</strong> deutscen Sprache. München 1984, Band<br />

10, Spalte <strong>30</strong>8 (Stichwort „Hamm“)<br />

• Karl Kre<strong>in</strong>er: Stadtbild, Brauchtum <strong>und</strong><br />

Sprache. In: Peter Stenmans u.a.: Neuss im<br />

Wandel <strong>der</strong> Zeiten, Neuss 1969, S. 457 f.<br />

• Jens Metzdorf: Hamtorplatz. In: Ders.<br />

(Hrsg.): Die Straßen von Neuss. Lexikon <strong>zur</strong><br />

Geschichte <strong>der</strong> Neusser Stadtteile, <strong>der</strong> Straßen,<br />

Wege, Plätze <strong>und</strong> ihrer <strong>Namen</strong>. Neuss<br />

2019 (= Schriftenreihe des Stadtarchivs<br />

Neuss, Band 22), S. 558<br />

Die Redaktion <strong>der</strong> <strong>Gilde</strong> <strong>Gazette</strong><br />

wünscht allen Mitglie<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>en<br />

<strong>der</strong> Schützengilde Neuss, allen Lesern<br />

dieser <strong>Ausgabe</strong> sowie allen Neusser<br />

Schützen <strong>und</strong> ihren Familien e<strong>in</strong>en<br />

friedfertigen Advent, e<strong>in</strong> harmonisches<br />

Weihnachtsfest <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en guten Rutsch<br />

<strong>in</strong>s neue Jahr 2022 sowie Ges<strong>und</strong>heit.<br />

Möge das kommende Jahr uns e<strong>in</strong>e sorgenfreie<br />

Zeit br<strong>in</strong>gen, auf dass wir uns<br />

zum Schützenfest alle wie<strong>der</strong>sehen.<br />

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