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I Allgemeine Erzähltheorie - Bodil Zalesky

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Ein zweiter Beschreibungsaspekt ist der ”Standort des Erzählers”. Damit ist das räumlichzeitliche<br />

Verhältnis des Erzählers zu den Personen und Vorgängen seiner Geschichte<br />

gemeint. Ein Erzähler kann mehr oder weniger Überblick über die Personen und Ereignisse<br />

haben: Ein olympischer Standort z.B. bedeutet, daß der Erzähler einen vollständigen<br />

Überblick hat; er kennt sowohl die Vorgeschichte als auch die Zukunft, er weiß, was an allen<br />

Orten seiner Geschichte passiert. Nicht nur ein Er-Erzähler kann einen großen Überblick<br />

haben, auch ein Ich-Erzähler kann das, muß aber dann seine Kentnisse erklären können. Die<br />

Erzählform ist also von Bedeutung für die Wahl des Erzählerstandortes.<br />

Die ”Sichtweise” ist bei Petersen der Oberbegriff für ”Innensicht” und ”Außensicht”. Innensicht<br />

bedeutet, daß der Erzähler in die Figuren hineinblicken kann, daß er über ihren inneren<br />

Zustand erzählen kann. Außensicht bedeutet, daß er die Figuren nur von außen sieht. Ein Er-<br />

Erzähler kann sich freier als ein Ich-Erzähler zwischen Außensicht und Innensicht bewegen.<br />

Wie bei dem Überblick muß ein Ich-Erzähler die Innensicht in andere Psychen als die eigene<br />

irgendwie glaubwürdig machen.<br />

Die Kategorie ”Erzählverhalten” beschreibt die Weise, auf die der Erzähler seine Geschichte<br />

präsentiert. Petersen identifiziert drei Arten des Erzählverhaltens: das auktoriale, das<br />

personale und das neutrale Erzählverhalten. Zu einem auktorialen Erzählverhalten gehört, daß<br />

der Erzähler sich selbst ins Spiel bringt, daß er z.B. den Leser anredet und das Geschehen<br />

kommentiert. Personales Erzählen bedeutet, daß aus der Sicht der Figur erzählt wird. Was die<br />

Figur sieht, das beschreibt der Erzähler. Dieses heißt aber nicht, daß der Erzähler bei<br />

personalem Erzählverhalten völlig verschwindet. Neutrales Erzählverhalten ”suggeriert ein<br />

Höchstmaß an Objektivität” 13 . Hier wird weder aus der Sicht des Narrators noch aus der Sicht<br />

der Figur erzählt. Petersen fügt hinzu, daß Innensicht bei neutralem Erzählen möglich sei.<br />

Schließlich meint er, daß der Erzähler beim inneren Monolog ein personales, beim Dialog ein<br />

neutrales Erzählverhalten zeige.<br />

Ein weiterer Beschreibungsaspekt in Petersens System ist die ”Erzählhaltung”. Mit diesem<br />

Terminus wird die wertende Haltung des Erzählers zum Erzählten und zu den Figuren<br />

bezeichnet. Diese Haltung ”kann affirmativ oder ablehnend, kritisch, skeptisch, schwankend<br />

sein, sich plakativ oder differenziert, eindeutig oder modifiziert artikulieren.” 14<br />

Die ”Arten der Darbietung” sind die verschiedenen Wege, auf denen der Erzähler dem Leser<br />

seine Geschichte sprachlich vermitteln kann. Petersen unterscheidet folgende<br />

Darbietungsarten: Erzählerbericht, erlebte Rede, indirekte Rede, innerer Monolog und Dialog<br />

bzw. direkte Rede.<br />

Mit dem Begriff ”Sprachstil” meint Petersen den Stil, in dem der Erzähler und die Figuren<br />

reden. Er spricht in diesem Zusammenhang auch von einer ”sprachlich-stilistischen<br />

Reliefbildung” 15 ; dieses Relief tritt besonders stark hervor, wenn der Unterschied zwischen<br />

13 Petersen 1993 S. 74<br />

14 Petersen 1993 S. 78<br />

15 Petersen 1993 S. 82

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