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I Allgemeine Erzähltheorie - Bodil Zalesky

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Gliederung eines Erzählwerkes bei und macht die Totalität des Werkes deutlich.<br />

Lämmert teilt Vorausdeutungen in verschiedene Untergruppen ein. Die zwei Haupttypen<br />

nennt er ”zukunftsgewiß” bzw. ”zukunftsungewiß”.<br />

Zukunftsgewisse Vorausdeutungen können nur, so wie ich es verstanden habe, von einem<br />

auktorialen Erzähler, der außerhalb der Welt der Figuren steht, gemacht werden. Lämmert<br />

drückt dieses auf folgende Weise aus: ”[Bei der Behandlung der view-point-Theorien ergab<br />

sich bereits,] daß nur der Erzähler, der seinen Standort außerhalb der Handlungsgegenwart<br />

nimmt, zukunftsgewisse Bemerkungen in die Erzählung einflechten kann” 148 . Und etwas weiter<br />

nach unten auf derselben Seite: ”In zukunftsgewissen Vorausdeutungen des Erzählers ist<br />

demnach ein sicheres Kriterium für dessen Stellung über den gesamten Vorgang zu<br />

sehen.” 149<br />

Die zukunftsgewissen Vorausdeutungen werden in weitere Gruppen und Untergruppen von<br />

Lämmert eingeteilt. Ich werde hier nicht genauer auf diese eingehen, sondern begnüge mich<br />

damit, die wichtigsten zu erwähnen. Er gliedert sie in feste und eingeschobene<br />

Vorausdeutungen und weiter noch in solche, die vom Titel oder Vorwort gegeben werden<br />

oder in die Vorgeschichte der Erzählung eingeflochten sind, die er einführende<br />

Vorausdeutungen nennt. Es gibt auch Vorausdeutungen von dem, was nach der erzählten<br />

Geschichte kommen wird, und diese werden abschließende Vorausdeutungen genannt.<br />

Gegen Ende des diesbezüglichen Kapitels finden wir folgende Bemerkung: ”Schließlich ist<br />

die zukunftsgewisse Vorausdeutung das wichtigste Mittel des Erzählers, den Leser zum<br />

Mitwisser und zum Vertrauten zu machen.” 150<br />

Gehen wir jetzt zu den zukunftsungewissen Vorausdeutungen über. Diese werden nach<br />

Lämmert von den Figuren einer Erzählung oder von einem ”mit-gehenden” Erzähler, der uns<br />

die Welt durch die Augen der Figuren sehen läßt, ausgesprochen, was wohl bedeuten<br />

könnte, daß man das Erzählverhalten dort als personal einzuschätzen hat. Am Anfang des<br />

diesbezüglichen Kapitels schreibt Lämmert: ”Die Zukunft, wie sie sich im Laufe der Erzählung<br />

den handelnden Personen darbietet, ist von grundsätzlich anderer Realität als die, welche der<br />

Erzähler - bestimmt oder unbestimmt - vorwegnimmt. Der Erzähler handhabt den gesamten<br />

Vorgang als etwas Vergangenes, und in diesem abgeschlossenen Zeitraum ist Zukunft nur<br />

relativ zukünftig, nämlich im Medium des Erzählens. In der Sicht der handelnden Personen ist<br />

die Zukunft dagegen von jener echten Ungewißheit, die der Realität des Lebens entspricht.<br />

Alle Vorausdeutungen, die die handelnden Personen selbst geben oder erleben, besitzen<br />

also diese Unverbindlichkeit, mit welcher Bestimmtheit sie auch vorgetragen werden<br />

mögen.” 151<br />

Lämmert behauptet, daß auch die zukunftsungewissen Vorausdeutungen nicht nur die<br />

Erwartungen des Lesers steuern, sondern auch tatsächlich zukunftserhellend sein können, was<br />

sie folglich von Voraussagen im wirklichen Leben auf eine absolute Weise unterscheidet:<br />

148 Lämmert 1955 S. 142<br />

149 Lämmert 1955 S. 142<br />

150 Lämmert 1955 S. 175<br />

151 Lämmert 1955 S. 175-176

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