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I Allgemeine Erzähltheorie - Bodil Zalesky

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”Wirken sich die indirekte Rede und der Gedankenbericht begünstigend auf die Position des<br />

auktorialen Erzählers aus, so verstärkt die erlebte Rede die personale Variante.” 80<br />

Der innere Monolog wird von Hamann auf nur sehr indirekte Weise mit der Kategorie<br />

Erzählverhalten verbunden. Am nächsten einer direkten Verknüpfung kommt sie, soweit ich<br />

sehen kann, in dem hier folgenden Satz: ”Das Ich des inneren Monologs tritt [dabei] als<br />

”Reflektorfigur” und ansatzweise als Erzählerfigur auf.” 81 Hier sieht es wohl so aus, als ob<br />

Hamann nicht nur personale, sondern auch auktoriale Elemente mit dem inneren Monolog<br />

verbinde. Etwas weiter voran im Text schreibt sie andererseits: ”Im Gegensatz zu dem<br />

inneren Monolog unterliegen die indirekte Rede und der Redebericht der vermittelnden und<br />

ordnenden Funktion des Erzählers.” 82 Es bleibt also etwas unklar, wie sie den inneren<br />

Monolog eigentlich einstuft.<br />

Die direkte Rede oder den Dialog schätzt Hamann anfangs als eindeutig neutrales Erzählen<br />

ein: ”Bei Dialogpassagen ohne Inquit-Formeln sprechen wir von neutralem Erzählverhalten.” 83<br />

Die Sache wird aber komplizierter, wenn sie auf der nächstkommenden Seite folgenden<br />

Gedankengang vorlegt: ”Der Verzicht auf eigene Präsenz des Erzählers liefert den Leser aus<br />

an die Unmittelbarkeit einer sich selbst entlarvenden Situation oder widersprüchlicher<br />

Grundhaltungen von Figuren. Ihre Gespräche spiegeln zwar ihre Bewußtseinsinhalte, sie<br />

verweisen aber gleichermaßen auf die verborgene höhere Bewußtheit und Subjektivität des<br />

Erzählers. Verzichtet er auch weitestgehend auf das Hineinreden und verbirgt er sich durch<br />

personales Verhalten hinter den Gestalten oder löst sich gar in eine scheinbare Neutralität auf,<br />

so bezeugt er sich doch immer wieder selbst auf einer für den Leser konkret nicht mehr<br />

faßbaren Ebene durch eine vielfältige Steuerung des Geschehens und eine schwer<br />

durchschaubare differenzierte Lenkung des Lesers.” 84 Bedeutet das, was Hamann in dem<br />

hier zuletzt zitierten Textabschnitt schreibt, daß das Erzählverhalten im Dialog nicht nur neutral,<br />

sondern auch sowohl personal als auch auktorial sein könne? Und was meint sie mit<br />

”scheinbarer” Neutralität?<br />

3.7 Cohn: Erzählsituationen und narrative Sprechweisen<br />

In ihrem Aufsatz ”The Encirclement of Narrative” durchleuchtet Dorrit Cohn Stanzels<br />

erzähltheoretisches System und entwirft mit Ausgangspunkt von seinen Ideen einen<br />

alternativen Typenkreis (siehe Teilkapitel 2.4 ”Dorrit Cohns Kritik und ihr modifiziertes<br />

Stanzelmodell”).<br />

In ihrer Arbeit äußert sich Cohn ein paarmal direkt zu verschiedenen narrativen Sprechweisen<br />

und stellt Verbindungen zwischen diesen und den Erzählsituationen her. Wie in meinem<br />

obigen Cohn-Kapitel zu lesen ist, verknüpft Cohn die erlebte Rede mit strikt personalem<br />

Erzählen und sie wendet sich explizit gegen Stanzels ”dual-voice”-Definition von dieser<br />

80 Hamann 1984 S. 444<br />

81 Hamann 1984 S. 391<br />

82 Hamann 1984 S. 394<br />

83 Hamann 1984 S. 445<br />

84 Hamann 1984 S. 446

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