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I Allgemeine Erzähltheorie - Bodil Zalesky

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Briest” behauptet er z.B. folgendes: ”Denn nun sind die Figuren ja von außen hörbar, hier<br />

spricht nicht der Narrator aus der Figur, sondern er hört den Redenden zu und hält sich [...]<br />

einfach heraus. [...] Da muß man also von einem neutralen Erzählverhalten sprechen”. 60 Bei<br />

Dialogen ist es also so, wenn ich Petersen richtig verstanden habe, daß einerseits die Worte<br />

der Figur durch den Erzähler hindurchgehen, obwohl das nicht zu erkennen ist, andererseits<br />

hört der Erzähler den Redenden zu und hält sich heraus. Es ist nicht leicht, sich aus diesen<br />

disparaten Komponenten ein stimmiges Bild zu machen.<br />

Die erlebte Rede wird von Petersen einmal als ”das klassische Mittel personalen Erzählens” 61<br />

präsentiert. Weiter wird sie als eine Sprechweise klassifiziert, in der einerseits die<br />

Figurenperspektive dominieren kann, andererseits aber auch auktoriales Erzählverhalten mit<br />

personalem kombiniert werden kann: ”Keineswegs steht es also so, daß erlebte Rede stets<br />

das Verschwinden der Erzählerperspektive zur Folge hätte oder daß personales Erzählen gar<br />

die Tilgung des epischen Mediums voraussetze. Vielmehr kann personales Erzählen, wenn<br />

es sich der erlebten Rede bedient, perspektivisch eindimensional sein [...], weil der Erzähler<br />

ausschließlich die Sehweise der Figur präsentiert und keine eigene, oder aber<br />

zweidimensional, nämlich wenn er außer der Figurenperspektive zusätzlich die eigene<br />

Sehweise wirksam werden läßt [...] Genau genommen liegt in diesem Fall eine Vermischung<br />

von personalem und auktorialem Erzählverhalten vor” 62 .<br />

An einer Stelle im Kapitel ”Erzählverhalten” kommt es zu einer Art Vergleich zwischen erlebter<br />

Rede und direkter Rede. Petersen erörtert hier eine Passage in erlebter Rede aus<br />

”Buddenbrooks”. Nach dem Zitat dieser Textstelle schreibt er: ”Denn was unterscheidet das<br />

Verfahren, erlebte Rede einzusetzen, von dem, die Worte Goschs in direkter Rede<br />

wiederzugeben? - Der Unterschied betrifft die Duplizität der Perspektiven und damit die<br />

Doppelbödigkeit erlebter Rede.” 63 Wie ist nun dieses zu deuten? Ich mache einen Versuch:<br />

Die erlebte Rede gibt eine doppelte Perspektive, die der Figur (personal) und die des<br />

Erzählers (auktorial). Die direkte Rede unterscheidet sich von dieser dadurch, daß die<br />

Perspektive nicht doppelt, sondern einfach ist. Die Perspektive, die entfällt, ist wohl die des<br />

Erzählers und diejenige, die noch vorhanden ist, müßte die der Figur sein. Hier sieht es beinah<br />

so aus, als ob Petersen direkte Rede als Sprechweise personalen Erzählens einschätze...<br />

Petersen stuft den inneren Monolog als sprachliche Ausdrucksform personalen<br />

Erzählverhaltens ein: ”[D]er Erzähler [legt] beim (inneren) Monolog ein personales [...]<br />

Erzählverhalten an den Tag” 64 . Im Zusammenhang mit einer Erläuterung von einem Abschnitt<br />

in dem Roman ”Buddenbrooks” argumentiert er auf folgende Weise: ”[Dennoch] scheint mir<br />

das Folgende die Klassifizierung eines Monologs als Kennzeichen personalen<br />

Erzählverhaltens nahezulegen: Halten wir an der Existenz eines Erzählers aus<br />

gattungspoetologischen Gründen fest, kann man ihn im Monolog nur mit der Figur<br />

identifizieren. Er tritt nicht zurück, sondern er schlüpft in die Figur hinein.” 65 Ich frage mich hier<br />

60 Petersen 1993 S. 76<br />

61 Petersen 1993 S. 70<br />

62 Petersen 1993 S. 71<br />

63 Petersen 1993 S. 71<br />

64 Petersen 1993 S. 77<br />

65 Petersen 1993 S. 76

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