I Allgemeine Erzähltheorie - Bodil Zalesky
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der Bericht von Ereignissen, Gesprächen oder Gedanken sehr nah und tendentiell<br />
zeitdeckend einem erzählten Geschehensmoment annähert, so daß nahezu Simultaneität von<br />
Erzählen und Erzähltem erreicht wird.” 37 Dieses Zitat zeigt deutlich genug, wie schwierig es ist,<br />
klare Abgrenzungen innerhalb des Erzählerberichts zustande zu bringen; es bleibt eine<br />
Übergangszone von unbestimmbarer Breite. Ein weiteres Problem mit der Begriffsklasse<br />
”Erzählerbericht” besteht darin, daß die Erzähltheoretiker, die ich hier heranziehe, wenn sie<br />
ausnahmsweise Verbindungen zwischen dieser Kategorie und einem Erzählverhalten<br />
herstellen, wegen ihrer unterschiedlichen Definitionen von der Kategorie sehr viel<br />
Verschiedenes damit meinen können. Trotzdem habe ich es für sinnvoll gehalten, die<br />
Kategorie ”Erzählerbericht” in meinem Modell zu behalten. Ich kombiniere implizit diese<br />
äußerst heterogene Sprechweise überall mit allen jeweils möglichen Erzählsituationen, d.h.<br />
wenn ein Theoretiker zwei Erzählsituationen in seinem System hat, sind diese zwei aktuell und<br />
wenn einer drei Erzählsituationen hat, dann sind es diese drei, die für den Erzählerbericht in<br />
Frage kommen. Explizit wird dieses hier nicht durchgeführt, weil das inkonsequent wäre im<br />
Hinblick darauf, daß ich sonst nur das angeführt habe, was der jeweilige Theoretiker<br />
ausdrücklich zur Sache behauptet hat.<br />
3.2 Genettes Fokalisierungstypen und die narrativen Sprechweisen<br />
Die Fokalisierungstypen entsprechen ungefähr den Erzählsituationen im modifizierten<br />
Stanzelmodell oder Petersens Typen von Erzählverhalten. (Am Anfang von Kapitel 5.3 im<br />
theoretischen Teil werden die verschiedenen Terminologien einander kurz<br />
gegenübergestellt.)<br />
Um den Leser nicht unnütz zu strapazieren, präsentiere ich hier noch mal kurz die drei Typen:<br />
”Nullfokalisierung” - eine Erzählung mit allwissendem Erzähler, also keine Einschränkung des<br />
”Wahrnehmungsfeldes”, oder anders gesagt: Der Erzähler sagt mehr als irgendeine Figur<br />
weiß. ”Interne Fokalisierung” - eine Erzählung mit Reflektor; der Leser erfährt nur, was die eine<br />
oder andere Figur wahrnimmt, oder anders formuliert: Der Erzähler sagt nicht mehr als die Figur<br />
weiß. ”Externe Fokalisierung” - objektive, behavioristische Technik, wo der Leser keinen<br />
Einblick in die Gefühle oder Gedanken irgendeiner Figur bekommt, oder mit einer anderen<br />
Formulierung: Der Erzähler sagt weniger als die Figur weiß. ”Nullfokalisierung” entspricht<br />
ungefähr auktorial, ”interne Fokalisierung” personal und ”externe Fokalisierung” neutral.<br />
Nur ein paarmal in seinem großen erzähltheoretischen Werk ”Die Erzählung” spricht Genette<br />
direkt von einem Zusammenhang zwischen Fokalisierung und Sprechweise. Es geht dabei<br />
um den inneren Monolog und die erlebte Rede, die er beide als Sprechweisen der internen<br />
Fokalisierung identifiziert. Über den inneren Monolog schreibt er dazu: ”Restlos verwirklicht<br />
wird die interne Fokalisierung nur im ’inneren Monolog’” 38 . Und über die erlebte Rede etwas<br />
weniger direkt: ”Was ihre historische Heimat betrifft, so liegt sie [...] im Gebiet des ’modernen’<br />
psycho-realistischen Romans von Jane Austen bis Thomas Mann, weil hier jener narrative<br />
Modus zur Anwendung kommt, den ich ’interne Fokalisierung’ nenne und der mit großer<br />
37 Schwarze 1988 S.178<br />
38 Genette 1998 S. 137