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LINZA #33 Februar-März 2022

LINZA – das urbane Linzer stadtmagazin für den Linzer Zentralraum – alles zwei Monate als Printmagazin und tagesaktuell auf www.linza.at und Facebook unter www.facebook.com/linza.magazin

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20<br />

Gesundheitsstadtrat und Jurist Michael Raml:<br />

„DIE WÄHLER WERDEN NICHT VER<br />

Michael Raml ist nicht nur Linzer Stadtrat und damit Teil der Stadtregierung, sondern auch<br />

studierter Jurist. In dieser Rolle haben wir mit ihm über die seit Anfang <strong>Februar</strong> geltende Impfpflicht<br />

und mehr geplaudert.<br />

Michael Raml, die Impfpflicht<br />

ist in Kraft getreten. Was sagen<br />

Sie dazu – nicht als Politiker,<br />

sondern als Verfassungsjurist?<br />

Die Impfpflicht ist zweifellos einer<br />

der größten Grundrechtseingriffe,<br />

die wir in den letzten Jahrzehnten<br />

hinnehmen mussten. Unter ganz<br />

strengen Rahmenbedingungen<br />

können Grundrechte zwar eingeengt<br />

werden, bei der Impfpflicht<br />

liegen diese aber nicht vor.<br />

Im Vorfeld gab es über 100.000<br />

Einwände und Stellungnahmen<br />

zum Impfpflichtgesetz –<br />

auch von Rechtsexperten und<br />

Fachleuten. Offiziell wurden<br />

diese in die Gesetzgebung “eingearbeitet”.<br />

War das in so kurzer<br />

Zeit überhaupt möglich?<br />

Ich kann mir nicht vorstellen, dass<br />

so etwas selbst das beste Ministerium<br />

bewältigen könnte – und<br />

wie wir alle wissen, ist das Gesundheitsministerium<br />

weit weg davon,<br />

das beste Ministerium im Lande<br />

zu sein. Von gelesen, geschweige<br />

denn verstanden oder irgendwie<br />

eingearbeitet kann man hier wohl<br />

nicht sprechen. Es war ein grobes<br />

Drüberfahren über -zig Fachleute<br />

aus allen Bereichen – und natürlich<br />

auch über die Bevölkerung.<br />

Es wäre nicht das erste Gesetz<br />

dieser Regierung, das der VfGH<br />

zurückpfeift. Warum hat es<br />

keine rechtlichen Konsequenzen<br />

für die Regierung, wenn<br />

immer wieder Husch-Pfusch-<br />

Gesetze gekippt werden?<br />

Hätte die Bundesregierung die<br />

Stellungnahmen ernst genommen,<br />

wüsste sie, dass sie mutmaßlich<br />

vorsätzlich und verfassungswidrig<br />

handelt. Es gibt bei uns seit<br />

der Einführung der Bundesverfassung<br />

1920 nur einen sog. “nachprüfenden<br />

Rechtsschutz”. Gesetze<br />

sind so lange in Kraft, bis sie vom<br />

VfGH aufgehoben werden. Rechtliche<br />

Auswirkungen für die Politiker<br />

sind keine vorgesehen – selbst<br />

bei groben Grundrechtseingriffen.<br />

Wie sehen Sie als Jurist die<br />

Chancen, dass das Impfpflichtgesetz<br />

gekippt wird?<br />

Sehr gut, weil sich die Corona-Situation<br />

mittlerweile sehr stark<br />

verändert hat.<br />

Was sind die größten Mängel<br />

dieses Gesetzes?<br />

Es fehlt eine Zielvorgabe, was erreicht<br />

werden soll, aber auch der<br />

Hinweis, unter welchen Voraussetzungen<br />

die Impfpflicht wieder<br />

außer Kraft gesetzt wird..<br />

In einem Interview mit Andreas<br />

Mölzer war zu lesen, Herbert<br />

Kickl sei schuld an der<br />

Impfpflicht, weil der FPÖ-Obmann<br />

nicht gewinnen dürfe.<br />

Ich befürchte auch, dass die Bundesregierung<br />

dieses Gesetz durchgepeitscht<br />

hat, weil sie um jeden<br />

Preis recht behalten wollte und es<br />

ein Zugeständnis an die Position<br />

der FPÖ gewesen wäre.<br />

Aktuell läuft die Eintragungsfrist<br />

für ein Volksbegehren<br />

gegen die Impfpflicht. Hat das<br />

überhaupt einen Sinn? Die<br />

Vergangenheit hat gezeigt,<br />

dass selbst hohe Teilnahmen<br />

ins Leere laufen, weil sich das<br />

Parlament lediglich mit dem<br />

jeweiligen Thema “befassen”<br />

muss. Viele Bürger fühlen sich<br />

da gefrotzelt. Bedarf es da nicht<br />

mehr Verbindlichkeit?<br />

Ja! Jetzt ist wirklich die Zeit gekommen,<br />

wo wir über den massiven<br />

Ausbau der direkten Demokratie<br />

diskutieren müssen. Die FPÖ war<br />

und ist bekanntlich immer sehr<br />

stark dafür eingetreten. Volksbegehren<br />

müssen rechtlich verbindlicher<br />

gemacht werden, eine kurze<br />

Diskussion im Parlament reicht da<br />

nicht. Ein Politiker darf sich vor<br />

dem Volk nicht fürchten.<br />

Wie man weiß, vergessen die<br />

Wähler aber auch wieder sehr<br />

schnell. Auch die FPÖ hat –<br />

Stichwort Ibiza – davon profitiert.<br />

Gewählt wird im Bund<br />

erst wieder 2024 und in OÖ gar<br />

erst 2027, Corona wird dann<br />

wohl kein Thema mehr sein.<br />

Die Corona-Auswirkungen werden<br />

sich in vielen Bereichen noch<br />

über Jahre hinziehen. Darauf zu<br />

hoffen, dass die Wählerinnen und<br />

Wähler den ganzen Wahnsinn<br />

schnell vergessen, wird sich wohl<br />

nicht ausgehen.<br />

> www.linza.at/raml<strong>2022</strong>

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