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LINZA #33 Februar-März 2022

LINZA – das urbane Linzer stadtmagazin für den Linzer Zentralraum – alles zwei Monate als Printmagazin und tagesaktuell auf www.linza.at und Facebook unter www.facebook.com/linza.magazin

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18<br />

Der bekannte Linzer Pfarrer Franz Zeiger zur Situation der Kirche:<br />

„DIE GLAUBWÜRDIGKEIT<br />

72.055 Menschen traten 2021 aus der katholischen Kirche aus. In der Diözese Linz drehten fast<br />

13.000 dem Kreuz den Rücken zu – ein Plus von 27,3 Prozent. Der engagierte Linzer Pfarrer<br />

und “Tierpapst” Franz Zeiger gilt als besonders volksnah und mit viel Gespür dafür, wo der<br />

Schuh drückt. Ein mutiges Gespräch über Kirchenaustritte, Zölibat und den Priestermangel.<br />

Franz Zeiger, Sie sind einer, der<br />

besonders nah bei den Menschen<br />

ist. Woran liegt die Austrittswelle?<br />

Bei den Wiedereintritten höre ich<br />

immer wieder, dass der Kirchenbeitrag<br />

der Auslöser für den seinerzeitigen<br />

Austritt war. Das kann ich<br />

nachvollziehen.<br />

Die Kirche argumentiert: Die<br />

Beiträge sind leistbar.<br />

Wenn man jemandem kurz nach<br />

seinem 18. Geburtstag gleich mal<br />

eine Kirchenbeitragsvorschreibung<br />

zustellt, kommt das sehr<br />

durchwachsen an. Gerade junge<br />

Menschen, die wenig oder gar nicht<br />

in einer Pfarre sozialisiert sind,<br />

überlegen dann den Austritt. In<br />

der Regel hat man in diesem Alter<br />

nicht sehr viel Geld. Also wird genau<br />

unterschieden: Was muss ich<br />

unbedingt bezahlen und wo kann<br />

ich sparen. Freilich – ohne Geld<br />

kommt auch die Kirche nicht aus.<br />

Gehälter und Gebäudeerhaltung<br />

sind ein großer Brocken, der immer<br />

wieder zu stemmen ist. Dennoch<br />

ist das Kirchenbeitragssystem in<br />

dieser Form zu überdenken.<br />

In welcher Form?<br />

Finanziert werden muss die Kirche,<br />

das steht außer Zweifel. Dieses Erlagschein-Verschicken<br />

direkt von<br />

der Kirche ist aber nicht mehr zeitgemäß.<br />

Es ist höchst an der Zeit,<br />

darüber nachzudenken. In Italien<br />

zum Beispiel gibt es ein anderes<br />

Modell, die sogenannte Kultursteuer,<br />

die jeder bezahlt und 0,8 Prozent<br />

der Lohn- bzw. Einkommensteuer<br />

umfasst. Die muss jeder Bürger<br />

zahlen, man kann aber bestimmen,<br />

welche soziale oder kulturelle Einrichtung<br />

das Geld bekommt.<br />

Viele sagen, die Kirche ist reich<br />

und bekommt eh jede Menge<br />

Spenden.<br />

Das stimmt auf der einen Seite.<br />

„Kirche“ ist aber ein schwammiger<br />

Begriff. Wir in der Pfarre haben<br />

nichts davon, wenn irgendeine Diözese<br />

Besitztümer hat. Wir müssen<br />

sogar unsere Sanierung der Kirche<br />

großteils selber finanzieren. Vom<br />

Kirchenbeitrag bekommt jede Pfarre<br />

anteilsmäßig zehn Prozent, insofern<br />

spüren wir die Kirchenaustritte<br />

natürlich schon sehr stark.<br />

Ist Geld der einzige Grund?<br />

Nein, ich höre auch anderes. Etwa,<br />

dass manche Probleme mit dem<br />

Zentralismus in der Kirche haben,<br />

der derzeit in unserer Diözese noch<br />

zuzunehmen scheint.<br />

Ist die Kirche modern genug,<br />

hat sie genügend Antworten<br />

auf die heutige Zeit?<br />

Wer ist die Kirche? Das sind wir<br />

grundsätzlich alle. Die Frage müsste<br />

vielmehr lauten: Haben jene<br />

Menschen, die die Kirche offiziell<br />

vertreten, adäquate Antworten auf<br />

die Fragen unserer Zeit? Nun, wenn<br />

ich da nur an die zahnlosen Appelle<br />

seitens der Bischofskonferenz<br />

an die Bundesregierung bezüglich<br />

der Aufnahme von Kindern aus<br />

Moria denke, dann werde ich sehr<br />

nachdenklich. Vielleicht ist gerade<br />

das mit ein Grund, warum sich so<br />

viele abwenden. Vielfach sind die<br />

Antworten zu weichgespült. Die<br />

Kirche will es jedem recht machen,<br />

es sich mit niemandem vertun.<br />

Das mag mitunter taktisch klug<br />

sein, der Weg Jesu ist es aber fraglos<br />

nicht und die Glaubwürdigkeit<br />

schwindet.<br />

Nach wie vor stark in der Kritik<br />

steht der Zölibat. Jemand ohne<br />

Kinder oder ohne Familie kann<br />

viele familiären Probleme<br />

kaum nachvollziehen.<br />

Es wäre höchst an der Zeit, den Zölibat<br />

freizustellen. Beide Lebensentwürfe<br />

sollten im PriesterInnenamt<br />

Platz haben.<br />

Warum gibt es denn so wenige<br />

Priester?<br />

Weil eine große Anzahl an Menschen<br />

ganz einfach nicht zugelassen<br />

wird. Ich bin überzeugt,<br />

dass Gott schon längst auch ver-

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