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Die Neue Hochschule Heft 1/2022

Zeitschrift des hlb Hochschullehrerbund e.V. - Themenschwerpunkt: Employability und Bildung

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14 BERICHTE AUS DEM hlb DNH 1 | <strong>2022</strong><br />

Foto: privat<br />

hlb-Kolumne<br />

Nur Mut,<br />

werte Hochschulleitungen!<br />

Jochen Struwe<br />

Im Herbst befragten die rheinland-pfälzischen<br />

HAW-Chefs die „forschungsaktiven“<br />

HAW-Profs zum Promotionsrecht. Einleitend<br />

hieß es: „Perspektivisch wird für diese<br />

forschungsstarken Bereiche der HAW …<br />

die Erlangung des Promotionsrechts angestrebt.“<br />

<strong>Die</strong>s liest sich ähnlich ambitioniert<br />

wie das viel zitierte „idealerweise“ der Ampel<br />

zum Ausstieg aus der Kohleverstromung bis<br />

2030. Zeitgleich machte sich eine ostdeutsche<br />

HAW-Rektorin eine die hlb-12plus-<br />

Eins-Forderung abwehrende Äußerung ihres<br />

Ministers zu eigen, wonach Politik die Kunst<br />

des Machbaren sei.<br />

Nein, werte HAW-Chefs in Ost und West:<br />

Politik ist eben nicht die Kunst des Machbaren,<br />

sondern die Kunst des Ermöglichens!<br />

Wenn Sie im Bemühen um Konsens zu<br />

bereitwillig Bedenken Ihrer universitären<br />

Kolleginnen und Kollegen aufnehmen (die<br />

beim Promotionsrecht nur um ihre Monopolstellung<br />

fürchten), wenn Sie sich von<br />

unseren Ministern vorhalten lassen, dass<br />

die ansonsten durchaus nachvollziehbaren<br />

HAW-Forderungen nach Mitarbeitern,<br />

Deputatsreduzierung oder Transfermitteln<br />

nicht finanzierbar seien, ja, dann geht es<br />

eben auch nur im Schneckentempo vorwärts.<br />

Das Nonaffektionsprinzip (§ 7 HGrG)<br />

bestimmt, dass grundsätzlich alle Einnahmen<br />

alle Ausgaben decken. Glaubt jemand<br />

ernsthaft, dass andere Lobbyisten jedes<br />

Mal Finanzierungsvorschläge auf den<br />

Tisch legen, wenn sie etwas von der Politik<br />

wollen? Für genau diese Interessenabwägung<br />

mandatieren wir unsere Politiker.<br />

Angesichts des steigenden HAW-Studierendenanteils<br />

sollten Sie genauso selbstbewusst<br />

Ihre/unsere Forderungen an die Politik<br />

adressieren, wie es Ihre universitären<br />

HRK-Tischnachbarn seit eh und je tun – das<br />

sind wir uns wert!<br />

Ihr Jochen Struwe<br />

Vizepräsident der hlb-Bundesvereinigung<br />

Stellvertretender hlb-Landesvorsitzender<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Hochschulpolitik<br />

Was kann die „Tandem- und Nachwuchsprofessur“<br />

leisten?<br />

Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz<br />

und Hessen haben mit der Tandem-<br />

Professur ein neues Professur-Modell<br />

eingeführt. Bayern plant eine „Nachwuchsprofessur“.<br />

Beide Modelle eignen<br />

sich nur eingeschränkt als Karriereweg<br />

zur Professur an einer HAW. Werden<br />

sie als Normalfall eingeführt, gefährdet<br />

dies das spezifische, anspruchsvolle<br />

und erfolgreiche Profil der <strong>Hochschule</strong>n<br />

für angewandte Wissenschaften.<br />

Gemeinsam ist den beiden neuen<br />

Professur-Modellen, dass sie in der Regel<br />

eine halbe Professur (W1, teilweise auch<br />

W2) an einer <strong>Hochschule</strong> für angewandte<br />

Wissenschaften (HAW) mit Verpflichtungen<br />

in Lehre und Forschung umfassen.<br />

Parallel dazu soll die für die Professur<br />

an einer HAW erforderliche dreijährige<br />

außerhochschulische Berufspraxis<br />

nachgeholt werden. <strong>Die</strong> Regelungen in<br />

Baden-Württemberg und Bayern ermöglichen<br />

das Nachholen einer Promotion, um<br />

so die Voraussetzungen für eine Professur<br />

an einer HAW hinsichtlich der besonderen<br />

Befähigung zur wissenschaftlichen<br />

Arbeit zu erlangen.<br />

Regel-Voraussetzungen für die<br />

Professur an einer HAW<br />

<strong>Die</strong> Voraussetzungen für eine Professur<br />

an einer HAW ist eine anspruchsvolle<br />

Mehrfachqualifikation. Dazu gehören<br />

die pädagogische Eignung, die durch<br />

eine qualifizierte bzw. überdurchschnittliche<br />

Promotion nachgewiesene Fähigkeit<br />

zum wissenschaftlichen Arbeiten<br />

sowie als dritte Stufe eine mehrjährige<br />

Berufspraxis. <strong>Die</strong>se sollte über<br />

einen längeren Zeitraum, mindestens<br />

aber fünf Jahre in möglichst verantwortungsvollen<br />

Positionen nachgewiesen<br />

werden. <strong>Die</strong> Besonderheit der Professur<br />

an einer HAW ist die Kombination der<br />

beiden Kriterien „besondere Befähigung<br />

zu wissenschaftlicher Arbeit“ und die<br />

„besonderen Leistungen bei der Anwendung<br />

oder Entwicklung wissenschaftlicher<br />

Erkenntnisse und Methoden in<br />

einer mehrjährigen beruflichen Praxis“<br />

(Hochschulrahmengesetz, § 44, analog<br />

in allen Landeshochschulgesetzen).<br />

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler<br />

müssen nach ihrer Promotion aus<br />

den hochschulischen Wissenschaftseinrichtungen<br />

für mehrere Jahre bewusst<br />

heraustreten. Denn nur so gelingt ihnen<br />

später eine überzeugende praxisnahe<br />

Lehre und erfolgreiche anwendungsorientierte<br />

Forschung. <strong>Die</strong>ser Karriereschritt<br />

ist das Rezept für den großen<br />

Erfolg dieses Hochschultyps seit seiner<br />

Gründung. <strong>Die</strong> Verdopplung der Studierendenzahlen<br />

allein von 2005 bis 2020<br />

von rund einer halben Million auf ca.<br />

eine Million Studierende 1 belegt den<br />

Erfolg eindrücklich. Offensichtlich<br />

wird dies noch zu wenig wahrgenommen<br />

und gewürdigt, wie zumindest die<br />

gesetzliche Manifestierung des Modells<br />

der Tandem- oder Nachwuchsprofessur<br />

vermuten lässt.<br />

Problembeschreibung bei der<br />

Personalgewinnung<br />

<strong>Hochschule</strong>n für angewandte Wissenschaften<br />

haben seit Längerem Schwierigkeiten<br />

bei der Gewinnung von<br />

geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten<br />

für die Besetzung ihrer Professuren<br />

mit einer solchen Mehrfachqualifikation.<br />

<strong>Die</strong> Besetzungsproblematik<br />

ist komplex, denn HAW müssen ihr<br />

professorales Personal von außerhalb<br />

der <strong>Hochschule</strong> „abwerben“. Außerdem<br />

konnte dieser Hochschultyp in<br />

den Karriereverläufen ihres professoralen<br />

Personals ohne das eigenständige<br />

Promotionsrecht keine engere<br />

Bindung in einer wissenschaftlichen<br />

Phase aufbauen, wie es den übrigen<br />

1 Destatis: Bildung und Kultur. Studierende an <strong>Hochschule</strong>n. Fachserie 11, Reihe 4.1, Wintersemester<br />

2004/2005, S. 50; a. a. O.: Wintersemester 2019/2020, S. 50. Berücksichtigt wurden staatliche<br />

Fachhochschulen von Bund und Ländern, private Fachhochschulen, Fachhochschulen in kirchlicher<br />

Trägerschaft, ohne Verwaltungsfachhochschulen und die 2004/2005 auch noch aufgeführte Kategorie<br />

„Sonstige“.

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