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Traveller's World Heft 56

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tRaVelleR’s<br />

november 2021 - Februar 2022<br />

d 8,- € / a 9,- € / i 10,- € / l 9,50 € / e 10,- € / ch 15,50 sFR<br />

travellersworld.de<br />

Monument Valley<br />

Das Wüstenwunder<br />

von AlUla<br />

Bayrisch Créme<br />

Kocht sich München<br />

an die Spitze?<br />

in good we tRust<br />

Den Bogen raus<br />

Die neue Trauminsel<br />

auf den Malediven<br />

Auf in den<br />

S c h n <br />

Wo Sie herrlich<br />

kuscheln,<br />

entspannen<br />

und genießen<br />

können


Cyan Magenta Yellow Black


inside<br />

shorts<br />

58 Winter-Special<br />

20 let’s celeBRate<br />

Jeden Monat ein Festival. Unser<br />

persönlicher Kalender<br />

winter-special<br />

58 snow, sweet home<br />

Die kuschligsten Zimmer und<br />

Chalets in den Alpen<br />

64 Kitz cluB<br />

Unsere Top-Adressen unterm<br />

Hahnenkamm<br />

68 haute cuisine<br />

Über Courchevel 1850 strahlen<br />

die Sterne<br />

72 gstaade zeit<br />

Highlights in den Hamptons des<br />

Berner Oberlands<br />

76 auFwÄRm-phasen<br />

Wellness in der weißen Pracht<br />

zwischen Bayern und Südtirol<br />

78 missoni possiBile<br />

In Cortina d’Ampezzo glitzert<br />

nicht nur der Schnee<br />

66 schneetReiBen<br />

Erlebnisse, die den Winter unvergesslich<br />

machen<br />

Standards<br />

11 check in<br />

14 impressum<br />

122 check out<br />

Socrate, der schnurrende<br />

Philosoph im Hotel Bristol, Paris<br />

IM nETZ travellersworld.de<br />

12 Traveller‘s <strong>World</strong>


42 AlUla<br />

travel<br />

22 Ritzy Business<br />

Ein Hotel-Brand, den Sie kennen,<br />

und einer, den Sie kennenlernen<br />

sollten, definieren<br />

den neuen Malediven-Hotspot:<br />

Ritz-Carlton und Patina<br />

34 Scheitern, um zu siegen<br />

Vor 100 Jahren starb der<br />

Antarktis-Abenteurer Ernest<br />

Shackleton. Protokoll seiner<br />

dramatischsten Reise<br />

22 Malediven<br />

42 Monument Valley<br />

Sie haben noch nie von<br />

AlUla gehört? Aber wetten?<br />

Wenn Sie unsere Geschichte<br />

lesen, wollen Sie hin<br />

stay<br />

82 praslin contemporary<br />

Im Raffles Seychelles kommt<br />

alles zusammen, was die<br />

Inselgruppe (noch) heute so<br />

faszinierend macht<br />

96 Paris<br />

88 Augen AUF!<br />

Die Egerner Höfe am Tegernsee waren<br />

schon immer ein Favorit. Jetzt wurden<br />

sie neu interpretiert. Und sind nun:<br />

ein großer Favorit<br />

96 Costes, was es wolle<br />

Die Familie aus dem Aveyron<br />

hat ein weiteres Hotel in<br />

Paris eröffnet. Naomi Campbell<br />

findet: „It’s beyond“<br />

100 Palast? Hotel!<br />

Um im Schloss von Versailles<br />

zu übernachten, braucht es<br />

eine ordentliche Apanage.<br />

Aber es geht!<br />

114 München<br />

taste<br />

108 S.a.l.t. and pepper<br />

Mit einem neuen Gastronomiekonzept<br />

nimmt die<br />

jüngste Yacht von Silversea<br />

Kurs auf regionale Genüsse<br />

114 München, mmmh!<br />

Die Feinschmeckerszene in<br />

der bayerischen Hauptstadt<br />

ist mächtig in Bewegung. In<br />

Richtung Spitzenplätze<br />

Traveller‘s <strong>World</strong><br />

13


malediven<br />

Wer im Glashaus sitzt …<br />

… ist selber schuld: Weit vorgezogene, Schatten<br />

spendende Flachdächer verwandeln die Terrasse der<br />

Wasservillen im Patina Maldives in einen Living Room,<br />

in den niemand Einblick hat<br />

22<br />

Traveller‘s <strong>World</strong>


Die<br />

glorreichen<br />

Drei<br />

Drei ungewöhnliche Inseln.<br />

Drei legendäre Architekten.<br />

Drei einzigartige Hideaways.<br />

Sind die Fari Islands die<br />

heißeste Neueröffnung der<br />

Malediven? Ja, und die coolste!<br />

Text R.g. falkner<br />

Traveller‘s <strong>World</strong><br />

23


malediven<br />

Jahr für Jahr wachsen die Malediven<br />

um ein rundes Dutzend<br />

neuer Hotel-Inseln im Luxus-<br />

Segment. Wirklich neu präsentieren<br />

sich die meisten davon<br />

aber nicht, man setzt gerne auf<br />

Bewährtes. War es das, was<br />

David Tsang dazu inspiriert<br />

hat, Luxus auf den Malediven<br />

komplett neu zu denken? Wie<br />

auch immer, so wie auf den Fari Islands haben Sie die<br />

Malediven noch nie erlebt, versprochen. Wo vor Kurzem<br />

noch nichts war, außer einem unbewohnten Inselchen<br />

etwa eine drei viertel Bootsstunde vom internationalen<br />

Flughafen Velana im Nord-Malé-Atoll, nicht größer als<br />

ein Fußballfeld, wetteifern jetzt drei aus dem Indischen<br />

Ozean gewonnene Eilande darum, welches von ihnen<br />

das schönste, exklusivste und vor allem das nachhaltigste<br />

ist. Genauer gesagt sind es vorerst noch zwei, das<br />

dritte Resort, Capella Maldives, ist erst noch im Werden.<br />

Die Capella Group mit Sitz in Singapur (und da schließt<br />

sich der Kreis zu David Tsang aus der Besitzerfamilie)<br />

ist auch der Geld- und Ideengeber für dieses wahrlich<br />

innovative Konzept. Und das ist ebenso schlüssig wie<br />

genial: drei Inseln in Sichtweite, nur ein paar Bootsminuten<br />

voneinander entfernt, drei unterschiedliche<br />

Resorts: Patina (eine Capella-Tochter), Ritz-Carlton,<br />

Capella, drei verschiedene Hotelmarken. Und als<br />

Auferstanden aus den Fluten<br />

Wo sich jetzt die größte der Fari Islands ausbreitet,<br />

war zuvor nichts als der Indische Ozean. Und schon<br />

jetzt sieht Patina so aus, als gäbe es das nachhaltige<br />

Luxusresort schon immer. Und kein Gebäude überragt<br />

die 1500 angepflanzten Palmen<br />

24 Traveller‘s <strong>World</strong>


Far, farther, Fari Islands – das ist der neue Superlativ im Indischen Ozean<br />

Traveller‘s <strong>World</strong><br />

25


malediven<br />

26 Traveller‘s <strong>World</strong>


KLARE KANTE<br />

Bauhaus in Holz, so<br />

nennt General Manager<br />

Marco den Ouden<br />

(rechts, weiter im<br />

Uhr zeigersinn) den Contemporary<br />

Style seines<br />

Resorts, in den sich der<br />

Gast, wenn nicht sofort,<br />

so doch allmählich<br />

verliebt. Minimalistisches<br />

Design prägt auch das<br />

„Flow”, ein Name, dem<br />

man dem Spa des<br />

Patina Maldives sofort<br />

abnimmt. Zerstreuung<br />

und Chill out sind dagegen<br />

im Beach Club des<br />

Fari Marina Village gewünscht,<br />

den die Gäste<br />

aller drei Resort-Inseln<br />

nutzen können<br />

gemeinsame Base eine schicke Marina, in der die Gäste<br />

aller drei Inseln in einem halben Dutzend Restaurants<br />

speisen, im Beach Club chillen, in Boutiquen shoppen<br />

und an der Bar abhängen können.<br />

Das Beste daran: Wo anders nur von Nachhaltigkeit<br />

gesprochen wird, weil es im Trend liegt, wird<br />

auf den Inseln diese Nachhaltigkeit aus Überzeugung<br />

gelebt, alles Plastik wurde aus den Resorts verbannt.<br />

Vom Betrieb von Solarpanels für Villen und Buggies<br />

und dem Recycling von Plastik aus dem Meer bis hin zu<br />

kostenlosen Tauchkursen, um Kindern den Respekt für<br />

die Umwelt, den Ozeanen und den Planeten beizubringen<br />

– auf den Fari Islands ist das Engagement für den<br />

Umweltschutz ein entscheidender Teil der Unternehmensphilosophie.<br />

So schön kann Grün sein.<br />

Contemporary. Life. Style.<br />

Kennen Sie das: Sie sind zum ersten Mal an einem Ort,<br />

und es kommt Ihnen alles vertraut vor? Nur viel<br />

stylischer, großzügiger, schöner? Das ist Patina Maldives,<br />

Fari Islands. Das Design der Flachdach-Bungalows<br />

erinnert ein wenig an Corbusier und Frank Lloyd<br />

Wright, der brasilianische Architekt Marcio Kogan und<br />

sein Team von Studio MK27 haben es aber perfekt<br />

verstanden, die klaren Formen mit Leben zu füllen. Das<br />

viele Holz, das in allen Schattierungen auf Patina Maldives<br />

dominiert, und der Retro-Stil in vielerlei Details tun<br />

ein Übriges dazu, dass sich der Gast zu Hause fühlt,<br />

sobald er die Insel betritt. „Ich persönlich freue mich am<br />

meisten, die Veränderung der Gäste zu sehen, die sich<br />

nach ein paar Tagen Aufenthalt auf der Insel einstellt.<br />

Nach und nach werden sie wieder sie selbst und finden<br />

zu sich zurück“, schildert General Manager Marco Den<br />

Ouden seine Erfahrungen. Das wird ihnen auf Patina<br />

aber auch leicht gemacht. Hier findet jeder schnell<br />

seinen Lieblingsplatz auf der Insel. Unterstützt wird<br />

der Gast dabei von seinem Essentialist, der weit mehr ist<br />

als ein Butler. Er begleitet seine Gäste auf Wunsch bei allen<br />

Aktivitäten, kümmert sich um die Tauchaus rüstung,<br />

bringt die Kleinen in den Kids Club und bucht Plätze in<br />

einem der zwölf Restaurants. Und die haben wahrlich<br />

einiges zu bieten. Vegetarische Küche in Bestform kommt<br />

im „Roots“ auf den Tisch, das – höchst ungewöhnlich –<br />

zugleich auch das Gourmetrestaurant der Insel ist, mediterrane<br />

Küche gibt es im „Helios“, flambierte Fleischgerichte<br />

aus der Region Patagonien im „Brasa“ und eine<br />

Mischung aus japanischer und nordischer Küche im<br />

„Koen“. Dazu kommen Snacks am Pool an der „Veli Bar“<br />

und süße Köstlichkeiten im „Farine“.<br />

Traveller‘s <strong>World</strong><br />

27


malediven<br />

Auf den Malediven gab es über 1000 Inseln. Und jetzt noch drei mehr<br />

28 Traveller‘s <strong>World</strong>


Ehrenrunde<br />

Bloß keine geraden<br />

Linien! Das hatte sich<br />

der in der Branche<br />

bewunderte australische<br />

Architekt Kerry<br />

Hill für die Gestaltung<br />

des ersten Ritz-Carlton<br />

auf den Malediven<br />

vorgenommen. Seine<br />

Inspiration: der „Circle<br />

of Life” und die Wellen<br />

des Indischen Ozeans.<br />

Auch das „uneinsichtige”<br />

kreisförmige Overwater-<br />

Spa kann auf die sonst<br />

üblichen Behandlungsräume<br />

verzichten<br />

Ein Teil dieser Genusstempel liegt im Fari Marina Village am Rande der Insel. Galerien,<br />

Bars, eine Bäckerei, Food Trucks wie der „Go Go Burger“ oder „Tum Tum“, ein<br />

Airstream mit asiatischen Köstlichkeiten machen den Besuch des Village zum besonderen<br />

Erlebnis. Dazu kommen mit Mr. und Mrs. Rake zwei Modeläden, wie sie auch in Paris oder<br />

London stehen könnten. Kein Wunder, steckt doch dahinter das internationale Fashion-<br />

Magazin „The Rake“.<br />

Das Resort bietet insgesamt 90 Strand- und Wasservillen, die sich diskret in die<br />

Vegetation der Insel einfügen. Schon die kleinsten sind mit 170 Quadratmetern mehr als<br />

ausreichend dimensioniert. Highlight ist dabei das großzügige Deck mit Pool, Hängematte<br />

und Außenbadewanne, das dank des vorgezogenen Dachs den Living Room ins Freie<br />

verlängert.<br />

Illustre Runde<br />

Damit befindet sich Patina Maldives in bester Gesellschaft. Denn auch der Nachbar Ritz-<br />

Carlton zeigt sich offen für die Schönheiten des Indischen Ozeans: Geschwungene Wände mit<br />

versenkbaren Schiebetüren und ein geschwungenes Deck, das zu einem privaten Infinity-<br />

Pool führt, lassen bei den hundert eleganten Villen die Grenzen zwischen innen und außen<br />

verschwimmen und unterstreichen den atemberaubenden Panoramablick bis zum Horizont.<br />

Ganz ohne Ecken und Kanten hat Architektenlegende Kerry Hill das Ritz-Carlton<br />

Maldives geplant. Die kreisförmige Architektur soll dabei den Kreislauf des (Insel)Lebens<br />

und die Wellen des Ozeans symbolisieren. Das Ritz-Carlton Spa, luxuriöser Zufluchtsort<br />

über der türkisfarbenen Lagune, kehrt dagegen der spektakulären Umgebung demonstrativ<br />

den Rücken. Nichts soll von den kundigen Händen ablenken, die die Entspannung<br />

suchenden Gäste in den neun Spa-Suiten verwöhnen. Nach außen abweisend, öffnet sich<br />

der ikonische ringförmige Bau dafür umso mehr nach innen – so wollte es Kerry Hill.<br />

Das ultraschicke Insel-Resort besteht eigentlich aus drei Inseln, Nord- und Süd -<br />

insel und einem Mini-Eiland dazwischen, das General Manager Mark Hehir gerne als<br />

Traveller‘s <strong>World</strong><br />

29


alula<br />

Monument<br />

Valley<br />

Das hat die Welt noch nicht gesehen:<br />

eine jahrmillionenalte Felsenlandschaft,<br />

jahrtausendealte Kulturen, zukunftsweisende<br />

Architektur, moderne Kunst. Erst jetzt öffnet sich<br />

AlUla, Saudi-Arabiens Juwel in der Wüste,<br />

langsam dem Westen.<br />

Reinhard Modritz war vor Ort<br />

42 Traveller‘s <strong>World</strong>


Wüstenrot<br />

Im Licht der untergehenden Sonne präsentiert sich der Jabal Al-Fil – wir<br />

nennen ihn einfachheitshalber Elephant Rock – am eindrucksvollsten. Ob<br />

es hier tatsächlich jemals Dickhäuter gegeben hat, kümmert uns nicht<br />

Traveller‘s <strong>World</strong><br />

43


alula<br />

Ich bin Teil einer kleinen Vorhut, die schon bestaunen<br />

44<br />

Traveller‘s <strong>World</strong>


Do you want a date?<br />

Aber ja! Dank der unzähligen Dattelpalmen sind deren Früchte keine<br />

Mangelware, sondern sogar Exportartikel Nummer eins des monumentalen<br />

Tals, das sich jetzt einem neuen Wirtschaftszweig öffnet<br />

darf, was künftigen Touristen bald zugänglich ist


alula<br />

Kontrastprogramm<br />

Die alte Weihrauchstraße, die schon jeher durch die Altstadt von AlUla<br />

führte, gibt es immer noch. Und auch das geschäftige Treiben. Wie eine<br />

futuristische Vision dagegen erhebt sich das Maraya aus der Wüste<br />

46 Traveller‘s <strong>World</strong>


wir Araber lieben die Wüste<br />

nicht“, konstatiert Fürst<br />

Faisal in David Leans<br />

Filmepos „Lawrence von<br />

Arabien“, „denn in der<br />

Wüste ist gar nichts, und<br />

kein Mensch braucht gar nichts.“ Da kann ich<br />

ihm nicht recht geben, zumindest nicht in der<br />

Oase von Al Ula (so die westliche Schreibweise,<br />

aber weil die Araber AlUla buchstabieren,<br />

wollen wir es aus Respekt von nun an<br />

auch so halten), einem magischen Ort 1100<br />

Kilometer nördlich von Saudi-Arabiens<br />

Hauptstadt Riad. Denn sie ist, mitten in der<br />

Wüste, zugleich ein Wunder der Natur und ein<br />

Meisterwerk aus fünf Jahrtausenden menschlichen<br />

Schaffens.<br />

Die Auszeichnung als Weltkulturerbe<br />

wird ihr kaum gerecht, aber mehr hat die<br />

UNESCO als Anerkennung nun mal nicht zu<br />

bieten. Was ich in den kommenden Tagen<br />

sehen werde, raubt mir den Atem und lässt<br />

mich unbedeutsam fühlen angesichts dieser<br />

einzigartigen Kulturlandschaft, die bis jetzt<br />

vor der Welt verborgen blieb. Ich bin Teil einer<br />

kleinen Vorhut, die bereits bestaunen darf, was<br />

künftig internationalen Reisenden zugänglich<br />

gemacht werden soll. Jedenfalls wenn es nach<br />

der Royal Commission for AlUla geht, die<br />

Kronprinz Mohammed Bin Salman aus dem<br />

Königshaus der Saud höchstselbst dafür ins<br />

Leben gerufen hat.<br />

Das große Staunen beginnt schon beim<br />

Anflug auf den kleinen Airport. Minutenlang<br />

schwebt der Airbus A320 der Saudia Airlines<br />

über Schluchten, Gebirgszügen, Inselbergen<br />

aus ockerfarbenem Sandstein, geschliffen<br />

von Wind und Wetter in Millionen von<br />

Jahren, größer und weitläufiger als der Grand<br />

Canyon. Sie würden sich gut als Kulisse für<br />

einen Western machen, nur dass hier einst mit<br />

Weihrauch schwer beladene Karawanen statt<br />

Postkutschen vorbeizogen. Manch eine dieser<br />

bizarren Formationen sieht so aus, als hätte ein<br />

Kind mit Kieseln gespielt und aus Übermut<br />

einen besonders großen Stein obendrauf<br />

gelegt, gespannt, wann er herunterfällt. Aus<br />

dieser sandigen, unwirklichen, nie gesehenen<br />

Szenerie erheben sich da und dort einsame<br />

Monolithen, die der Erosion standgehalten<br />

haben und damit umso spektakulärer wirken.<br />

Bocelli war da. Und<br />

Lionel Richie. Und jetzt zaubert<br />

auch noch Drei-Sterne-<br />

Koch Jason Atherton im<br />

futuristischen Spiegelpalast<br />

Besonders der Jabal Al-Fil, der Elefantenfelsen. Der 50 Meter<br />

hohe Solitär gleicht tatsächlich einem riesenhaften, versteinerten<br />

Dickhäuter.<br />

In der Wüste ist also gar nichts? Noch in einem anderen<br />

Punkt irrte Faisal. Rund um AlUla zeigt die Wüste nämlich ein<br />

sattes Grün. In der Oase liegen die größten Dattelpalmen-<br />

Plantagen des Landes, 2,3 Millionen Palmen sind es insgesamt,<br />

dazwischen jede Menge Zitronen- und Orangenhaine.<br />

Die Bevölkerung lebt hauptsächlich von deren Ernte, und das<br />

nicht schlecht. Doch jetzt träumt man hier von einer goldenen<br />

touristischen Zukunft, ermutigt von der „Vision 2030“, die<br />

der Kronprinz dem Land verordnet hat, um den wirtschaftlichen<br />

und gesellschaftlichen Wandel anzukurbeln. Zu den<br />

ehrgeizigen Projekten gehört neben den 2000 weitgehend<br />

unerschlossenen Kilometern Küste am Roten Meer und der<br />

nachhaltigen Wüstenstadt Neom, in der der Verkehr nur<br />

unterirdisch fließen soll, eben AlUla. Damit öffnet sich das<br />

konservative Saudi-Arabien der westlichen Welt.<br />

der Airport von AlUla ist ab sofort für den<br />

internationalen Luftverkehr geöffnet; die<br />

Lufthansa soll ihn schon bald direkt anfliegen,<br />

und Touristenvisa werden neuerdings online<br />

erteilt. Zudem soll es rund um die Oase<br />

legerer zugehen, die Geschlechtertrennung<br />

aufgehoben werden und irgendwann sogar das strenge<br />

Alkoholverbot in Hotels fallen. Fast noch bemerkenswerter:<br />

Vorislamische Kulturen, von strenggläubigen Saudis bislang<br />

ignoriert, werden endlich als die Schätze begriffen, mit denen<br />

man wuchern kann.<br />

„Ägypten hat Gizeh und Luxor, Saudi-Arabien hat<br />

AlUla“, zieht der Holländer Douwe de Jong, einer der<br />

führenden Köpfe der Royal Commission, die Parallele. Wie<br />

jeden Morgen hatte Mustafa Mohamed, der Fahrer unseres<br />

Landcruisers, in seiner weißen Qamis, dem traditionellen<br />

Gewand, vor der Tür meines Hotels gewartet (weiß der<br />

Himmel, wie er es schafft, trotz des roten Wüstenstaubes<br />

immer wie aus dem Ei gepellt zu erscheinen). Nun sind wir<br />

unterwegs nach Hegra, wo uns die nächste Sensation<br />

erwartet.<br />

Die antike Handelsmetropole mit ihren Gräbern von<br />

Madain Saleh wäre überall sonst wohl ein Ort, wo Imbissbuden<br />

und Souvenirhändler lautstark ihre Waren anbieten und<br />

sich Reisegruppen gegenseitig auf die Füße treten. Wir jedoch<br />

können die grandiosen Werke der alten Baumeister fast<br />

ungestört bestaunen. Die Nabatäer schlugen hier um die<br />

Traveller‘s <strong>World</strong><br />

47


winter special<br />

aufwärm-phasen<br />

In diesen Ski-Resorts<br />

haben Sie richtig viel Spas<br />

magic moments<br />

Der Winter ist schön?<br />

Manche Erlebnisse machen<br />

ihn unvergesslich<br />

eiskristalle<br />

Die besten Adressen in<br />

Cortina, Kitzbühel,<br />

Courchevel und Gstaad<br />

après chic<br />

Unsere Traum-Chalets<br />

in den Alpen<br />

den BogneR Raus<br />

die neue skimode möchte man gar<br />

nicht mehr ausziehen. Seite 74<br />

Foto: Bogner<br />

Redaktion: Christine von Pahlen<br />

Traveller‘s <strong>World</strong><br />

57


winter-special schöner wohnen<br />

Retro-Charme<br />

Wie aus der Zeit gefallen: der Hirschen<br />

in Schwarzenberg, ein perfektes Duo<br />

aus Hotel und Gasthof mit bester<br />

regionaler Küche. Einzigartig: die traditionelle<br />

Bregenzerwälder Architektur<br />

58 Traveller‘s <strong>World</strong>


snow, sweet<br />

home<br />

cool oder kultig. pisten-stopp oder<br />

Rückzugsort. hütte oder hightech-hotspot:<br />

die schönsten winteradressen in den alpen<br />

Es verändert sich etwas in den winterlichen Alpen. Noch<br />

in jüngerer Vergangenheit verband man den Traum von<br />

Auszeit im Schnee vor allem mit Skifahren, wollte gleich nach dem<br />

Frühstück per Lift oder Gondel auf jungfräulich präparierte Pisten.<br />

Doch der alpine Wintersport ist auf dem Rückzug. Laut Statistik<br />

war in den letzten Jahren nur noch die Hälfte der Winterurlauber<br />

auf den Pisten unterwegs. Stattdessen besinnen sie sich darauf, wie<br />

es früher war, und brechen mit Proviant im Rucksack und Fellen<br />

unter den Brettern zu Touren auf. Finden Freude am Prinzip der<br />

Langsamkeit und nehmen sich Zeit, die märchenhafte Winterlandschaft<br />

in Ruhe zu genießen. Andere schnallen sich tennisschlägergroße<br />

Schneeschuhe unter und durchstreifen ohne festen Plan<br />

das Winterwunderland. Treffen sich zu nächtlichen Fackelwanderungen<br />

oder verwöhnen sich mit einer romantischen Pferdeschlittenfahrt.<br />

Dabei bleiben sie den legendären Hochburgen des Wintersports<br />

treu.<br />

Zum Beispiel Verbier. Hier hat der britische Entrepreneur,<br />

Ballonfahrer und Weltraum-Reisende Richard Branson schon vor<br />

Jahren eine Luxuslodge in seine kleine feine Hotel-Kollektion integriert.<br />

The Lodge Verbier ist ein 18-Gäste-Haus mit 24-stündigem<br />

Chauffeur-Service, frei stehenden Badewannen, römischem<br />

Dampfbad und einer All-inclusive-Philosophie, die es den Gästen<br />

etwa erlaubt, nach Lust und Laune beste Weine und Champagner<br />

zu genießen. Wer das noch toppen möchte, bucht das Chalet<br />

Black Pearl in Courchevel. Hier ist alles größer und großartiger<br />

als anderswo, der XXL-Pool, die ultramoderne Designerküche, die<br />

überdimensionalen Sitzlandschaften oder das hochkarätige Private<br />

Spa. Ein eigener Küchenchef und Chauffeur sind Standard.<br />

Designaffine Winterfans werden auch in der Schweizer<br />

Bergwelt fündig. Bestes Beispiel ist The Omnia über<br />

den Dächern von Zermatt. Der aus den USA stammende Architekt<br />

Ali Tayar hatte zeitgemäße amerikanische Lodges vor Augen, als er<br />

hinter der holzverkleideten Fassade des 30-Zimmer-Hotels Design-<br />

Klassiker mit Mid-Century-Objekten mixte.<br />

Was die Nobelorte in den französischen Alpen betrifft, hält<br />

Megève eine Sonderstellung. Hätte nicht Noémie, die Mutter von<br />

Baron Edmond de Rothschild, in den 1920er-Jahren nach einer<br />

Alternative zu St. Moritz gesucht, läge das kleine Bergdorf womöglich<br />

noch im Winterschlaf. Megève wurde durch ihr Engagement<br />

zu einem der begehrtesten Skiorte weltweit. Nicht umsonst nannte<br />

Jean Cocteau den Ort das 21. Arrondissement von Paris. In zweiter<br />

Generation eröffneten Benjamin de Rothschild und seine Frau<br />

Ariane auf ihrem Terroir das Four Seasons Hotel Megève mit<br />

55 Zimmern und Suiten sowie die drei Luxus-Chalets du Mont<br />

d’Arbois, eingerichtet von dem französischen Interior-Papst Pierre-<br />

Traveller‘s <strong>World</strong><br />

59


stay<br />

ROLLING STONES Wind und Wetter<br />

haben die Riesen-Kiesel in Jahrmillionen<br />

geschliffen – unvergessliche Kulisse<br />

für romantische Strandspaziergänge<br />

82 Traveller‘s <strong>World</strong>


Praslin<br />

contemporary<br />

Wenn bei uns das Thermometer<br />

unter null fällt, tauschen Sie<br />

doch Ihre UGGs gegen Flip-Flops.<br />

Wir hätten da eine Empfehlung<br />

Traveller‘s <strong>World</strong><br />

83


stay<br />

HANG ZUM LUXUS Bis hoch in die steilen Flanken des Granitmassivs<br />

steigen die 86 Pool-Villen des Resorts – grandiose Ausblicke garantiert.<br />

Im Sanctuary werden elf gerettete Riesenschildkröten wieder aufgepäppelt,<br />

zu den Futterstellen für Gäste geht’s per Wegweiser<br />

84 Traveller‘s <strong>World</strong>


stay<br />

Like a sea of Swarovski crystals“, kiekst die Lady aus UK verzückt.<br />

„Magnificent!“, bestätigt die andere. Tatsächlich ist dies<br />

die schönste Stunde des Tages, wenn die rote Sonne, nein, nicht<br />

bei Capri, sondern vor Praslin im Meer versinkt und die Wellen<br />

vielfarbig glitzern lässt. Am Anse Takamaka oder Anse Boudin, den beiden<br />

Vorzeigestränden des Raffles Seychelles, herrscht jetzt Ausnahmestimmung,<br />

angeheizt vom vorabendlichen Blick auf die Nachbarinsel Curieuse<br />

und ein bisschen auch von den Drinks, die die Beach Boys reichen.<br />

Als Raffles vor zehn Jahren im Nordosten der Insel eröffnete, gab<br />

es dergleichen nicht auf den Seychellen. Man sah Blechdächer statt<br />

Walmdach-Romantik, Beton statt Holzbalken, urbanes Flair statt Postkartenidylle.<br />

Seitdem hat dichte Vegetation die Regie im ganzen Resort<br />

übernommen, es blüht in allen Farben und duftet nach Vanille und Zitronengras.<br />

Inmitten dieses Garten Eden steigen 86 klar und cool gestaltete<br />

Wohnfühlvillen den Hang hinauf, zu ihren Füßen breiten sich zeitgeistige<br />

Bars und Restaurants aus.<br />

Die Rooftop Lounge auf der Takamaka Terrace kann mit angesagten<br />

Dachbars in London oder Paris mithalten. Hierher lädt die Herrin des Hauses,<br />

Salwa Razzouk, zum wöchentlichen Cocktail und feinem Fingerfood. Die beiden<br />

Restaurants, das „Curieuse“ und das „Losean“, bieten regional inspirierte<br />

Küche vom Besten und einen bemerkenswert bestückten Weinkeller. Wer es<br />

Traveller‘s <strong>World</strong><br />

85


taste<br />

S.A.L.T. &<br />

Pepper<br />

Wie kein anderer Luxusliner<br />

holt die Silver Moon, neues<br />

Flaggschiff und ganzer<br />

Stolz der Reederei, die Küche<br />

der Länder einer Kreuzfahrt<br />

mit ins Boot<br />

Text Reinhard Modritz<br />

P<br />

rächtig spiegelt<br />

sich der Silbermond<br />

in der Sonne<br />

Griechenlands.<br />

Ein bisschen mit<br />

Besitzerstolz schauen die Passagiere, die sich am Rande<br />

des Vulkankraters zum Lunch im „Vezené“, dem angesagtesten<br />

Restaurant von Santorin eingefunden haben, auf<br />

ihre Silver Moon. Die Tischgesellschaft genießt den grandiosen<br />

Ausblick auf die berühmte Caldera, vor allem aber<br />

genießt sie den Lunch. So weit nichts Ungewöhnliches auf<br />

einer Kreuzfahrt, wäre nicht Adam Sachs mit von der Partie.<br />

Der vielfach preisgekrönte Food-Autor und langjährige<br />

Chefredakteur des US-Gourmetmagazins „Saveur“<br />

ist heute Kopf und Seele von S.A.L.T. Das steht für „Sea<br />

and Land Taste“ und soll das gesamte Urlaubserlebnis sowohl<br />

an Bord der Silver Moon als auch an Land prägen.<br />

Die Silver Moon ist das neunte Schiff der Silversea-<br />

Flotte und der ganze Stolz der Reederei aus Monaco. Die<br />

Fincantieri-Werft hat den Luxusliner jüngst fertiggestellt,<br />

Fotos: Lucia Griggi<br />

108 Traveller‘s <strong>World</strong>


BACKE, BACKE<br />

KUCHEN Im S.A.L.T.<br />

Lab schlägt das kulinarische<br />

Herz der Silver<br />

Moon. Hier werden<br />

Rookies zu Hobbyköchen<br />

und Hobbyköche<br />

zu Profis. Aber<br />

Vorsicht: Gegessen<br />

wird, was auf den Tisch<br />

kommt …


taste<br />

er ist nahezu baugleich mit dem Schwesterschiff<br />

Silver Muse. Mit einem entscheidenden Unterschied.<br />

Die Moon hat ein wegweisendes neues<br />

Foodkonzept an Bord, und Adam Sachs soll es mit<br />

Leben füllen.<br />

Die Idee dahinter ist ebenso einfach wie<br />

genial: Die meisten Kreuzfahrtschiffe<br />

der Luxusklasse verfügen über eine<br />

ausgezeichnete Gastronomie, aber<br />

S.A.L.T. will noch einen Schritt weiter gehen. „Wir schauen<br />

uns jede Reiseroute der Silver Moon an und fragen uns: Welche Geschichte<br />

erzählt das Essen und Trinken dieses Landes und dieser Region?“, erklärt<br />

Sachs. „Und wie können wir ein Erlebnis schaffen, das hilft, in den<br />

Mittelpunkt dessen zu rücken, was jeden Ort besonders macht? Welche<br />

Geschmacksrichtungen und Zutaten dürfen hier nicht fehlen?“<br />

Dazu geht Sachs mit seinem Team quasi als Vorhut entlang der Route<br />

auf Recherche-Tour. Für die griechischen Inseln auf der Mittelmeer-<br />

Kreuzfahrt hat er Winzer besucht, Oliven-Bauern, eine Ouzo-Destillerie,<br />

Käsereien, Bio-Farmer und sorgfältig ausgewählte Restaurants, wie<br />

ebendas „Vezené” auf Santorin. Dort sitzt unsere kleine Gruppe nun<br />

und diskutiert, was sie bei ihren Landausflügen von Yiannis Karonis,<br />

dem Ouzo-Brenner in fünfter Generation, gelernt hat und über die<br />

Neuin terpretation alter griechischer Rezepte von Nicholas Tsakiris. Den<br />

Das gibt’s nur einmal. Jedenfalls<br />

bis im Frühjahr die Silver Dawn in<br />

See sticht. Auch auf dem Schwesterschiff<br />

der Moon werden Foodies<br />

dann auf ihre Kost(en) kommen<br />

110 Traveller‘s <strong>World</strong>


Kochbuchautor von „Sea, Salt<br />

and Honey“ hatten wir gestern in<br />

Nafplion besucht.<br />

Abends finden sich dann einige<br />

seiner Kreationen auf der<br />

Speisekarte der „S.A.L.T. Kitchen“<br />

wieder, dem ganz besonderen<br />

Spezialitäten-Restaurant der Silver<br />

Moon. Das bemerkenswerte<br />

Konzept: Menü und Weinempfehlungen<br />

wechseln, je nachdem in<br />

welchem Land der Cruiseliner gerade<br />

vor Anker liegt. Auf unserer<br />

Cruise sind das Spanien, Italien,<br />

Zypern und Griechenland – ein<br />

Kraftakt für die Küchen-Crew.<br />

S.A.L.T. HOCH DREI In sachen lokale<br />

Küche mag man bei silversea Cruises keine<br />

halben sachen. deshalb gibt es auf der<br />

silver Moon auf deck 4 zum Kochlabor die<br />

„Kitchen” und zum restaurant die Bar. die<br />

maximal 596 Passagiere finden es toll<br />

Für die leidenschaftlichen<br />

Genießer unter<br />

den Gästen hat die<br />

Schiffswerft auf Deck 4<br />

außerdem das S.A.L.T.-Labor eingerichtet,<br />

Silver Moons Hightech-<br />

Zentrum für kulinarische Workshops.<br />

Zu den Angeboten dieser<br />

Woche gehören Kurse wie „Die<br />

wilde Insel: Warum das Essen auf<br />

Kreta das beste Griechenlands ist“,<br />

„Wie man Mezze zubereitet“ und<br />

ein köstlich verlockendes „Cook<br />

the Menu: Moussaka“.<br />

Wir lassen den Abend in der „S.A.L.T. Bar“ neben<br />

dem Restaurant ausklingen. Und uns von Carlos einen<br />

„Gateway“ mixen. Den hat der Barkeeper so genannt,<br />

weil in ihn sozusagen die Stationen unserer Reise einfließen:<br />

spanischer Sherry, Griechenlands Brandy Metaxa<br />

und Solerno, ein Blutorangenlikör aus Italien.<br />

Bei aller Schwärmerei sollte erwähnt werden,<br />

dass das kulinarische Angebot auf der Moon noch<br />

viel vielseitiger ist. Die maximal 596 Passagiere können<br />

sich unter satten acht Restaurants entscheiden,<br />

von Silverseas charakteristischem Hot-Rocks-Konzept<br />

im „The Grill“ bis hin zu authentischer japanischer<br />

Küche im „Kaiseki“. Aber der eigentliche Star<br />

ist, der Run auf die Tischreservierungen belegt dies,<br />

die „S.A.L.T. Kitchen“.<br />

Adam Sachs jedenfalls freut sich schon auf<br />

die Routen im Winter, wenn die Silver Moon nach<br />

Thailand, Indonesien oder Bali unterwegs ist. Und<br />

auf die Silver Dawn, dann zehntes Schiff der Flotte,<br />

die im Frühjahr 2022 zu ihrer Jungfernfahrt aufbrechen<br />

soll. Sie wird das S.A.L.T.-Konzept ebenfalls um<br />

die Welt tragen. silversea.com/de/schiffe/silver-moon<br />

Traveller‘s <strong>World</strong> 111


taste<br />

München, mmh!<br />

Hochambitionierte Neueröffnungen,<br />

junge Frauenpower und ein Drei-<br />

Sterne-Koch vor dem Neustart – die<br />

genuss orientierte Bayern-Kapitale ist<br />

auf dem besten Weg zur deutschen<br />

Gourmethauptstadt<br />

Text Patricia bröhm<br />

114 Traveller‘s <strong>World</strong>


Traveller‘s <strong>World</strong> 115


taste<br />

Tantris“ reloaded, Tohru Nakamuras<br />

brandneue „Schreiberei“<br />

und das große Rätselraten um<br />

Jan Hartwigs eigenes Restaurant<br />

– in keiner anderen deutschen Metropole ist<br />

die Fine-Dining-Szene derzeit so aufregend<br />

wie in München. Klar, kulinarische Trends<br />

wurden zuletzt eher in Berlin gesetzt, wo sich<br />

ein Küchenchef nach dem anderen mit puristischer<br />

Regionalküche nach „Noma“-Muster<br />

zu profilieren suchte. Doch diese Bewegung<br />

hat ihren Zenit längst überschritten, die<br />

co ronagebeutelte Hauptstadtszene ist damit<br />

beschäftigt, sich neu zu orientieren.<br />

Im hedonistischen München ist man<br />

weiter, was die genussorientierte Gourmetküche<br />

angeht. Mit Tohru Nakamura und Jan<br />

Hartwig wagen zwei große Köche der<br />

jüngeren Generation den Schritt in die<br />

Selbstständigkeit, auch bewährte Schlachtschiffe<br />

wie „Tantris“ und Bayerischer Hof<br />

setzen auf junge Talente – und nirgendwo in<br />

Deutschland ist Spitzenküche derzeit so<br />

weiblich geprägt wie an der Isar. Sigi Schellings<br />

erstes eigenes Lokal, Nathalie Leblond<br />

im „Les Deux“ und Virginie Protat im neuen<br />

„Tantris DNA“ – drei Frauen mit hohem<br />

Sternepotenzial. Dazu passt, dass Anfang<br />

Dezember das „Tantris“ 50. Geburtstag feiert<br />

– das Kult-Restaurant mit dem poppigen<br />

Interieur galt in den 1970er-Jahren als Wiege<br />

des sogenannten „deutschen Küchenwunders“,<br />

bis Mitte der 1990er-Jahre blieb<br />

München die führende kulinarische Metropole<br />

in Deutschland. Ende 2021 darf man<br />

sagen: München leuchtet wieder.<br />

116 Traveller‘s <strong>World</strong>


Himmelsstürmer<br />

In München wartet<br />

man mit Spannung auf<br />

den nächsten Michelin:<br />

Anton Gschwendtner<br />

will seine Auszeichung<br />

im „Atelier” halten, Sigi<br />

Schelling könnte bald<br />

ihren ganz eigenen<br />

Sterneglanz bekommen<br />

Atelier: Neuer Koch, neues Glück?<br />

Eigentlich strahlt das vom belgischen Interior-Design-<br />

Guru Axel Vervoordt gestaltete Gourmetrestaurant im<br />

Bayerischen Hof mit seinem noblen Mix aus Naturmaterialien<br />

und gedeckten Tönen viel puristische Ruhe und<br />

gelassene Weltläufigkeit aus. Im Sommer aber wurde es von<br />

einem mittleren Beben erschüttert: Jan Hartwig, gefeierter<br />

Darling der deutschen Gourmetszene, schmiss überraschend<br />

hin. Sein neues Ziel: die Selbstständigkeit. Mit dem<br />

Mann, der dem Haus und der Stadt München die lange<br />

vermissten drei Michelin-Sterne erkochte, ging fast das<br />

ganze Restaurantteam. Bayerischer-Hof-Chefin Innegrit<br />

Volkhardt bewies Führungsqualitäten und stellte innerhalb<br />

kürzester Zeit ihre neue Equipe vor. Dieser Tage ist Eröffnung:<br />

Küchenchef wird Anton Gschwendtner, der zuletzt<br />

im Stuttgarter „Olivo“ mit seinem von der französischen<br />

Moderne geprägten Küchenstil samt asiatischen Einflüssen<br />

zwei Sterne errang.<br />

Prognose: Die Messlatte für Gschwendtner liegt in<br />

schwindelnder Höhe. Der 37-Jährige braucht auf jeden Fall viel<br />

Gelassenheit – in Zukunft wird wohl mindestens ein Stern<br />

weniger über dem Promenadeplatz strahlen.<br />

bayerischerhof.de<br />

Werneckhof Sigi Schelling:<br />

Die neue Frauenpower<br />

Von den „Tantris“-Stammgästen der Ära Hans Haas mit<br />

Sehnsucht erwartet und seit der Eröffnung von Reservierungsanfragen<br />

geradezu überschüttet: Das erste eigene<br />

Lokal von Sigi Schelling ist ein Selbstläufer. 14 Jahre lang<br />

war die 44-Jährige Haas’ Souschefin, die beiden waren wie<br />

Pech und Schwefel. „Meine rechte Hand“, nannte er sie.<br />

„Und meine linke.“ Klar, dass „der Chef“ – das ist er für sie<br />

noch immer – so etwas wie der Schutzpatron des „Werneckhofs“<br />

ist. Der Erfolg aber gebührt ihr ganz allein. Die<br />

Bauerntochter aus dem Bregenzerwald ist längst dabei,<br />

ihren eigenen Stil zu definieren: „Beste Produkte, perfekt<br />

gekocht. Kein Firlefanz.“ Saibling aus der Vorzeige-Fischzucht<br />

Birnbaum lässt sie ganz sanft zu perfekter Konsistenz<br />

ziehen, dazu serviert sie safransattes Fenchelpüree und<br />

schaumig-leicht erfrischenden Buttermilch-Limonen-Fond;<br />

Lammkotelett wird im Ganzen perfekt rosa gebraten, dann<br />

am Tisch tranchiert. Und auch das legendäre Lauchpüree<br />

mit Kaviar und Nussbutter ist wieder da! Und zwar das<br />

Original, wie sie und Haas es im „Tantris“ servierten – im<br />

Gegensatz zu den diversen Kopien, die in letzter Zeit über<br />

Münchner Speisekarten geistern. Ach ja: Die Weinkarte<br />

stellte keine Geringere als Paula Bosch zusammen.<br />

Prognose: Dieser Neustart ist definitiv sterneverdächtig.<br />

Und: Viele Ex-„Tantris“-Stammgäste werden hier eine<br />

neue Heimat finden.<br />

werneckhof-schelling.de<br />

Traveller‘s <strong>World</strong> 117

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