Materialmappe_Die Wand_Endfassung
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ROBINSONADE<br />
Das Motiv der Robinsonade fasziniert seit Jahrhunderten die Literaturgeschichte. Ausgehend von Daniel<br />
Defoes 1719 erschienenen Roman ROBINSON CRUSOE fand die Erzählung bereits nach kurzer Zeit<br />
zahlreiche Imitationen.<br />
Zentrales Motiv in Defoes Roman bildet dabei der Konflikt zwischen Natur und Zivilisation sowie dem<br />
Individuum und der Gesellschaft. Gestrandet auf einer einsamen Insel wird Defoes Protagonist Robinson<br />
in den Naturzustand zurückversetzt und ist gezwungen, fernab von jeglicher Zivilisation zu überleben.<br />
In der Natur muss sich nun die Überlegenheit des Menschen beweisen.<br />
Im Laufe des 18. Jahrhunderts erschienen zahlreiche Bearbeitungen des Robinson-Stoffes. Der<br />
1779/80 erschienene Roman ROBINSON DER JÜNGERE von Joachim Heinrich Campes erreichte bis zum<br />
Ende des Jahrhunderts 119 Auflagen und wurde zu einem der einflussreichsten Bücher seiner Zeit. Im<br />
Unterschied zu Daniel Defoe verfasste Campes seine Erzählung in Dialogform und bezog die aufklärerischen<br />
Erziehungsgedanken Jean-Jacques Rousseaus mit ein.<br />
Im 19. und 20. Jahrhundert erschienen nur noch wenige klassische Robinsonaden. <strong>Die</strong> Themen Isolation<br />
und das physische Leben blieben dabei immer gleich. So auch in Marlen Haushofers Roman DIE<br />
WAND. <strong>Die</strong> Frage, ob es sich bei dem Roman um eine Robinsonade handelt, ist in der Literaturgeschichte<br />
umstritten. Doch auch wenn nicht alle Aspekte der Gattung erfüllt werden, findet sich dennoch<br />
eine gewisse Nähe zur Robinsonade.<br />
Wie Robinson Crusoe findet sich Haushofers Protagonistin isoliert von der Zivilisation wieder – ohne<br />
selbst die Entscheidung getroffen zu haben. Auch sie wird in der Natur dem Überlebenskampf ausgesetzt,<br />
kämpft um das physische Überleben und reflektiert fortan ihr bisheriges Leben.<br />
Der große Unterschied zwischen herkömmlichen Robinsonaden und DIE WAND liegt jedoch in dem<br />
Geschlecht der Protagonistin. Marlen Haushofer rückt mit ihrer weiblichen Protagonistin Themen wie<br />
die weibliche Selbstfindung und Selbstbestimmung in den Vordergrund….<br />
Diskutieren Sie mit Ihren Schüler*innen: Handelt es sich bei DIE WAND um eine Robinsonade? Welche<br />
Gründe sprechen dafür? Welche dagegen?<br />
Theaterpädagogisches Begleitmaterial I Klara Ring I Telefon: 03981 277170 I E-Mail: k.ring@tog.de