Materialmappe_Die Wand_Endfassung
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KAPITEL 4: ANREGUNGEN FÜR DEN UNTERRICHT<br />
MENSCH UND GESELLSCHAFT<br />
Der Roman DIE WAND lässt mehrere plausible Interpretationen zu. 1963 vor dem Hintergrund des<br />
Kalten Krieges, dem Wettrüsten der Supermächte und der damit einhergehenden Angst vor einem<br />
bevorstehenden Atomkrieg, entstand der Roman in einer Zeit der vielen Möglichkeiten. Traditionen<br />
wurden aufgebrochen, der technische Fortschritt und einhergehend damit die Globalisierung schritten<br />
voran. <strong>Die</strong>se Möglichkeiten führten gleichzeitig jedoch auch einen Identitätsverlust und eine Entfremdung<br />
der Gemeinschaftlichkeit mit sich. Als Gegenentwurf rückte für viele Menschen die Natur als<br />
Ordnungssystem wieder ins Zentrum – so auch in DIE WAND. <strong>Die</strong> Ich-Erzählerin kommentiert dabei<br />
direkt ihr vorheriges Leben unter dem gesellschaftlichen Erwartungsdruck als Mutter und Frau aber<br />
auch allgemein als Mensch („Der einzige Feind, den ich in meinem bisherigen Leben gekannt hatte,<br />
war der Mensch gewesen.“, S. 23). Dabei stellt die Protagonistin keine Aussteigerin dar, die sich aktiv<br />
gegen die Gesellschaft entscheidet und bewusst die Flucht in die Natur antritt. Stattdessen ist sie diesem<br />
Zustand plötzlich ausgesetzt ohne sich aus freiem Willen dafür zu entscheiden. <strong>Die</strong> Zivilisationskritik<br />
von Marlen Haushofer zeigt sich somit nicht in einem auflehnenden Charakter. Stattdessen stellt<br />
die Kritik, die erst durch die erzwungene Distanz zur zivilisierten Welt entsteht, eher eine Art der Selbstreflexion<br />
dar.<br />
Theaterpädagogisches Begleitmaterial I Klara Ring I Telefon: 03981 277170 I E-Mail: k.ring@tog.de