Pilotstudie Oberes Donautal - EZB (Eberstaller-Zauner Büros)
Pilotstudie Oberes Donautal - EZB (Eberstaller-Zauner Büros)
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<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Gewässerökologische Evaluierung neugeschaffener Schotterstrukturen<br />
im Stauwurzelbereich des Kraftwerks Aschach<br />
Gerald <strong>Zauner</strong>, Peter Pinka & Otto Moog<br />
Im Auftrag der Wasserstraßendirektion<br />
Wien, im Oktober 2001<br />
Impressum:<br />
Herausgeber & Verleger: Wasserstraßendirektion • Hetzgasse 2, 1030 Wien.<br />
Gestaltung und Satz: Norbert Novak • 1080 Wien.<br />
Druck: Beham-Druck • 4090 Engelhartszell.<br />
1
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Zum Geleit<br />
Die Donau nimmt als Verkehrsweg eine herausragende<br />
Stellung innerhalb der transeuropäischen<br />
Verbindungen ein. Sie darf als Fließgewässer<br />
nicht nur der Nutzung als Wasserstraße,<br />
als Freizeitraum oder Energielieferant für<br />
den Menschen dienen, sondern muss auch als<br />
komplexer Lebensraum für verschiedenste Tiere<br />
und Pflanzen gesehen werden. Diesem Umstand<br />
wird bei der Erhaltung der Schifffahrtsrinne<br />
durch die Wasserstraßendirektion in verantwortungsvoller<br />
Weise Rechnung getragen.<br />
Grundlage für jegliche Baumaßnahme in der<br />
Donau ist die Kenntnis über deren gewässerökologische<br />
Zusammenhänge. Die vorliegende<br />
Studie stellt den Endpunkt einer Serie von Untersuchungen<br />
dar, die die Verbesserung der Lebensbedingungen<br />
für gefährdete Arten in den<br />
staugeregelten Abschnitten der österreichischen<br />
Donau zum Ziel haben.<br />
Bereits seit 15 Jahren werden von der Wasserstraßendirektion<br />
Verbesserungsmaßnahmen<br />
durchgeführt, die darauf abzielen, die Stauwurzelbereiche<br />
der Stauräume zu revitalisieren<br />
und für gefährdete strömungsliebende Arten<br />
Lebens- und Rückzugsräume zu schaffen. In<br />
einem europaweit einzigartigen Pilotprojekt<br />
wurde im Raum Engelhartszell der Stauwurzelbereich<br />
des Kraftwerks Aschach mit etwa<br />
60.000 m 3 Schotter in Ufernähe strukturiert.<br />
2<br />
Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie<br />
Nach Abschluss der Arbeiten wurde von der<br />
Abteilung für Hydrobiologie der Universität für<br />
Bodenkultur der Erfolg der Maßnahmen mit einem<br />
umfangreichen Monitoringprogramm im<br />
Auftrag der Wasserstraßendirektion begleitet.<br />
Die Ergebnisse dieser Untersuchung liegen<br />
nunmehr als Bericht vor und lassen die durchgeführten<br />
Verbesserungsmaßnahmen als großen<br />
Erfolg erscheinen.<br />
So wurde in den Untersuchungen ein signifikanter<br />
Anstieg bei den Reproduktionszahlen<br />
der standorttypischen Leitfischart, der Nase<br />
nachgewiesen. Durch die Erhöhung der Lebensraumdiversität<br />
konnte die Artenvielfalt der<br />
Benthosorganismen vergrößert werden.<br />
All diese positiven biologischen Effekte<br />
konnten mit den vielfältigen Nutzungsformen<br />
am Donaustrom wie Schifffahrt, Energieerzeugung,<br />
Tourismus und Hochwasserschutz durch<br />
eine beispielhafte Planung, Ausführung und<br />
Beweissicherung in Einklang gebracht werden.<br />
Zusammenfassend können die durchgeführten<br />
Maßnahmen als erfolgreiche Methode zur<br />
ökologischen Verbesserung von Stauwurzelbereichen<br />
der österreichischen Donau betrachtet<br />
werden.<br />
Bundesministerin<br />
Dipl.Ing. Dr. Monika Forstinger
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Gewässerökologische Evaluierung neugeschaffener Schotterstrukturen<br />
im Stauwurzelbereich des Kraftwerks Aschach<br />
Gerald <strong>Zauner</strong>, Peter Pinka & Otto Moog<br />
BearbeiterInnen der Beiträge<br />
Abiotik und Strukturierungsmaßnahmen: <strong>Zauner</strong> G. & M. Renk<br />
Fischökologie: Pinka P. & G. <strong>Zauner</strong><br />
Evaluierung neugeschaffener Uferstrukturierungen im Stauwurzelbereich<br />
des Kraftwerks Aschach anhand der wirbellosen Bodenfauna:<br />
Schmidt-Kloiber A., Nesemann H., Moog O., Graf W. & B. Baumgartner<br />
MitarbeiterInnen<br />
M. Car<br />
K. Egger<br />
A. Eisner<br />
R. Hartwig<br />
M. Hinterhofer<br />
C. Hörl<br />
M. Hochfellner<br />
S. Hohensinner<br />
G. Hollerer<br />
G. Holzer<br />
B. Janecek<br />
J. Kodada<br />
A. Melcher<br />
T. Ofenböck<br />
A. Römer<br />
E. Schager<br />
F. Sporka<br />
M. Straif<br />
S. Urbanek<br />
C. Wiesner<br />
R. Wimmer, Büro ORCA<br />
A. Zitek<br />
Universität für Bodenkultur<br />
Institut für Wasservorsorge, Gewässerökologie<br />
& Abfallwirtschaft<br />
Abteilung für Hydrobiologie,<br />
Fischereiwirtschaft und Aquakultur<br />
Leiter: O.Univ.Prof.Dr. M. Jungwirth<br />
Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie<br />
Wasserstraßendirektion<br />
Wien, im Oktober 2001<br />
3
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Einleitung und Zielsetzung ........................................................................................................................ 7<br />
2 Problemstellung .......................................................................................................................................... 9<br />
3 Untersuchungsgebiet ................................................................................................................................ 11<br />
3.1 Kurzcharakteristik der Donau in Österreich und im Untersuchungsgebiet..............................................11<br />
3.2 Anthropogene Veränderungen der Donau im Untersuchungsgebiet ........................................................12<br />
4 Gewässerökologisches Leitbild ................................................................................................................ 14<br />
4.1 Allgemeines ....................................................................................................................................................14<br />
4.2 Flusstypische Komponenten im Oberen <strong>Donautal</strong> .....................................................................................15<br />
5 Kurzanalyse bestehender Defizite im Untersuchungsgebiet<br />
und Zielsetzung von Maßnahmen ........................................................................................................... 15<br />
6 Umsetzung der Strukturierungsmaßnahmen.........................................................................................17<br />
6.1 Bauausführung ...............................................................................................................................................17<br />
6.2 Beschreibung der Strukturierungsbereiche .................................................................................................18<br />
6.2.1 Struktur Fallau (Strecke 5) ................................................................................................................18<br />
6.2.2 Struktur Kramesau (Strecke 15) .......................................................................................................20<br />
6.2.3 Struktur Luger (Strecke 17) ...............................................................................................................20<br />
6.2.4 Hakenbuhne Saagbachmündung (inkl. Strecke 7) .........................................................................21<br />
7 Morphologische und sedimentologische Evaluierung der Strukturierungsmaßnahmen ................. 22<br />
7.1 Methodik ........................................................................................................................................................22<br />
7.1.1 Vermessung ........................................................................................................................................22<br />
7.1.2 Sedimente...........................................................................................................................................23<br />
7.2 Struktur Fallau................................................................................................................................................24<br />
7.2.1 Morphologie ......................................................................................................................................24<br />
7.2.2 Sedimente...........................................................................................................................................27<br />
7.3 Struktur Kramesau .........................................................................................................................................28<br />
7.3.1 Morphologie ......................................................................................................................................28<br />
7.3.2 Sedimente...........................................................................................................................................31<br />
7.4 Struktur Luger ................................................................................................................................................32<br />
7.4.1 Morphologie ......................................................................................................................................32<br />
7.4.2 Sedimente...........................................................................................................................................33<br />
7.5 Ergebnisse und Schlussfolgerungen.............................................................................................................34<br />
8 Fischökologische Evaluierung der Strukturierungsmaßnahmen ........................................................ 38<br />
8.1 Allgemeines ....................................................................................................................................................38<br />
8.2 Methodik ........................................................................................................................................................39<br />
8.2.1 Untersuchungsgebiet .........................................................................................................................39<br />
8.2.2 Befischungsmethodik ........................................................................................................................39<br />
8.2.2.1 Elektrofischerei ..................................................................................................................40<br />
8.2.2.2 Uferzugnetz ........................................................................................................................40<br />
8.2.2.3 Langleinen ..........................................................................................................................41<br />
8.2.2.4 Termine ..............................................................................................................................41<br />
8.2.3 Grundgesamtheiten ...........................................................................................................................41<br />
8.3 Artenspektrum ...............................................................................................................................................42<br />
8.3.1 Historischer Rückblick zur Fischvergesellschaftung im Untersuchungsgebiet ............................. 42<br />
8.3.2 Aktuelles Artenspektrum ..................................................................................................................43<br />
8.3.3 Einteilung des Artenspektrums nach ökologischen Gilden ...........................................................43<br />
8.4 Artenvergesellschaftung ................................................................................................................................47<br />
8.4.1 Artenvergesellschaftung im gesamten Untersuchungsabschnitt in den Jahren 1989 und 1999 .. 47<br />
8.4.1.1 Saisonalität .........................................................................................................................48<br />
8.4.2 Artenvergesellschaftung in den unveränderten Strecken vor und nach Strukturierung.............. 49<br />
8.4.2.1 Gesamtartenverteilungen aller Strecken ..........................................................................49<br />
8.4.2.2 Artenverteilung einzelner unveränderter Strecken .........................................................50<br />
8.4.3 Fischartenverteilungen in den neu strukturierten Strecken ...........................................................53<br />
8.4.3.1 Schotter-Strukturierungsmaßnahmen ...............................................................................53<br />
8.4.3.2 Strecken mit Nebengewässercharakter – Hakenbuhne ..................................................57<br />
8.4.3.3 Verteilung ausgewählter Arten in Abhängigkeit vom Sohlsubstrat ............................... 59<br />
4
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
8.5 Bestände .........................................................................................................................................................61<br />
8.5.1 Individuendichten im gesamten Untersuchungsabschnitt in den Jahren 1989 und 1998/99 ...... 61<br />
8.5.2 Individuendichten in den unveränderten Strecken in den Jahren 1989 und 1998/99 ................62<br />
8.5.3 Individuendichten in den strukturierten Strecken 5,7,15 und 17 ..................................................63<br />
8.6 Reproduktion .................................................................................................................................................65<br />
8.6.1 Einleitung ...........................................................................................................................................65<br />
8.6.2 Jungfischvergesellschaftungen in den strukturierten Strecken ......................................................65<br />
8.6.2.1 Jungfischfauna in den drei Strukturierungsstrecken .......................................................66<br />
8.6.2.2 Vergleich der Jungfische in Strecke 5 vor und nach Strukturierung .............................67<br />
8.6.3 Evaluierung der Strukturierungsmaßnahmen in Hinblick auf Reproduktion<br />
und Jungfischhabitat der Leitfischart Nase ......................................................................................67<br />
8.6.4 Populationsaufbau ausgewählter Arten in den Strukturierungsstrecken ......................................72<br />
8.7 Zusammenfassende Diskussion....................................................................................................................75<br />
9 Evaluierung der Uferstrukturierungen anhand<br />
der wirbellosen Bodenfauna (Makrozoobenthos) ................................................................................. 81<br />
9.1 Allgemeines ....................................................................................................................................................81<br />
9.2 Methodik und Probenentnahmedesign........................................................................................................83<br />
9.2.1 Qualitative Probenentnahme ............................................................................................................83<br />
9.2.2 Quantitative Probenentnahme ..........................................................................................................84<br />
9.2.3 Weitere Methoden .............................................................................................................................85<br />
9.2.4 Laborarbeit .........................................................................................................................................85<br />
9.2.5 Auswertung ........................................................................................................................................85<br />
9.3 Untersuchungsstellen und -termine .............................................................................................................86<br />
9.4 Ergebnisse und Diskussion ...........................................................................................................................87<br />
9.4.1 Faunenmenge und -dichte ................................................................................................................87<br />
9.4.2 Taxonomische Zusammensetzung ...................................................................................................89<br />
9.4.2.1 Vergleich der Taxazahlen mit anderen Untersuchungen an der Donau .......................91<br />
9.4.2.2 Habitatspezifische Taxazusammensetzung ......................................................................93<br />
9.4.2.3 Diversitätsindices ...............................................................................................................94<br />
9.4.3 Biozönotische Kenngrößen ..............................................................................................................94<br />
9.4.3.1 Saprobität ...........................................................................................................................94<br />
9.4.3.2 Verteilung der funktionellen Ernährungstypen ...............................................................95<br />
9.4.3.3 Biozönotischen Regionen .................................................................................................96<br />
9.4.4 Neozoa im Untersuchungsgebiet .....................................................................................................98<br />
9.4.5 Die Muschelfauna im Untersuchungsgebiet ..................................................................................101<br />
9.4.6 Die Eintags-, Stein- und Köcherfliegenfauna im Untersuchungsgebiet ...................................... 102<br />
9.4.7 Methodenvergleich Taucher/Schiff ................................................................................................107<br />
9.4.7.1 Biomassen und Individuen .............................................................................................107<br />
9.4.7.2 Taxazahl ...........................................................................................................................108<br />
9.4.7.3 Biozönotische Kenngrößen ............................................................................................109<br />
9.4.7.4 Diskussion ........................................................................................................................111<br />
9.5 Der ökologische Zustand des Donaustaues Aschach<br />
im Licht der EU-Wasserrahmenrichtlinie ...................................................................................................111<br />
9.6 Zusammenfassung .......................................................................................................................................115<br />
10 Zusammenfassende Kurzdiskussion ..................................................................................................... 117<br />
10.1 Allgemeines ..................................................................................................................................................117<br />
10.2 <strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong> .......................................................................................................................117<br />
10.3 Morphologie und Sedimentologie ..............................................................................................................118<br />
10.4 Fischökologie ...............................................................................................................................................119<br />
10.5 Benthosbiozönose .......................................................................................................................................120<br />
10.6 Ökosoziale Aspekte .....................................................................................................................................121<br />
11 Literaturverzeichnis ................................................................................................................................ 123<br />
12 Glossar...................................................................................................................................................... 129<br />
Fotonachweis ........................................................................................................................................... 132<br />
5
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Danksagung<br />
Unser besonderer Dank gilt den Vertretern der<br />
Wasserstraßendirektion, welche für das Zustandekommen<br />
und die Finanzierung vorliegender<br />
Arbeit verantwortlich zeichnen. Insbesondere<br />
danken wir Herrn Baudirektor D.I. Nemetz,<br />
sowie Herrn Hofrat D.I. Wösendorfer und<br />
Herrn Rat D.I. Dieplinger. Dank gebührt auch<br />
allen Ämtern, Behörden und Institutionen, welche<br />
uns in unserer Arbeit unterstützten. Weiters<br />
Abstract<br />
Preliminary ecological studies conducted in<br />
1989 demonstrated that the riparian zone<br />
along the head of the impoundment of the<br />
Danube hydropower plant Aschach is deficient<br />
in structural elements compared with<br />
the „Leitbild“ (target view). This is reflected<br />
for example in the extremely low percentage<br />
of site-specific fish species that would normally<br />
depend on such structures. The benthic<br />
biocoenoses also impressively confirm the<br />
paucity of water-type-specific choriotopes.<br />
Based on these structural deficits, the water<br />
way authority has conducted revitalization<br />
measures designed to ecologically improve<br />
6<br />
danken wir allen Fischereiberechtigten für die<br />
unbürokratische Erteilung der fischereilichen<br />
Genehmigungen, welche die klaglose Abwicklung<br />
der Untersuchungen im Freiland ermöglichten.<br />
Nicht zuletzt möchten sich die Autoren bei<br />
allen direkt an der Untersuchung beteiligten<br />
Mitarbeitern herzlich bedanken.<br />
the head of the impoundment. The „Leitbild“<br />
of river-typical elements serves as a template<br />
to ensure that the newly established habitats<br />
can fulfill the ecological function of their original<br />
counterparts. The focus is on promoting<br />
the autochthonous fauna. As studies on the<br />
ecological effects of revitalization measures in<br />
impounded areas are rare, the aquatic ecology<br />
here was evaluated six years after implementation<br />
of the revitalization measures. This encompassed<br />
aspects such as fish ecology,<br />
benthic biocoenoses, morphology and sedimentology.<br />
The abiotic and biotic succession<br />
in the revitalized sections is documented.
1 Einleitung und Zielsetzung<br />
Das Erscheinungsbild der Gewässer unterliegt<br />
auf Grund natürlicher Prozesse einer laufenden<br />
dynamischen Veränderung. Es ist aber auch<br />
gleichsam ein Spiegelbild des Grades der<br />
Raumnutzung und der sozio-ökonomischen<br />
Verhältnisse, die seit Beginn des Industriezeitalters<br />
die natürlichen Veränderungsprozesse<br />
mehr und mehr überlagerten (BUHMANN et al.,<br />
2001). Mit zunehmender Beeinträchtigung und<br />
Veränderung kam es aber auch zu einer gesellschaftlichen<br />
Sensibilisierung für die Probleme<br />
in Fließgewässern.<br />
Lange Zeit waren Gewässerschutzerfordernisse<br />
primär auf Aspekte der Gewässergüte<br />
konzentriert. Heute finden sich unter dem Begriff<br />
Gewässerschutz all jene Agenda subsummiert,<br />
die einen Beitrag zur Beurteilung und Sicherung<br />
der ökologischen Funktionsfähigkeit<br />
bzw. der Integrität von Fließgewässersystemen<br />
leisten. Im Rahmen des modernen Gewässerschutzes<br />
ist anzustreben, die durch unterschiedlichste<br />
anthropogene Maßnahmen gestörten<br />
bzw. schwer beeinträchtigten Fließgewässer<br />
mit Hilfe entsprechender Sanierungsbzw.<br />
Revitalisierungsmaßnahmen ökologisch<br />
zu ertüchtigen (MUHAR et al., 1995).<br />
Auch in der EU wurde dieser Entwicklung in<br />
den letzten Jahren in Form der Wasserrahmenrichtlinie<br />
Rechnung getragen, die u.a. auf Erhalt<br />
und Verbesserung des ökologischen Zustandes<br />
der Gewässer abzielt. In dieser Richtlinie<br />
ist auch die Forderung beinhaltet, die ökologischen<br />
Verhältnisse in stark anthropogen<br />
überformten Flusslandschaften zu verbessern.<br />
Mit dem Inkrafttreten der EU-Wasserrahmenrichtlinie<br />
im Jahr 2000 wurde den Mitgliedstaaten<br />
der konkrete Auftrag erteilt .........alle<br />
künstlichen und erheblich veränderten Wasserkörper<br />
mit dem Ziel, spätestens 15 Jahre nach<br />
Inkrafttreten dieser Richtlinie zu schützen und<br />
zu verbessern, um ein gutes ökologisches Potential<br />
......zu erreichen.<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Bereits 1985, 15 Jahre vor Inkrafttreten der<br />
Wasserrahmenrichtlinie, erhielt die Wasserstraßendirektion<br />
mit Erlassung der Wasserstraßenverordnung<br />
den gesetzlichen Auftrag u.a. mit<br />
Planung, Errichtung, Wiederherstellung und<br />
Instandhaltung von Lebensräumen für Tiere<br />
und Pflanzen die Lebensbedingungen an den<br />
Ufern und in den ufernahen Bereichen zu verbessern.<br />
In Erfüllung dieses gesetzlichen Auftrages<br />
wurde im Stauwurzelbereich des Stauraumes<br />
Aschach seitens der Wasserstraßendirektion<br />
ein Pilotprojekt durchgeführt, welches die Verbesserung<br />
der gewässerökologischen Verhältnisse<br />
zum Ziel hat.<br />
Die Wasserstraßendirektion beauftragte die<br />
Abteilung für Hydrobiologie, Fischereiwirtschaft<br />
und Aquakultur der Universität für Bodenkultur<br />
im Jahre 1989 mit der Erstellung der<br />
„Fischökologischen Studie <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong>“,<br />
in der einerseits ökologische Defizite im Stauraum<br />
Aschach aufgezeigt und weiters ein Maßnahmenpaket<br />
erarbeitet wurde, welches als<br />
Ziel die nachhaltige gewässerökologische Aufwertung<br />
des Stauwurzelbereiches hat. Einige<br />
der in der Studie formulierten Maßnahmen,<br />
beispielsweise die Schaffung von kiesigen<br />
Flachwasserzonen, wurden Anfang der Neunziger-Jahre<br />
umgesetzt. Dabei stand nicht die<br />
Wiederherstellung der ursprünglichen Situation,<br />
sondern vielmehr das sektorale Ziel, eine<br />
möglichst naturgemäße Lebensgemeinschaft<br />
im Revitalisierungsabschnitt zu etablieren, im<br />
Vordergrund.<br />
Da Untersuchungen, welche die ökologischen<br />
Effekte von Strukturierungsmaßnahmen<br />
in Stauhaltungen dokumentieren, kaum vorliegen,<br />
führte die Abteilung für Hydrobiologie im<br />
Auftrag der Wasserstraßendirektion weitere<br />
Studien durch. Für die vorliegende Arbeit liegen<br />
daher neben fischökologischen und<br />
benthosbiozönotischen Basisdaten vor Umset-<br />
7
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
zung der Maßnahmen, morphologische und<br />
sedimentologische Erhebungsergebnisse kurz<br />
nach Bauabschluss vor. Die eigentliche gewässerökologische<br />
Evaluierung wird sechs Jahre<br />
nach Umsetzung der Strukturierungsmaßnahmen<br />
durchgeführt und beinhaltet fischökologische,<br />
benthosbiozönotische, morphologische<br />
und sedimentologische Aspekte. Diese dokumentieren<br />
die abiotische und biotische Sukzession<br />
in den Revitalisierungsabschnitten.<br />
Die begleitenden wissenschaftlichen Untersuchungen,<br />
welche sich über einen Zeitraum<br />
von insgesamt 12 Jahren erstrecken, unterstreichen<br />
somit den Pilotcharakter des Gesamtprojektes.<br />
8<br />
Hauptzielsetzung der Gesamtstudie ist es<br />
somit zu überprüfen, welche gewässerökologischen<br />
Effekte Strukturierungsmaßnahmen im<br />
Stauwurzelbereich des Stauraumes Aschach<br />
bringen. Dabei wird im Rahmen der Evaluierung<br />
jenen Aspekten besonderes Augenmerk<br />
geschenkt, welche die Überprüfung der ökologischen<br />
Funktionen der neugeschaffenen<br />
Strukturen im Sinne ursprünglicher Elemente<br />
zum Inhalt haben. Für zukünftige Maßnahmen<br />
in anderen Donaustauen können aus den Ergebnissen<br />
der Studie nützliche Erkenntnisse<br />
gesammelt werden. Diese <strong>Pilotstudie</strong> liefert somit<br />
auch einen wertvoller Beitrag für die Umsetzung<br />
der EU-Wasserrahmenrichtlinie.
2 Problemstellung<br />
Weitgehend natürliche und/oder naturnahe<br />
Fließgewässer sind heute in Mitteleuropa sehr<br />
selten. Vor allem an größeren Fließgewässern<br />
ist bereits ein hoher Prozentsatz der Fließstrecken<br />
durch anthropogene Maßnahmen wie Regulierungen<br />
und Kraftwerke zerstört bzw.<br />
schwer beeinträchtigt. Besonders gravierend<br />
erweisen sich diesbezüglich energiewirtschaftliche<br />
Nutzungen, die nicht zuletzt auf Grund<br />
ihrer Nachhaltigkeit aus limnologisch/fischökologischer<br />
Sicht zu tiefgreifenden Änderungen<br />
des aquatischen Lebensraumes und folglich<br />
der Lebensgemeinschaften führen (JUNG-<br />
WIRTH & WAIDBACHER, 1989).<br />
Dies gilt insbesondere für die Donau. Bewirkte<br />
die große Regulierung im 19. Jahrhundert<br />
primär eine Änderung im flächenmäßigen<br />
Anteil der einzelnen Habitattypen, so entstanden<br />
durch die Stauhaltungen ab 1952 völlig<br />
neuartige ökologische Bedingungen, die entscheidende<br />
Auswirkungen auf die Biozönosen<br />
haben.<br />
STROM KM<br />
JOCHENSTEIN<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
m.ü.N.N.<br />
BRD<br />
ASCHACH<br />
OTTENSHEIM<br />
ABWINDEN<br />
WALLSEE<br />
YBBS<br />
MELK<br />
2200 2100 2000<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Mit dem Bau des Kraftwerkes Freudenau<br />
verbleiben von den 352 österreichischen<br />
Stromkilometern nur mehr ca. 70 km als freie<br />
Fließstrecke. Der übrige österreichische Donauabschnitt<br />
präsentiert sich als fast lückenlose<br />
Staukette (Abb. 2.1).<br />
In Abhängigkeit von der Lage im Längsverlauf<br />
von Stauen weichen nachfolgend genannte<br />
Parameter mehr oder weniger von ihrer ursprünglichen<br />
Ausprägung ab:<br />
• Fließgeschwindigkeit<br />
• Geschiebehaushalt<br />
• Sedimentbeschaffenheit<br />
• Flussmorphologie/Strukturaustattung<br />
• Wasserstandsamplituden<br />
• Longitudinale und laterale Vernetzung.<br />
Aus ökologischer Sicht ergeben sich weitreichende<br />
Konsequenzen. Durch die Verringerung<br />
der Fließgeschwindigkeit geht der Lebensraum<br />
vieler rheophiler Organismen verlo-<br />
(RÜHRSDORF)<br />
ALTENWÖRTH<br />
KW in BETRIEB KW PROJEKT<br />
Abb. 2.1: Kraftwerksbauten an der Donau und die verbleibenden Fließstrecken.<br />
zur Zeit freie Fließstrecken<br />
GREIFENSTEIN<br />
WIEN (Freudenau)<br />
1900<br />
CSFR<br />
(HAINBURG)<br />
9
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
ren und es kommt zur Ablagerung großer<br />
Mengen von Feinsedimenten. Der Aufstau unterbricht<br />
das Flusskontinuum, unterbindet<br />
den Geschiebetrieb und führt zum Verlust<br />
ökologisch wertvoller Flachwasserzonen. Außerdem<br />
geht mit der Errichtung von Stauhaltungen<br />
eine starke Linearisierung und Monotonisierung<br />
der Uferstrukturen einher. Der<br />
Blockwurf ist der dominierende Habitattyp<br />
der Uferzone (SCHIEMER et al. 1994). Die Veränderungen,<br />
verringerte Fließgeschwindigkeit,<br />
geändertes Sohlsubstrat und große Tiefen im<br />
Stau bieten beispielsweise vielen standorttypischen<br />
Fischarten nur mehr unzureichende<br />
Voraussetzungen, um eigenständige, ausgewogene<br />
Populationen zu erhalten. Im Stauraum<br />
ändert sich das Faunenbild gegenüber<br />
der freien Fließstrecke in charakteristischer<br />
Weise. Es findet eine Verschiebung von den<br />
strömungsliebenden, donautypischen Arten<br />
zu solchen, welche die Schwankungen le-<br />
10<br />
benswichtiger Umweltfaktoren innerhalb weiter<br />
Grenzen ertragen, statt.<br />
Das Ausmaß der Abweichung von der ursprünglichen<br />
Situation korreliert mit der Intensität<br />
des Staueinflusses. Die Abnahme der<br />
flusstypischen Ausprägung ist innerhalb der<br />
einzelnen Stauräume in Längsrichtung vom<br />
Staubeginn (Stauwurzel) zum Kraftwerk hin<br />
zu beobachten. Daraus leitet sich aus ökologischer<br />
Sicht die besondere Bedeutung von<br />
Stauwurzelbereichen ab. Diese Abschnitte<br />
weisen noch nennenswerte flussähnliche<br />
Charakteristika wie Fließgeschwindigkeit,<br />
Wasserstandsschwankungen und vergleichsweise<br />
geringe Wassertiefen auf.<br />
Dies gilt insbesondere für den Stauraum<br />
Aschach. Mit einer Gesamtlänge von mehr als<br />
42 km und einer Stauhöhe von über 16 m<br />
kommen die charakteristischen Veränderungen<br />
in dieser Stauhaltung besonders massiv<br />
zum Tragen.
3 Untersuchungsgebiet<br />
3.1 Kurzcharakteristik der Donau<br />
in Österreich und im<br />
Untersuchungsgebiet<br />
Die Donau trifft bei Passau auf österreichisches<br />
Staatsgebiet, durchfließt Oberösterreich, Niederösterreich,<br />
Wien und verlässt kurz vor<br />
Pressburg das Bundesgebiet. Der österreichische<br />
Anteil des Flusses beträgt 352 km, das<br />
sind 12,3 % seiner Gesamtlänge. Es wird ein<br />
Höhenunterschied von 156 m überwunden,<br />
was ein Durchschnittsgefälle von 0,44 ‰ ergibt.<br />
Auf Grund der hohen Wasserführung und<br />
dem Gefälle wird die Donau als Energielieferant<br />
genützt. Die heutige Stromlandschaft ist<br />
Abb. 3.1: Untersuchungsgebiet<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
durch eine Kette von Kraftwerken und Stauräumen<br />
geprägt. Als freie Fließstrecken liegen nur<br />
mehr die Bereiche in der Wachau und stromab<br />
des Kraftwerkes Freudenau bis zur Staatsgrenze<br />
vor.<br />
Das Untersuchungsgebiet liegt in der Donaugrenzstrecke<br />
zur Bundesrepublik Deutschland<br />
und stellt somit den westlichsten Teil der<br />
österreichischen Donau dar (Abb. 3.1). In diesem<br />
Abschnitt beträgt die Mittelwasserführung<br />
ca. 1450 m 3 /sec. Der unmittelbare Untersuchungsbereich<br />
umfasst den Stauwurzelbereich<br />
11
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
des Stauraumes Aschach. Dieser Stauraum ist<br />
der zweitälteste der österreichischen Donaustaue.<br />
Mit einer Länge von über 42 km handelt<br />
es sich hier auch um den längsten Donaustau<br />
Österreichs.<br />
3.2 Anthropogene Veränderungen<br />
der Donau im<br />
Untersuchungsgebiet<br />
Der weitestgehend unbeeinflusste Zustand<br />
wurde mit der Errichtung der Donaukraftwerke<br />
Jochenstein (1956) und Aschach (1964), sowie<br />
der Fertigstellung der Kraftwerkskette am Inn<br />
grundlegend verändert. Durch den Rückstau<br />
des Kraftwerks Aschach in Kombination mit<br />
der Unterwassereintiefung des Kraftwerks Jochenstein<br />
wurden die bis dahin flach angeströmten<br />
Schotterbänke im unmittelbaren Untersuchungsbereich<br />
um ca. 2,5 m eingestaut<br />
und verloren somit den Großteil ihrer ökologischen<br />
Funktionen. Das Unterwasser des Oberliegerkraftwerks<br />
Jochenstein wird bei Mittelwasserführung<br />
um ca. 1,2 m eingestaut. Das<br />
12<br />
Jochensteiner Kachlet wurde im Zuge der Unterwassereintiefung<br />
für das Kraftwerk entfernt,<br />
eine bis zu 50 m in den Strom reichende Vorschüttung<br />
für den Bundesstraßenbau vernichtete<br />
wertvolle Flachwasserbereiche in der Stauwurzel<br />
des Kraftwerks Aschach. Zudem wurde<br />
im Zuge der Kraftwerkserrichtung der bei<br />
Strom-km 2196,0 rechtsufrig gelegene Altarm<br />
Oberranna zugeschüttet und somit seiner<br />
Funktion als Einstands- und Reproduktionsraum<br />
beraubt. Die Wasseranschlagszonen werden<br />
durch die Verbauung der Ufer mit Wasserbausteinen<br />
ausschließlich vom Blockwurf gebildet.<br />
Neben der morphologischen Veränderung<br />
kam es außerdem zu Beeinflussungen der<br />
Fließgeschwindigkeitsverhältnisse und der<br />
Wasserstandsamplituden. Während im ungestauten<br />
Zustand durchschnittlich Fließgeschwindigkeiten<br />
von ca. 2 m/sec zu verzeichnen<br />
waren, reduziert der Rückstau bei Mittelwasser<br />
im Stauwurzelbereich diese auf ca.<br />
50 % des ursprünglichen Wertes. Ähnlich verhalten<br />
sich die Wasserstandsamplituden. War<br />
die Spiegeldifferenz zwischen Mittelwasser<br />
und Niederwasser ehemals ca. 1,5 m, so ist<br />
Arbeiten zur Eintiefung<br />
und Einengung der Donau<br />
im Bereich Engelhartszell<br />
(um 1960).
heute beim Pegel Engelhartszell nur mehr ein<br />
Unterschied von etwa 0,6 m zu verzeichnen<br />
(Abb. 3.2).<br />
Verglichen mit den Verhältnissen in den zentralen<br />
Stauabschnitten kommen trotzdem die<br />
abiotischen Komponenten Fließgeschwindigkeit,<br />
Sohlsubstrat und Wasserstandsamplituden<br />
in der Stauwurzel dem ursprünglichen Charakter<br />
des ungestauten Stromes relativ nahe. So<br />
liegen bei einer Wasserführung von etwa<br />
2500 m 3 /sec in Bezug auf Fließgeschwindigkeit<br />
und Wasserspiegelgefälle ähnliche Verhältnisse,<br />
wie in frei fließenden Abschnitten der Donau,<br />
vor.<br />
Die heutige Feststoffsituation wird durch die<br />
Donaukraftwerke Kachlet (Bayern) und Jochenstein,<br />
sowie durch die Kraftwerkskette am<br />
Inn bestimmt. Der Eintrag von Geschiebe aus<br />
der Donaustrecke oberhalb der Innmündung<br />
wird durch die Staustufe Kachlet weitgehend<br />
verhindert. Das im Inn transportierte Geschiebe<br />
wird an den Geschiebeeintragsstellen durch<br />
Baggerung vollständig entfernt. Den einzigen<br />
Feststoff bilden heute Feinsedimente aus der<br />
Ton/Schlufffraktion, die, in durch Einstau entstandenen<br />
Überbreiten, Anlandungen bilden.<br />
Meter über Adria<br />
282,3<br />
282,1<br />
281,9<br />
281,7<br />
281,5<br />
281,3<br />
281,1<br />
280,9<br />
280,7<br />
280,5<br />
2203,00<br />
2202,00<br />
Q = 1820 m 3 /s<br />
Q = 1630 m 3 /s<br />
Q = 1546 m 3 /s<br />
Q = 1101 m 3 /s<br />
Q = 739 m 3 /s<br />
2201,00<br />
2200,00 2199,00<br />
Stromkilometer<br />
Q = 683 m 3 /s<br />
2198,00<br />
2197,00<br />
2196,00<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Diese Anlandungen liegen vorwiegend stromab<br />
des Kipppegels und können, wie im Stauraum<br />
Aschach (Stand 1999: ca. 25 Mio. m 3 ,<br />
Quelle: WSD), enorme Kubaturen annehmen.<br />
Im unmittelbaren Untersuchungsabschnitt der<br />
Stauwurzel liegen in Bezug auf das Sohlsubstrat<br />
durchaus ursprüngliche Verhältnisse vor.<br />
Das kiesige, nicht kolmatierte Substrat dominiert<br />
den Sohlbereich (siehe Foto), wobei in<br />
ufernahen, strömungsarmen Zonen Ablagerungen<br />
von Feinsedimenten anzutreffen sind.<br />
Unterwasseraufnahme der schottrigen Sohle (Foto: ORCA).<br />
Abb. 3.2: Typische Wasserspiegellagen<br />
bei unterschiedlichenDurchflüssen<br />
in der Stauwurzel (eigene<br />
Messungen 1989).<br />
13
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
4 Gewässerökologisches Leitbild<br />
4.1 Allgemeines<br />
Das Verständnis um die ursprüngliche Ausprägung<br />
und die ökologischen Funktionen der<br />
verschiedenen Lebensraumelemente ist wesentliche<br />
Voraussetzung für die Verbesserung<br />
der Lebensraumverhältnisse. Aus diesem<br />
Grund nimmt das sogenannte „Leitbild“ im<br />
Rahmen von ökologisch orientierten wasserwirtschaftlichen<br />
Konzepten eine zentrale Position<br />
ein und ist bereits fixer Bestandteil von<br />
umfassenden Planungsprojekten. Es stellt eine<br />
anhand von abiotischen und biotischen Charakteristika<br />
definierte Zielvorstellung für die<br />
künftige Entwicklung des Fließgewässers und<br />
des von ihm geprägten Umlandes dar und ist<br />
damit wesentliche Voraussetzung für eine einheitliche,<br />
zielgerichtete Maßnahmenplanung.<br />
Zudem ermöglicht es, die Abweichung des<br />
derzeitigen Zustandes eines Fließgewässersystems<br />
von dieser „Zielvorstellung“ zu beurteilen.<br />
Letztendlich kann mithilfe des Leitbildes<br />
auch eine Erfolgskontrolle der durchgeführten<br />
Maßnahmen vorgenommen werden.<br />
14<br />
In den vorangegangenen Kapiteln wurden<br />
bereits die massiven Veränderungen der Lebensraumverhältnisse<br />
in Stauhaltungen der<br />
Donau angesprochen. Die Rahmenbedingungen<br />
im Sinne der ursprünglichen Ausprägung<br />
zu verändern, sind in einer modernen Kulturlandschaft<br />
allerdings nur in sehr geringem Ausmaß<br />
möglich. Aus diesem Grund ist es erforderlich,<br />
Strukturierungsmaßnahmen im Planungsstadium<br />
auf ihre zentrale ökologische<br />
Wirkung hin auszurichten. Das Wissen um die<br />
ökologische Bedeutung abiotischer Faktoren<br />
und um die autökologischen Ansprüche der<br />
aquatischen Organismen ist eine wesentliche<br />
Voraussetzung für den Erfolg im Sinne der ökologischen<br />
Funktionstüchtigkeit von Maßnahmen.<br />
Dieses Wissen macht es möglich, ausgehend<br />
von einem „Idealbild“ des Gewässersystems<br />
auf Basis der bestehenden Nutzungsansprüche<br />
und unumgänglichen Rahmenbedingungen<br />
zielgerichtet Maßnahmen zu formulieren. In<br />
Schlögener Schlinge – leitbildkonforme<br />
Strukturen in<br />
Form von Inseln und flach<br />
auslaufenden Schotterbänken<br />
(um 1960).
weiterer Folge dienen diese als Basis für Revitalisierungskonzepte,<br />
mit denen die Verbesserung<br />
der ökologischen Funktionsfähigkeit erreicht<br />
werden kann.<br />
4.2 Flusstypische Komponenten im<br />
Oberen <strong>Donautal</strong><br />
Während die Donau in den Beckenlandschaften<br />
dem Furkationstyp zuzuordnen ist, weist<br />
sie in den durchaus sehr engen Durchbruchstälern,<br />
wie im Oberen <strong>Donautal</strong> (siehe Foto:<br />
Schlögener Schlinge), einen gestreckten Lauf<br />
mit einem Durchschnittsgefälle von 0,44 ‰<br />
auf. Daraus resultieren kurzgefasst nachfolgend<br />
aufgelistete Charakteristika, die ganz wesentlich<br />
die gewässerökologische Ausgangssituation<br />
bestimmen.<br />
5 Kurzanalyse bestehender Defizite im<br />
Untersuchungsgebiet und<br />
Zielsetzung von Maßnahmen<br />
Die Ergebnisse der „Fischökologischen Studie<br />
<strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong>“ (WAIDBACHER et al., 1991)<br />
verdeutlichen den Handlungsbedarf im Stauwurzelbereich<br />
des Donaukraftwerkes Aschach.<br />
Im Vergleich zu ungestauten Donauabschnitten<br />
zeigt sich, dass u.a. die Leitfischarten Barbe<br />
und Nase extrem geringe Anteile aufweisen.<br />
Das Fehlen der Laich- und Jungfischhabitate ist<br />
in diesem Zusammenhang klar erkennbar. Die<br />
im Zuge der Stauerrichtung durchgeführte monotone<br />
Ausgestaltung der Ufer, das Überstauen<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Abiotische Komponenten:<br />
• Stabile Laufform mit dynamischen Kiesbänken<br />
und Inseln.<br />
• Asymmetrische Flussprofile mit flach<br />
auslaufenden Gleithängen.<br />
• Dominanz kiesiger Substrate im gesamten<br />
Profil; starker Geschiebetrieb.<br />
• Mosaikartig verteilte Choriotope in den<br />
Uferzonen.<br />
• Ausgeprägter Gradient im Querprofil<br />
hinsichtlich der Fließgeschwindigkeit.<br />
• Große Wasserstandsamplituden.<br />
• Longitudinale und laterale Vernetzung des<br />
gesamten Gewässersystems.<br />
Biotische Komponenten:<br />
• Dominanz lithophiler/rheophiler Organismen.<br />
• Hohe Artenzahl auf Grund der Habitatsvielfalt.<br />
• Charakteristische Einnischung in die unterschiedlichen<br />
Habitate.<br />
• Saisonal verstärktes Auftreten migrierender<br />
Organismen.<br />
von Schotterbänken und das Fehlen von Rückzugsgebieten<br />
in Form von strömungsberuhigten<br />
Zonen zeichnet dafür verantwortlich. Demgegenüber<br />
fallen hohe Anteile ubiquitärer Arten<br />
wie Aitel und Aal auf, was wiederum mit<br />
der uferstrukturellen Situation (ausschließlich<br />
Blockwurf) erklärbar ist. Analog dazu zeigen<br />
auch die benthosbiozönotischen Ergebnisse,<br />
dass das Fehlen charakteristischer Choriotope<br />
die gewässertypspezifische Artendiversität<br />
stark beeinträchtigt. Auch wenn die Anteile ge-<br />
15
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
wässertypischer Faunenelemente als sehr gering<br />
zu bezeichnen sind, ist dennoch mit deren<br />
aktueller Präsenz ein hohes Besiedlungspotential<br />
gegeben.<br />
Bei Gegenüberstellung der vorherrschenden<br />
abiotischen Verhältnisse mit der Auflistung leitbildkonformer<br />
Komponenten zeigt sich, dass<br />
vor allem in Bezug auf „asymmetrische Flussprofile<br />
mit flach auslaufenden Gleithängen“<br />
und hinsichtlich „mosaikartig verteilter Choriotope<br />
in den Uferzonen“ große Defizite bestehen.<br />
Monotones Blockwurfufer im Untersuchungsgebiet.<br />
Basierend auf den Erkenntnissen der Studie<br />
und darin aufgelisteter Defizite wird die Initiierung<br />
von Habitaten vorgeschlagen, welche die<br />
ökologische Funktion ursprünglicher Lebensräume<br />
erfüllen können. Übergeordnetes Ziel ist<br />
dabei die Förderung der autochthonen Fauna.<br />
Vernetzt man die abiotischen Komponenten<br />
des Leitbildes mit den ökologischen Ansprüchen<br />
der standorttypischen Fauna, so ist dies<br />
am ehesten erreichbar mit der Errichtung von:<br />
• seicht überströmten Schotterbereichen im<br />
Sommer und Herbst,<br />
• strömungsgeschützten Buchten mit überschwemmter<br />
Ufervegetation im Frühsommer<br />
und<br />
• strömungsgeschützten Stellen bei Hochwasserdurchgang.<br />
Darüberhinaus ergeben sich positive Effekte<br />
aus landschaftsästhetischer Sicht durch:<br />
16<br />
• Unterbrechung der monotonen Blockwürfe,<br />
• Auflockerung der Uferlinie durch Inseln<br />
mit und ohne Vegetation.<br />
Während in freien Fließstrecken vergleichsweise<br />
günstige abiotische Rahmenbedingungen<br />
zur Realisierung derartiger Ziele vorliegen,<br />
sind in Stauhaltungen für die Umsetzung leitbildkonformer<br />
Maßnahmen enge Grenzen gesetzt<br />
(ZAUNER & KARL, 1996).<br />
Wie bereits in der Problemstellung erläutert,<br />
liegt in Stauräumen longitudinale Zonierung<br />
hinsichtlich der hydrologischen Verhältnisse<br />
vor. Aus diesem Grund ist die Möglichkeit der<br />
Verbesserung der ökologischen Situation von<br />
der Situierung einzelner Maßnahmen innerhalb<br />
eines Stauraumes abhängig. Stauwurzelabschnitte<br />
zeichnen sich durch fließstreckenähnliche<br />
Verhältnisse aus. Diese zeigen sich in<br />
Form vergleichsweise hoher Amplituden der<br />
Wasserstände im saisonalen Verlauf. Auch bezüglich<br />
der Fließgeschwindigkeit gleichen die<br />
Verhältnisse jenen von Fließstrecken. Dominantes<br />
Sohlsubstrat innerhalb der Querprofile<br />
ist Schotter.<br />
Derartige Rahmenbedingungen liegen im<br />
Stauraum Aschach nur im Bereich Engelhartszell<br />
vor (Abb. 5.1). Aus diesem Grund plante<br />
die Wasserstraßendirektion zwei „Biotopprojekte“<br />
im obersten Stauwurzelbereich. Nach<br />
Einholung der erforderlichen wasserrechtlichen,<br />
naturschutzrechtlichen und schifffahrtsrechtlichen<br />
Genehmigungen wurden die Projekte<br />
1993 realisiert.<br />
Meter über Adria<br />
282,0<br />
281,8<br />
281,6<br />
281,4<br />
281,2<br />
281,0<br />
Jahresreihe 1991-2000<br />
280,8<br />
1 2 3 4 5 6<br />
Monat<br />
7 8 9 10 11 12<br />
Abb.5.1: Monatliche Mittelwerte der Jahresreihe 1991-2000<br />
bei der Pegelstelle Engelhartszell .
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
6 Umsetzung der Strukturierungsmaßnahmen<br />
6.1 Bauausführung<br />
Wie eingangs bereits beschrieben, führte der<br />
Ausbau der Donau zu einer drastischen Verarmung<br />
an flusstypischen Schotterbänken und<br />
Inseln. Derartige Strukturen können jedoch<br />
durch Aufhöhung überstauter Schotterbänke in<br />
flussmorphologisch günstig gelegenen Bereichen<br />
errichtet werden. Die im Zuge der Unterwassereintiefung<br />
durchgeführten Arbeiten reduzierten<br />
im unmittelbaren Untersuchungsgebiet<br />
die überstauten Schotterbänke und somit<br />
auch die potentiellen Strukturierungsbereiche.<br />
Relevante „Aufstandsflächen“ für Strukturierungen<br />
finden sich im Bereich der Fallauerbachmündung<br />
und im Nahbereich der Ortschaft<br />
Kramesau.<br />
In diesen Abschnitten wurde mittels<br />
60.000 m 3 Schotter eine Gesamtuferlänge von<br />
1700 m strukturiert. Die Baggerung bzw. Schüttung<br />
der Schotterstrukturen wurde an drei<br />
Uferabschnitten im Juli 1993 durchgeführt. Als<br />
Geräte kamen Eimerkettenbagger und Schutenentleerer<br />
zum Einsatz.<br />
Das für die Schüttung notwendige Schottermaterial<br />
wird unmittelbar im Anschluss Richtung<br />
Strommitte entnommen und durch Umset-<br />
Typische Uferausformung in der Stauwurzel des KW Aschach<br />
im Bereich Engelhartszell vor Umsetzung der Maßnahmen.<br />
Schüttung der Strukturen mittels eines Schutenentleerers.<br />
Endgültige Formgebung mittels Planierraupe.<br />
zen in Ufernähe eingebracht. Auf Grund der<br />
reduzierten Wasserspiegelschwankungen ist<br />
die endgültige Höhenlage der Strukturelemente<br />
von großer Bedeutung.<br />
Identer Uferabschnitt nach Schüttung der Schotterbank (Niederwassersituation)<br />
17
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Das im Juli 1993 aufgebrachte Schottermaterial<br />
wurde im darauffolgenden Winter, bei entsprechend<br />
niedrigem Wasserstand, mit einer<br />
Planierraupe endgültig geformt. Dieser<br />
Bauschritt war notwendig, da die gewünschten<br />
flachen Böschungsneigungen im Wasseranschlagsbereich<br />
mit dem Schutenentleerer nicht<br />
erzielt werden konnten. Um die Beständigkeit<br />
und Funktion unterschiedlicher Habitate testen<br />
zu können, wurden die Strukturierungsbereiche<br />
hinsichtlich ihrer Grundform unterschiedlich<br />
ausgestaltet.<br />
18<br />
Ein Bereich (Struktur „Fallau“) zeichnet sich<br />
durch eine stromaufliegende kleine flache Inselstruktur<br />
und durch eine verschleppte Bachmündung<br />
mit anschließender Schotterbank<br />
aus. Die Länge der Struktur beträgt ca. 400 m.<br />
Die Struktur „Kramesau“ setzt sich aus einer<br />
Vielzahl von unterschiedlichen Einzelstrukturen<br />
zusammen, wobei Inselstrukturen und<br />
Buchtsituationen dominieren (Länge 800 m).<br />
Eine langgestreckte, vergleichsweise monotone<br />
500 m lange Schotterbank ist die Struktur<br />
„Luger“.<br />
Abb. 6.1: Lage der Strukturierungsbereiche<br />
im Untersuchungsgebiet.
6.2 Beschreibung der<br />
Strukturierungsbereiche<br />
6.2.1 Struktur Fallau (Strecke 5)<br />
Die neugeschaffene Schotterstruktur Fallau erstreckt<br />
sich von Strom-km 2201,8 bis Strom-km<br />
2201,4 am rechten Ufer der Donau (Foto). Innerhalb<br />
der Strecke liegt die Mündung des Fallauerbaches<br />
(Leithenbach). Flussauf dieser ist<br />
eine kleine Insel vorgelagert. Bachabwärts erstreckt<br />
sich eine großflächige Schotterbank.<br />
Die Strecke beschreibt einen typischen Gleithang<br />
der Donau, welcher sich auch in der flachen<br />
Hangneigung widerspiegelt. Die Gesamtstruktur<br />
hat eine Länge von ca. 400 m.<br />
Für den Bereich Fallau liegen in Abhängigkeit<br />
vom Abfluss folgende Wasserspiegelgefälle<br />
vor (Quelle: KWD 1996):<br />
Abfluss in m3/sec Gefälle in ‰<br />
680 RNQ 96 0,025<br />
1430 MQ 96 0,125<br />
3450 HSQ 96 0,275<br />
8820 HQ 100 0,411<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Die Wasserspiegelschwankungen betragen<br />
in diesem Bereich (Quelle: KWD 1996):<br />
RNW 96 279,91 m.ü.A<br />
1,06 m<br />
MW 96 280,97 m.ü.A 3,49 m<br />
2,43 m 8,16 m<br />
HSW 96 283,40 m.ü.A 7,10 m<br />
HW 100 288,07 m.ü.A<br />
4,67 m<br />
Auf Grund stufenweise erfolgter Stauzielerhöhungen<br />
des Kraftwerks Aschach sind die<br />
KWD 96 – Werte für RNW und MW nicht mehr<br />
realistisch. Für diese Arbeit werden daher die<br />
aus Wasserspiegelaufnahmen ermittelten Werte<br />
für den Bereich Fallau RNW = 280,75 m.ü.A.<br />
und MW = 281,75 m.ü.A. herangezogen, welche<br />
die typischen Spiegellagen des Winterniederwassers<br />
und des Frühjahrsmittelwassers<br />
charakterisieren.<br />
Bereich Fallau vor Errichtung der Kraftwerke. Bereich Fallau nach Strukturierung.<br />
19
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
6.2.2 Struktur Kramesau (Strecke 15)<br />
Die neugeschaffene Schotterstruktur Kramesau<br />
erstreckt sich von Strom-km 2199,6 bis Stromkm<br />
2189,9 am linken Donauufer. Die Anschüttungen<br />
fußen auf einer ca. 3 m hoch überstauten<br />
Schotterbank, welche am Gleithang einer<br />
leichten Flusskrümmung liegt. Die Strecke ist<br />
durch äußerst heterogene morphologische Verhältnisse<br />
gekennzeichnet, welche sich bei Mittelwasser<br />
und Niederwasser in langen Wasseranschlagslinien<br />
widerspiegeln. In dieser Strecke<br />
liegt hohe Strömungsdiversität vor. Gut angeströmte<br />
Bereiche wechseln mit strömungsarmen<br />
Zonen in buchtähnlichen Situationen.<br />
Wasserspiegelgefälle und Spiegelschwankungen<br />
sind trotz generell geringerer Werte<br />
durchaus mit denen der Struktur Fallau vergleichbar.<br />
6.2.3 Struktur Luger (Strecke 17)<br />
Die neugeschaffene Schotterstruktur Luger erstreckt<br />
sich von Strom-km 2198,3 bis Strom-km<br />
2197,8 am linken Donauufer. Die Anschüttung<br />
fußt am unteren Ende einer überstauten, ehemals<br />
2 km langen und 130 m breiten Schotterbank<br />
(Foto). Die Struktur zeichnet sich durch<br />
relativ monotone Verhältnisse in Bezug auf die<br />
Formgebung aus. Dies bedingt auch relativ<br />
20<br />
Hakenbuhnen unmittelbar nach der Schüttung.<br />
Flussaufwärtiger Teil der<br />
Struktur Kramesau.<br />
Strecke 17 vor Errichtung des KW Aschach – die Schotterbank<br />
liegt nach Einstau drei Meter unter dem Wasserspiegel.
gleichförmige Strömungsverhältnisse im gesamten<br />
Uferbereich.<br />
Die unmittelbare Nähe zur Struktur Kramesau<br />
bedingt sehr ähnliche Gefällsverhältnisse<br />
und Spiegellagen.<br />
6.2.4 Hakenbuhne Saagbachmündung<br />
(inkl. Strecke 7)<br />
Ein weiterer Strukturierungsbereich wurde<br />
am rechten Ufer bei Strom-km 2198,75 etwa<br />
200 m flussab der Saagbachmündung limnologisch<br />
beprobt. Die ca. 50 m lange Hakenbuhne<br />
wurde im Zuge eines Dükerbaus als<br />
ökologische Kompensationsmaßnahme errichtet.<br />
Sie ist im Gegensatz zu den drei<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Nach Strukturierung bildet eine schmale Schotterbank den<br />
Land/Wasser-Übergangsbereich.<br />
erstgenannten Strukturen ausschließlich<br />
mittels Steinwurf gestaltet und bildet bei<br />
Mittelwasser einen ca. 700 m 2 großen Ruhigwasserbereich.<br />
Die geringe Höhe der Hakenbuhne<br />
erlaubt bei höheren Abflüssen<br />
Überströmung und verhindert somit Sedimentation<br />
von Feinfraktionen.<br />
Hakenbuhne flussab der<br />
Saagbachmündung.<br />
21
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
7 Morphologische und sedimentologische<br />
Evaluierung der Strukturierungsmaßnahmen<br />
7.1 Methodik<br />
7.1.1 Vermessung<br />
Die Außenaufnahme wird mit einem Tachymeter<br />
LEICA TCA 1102 durchgeführt, wobei Zusatzinformationen,<br />
wie Böschungskanten,<br />
Blockwurf, Sand, Schotter, ... ebenfalls mitgespeichert<br />
werden. Die Aufnahme folgt zu Beginn<br />
den Geländekanten (BOK, BUK) und der<br />
Wasseranschlagslinie, danach wird über das<br />
gesamte Vermessungsgebiet eine möglichst<br />
gleichmäßige Punktwolke gelegt. Die erhobenen<br />
Daten sind horizontale Distanz, Höhenunterschied<br />
und Horizontalwinkel, welche im<br />
Vermessungsgerät in absolute Koordinaten (X,<br />
Y, Z) umgerechnet und verspeichert werden.<br />
Die Messung der Unterwasserpunkte (bis<br />
100 m vom Ufer entfernt) erfolgt mittels Boot<br />
und einer 4,5 m langen Reflektorstange, bzw.<br />
22<br />
mittels Echolotboot und GPS der Wasserstraßendirektion.<br />
Die Messung wird in das Gauß-<br />
Krüger-System eingehängt. Die Genauigkeit<br />
der Messung liegt, auf Grund von Messfehlerüberlegungen,<br />
im Dezimeterbereich.<br />
Die weitere Bearbeitung erfolgt durch das<br />
Übertragen der Koordinaten aus dem Vermessungsgerät<br />
in einen PC mittels des Programms<br />
Softdesk CIVIL SURVEY, welches unter Auto-<br />
CAD läuft. Die Koordinaten werden über<br />
Punktwolke und Dreiecksvermaschung zu einem<br />
digitalen Geländemodell (DGM) generiert.<br />
Über Bearbeitung dieses DGMs erfolgt<br />
die Erstellung der Schichten- und Schattierungspläne<br />
und der Profile, die an aussagekräftigen<br />
Punkten genommen werden.<br />
Geodätische Vermessung<br />
der Strukturen.
Die Daten der Vermessung 1994 (ZAUNER et<br />
al., 1996) werden mittels identer Methodik bearbeitet,<br />
um Vergleiche zu den Daten von 2000<br />
anstellen zu können. Die nachfolgend diskutierten<br />
Bilanzierungen beziehen sich auf diese<br />
zwei Datensätze (Messung 1994 und 2000). Die<br />
Definition der Klassenbreiten ergibt sich aufgrund<br />
von ökologisch relevanten Höhenzonierungen.<br />
Dadurch variieren die Klassenbreiten<br />
zwischen einigen Dezimetern und wenigen<br />
Metern. Für alle Berechnungen werden die<br />
Vermessungsdaten sowohl der unmittelbaren<br />
Strukturierungsbereiche, als auch die Bereiche<br />
der Ursohle bis in eine Entfernung von 100 m<br />
vom Ufer herangezogen, um allfällige Beeinflussungen<br />
unveränderter Zonen dokumentieren<br />
zu können.<br />
7.1.2 Sedimente<br />
Die Vorgangsweise bei der Sedimentkartierung<br />
wurde auf bereits durchgeführte Untersuchungen<br />
an der freifließenden Donau im Raum Klosterneuburg<br />
(WAIDBACHER et al., 1996) abgestimmt,<br />
um die Ergebnisse der Untersuchungen<br />
vergleichen zu können.<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Die Schotterstrukturen wurden begangen,<br />
die zu klassifizierenden Choriotope in den bereits<br />
erstellten Lageplan mittels Maßband eingemessen<br />
und durch visuelle Abschätzung einzelnen<br />
Typen zugeordnet. Die Feldergebnisse<br />
wurden anschließend digitalisiert und in das<br />
bereits vorhandene Planmaterial einbezogen.<br />
Der für die Fragestellung relevante Schotterbereich<br />
weist kurz nach seiner Schaffung noch<br />
relativ homogene Strukturen auf. Die davon<br />
abweichenden Teilflächen (Cluster) werden<br />
vermessen und deren Choriotopzusammenstellung<br />
klassifiziert. Diese Vorgangsweise wurde<br />
ebenso sechs Jahre nach Errichtung wiederholt.<br />
Innerhalb dieser Cluster werden Patches<br />
(Teilprobenflächen) ausgewählt und Detailuntersuchungen<br />
(Siebkornanalysen) vorgenommen.<br />
Die Probe wird an der Strukturoberfläche<br />
bis in eine Tiefe von 10 cm entnommen.<br />
Die Sedimentproben werden im Labor 24<br />
Stunden bei 80°C getrocknet und anschließend<br />
gesiebt, wobei folgende Siebe Verwendung fanden:<br />
0,063; 0,1; 0,2; 0,63; 1; 2; 4; 6,3; 10 und 20<br />
mm. Korngrößen über 20 mm wurden mit einem<br />
Maßband gemessen. Aus den Gewichtsanteilen<br />
der verschiedenen Korngrößen wurden<br />
Siebkurven der einzelnen Probenstellen erstellt.<br />
Sedimentprobe – visuelle<br />
Abschätzung und Entnahme<br />
der Probe.<br />
23
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
7.2 Struktur Fallau<br />
7.2.1 Morphologie<br />
Die Struktur Fallau zeichnet sich bei Mittelwasser<br />
durch seicht überronnene, großflächige<br />
Areale aus. Weiters findet sich in dieser Strecke<br />
ein kleine, einen Meter über Mittelwasser herausragende<br />
Insel. Im oberen Drittel der Untersuchungsstrecke<br />
mündet der Fallauerbach,<br />
welcher nach Starkregenereignissen durchaus<br />
nennenswerte Geschiebemengen bringt, in<br />
eine Bucht. Daran schließt eine unterschiedlich<br />
stark angeströmte Schotterbank an.<br />
Die Gegenüberstellung der Schattierungspläne<br />
(Abb. 7.1) zeigt bereits den Trend der<br />
morphologischen Veränderungen.<br />
Massive Erosionen sind an der Insel erkennbar.<br />
Dabei kommt es, wie im Profil (Abb. 7.2)<br />
ersichtlich, zum „Umkippen“ der Insel, wobei<br />
der Nebenarm und die hinter der Insel liegende<br />
Bucht verfüllt werden. Weiters unterliegt die<br />
Inselaußenseite zusätzlichen Erosionserscheinungen.<br />
Die Umlagerungsprozesse wandeln<br />
den ehemaligen Inselbereich in eine Schotter-<br />
Abb. 7.1: Struktur Fallau: Vergleich der morphologischen<br />
Situationen von 1994 und 2000.<br />
24<br />
LEGENDE:<br />
bank um. Die unmittelbare Mündungsstrecke<br />
des Fallauerbaches unterliegt hoher Dynamik.<br />
Diese ist einerseits durch Hochwasserereignisse<br />
des Baches selbst und anderseits durch Donauhochwässer<br />
bedingt. So erklären sich Anlandungen<br />
im Sohlbereich des Baches und<br />
Umlagerungen an der bach- und donauseitigen<br />
Uferböschung. Feinsedimentanlandungen im<br />
Anschluss an die Bachmündung sind im Schattierungsplan<br />
erkennbar und im Profil der<br />
Abb. 7.3 dargestellt. Nach 70 m liegen Strömungsverhältnisse<br />
vor, welche weitere Feinsedimentanlandungen<br />
verhindern und somit die<br />
ursprüngliche Substratfraktionierung gewährleisten.<br />
Diese stabilen Verhältnisse sind im Profil<br />
(Abb. 7.4) dargestellt und haben auch für<br />
den stromabwärtigen Bereich Gültigkeit.<br />
Die oben beschriebenen Veränderungen<br />
sind in der Bilanzierung der Höhenklassen<br />
quantitativ erfasst. Die in der Abb. 7.5 ersichtliche<br />
Klasse bis 276,75 m repräsentiert die Tiefenzone<br />
des Sohlbereiches, der durch die Maßnahmen<br />
nicht verändert wurde. Der idente Flächenanteil<br />
1994 und 2000 zeigt, dass an der<br />
Ursohle faktisch keine Verlagerungen aufgetreten<br />
sind. Die darauffolgende zwei Meter mäch-<br />
verschiedene Wassertiefenzonen Bereich zwischen Nieder- und Mittelwasser Vegetationszone
m.ü.A<br />
Niederwasser<br />
1994<br />
2000<br />
Entfernung zum Ufer in Metern<br />
Abb. 7.2: Der Schnitt durch die der Schotterbank vorgelagerten<br />
Insel zeigt Sedimentumlagerung in Richtung Ufer.<br />
m.ü.A.<br />
m.ü.A.<br />
Niederwasser<br />
Niederwasser<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Entfernung zum Ufer in Metern<br />
Entfernung zum Ufer in Metern<br />
1994<br />
2000<br />
Abb. 7.3: Im Strömungsschatten der Fallauerbachmündung<br />
kommt es während Hochwasserereignissen zu großflächigen<br />
Feinsedimentanlandungen.<br />
1994<br />
2000<br />
Abb. 7.4: Stabile Schotterbank flussab der Fallauerbachmündung.<br />
25
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Tab. 7.1. Länge der Wasseranschlagslinien bei charakteristischen Wasserständen und deren Verhältnis zur Streckenlänge<br />
in der Struktur Fallau.<br />
tige Klasse nimmt zugunsten höher liegender<br />
Zonen ab. Zurückzuführen ist dies primär auf<br />
Anlandungen im Bereich der Bachmündung.<br />
Die Klasse, welche den Bereich bis zwei Meter<br />
unter NW (278,75 - 280,75 m) umfasst, wird einerseits<br />
durch Anlandungen in ehemals tieferen<br />
Zonen und anderseits durch Verlandungen<br />
im Bereich des Nebenarmes und der Bachmündung<br />
beeinflusst. Dies bedingt wiederum<br />
die Zunahme im Bereich zwischen NW und<br />
MW. Zuwächse erfährt diese Klasse auch durch<br />
die starke Erosion der nächsthöheren Zone (Insel<br />
und Landzunge zwischen Donau und<br />
Bach). Die Abnahme in der Klasse über MW<br />
wird teilweise durch Anlandungen kompensiert.<br />
Massivere Anlandungen sind in der letzten<br />
relevanten Höhenklasse zu erkennen. Geschiebe<br />
des Fallauerbaches einerseits und<br />
Schwebstoffablagerungen der Donau andererseits<br />
sind hiefür verantwortlich. Grundsätzlich<br />
ist aus den Veränderungen der Höhenverteilung<br />
eine positive Mengenbilanz ableitbar.<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
26<br />
NW-Linie MW-Linie Streckenlänge Faktor-NW Faktor-MW<br />
Fallau 1994 493 452 378 1,3 1,2<br />
Fallau 2000 410 404 376 1,09 1,07<br />
Prozentanteile<br />
60<br />
54,2 55,3<br />
12,0<br />
8,6<br />
10,6 9,8 10,1<br />
12,8<br />
5,0<br />
2,3<br />
Vorangegangene Beschreibungen dokumentieren<br />
durchwegs dynamische Prozesse,<br />
welche von Umlagerungen geprägt sind. Diese<br />
beeinflussen Lage und Höhe der Strukturen.<br />
Die Ermittlung der Länge charakteristischer<br />
Wasseranschlagslinien zeigt den Trend, welchem<br />
die Strukturen unterlegen sind.<br />
Die Entwicklung der in oben stehender Tabelle<br />
aufgelisteten Faktoren weist auf Linearisierung<br />
der Wasseranschlagslinien hin, wobei die<br />
aktuelle Situation als stabil einzuschätzen ist.<br />
10,3<br />
7,7<br />
272-276,75 276,75-278,75 278,75-280,75 280,75-281,5 281,5-282 282-284,25 284,25-286,25<br />
Höhenklassen in Metern<br />
Wintersituation: Fallauerbachmündung mit anschließender<br />
Schotterbank.<br />
1994<br />
2000<br />
0,4<br />
1,0<br />
Abb. 7.5: Verteilung der<br />
Höhenklassen in der Struktur<br />
Fallau im Jahr 1994 kurz<br />
nach Errichtung und im<br />
Jahr 2000.
7.2.2 Sedimente<br />
Die sedimentologischen Erhebungen aus dem<br />
Jahr 1994 dokumentieren relativ heterogene<br />
Substratsverhältnisse im gesamten Abschnitt.<br />
Die frisch geschüttete, überformte Struktur<br />
wird in allen Bereichen von einer typischen<br />
Kornzusammensetzung gebildet, welche das<br />
Sohlsubstrat der Donau im Untersuchungsgebiet<br />
prägt. In dieser Zusammensetzung bilden<br />
insbesondere die Grobsand-Mittelkiesfraktionen<br />
(0,63-20 mm) hohe Gewichtsanteile. Kurz<br />
nach Errichtung der Strukturen sind bereits<br />
kleine Feinsedimentlinsen feststellbar.<br />
Wie aus den morphologischen Erhebungen<br />
ersichtlich, ergeben sich nach sechs Jahren Veränderungen,<br />
welche sich auch in der Kornzusammensetzung<br />
der Struktur niederschlagen.<br />
Der Inselbereich, der massiven Erosionen unterlag,<br />
zeigt hinsichtlich der Kornzusammensetzung<br />
einen Vergröberungstrend. Dies manifestiert<br />
sich besonders in der Reduktion des<br />
Sandanteiles (Abb. 7.6). Demgegenüber sind<br />
die vergleichsweise stabilen morphologischen<br />
Verhältnisse auch in der Kornzusammensetzung<br />
großflächiger Areale feststellbar. Beim<br />
Vergleich der Siebkornanalysen ergeben sich<br />
nur geringfügige Unterschiede, was sich besonders<br />
in den sehr ähnlichen Anteilen der<br />
sandig-mittelkiesigen Fraktionen widerspiegelt<br />
(Abb. 7.7). In den strömungsarmen Bereichen<br />
ergeben sich mit der veränderten Morphologie<br />
auch hinsichtlich der Kornzusammensetzung<br />
gravierende Abweichungen. Die geschüttete,<br />
typische Kornzusammensetzung des Sohlbereiches<br />
wird von zum Teil mächtigen Feinsedimenten<br />
überlagert. Diese setzen sich zu 25<br />
Gewichtsprozenten aus Grobschluff und zu 75<br />
Gewichtsprozenten aus Feinsand zusammen.<br />
(Abb. 7.8.)<br />
in Prozent<br />
100<br />
75<br />
50<br />
25<br />
75<br />
50<br />
25<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
1994<br />
2000<br />
0,01 0,1 1 10 100<br />
Korngröße in mm<br />
Abb. 7.6: Die Siebkornanalyse dokumentiert im Bereich der<br />
Insel eine Vergröberung der Kornzusammensetzung, die auf<br />
Reduktion des Sandanteils zurückzuführen ist.<br />
in Prozent<br />
100<br />
1994<br />
2000<br />
0,01 0,1 1 10 100<br />
Korngröße in mm<br />
Abb. 7.7: Großflächige Areale zeigen nur geringe Änderung<br />
in der morphologischen Ausprägung. Diese Stabilität ist auch<br />
anhand der Siebkornanalysen ersichtlich.<br />
in Prozent<br />
100<br />
75<br />
50<br />
25<br />
1994<br />
2000<br />
0,01 0,1 1 10 100<br />
Korngröße in mm<br />
Abb. 7.8: Die Feinsedimentanlandungen in der Struktur Fallau<br />
setzen sich aus Grobschluff und Feinsand zusammen.<br />
27
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
7.3 Struktur Kramesau<br />
7.3.1 Morphologie<br />
Die Struktur Kramesau weist nach Bauausführung<br />
äußerst heterogene Ausformung auf. Der<br />
Bereich ist geprägt durch eine große Inselstruktur<br />
am oberen Ende der Strecke und reiche<br />
Verzahnung des Ufers, welche eine lange<br />
Wasseranschlagslinie bedingen.<br />
Erwartungsgemäß ergeben sich durchaus<br />
starke morphologische Veränderungen, wie<br />
der Vergleich der Schattierungspläne (Abb. 7.9)<br />
deutlich zeigt.<br />
Starke Veränderungen können vor allem an<br />
der großen Insel beobachtet werden. Im Gegensatz<br />
zur flach überflossenen Vorinsel, die<br />
nur geringen Höhenverlust aufweist, wird der<br />
mittlere und hintere Inselteil, welcher über Mittelwasser<br />
herausragt, erodiert und an die Inselinnenseite,<br />
bzw. zum Teil auch Richtung<br />
Strommitte verlagert (Abb. 7.10). Weiters lagern<br />
sich im Strömungsschatten der Insel Feinsedimente<br />
mit geringer Mächtigkeit an.<br />
Die daran anschließenden drei Hakenbuhnen<br />
weisen anfangs jeweils ca. 2,5 m tiefe Ruhigwasserbereiche<br />
auf. Die über Mittelwasser<br />
Abb. 7.9: Der Vergleich der Situationen von 1994 und 2000<br />
zeigt für den heterogen und kleinräumig strukturierten Bereich<br />
Kramesau massive morphologische Veränderungen.<br />
28<br />
LEGENDE:<br />
ragenden Hakenbuhnen sind vor allem an den<br />
Buhnenscheiteln starken Erosionen ausgesetzt.<br />
Die Umlagerung des Schotters erfolgt primär in<br />
die Ruhigwasserbereiche. Während das erste<br />
Buhnenfeld aktuell bei Mittelwasser an der<br />
Tiefstelle ca. 2 m misst, kommt es in den zwei<br />
nachfolgenden Buhnenfeldern auf Grund von<br />
Feinsedimentablagerungen zur gänzlichen Verlandung.<br />
Aus den zwei Hakenbuhnen entwikkelt<br />
sich eine Bankstruktur (Abb. 7.11).<br />
Das anschließende Blockwurfufer wird massiv<br />
mit Feinsedimenten überlagert (Abb. 7.12).<br />
Die Mächtigkeit dieser Anlandung beträgt im<br />
Mittel 2,5 m. Erklärbar ist dies mit der strömungsabweisenden<br />
Wirkung der letzten Hakenbuhne.<br />
Die zwei verlandeten Buhnen bilden<br />
mit der neu entstandenen Sedimentbank<br />
mittlerweile eine einheitliche Bankstruktur<br />
Ähnlich wie die große Inselstruktur am oberen<br />
Ende des Strukturierungsbereiches unterliegt<br />
die nachfolgende kleine, schmale Insel<br />
starker Erosion. Dies zeigt sich im Abflachen<br />
des Inselscheitels und in Anlandungen innenund<br />
außenseitig der Insel. Zum Teil verlagert<br />
sich das Erosionsmaterial auch in den anschließenden<br />
Ruhigwasserbereich, welcher zusätzlich<br />
mit angeschwemmten Feinmaterial aufgefüllt<br />
wird.<br />
verschiedene Wassertiefenzonen Bereich zwischen Nieder- und Mittelwasser Vegetationszone
m.ü.A.<br />
Niederwasser<br />
1994<br />
2000<br />
Entfernung zum Ufer in Metern<br />
Abb. 7.10: Der über Mittelwasser herausragende Teil der Insel<br />
in der Struktur Kramesau wird abgeflacht und umgelagert.<br />
m.ü.A.<br />
m.ü.A.<br />
Niederwasser<br />
Niederwasser<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
1994<br />
2000<br />
Entfernung zum Ufer in Metern<br />
Abb. 7.11: Massive Feinsedimentanlandungen sind in den Ruhigwasserbereichen<br />
der Hakenbuhnen zu verzeichnen.<br />
1994<br />
2000<br />
Entfernung zum Ufer in Metern<br />
Abb. 7.12: Der Strömungsschatten der Hakenbuhnen reicht<br />
weit stromab und führt zu Feinsedimentanlagerung an den<br />
mit Blockwurf gesicherten Ufern der Struktur Kramesau.<br />
29
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Tab. 7.2: Länge der Wasseranschlagslinien bei charakteristischen Wasserständen und deren Verhältnis zur Streckenlänge<br />
in der Struktur Kramesau.<br />
Bei der Betrachtung der Bilanzierung der<br />
Höhenklassen (Abb. 7.13) sind die oben beschriebenen<br />
Veränderungen quantitativ erklärbar.<br />
Die Abnahme der Tiefenklasse von 272-<br />
276,75 m ist am ehesten durch Verluste zugunsten<br />
höherer Klassen im Bereich der Vorinsel,<br />
der Hakenbuhnen und am Ende der Strecke<br />
nach der kleinen Insel zu erklären. Die darauffolgende<br />
zwei Meter mächtige Klasse verzeichnet<br />
leichte Zugewinne und zwar vorwiegend<br />
im Bereich der Schluffbank und im Anschluss<br />
an die kleine Insel am Ende der Strecke.<br />
Eine starke Zunahme ist in der nächsthöheren<br />
Klasse ersichtlich, welche sich speziell<br />
durch das Abhobeln der Inseln, aber auch<br />
durch das Verlanden der Ruhigwasserbereiche<br />
in und unterhalb der Hakenbuhnen erklärt.<br />
Der starke Zugewinn der Klasse von 280,75-<br />
281,5 m im Bereich der verlandeten Haken-<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
30<br />
NW-Linie MW-Linie Streckenlänge Faktor-NW Faktor-MW<br />
Kramesau 1994 1660 1167 712 2,33 1,64<br />
Kramesau 2000 1308 798 717 1,82 1,11<br />
Prozentanteile<br />
50<br />
38,6<br />
35,1<br />
25,7<br />
24,3<br />
22,1<br />
19,1<br />
9,2<br />
9,0<br />
4,2<br />
3,0<br />
272-276,75 276,75-278,75 278,75-280,75 280,75-281,5 281,5-282 282-284,25<br />
Höhenklassen in Metern<br />
buhnen wird vor allem durch die Abnahme<br />
dieser Klasse im Bereich der Inseln ausgeglichen<br />
und führt dazu, dass die Anteile von 1994<br />
und 2000 faktisch ident sind.<br />
Die nächsthöhere Klasse verliert vorwiegend<br />
auf den Inseln und den Hakenbuhnen an<br />
Anteilen, wobei die Zuwächse der darauffolgenden<br />
Klasse auf Feinsedimentanlandungen<br />
im Bereich der Ufervegetation (Weidenbewuchs)<br />
zurückzuführen.<br />
Die intensive Verzahnung der Uferlinie bei<br />
unterschiedlichen Wasserständen kommt in<br />
den hohen Niederwasser und Mittelwasserfaktoren<br />
zum Ausdruck (Tab. 7.2). Sechs Jahre<br />
nach Bauabschluss weist der Niederwasserfaktor<br />
mit 1,82 trotz starker Linearisierung einen<br />
relativ hohen Wert auf.<br />
Für die Struktur Kramesau sind, trotz der in<br />
Summe ausgeglichenen Bilanz, starke morphologische<br />
Veränderungen ersichtlich.<br />
1994<br />
4,6<br />
2000<br />
5,1<br />
Abb. 7.13: Verteilung der<br />
Höhenklassen in der Struktur<br />
Kramesau im Jahr 1994<br />
kurz nach Errichtung und<br />
im Jahr 2000.
7.3.2 Sedimente<br />
Ähnlich wie bei der Struktur Fallau sind kurz<br />
nach Errichtung auch hier verhältnismäßig<br />
gleichsortierte Kiesfraktionen belegbar. Darüberhinaus<br />
finden sich auch bereits in Buchten<br />
und in strömungsarmen Zonen Feinsedimentlinsen.<br />
Der Trend – gleichbleibender Zusammensetzung<br />
der geschütteten Strukturen auf<br />
großen Flächen – ist auch hier gegeben<br />
in Prozent<br />
100<br />
75<br />
50<br />
25<br />
1994<br />
2000<br />
0,01 0,1 1<br />
Korngröße in mm<br />
10 100<br />
Abb. 7.14: Die Siebkornanalysen zeigen auch in der Struktur<br />
Kramesau für große Flächen stabile Verhältnisse an.<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Erodierte Inselgruppe der<br />
Struktur Kramesau.<br />
(Abb. 7.14). Auf Grund der Gestaltung ergeben<br />
sich zum Teil enorme Feinsedimentanlandungen.<br />
Diese setzen sich, ähnlich wie die Anlandungen<br />
in der Struktur Fallau, zu einem Drittel<br />
aus Grobschluff und zu zwei Drittel aus Feinsand<br />
zusammen. Signifikante Vergröberungstrends<br />
können an der Struktur Kramesau nicht<br />
belegt werden.<br />
31
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
7.4 Struktur Luger<br />
7.4.1 Morphologie<br />
Die neugeschaffene Schotterstruktur Luger erstreckt<br />
sich von Strom-km 2198,3 bis Strom-km<br />
2197,8 am linken Donauufer. Die Struktur<br />
zeichnet sich durch relativ monotone Verhältnisse<br />
in Bezug auf die Formgebung aus. Dies<br />
bedingt auch gleichförmige Strömungsverhältnisse<br />
im gesamten Uferbereich.<br />
Der Vergleich der Schattierungspläne<br />
(Abb. 7.15) zeigt klar, dass diese Struktur in ihrer<br />
homogenen Ausführung erhalten bleibt.<br />
Zu Vereinheitlichungen kommt es lediglich<br />
an kleinen Landzungen, die von einigen Hochwässern<br />
bzw. dem Wellenschlag begradigt<br />
werden. Die gravierendste Veränderung ist am<br />
unteren Ende der Strecke festzustellen. Diese<br />
rührt allerdings von Baumaßnahmen eines<br />
zwischenzeitlich errichteten Gasdükkers her<br />
32<br />
und ist somit in der Diskussion der morphologischen<br />
Veränderungen nicht von Relevanz.<br />
Bei Betrachtung der Bilanzierung der Höhenklassen<br />
(Abb. 7.16) fällt geringfügige Abnahme<br />
der tiefen Bereiche (2742-276,75) auf.<br />
Dies ist auf den beschriebenen Dükkerbau zurückzuführen.<br />
Die in den Schattierungsplänen erkennbare<br />
Stabilität der Struktur Luger wird durch die Bilanz<br />
der mittleren Tiefenklassen weiter unterstrichen.<br />
Dabei kommt es zwar zu internen<br />
Umlagerungen vor allem der Klasse von 278,75<br />
-280,75 m und zu Begradigungen in der Klasse<br />
280,75-281,50 m; die prozentuellen Anteile<br />
bleiben allerdings unverändert.<br />
Die leichten Zunahmen in den Bereichen<br />
über 281,50 m lassen sich vor allem durch Sedi-<br />
Tab. 7.3: Länge der Wasseranschlagslinien bei charakteristischen Wasserständen und deren Verhältnis zur Streckenlänge<br />
in der Struktur Luger.<br />
NW-Linie MW-Linie Streckenlänge Faktor-NW Faktor-MW<br />
Luger 1994 554 532 498 1,11 1,07<br />
Luger 2000 515 504 494 1,04 1,02<br />
Abb. 7.15: Die Struktur Luger bleibt in ihrer relativ homogenen<br />
und geradlinigen Ausformung sechs Jahre nach Errichtung<br />
faktisch unverändert.<br />
LEGENDE:<br />
verschiedene Wassertiefenzonen Bereich zwischen Nieder- und Mittelwasser Vegetationszone
mentationstendenzen im Weidenbewuchs begründen.<br />
Die schon eingangs erwähnte Einförmigkeit<br />
der Struktur spiegelt sich auch in den Niederwasser-<br />
und Mittelwasser-Faktoren der Wasseranschlagslinien<br />
wider. Veränderungen sind<br />
hier nicht zu erwarten (Tab. 7.3).<br />
Prozentanteile<br />
60<br />
58,0<br />
56,6<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
15,5 15,0<br />
13,7 13,7<br />
272-276,75 276,75-278,75 278,75-280,75 280,75-281,5 281,5-282 282-284,25<br />
5,6<br />
5,7<br />
Höhenklassen in Metern<br />
2,5<br />
1994<br />
3,2<br />
4,7<br />
2000<br />
5,9<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Stabile Schotterbänke bieten Weiden attraktive Standorte.<br />
7.4.2 Sedimente<br />
Abb. 7.16: Verteilung der Höhenklassen<br />
in der Struktur Luger<br />
im Jahr 1994 kurz nach Errichtung<br />
und im Jahr 2000.<br />
Die stabilen morphologischen Verhältnisse in<br />
dieser langgestreckten Struktur kommen auch<br />
in der Sukzession der Sedimente zum Ausdruck.<br />
Während die unter Mittelwasser liegende<br />
Zone hinsichtlich der Kornzusammensetzung<br />
als unverändert zu bezeichnen ist, zeigt<br />
die höherliegende Zone Verfeinerungstendenzen.<br />
Offensichtlich kommt es in diesem schmalen<br />
Bereich zu Akkumulierungen von sandigen<br />
Fraktionen, was mit dem Einfluss des Wellenschlages<br />
erklärbar ist. Großflächige Anlandungen<br />
von Feinsedimenten sind nicht zu belegen.<br />
Lediglich am Böschungsfuß der Schüttung sind<br />
diese kleinräumig anzutreffen.<br />
33
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
7.5 Ergebnisse und<br />
Schlussfolgerungen<br />
Die vergleichenden Untersuchungen hinsichtlich<br />
der morphologischen und sedimentologischen<br />
Entwicklung der neugeschaffenen Strukturen<br />
belegen deren grundsätzliche Beständigkeit.<br />
Bei Gegenüberstellung der Tiefenzonenklassen<br />
zeigt sich, dass in den unmittelbaren<br />
Strukturierungsabschnitten nach sechs Jahren<br />
sehr ähnliche Tiefenverhältnisse vorliegen.<br />
Trotzdem sind dynamische Prozesse zu bemerken,<br />
welche primär in Form von Erosion vergleichsweise<br />
kleinräumiger Strukturen wie Inseln<br />
und Buchten erkennbar sind. Für die Umgestaltung<br />
ist zu einem Großteil der Wellenschlag<br />
der Schifffahrt verantwortlich. Hochwässer<br />
haben in dem Zusammenhang weniger<br />
Einfluss. Demgegenüber wirken sich Hochwässer<br />
in Bezug auf Sedimentation von Feinsubstraten<br />
massiv aus. In strömungsberuhigten<br />
Zonen kommt es nach entsprechenden Abflussereignissen<br />
zu massiven Feinsedimentablagerungen.<br />
Dies erklärt auch die Reduktion der<br />
Anteile von tieferen Zonenklassen bei gleichzeitiger<br />
Zunahme der Anteile seichterer. Deren<br />
Anteil nimmt auch auf Kosten der über Mittel-<br />
Prozentanteile<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
34<br />
48,4<br />
46,6<br />
18,6 18,3<br />
16,5<br />
15,3<br />
8,3<br />
8,8<br />
3,8<br />
2,9<br />
wasser liegenden Areale zu. Bei einer kumulativen<br />
Bilanzierung aller Strukturierungsbereiche<br />
(Abb. 7.17) kommt der Trend gleichbleibender<br />
Anteile der Tiefenklassen deutlich zum<br />
Tragen.<br />
Umlagerungen, welche aufgrund vorhin beschriebener<br />
Prozesse resultieren, drücken sich<br />
auch in der Entwicklung der Uferanschlagslinien<br />
aus. Die Vereinheitlichung der Strukturen<br />
zeigt sich sehr deutlich mit den diesbezüglich<br />
errechneten Faktoren. Bei der besonders heterogen<br />
ausgebildeten Struktur Kramesau ergab<br />
sich kurz nach Errichtung auf Grund der Streckenlänge<br />
und Wasseranschlagslinie bei NW<br />
ein Faktor von 2,33; bei Mittelwasser 1,64.<br />
Sechs Jahre danach reduzieren sich die Werte<br />
auf 1,82 bzw. 1,11. An der Struktur Fallau zeigt<br />
sich ein ähnlicher Trend. Die Struktur Luger<br />
weist bereits mit Bauabschluss kurze Uferanschlagslinien<br />
auf. Referenzdaten aus der frei<br />
fließenden Donau östlich von Wien (WÖSEN-<br />
DORFER & LEBERL, 1987) repräsentieren Werte für<br />
regulierte naturnahe Abschnitte der Donau<br />
(NW = 1,42 und MW = 1,25). Diese Werte erge-<br />
6,6<br />
5,4<br />
272-276,75 276,75-278,75 278,75-280,75 280,75-281,5 281,5-282 282-284,25 284,25-286,25<br />
Höhenklassen in Metern<br />
1994<br />
2000<br />
0,1<br />
0,2<br />
Abb. 7.17: Kumulative Betrachtung<br />
der Verteilung<br />
der Höhenklassen aller<br />
Strukturen im Jahr 1994<br />
kurz nach Errichtung und<br />
im Jahr 2000.
en sich aufgrund relativ großräumiger Verzahnungen.<br />
Der Trend längerer Anschlagslinien<br />
bei NW ist auch in diesem Donauabschnitt erkennbar<br />
(Tab. 7.4). Für die vergleichsweise<br />
schmalen und kurzen Strukturierungsbereiche<br />
lassen sich aufgrund der Kleinräumigkeit und<br />
fortschreitender Umlagerungsprozesse langfristig<br />
kürzere Anschlagslinien erwarten.<br />
Zusammenfassend lässt sich die morphologische<br />
Entwicklung der Strukturen folgendermaßen<br />
skizzieren: Flache, großflächige Struk-<br />
Tab. 7.4: Verhältnis der Wasseranschlagslinien zur Streckenlänge<br />
in den Strukturen und in der freien Fließstrecke östlich<br />
von Wien bei charakteristischen Wasserständen.<br />
Faktor-NW Faktor-MW<br />
Kramesau 2000 1,82 1,11<br />
Fallau 2000 1,09 1,07<br />
Luger 2000 1,04 1,02<br />
östl. v. Wien 1,42 1,25<br />
turelemente stellen sich als relativ stabile Elemente<br />
dar. Ab- und Anlandungen sind kaum<br />
gegeben. An diesen Strukturen ist durch den<br />
Wellenschlag laterale Bewegung des Schotterkörpers<br />
bemerkbar, was positive Effekte in<br />
Hinblick auf die äußere Dekolmation mit sich<br />
bringt. Demgegenüber bewirkt die erodierende<br />
Kraft der Wellen im Fall von Kleinstrukturen,<br />
wie kleinen Inseln und Buchten ein Abflachen<br />
bzw. ein „Umkippen“ dieser Elemente.<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Weiters zeigt sich vor allem nach Durchgang<br />
entsprechender Hochwasserereignisse Sedimentation<br />
in strömungsarmen Bereichen.<br />
Interessante Aspekte ergeben sich im Zusammenhang<br />
mit der Weiterentwicklung von<br />
Strukturen mittels Feinsedimentanlandungen.<br />
Bei entsprechender Ausformung initiieren<br />
Strukturen massive Anlandungen. Diese können<br />
wie in einem Teilbereich der Struktur Kramesau<br />
lokal 6000 m 3 betragen. Die Sedimentation<br />
ist limitiert durch den Gradienten der<br />
Fließgeschwindigkeit in Richtung Flussmitte.<br />
Dieser Gradient gewährleistet bei nachträglichem<br />
Überschütten der Anlandungen mit<br />
Schotter im angeströmten Bereich dauerhaft<br />
kiesige Substratverhältnisse (Abb. 7.18).<br />
Massive Feinsedimentanlandungen im Strömungsschatten<br />
der Schotterstrukturen.<br />
Abb. 7.18: Mächtige Feinsedimentanlandungen<br />
bieten Basis<br />
für kostengünstige Errichtung<br />
weiterer Schotterbänke.<br />
35
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Für zukünftige Strukturierungsprojekte ergeben<br />
sich somit neue Ansätze, welche wirtschaftlich<br />
großzügige Lösungen ermöglichen.<br />
Stellt man beispielsweise das Verhältnis zwischen<br />
der eingebrachten Schottermenge zu der<br />
daraus gewonnenen, zwischen Herbst und<br />
Frühjahr trockenfallenden Fläche, so ergibt<br />
sich, bei alleiniger Verwendung von Schotter,<br />
ein Wert von 0,194 (1 m 3 Schotter ergibt<br />
0,194 m 2 Fläche). Bei oben dargestellter Vorgangsweise<br />
würde mit einem Kubikmeter der<br />
dreifache Flächenwert erzielbar sein.<br />
Neben zum Teil massiven Feinsedimentablagerungen<br />
in strömungsarmen Zonen zeigen die<br />
Siebkornanalysen, dass im Zeitraum von sechs<br />
Jahren die Kornverteilungen auf den Schotterbänken<br />
nur unwesentlichen Veränderungen unterliegen.<br />
Bereits kurz nach Schüttung der Strukturen<br />
stellt sich ein relativ stabiles Gleichgewicht<br />
der Fraktionen ein. In den Bereichen, wo<br />
Erosion vorherrscht, kommt es vermehrt zu Auswaschung<br />
von Feinanteilen. Dies betrifft hauptsächlich<br />
Inselzonen, welche auf Grund der Lateralbewegung<br />
des Schotters bei gleichzeitiger<br />
Verfüllung des Nebenarmes an Höhe verlieren.<br />
Vergleiche mit der Kornzusammensetzung<br />
natürlicher Schotterbänke der Donaufließstre-<br />
Summenprozent<br />
100<br />
75<br />
50<br />
25<br />
0<br />
0,000001 0,00001 0,0001 0,001 0,01 0,1 1 10 100<br />
Korngrößen in mm<br />
36<br />
Engelhartszell 2000<br />
Engelhartszell 1994<br />
Klosterneuburg<br />
cke bei Klosterneuburg (WAIDBACHER et al.,<br />
1996) zeigen, dass diese grundsätzlich große<br />
Übereinstimmung aufweisen.<br />
Die Gegenüberstellung der gepoolten Siebkornanalysen<br />
Engelhartszell 1994 und 2000,<br />
sowie Klosterneuburg (Abb. 7.19) ergibt große<br />
Übereinstimmung der Datensätze aus Engelhartszell.<br />
Unterschiede zu den Proben aus der<br />
freien Fließstrecke bei Klosterneuburg sind insofern<br />
zu erkennen, dass in den untersuchten<br />
Schotterstrukturen des Stauraumes Aschach ein<br />
tendenziell höherer Anteil an Korngrößen kleiner<br />
als 6,3 mm vorhanden ist. Der höhere Anteil<br />
an Korngrößen über 20 mm in Klosterneuburg<br />
erklärt sich aus den Einflüssen von Geschiebetrieb,<br />
Hochwässern und Wellenschlag.<br />
Die permanente Exposition der Schotterbank<br />
führte zur Erosion der Feinanteile. Demgegenüber<br />
lassen sich die höheren Feinanteile in den<br />
geschütteten Schotterstrukturen durch die Entnahme<br />
des Baggergutes aus der Stromsohle eines<br />
Gleithanges erklären. Ein weiterer Grund<br />
für die Erhöhung der Feinkornanteile könnte<br />
im Einstau (bereits seit 1964) dieses Stauwurzelbereiches<br />
begründet sein. Eine erwartete<br />
Auswaschung der feinen Fraktionen ist bis<br />
dato nicht feststellbar.<br />
Abb. 7.19: Vergleich der<br />
Korngrößenverteilungen<br />
im Bereich Engelhartszell<br />
(1994 und 2000) mit Klosterneuburg.
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Während Hochwasserereignissen<br />
kann es lokal zu<br />
massiven Feinsedimentanlandungen<br />
kommen.<br />
Diese Anlandungen unterliegen<br />
hoher Dynamik - einen<br />
Hinweis darauf geben<br />
freigespülte Weidenwurzeln.<br />
37
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
8 Fischökologische Evaluierung<br />
der Strukturierungsmaßnahmen<br />
8.1 Allgemeines<br />
Die umfassenden Erhebungen der aquatischen<br />
Fauna (Fische und Benthos) im Oberen <strong>Donautal</strong><br />
im Jahr 1989 belegten strukturelle Defizite<br />
in diesem Donauabschnitt. Basierend auf<br />
den Erhebungsergebnissen wurden mit dem<br />
Ziel der ökologischen Aufwertung des Stauwurzelbereiches<br />
Strukturierungsmaßnahmen<br />
durchgeführt. Nachfolgende Kapitel behandeln<br />
die fischökologische Evaluierung der neugeschaffenen<br />
Strukturen. Die Streckenauswahl<br />
für die Erhebungen im Jahr 1989 wurde bereits<br />
unter dem Aspekt potentieller Strukturierungsbereiche<br />
durchgeführt. Aus diesem Grund ist<br />
es möglich, mit Hilfe der verfügbaren Daten<br />
detailliert allfällige Veränderungen sowohl in<br />
den umgestalteten als auch in den unveränderten<br />
Strecken aufzuzeigen.<br />
38<br />
Der Schrätzer – bevorzugt schwach strömende Bereiche.<br />
Die Nase – Leitfischart der österreichischen Donau.<br />
Der Semling – eine verschollene<br />
Fischart wurde<br />
im Zuge vorliegender Studie<br />
in Österreich wiederentdeckt.
8.2 Methodik<br />
8.2.1 Untersuchungsgebiet<br />
Zur Evaluierung der neugeschaffenen Strukturen<br />
werden fischökologische Daten nicht nur<br />
unmittelbar in den Strukturierungsabschnitten,<br />
sondern auch in flussauf und flussab angrenzenden<br />
Strecken erhoben. Dies soll einerseits<br />
eine mögliche Beeinflussung benachbarter, unveränderter<br />
Strecken dokumentieren und andererseits<br />
eventuelle generelle Abweichungen<br />
vom fischökologischen Gesamtzustand belegen.<br />
Das Untersuchungsgebiet umfasst somit den<br />
Donauabschnitt vom Kraftwerk Jochenstein bei<br />
Stromkilometer 2203,3 bis zur Ortschaft Oberranna<br />
bei km 2196,0, wobei jeweils beide Uferzonen<br />
in ihrer gesamten Länge beprobt werden.<br />
Das Untersuchungsgebiet ist deckungsgleich<br />
mit dem der Voruntersuchung im Jahr<br />
1989 und wird analog dieser Studie ebenfalls in<br />
insgesamt 20 Strecken unterteilt. Flussmorphologische<br />
Charakteristika, Strömungsverhältnisse<br />
und Substratgegebenheiten werden als Unterscheidungskriterien<br />
zur Streckenauswahl<br />
herangezogen. Innerhalb der Strecken liegen<br />
somit weitgehend homogene Bedingungen<br />
vor. Aus Gründen der Vergleichbarkeit wird die<br />
damalige Streckeneinteilung auch bei der nun<br />
durchgeführten Evaluierung übernommen. Die<br />
detaillierte Streckenbeschreibung ist in der Vorstudie<br />
umfassend dargestellt.<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Die Lage der tatsächlichen Strukturierungsmaßnahmen<br />
deckt sich mit den in der Vorstudie<br />
definierten potentiellen Strukturierungsbereichen.<br />
Nach den Flur- bzw. Ortsnamen werden<br />
die strukturierten Strecken Fallau (Strecke<br />
5), Kramesau (Str. 15) und Luger (Str. 17)<br />
genannt (siehe auch Kapitel Realisierung der<br />
Projekte).<br />
Neben diesen drei Schotterstrukturen wird<br />
ein weiterer Abschnitt, Strecke 7, ebenfalls<br />
morphologisch verändert. Als ökologische<br />
Kompensationsmaßnahme im Rahmen eines<br />
Gasdükkerbaues, wird im Jahr 1997 diese<br />
Strecke durch den Bau einer Hakenbuhne aus<br />
großen Blocksteinen in einen Ruhigwasserbereich<br />
umgewandelt. Die speziellen Verhältnisse<br />
in dieser Strecke werden daher auch gesondert<br />
dargestellt.<br />
8.2.2 Befischungsmethodik<br />
Die Beprobung von Fließgewässern der<br />
Größenordnung der Donau ist methodisch aufwändig.<br />
Daher werden verschiedene Methoden<br />
zur fischökologischen Erhebung herangezogen.<br />
Analog zur Erhebung im Rahmen der Vorstudie<br />
stellen Elektrobefischungen den<br />
Schwerpunkt der Erhebungen der Fischfauna<br />
in den ufernahen Zonen der Befischungsstrecken<br />
dar. Zur Erfassung der Jungfischfauna<br />
werden mit Hilfe von Uferzugnetzen flachere<br />
Uferbereiche beprobt. Die Besiedlung der Ge-<br />
Befischung mittels dem Elektrofangboot. Elektrobefischung der unmittelbaren Uferzone.<br />
39
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
wässersohle in uferfernen Stellen dokumentieren<br />
Befischungen mit Langleinen.<br />
Die Befischungen finden an mehreren Terminen,<br />
verteilt über das Jahr statt, um möglichst<br />
das gesamte Artenspektrum zu erfassen<br />
und auch saisonale Veränderungen sowohl in<br />
den Artenvergesellschaftungen als auch innerhalb<br />
der Populationen einzelner Arten erfassen<br />
zu können.<br />
8.2.2.1 Elektrofischerei<br />
Die Elektrobefischungen werden mit dem großen<br />
Elektrofangboot der Abt. für Hydrobiologie<br />
sowie mit E-Handaggregaten durchgeführt.<br />
Bei der Elektrofischerei werden Fische im Wirkungsbereich<br />
des im Wasser aufgebauten<br />
Gleichstromfeldes von der Anode (Fangpol)<br />
angezogen (Galvanotaxis) und in ihrem Nahbereich<br />
betäubt (Galvanonarkose). Die betäubten<br />
Fische werden gekeschert, nach Artzugehörigkeit<br />
bestimmt, vermessen und wieder<br />
rückversetzt. Es sei darauf hingewiesen, dass<br />
Elektrobefischungen sowohl größen- als auch<br />
artenselektiv wirken. Besonders Kleinfischarten<br />
(z.B. die Koppe) und Jugendstadien bleiben<br />
daher unterrepräsentiert.<br />
Mit dem speziell adaptierten Elektrofangboot<br />
(Antrieb 60 PS, E-Aggregat 10 kW, individuelle<br />
elektronische Ansteuerung von 10 Anoden)<br />
werden Streifen in Fließrichtung befischt,<br />
wobei Fische innerhalb eines Wirkungsbereiches<br />
von ca. 6 m Breite und 3 m Tiefe erfasst<br />
werden (siehe Foto). Auf Grund der Selektivität<br />
werden schwerpunktmäßig Adultfische mit<br />
dieser Methode gefangen.<br />
Zusätzlich kommen zur Befischung in den<br />
ufernächsten Strukturen Rückenaggregate (2,5<br />
kW) zum Einsatz, wobei entweder watend<br />
oder von einem kleinen Alu-Boot aus gefischt<br />
wird. Klein- und Jungfische werden mit dieser<br />
Methode erhoben.<br />
Bei hoher Fischdichte oder großer Strömungsgeschwindigkeit<br />
kann aus methodischen<br />
Gründen nur ein Teil der betäubten Fische<br />
gekeschert werden. Für die quantitative<br />
Abschätzung des Fischbestandes wird daher in<br />
40<br />
Tab. 8.1: Befischungstermine 1989 und 1998/99.<br />
1989 gr. Boot Rücken Uferzug<br />
6.-8.6.89 x x x<br />
10.-12.7.89 x x x<br />
18.-12.9.89 x x x<br />
1998/99<br />
2.6.97 qualitativ<br />
13.-16.7.98 x x x<br />
17.-18.8.98 x x<br />
6.10.98 x<br />
8.-9.10.98 x x<br />
7.4.99 qualitativ<br />
19.-20.4.99 x x<br />
7.5.99 x<br />
16.6.99 qualitativ<br />
24.-25.6.99 x x x<br />
3.-6.8.99<br />
19.-20.8.9<br />
qualitativ x<br />
jeder Befischungsstrecke für jede Fischart der<br />
Fangerfolg (= prozentueller Anteil der gefangenen<br />
Fische an den betäubten) abgeschätzt und<br />
daraus der Gesamtbestand ( = 100 %) abgeleitet.<br />
Um vergleichbare Daten zu erhalten, wird<br />
die Dichte aller Teststrecken bezogen auf<br />
10 min Befischungsdauer angegeben.<br />
8.2.2.2 Uferzugnetz<br />
In den Flachwasserzonen kommt ein Uferzugnetz<br />
(1 m Höhe, Flügellängen 5 m, 2 mm Maschenweite)<br />
zur Anwendung. Mit dieser semiquantitativen<br />
Beprobung (catch per unit effort)<br />
lassen sich hauptsächlich Jung- und Kleinfische<br />
nachweisen.<br />
Beprobung mittels Uferzugnetz.
8.2.2.3 Langleinen<br />
Eine weitere „catch per unit effort“ Methode ist<br />
die Befischung mit Langleinen. Jeweils 50 m<br />
Hauptleine und 50 Seitenschnüre mit gleicher<br />
Beköderung (Maden) sowie gleiche Expositionsdauer<br />
gewährleisten die Vergleichbarkeit<br />
der Ergebnisse dieser Methode an verschiedenen<br />
Strecken. Die Langleinen werden über<br />
Nacht ausgelegt und dienen zur Beprobung<br />
des unmittelbaren Sohlbereiches.<br />
8.2.2.4 Termine<br />
Zeitlicher Schwerpunkt der Befischungen im<br />
Rahmen der Evaluierung ist der Zeitraum vom<br />
Sommer 1998 bis Sommer 1999. Dabei finden<br />
an insgesamt vier Terminen (17.-18.8.98, 8.-<br />
9.10.98, 19.-20.4.99, 24.-25.6.99) Befischungen<br />
aller 20 Strecken des Untersuchungsabschnittes<br />
statt, um Veränderungen der Fischassoziationen<br />
im Jahresverlauf umfassend zu dokumentieren.<br />
1989 finden ebenfalls an mehreren Terminen<br />
Elektrobefischungen des gesamten Untersuchungsgebietes<br />
statt. Aus Gründen der<br />
Vergleichbarkeit werden drei Termine aus dem<br />
Jahr 1989 ausgewählt, die zur weiteren Auswertung<br />
herangezogen werden.<br />
Daneben finden vor allem zur Dokumentation<br />
der Jungfischfauna sowie Aspekten der Reproduktion<br />
(Laichtermine etc.) an einigen weiteren<br />
Terminen Beprobungen statt. Methodisch<br />
wird der Schwerpunkt auf Uferzugnetzbefischung<br />
gelegt, zusätzlich werden qualitative<br />
Elektrobefischungen durchgeführt, um so z.B.<br />
die Einnischung juveniler Stadien in unterschiedliche<br />
Mesohabitate zu dokumentieren.<br />
8.2.3 Grundgesamtheiten<br />
Die Fragestellungen vorliegenden Projektes<br />
bedingen hohe Untersuchungsintensität in allen<br />
Fachdisziplinen. Die detaillierten fischökologischen<br />
Erhebungen setzen sich, wie schon<br />
im vorigen Kapitel erwähnt, sowohl aus einer<br />
hohen Zahl an Befischungsmethoden als auch<br />
einer entsprechenden Anzahl an Terminen zu-<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
sammen. Dieser hohe Aufwand schlägt sich<br />
auch in einer großen Datenmenge nieder. Im<br />
Weiteren vorgenommene Analysen und Interpretationen<br />
sind daher durch entsprechende<br />
Daten gut abgesichert und weisen hohe Aussagekraft<br />
auf.<br />
Bei den Befischungen der insgesamt 20<br />
Strecken mit Elektrofangboot und Handaggregaten<br />
werden an drei Terminen 1989 9805 Individuen<br />
und 1998/99 an vier Terminen 7993<br />
Ind. gefangen. Damit werden bei den Elektrobefischungen<br />
insgesamt ca. 18000 Individuen<br />
gefangen. Die Grundgesamtheiten der Voruntersuchung<br />
1989 sowie der Erhebungen im<br />
Rahmen der Evaluierung in den Jahren 1998/99<br />
sind damit annähernd gleich groß.<br />
Häufigste Art ist in allen Jahren erwartungsgemäß<br />
die Laube. Dieser Schwarmfisch dominiert<br />
mit ca. 12000 Ind. die Artenverteilung.<br />
Dieses massenhafte Auftreten lässt die Anteile<br />
anderer Arten vergleichsweise unterrepräsentiert<br />
erscheinen. Daher wird der Anteil der Laube<br />
in den meisten nachfolgenden Abbildungen<br />
nicht dargestellt und nur verbal diskutiert.<br />
Zur Beantwortung spezifischer Fragestellungen<br />
betreffend der Jungfischfauna und Einnischung<br />
juveniler Individuen finden intensive<br />
Netzbefischungen sowie qualitative Elektrobefischungen<br />
statt. Dabei werden im Rahmen der<br />
Evaluierung in etwa 6000 Ind. gefangen.<br />
Die Gesamtgrundmenge der im Rahmen der<br />
fischökologischen Studien gefangenen Individuen<br />
beträgt somit ca. 24000 Individuen, wobei<br />
jedes dieser gefangenen Individuen auf Artniveau<br />
bestimmt und vermessen wird.<br />
41
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
8.3 Artenspektrum<br />
8.3.1 Historischer Rückblick zur<br />
Fischvergesellschaftung im<br />
Untersuchungsgebiet<br />
Eine Bibliographie zur Fischfauna Oberösterreichs<br />
wird 1983 von AUBRECHT herausgegeben.<br />
Dieser führt für den Lebensraum der Donau<br />
nur Übersichtswerke, jedoch keine spezifischen<br />
Arbeiten aus dem Untersuchungsbereich<br />
an. In der von KERSCHNER 1956 veröffentlichten<br />
Studie über die historische Entwicklung des<br />
Linzer Fischmarktes findet man allerdings Hinweise,<br />
dass mitunter größere Mengen an Fi-<br />
Tab. 8.2: Fischmengen am Linzer Markt (aus KERSCHNER, 1956)<br />
42<br />
schen aus dem Raum Aschach auf den Linzer<br />
Wochenmarkt geliefert wurden.<br />
Eine umfangreiche Zusammenstellung der<br />
Fischvergesellschaftungen in der Umgebung<br />
von Passau erfolgte bereits 1871 durch LORI.<br />
Dieser führt für das Gebiet 37 Fischarten an,<br />
die, wie aus der Tab. 8.3 hervorgeht, bis auf<br />
Bachneunauge und Karausche, alle auch durch<br />
vorliegende Untersuchung belegt werden kön-<br />
Fischmengen am Linzer Markt in den Jahren 1902 bis 1905, 1930 und 1951 bis 1954<br />
Fischarten 1902 1903 1904 1905 1930 1951 1952 1953 1954<br />
Aale 3 6 1 4 4 3<br />
Aeschen 3.652 3.225 2.765 2.263<br />
Barben 2.548 3.126 3.723 3.771 2.395 2.213 2.233 1.165<br />
Barsche 2.883 4.086 4.126 4.768 120 136<br />
Blaunasen 218 399 540 716 144 22 136 18<br />
Brachsen 4.651 4.505 4.455 4.298 3.510 1.530 1.344 777<br />
Bratfische 10.827 11.066 15.320 12.234 * 930 445 530<br />
Eiteln 3.314 3.199 4.235 3.226 480 546 444 405<br />
Forellen 630 679 548 538<br />
Haseln 1.794 1.899 2.370 2.321<br />
Hechte 5.827 5.881 6.166 5.824 750 626 712 450<br />
Huchen 114 150 110 53 58 3 2<br />
Karauschen 573 350 849 553 60<br />
Karpfen 779 1.005 1.101 1.620 25 130 87 129<br />
Näslinge 13.369 14.132 18.910 15.299 5.808 7.460 6.040 4.728<br />
Nerflinge 240 411 384 415 90 171 255 33<br />
Reinanken 4<br />
Rotaugen 13.286 18.764 19.134 20.241 5.624 3.200 2.224 760<br />
Rutten 1.023 1.495 985 894 50 22 32 46<br />
Seider 851 842 760 855 210 210 165 72<br />
Schiede 141 115 104 117 252 78<br />
Schille 191 239 321 139 58 41 44 24<br />
Schleien 239 366 442 469 567 720 375 342<br />
Welse 11 14 10 7 8 2<br />
Zingel 44 56 90 26 32<br />
Bachsaiblinge 60 28 80 81<br />
Schratzen 227 12<br />
Regenbogenforellen 6 16 56 120<br />
Koppen 100 329 17 1<br />
Kaulbarsche 10 138 184 220<br />
Lauben 80 10 20<br />
Gründling 10<br />
Sterlet 1<br />
Zwergwelse, amerik. 103 401<br />
"Goldkarpfen" 1.150<br />
Steinbeißer 8<br />
Bitterlinge 44<br />
Bißgurn 310<br />
Anzahl der Fische (Stk.) 67.611 76.613 89.067 81.844 53.827 19.802 18.080 14.812 9.620<br />
Es sind nur wenige Angaben und die Endsumme bekannt<br />
* die Anlieferung der Bratfische ("Stöckerlfische")<br />
wurde für das Jahr 1951wegen der geringen<br />
Anlieferungen und nicht genau erfassten Anzahl<br />
hier nicht berücksichtigt.
nen. Genaue quantitative Angaben wurden<br />
von LORI (1871) nicht gemacht. Dominanz der<br />
rheophilen Cypriniden Nase und Barbe kann<br />
aber als sicher angenommen werden. Einerseits<br />
berichtet LORI von massenhaften Nasenfängen<br />
während der Laichzeit, andererseits bezeichnen<br />
HECKEL und KNER (1858) das Vorkommen<br />
beider Arten als „sehr gemein“. Auch zählten,<br />
laut Fischmarktbericht für die Jahrhundertwende<br />
(KERSCHNER, 1956), Nasen neben Rotaugen<br />
am Linzer Fischmarkt zu den am häufigsten<br />
angebotenen Fischarten. Die Tabelle 8.2<br />
wurde aus dem Bericht KERSCHNERs unverändert<br />
übernommen. Auf die Dominanz der Nase<br />
weist weiters das Angebot von „Bratfisch“ (geräucherte<br />
Nasen) hin. LORI führt Blaunase und<br />
Zobel als eher seltene Arten an. Das Vorkommen<br />
der Zope wird nur von SIEBOLD für die<br />
oberösterreichische Donau erwähnt (HECKEL<br />
und KNER, 1858; SIEBOLD, 1863; LORI, 1871). Die<br />
Donauperciden Schrätzer, Zingel und Streber<br />
sind in historischen Arbeiten über das Untersuchungsgebiet<br />
ausgewiesen, wobei HECKEL und<br />
KNER den Schrätzer und LORI den Zingel als<br />
häufiger gegenüber den anderen beiden Arten<br />
herausstreichen.<br />
8.3.2 Aktuelles Artenspektrum<br />
Die Donau, seit jeher für ihren Fischartenreichtum<br />
bekannt, weist auch aktuell eine hohe Artenzahl<br />
auf. Im Rahmen vorliegender Studie in<br />
den Jahren 1998/99 und der Voruntersuchung<br />
im Jahr 1989 werden insgesamt 51 Arten dokumentiert.<br />
Davon werden fünf Arten aktuell belegt,<br />
welche 1989 im Untersuchungsgebiet<br />
nicht nachgewiesen wurden. Dabei gelingt mit<br />
dem Fang des Semlings (Barbus peleponnensius)<br />
die „Neuentdeckung“ einer Art, welche seit<br />
den 60er Jahren in Österreich als verschollen<br />
gilt (ZAUNER, 1998). Mittlerweile sind weitere<br />
Funde dieser Art aus der Steiermark und Kärnten<br />
bekannt. Die weiteren vier Arten sind Donaukaulbarsch,<br />
Huchen, Kesslergründling und<br />
Blaubandbärbling. Interessant erscheint der<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Reproduktionsnachweis der Coregone, welche<br />
als standortfremde Art seit Jahrzehnten im<br />
Stauraum Aschach besetzt wird.<br />
Weit mehr als die Hälfte der im Stauraum<br />
Aschach dokumentierten Fischarten wird auf<br />
der Roten Liste (SPINDLER, 1997) ein Gefährdungsstatus<br />
zuerkannt. So gelten laut dieser Liste<br />
nicht weniger als neun Arten als „vom Aussterben<br />
bedroht“, d.h. das Überleben dieser<br />
Arten ist ohne das Setzen geeigneter Maßnahmen<br />
unwahrscheinlich.<br />
Die von der EU 1992 verabschiedete Flora-<br />
Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) nennt als<br />
Hauptziel die Erhaltung der biologischen Vielfalt.<br />
Zur Wiederherstellung oder Wahrung eines<br />
günstigen Erhaltungszustandes der natürlichen<br />
Lebensräume und der Arten von gemeinschaftlichem<br />
Interesse sind besondere Schutzgebiete<br />
auszuweisen. Nicht weniger als neun<br />
aktuell im Stauraum Aschach nachgewiesene<br />
Fischarten werden im Anhang II dieser Richtlinie<br />
als solche Arten von gemeinschaftlichem<br />
Interesse angeführt. Dieser hohe Anteil gefährdeter<br />
Fischarten war schlussendlich auch<br />
mitentscheidend für die Nominierung des Oberen<br />
<strong>Donautal</strong>s als NATURA 2000-Gebiet.<br />
8.3.3 Einteilung des Artenspektrums<br />
nach ökologischen Gilden<br />
Lebensraumcharakteristika wie Flussbettausgestaltung,<br />
Wassertemperatur, Fließgeschwindigkeit<br />
und Substrat sind wesentliche Faktoren,<br />
welche für die Entwicklung einer flusstypischen<br />
Fischfauna verantwortlich sind. Neben<br />
den günstigen Verhältnissen hinsichtlich oben<br />
genannter Faktoren, verdankt die Donau ihren<br />
Fischartenreichtum auch der geographischen<br />
Lage als Verbindungsachse zwischen West und<br />
Ost. Abgesehen von vielen Arten mit weiter<br />
Verbreitung in Europa kommen hier auch eine<br />
Anzahl von Fischen vor, die nur im Donaugebiet<br />
leben. Die hohe Zahl von Arten erklärt<br />
sich in der Vielfalt der Einzellebensräume, welche<br />
von den verschiedensten Arten besiedelt<br />
43
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Tab. 8.3: Historische (LORI, 1871) und aktuelle Fischartenliste (1989 und 1999) des Oberen <strong>Donautal</strong>s, Gefährdungsgrad nach der<br />
Roten Liste (SPINDLER, 1997) sowie Auflistung nach der FFH-Richtlinie (1992).<br />
Name wissenschaftlicher Name Abkürzung<br />
44<br />
Passau LORI<br />
(1871)<br />
Fischökologische Studie<br />
<strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong> und akutelle<br />
Studie (1990 und 1999) Rote Liste – Status 1997 FFH-Art<br />
Petromyzonidae<br />
Bachneunauge<br />
Acipenseridae<br />
Lampetra planeri La.pl. x gef., st. gef. oder v.A.b.?<br />
Sterlet<br />
Anguillidae<br />
Acipenser ruthenus Ac.ru. x x vom Aussterben bedroht<br />
Aal<br />
Esocidae<br />
Anguilla anguilla An.an. x vom Aussterben bedroht<br />
Hecht<br />
Coregonidae<br />
Esox lucius Es.lu. x x gefährdet<br />
Coregone<br />
Thymallidae<br />
Coregonus sp. Co.sp. x gef., st. gef. oder v.A.b.?<br />
Äsche<br />
Salmonidae<br />
Thymallus thymallus Th.th. x x gefährdet<br />
Huchen Hucho hucho Hu.hu. x x vom Aussterben bedroht x<br />
Bachforelle Salmo trutta forma fario Sa.tr.f.f. x x nicht zuordenbar<br />
Seeforelle Salmo trutta forma lacustris Sa.tr.f.l. x gef., st. gef. oder v.A.b.?<br />
Bachsaibling Salvelinus fontinalis Sa.fo. x<br />
Regenbogenforelle<br />
Cyprinidae<br />
Oncorhynchus mykiss On.my. x<br />
Brachse Abramis brama Ab.br. x x<br />
Zope Abramis ballerus Ab.ba. x stark gefährdet<br />
Zobel Abramis sapa Ab.sa. x x gefährdet<br />
Schneider Alburnoides bipunctatus Al.bi. x x gefährdet<br />
Laube Alburnus alburnus Al.al. x x<br />
Schied Aspius aspius As.as. x x gefährdet x<br />
Barbe Barbus barbus Ba.ba. x x gefährdet<br />
Semling Barbus peleponnensius Ba.pe. x ausgestorben oder verschollen x<br />
Güster Blicca bjoerka Bl.bj. x x<br />
Karausche Carassius carassius Ca.ca. x stark gefährdet<br />
Giebel Carassius autatus gibelio Ca.au.gi. x<br />
Nase Chondrostoma nasus Ch.na. x x gefährdet<br />
Graskarpfen, Amur Ctenopharyngodon idella Ct.id. x<br />
Karpfen Cyprinus carpio Ca.ca. x x vom Aussterben bedroht<br />
Weißflossengründling Gobio albipinnatus Go.al. x x<br />
Gründling Gobio gobio Go.go. x x<br />
Kesslergründling Gobio kessleri Go.ke. x vom Aussterben bedroht<br />
Aitel Leuciscus cephalus Le.ce. x x<br />
Nerfling Leuciscus idus Le.id. x x stark gefährdet<br />
Hasel Leuciscus leuciscus Le.le. x x<br />
Sichling, Ziege Pelecus cultratus Pe.cu. x x potentiell gefährdet<br />
Elritze Phoxinus phoxinus Ph.ph. x x gefährdet<br />
Rotauge Rutilus rutilus Ru.ru. x x<br />
Frauennerfling Rutilus pigus virgo Ru.pi.vi. x x vom Aussterben bedroht x<br />
Rotfeder Scardinius erythrophthalmus Sc.er. x potentiell gefährdet<br />
Schleie Tinca tinca Ti.ti. x x potentiell gefährdet<br />
Blaunase, Russnase Vimba vimba Vi.vi. x x gefährdet<br />
Blaubandbärbling<br />
Cobitidae<br />
Pseudoraspora parva Ps.pa. x<br />
Schlammpeitzger Misgurnus fossilis Mi.fo. x x vom Aussterben bedroht x<br />
Schmerle<br />
Siluridae<br />
Noemacheilus barbatulus No.ba. x x<br />
Wels<br />
Gadidae<br />
Siluris glanis Si.gl. x x stark gefährdet<br />
Aalrutte<br />
Gasterosteidae<br />
Lota lota Lo.lo. x x stark gefährdet<br />
Dreistacheliger Stichling<br />
Cottidae<br />
Gasterosteus aculeatus Ga.ac. x<br />
Koppe<br />
Percidae<br />
Cottus gobio Co.go. x x x<br />
Flussbarsch Perca fluviatilis Pe.fl. x x<br />
Kaulbarsch Gymnocephalus cernua Gy.ce. x x<br />
Donaukaulbarsch Gymnocephalus baloni Gy.ba. x<br />
Schrätzer Gymnocephalus schraetser Gy.sc. x x potentiell gefährdet x<br />
Zander Stizostedion lucioperca St.lu. x x<br />
Streber Zingel streber Zi.st. x x vom Aussterben bedroht x<br />
Zingel<br />
Gobiidae<br />
Zingel zingel Zi.zi. x x potentiell gefährdet x<br />
Marmorgrundel Protherorinus marmoratus Pr.ma. x
werden. Der Hauptfluss, Nebenarme, Altarme,<br />
Tümpel etc. bieten Fischen mit unterschiedlichsten<br />
Ansprüchen entsprechende Lebensräume.<br />
Auch im Oberen <strong>Donautal</strong> zwischen<br />
Passau und Aschach waren derartige Lebensräume<br />
vorzufinden. Trotz der Enge des Tales<br />
konnte sich die Donau in einigen Bereichen in<br />
mehrere Arme aufteilen, Inseln formen und<br />
großflächige Schotterbänke ausbilden.<br />
In Tab. 8.4 werden die Arten der Donau<br />
nach dem Klassifizierungsschema der österreichischen<br />
Flussfischfauna (ZAUNER & EBERSTALLER,<br />
1999) aufgelistet. Als Klassifizierungskriterien<br />
werden dabei die drei Parameter: generelle<br />
Strömungspräferenz adulter und juveniler Individuen,<br />
Fließgeschwindigkeitsverhältnisse am<br />
Laichplatz und Strukturgebundenheit herangezogen.<br />
Somit sind die Arten von oben nach<br />
unten mit abnehmender Rheophilie dargestellt.<br />
Die Fischarten des Untersuchungsgebietes<br />
setzen sich ca. 50 % aus Arten zusammen, welche<br />
zumindest während eines gewissen Lebensstadiums<br />
an fließende Gewässerabschnitte<br />
gebunden sind.<br />
Ein Großteil der donautypischen Fischarten<br />
findet sich in der ökologischen Gruppe rheophiler<br />
Arten wider. Der Lebenszyklus vieler<br />
dieser Arten spielt sich ausschließlich im<br />
Hauptstrom ab (Nase, Barbe, Frauennerfling,<br />
Perciden, Gobios etc.). Für ihre Jugendentwicklung<br />
sind sie je nach Art und Lebensstadium<br />
an unterschiedliche Uferzonen gebunden.<br />
Vor allem Flachwasserzonen, welche bei wechselnden<br />
Wasserständen einen Gradienten von<br />
Strömungsgeschwindigkeit und Nahrungsangebot<br />
darbieten, stellen wertvolle Reproduktions-<br />
und Brutareale dar. Die Dominanz rheo-<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Legende zu Tab. 8.3:<br />
ausgestorben oder verschollen: Trotz Suche, kein Nachweis einer Population innerhalb der letzten 10 Jahre<br />
Vom Aussterben bedroht: Das Überleben der Art ist ohne das Setzen geeigneter Maßnahmen unwahrscheinlich<br />
Stark gefährdet: Kleine Populationen und/oder im gesamten heimischen Verbreitungsgebiet signifikant rückläufig<br />
Gefährdet: Regionaler Rückgang oder lokal verschwunden<br />
Potentiell gefährdet: Kleine Populationen am Rande ihres Verbreitungsgebietes oder inselhaftes Vorkommen,<br />
gute Bestände sind selten und bei Intensivierung der anthropgenen Eingriffe gefährdet<br />
Gefährdungsgrad nicht genau bekannt: Eine Gefährdung liegt mit Sicherheit vor. Eine exakte Zuordnung zu einer der Kategorien 1-3 ist<br />
nach derzeitigem Wissenstand nicht möglich.<br />
Nicht genügend bekannt: Es liegen zu wenige Informationen über die natürliche Entwicklung der autochthonen Bestände vor.<br />
Eine Gefährdung wird vermutet.<br />
philer Arten im Stauwurzelbereich ist Ausdruck<br />
der abiotischen Verhältnisse in diesem Donauabschnitt.<br />
Der Stauwurzelbereich ist im gesamten<br />
Stauraum jener Abschnitt, welcher die naturnächsten<br />
Rahmenbedingungen aufweist. Innerhalb<br />
der Gruppe rheophiler Fische, deren<br />
gesamter Lebenszyklus sich im Hauptfluss abspielt,<br />
bevorzugen einige Arten (Schrätzer, Zobel,<br />
Blaunase) mäßig strömende Abschnitte.<br />
Diese Arten spielen in der Artenassoziation des<br />
Stauraumes eine wesentliche Rolle, da sie mit<br />
den Lebensraumbedingungen in Stauhaltungen<br />
gut zurecht kommen.<br />
Einzig die Gruppe der Limnophilen („Stillwasserliebenden“)<br />
ist mit vergleichsweise geringen<br />
Anteilen vertreten. Dies erklärt sich vor<br />
allem dadurch, dass die Erhebungen ausschließlich<br />
im Hauptstrom stattfinden und größere<br />
Bereiche mit Nebengewässercharakteristik<br />
im unmittelbaren Nahbereich nicht vorzufinden<br />
sind.<br />
Das Vorkommen derartiger Gewässerlebensräume<br />
fördert eine entsprechende Zönose, wie<br />
die Ergebnisse der Voruntersuchung zeigen, in<br />
der auch zwei größere Nebengewässersysteme<br />
beprobt werden. Beide liegen flussab des Untersuchungsgebietes,<br />
ersteres in der Schlögener<br />
Schlinge, ca. 15 km flussab von Engelhartszell,<br />
zweiteres, das Biotop Windstoss, noch<br />
weitere 20 km flussab. In diesen Bereichen gelingt<br />
der Nachweis von zwei Vertretern aus der<br />
Gruppe der Limnophilen: Rotfeder Scardinius<br />
erythrophtalmus und Schlammpeitzger Misgurnus<br />
fossilis. Trotz des nur punktuellen Vorhandenseins<br />
derartiger Stillwasserzonen weist das<br />
Vorkommen dieser beiden Arten auf das hohe<br />
Besiedlungspotential der Donau hin.<br />
45
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Tab. 8.4: Klassifizierungsschema der österreichischen<br />
Flussfischfauna (ZAUNER & EBERSTALLER, 1999).<br />
46<br />
rheophil<br />
oligorheophil<br />
indifferent<br />
limnophil<br />
Arten ohne Strukturbezug<br />
rheophil<br />
rheopar<br />
oligorheophil<br />
rheopar<br />
oligorheophil<br />
euryopar<br />
indifferent<br />
rheopar<br />
indifferent<br />
euryopar<br />
oligorheophil<br />
limnopar<br />
indifferent<br />
limnopar<br />
limnophil<br />
limnopar<br />
Arten mit geringem Strukturbezug<br />
Streber<br />
Steingressling<br />
Nase<br />
Barbe<br />
Äsche<br />
Frauennerfling<br />
Kesslergründling<br />
Huchen<br />
Strömer<br />
Hausen<br />
Sternhausen<br />
Waxdick<br />
Schneider<br />
Weißflossengründling<br />
Semling<br />
Gründling<br />
Schmerle<br />
Bachforelle<br />
Bachsaibling<br />
Koppe<br />
Blaunase<br />
Zobel<br />
Sterlet<br />
Glattdick<br />
Zingel<br />
Schrätzer<br />
Goldsteinbeißer<br />
Steinbeißer<br />
Zope<br />
Schied<br />
Graskarpfen<br />
Hasel<br />
Regenbogenforelle<br />
Laube<br />
Brachse<br />
Rotauge<br />
Flussbarsch<br />
Tolstolob<br />
Marmorkarpfen<br />
Elritze<br />
Blaubandbärbling<br />
Güster<br />
Nerfling<br />
Zander<br />
Kaulbarsch<br />
Wolgazander<br />
Aitel<br />
Aalrutte<br />
Wels<br />
Aal<br />
Marmorgrundel<br />
Kesslergrundel<br />
Donaukaulbarsch<br />
Sichling<br />
Karpfen<br />
Giebel<br />
Hecht<br />
Rotfeder<br />
Karausche<br />
Bitterling<br />
Moderlieschen<br />
Sonnenbarsch<br />
Schleie<br />
Dreistacheliger Stichling<br />
Neunstacheliger Stichling<br />
Hundsfisch<br />
Schlammpeitzger<br />
Arten mit hohem Strukturbezug
8.4 Artenvergesellschaftung<br />
8.4.1 Artenvergesellschaftung im<br />
gesamten Untersuchungsabschnitt in den<br />
Jahren 1989 und 1999<br />
Im Jahr 1989 wird die Artenassoziation der<br />
Uferzonen (Abb. 8.1) vom Aitel mit 36,7 % dominiert.<br />
Rheophile Elemente nehmen in dieser<br />
Artenassoziation vergleichsweise geringe Anteile<br />
ein. Auffallend ist vor allem der geringe<br />
Anteil der Nase. Blaunase, Hasel, Barsch und<br />
Aal sind in etwa mit gleich hohen Anteilen vertreten.<br />
Diese Artenvergesellschaftung spiegelt<br />
sehr deutlich die uferstrukturelle Situation des<br />
Stauwurzelbereiches wider. Das Fehlen typischer<br />
Habitate für Kieslaicher lässt sich gut ableiten.<br />
Eine Trendwende ist in der Artenassoziation<br />
1999 erkennbar. Die aktuelle Artenverteilung<br />
wird von der Leitfischart der österreichischen<br />
Donau, der Nase, deutlich dominiert, die einen<br />
Anteil von 27 % aufweist. Neben dieser strömungsliebenden<br />
Art weist auch das indifferente<br />
Aitel mit mehr als 15 % noch hohe Anteile<br />
auf. Die nächsthäufigsten Arten sind<br />
Flussbarsch, Bachforelle, Hasel, Aal und Barbe<br />
in Prozent<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Ch.na.<br />
Ba.ba.<br />
Th.th.<br />
Ru.pi.<br />
Hu.hu.<br />
Al.bi.<br />
Go.al.<br />
Go.go.<br />
Go.sp.<br />
Sa.tr.<br />
Sa.tr.f.l.<br />
Sa.fo.<br />
Co.go.<br />
Vi.vi.<br />
Ab.sa.<br />
Zi.zi.<br />
Gy.sc.<br />
As.as.<br />
Le.le.<br />
On.my.<br />
Ab.br.<br />
Ru.ru.<br />
Pe.fl.<br />
Bl.bj.<br />
Le.id.<br />
St.lu.<br />
Gy.ce.<br />
Le.ce.<br />
Lo.lo.<br />
Si.gl.<br />
An.an.<br />
Pr.ma.<br />
Gy.ba.<br />
Pe.cu.<br />
Cy.ca.<br />
Ca.au.gi.<br />
Es.lu.<br />
Ti.ti.<br />
Ga.ac.<br />
Co.sp.<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
mit Anteilen an der Artenvergesellschaftung<br />
zwischen 5 und 8 %, während alle weiteren<br />
Arten deutlich geringere Anteile einnehmen.<br />
Dieser erste grobe Vergleich aller Strecken, unveränderter<br />
und veränderter, weist bereits auf<br />
positive Beeinflussung hin.<br />
Diese Veränderungen bei einzelnen Arten<br />
sind sehr unterschiedlich ausgeprägt, neben<br />
starken Zunahmen bei Bachforelle (2 auf<br />
6,5 %), Schrätzer (0,5 auf 2,6 %) oder Aalrutte<br />
(0 auf 1,2 %) sind auch deutliche Abnahmen zu<br />
beobachten. So nimmt u.a. die Blaunase deutlich<br />
(siehe Kapitel Saisonalität), die Hasel weniger<br />
stark ab.<br />
Neben den schon vorhin erwähnten Zunahmen<br />
einzelner Arten ist natürlich der massive<br />
Anstieg der Nase besonders hervorzuheben.<br />
Die Nase wird 1989 mit einem Anteil von nur<br />
3% dokumentiert, weist aber nach Realisierung<br />
der Strukturierungsmaßnahmen die größte<br />
Zunahme (27 %) auf.<br />
36,7<br />
1989<br />
1999<br />
Abb. 8.1: Prozentuelle Artenverteilung<br />
aller 20 Untersuchungsstrecken<br />
in den<br />
Jahren 1989 (3 Termine)<br />
und 1998/99 (4 Termine)<br />
ohne Berücksichtigung der<br />
Laube. Die Arten sind nach<br />
der Rheophilie gereiht, wobei<br />
links die Arten mit der<br />
höchsten Strömungspräferenz<br />
stehen, rechts die „Ruhigwasser<br />
liebenden“ (stagnophilen)<br />
Arten. Diese Anordnung<br />
wird auch bei allen<br />
folgenden Artenverteilungen<br />
berücksichtigt.<br />
Abkürzungen der Arten<br />
siehe Tab. 8.3<br />
47
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
in Prozent<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Diese grundlegenden Veränderungen in den<br />
Artenvergesellschaftungen lassen sich auch bei<br />
Darstellung in Rheophilieklassen anhand des<br />
Klassifizierungsschemas (Abb. 8.2) erkennen.<br />
Deutlich ist eine Entwicklung, weg von der<br />
Dominanz Indifferenter, hin zu einer „rheophilen“<br />
Fischartenvergesellschaftung ersichtlich.<br />
Dabei gilt der Augenmerk vor allem der Gruppe<br />
rheophil/rheopar, zu der Arten wie Nase<br />
und Barbe gehören. Auch Bachforelle, Koppe<br />
oder Gründling zählen zu dieser Gruppe. Alle<br />
diese präferieren als Adulte Bereiche mit hohen<br />
Strömungsgeschwindigkeiten sowohl als<br />
Lebensraum als auch als Laichhabitate, die in<br />
Form der neugeschaffenen Schotterstrukturen<br />
nun im Untersuchungsabschnitt existieren.<br />
48<br />
rheophil rheopar<br />
Nase<br />
1989<br />
1999<br />
Barbe<br />
Abb. 8.2: Prozentueller Anteil der Gruppe rheophil/rheopar<br />
sowie von Nase und Barbe an den Artenverteilungen im gesamten<br />
Untersuchungsabschnitt in den Jahren 1989 und<br />
1999 mit Berücksichtigung der Laube.<br />
in Prozent<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Ch.na. Ba.ba. Sa.tr. Ab.sa. Gy.sc. Le.le. Pe.fl. St.lu. An.an. Le.ce.<br />
So ist auch der signifikante Anstieg dieser<br />
Gruppe um mehr als das Doppelte mit den<br />
Strukturierungsmaßnahmen gut zu erklären.<br />
Obwohl in oben stehender Abbildung auch der<br />
indifferente Massenfisch Laube berücksichtigt<br />
ist, fällt der Zuwachs hoch aus. Dabei zeigen<br />
die Leitarten der Donau sehr unterschiedliche<br />
Entwicklungen. Während die Nase den bei<br />
weitem höchsten Anstieg zu verzeichnen hat,<br />
bleibt die Barbe, trotz ähnlicher Ansprüche, in<br />
etwa gleich stark vertreten.<br />
8.4.1.1 Saisonalität<br />
Eine spezifische Eigenschaft von Fischartenvergesellschaftungen<br />
sind ihre Fluktuationen im<br />
Jahresverlauf. Dabei spielen vor allem autökologische<br />
Ansprüche der einzelnen Arten eine<br />
zentrale Rolle. Als vagile Organismen führen<br />
Fische im saisonalen Verlauf Standortwechsel<br />
und weitläufige Migrationen durch. Auslöser<br />
dafür können beispielweise Reproduktion,<br />
Aufsuchen von Wintereinständen etc. sein.<br />
Im Rahmen der aktuellen Erhebungen werden<br />
an vier Terminen Befischungen durchgeführt,<br />
um einerseits die Saisonalität der Fischvergesellschaftungen<br />
zu beschreiben, andererseits<br />
um im Jahresverlauf alle Arten auch weitgehend<br />
zu erfassen.<br />
Erwartungsgemäß sind große Schwankungen<br />
in den Anteilen einzelner Arten zu dokumentieren,<br />
die u.a. auch artspezifische Anpassungen<br />
an die sich ändernden Bedingungen im<br />
Jahresverlauf darstellen (Abb. 8.3).<br />
Oktober<br />
August<br />
Juni<br />
April<br />
Abb. 8.3: Prozentuelle Anteile<br />
der 10 häufigsten Arten in<br />
den Jahren 1998/99 im Jahresverlauf.
So fällt der hohe Anteil der Bachforelle im<br />
zeitigen Frühjahr mit ca. 20 % auf, der an keinem<br />
weiteren Termin mehr dokumentiert wird.<br />
Eine derartige Veränderung im Jahresverlauf<br />
tritt auch im Umgehungsbach des Donaukraftwerkes<br />
Freudenau (EBERSTALLER et. al., 2001) auf<br />
und weist damit auf die vergleichsweise hohe<br />
Aktivität der Bachforelle auch in der kalten Jahreszeit<br />
hin (Abb. 8.4).<br />
in Prozent<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
20,8<br />
April<br />
Juni<br />
August<br />
FAH Freudenau<br />
Aschach<br />
Oktober<br />
Abb. 8.4: Vergleich der prozentuellen Anteile der Bachforelle<br />
an 4 Terminen im Jahresverlauf im Stauwurzelbereich Aschach<br />
und im Umgehungsgerinne beim Kraftwerk Freudenau/Wien.<br />
Andere Arten, wie z.B. Zobel oder Schrätzer,<br />
zwei typische Frühjahrslaicher, werden erst bei<br />
entsprechend höheren Wassertemperaturen in<br />
den Uferzonen dieses Donauabschnittes belegt.<br />
Auch hier zeigt der Vergleich mit dem<br />
Umgehungsbach des Donaukraftwerkes Freudenau<br />
zeitgleiche Aktivität.<br />
in Prozent<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Juni<br />
Juli<br />
September<br />
Abb. 8.5: Vergleich der prozentuellen Anteile der Blaunase an<br />
3 Terminen im Jahresverlauf.<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Dass das vermehrte Auftreten in den Uferzonen<br />
artspezifisch sehr unterschiedlich sein<br />
kann, zeigt das Beispiel der Blaunase<br />
(Abb. 8.5). Diese Art wird 1989 noch in höheren<br />
Anteilen gefangen und zählt damals mit<br />
9% zu den häufigsten Arten. Dabei zeigt dieser<br />
Cyprinide einen ausgeprägten Jahresverlauf.<br />
Liegt der Anteil im Juni und Juli jeweils unter<br />
4%, steigt dieser im September auf über 20 %<br />
an.<br />
8.4.2 Artenvergesellschaftung in den<br />
unveränderten Strecken vor und nach<br />
Strukturierung<br />
8.4.2.1 Gesamtartenverteilungen aller<br />
Strecken<br />
Im Untersuchungsabschnitt, der in insgesamt<br />
20 Befischungsstrecken unterteilt ist, bleiben<br />
im Zeitraum von 1989 bis zur vorliegenden<br />
Evaluierung 16 Strecken in struktureller und<br />
morphologischer Ausformung weitgehend unverändert.<br />
Trotz der monotonen Uferausformung<br />
des gesamten Stauwurzelbereiches lässt<br />
sich der Untersuchungsabschnitt in deutlich<br />
voneinander differenzierte Bereiche unterteilen.<br />
Diese umfassen sowohl stark angeströmte<br />
Abschnitte mit Felsuntergrund (Strecke 1) als<br />
auch kleine altarmähnliche Habitate (Hafen Luger).<br />
Insgesamt dominieren mäßig angeströmte<br />
Strecken mit blockwurfgesicherten Uferzonen.<br />
Trotz der relativen Konstanz in der Streckencharakteristik<br />
(Habitatausstattung, Strömungsverhältnisse<br />
etc.) zeigen sich auch in diesen<br />
Abschnitten Veränderungen in den Assoziationen,<br />
die aber keinen grundsätzlichen Wechsel<br />
in den Dominanzen bringen (Abb. 8.6). So ist<br />
zwar ein deutlicher Rückgang bei der häufigsten<br />
Art, dem Aitel, zu dokumentieren (von 38<br />
auf 22 %), die damit noch immer einen fast<br />
doppelt so hohen Anteil wie die nächsthäufigste<br />
Art aufweist.<br />
Im Gegensatz zur Gesamtgegenüberstellung<br />
der Untersuchungen (Kap. 8.4.1), in der auch<br />
49
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
in Prozent<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
die Daten der strukturierten Strecken integriert<br />
sind, werden hier bei der Gruppe der Rheophilen<br />
nur geringfügige Veränderungen beobachtet.<br />
So kann zwar auch in diesen Strecken die<br />
Nase ihren Anteil deutlich erhöhen. Die Verdoppelung<br />
auf 6 % fällt aber doch bei weitem<br />
geringer aus als ihr Ansteigen auf über 25 % im<br />
gesamten Abschnitt.<br />
Auffallend sind die hohen Anteile der Bachforelle,<br />
welche mit ca. 7 % häufigste rheophile<br />
Art ist. Dieser hohe Anteil dürfte auf den Einfluss<br />
einiger rhithraler Zubringer zurückzuführen<br />
sein, aus denen durch Abdrift und Abwanderung<br />
zahlreiche Forellen in die Donau gelangen.<br />
Auch in der Vorstudie wurden hohe Anteile<br />
der Bachforelle dokumentiert. Beim Vergleich<br />
der Artenverteilungen ist auch eine Zunahme<br />
beim Aal zu erkennen. Trotz Abweichungen<br />
liegen die Veränderungen im Bereich<br />
natürlicher Schwankungen. Die grundsätzlich<br />
unveränderte Assoziation weist auf konstante<br />
Rahmenbedingungen in den unveränderten<br />
Strecken hin.<br />
50<br />
1989 n = 2182<br />
1999 n = 1666<br />
Ch.na.<br />
Ba.ba.<br />
Th.th.<br />
Ru.pi.<br />
Hu.hu.<br />
Al.bi.<br />
Go.al.<br />
Go.go.<br />
Go.sp.<br />
Sa.tr.<br />
Sa.tr.f.l.<br />
Sa.fo.<br />
Co.go.<br />
Vi.vi.<br />
Ab.sa.<br />
Zi.zi.<br />
Gy.sc.<br />
As.as.<br />
Le.le.<br />
On.my.<br />
Ab.br.<br />
Ru.ru.<br />
Pe.fl.<br />
Bl.bj.<br />
Le.id.<br />
St.lu.<br />
Gy.ce.<br />
Le.ce.<br />
Lo.lo.<br />
An.an.<br />
Pr.ma.<br />
Gy.ba.<br />
Pe.cu.<br />
Cy.ca.<br />
Ca.au.gi.<br />
Es.lu.<br />
Ti.ti.<br />
Ga.ac.<br />
Co.sp.<br />
37,9<br />
Abb. 8.6: Prozentuelle<br />
Artenverteilungen aller<br />
unveränderter Strecken in<br />
den Jahren 1989 und<br />
1999.<br />
8.4.2.2 Artenverteilung einzelner<br />
unveränderter Strecken<br />
Wie auch in der zuvor dargestellten Gesamtartenverteilung<br />
der morphologisch unveränderten<br />
Strecken zeigt auch die differenzierte Betrachtung<br />
der Einzelstrecken keine grundlegende<br />
Änderung der Fischassoziationen. Zwar<br />
treten in den Einzelstrecken größere Veränderungen<br />
als in der Gesamtbetrachtung auf, die<br />
Abweichungen in der Artenzusammensetzung<br />
bleiben aber auch hier weitgehend im Bereich<br />
natürlicher Bestandesveränderungen.<br />
Da die Beschreibung der aktuellen Artenverteilungen<br />
aller Einzelstrecken den Rahmen vorliegender<br />
Studie sprengen würde und auch<br />
nicht zielführend ist, werden im Weiteren die<br />
fischökologischen Verhältnisse zweier charakteristischer<br />
Strecken (Strecke 1 und 12) und<br />
ihre Veränderungen beschrieben.<br />
Strecke 1 (Strom-km 2203,1-2202,5) beginnt<br />
ca. 100 m unterhalb des KW Jochensteins am<br />
rechten Ufer und weist den geringsten Staueinfluss<br />
auf. Die Strecke zeichnet sich durch grobblockiges<br />
Substrat sowie vergleichsweise hohe<br />
Fließgeschwindigkeiten auf.<br />
Strecke 12 (Strom-km 2201,1-2200,0) liegt<br />
linksufrig und weist felsigen Untergrund mit<br />
eingelagertem Schotter auf. Die direkten Ufer-
in Prozent<br />
45,00<br />
40,00<br />
35,00<br />
30,00<br />
25,00<br />
20,00<br />
15,00<br />
10,00<br />
5,00<br />
0,00<br />
in Prozent<br />
35,00<br />
30,00<br />
25,00<br />
20,00<br />
15,00<br />
10,00<br />
5,00<br />
0,00<br />
1989 n = 299<br />
1999 n = 252<br />
Ch.na.<br />
Ba.ba.<br />
Th.th.<br />
Ru.pi.<br />
Hu.hu.<br />
Al.bi.<br />
Go.al.<br />
Go.go.<br />
Go.sp.<br />
Sa.tr.<br />
Sa.tr.f.l.<br />
Sa.fo.<br />
Co.go.<br />
Vi.vi.<br />
Ab.sa.<br />
Zi.zi.<br />
Gy.sc.<br />
As.as.<br />
Le.le.<br />
On.my.<br />
Ab.br.<br />
Ru.ru.<br />
Pe.fl.<br />
Bl.bj.<br />
Le.id.<br />
St.lu.<br />
Gy.ce.<br />
Le.ce.<br />
Lo.lo.<br />
An.an.<br />
Pr.ma.<br />
Gy.ba.<br />
Pe.cu.<br />
Cy.ca.<br />
Ca.au.gi.<br />
Es.lu.<br />
Ti.ti.<br />
Ga.ac.<br />
Co.sp.<br />
1989 n = 270<br />
1999 n = 131<br />
Ch.na.<br />
Ba.ba.<br />
Th.th.<br />
Ru.pi.<br />
Hu.hu.<br />
Al.bi.<br />
Go.al.<br />
Go.go.<br />
Go.sp.<br />
Sa.tr.<br />
Sa.tr.f.l.<br />
Sa.fo.<br />
Co.go.<br />
Vi.vi.<br />
Ab.sa.<br />
Zi.zi.<br />
Gy.sc.<br />
As.as.<br />
Le.le.<br />
On.my.<br />
Ab.br.<br />
Ru.ru.<br />
Pe.fl.<br />
Bl.bj.<br />
Le.id.<br />
St.lu.<br />
Gy.ce.<br />
Le.ce.<br />
Lo.lo.<br />
An.an.<br />
Pr.ma.<br />
Gy.ba.<br />
Pe.cu.<br />
Cy.ca.<br />
Ca.au.gi.<br />
Es.lu.<br />
Ti.ti.<br />
Ga.ac.<br />
Co.sp.<br />
bereiche beider Strecken sind mit Blocksteinen<br />
gesichert.<br />
Von den unveränderten Einzelstrecken weist<br />
die Strecke 1 die größten Abweichungen im<br />
Verlauf der letzten zehn Jahre auf (Abb. 8.7).<br />
Diese konzentrieren sich auf die zwei Arten<br />
Nase und Aitel. So fällt einerseits die massive<br />
Zunahme des Kieslaichers Nase von 2 % auf<br />
weit über 25 % auf. Gleichzeitig verliert die bisher<br />
häufigste Art, das Aitel, massiv (von über<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Abb. 8.7: Prozentuelle Artenverteilungen<br />
in der<br />
Strecke 1 (1989 und 1999).<br />
Abb. 8.8: Prozentuelle Artenverteilungen<br />
in der<br />
Strecke 12 (1989 und<br />
1999).<br />
40 % auf unter 20 %), bleibt damit aber trotzdem<br />
immer noch zweithäufigste Art.<br />
Da diese massiven Veränderungen in den<br />
Vergesellschaftungen trotz der Konstanz der<br />
strukturellen Ausformung auftreten und in diesem<br />
Ausmaß auch nur in dieser Strecke beobachtet<br />
werden, dürfte dies auf Einflüsse aus<br />
den Strukturierungsbereichen herrühren. Die<br />
oftmaligen Beprobungen schließen saisonale<br />
Bestandesschwankungen aus. Weiters spre-<br />
51
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
chen auch die autökologischen Ansprüche der<br />
Nase für diese Überlegung. Diese rheophile Art<br />
ist für ihre hohe Mobilität bekannt und führt<br />
nicht nur zur Laichzeit weite Wanderungen<br />
durch. Beispielsweise konnte STEINMANN et. al<br />
(1937) im Untersuchungsgebiet mit Hilfe von<br />
Markierungen Migrationen der Nase von über<br />
100 km belegen. So ist es auch erklärbar, dass<br />
es durch die Unterbrechung des Gewässerkontinuums<br />
zu einem Staueffekt am Kraftwerk<br />
kommt, was das gehäufte Auftreten in der<br />
Strecke 1 unmittelbar unterhalb des Kraftwerkes<br />
erklärt.<br />
Während die fischökologischen Verhältnisse<br />
im gesamten Untersuchungsabschnitt deutlich<br />
die Fischregion des Epipotamals indizieren,<br />
treten gerade in dieser Strecke auch verstärkt<br />
hyporhithrale Elemente auf. So werden Äsche<br />
und Huchen in dieser Strecke belegt. Auch ein<br />
dritter Vertreter des Hyporhithrals, der Schneider,<br />
kommt vermehrt hier vor. Dies erklärt sich<br />
auch mit allfälligen Staueffekten bzw. den hohen<br />
Fließgeschwindigkeiten.<br />
Die Strecke 12 beginnt ca. 1,5 km flussab<br />
und weist bereits stärkeren Staueinfluss auf.<br />
Aus morphologischer Sicht ist sie durchaus mit<br />
Strecke 1 vergleichbar.<br />
52<br />
Aktuell ist in dieser Strecke der Aal die häufigste<br />
Art, der seinen Anteil von 1989 auf 1999<br />
auf in etwa 22 % verdoppeln kann. Das Aitel,<br />
bisher dominierend, liegt mit ebenfalls über<br />
20 % nur knapp dahinter. Bis auf die Bachforelle<br />
(aktuell 7 %) sind Vertreter der Rheophilen<br />
deutlich unterrepräsentiert. Die Barbe, vor<br />
zehn Jahren mit 17 % noch zweithäufigste Art,<br />
weist derzeit nur mehr einen Anteil von ca. 2 %<br />
auf. Ebenfalls massiv verliert die Blaunase.<br />
Die Betrachtung der Anteile verschiedener<br />
Rheophilieklassen an den Vergesellschaftungen<br />
einzelner Strecken zeigt, dass trotz der<br />
deutlichen Zu- bzw. Abnahmen einzelner Arten<br />
keine großen Veränderungen der fischökologischen<br />
Verhältnisse auftreten. In nachfolgender<br />
Abbildung sind neben den zwei schon<br />
oben beschriebenen Strecken 1 und 12 noch<br />
zwei weitere, Strecke 2 und 20, dargestellt.<br />
So zeigt sich bei Strecke 1 mit einer deutlichen<br />
Zunahme der Nase auch ein deutliches<br />
Ansteigen der Rheophilen, der mit einem<br />
Rückgang der Indifferenten verbunden ist. In<br />
der unmittelbar flussabliegenden Stecke 2 stellt<br />
sich die Situation ganz anders dar. Hier kommt<br />
es nur zu einer geringen Reduktion der Dominanz<br />
Indifferenter, während alle anderen<br />
Abb. 8.9: Prozentuelle Anteile<br />
der ökologischen<br />
Gruppen in 4 Untersuchungsstrecken<br />
(1989 und<br />
1999).
Rheophilieklassen deutlich unterrepräsentiert<br />
bleiben. Damit wird die Theorie des Ansteigens<br />
der Rheophilen in Strecke 1 durch den<br />
Staueffekt verstärkt.<br />
Auch in den beiden anderen Strecken ist<br />
eine Vorherrschen der indifferenten Arten, vertreten<br />
vor allem durch Aitel und Aal, zu belegen.<br />
Geringfügige Veränderungen liegen im<br />
Bereich natürlicher Schwankungen und weisen<br />
nicht auf grundlegende Veränderungen der<br />
fischökologischen Verhältnisse hin.<br />
Zusammenfassend kann die Situation in den<br />
unveränderten Strecken wie folgt beurteilt werden.<br />
Beim Vergleich der aktuellen Datensätze<br />
mit denen der Vorstudie zeigt sich, dass die<br />
Assoziationen in den durch Strukturierungsmaßnahmen<br />
nicht betroffenen Strecken nur<br />
unwesentliche Abweichungen aufweisen. Verschiebungen<br />
in einigen Teilbereichen erklären<br />
sich mit positiven Einflüssen aus den strukturierten<br />
Strecken.<br />
8.4.3 Fischartenverteilungen in den neu<br />
strukturierten Strecken<br />
In vier Strecken des Untersuchungsabschnittes<br />
werden im Zeitraum zwischen 1989 und<br />
1998/99 Maßnahmen gesetzt, die als Ziel die<br />
Verbesserung der strukturellen Ausstattung des<br />
Lebensraumes haben. Im Folgenden werden<br />
anhand verschiedener Kriterien die Effekte dieser<br />
Strukturierungen diskutiert, wobei eine Differenzierung<br />
der Strecken auf Grund der Gestaltungsmaßnahmen<br />
erfolgt. Zuerst werden<br />
die als Schotterstrukturen ausgeformten Strekken<br />
5, 15 und 17 dargestellt. Strecke 7, durch<br />
den Bau einer Hakenbuhne ökologisch aufgewertet,<br />
wird getrennt dargestellt und diskutiert.<br />
Im Anschluss werden Zusammenhänge zwischen<br />
Ufer- bzw. Sohlsubstrat und Fischvergesellschaftung<br />
erörtert.<br />
Neben Artenzusammensetzung und Bestandeswerten<br />
ist auch die Zahl der gefangenen<br />
Individuen ein Beurteilungskriterium. So zeigt<br />
sich in den vier Maßnahmenstrecken ein massi-<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
ver Anstieg der Individuenzahlen. Werden<br />
1989 in den Strecken 5, 7, 15 und 17 im Zuge<br />
der Elektrobefischungen insgesamt nur 463 Individuen<br />
gefangen, so steigt 1998/99 die Zahl<br />
der hier dokumentierten Fische deutlich auf<br />
1472 Individuen an. Noch positiver fällt diese<br />
Veränderung bei Betrachtung der 16 unveränderten<br />
Strecken auf. Hier sinkt die Zahl der bei<br />
den Elektrobefischungen gefangenen Individuen<br />
deutlich von 2182 im Jahr 1989 auf 1666 Individuen<br />
im Jahr 1998/99 (Werte ohne Lauben).<br />
8.4.3.1 Schotter-<br />
Strukturierungsmaßnahmen<br />
Gesamtartenverteilungen<br />
Anhand der Gesamtartenverteilung (Abb. 8.10)<br />
sind die massiven Veränderungen zu sehen,<br />
denen die fischökologischen Verhältnisse in<br />
den strukturierten Bereichen unterlagen. So ist<br />
vor allem der Anstieg der Nase bemerkenswert,<br />
welche aktuell einen Anteil von 57,8 % erreicht<br />
und damit im Vergleich zur Situation 1989 ihren<br />
Anteil mehr als verzehnfachen kann. In<br />
den unveränderten Strecken liegt ihr Anteil aktuell<br />
dagegen nur bei 6 %. Mit diesem Wert erreicht<br />
die Leitart der österreichischen Donau<br />
zumindest in den Strukturierungsbereichen ihrem<br />
ursprünglichen Status entsprechende Anteile.<br />
Doch auch andere rheophile Arten, wie<br />
Äsche, Huchen oder Weißflossengründling,<br />
weisen im Vergleich zur Referenzsituation höhere<br />
Anteile auf. Einzig bei der Barbe ist ein<br />
entgegengesetzter Trend zu verzeichnen. Der<br />
Anteil dieser Art sinkt von 9,6 auf 6,5 % ab,<br />
wobei zu bemerken ist, dass der Rückgang in<br />
den unveränderten Strecken deutlich stärker<br />
ausfällt.<br />
Auch in der Gruppe der „mäßig strömungsliebenden“<br />
(oligorheophilen) kommt es zu Veränderungen.<br />
So weist der Schrätzer deutliche<br />
Zuwächse auf und liegt bei ca. 4 %. Andere<br />
Arten aus dieser Gruppe wiederum, wie Blaunase<br />
oder Hasel, weisen sinkende Prozentsätze<br />
auf, wobei durch den hohen Nasenanteil alle<br />
53
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
in Prozent<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
anderen Arten relativ unterrepräsentiert sind.<br />
Hier geben die Bestandeswerte (siehe Kapitel<br />
8.5) mehr Aufschluss.<br />
Massive Rückgänge sind bei zwei indifferenten<br />
Arten zu dokumentieren. Das Aitel, 1989<br />
noch mit über 31 % dominierendes Element in<br />
diesen Strecken, verliert massiv und weist aktuell<br />
nur mehr 5,5 % auf. Der stark strukturbezogene<br />
Aal wird fast gänzlich aus dem System<br />
verdrängt und sinkt von 14 auf 0,1 % ab.<br />
Gerade die Entwicklung von Aal und Aitel<br />
weist auf die veränderten Verhältnisse in diesen<br />
drei Strukturierungsstrecken hin. Durch die<br />
Wiederherstellung leitbildkonformer Strukturen<br />
werden diese beiden Arten aus dem System<br />
verdrängt, in dem sie ursprünglich nicht<br />
bzw. nur mit geringeren Anteilen vertreten waren.<br />
Mittels der Zuordnung der einzelnen Arten<br />
zu deren Rheophilieklassen kommen die Veränderungen<br />
im System besonders deutlich zum<br />
Ausdruck.<br />
Der aktuell hohe Anteil strömungsliebender<br />
Arten auf den neugeschaffenen Schotterstrukturen<br />
entspricht jenem der ursprünglichen Vergesellschaftung<br />
und weist auf die Akzeptanz<br />
54<br />
57,8<br />
1989 n = 351<br />
1999 n = 1243<br />
31,62<br />
Ch.na.<br />
Ba.ba.<br />
Th.th.<br />
Hu.hu.<br />
Go.al.<br />
Go.go.<br />
Go.sp.<br />
Sa.tr.<br />
Vi.vi.<br />
Ab.sa.<br />
Zi.zi.<br />
Gy.sc.<br />
As.as.<br />
Le.le.<br />
On.my.<br />
Ab.br.<br />
Ru.ru.<br />
Pe.fl.<br />
Bl.bj.<br />
Le.id.<br />
St.lu.<br />
Gy.ce.<br />
Le.ce.<br />
Lo.lo.<br />
Si.gl.<br />
An.an.<br />
Pr.ma.<br />
Gy.ba.<br />
Cy.ca.<br />
Ca.au.gi.<br />
Es.lu.<br />
Ti.ti.<br />
Ga.ac.<br />
der Maßnahmen durch diese Gruppe hin. Auch<br />
der Rückgang der Indifferenten, welche keine<br />
spezifische Anpassung an die Lebensraumbedingungen<br />
auf den Schotterstrukturen aufweisen,<br />
und noch mehr der gleichbleibend geringe<br />
Anteil der Limnophilen entspricht ebenso<br />
den allgemeinen Kenntnissen hinsichtlich der<br />
Habitatpräferenzen der einzelnen Arten.<br />
in Prozent<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Abb. 8.10: Prozentuelle<br />
Gesamtartenverteilungen<br />
der strukturierten Strecken<br />
5,15 und 17 (1989 und<br />
1999).<br />
Abb. 8.11: Prozentuelle Anteile der ökologischen Gruppen in<br />
den Strukturierungsstrecken im Vergleich 1989 und 1999.
Diskussion einzelner<br />
Strukturierungsabschnitte<br />
Strecke 5 – Fallau<br />
Die abiotischen sowie die biotischen Verhältnisse<br />
in der rechtsufrig gelegenen Strecke 5<br />
werden durch die niveaugleiche Mündung des<br />
Fallauerbaches geprägt. Dieser mündet auf einem<br />
neugeschaffenen Schwemmkegel, der<br />
flussab in eine Bucht mit einer daran anschließenden<br />
Schotterbank übergeht.<br />
Der Vergleich der Artenvergesellschaftungen<br />
vor und nach Bau der Strukturen zeigt deutlich<br />
divergierende Verhältnisse. Mit Ausnahme der<br />
Barbe zeigen alle Rheophilen Zuwächse, wobei<br />
neben der Nase mit ca. 60 % auch Äsche,<br />
Huchen, Weißflossengründling und Bachforelle<br />
zu dieser Gruppe zählen. Oligorheophile<br />
zeigen unterschiedliche Entwicklungen: Blaunase<br />
und Zobel nehmen ab, Zingel, Schrätzer<br />
und Hasel hingegen zu. Dabei scheint vor allem<br />
der Zuwachs der Hasel bemerkenswert,<br />
die in der Adultfischfauna aller anderen Strekken<br />
abnimmt.<br />
Neben dem massiven Rückgang des Aitels<br />
(ca. ein Zehntel des ursprünglichen Wertes)<br />
und dem völligen Fehlen des Aals, ist das verstärkte<br />
Auftreten des Zanders bemerkenswert.<br />
in Prozent<br />
57,7<br />
40,00<br />
35,00<br />
30,00<br />
25,00<br />
20,00<br />
15,00<br />
10,00<br />
5,00<br />
0,00<br />
Ch.na.<br />
Ba.ba.<br />
Th.th.<br />
Hu.hu.<br />
Go.al.<br />
Go.go.<br />
Go.sp.<br />
Sa.tr.<br />
Vi.vi.<br />
Ab.sa.<br />
Zi.zi.<br />
1989 n = 124<br />
1989 n = 303<br />
Gy.sc.<br />
Le.le.<br />
On.my.<br />
Ab.br.<br />
Ru.ru.<br />
Pe.fl.<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Von diesem Raubfisch werden vor allem juvenile<br />
Exemplare verstärkt dokumentiert.<br />
Die deutliche Aufwertung dieser Strecke<br />
durch die heterogene morphologische Ausformung<br />
sowie die niveaugleiche Bachmündung<br />
zeigt sich auch in der Zahl rheophiler Arten.<br />
Von 1989 auf 1998/99 erhöht sich diese von<br />
drei auf sieben.<br />
Strecke 15 – Kramesau<br />
Die Strecke 15 liegt am linken Donauufer und<br />
stellt die flächenmäßig größte und gleichzeitig<br />
auch strukturell heterogenste Maßnahme dar.<br />
In den wenigen Jahren seit Errichtung ergaben<br />
sich Umformungen (Inselabflachung, Verlandung<br />
von Buhnen, etc.). Trotzdem hat sich an<br />
der grundlegenden Ausformung dieses Bereiches<br />
seit dem Bau nichts Wesentliches verändert<br />
(siehe Kapitel 7).<br />
Wie schon in Strecke 5 treten auch hier<br />
massive Veränderungen in der Fischartenassoziation<br />
auf, die in ihren Verläufen große Übereinstimmung<br />
aufweisen. Diese Parallelen verstärken<br />
die Annahme einer grundsätzlichen<br />
positiven Entwicklung in derartigen Strukturierungsbereichen,<br />
zumal die Strecken einige<br />
Kilometer voneinander räumlich getrennt an<br />
gegenüberliegenden Ufern liegen. Weiters<br />
sind in den dazwischen liegenden Strecken<br />
Bl.bj.<br />
Le.id.<br />
St.lu.<br />
42,7<br />
Le.ce.<br />
An.an.<br />
Pr.ma.<br />
Es.lu.<br />
Ti.ti.<br />
Abb. 8.12: Prozentuelle Artenverteilungen<br />
in der<br />
Strecke 5 (1989 und 1999).<br />
55
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
in Prozent<br />
58,7<br />
40,00<br />
35,00<br />
30,00<br />
25,00<br />
20,00<br />
15,00<br />
10,00<br />
5,00<br />
0,00<br />
keine bzw. nur geringe Veränderungen zu dokumentieren.<br />
Auch in der Strecke 15 erhöht sich der Anteil<br />
der rheophilen Gruppe in einem vergleichbaren<br />
Ausmaß wie in Strecke 5. Die Nase ist hier<br />
mit 58,7 % die dominierende Art; 1989 weist sie<br />
nur ca. 2 % auf. Im Gegenzug kommt es zu<br />
einem massiven Rückgang von Aitel und Aal.<br />
Die beiden Arten wiesen 29 bzw. 25 % Anteil<br />
auf, zehn Jahre später sinkt ihr Anteil auf 6<br />
bzw. 0,1 %. Werden 1989 noch 36 Aale in dieser<br />
Strecke gefangen, kann 1999 nur mehr ein<br />
56<br />
Ch.na.<br />
Ba.ba.<br />
in Prozent<br />
50,9<br />
40,00<br />
35,00<br />
30,00<br />
25,00<br />
20,00<br />
15,00<br />
10,00<br />
5,00<br />
0,00<br />
Ch.na.<br />
Th.th.<br />
Hu.hu.<br />
Ba.ba.<br />
Go.al.<br />
Go.al.<br />
Go.go.<br />
Go.go.<br />
Go.sp.<br />
Sa.tr.<br />
Vi.vi.<br />
Sa.tr.<br />
Vi.vi.<br />
Ab.sa.<br />
Zi.zi.<br />
Gy.sc.<br />
As.as.<br />
Gy.sc.<br />
As.as.<br />
1989 n = 144<br />
1999 n = 824<br />
Le.le.<br />
Le.le.<br />
On.my.<br />
On.my.<br />
Ab.br.<br />
Ru.ru.<br />
Ab.br.<br />
Ru.ru.<br />
Pe.fl.<br />
Bl.bj.<br />
Pe.fl.<br />
Le.id.<br />
St.lu.<br />
Le.ce.<br />
An.an.<br />
Gy.ba.<br />
Cy.ca.<br />
Es.lu.<br />
Ti.ti.<br />
Ga.ac.<br />
Individuum nachgewiesen werden. Mit 6 % ist<br />
das Aitel in dieser Strecke hinter Nase, Barbe<br />
und auch Hasel nur vierthäufigste Art. Erfreulich<br />
ist auch der Trend höherer Artenzahlen in<br />
der Klasse der Rheophilen. Huchen, Äsche und<br />
Gründling zählen beispielsweise in dieser<br />
Strecke dazu.<br />
Strecke 17 – Luger<br />
Die Strecke 17 ist im Gegensatz zu den beiden<br />
vorhin diskutierten vergleichsweise homogen<br />
in Form einer schmalen Schotterbank mit ge-<br />
1989 n = 83 1999 n = 116<br />
Le.id.<br />
St.lu.<br />
Le.ce.<br />
An.an.<br />
Es.lu.<br />
Ga.ac.<br />
Abb. 8.13: Prozentuelle<br />
Artenverteilungen in der<br />
Strecke 15 (1989 und<br />
1999).<br />
Abb. 8.14: Prozentuelle<br />
Artenverteilungen in der<br />
Strecke 17 (1989 und<br />
1999).
adliniger Uferführung und einheitlicher Höhenzonierung<br />
ausgebildet. Ausgedehnte flache<br />
Buchtbereiche und kleinräumige Verzahnungen,<br />
wie sie vor allem in Strecke 15 vorzufinden<br />
sind, fehlen. Mit einer Länge von 500 m ist<br />
diese Maßnahme jedoch die zweitlängste.<br />
Die aktuelle Fischvergesellschaftung in diesem<br />
Bereich zeigt eine in weiten Teilen gleichläufige<br />
Entwicklung wie in Strecke 5 und 15.<br />
Auch hier erreicht die Nase einen Anteil von<br />
51 % (1989: 8 %) und ist damit die klar vorherrschende<br />
Art. Die ursprünglich in diesem Bereich<br />
dominante Hasel verliert zwar deutlich an<br />
Anteilen, ist aber nach der Nase mit 13 % noch<br />
immer zweithäufigste Art. Neben Zuwächsen<br />
bei den meisten Rheophilen und zwei von drei<br />
Oligorheophilen sind Rückgänge bei den meisten<br />
Indifferenten nachzuweisen. Einige Arten<br />
dieser Klasse verschwinden gänzlich (z.B. Aal,<br />
Regenbogenforelle, Nerfling). Einzig der indifferente<br />
Hecht kommt neu hinzu.<br />
8.4.3.2 Strecken mit<br />
Nebengewässercharakter – Hakenbuhne<br />
Ein Großteil der Befischungsstrecken liegt<br />
direkt im Hauptabflussprofil der Donau und<br />
weist entsprechend dieser Lage in Abhängigkeit<br />
vom Abfluss vergleichbare Fließgeschwindigkeiten<br />
auf. Drei der insgesamt 20 Strecken<br />
in Prozent<br />
40,00<br />
35,00<br />
30,00<br />
25,00<br />
20,00<br />
15,00<br />
10,00<br />
5,00<br />
0,00<br />
Ch.na.<br />
Ba.ba.<br />
Go.al.<br />
1989 n = 113<br />
1999 n = 229<br />
Go.go.<br />
Sa.tr.<br />
Vi.vi.<br />
Ab.sa.<br />
Zi.zi.<br />
Gy.sc.<br />
As.as.<br />
Le.le.<br />
Ab.br.<br />
Ru.ru.<br />
Pe.fl.<br />
Bl.bj.<br />
St.lu.<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
weisen aktuell eine deutlich divergierende<br />
Charakteristik hinsichtlich Fließgeschwindigkeit<br />
und Einfluss des Wellenschlages auf, Strecke<br />
7, welche 1997 durch den Bau einer Hakenbuhne<br />
in ihrer Charakteristik verändert<br />
wurde und Strecke 10, ein stark verlandeter<br />
Altarmrest im Bereich der Ortschaft Oberranna<br />
(Strom-km 2196,0). Linksufrig liegt weiters bei<br />
Strom-km 2197,5 Strecke 19, der Hafen Luger.<br />
Strecke 7<br />
In der mittels Hakenbuhne umstrukturierten<br />
Strecke treten große Veränderungen auf, die<br />
vor allem indifferente bzw. mäßig strömungsliebende<br />
Arten betreffen. Von den insgesamt<br />
19 Arten, die in den beiden Untersuchungsperioden<br />
belegt werden, weisen 14 Arten Zunahmen<br />
auf bzw. werden nach Umstrukturierung<br />
erstmals nachgewiesen. Nur fünf Arten zeigen<br />
Abnahmen, die in ihrer Höhe sehr unterschiedlich<br />
ausfallen. Rheophile, hier durch Nase, Barbe,<br />
Weißflossengründling, Gründling und<br />
Bachforelle vertreten, bleiben in Summe etwa<br />
gleich.<br />
Den deutlichsten Zuwachs zeigt der<br />
Flussbarsch, ein typischer Vertreter der Indifferenten,<br />
der von 4 auf 22 % steigt. Auch der<br />
Zuwachs des Hechts weist auf die Charakteristik<br />
dieser Strecke hin, da dieser bevorzugt ste-<br />
Gy.ce.<br />
Le.ce.<br />
Lo.lo.<br />
Si.gl.<br />
An.an.<br />
Cy.ca.<br />
Ca.au.gi.<br />
Es.lu.<br />
Abb. 8.15: Prozentuelle Artenverteilungen<br />
in der<br />
Strecke 7 (1989 und 1999).<br />
57
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
hende Bereiche aufsucht und dort vermehrt<br />
nachzuweisen ist.<br />
Neben den Änderungen in der Artenzusammensetzung<br />
weisen auch die insgesamt höheren<br />
Fangzahlen auf eine erhöhte Attraktivität<br />
dieses Bereiches hin.<br />
Strecke 10 und 19<br />
Im Gegensatz zur Strecke 7 sind die Strecken<br />
10 und 19 bereits 1989 als strömungsgeschützte<br />
Bereiche zu charakterisieren und erfahren seither<br />
keine Veränderung in ihrer morphologischen<br />
und strukturellen Ausformung. Die abiotischen<br />
Rahmenbedingungen in diesen beiden<br />
Bereichen (Strecke 10 und 19) sind miteinander<br />
gut vergleichbar und werden daher zusammenfassend<br />
dargestellt.<br />
Die Lebensraumbedingungen in diesen Ruhigwasserbereichen<br />
begünstigen eine Vergesellschaftung,<br />
welche deutlich von Indifferenten<br />
geprägt ist. Im Gegensatz zu den Artenassoziationen<br />
im Hauptstrom ist das Aitel nur<br />
in vergleichsweise geringen Anteilen vertreten.<br />
Dominierende Art in beiden Untersuchungen<br />
ist der euryöke Flussbarsch, der Anteile bis<br />
28 % erreicht. Weitere häufige Indifferente sind<br />
Rotauge, Aitel und Hasel, wobei sich das Aitel<br />
entsprechend der Rolle als „typischster“ Ubi-<br />
in Prozent<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
58<br />
1989 n = 219<br />
1999 n = 392<br />
Ch.na.<br />
Ba.ba.<br />
Th.th.<br />
Ru.pi.<br />
Hu.hu.<br />
Al.bi.<br />
Go.al.<br />
Go.go.<br />
Go.sp.<br />
Sa.tr.<br />
Sa.tr.f.l.<br />
Sa.fo.<br />
Co.go.<br />
Vi.vi.<br />
Ab.sa.<br />
Zi.zi.<br />
Gy.sc.<br />
Gy.ba.<br />
As.as.<br />
Le.le.<br />
On.my.<br />
Ab.br.<br />
Ru.ru.<br />
Pe.fl.<br />
Bl.bj.<br />
Le.id.<br />
St.lu.<br />
Gy.ce.<br />
Le.ce.<br />
Lo.lo.<br />
An.an.<br />
Pr.ma.<br />
Pe.cu.<br />
Cy.ca.<br />
Ca.au.gi.<br />
Es.lu.<br />
Ti.ti.<br />
Ga.ac.<br />
Co.sp.<br />
quist auch hier zweit- bzw. dritthäufigste Art<br />
ist. Mit 12 % erreicht das Aitel allerdings nicht<br />
dieselbe Bedeutung wie im Hauptstrom.<br />
Daneben treten auch andere Charakterarten<br />
stehender Bereiche verstärkt auf. So ist der<br />
Hecht, ein optisch orientierter Räuber, mit Anteilen<br />
über 5 % zu belegen. Auch der Stichling,<br />
ein Pionierfisch, kommt in den Ruhigwasserbereichen<br />
häufig vor und ist aktuell vierthäufigste<br />
Art.<br />
Die Laube, welche in der Abbildung nicht<br />
dargestellt ist, wird wie im gesamten Untersuchungsabschnitt<br />
auch in den beiden Ruhigwasserbereichen<br />
in Schwärmen dokumentiert. Vor<br />
allem im Hafen Luger, der mit Tiefen bis zu 3 m<br />
bei Mittelwasser weit tiefgründiger als die<br />
Strecke 10 (max. 1 m) ist, wird die Laube massenhaft<br />
gefangen.<br />
Vergleich der Strecken 7, 10 und 19<br />
Die schon eingangs erwähnte Überstimmung<br />
der aktuellen fischökologischen Verhältnisse in<br />
der strukturierten Strecke 7 mit der Situation in<br />
den beiden „Nebengewässern“ des Untersuchungsgebietes<br />
wird noch deutlicher bei Zuordnung<br />
in ökologische Gruppen.<br />
So sind in diesen drei Strecken jeweils die<br />
Indifferenten mit Anteilen zwischen 60 und<br />
Abb. 8.16: Prozentuelle Artenverteilungen<br />
der Strecken<br />
10 und 19 (1989 und<br />
1999).
Abb. 8.17: Prozentuelle Anteile der ökologischen Gruppen an<br />
den Artenverteilungen in den Strecken 7, 10 und 19 (1999).<br />
90 % die dominierende Gruppe. In der Strecke<br />
7 ist mit ca. 20 % ein vergleichsweiser hoher<br />
Anteil der Rheophilen nachzuweisen, der in<br />
den beiden anderen Bereichen jeweils deutlich<br />
niedriger liegt (unter 10 %). Dies weist auf die<br />
innigere Vernetzung dieser Strecke mit dem<br />
Hauptstrom hin. Bereits bei erhöhtem Mittelwasser<br />
kommt es zu einem Überströmen der<br />
Hakenbuhne. Diese wechselnden Bedingungen<br />
schlagen sich auch in den niedrigen Anteilen<br />
der Limnophilen nieder.<br />
in Prozent<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
8.4.3.3 Verteilung ausgewählter Arten in<br />
Abhängigkeit vom Sohlsubstrat<br />
Neben einer Vielzahl abiotischer Parameter<br />
spielt das Sohlsubstrat eine entscheidende Rolle<br />
für die Etablierung von Fischassoziationen.<br />
Neben der Funktion als unmittelbarer Lebensraum<br />
weist es einen wichtigen Stellenwert als<br />
Reproduktionsfläche, Nahrungsareal und Refugialraum<br />
auf. Vor Errichtung der Strukturierungsbereiche<br />
waren die ufernahen Sohlbereiche<br />
fast ausschließlich durch Blockwurf begrenzt.<br />
Zwar schließt in der Stauwurzel am Fuß<br />
der blockwurfbefestigten Böschung großteils<br />
die schottrige Ursohle an, doch ist diese meist<br />
mehrere Meter hoch überstaut und kann somit<br />
viele ihrer ursprünglichen ökologischen Funktionen<br />
kaum noch erfüllen.<br />
Im Zuge der Untersuchungen wurde bei der<br />
Festlegung der Befischungsstrecken auch auf<br />
Sohlverhältnisse im Uferbereich Rücksicht genommen.<br />
Bei den Befischungen wurde die unmittelbar<br />
beprobte Zone bezüglich des Sohlsubstrats<br />
klassifiziert. In den meisten Fällen ist<br />
eindeutige Zuordnung zu einem Substrattyp<br />
möglich, in einigen Fällen liegen Mischsubstra-<br />
Blockwurf/Geröll<br />
Schlamm<br />
Schotter<br />
Nase n = 834 Barbe n = 152 Barsch n = 254 Aitel n = 480 Aal n = 184<br />
Blockwurf/Geröll 11,15 30,26 35,04 55,63 79,89<br />
Schlamm 2,64 9,87 59,45 28,13 18,48<br />
Schotter 86,21 59,87 5,51 16,25 1,63<br />
Abb. 8.18: Prozentuelle Verteilung verschiedener Fischarten auf unterschiedlichen Substrattypen im Uferbereich.<br />
59
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
te vor. Nachfolgend werden ausgewählte Arten<br />
mit unterschiedlichen autökologischen Ansprüchen<br />
diskutiert, wobei artspezifisch deren<br />
Verteilung in den drei Hauptsubstrattypen dargestellt<br />
ist (Abb. 8.18).<br />
Die Aufteilung der Fänge zeigt für die einzelnen<br />
Arten zum Teil klare Präferenzen für<br />
unterschiedliche Sohlsubstrate.<br />
So werden von der Leitfischart Nase über<br />
86 % aller gefangenen Individuen auf Schotterbänken<br />
gefangen. Die geringe Akzeptanz für<br />
schlammige Bereiche spiegelt sich im unbedeutenden<br />
Anteil auf schlammigem Untergrund<br />
wider. Ca. 11 % der Nasen sind auf<br />
Blockwurf belegbar. Dies ist umso bemerkenswerter,<br />
da Blockwurfufer nach wie vor im Untersuchungsgebiet<br />
dominieren. Eine der Nase<br />
ähnliche Verteilung zeigt sich bei der Barbe,<br />
wobei die Bindung an Schottersubstrat nicht so<br />
stark ausgeprägt ist. Die Barbe, die durch die<br />
gesetzten Maßnahmen nicht in der Intensität<br />
wie die Nase gefördert werden konnte, zeigt<br />
zwar auch eine klare Präferenz für schottriges<br />
Substrat, ihre Ansprüche sind aber weiter gestreut.<br />
Diese Fischart weist in allen Strecken<br />
Dichterückgänge auf, einzig in der Strecke 15<br />
kann sie ihren Anteil annähernd verdoppeln.<br />
Die heterogene Ausformung dieser Strecke, in<br />
in Prozent<br />
16,0<br />
14,0<br />
12,0<br />
10,0<br />
8,0<br />
6,0<br />
4,0<br />
2,0<br />
0,0<br />
60<br />
Ch.na.<br />
Ba.ba.<br />
Th.th.<br />
Go.ke.<br />
Hu.hu.<br />
Al.bi.<br />
Go.al.<br />
Go.go.<br />
Go.sp.<br />
Sa.tr.<br />
Vi.vi.<br />
Ab.sa.<br />
Gy.sc.<br />
As.as.<br />
Le.le.<br />
85,5 65,9<br />
Al.al.<br />
Ab.br.<br />
Ru.ru.<br />
der neben seicht überströmten Schotterbänken<br />
auch ausgeprägte Tiefstellen und Ruhigwasserbereiche<br />
vorkommen, scheint für die Barbe<br />
wesentliche Voraussetzung für ein höheres<br />
Aufkommen zu sein.<br />
Beim ubiquitären Barsch korreliert offensichtlich<br />
die Habitatpräferenz für ruhige Bereiche<br />
sehr stark mit den dort vorherrschenden<br />
Substratbedingungen. Aitel und Aal zeigen<br />
eine ihrer Autökologie entsprechende Verteilung.<br />
So kann sich der Aal auf den Schotterstrukturen<br />
nicht etablieren und wird weitgehend<br />
zurückgedrängt. Auf den starken Strukturbezug<br />
von Aitel und Aal wurde bereits<br />
mehrfach hingewiesen. Dieser zeigt sich in den<br />
jeweils hohen Anteilen im Blockwurf, der beim<br />
Aal sogar 80 % ausmacht.<br />
Nicht nur für die Adultfische, sondern auch<br />
für juvenile Stadien sind deutliche Substratpräferenzen<br />
belegbar, wie nachfolgende Aufteilung<br />
im Jahresüberblick zeigt (Abb. 8.19).<br />
Die Jungfisch- und Kleinfischfauna, dokumentiert<br />
durch Uferzugnetzbefischungen, wird<br />
von der Laube dominiert. Dieser Massenfisch<br />
stellt aber keine spezifischen Ansprüche bezüglich<br />
des Sohlsubstrates und nimmt sowohl<br />
auf Schlamm- als auch auf Schottersohle die<br />
mit Abstand höchsten Anteile ein.<br />
Pe.fl.<br />
Le.id.<br />
St.lu.<br />
Gy.ce.<br />
Le.ce.<br />
Schlamm<br />
Schotter<br />
n = 4491<br />
Pr.ma.<br />
Gy.ba.<br />
Ga.ac.<br />
Co.sp.<br />
Abb. 8.19: Prozentuelle Artenverteilung<br />
der Jungfischfauna<br />
auf unterschiedlichem<br />
Sohlsubstrat.
Demgegenüber zeigen die meisten anderen<br />
Arten klare Präferenzen bezüglich des Sohlsubstrates.<br />
Auf Schotter ist die Nase nach der Laube<br />
mit 15 % häufigste Art, während sie gleichzeitig<br />
die schlammige Sohle nur in geringen<br />
Anteilen besiedelt. Ebensolche Verteilung zeigt<br />
die Barbe, die nicht nur als Juveniler ähnliche<br />
Ansprüche wie die Nase an ihren Lebensraum<br />
stellt.<br />
Wie schon vorhin erwähnt, zeigt der Weißflossengründling<br />
klare Präferenz für eher ruhige<br />
Bereiche und bevorzugt demnach schlammigen<br />
Untergrund.<br />
Noch deutlicher ist diese Präferenz beim<br />
Stichling, einem Pionierfisch, ausgeprägt, der<br />
mit seinen vergleichsweise hohen Anteilen<br />
überrascht. Auf Schotter wird diese Art nur in<br />
geringen Anteilen nachgewiesen, während der<br />
Stichling auf Schlamm sogar vierthäufigste Art<br />
ist.<br />
8.5 Bestände<br />
Neben der Entwicklung der Artenvergesellschaftungen<br />
lassen auch die Bestandesveränderungen<br />
detaillierte Aussagen zur Evaluierung<br />
Individuen pro 10 min<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
1989 n = 34,5<br />
1999 n = 28,7<br />
Ch.na.<br />
Ba.ba.<br />
Th.th.<br />
Ru.pi.<br />
Hu.hu.<br />
Al.bi.<br />
Go.al.<br />
Go.go.<br />
Go.sp.<br />
No.ba.<br />
Sa.tr.<br />
Sa.tr.f.l.<br />
Sa.fo.<br />
Co.go.<br />
Vi.vi.<br />
Ab.sa.<br />
Zi.zi.<br />
Gy.sc.<br />
As.as.<br />
Le.le.<br />
On.my.<br />
Ab.br.<br />
Ru.ru.<br />
Pe.fl.<br />
Ps.pa.<br />
Bl.bj.<br />
Le.id.<br />
St.lu.<br />
Gy.ce.<br />
Le.ce.<br />
Lo.lo.<br />
Si.gl.<br />
An.an.<br />
Pr.ma.<br />
Gy.ba.<br />
Pe.cu.<br />
Cy.ca.<br />
Ca.au.gi.<br />
Es.lu.<br />
Ti.ti.<br />
Ga.ac.<br />
Co.sp.<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
der Strukturierungsmaßnahmen zu. Dabei ist<br />
zu berücksichtigen, dass neben der morphologischen<br />
Ausformung noch zahlreiche weitere<br />
Faktoren Einfluss auf Fischbestände ausüben<br />
können: Konkurrenzphänomene, artspezifische<br />
Zyklen, aber auch Prädatordruck sind nur<br />
einige der möglichen Einflussgrößen.<br />
Im Folgenden werden die aktuellen Bestandesdaten<br />
der Referenzsituation gegenübergestellt.<br />
Zur Beschreibung der Bestände werden -<br />
auch aus Gründen der Vergleichbarkeit - ausschließlich<br />
die Individuendichten herangezogen,<br />
dargestellt als Fang pro 10 min Befischungszeit<br />
unter Berücksichtigung des jeweiligen<br />
Fangerfolges.<br />
8.5.1 Individuendichten im gesamten<br />
Untersuchungsabschnitt in den Jahren<br />
1989 und 1998/99<br />
Auch bei Betrachtung der Bestandesentwicklung<br />
des gesamten Untersuchungsabschnitts<br />
zeigen sich auf den ersten Blick Veränderungen,<br />
denen die Fischfauna im Gewässersystem<br />
unterlag (Abb. 8.20).<br />
Abb. 8.20: Individuendichten<br />
aller Untersuchungsstrecken<br />
in den Jahren 1989<br />
und 1999.<br />
61
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Trotz eher geringer Verschiebungen in der<br />
Artenvergesellschaftung (siehe Kap. 8.4)<br />
kommt es innerhalb eines Zeitraumes von<br />
zehn Jahren zu einer deutlichen Bestandesreduktion.<br />
Die aktuelle Dichte nimmt im Vergleich<br />
zur Referenzsituation im Jahr 1989<br />
deutlich von 34,5 auf 28,7 Ind./10 min Fangzeit<br />
ab. Dies bedeutet einen Rückgang um<br />
über 15 %.<br />
Da innerhalb der Artenvergesellschaftungen<br />
selbst nur geringe Veränderungen zu beobachten<br />
sind und die betroffenen Arten vom<br />
positiven Einfluss der Strukturierungsmaßnahmen<br />
profitieren, sind andere Einflussfaktoren<br />
für die allgemeine Bestandesabnahme anzunehmen.<br />
Von den Arten mit deutlichen Zuwächsen<br />
sind vor allem Nase und Bachforelle zu nennen.<br />
Die Nase ist aktuell auch die häufigste<br />
Art im Untersuchungsabschnitt mit über<br />
5 Ind./10 min, was einer Verfünffachung seit<br />
1989 entspricht, knapp gefolgt vom Aitel mit<br />
ebenfalls ca. 5 Ind./10 min. Alle anderen Arten<br />
dagegen liegen deutlich unter 3 Ind. pro<br />
10 min.<br />
Individuen pro 10 min<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
62<br />
1989 n = 35,2<br />
1999 n = 25,2<br />
8.5.2 Individuendichten in den<br />
unveränderten Strecken in den Jahren<br />
1989 und 1998/99<br />
In den 16 unveränderten Strecken fällt die Bestandesreduktion<br />
wesentlich stärker aus als im<br />
gesamten Abschnitt (Abb. 8.21). Hier sinkt die<br />
Gesamtdichte von 35,2 auf 25,2 Ind./min, d.h.<br />
um fast ein Drittel, ab. Die Dichte des Aitels<br />
sinkt deutlich auf weniger als die Hälfte des<br />
Wertes von 1989, trotzdem bleibt dieser Ubiquist<br />
häufigste Art. Auch bei anderen Arten,<br />
wie Barbe oder Hasel, nehmen die Individuendichten<br />
massiv ab.<br />
Neben dem generell negativen Trend in den<br />
Beständen vieler Arten sind vereinzelt durchaus<br />
positive Tendenzen erkennbar, die vor allem<br />
auf zwei Ursachen zurückzuführen sind:<br />
Langjährige Populationszyklen und Einflüsse<br />
der Strukturierungsmaßnahmen.<br />
Für Bachforelle (vierfache Dichte) und Aalrutte<br />
(1989 nur als Einzelexemplar dokumentiert)<br />
trifft ersteres zu. Bei der Aalrutte wird<br />
eine derartige zyklische Veränderung auch für<br />
die Donau in Wien (EBERSTALLER et al., 2001) belegt.<br />
Vom positiven Einfluss der Strukturierungsmaßnahmen<br />
profitiert vor allem die Nase<br />
deutlich und kann durch „Ausstrahlungseffek-<br />
12,08<br />
Ch.na.<br />
Ba.ba.<br />
Th.th.<br />
Ru.pi.<br />
Hu.hu.<br />
Al.bi.<br />
Go.al.<br />
Go.go.<br />
Go.sp.<br />
No.ba.<br />
Sa.tr.<br />
Sa.tr.f.l.<br />
Sa.fo.<br />
Co.go.<br />
Vi.vi.<br />
Ab.sa.<br />
Zi.zi.<br />
Gy.sc.<br />
As.as.<br />
Le.le.<br />
On.my.<br />
Ab.br.<br />
Ru.ru.<br />
Pe.fl.<br />
Ps.pa.<br />
Bl.bj.<br />
Le.id.<br />
St.lu.<br />
Gy.ce.<br />
Le.ce.<br />
Lo.lo.<br />
Si.gl.<br />
An.an.<br />
Pr.ma.<br />
Gy.ba.<br />
Pe.cu.<br />
Cy.ca.<br />
Ca.au.gi.<br />
Es.lu.<br />
Ti.ti.<br />
Ga.ac.<br />
Co.sp.<br />
Abb. 8.21: Individuendichten<br />
aller 16 unveränderter<br />
Strecken in den Jahren 1989<br />
und 1999.
te“ aus den Strukturierungsabschnitten die Bestandesdichte<br />
steigern.<br />
8.5.3 Individuendichten in den<br />
strukturierten Strecken 5,7,15 und 17<br />
Alle Strukturierungsstrecken<br />
Eine gänzlich andere Bestandesentwicklung ist<br />
in den Strukturierungsstrecken vorzufinden.<br />
Die gemittelte Darstellung aller vier Maßnahmenstrecken<br />
zeigt einen massiven Anstieg der<br />
Individuendichte von 31,7 auf aktuell 42,8<br />
Ind./10 min. Dieser Zuwachs um ca. 30 % stellt<br />
einen deutlichen Gegensatz zur Entwicklung in<br />
den unveränderten Strecken, wo die Dichte in<br />
den letzten 10 Jahren um ca. 1/3 abnahm, dar.<br />
Vor Schaffung der Strukturen waren die Bestandeswerte<br />
zwischen den einzelnen Abschnitten<br />
deutlich ausgeglichener. So betrugen<br />
1989 die Gesamtindividuendichten in den unveränderten<br />
Strecken 35,2 Ind./10 min, in den<br />
vier potentiellen Strukturierungsstrecken dagegen<br />
nur 31,7 Ind./10 min. Aktuell wird dagegen<br />
in den Strukturierungsabschnitten mit 42,8<br />
Ind./10 min gegenüber 25,2 Ind./10 min in den<br />
unveränderten Strecken ein deutlich höhere<br />
Individuen pro 10 min<br />
20,58<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
Ch.na.<br />
Ba.ba.<br />
Th.th.<br />
Ru.pi.<br />
Hu.hu.<br />
Al.bi.<br />
Go.al.<br />
Go.go.<br />
Go.sp.<br />
No.ba.<br />
Sa.tr.<br />
Sa.tr.f.l.<br />
Sa.fo.<br />
Co.go.<br />
Vi.vi.<br />
Ab.sa.<br />
Zi.zi.<br />
Gy.sc.<br />
As.as.<br />
Le.le.<br />
On.my.<br />
Ab.br.<br />
Ru.ru.<br />
Pe.fl.<br />
Ps.pa.<br />
Bl.bj.<br />
Le.id.<br />
St.lu.<br />
Gy.ce.<br />
Le.ce.<br />
Lo.lo.<br />
Si.gl.<br />
An.an.<br />
Pr.ma.<br />
Gy.ba.<br />
Pe.cu.<br />
Cy.ca.<br />
Ca.au.gi.<br />
Es.lu.<br />
Ti.ti.<br />
Ga.ac.<br />
Co.sp.<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Bestand dokumentiert.<br />
In den vier neugestalteten Strecken dominiert<br />
die Leitart Nase mit über 20 Ind./10 min.<br />
Entsprechend ihren Lebensraumbedingungen<br />
findet dieser Kieslaicher hier geeignete Habitate<br />
vor.<br />
Barbe und Hasel, die im gesamten Stauwurzelbereich<br />
eine massive Abnahme zu verzeichnen<br />
haben, bleiben hier in ihren Bestandeswerten<br />
annähernd konstant. Ein deutlicher Zuwachs<br />
kann beim Schrätzer verzeichnet werden,<br />
der nach Nase, Aitel, Hasel und Bachforelle<br />
nun die insgesamt fünft-häufigste Art ist.<br />
Bestandesdichten der Nase und des Aitels<br />
in den Strukturierungsbereichen<br />
Die spezifische Bindung an den Lebensraum<br />
und seine Ausstattung lässt sich anhand einzelner<br />
Arten gut dokumentieren. So weisen die<br />
zwei Hauptarten Nase und Aitel deutlich divergierende<br />
Entwicklungen in den Beständen auf.<br />
Die Nase zeigt hohe Übereinstimmung zwischen<br />
ihren Bestandeswerten und der Heterogenität<br />
der Strecke. Die lineare Uferausformung<br />
der Strecke 17 bietet der Nase zwar ein<br />
durchaus attraktives Habitat, was sich auch in<br />
einer Dichte von ca. 15 Ind./10 min nieder-<br />
1989 n = 31,7<br />
1999 n = 42,8<br />
Abb. 8.22: Individuendichten<br />
in den veränderten<br />
Strecken 5,7,15 und 17<br />
(1989 und 1999).<br />
63
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Individuen pro 10 Minuten<br />
45<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
schlägt. Die typische Einnischung der einzelnen<br />
Alterstadien dieser Art (siehe Kapitel 8.6)<br />
erfordert allerdings eine heterogenere Ausformung,<br />
um für alle Stadien auch im saisonalen<br />
Verlauf geeigneten Lebensraum zu bieten.<br />
Strecken 5 und 15 bieten beispielsweise deutlich<br />
vielfältigere Mesohabitate und auch entsprechend<br />
höhere Nasendichten.<br />
Im Vergleich zur Nase besteht beim Aitel ein<br />
gänzlich divergierender Zusammenhang zwischen<br />
Bestandesdichte und Struktur. Die Bestandeswerte<br />
dieser Art gehen in den Maßnahmenstrecken<br />
deutlich zurück, wobei die Dichte<br />
64<br />
Strecke 5<br />
1999<br />
1989<br />
Strecke 7<br />
Strecke 15<br />
Strecke 17<br />
Abb. 8.23: Individuendichten der Nase in den strukturierten<br />
Strecken (1989 und 1999).<br />
Individuen pro 10 min<br />
45<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Individuen pro 10 Minuten<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Strecke 5<br />
Strecke 7<br />
Ch.na.<br />
Ba.ba.<br />
Th.th.<br />
Ru.pi.<br />
Hu.hu.<br />
Al.bi.<br />
Go.al.<br />
Go.go.<br />
Go.sp.<br />
No.ba.<br />
Sa.tr.<br />
Sa.tr.f.l.<br />
Sa.fo.<br />
Co.go.<br />
Vi.vi.<br />
Ab.sa.<br />
Zi.zi.<br />
Gy.sc.<br />
As.as.<br />
Le.le.<br />
On.my.<br />
Ab.br.<br />
Ru.ru.<br />
Pe.fl.<br />
Ps.pa.<br />
Bl.bj.<br />
Le.id.<br />
St.lu.<br />
Gy.ce.<br />
Le.ce.<br />
Lo.lo.<br />
Si.gl.<br />
An.an.<br />
Pr.ma.<br />
Gy.ba.<br />
Pe.cu.<br />
Cy.ca.<br />
Ca.au.gi.<br />
Es.lu.<br />
Ti.ti.<br />
Ga.ac.<br />
Co.sp.<br />
Strecke 15<br />
1999<br />
1989<br />
Strecke 17<br />
Abb. 8.24: Individuendichten des Aitel in den strukturierten<br />
Strecken (1989 und 1999).<br />
umso geringer ist, je mehr die Struktur dem<br />
Leitbild einer flachen Schotterbank entspricht.<br />
Die beinahe unveränderte Dichte in Strecke 7<br />
hingegen erklärt sich mit der aus Blockwurf<br />
gestalteten Struktur der Hakenbuhne, welche<br />
mit ihren Hohlräumen gute Einstände bietet.<br />
Bestandesentwicklung in Strecke 15<br />
Im Gegensatz zu Aitel oder Aal präferiert die<br />
Leitart der freien Fließstrecke, die Nase, seichte<br />
Schotterbänke. Diese dienen nicht nur als Reproduktionsraum,<br />
sondern auch als wichtige<br />
Jungfischhabitate oder „Weideplätze“, wobei<br />
1989 1999<br />
Abb. 8.25: Individuendichten<br />
aller Arten in der Strecke 15<br />
(1989 und 1999).
aber im Verlauf der Entwicklung unterschiedliche<br />
Mesohabitate in diesen Bereichen aufgesucht<br />
werden (siehe Kap. 8.6)<br />
Entsprechend diesen Ansprüchen erreicht<br />
die Nase auch in der Strecke 15 die mit Abstand<br />
höchste Dichte. Dieser Strukturierungsabschnitt<br />
stellt die heterogenste und auch<br />
großflächigste Maßnahme mit Inseln, ausgedehnten<br />
Buchten, Flachwasserbereichen, Kolke<br />
etc. dar. So belegen die Elektrobefischungen<br />
eine Nasendichte von über 40 Ind./10 min.<br />
Dieser hohe Wert wird von keiner anderen<br />
Fischart an keinem Termin auch nur annähernd<br />
erreicht.<br />
8.6 Reproduktion<br />
8.6.1 Einleitung<br />
Die Dokumentation erfolgreicher Reproduktion<br />
sowie das Jungfischaufkommen in den<br />
Strukturierungsbereichen ist ein weiterer<br />
Schwerpunkt vorliegender Studie. Wie bereits<br />
im Kap. 8.3.3 erwähnt, ist ein Großteil der ursprünglich<br />
in diesem Donauabschnitt weit verbreiteten<br />
Arten zur ökologischen Gruppe rheophil/rheopar<br />
(ZAUNER & EBERSTALLER, 1999) zu<br />
in Prozent<br />
15,0<br />
42,0 20,6<br />
12,0<br />
9,0<br />
6,0<br />
3,0<br />
0,0<br />
Ch.na.<br />
Ba.ba.<br />
Th.th.<br />
Go.ke.<br />
Hu.hu.<br />
Al.bi.<br />
Go.al.<br />
Go.go.<br />
Go.sp.<br />
Vi.vi.<br />
Ab.sa.<br />
Gy.sc.<br />
As.as.<br />
Le.le.<br />
Ab.br.<br />
Ru.ru.<br />
Pe.fl.<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
zählen, d.h. zu den strömungsliebenden Arten,<br />
welche als Laichhabitat überronnene Kiesflächen<br />
benötigen.<br />
Darüber hinaus weisen Juvenile meist enge<br />
Einnischung in Uferzonen auf, wobei nicht nur<br />
die Fließgeschwindigkeit einen entscheidenden<br />
Parameter darstellt, sondern auch klare<br />
Präferenzen für Sohlsubstrat, Wassertiefe etc.<br />
artspezifisch vorliegen.<br />
In einem weiteren Kapitel wird insbesondere<br />
Reproduktion und Jungfischaufkommen der<br />
Nase diskutiert. Anhand dieser Leitfischart können,<br />
stellvertretend für eine Vielzahl anderer<br />
Arten, die Effekte der Strukturierungsmaßnahmen<br />
gezeigt werden.<br />
8.6.2 Jungfischvergesellschaftungen in<br />
den strukturierten Strecken<br />
Im Zuge der spezifischen Jungfischerhebungen<br />
(Uferzugnetze, spezifische E-Befischungen)<br />
werden in den drei Strukturierungsstrecken 5,<br />
15 und 17 insgesamt 4653 Individuen gefangen.<br />
Die Laube weist wiederum den höchsten<br />
Anteil auf. Ohne ihre Berücksichtigung werden<br />
1395 Individuen aus 24 Arten gefangen, wobei<br />
die Nase mit 42 % dominiert. Einen überraschend<br />
hohen Anteil weist die Hasel auf, wel-<br />
Le.id.<br />
St.lu.<br />
Gy.ce.<br />
Le.ce.<br />
n = 1395<br />
Pr.ma.<br />
Gy.ba.<br />
Ga.ac.<br />
Co.sp.<br />
Abb. 8.26: Prozentuelle Gesamtartenverteilungen<br />
der<br />
Jungfischerhebungen (ohne<br />
Laube) in den Strukturierungsstrecken<br />
5,15 und 17.<br />
65
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
che mit über 20 % zweithäufigste Art ist. In der<br />
Adultfischfauna weist diese Art dagegen einen<br />
deutlich geringeren Anteil mit rückläufiger<br />
Tendenz auf.<br />
Ca. zwei Drittel aller Individuen zählen zur<br />
Gruppe der Rheophilen, welche mit acht Arten<br />
vertreten ist. Auch die Oligorheophilen stellen<br />
einige Vertreter, wie Blaunase, Zobel, Schrätzer<br />
und Donaukaulbarsch. Insgesamt zehn indifferente<br />
Arten werden belegt. Wie auch bei den<br />
Adultfischen ist ihr Anteil in den strukturierten<br />
Strecken vergleichsweise gering.<br />
Der hohe Anteil der Hasel zeigt, dass für ein<br />
weites Spektrum an Arten in der Donau, Schotterbänke<br />
durchaus bedeutende Habitate darstellen.<br />
Diese Art zählt zu den mäßig strukturgebundenen,<br />
strömungsindifferenten Fließwasserlaichern<br />
und weist bezüglich der Lebensraumansprüche<br />
eine vergleichsweise breite<br />
Amplitude auf. Ihre Reproduktionsareale<br />
sind allerdings an fließende Gewässerabschnitte<br />
gebunden.<br />
8.6.2.1 Jungfischfauna in den drei<br />
Strukturierungsstrecken<br />
Die aktuellen Jungfischvergesellschaftungen<br />
zeigen deutlich divergierende Verteilungen in<br />
den drei strukturierten Strecken (Abb. 8.27).<br />
Diese unterscheiden sich wiederum zum Teil<br />
von der dort anzutreffenden Adultfischfauna.<br />
Die Nase, welche in allen Strecken bei den<br />
Adulten deutlich dominiert, kann diese vorherrschende<br />
Rolle bei den Juvenilen nur in<br />
Strecke 5 (Fallau) erreichen. In den zwei anderen<br />
Strecken macht ihr die Hasel diese Stellung<br />
streitig, sie ist in Strecke 15 und 17 dominierende<br />
Art.<br />
Der Rückgang der Nase ist nicht nur mit einem<br />
Anstieg der Hasel, sondern auch anderer<br />
mäßig strömungsliebender, sowie auch indifferenter<br />
und sogar limnophiler Elemente begleitet.<br />
So erreicht u.a. der Schrätzer in Strecke 17<br />
einen vielfach höheren Anteil als die Nase und<br />
ist dort zweithäufigste Art. Andererseits weist<br />
der Stichling sowohl in Strecke 15 als auch 17<br />
höhere Anteil als das Aitel auf.<br />
66<br />
Ch.na.<br />
Le.le.<br />
Ba.ba.<br />
Le.le.<br />
Ba.ba.<br />
Le.le.<br />
Gy.sc.<br />
Gy.sc.<br />
Ba.ba.<br />
Gy.sc.<br />
Go.al.<br />
Go.al.<br />
Ch.na.<br />
Go.al.<br />
Ch.na.<br />
Weitere<br />
Weitere<br />
Weitere<br />
Pe.fl.<br />
St.lu.<br />
Ga.ac.<br />
Le.ce.<br />
Ab.br.<br />
Pe.fl.<br />
St.lu.<br />
Ga.ac.<br />
Le.ce.<br />
Ab.br.<br />
Ru.ru.<br />
Go.go.<br />
Pe.fl.<br />
St.lu.<br />
Ga.ac.<br />
Ab.br.<br />
Ru.ru.<br />
Abb. 8.27: Prozentuelle Artenverteilungen der 12 häufigsten<br />
Arten der drei Schotterstrukturierungsbereiche (oben: Strecke<br />
5, Mitte: Strecke 15 und unten: Strecke 17).<br />
Als Grund für die Unterschiedlichkeiten in<br />
den Jungfischassoziationen ist die individuelle,<br />
morphologische Ausprägung in Kombination<br />
mit den Strömungsverhältnissen zu nennen.<br />
Die zum Teil sehr kleinräumige heterogene<br />
Strukturierung und Strömungsdiversifizierung<br />
resultiert in einer extrem hohen Habitatdiversität,<br />
welche vor allem für Jungfische eine Vielzahl<br />
unterschiedlichster Nischen bietet.
8.6.2.2 Vergleich der Jungfische in<br />
Strecke 5 vor und nach Strukturierung<br />
Die Jungfischfauna (ohne Berücksichtigung<br />
der Laube) in Strecke 5 (Fallau) wird im Gegensatz<br />
zu den beiden anderen von der Nase<br />
dominiert. Diese Art kommt 1989 noch sehr<br />
untergeordnet vor; nur einige wenige Exemplare<br />
werden dokumentiert.<br />
Zehn Jahre später sind in den Strukturierungsbereichen<br />
hohe Jungfischdichten dieser<br />
Art zu dokumentieren. So werden aktuell auf<br />
den neugeschaffenen Schotterbänken 465 Individuen<br />
der Nase gefangen, was bei einer<br />
Grundgesamtheit von 693 Individuen einem<br />
Anteil von 67 % entspricht.<br />
Auch vor Umsetzung der Strukturierungsmaßnahmen<br />
wies die Strecke 5 vergleichsweise<br />
hohe Attraktivität auf. Die Jungfischfauna<br />
war von der Kleinfischart Weißflossengründling,<br />
aber auch von Hasel und Barbe geprägt.<br />
Der direkte Vergleich der Absolutzahlen<br />
(Abb. 8.28) zeigt, dass auch aktuell hohe Individuenzahlen<br />
von Barbe und Hasel belegbar<br />
sind, welche sich in der prozentuellen Verteilung<br />
(Abb. 8.27) auf Grund der Dominanz der<br />
Nase in vergleichsweise geringen Prozentsätzen<br />
niederschlagen, aber eine Vervielfachung<br />
gegenüber 1989 bedeuten.<br />
Individuen<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
465<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Gegenteilige Entwicklungen auf den schottrigen<br />
Bereichen weisen vor allem die Gründlingsarten<br />
auf. Der Weißflossengründling<br />
nimmt stark ab, der Gründling verschwindet<br />
gänzlich.<br />
Diese Ergebnisse decken sich auch mit denen<br />
anderer Jungfischerhebungen aus dem<br />
Jahr 1989 aus den unmittelbar flussauf liegenden<br />
Strecken 3 und 4. In Flachwasserbereichen<br />
mit schluffigem Substrat war neben dem Weißflossengründling<br />
auch der Zobel deutlich häufiger.<br />
Auch wenn in der Darstellung nicht berücksichtigt,<br />
ist die Massenfischart Laube in beiden<br />
Untersuchungen jeweils häufigste Art.<br />
8.6.3 Evaluierung der Strukturierungsmaßnahmen<br />
in Hinblick auf<br />
Reproduktion und Jungfischhabitat<br />
der Leitfischart Nase<br />
Ch.na. Ba.ba. Go.al. Go.go. Gy.sc. Le.le. Ab.br. Pe.fl. St.lu. Le.ce. Ga.ac.<br />
Auf eine Fischart wird im Zusammenhang mit<br />
der unmittelbaren Bewertung der Einzelmaßnahmen<br />
näher eingegangen.<br />
Wie bereits eingangs erläutert, ist die Nase<br />
als Leitfischart der österreichischen Donau anzusehen.<br />
Im Untersuchungsgebiet ist es auf<br />
Strecke 5 – 1989 n = 113<br />
Strecke 5 – 1999 n = 693<br />
Abb. 8.28: Individuenzahlen<br />
der in Strecke 5 mit Uferzugnetzen<br />
gefangenen Fische<br />
(1989 und 1999)<br />
67
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Grund der wasserbaulicher Eingriffe (siehe<br />
Kap.3.2) zu gravierenden Änderungen der<br />
abiotischen Rahmenbedingungen gekommen.<br />
Die verringerte Fließgeschwindigkeit und vor<br />
allem das Überstauen aller Schotterbänke verschlechterte<br />
die Lebensverhältnisse der Nase<br />
ganz wesentlich. Massive strukturelle Defizite<br />
bestehen vor allem in Hinblick auf Reproduktionsareale<br />
und Jungfischhabitate. Die Strukturierungsmaßnahmen<br />
sollen dies zum Teil kompensieren.<br />
Im Zuge der saisonalen Erhebungen wurde<br />
versucht, wesentliche Lebensphasen der Nase<br />
zu dokumentieren.<br />
Reproduktion<br />
Einzig an einem Untersuchungstermin (7.4.99)<br />
gelang es adulte Individuen in größerer Anzahl<br />
unmittelbar auf seicht überronnenen Schotterflächen<br />
zu fangen. Der Fangtermin entsprach<br />
dem durch Referenzbefischungen an anderen<br />
Donauabschnitten ermittelten Laichtermin (Anfang<br />
April) bei einer Wassertemperatur von ca.<br />
9° C, nachdem Ende März nur vereinzelt Nasen<br />
gefangen wurden. Nasenlaichplätze weisen<br />
laut Literatur eine mittlere Wassertiefe von<br />
20 cm und Fließgeschwindigkeiten von 0,6-<br />
1,5 m/s (KECKEIS, 1998; MELCHER, 1999; EBERSTAL-<br />
LER et. al., 2001) auf.<br />
Nach STEIN (1989) werden die befruchteten<br />
Eier auf Grund der Strömung während und<br />
nach dem Ablaichen verdriftet. Die klebrigen<br />
Eier haften am Untergrund und werden auch in<br />
Die klebrigen Eier der Nase werden in die kiesige Sohle eingespült.<br />
68<br />
das kiesig-steinige Substrat (Interstitial) eingespült,<br />
vorausgesetzt der Lückenraum ist groß<br />
genug (DEDUAL, 1990). Die Orte der Embryonalentwicklung<br />
liegen in unmittelbarer Nähe flussab<br />
der Laichplätze. Die Entwicklungsdauer<br />
der Eier bis zum Schlupf der Larven hängt mit<br />
der vorherrschenden Wassertemperatur zusammen.<br />
PENAZ (1974) gibt eine Inkubationsdauer<br />
bis zum Schlupf zwischen 99,3 Tagesgraden<br />
(bei 17,3°C) und 231,3 T° (bei 10°C) an. DEDUAL<br />
(1990) stellt eine Entwicklungsdauer der Eier<br />
von 124 Tagesgraden bei Wassertemperaturen<br />
von 13 bis 14°C fest. An der Donau/Wien wird<br />
1999 eine Inkubationsdauer der Eier von ungefähr<br />
240 bis 250 Tagesgraden beobachtet, wobei<br />
am 28.4.99 die ersten abdriftenden Larven<br />
bei einer Wassertemperatur von 10,5°C dokumentiert<br />
wurden.<br />
Jungfischentwicklung und -einnischung<br />
Entsprechend genannter Eientwicklungsdauer<br />
werden im Rahmen der Evaluierung am 7. Mai<br />
1999 Befischungen durchgeführt, die als Ziel<br />
den Nachweis von Larven hatten. Die erfolgreichen<br />
Erhebungen zeigen deutlich, dass sich<br />
Nasenlarven vom rasch überströmten Laichplatz<br />
zügig in Areale einnischen, welche nur<br />
wenige Zentimeter tief sind, und faktisch keine<br />
Strömung aufweisen (siehe Abb. 8.29). Durch<br />
die geringe Wassertiefe und Fließgeschwindigkeit<br />
ist die Erwärmung dieser Bereiche möglich,<br />
was für die als ausgesprochen thermophil<br />
geltenden juvenilen Nasen (STEINHÖRSTER, 1996),<br />
förderlich ist. Schnell erwärmende Gewässerabschnitte<br />
üben eine anziehende und wachstumsfördernde<br />
Wirkung auf Fischlarven und<br />
Jungfische aus (ALABASTER & LLOYD, 1980).<br />
Diese Lebensraumpräferenzen bestätigen<br />
auch Untersuchungen an der mittleren Isar<br />
(SCHUBERT, 1998), in der als Brutstandort für juvenile<br />
Nasen (Länge ca. 15 mm) Bereiche mit<br />
einer Tiefe von 0 - 20 cm und einer Fließgeschwindigkeit<br />
von < 5 cm/sec. angegeben werden.<br />
Dabei weisen mehr als 74 % aller Individuen<br />
einen Uferabstand von weniger als 1 m<br />
auf.
Im Fall der Strukturierungsbereiche bieten<br />
vor allem die eingestauten Sukzessionsflächen<br />
bzw. deren Randbereiche ideale Habitate für<br />
die in diesem Stadium ca. 12 mm langen Larven.<br />
Schon nach wenigen Wochen wechseln die<br />
nun morphologisch ausdifferenzierten Kleinnasen<br />
mit einer Länge von 20 - 30 mm in andere<br />
Habitate. Die sind in dieser Entwicklungsphase<br />
schwach angeströmte Schotterbänke,<br />
welche Fließgeschwindigkeiten von weniger<br />
als 10 cm/sec und geringe Wassertiefen (10 -<br />
40 cm) aufweisen.<br />
Mit zunehmender Körperlänge nischen sich<br />
Jungfische in Bereiche mit höheren Fließgeschwindigkeiten<br />
ein. So sind Jungnasen mit einer<br />
Körperlänge von 35 - 70 mm in den Sommermonaten<br />
Juli und August auf gut angeströmten<br />
(bis zu 50 cm/sec) Schotterflächen<br />
anzutreffen.<br />
Bemerkenswert erscheint die habitatspezifische<br />
Verteilung der Jungfische im Oktober. Ein<br />
Großteil der 0+- und 1+-Nasen ist zu dieser Zeit<br />
in strömungsarmen Buchtbereichen nachzuweisen.<br />
Offensichtlich wechseln die Jungfische<br />
zur kalten Jahreszeit in derartige Refugialhabitate.<br />
Dies deckt sich gut mit Untersuchungen<br />
an der Pielach, einem Donauzubringer in NÖ<br />
(MELCHER, 1999). Bei einer Wassertiefe von ca.<br />
45 - 75 cm sammeln sich die Jungnasen über<br />
feinkörnigem Substrat ohne Strömung.<br />
Die detaillierten saisonalen Erhebungen zeigen<br />
sehr deutlich, dass die Verfügbarkeit unterschiedlicher<br />
Habitate im Jahreszyklus für Nasen<br />
im ersten Lebensjahr essentiell ist. Grundsätzlich<br />
gilt, dass sowohl die longitudinale Situierung,<br />
als auch die laterale Ausformung von<br />
Einzelstrukturen die Möglichkeiten für das Aufkommen<br />
der Brut wesentlich beeinflussen.<br />
Eine in diesem Zusammenhang bedeutende<br />
Bewandtnis kommt den Reproduktionsarealen<br />
zu, die in einer nahen Entfernung flussauf bzw.<br />
parallel zu den weiteren Entwicklungsräumen<br />
situiert sein müssen. Da die nach dem Laichvorgang<br />
anschließende Embryonalentwicklung<br />
im Interstitial der seicht überströmten Schotter-<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
bänke stattfindet, ist einerseits ausreichende<br />
Verfügbarkeit der Flächen und vor allem deren<br />
granulometrische Qualität ausschlaggebend.<br />
Vorteilhafter Einfluss dürfte in diesem Fall<br />
durch den Wellenschlag gegeben sein, da die<br />
lokale oberflächige Umlagerung des Schotterkörpers<br />
positive Effekte in Hinblick auf die äußere<br />
Dekolmation mit sich bringt.<br />
Aus den Untersuchungsergebnissen lässt<br />
sich eine elementare Rolle für die Verdriftungsphase<br />
der Larven von den Laichhabiten zu den<br />
weiteren Larval- bzw. Jungfischhabitaten ableiten.<br />
Den im Laufe der ontogenetischen Entwicklung<br />
der Nasenbrut sich ändernden ökologischen<br />
Ansprüchen an das Habitat ist insofern<br />
Rechnung zu tragen, dass diese bei jeweils typischen<br />
Wasserständen auch verfügbar sind. So<br />
bieten flache Schotterbänke mit einem breiten<br />
Strömungsgradienten und uferseitiger Vegetation,<br />
welche fließend ins Umland übergeht, bezüglich<br />
der Habitatsansprüche während der<br />
warmen Jahreszeit und den gegebenen hydrologischen<br />
Rahmenbedingungen ideale Aufwuchsverhältnisse.<br />
Abb. 8.29: Nächstfolgende Doppelseite:<br />
Darstellung der saisonalen Einnischung von Jungnasen im ersten<br />
Lebensjahr in der Struktur Kramesau (grüne Balken in<br />
den Längenfrequenzdiagrammen = 0+-Jahrgang).<br />
von links nach rechts:<br />
Längenfrequenzdiagramm juveniler Nasen<br />
und Laichareale der Nasen im April.<br />
Längenfrequenzdiagramm der Nasenlarven<br />
und Habitate im Mai<br />
Längenfrequenzdiagramm und<br />
Jungfischhabitate im Frühsommer<br />
Längenfrequenzdiagramm im Oktober und Herbsthabitate<br />
69
April<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Seichte, stark überströmte Schotterbänke sind die<br />
Laichareale der Nase. Im zeitigen Frühjahr bei einer<br />
Wassertemperatur von ca. 9°C findet ein intensives<br />
Laichspiel statt. Dabei werden die Eier befruchtet und<br />
abgelegt. Die hohe Strömung spült die klebrigen Eier in<br />
das schottrige Substrat ein und sorgt für optimale<br />
Sauerstoffversorgung.<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
70<br />
Individuenzahl April<br />
n = 267<br />
5<br />
15<br />
25<br />
35<br />
45<br />
55<br />
65<br />
75<br />
85<br />
95<br />
105<br />
115<br />
125<br />
135<br />
145<br />
155<br />
165<br />
175<br />
185<br />
195<br />
205<br />
215<br />
225<br />
235<br />
245<br />
LAGEPLAN KRAMESAU:<br />
Länge in mm<br />
Einnischung und Entwicklung der<br />
Mai<br />
Wenige Wochen danach schlüpfen ca. 12 mm große Larven<br />
aus den Eiern und sammeln sich in strömungs-beruhigten<br />
Zonen. In flachen Buchten erwärmt sich bei intensiver<br />
Sonneneinstrahlung das Wasser schnell und bietet für die<br />
wärmeliebenden Jungfischschwärme optimale<br />
Wachstumsbedingungen. Gleichzeitig sind diese hier auch<br />
vor Räubern geschützt.<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
92<br />
Individuenzahl Mai<br />
n = 116<br />
1 2<br />
5<br />
15<br />
25<br />
35<br />
45<br />
55<br />
65<br />
75<br />
85<br />
95<br />
105<br />
115<br />
125<br />
135<br />
145<br />
155<br />
165<br />
175<br />
185<br />
195<br />
205<br />
215<br />
225<br />
235<br />
245<br />
Länge in mm<br />
verschiedene Wassertiefenzonen Bereich zwischen Nieder- und Mittelwasser Vegetationszone
Jungnasen im saisonalen Verlauf<br />
Juni<br />
Mit einer Körperlänge von 20-30 mm werden im Frühsommer<br />
seichte, mäßig strömende Bereiche aufgesucht.<br />
Kleinlebewesen im Schotterlückenraum dienen als<br />
Nahrung. Bis in den August erreichen sie bei vergleichsweise<br />
hohen Wassertemperaturen Längen von ca. 70 mm.<br />
Zu dieser Zeit werden dann stärker strömende Bereiche in<br />
tieferen Zonen besiedelt.<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
286 259<br />
Individuenzahl Juni<br />
n = 671<br />
5<br />
15<br />
25<br />
35<br />
45<br />
55<br />
65<br />
75<br />
85<br />
95<br />
105<br />
115<br />
125<br />
135<br />
145<br />
155<br />
165<br />
175<br />
185<br />
195<br />
205<br />
215<br />
225<br />
235<br />
245<br />
Länge in mm<br />
Oktober<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Im Herbst sammeln sich die Jungnasen in tiefgründigen,<br />
stehenden Bereichen. Dieser erneute Ortswechsel weist<br />
auf die komplexe Einnischung der Nase im ersten Lebensjahr<br />
hin. Die neugeschaffenen Schotterstrukturen bieten<br />
mit ihrer kleinräumigen und heterogenen Strukturierung<br />
für die verschiedenen Lebensphasen der Jungnasen<br />
adäquate Habitate.<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Individuenzahl Oktober<br />
n = 246<br />
3 4<br />
5<br />
15<br />
25<br />
35<br />
45<br />
55<br />
65<br />
75<br />
85<br />
95<br />
105<br />
115<br />
125<br />
135<br />
145<br />
155<br />
165<br />
175<br />
185<br />
195<br />
205<br />
215<br />
225<br />
235<br />
245<br />
Länge in mm<br />
71
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Wachstum juveniler Nasen<br />
Auch in Bezug auf die wachstumsspezifische<br />
Entwicklung der Larven bzw. der Jungfische<br />
ergeben sich interessante Ergebnisse.<br />
Die Körperlängen der 0+-Individuen (Jungfische<br />
dieses Reproduktionsjahres) zeigen bei<br />
einer genauen Betrachtung anhand des Längenfrequenzdiagramms<br />
im August (Abb. 8.30)<br />
ein vergleichsweise großes Längenklassenspektrum.<br />
Verfolgt man in weiterer Folge die<br />
Wachstumsentwicklung dieser Altersklasse, so<br />
zeigt sich, dass die bereits im August tendenziell<br />
erkennbare zwei-gipfelige Kurve von Termin<br />
zu Termin immer ausgeprägter wird. Im<br />
April des darauffolgenden Jahres (ein Jahr alte<br />
Individuen) ist dies sehr klar erkennbar (siehe<br />
auch Abb. 8.29).<br />
Diese Entwicklung ist auf die im April oftmals<br />
vorherrschenden instabilen Witterungsverhältnisse<br />
zurückzuführen. Warmwetterphasen<br />
werden zu dieser Zeit oft von Kaltwettereinbrüchen<br />
abgelöst. Da im Fall der Nase der<br />
Reproduktionstermin zumeist Anfang April<br />
liegt, werden Laichvorgänge häufig unterbrochen<br />
bzw. wenige Wochen später wieder fortgesetzt.<br />
Der daraus resultierende Wachstumsvorteil<br />
der Larven des ersten Laichtermins ist<br />
somit evident. Die in den Längenfrequenzdiagrammen<br />
ersichtlichen zwei Kohorten in der<br />
Altersklasse 0+ sind damit erklärbar. Dass dieses<br />
Phänomen nicht spezifisch mit der Situation<br />
im Untersuchungsgebiet im Zusammenhang<br />
steht, zeigen auch Untersuchungen an<br />
anderen Donauabschnitten (EBERSTALLER et al.,<br />
2001) bzw. in Donauzubringern (POKORNY,<br />
2000). Hier wurden 1999 ebenfalls zwei Laichtermine<br />
dokumentiert, welche ca. drei Wochen<br />
auseinanderliegen.<br />
Abhängig von den Witterungsverhältnissen<br />
und damit der Wassertemperatur zeigt sich dagegen<br />
bei einer langsamen, kontinuierlichen<br />
Erwärmung nur ein Laichtermin bzw. ein nahes<br />
Zusammenrücken der Laichtermine. Bei<br />
oftmaliger Wetterverschlechterung können dagegen<br />
sogar mehrere Laichtermine beobachtet<br />
werden. HOFER (1994) konnte an der Aare ins-<br />
72<br />
gesamt vier Laichtermine der Nase im Zeitraum<br />
vom 21.4. bis 26.5.1993 beobachten, wobei der<br />
erste Termin den Hauptlaichgang darstellte.<br />
Individuenzahl<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
August: n = 250<br />
5<br />
15<br />
25<br />
35<br />
45<br />
55<br />
65<br />
75<br />
85<br />
95<br />
105<br />
115<br />
125<br />
135<br />
145<br />
155<br />
165<br />
175<br />
185<br />
195<br />
205<br />
215<br />
225<br />
235<br />
245<br />
Länge in mm<br />
Abb. 8.30 Längenfrequenzen der Jungnasen im August.<br />
8.6.4 Populationsaufbau ausgewählter<br />
Arten in den Strukturierungsstrecken<br />
Neben der Nase ist auch für viele weitere Arten<br />
erfolgreiche Reproduktion belegt. Die zum Teil<br />
sehr unterschiedlichen artspezifischen Ansprüche<br />
an Reproduktionsareal und Jungfischhabitat<br />
bestätigen die hohe ökologische Wertigkeit<br />
der gesetzten Maßnahmen.<br />
Nachfolgend wird anhand der Längenfrequenzdiagramme<br />
von Barbe, Zander und<br />
Äsche kurz auf die Reproduktionsverhältnisse<br />
dieser Arten eingegangen.<br />
Barbe<br />
Die Barbe, wie die Nase ein Leitfisch der österreichischen<br />
Donau und in der gleichen ökologischen<br />
Klasse (Kap.8.3.3) vertreten, kann von<br />
den Strukturierungsmaßnahmen deutlich profi-<br />
Die Barbe – typischer Donaufisch.
Individuen<br />
45<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
5 2540557085100115130145160175190205220350250265280295310325340355370385400415430445460475490505520535550570585<br />
tieren. Bei sogar generell rückläufiger Bestandesentwicklung<br />
kann diese Art zwar nicht in<br />
der Dichte und Häufigkeit wie die Nase nachgewiesen<br />
werden. Aus dem Längenfrequenzdiagramm<br />
(Abb. 8.31) ist trotzdem ein deutlich<br />
positiver Einfluss der neugeschaffenen Schotterbänke<br />
ableitbar.<br />
Dominiert wird das Frequenzdiagramm von<br />
Individuen des 0+-Jahrganges und 1+-Jahrganges.<br />
Erstere erreichen im Spätsommer eine<br />
Größe von ca. 25 mm. Die Dokumentation der<br />
0+-Individuen gelingt vornehmlich auf den<br />
Individuenzahl<br />
9<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
Länge in mm<br />
n = 259<br />
50<br />
70<br />
90<br />
110<br />
130<br />
150<br />
170<br />
190<br />
210<br />
230<br />
250<br />
270<br />
290<br />
310<br />
330<br />
350<br />
370<br />
390<br />
410<br />
430<br />
450<br />
470<br />
490<br />
510<br />
530<br />
550<br />
570<br />
590<br />
610<br />
630<br />
650<br />
670<br />
690<br />
Länge in mm<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
neugeschaffenen Schotterstrukturen. Auch von<br />
dieser Art werden aktuell nur wenige Adulte<br />
dokumentiert. Durch den guten Reproduktionserfolg<br />
ist aber ein sukzessives Ansteigen<br />
der Adultfischdichten zu erwarten.<br />
Zander<br />
Neben den bisher genannten Arten ist auch der<br />
Populationsaufbau des Zanders insofern interessant,<br />
da diese Fischart große fischereiwirtschaftliche<br />
Bedeutung hat. Der Zander ist somit<br />
eine der wenigen Fischarten, welche auch<br />
n = 119<br />
Abb. 8.31: Längenfrequenzdiagramm<br />
der<br />
Barbe (Sommersituation).<br />
Abb. 8.32: Längenfrequenzdiagramm<br />
des Zanders.<br />
73
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
durch Besatzmaßnahmen in ihrem Bestand beeinflusst<br />
wird. Bei der Betrachtung des Diagramms<br />
(Abb. 8.32) zeigt sich, dass die höchsten<br />
Individuendichten gerade in jenen Längenklassen<br />
zu verzeichnen sind, welche nicht<br />
durch Besatz gestärkt werden. Diese Individu-<br />
Äsche<br />
Als Besonderheit ist die Äsche im Untersuchungsgebiet<br />
anzusprechen. Sie besiedelt als<br />
Leitfischart des Hyporhithrals primär kühle Gebirgsflüsse.<br />
Ihre Stellung als Leitfischart verliert<br />
sie im Übergang zum Epipotamal, wo Nase<br />
und Barbe diese Rolle übernehmen. Ihr Vorkommen<br />
und Reproduktion im Untersuchungsgebiet<br />
zeigen einmal mehr, dass hyporhithrale<br />
Elemente in diesem Donauabschnitt<br />
beheimatet sind. Auf Grund des Fehlens von<br />
Zubringern, in denen Äschen anzutreffen sind,<br />
weist der Fang mehrerer juveniler Individuen<br />
(siehe Abb. 8.33) auf erfolgreiche Reproduktion<br />
im Untersuchungsgebiet hin.<br />
74<br />
Individuen<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
45<br />
55<br />
65<br />
75<br />
85<br />
95<br />
105<br />
115<br />
125<br />
135<br />
Jungzander – in den Strukturierungsbereichen<br />
häufig anzutreffen.<br />
en rühren zur Gänze aus natürlicher Reproduktion<br />
her. Das Faktum, dass der Zander unter<br />
den Jungfischen zu den zehn häufigsten Arten<br />
zählt, bestätigt wiederum die hohe ökologische<br />
Qualität der Strukturierungsmaßnahmen.<br />
145<br />
155<br />
Länge in mm<br />
165<br />
1999 n = 13<br />
175<br />
185<br />
Abb. 8.33: Längenfrequenzen juveniler Äschen.<br />
195<br />
205<br />
215<br />
225<br />
Äsche – Leitfischart im Hyporhithral;<br />
reproduziert im<br />
Untersuchungsgebiet.
8.7 Zusammenfassende Diskussion<br />
Fischökologische Untersuchungen im Jahr<br />
1989 belegen für den Stauwurzelbereich des<br />
KW Aschach/Donau extrem geringe Anteile<br />
standorttypischer Fischarten. Zurückzuführen<br />
ist dies auf ein massives Defizit in Bezug auf<br />
leitbildkonforme Uferstrukturelemente. Aufbauend<br />
auf die Untersuchungsergebnisse wurden<br />
Verbesserungsmaßnahmen formuliert, von<br />
denen einige dieser Vorschläge 1993 im Stauwurzelbereich<br />
des KW Aschach umgesetzt<br />
wurden. Um die ökologischen Defizite zumindest<br />
teilweise zu kompensieren, wurden primär<br />
Strukturen geschaffen, welche sich am<br />
Leitbild der durch die Stauerrichtung verloren-<br />
in Prozent<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
57,8<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
gegangenen Lebensräume orientieren. Dies<br />
wurde mittels seicht überströmter Schotterstrukturen<br />
versucht, die auch strömungsberuhigte<br />
Zonen beinhalten. Dabei galt es Habitate<br />
zu schaffen, welche die Funktion ursprünglicher<br />
Lebensräume erfüllen sollen.<br />
Sechs Jahre nach Umsetzung der Maßnahmen<br />
wird mittels fischökologischer Untersuchungen<br />
die ökologische Wirksamkeit der<br />
neuen Strukturen überprüft.<br />
Die Untersuchungsergebnisse zeigen massive<br />
Veränderungen in den Artenverteilungen,<br />
welche besonders in den Strukturierungsstrecken<br />
zum Tragen kommen.<br />
37,3<br />
1989 n = 2369<br />
1999 n = 1243<br />
Ch.na.<br />
Ba.ba.<br />
Th.th.<br />
Hu.hu.<br />
Go.al.<br />
Go.go.<br />
Go.sp.<br />
Sa.tr.<br />
Vi.vi.<br />
Ab.sa.<br />
Zi.zi.<br />
Gy.sc.<br />
As.as.<br />
Le.le.<br />
On.my.<br />
Ab.br.<br />
Ru.ru.<br />
Pe.fl.<br />
Bl.bj.<br />
Le.id.<br />
St.lu.<br />
Gy.ce.<br />
Le.ce.<br />
Lo.lo.<br />
Si.gl.<br />
An.an.<br />
Pr.ma.<br />
Gy.ba.<br />
Cy.ca.<br />
Ca.au.gi.<br />
Es.lu.<br />
Ti.ti.<br />
Ga.ac.<br />
Bachforelle aus dem Untersuchungsgebiet<br />
– mit 7 %<br />
nimmt sie einen hohen Anteil<br />
in der Fischartenassoziation<br />
ein.<br />
Abb. 8.34: Prozentuelle<br />
Artenverteilungen im gesamtenUntersuchungsabschnitt<br />
im Jahr 1989 und<br />
in den drei Strukturierungsbereichen<br />
(Strecke<br />
5,15 und 17) im Jahr 1999.<br />
75
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
in Prozent<br />
50<br />
45<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
War die Nase vor zehn Jahren nur mit 2 % an<br />
der Gesamtartenassoziation vertreten, so dominiert<br />
sie die Strukturierungsbereiche heute mit<br />
über 57 % (Abb. 8.34). Die starke Zunahme<br />
dieser strömungsliebenden Art steht stellvertretend<br />
für die positiven Veränderungen in Richtung<br />
eines leitbildkonformen Zustandes im Gewässersystem<br />
und in weiterer Folge auch in<br />
der Fischfauna. Positiv ist auch die starke Reduktion<br />
von Aitel und Aal zu werten. Ihre Anteile<br />
erreichten vor zehn Jahren untypisch<br />
hohe Werte, und waren Indiz für die fischökologisch<br />
unbefriedigende Situation vor Errichtung<br />
der Strukturen. Der Trend, verstärktes<br />
Auftreten rheophiler, donautypischer Arten auf<br />
Kosten ubiquitärer Arten, spiegelt sich auch in<br />
der starken Zunahme des Anteiles der Rheo-<br />
76<br />
Ch.na.<br />
Ba.ba.<br />
R.p.v.<br />
Go.sp.<br />
Sa.tr.<br />
Vi.vi.<br />
Ab.sa.<br />
Der Hecht – Ruhigwasserbereiche fördern sein Aufkommen.<br />
Gy.sc.<br />
Rest rheo A<br />
Ab.ba.<br />
As.as.<br />
Le.le.<br />
Rest rheo B<br />
Ab.br.<br />
Ru.ru.<br />
Pe.fl.<br />
Stauraum n = 2370<br />
Fließstrecke n = 12754<br />
Bl.bj.<br />
St.lu.<br />
Le.ce.<br />
Ca.au.gi.<br />
Es.lu.<br />
Rest Eury.<br />
Sc.er.<br />
Abb. 8.35: Prozentuelle Artenverteilungen<br />
im zentralen<br />
Stau sowie in der freien<br />
Fließstrecke (WAIDBACHER,<br />
1989).<br />
philen wider und entspricht dem fischökologischen<br />
Leitbild.<br />
Leitbildkonforme Assoziationen sind in den<br />
frei fließenden Abschnitten der Donau vorzufinden.<br />
In Abb. 8.35 ist eine derartige Zönose<br />
dargestellt. Verglichen mit der Vergesellschaftung<br />
des Stauraumes Altenwörth fallen vor allem<br />
die hohen Anteile der Nase in der Fließstrecke<br />
und gleichzeitig die des Rotauges im<br />
Stauraum auf.<br />
Diese Unterschiede in den Assoziationen<br />
sind mit den unterschiedlichen abiotischen<br />
Verhältnissen erklärbar. Während im fließenden<br />
und insgesamt dynamischeren Abschnitt<br />
die klassischen rheophilen Arten der Donau,<br />
Nase und Barbe, neben ebenfalls typischen Indifferenten<br />
wie Brachse, die Vergesellschaftung<br />
prägen, kehren sich im Stauraum die Verhältnisse<br />
um. Entsprechend der Vereinheitlichung<br />
der abiotischen Rahmenbedingungen, die<br />
durch eine massive Abnahme der Fließgeschwindigkeiten<br />
und Wasserspiegelschwankungen,<br />
Feinsedimentauflagen etc. gekennzeichnet<br />
sind, dominieren Ubiquisten (Rotauge,<br />
Aitel, etc.) mit einer weiten ökologischen<br />
Amplitude diesen überformten Lebensraum.<br />
Der Vergleich der fischökologischen Situationen<br />
im Stauwurzelbereich Aschach vor und<br />
nach der strukturellen Aufwertung mit jenen in
Individuen pro 10 min<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0 Ch.na. Ba.ba. Th.th. Hu.hu. Go.al. Go.go. Go.sp. Sa.tr.<br />
Individuen pro 10 min<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
40,08<br />
Str. 2<br />
Str. 12<br />
Str. 5<br />
Str. 15<br />
Str. 2<br />
Str. 12<br />
Str. 5<br />
Str. 15<br />
0 Ch.na. Ba.ba. Th.th. Hu.hu. Go.al. Go.go. Go.sp. Sa.tr.<br />
Abb. 8.36: Individuendichten der Gruppe rheophil/rheopar<br />
(oben: 1989, unten: 1999).<br />
freien Fließstrecken und im zentralen Stau anderer<br />
Donauabschnitte zeigt nun deutliche Parallelen<br />
in den Artenassoziationen. Die neugeschaffenen<br />
Schotterstrukturen, die bei Betrachtung<br />
des gesamten Stauraumes mit einer Länge<br />
von über 40 km nur als punktuelle Habitatsverbesserungen<br />
bezeichnet werden können, aber<br />
im räumlich eng begrenzten Stauwurzelbereich<br />
doch bedeutende Anteile einnehmen, bringen<br />
eine massive ökologische Verbesserung. Die<br />
Nase, deren historisches Vorkommen in der<br />
oberösterreichischen Donau von HECKEL und<br />
KNER (1858) als „sehr gemein“ beschrieben<br />
wird, ist 1989 nur untergeordnet vorhanden<br />
und kann sich aber zehn Jahre danach zumindest<br />
in den Strukturierungsbereichen wieder<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
als Massenfisch etablieren. Ein stärkeres Aufkommen<br />
auch anderer rheophiler Arten ist<br />
ebenfalls dokumentiert. Da in den Strukturierungsbereichen<br />
Sukzessionsprozesse weiter<br />
andauern, ist vor allem der zukünftigen Entwicklung<br />
vieler anderer Arten hohe Aufmerksamkeit<br />
zu schenken. So ist beispielsweise die<br />
Bestandsentwicklung der Barbe noch unklar,<br />
da sich diese Art in den Fängen bisher nicht in<br />
dem Ausmaß der Nase durchsetzen konnte.<br />
Ihre ähnlichen ökologischen Ansprüche lassen<br />
aber durchaus einen vergleichbaren Aufwärtstrend<br />
erwarten.<br />
Neben den Artenzusammensetzungen lässt<br />
auch die Entwicklung der Bestände weitgehende<br />
Aussagen über die Auswirkungen der Strukturierungsmaßnahmen<br />
zu (vgl. Kap. 8.5). Der<br />
dokumentierte Dichterückgang im gesamten<br />
Untersuchungsabschnitt erfolgte trotz prinzipieller<br />
Konstanz der abiotischen Rahmenbedingungen<br />
wie Fließgeschwindigkeit, Wassertemperatur,<br />
etc. sowie einer zeitgleichen strukturellen<br />
Attraktivierung in Form der Schaffung<br />
heterogener Schotterbänke. Bisher nicht im<br />
Detail erfasste neue Einflüsse, zu denen auch<br />
geänderte Prädationsverhältnisse zu zählen<br />
sind, die aber auf Grund der Fragestellungen<br />
vorliegender Studie nicht näher behandelt werden,<br />
dürften für den deutlichen Dichterückgang<br />
verantwortlich sein.<br />
Wie der Vergleich strukturierter mit morphologisch<br />
unveränderten Strecken zeigt<br />
(Abb. 8.34), erfolgte der Bestandesrückgang<br />
Der Frauennerfling – einer der seltensten Fische im Oberen<br />
<strong>Donautal</strong>.<br />
77
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Abb. 8.37: Längenfrequenzdiagramm<br />
der Nase in allen<br />
Untersuchungsstrecken im<br />
Jahr 1989.<br />
vornehmlich in unveränderten Strecken. Eine<br />
parallele, gegenläufige Entwicklung ist in den<br />
Strukturierungstrecken belegbar. Während in<br />
den morphologisch unveränderten Strecken,<br />
deren Ufer weitgehend mit Blocksteinen gesichert<br />
sind, Rückgänge zu verzeichnen sind,<br />
vervielfachen sich auf den Schotterstrukturen<br />
die Bestandesdichten. Dabei profitieren großteils<br />
rheophile Arten von dieser Entwicklung.<br />
Beispielhaft sind in Abb. 8.36 vier Strecken gegenübergestellt,<br />
wobei es sich um jeweils zwei<br />
strukturierte sowie zwei unstrukturierte Strecken<br />
handelt. Deutlich sind die differierenden<br />
Entwicklungen sichtbar, wobei vor allem die<br />
Zuwächse in Strecke 5 und 15 eklatant ausfallen.<br />
Die schwerpunktmäßige Erfassung und Dokumentation<br />
der Nase zeigt ein deutliches Ansteigen<br />
dieser Art. Juvenile Nasen sind in allen<br />
Entwicklungsphasen an Habitate im Hauptstrom<br />
angewiesen (SCHIEMER & WAIDBACHER,<br />
1992). Dabei werden jedoch im saisonalen Verlauf<br />
sehr unterschiedliche Lebensräume mit variierender<br />
abiotischer Ausprägung aufgesucht.<br />
Diese enge Einnischung bei der Mesohabitatauswahl<br />
(siehe auch Kapitel 8.6) weist auf die<br />
Bedeutung kleinräumiger Vernetzung verschiedener<br />
Habitate und somit reicher und vielfältiger<br />
Strukturierungen hin.<br />
78<br />
Verdeutlicht wird die Bedeutung gut vernetzter<br />
und strukturierter Schotterbänke bei<br />
Betrachtung des Populationsaufbaus der Nase<br />
vor und nach der Maßnahmenumsetzung<br />
(Abb. 8.37 und 8.38). So werden im Jahr 1989<br />
im Rahmen der Voruntersuchung insgesamt<br />
weit weniger als 100 Individuen der Nase gefangen.<br />
Die Fischlängen decken zwar ein weites<br />
Spektrum ab und weisen dadurch auf das<br />
Vorhandensein aller Jahrgänge hin. Von einem<br />
natürlichen Populationsaufbau war zu dieser<br />
Zeit aber nicht zu sprechen. Vor allem Juvenile,<br />
die im Idealzustand die größten Kohorten bilden,<br />
sind in viel zu geringem Ausmaß vorhanden.<br />
Einen natürlichen Populationsaufbau zeigt<br />
hingegen die Nase zehn Jahre später. Sowohl<br />
0+- als auch 1+-Individuen sind in hohen<br />
Stückzahlen entsprechend eines funktionierenden,<br />
natürlichen Aufkommens vertreten. Flach<br />
auslaufende Schotterbänke mit einer kleinräumigen,<br />
heterogenen Verzahnung, die neben<br />
stark angeströmten Bereichen auch Buchten<br />
mit stehendem Charakter umfassen, stellen für<br />
die wechselnden Ansprüche einzelner Entwicklungsstadien<br />
funktionsfähige Habitate dar.<br />
Anhand der saisonalen Einnischung juveniler<br />
Individuen einer einzigen Art, nämlich der<br />
Nase, lassen sich weitreichende Aussagen über
die Ausformung fischökologisch funktionsfähiger<br />
Maßnahmen in Stauwurzelbereichen machen<br />
und deren Bedeutung für die Fischfauna<br />
gut abschätzen. Das Wechselspiel zwischen<br />
Mesohabitat und Altersstadium erfordert einen<br />
weitgehend intakten Lebensraum.<br />
Derart positive Effekte auf Grund von Strukturierungsmaßnahmen<br />
sind auch aus anderen<br />
Fließgewässern dokumentiert. Das Phänomen<br />
der enormen Steigerung der Reproduktionszahlen<br />
ist auch in einem Revitalisierungsabschnitt<br />
der Oberen Drau belegt (ZAUNER & PIN-<br />
KA, 2000).<br />
Hier dominiert die Äsche als Leitfisch die<br />
Fischartenassoziation. Ähnlich der Nase, weist<br />
die Äsche in Abhängigkeit von ihrer Lebens-<br />
Individuenzahl<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
50<br />
70<br />
90<br />
110<br />
130<br />
150<br />
170<br />
190<br />
210<br />
230<br />
250<br />
270<br />
290<br />
310<br />
330<br />
350<br />
370<br />
390<br />
410<br />
430<br />
450<br />
470<br />
490<br />
510<br />
530<br />
550<br />
570<br />
Länge in mm<br />
reguliert n = 52<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
phase eine differenzierte Einnischung innerhalb<br />
des Flussquerprofils auf. Dabei kommt<br />
den sehr seichten Zonen von Schotterbänken<br />
für die Juvenilphasen eine eminente Bedeutung<br />
zu. Mit zunehmendem Längenwachstum<br />
kommt es zu einer Verschiebung hin zu tieferen<br />
Zonen innerhalb des Profils. Adulte Äschen<br />
hingegen suchen wiederum im Zuge der Reproduktion<br />
geeignete Seichtbereiche auf<br />
Schotterbänken auf.<br />
Diese sehr ausgeprägte Einnischung spiegelt<br />
sich auch in den Längenfrequenzdiagrammen<br />
(Abb. 8.39) der Äsche ganz deutlich wider.<br />
Bereits auf den ersten Blick ist aus dem Diagramm<br />
des Revitalisierungsabschnittes die<br />
hohe Attraktivität dieser Maßnahme für die<br />
Individuenzahl<br />
26<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
50<br />
70<br />
90<br />
110<br />
130<br />
150<br />
170<br />
190<br />
210<br />
230<br />
250<br />
270<br />
290<br />
310<br />
330<br />
350<br />
370<br />
390<br />
410<br />
430<br />
450<br />
470<br />
490<br />
510<br />
530<br />
550<br />
570<br />
Länge in mm<br />
Abb. 8.38: Längenfrequenzdiagramm<br />
der Nase in allen<br />
Untersuchungsstrecken im<br />
Jahr 1999.<br />
Abb. 8.39: Längenfrequenzdiagramm der Äsche an der Oberen Drau (links: reguliert, rechts: nach Revitalisierung).<br />
nach Revitalisierung n = 399<br />
79
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Äsche erkennbar. Ein beinahe klassischer Populationsaufbau<br />
kann für diesen Abschnitt belegt<br />
werden. Es finden sich neben hohen<br />
Stückzahlen juveniler Altersklassen auch nennenswerte<br />
Anteile Adulter. Dies weist auf den<br />
in diesem Abschnitt vorliegenden gut ausgeprägten<br />
tiefen- und geschwindigkeitsspezifischen<br />
Gradienten hin.<br />
Die Daten aus dem Revitalisierungsabschnitt<br />
resultieren aus einer ca. 1 km langen Strecke.<br />
Mehr als doppelt so lang ist die Referenzstrekke<br />
für einen monotonen Regulierungsabschnitt.<br />
Aus dieser Strecke sind für die Erstellung<br />
des Längenfrequenzdiagrammes nur 52<br />
Individuen verfügbar. Auffallend sind die<br />
enorm geringen Anteile Juveniler. Die Populationsstruktur<br />
wird vielmehr von Adulten geprägt,<br />
die sich in diesem, ausschließlich mit<br />
Blockwurf gesicherten Abschnitt primär in der<br />
Flussmitte finden.<br />
Die Revitalisierungsmaßnahmen an der<br />
Oberen Drau wurden mittels des Modells zur<br />
Beurteilung der fischökologischen Funktionsfähigkeit<br />
(SCHMUTZ et. al., 2000) in Hinblick auf<br />
ihre ökologische Wirksamkeit überprüft. Dabei<br />
zeigte es sich, dass Revitalisierungsmaßnahmen<br />
die Verbesserung der fischökologischen<br />
Funktionsfähigkeit bewirken.<br />
Auch wenn die Anwendung des Modells zur<br />
Beurteilung der fischökologischen Funktions-<br />
80<br />
Junghuchen – findet sich<br />
vornehmlich, vergesellschaftet<br />
mit Jungnasen,<br />
auf Schotterbänken.<br />
fähigkeit für vorliegende Studie kaum möglich<br />
ist, so sind dennoch für einzelne Beurteilungskriterien<br />
signifikante Verbesserungen erkennbar.<br />
Unter diesem Aspekt können die Strukturierungsmaßnahmen<br />
als wertvoller Beitrag zu<br />
Verbesserung der fischökologischen Funktionsfähigkeit<br />
beurteilt werden.<br />
Zusammenfassend lässt sich für die Fischfauna<br />
im Oberen <strong>Donautal</strong> eine positive Entwicklung<br />
in Richtung einer leitbildkonformen,<br />
rheophilen Artenvergesellschaftung feststellen.<br />
Dabei zeigen die drei als Schotterbänke strukturierten<br />
Bereiche Fallau, Kramesau und Luger<br />
eine sehr ähnliche Entwicklung, die vor allem<br />
durch den enormen Zuwachs bei der Leitfischart<br />
Nase gekennzeichnet sind. Hohe Bedeutung<br />
kommt dabei der heterogenen und<br />
kleinräumigen Verzahnung der Habitate zu, da<br />
viele Arten und ihre Altersstadien in einer engen<br />
Beziehung zu ihrem Lebensraum stehen.<br />
Aus fischökologischer Sicht sind aber weitere<br />
Maßnahmen förderlich, da die momentane<br />
räumliche Ausdehnung bei Betrachtung des<br />
gesamten Stauraumes nur relativ gering erscheint.<br />
Ein Großteil der rheophilen Arten mit<br />
Präferenz für seicht überströmte Bereiche sind<br />
in ihrer Reproduktion auf diese „hot spots“ angewiesen.<br />
Zur Abpufferung eventueller negativer<br />
Einflüsse ist auch eine entsprechende flächige<br />
Ausdehnung erforderlich.
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
9 Evaluierung der Uferstrukturierungen anhand<br />
der wirbellosen Bodenfauna (Makrozoobenthos)<br />
9.1 Allgemeines<br />
In das Donau-Ökosystem wird seit dem<br />
19. Jahrhundert verstärkt eingegriffen: Maßnahmen<br />
zum Hochwasserschutz (Donauregulierung),<br />
die Bedeutung als europäische Wasserstraße,<br />
die Verwendung als „Vorfluter“ für<br />
Abwässer und die Nutzung der Wasserkraft<br />
veränderten den natürlichen Charakter des Donausystems<br />
noch bevor es wissenschaftlich untersucht<br />
werden konnte.<br />
Die meisten Nutzungsformen der Donau<br />
schwächen die ökologische Funktionsfähigkeit<br />
des Stromes und stehen daher im Widerspruch<br />
zu den Anforderungen des modernen Gewässerschutzes<br />
(Österreichisches Wasserrechtsgesetz,<br />
EU Wasserrahmenrichtlinie) sowie dem<br />
national wie auch international vereinbarten<br />
Ziel einer nachhaltigen Nutzung unserer Ressourcen<br />
(Nationaler Umweltplan 1995, Vertrag<br />
von Amsterdam 1999).<br />
Mit nur mehr zwei freien Fließstrecken im<br />
österreichischen Donau-Abschnitt stellen die<br />
Stauhaltungen eine besondere Herausforderung<br />
zur Umsetzung des modernen Gewässermanagements<br />
dar.<br />
Durch den Aufstau werden morphologische<br />
und hydraulische Eigenschaften des Gewässers<br />
verändert: Verringerung der Strömungsgeschwindigkeit<br />
und der Turbulenz, Erhöhung<br />
der Sedimentation mit Anhäufung feinkörnigen<br />
Sediments im Flussbett, Unterbindung des Geschiebetriebes,<br />
Vergrößerung der Wassertiefe<br />
und der Wasseroberfläche oder flächenmäßige<br />
Zunahme lenitischer Bereiche sind nur einige<br />
Beispiele dafür (vgl. HERZIG 1984, TITTIZER 1997).<br />
Dem Stauraum Aschach kommt hier eine<br />
wichtige Zeigerfunktion zu, da ein zwar durch<br />
Aufstau denaturierter, durch die Enge des<br />
Durchbruchstales jedoch anthropogen im Hinblick<br />
auf die Flussmorphologie kaum veränderter<br />
Bereich der Donau vorliegt.<br />
1985, im gleichen Jahr, in dem die „ökologische<br />
Funktionsfähigkeit“ als öffentliches Interesse<br />
in das österreichische Wasserrechtsgesetz<br />
(§§ 104, 105) aufgenommen wurde, erhielt die<br />
österreichische Wasserstraßendirektion den gesetzlichen<br />
Auftrag zur (u. a.) Wiederherstellung<br />
und Instandhaltung der Lebensräume für Pflanzen<br />
und Tiere (Wasserstraßenverordnung).<br />
Im Kontext dieser Verpflichtung initiierte die<br />
Wasserstraßendirektion eine <strong>Pilotstudie</strong> zur<br />
Verbesserung der naturräumlichen Situation im<br />
Stauwurzelbereich des KW Aschach. Aufbauend<br />
auf dieser „Fischökologischen Studie <strong>Oberes</strong><br />
<strong>Donautal</strong>“ wurden in ausgewählten Uferbereichen<br />
Schotterstrukturen geschaffen, die dem<br />
Charakter der ursprünglichen Uferstrukturen<br />
nachempfunden wurden.<br />
Für die Gestaltung der neuen Uferflächen<br />
wurden 60.000 m 3 Schotter eingesetzt. Ziel der<br />
Maßnahmen ist die Wiederherstellung einer<br />
möglichst intakten Flora und Fauna, welche<br />
die Anforderungen an ein ökologisch funktionsfähiges<br />
Gewässer erfüllen.<br />
Vorliegende Studie dokumentiert die Entwicklung<br />
der wirbellosen Bodenfauna (Makrozoobenthos)<br />
im Anschluss an eine fünfjährige<br />
Stabilisierungsphase nach den Bauarbeiten von<br />
1993.<br />
Als Makrozoobenthos wird die Lebensgemeinschaft<br />
des Gewässerbodens bezeichnet.<br />
Die Mehrzahl der Benthostiere setzt sich aus<br />
Wirbellosen zusammen, zum Beispiel Muscheln,<br />
Schnecken, Krebse oder Insektenlarven.<br />
81
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Im biologischen Monitoring nimmt das Makrozoobenthos<br />
weltweit eine wichtige Stellung<br />
ein, da die Verwendung benthischer Indikatoren<br />
viele Vorteile bietet (siehe Kasten).<br />
• Benthostiere sind „unbestechliche“ Indikatoren.<br />
Das Ergebnis einer Benthosaufnahme<br />
ist nicht durch Bewirtschaftung (Ernte,<br />
Besatz) beeinflussbar. Die Menge und die<br />
Zusammensetzung der Benthosfauna kann –<br />
mit Ausnahme von Flusskrebsen und ev.<br />
Großmuscheln (im Gegensatz zu manchen<br />
Fischarten) – nicht manipuliert werden.<br />
• Die Vertreter des Makrozoobenthos besiedeln<br />
alle nur denkbaren aquatischen<br />
Lebensräume und können damit als Umweltanzeiger<br />
vieler unterschiedlicher<br />
Gewässertypen bzw. aquatischer Teillebensräume<br />
herangezogen werden.<br />
• Die benthischen Evertebraten sind zur<br />
Eigenbewegung fähig und können damit<br />
ehemals beeinträchtigte Gewässerabschnitte<br />
rasch wiederbesiedeln. Sie sind aber im<br />
Regelfall zu ortsgebunden, um Schadeinflüssen<br />
ausweichen zu können.<br />
• Die benthische Makrofauna tritt zumeist in<br />
sehr hohen Artenzahlen von mehreren<br />
hundert Spezies pro Fließgewässerabschnitt<br />
auf und überstreicht eine große Vielfalt<br />
systematischer Gruppen mit jeweils sehr<br />
unterschiedlichen Ansprüchen an ihre Umwelt.<br />
Auf diese Weise ist ein breites Spektrum<br />
an Reaktionen auf Umweltstress gegeben.<br />
• Langzeitindikatoren: die relativ langen<br />
Lebenszyklen befähigen viele Arten des<br />
Makrozoobenthos zur Bioindikation zeitlich<br />
schwankender Umweltsituationen. Im<br />
speziellen kann die arttypische Entwicklungsdauer,<br />
die von wenigen Tagen bis zu<br />
vielen Jahren reicht, für die Analyse länger<br />
zurückliegender Einflüsse herangezogen<br />
werden. Auf der anderen Seite sind die<br />
Entwicklungszyklen so kurz, dass in überschaubarer<br />
Zeit Änderungen messbar sind<br />
(Erfolgskontrolle).<br />
82<br />
• Die qualitative Beprobung ist einfach<br />
und mit kostengünstiger Ausrüstung zu<br />
bewerkstelligen.<br />
• Ein hoher taxonomischer und ökologischer<br />
Kenntnisstand und moderne Bestimmungsliteratur<br />
ermöglichen verlässliche<br />
Determinationen und Interpretationen.<br />
(vgl. MOOG 1994)<br />
Ein dem Stand der Technik entsprechender<br />
Gebrauch makrozoobenthischer Indikatoren<br />
ist allerdings aufwendig und erfordert den Einsatz<br />
zahlreicher Fachspezialisten. Vor allem bei<br />
quantitativer Arbeitsweise macht die geklumpte<br />
Verteilung des Makrozoobenthos eine große<br />
Zahl von Parallelproben erforderlich. Zusätzlich<br />
bedingen die saisonalen Variationen von<br />
Vorkommen und Häufigkeit der Individuen oft<br />
mehrmalige Besammlungen pro Jahr. Die sorgfältige<br />
Zählung, Wägung und vor allem Bestimmung<br />
der Organismen ist sehr zeitaufwendig<br />
und dementsprechend kostenintensiv. Für die<br />
biozönotische Auswertung ist die Bestimmung<br />
aller nach dem Stand der Wissenschaft determinierbarer<br />
Organismen bis zum Artniveau unbedingt<br />
notwendig (ÖNORM M 6232 1997 und<br />
„Richtlinie zur Bestimmung der saprobiologischen<br />
Gewässergüte von Fließgewässern“,<br />
BMLF 1999). Ohne Kenntnis der Arten ist kein<br />
relevanter Bezug zu den Umweltfaktoren herstellbar.<br />
Mithilfe der makrozoobenthischen Indikatoren<br />
lassen sich wichtige Fragen einer<br />
ökologische Optimierung von Donaustauräumen<br />
lösen:<br />
• Dokumentation von Unterschieden zwischen<br />
der benthischen Besiedlung vor und<br />
nach der Errichtung der Schotterstrukturen.<br />
• Aufzeigen der ökologischen Wertigkeit von<br />
„herkömmlichem“ Blockwurf im Vergleich<br />
zu den neu geschaffenen Schotterstrukturen.<br />
• Erfassung und Erkennung standorttypischer,<br />
wertvoller „Zeigerarten“.
• Charakterisierung und Bewertung der neu<br />
geschaffenen Lebensräume.<br />
• Diskussion des ökologischen Potentials<br />
von Restrukturierungsmaßnahmen.<br />
• Beitrag zum Prozess der Ausweisung von<br />
„erheblich veränderten Wasserkörpern“<br />
nach EU-Wasser-Rahmen-Richtlinie.<br />
9.2 Methodik und<br />
Probenentnahmedesign<br />
Es kommen mehrere lebensraumspezifische<br />
Beprobungsstrategien zur Anwendung:<br />
• Qualitative Besammlung aller vorhandenen<br />
Teillebensräume zur vollständigen Erfassung<br />
des benthischen Arteninventars der Schotterstrukturen<br />
und des Blockwurfes.<br />
• Entnahme quantitativer Proben (5-10<br />
Parallelproben) zur Charakteristik von<br />
Menge und Dichte der Besiedlung auf den<br />
Schotterstrukturen und dem Blockwurf.<br />
• Dokumentation der benthischen Besiedlung<br />
in den unterschiedlichen Tiefenbereichen<br />
der Donau (Querschnitt und Sohle).<br />
• Erfassung der saisonalen Dynamik durch<br />
drei Besammlungstermine (Sommer 1998,<br />
Winter 1999, Frühjahr 1999).<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Die Bezeichnung der Teillebensräume<br />
(Tab. 9.1) richtet sich nach der ÖNORM M<br />
6232, der FAUNA AQUATICA AUSTRIACA (MOOG 1995)<br />
und der „Richtlinie zur Bestimmung der saprobiologischen<br />
Gewässergüte von Fließgewässern“<br />
(BMLF 1999).<br />
9.2.1 Qualitative Probenentnahme<br />
Die qualitative Probenentnahme dient der Erfassung<br />
des Artenbestandes.<br />
Hiezu werden alle Teillebensräume mit einem<br />
standardisierten Handnetz (Maschenweite<br />
100 µm) beprobt. Zur Probenentnahme an der<br />
Gewässersohle (Sand und Kies) wird das Netz<br />
auf dem Gewässerboden aufgestellt, stromaufwärts<br />
der Öffnung bewegbares Sediment mit<br />
der Hand oder dem Fuß aufgewirbelt und die<br />
vom Untergrund gelösten Organismen in den<br />
Netzbeutel geschwemmt. Ufervegetation, Wasserpflanzen<br />
und Baumwurzeln werden mit<br />
dem Handnetz abgestreift.<br />
An Hartsubstraten (Felsen, Blöcke, Steine<br />
oder Totholz) anhaftende Organismen werden<br />
mit der Pinzette gesammelt.<br />
Feinsedimente werden mittels Plastikrohr<br />
(Stechcore) ausgestochen.<br />
Abkürzung<br />
Substratbezeichnung<br />
Verbale Beschreibung Durchmesser<br />
HYG Hygropetrische dünner Wasserfilm über steinigem<br />
Stellen Substrat<br />
MGL Megalithal große Steine und Blöcke, anstehender<br />
Fels<br />
> 40 cm<br />
MAL Makrolithal grobes Blockwerk, etwa kopfgroße 20 - 40 cm<br />
(Blöcke) Steine bis maximal 40 cm Durchmesser<br />
vorherrschend mit variablen Anteilen<br />
von Steinen, Kies und Sand<br />
MSL Mesolithal faust- bis handgroße Steine mit<br />
6,3 - 20 cm<br />
(Steine) variablem Kies- und Sandanteil<br />
MIL Mikrolithal Grobkies (Taubenei- bis<br />
2 - 6,3 cm<br />
(Grobkies) Kinderfaustgröße) mit Anteilen von<br />
Mittel- und Feinkies sowie Sand<br />
AKL Akal (Kies) Fein- und Mittelkies 0,2 - 2 cm<br />
PSM Psammal Sand 0,063 - 2 mm<br />
PSP Psammopelal sandiger Schlamm<br />
PEL Pelal Schlick, Schluff und Schlamm < 0,063 mm<br />
ARG Argillal Tonfraktion<br />
Tab. 9.1: Abiotische Choriotop-Typologie<br />
nach<br />
„Richtlinie zur Bestimmung<br />
der saprobiologischen Gewässergüte<br />
von Fließgewässern“<br />
(BMLF 1999).<br />
83
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Tab. 9.2: Skala zur Schätzung der Abundanz von Makrozoobenthos<br />
nach „Richtlinie zur Bestimmung der saprobiologischen<br />
Gewässergüte von Fließgewässern“ (BMLF 1999).<br />
Bereits im Freiland werden die Dominanzverhältnisse<br />
mit einer Häufigkeitsschätzung ermittelt<br />
(siehe Tab. 9.2).<br />
Das qualitativ gesammelte Tiermaterial wird<br />
mit 70 %-igem Alkohol an Ort und Stelle fixiert<br />
und zur weiteren Bearbeitung ins Labor gebracht.<br />
9.2.2 Quantitative Probenentnahme<br />
Die quantitative Probenentnahme dient der Ermittlung<br />
der Faunendichte.<br />
Kiesige bis schottrige Substrate werden mit<br />
Kastensamplern von 0,04 bis 0,1 m 2 Grundfläche<br />
besammelt. Die Maschenweite der Fangnetze<br />
beträgt 100 µm. Durch Aufwühlen des<br />
Substrates innerhalb der Besammlungsfläche<br />
werden die Organismen aus der Bodenzone in<br />
die freie Welle getrieben und mit Hilfe der Strömung<br />
in das Fangnetz befördert. Steine ab<br />
etwa 10 cm Größe werden kontrolliert vom<br />
84<br />
Häufigkeitsstufe verbale Beschreibung<br />
1 vereinzelt<br />
2 spärlich<br />
3 mehrfach<br />
4 zahlreich<br />
5 massenhaft<br />
Gerätetaucher bei der Probenentnahme am Blockwurf.<br />
Aufwuchs befreit, harte Oberflächen mittels<br />
Spachtel und Bürste abgekratzt.<br />
Für die quantitative Beprobung von Feinsedimenten<br />
wird ein Stechcore (Sammelfläche<br />
21,3 cm 2 ) verwendet.<br />
In tieferen Zonen der Schotterstrukturen, an<br />
der Donausohle sowie am Blockwurf werden<br />
quantitative Proben nach zwei Gesichtspunkten<br />
entnommen und diskutiert:<br />
• Direktentnahme von Hand mit oben genannten<br />
Geräten durch einen Taucher<br />
(Dipl.-Ing. R. Wimmer, Büro ORCA).<br />
• Baggerproben von einem Schiff aus: mithilfe<br />
der Baggerschaufel (Löffelbagger) wird<br />
ungestörtes Bodensubstrat zur Beprobung<br />
kontrolliert an die Oberfläche befördert.<br />
Durch umsichtige Handhabung der Schaufel<br />
wird versucht, ein Abschwemmen von<br />
Feinsubstrat und Organismen hintan zu<br />
halten. Nach Abfließen des Wasserüberstandes<br />
werden direkt in der Schaufel quadratische<br />
Metallrahmen mit einer Grundfläche<br />
von 0,1 m 2 auf das Substrat aufgesetzt. Das<br />
innerhalb der Rahmen befindliche Substrat<br />
wird bis in eine Tiefe von 10 cm abgetragen<br />
und in einen Kübel befördert.<br />
Je nach Fragestellung und verwendetem Gerät<br />
werden bei den quantitativen Probenentnahmen<br />
fünf bis zehn Parallelproben entnommen.<br />
Alle quantitativen Proben werden in Plastikgefäße<br />
überführt, mit Formaldehyd auf eine<br />
Endkonzentration von 4 % fixiert und zur weiteren<br />
Bearbeitung ins Labor gebracht.<br />
An sämtlichen quantitativen und qualitativen<br />
Probenentnahmestellen werden folgende<br />
hydromorphologische und physikochemische<br />
Milieufaktoren erhoben: mittlere Strömungsgeschwindigkeit,<br />
Wassertiefe, Choriotopstruktur,<br />
Wassertemperatur und elektrische Leitfähigkeit.
9.2.3 Weitere Methoden<br />
Die Verwendung von Lichtfallen ist unverzichtbar<br />
für die vollständige Erhebung eines Arteninventars,<br />
da viele Tiere im Larvenstadium<br />
nicht bestimmt werden können oder nicht das<br />
ganze Jahr über im Gewässer leben. Lichtfallen<br />
bilden eine kostengünstige Möglichkeit das Artenspektrum<br />
durch Fänge ausgereifter, geflügelter<br />
Insekten (Adultfänge) zu vervollständigen.<br />
Im Prinzip wird bei dieser Methode eine<br />
batteriebetriebene Schwarzlichtröhre auf einen<br />
Kübel, in dem sich ein Gemisch aus Wasser<br />
und Netzmittel befindet, aufgesetzt.<br />
Zur vollständigen Erfassung des Artenspektrums<br />
werden ferner Adultfänge mit einem Kescher<br />
durchgeführt, wobei die Ufervegetation<br />
abgestreift wird.<br />
9.2.4 Laborarbeit<br />
Die weitere Bearbeitung der Proben im Labor<br />
folgt den Vorgaben der ÖNORM M 6232 unter<br />
Einhaltung der Kriterien von Qualitätssicherung<br />
und Qualitätskontrolle.<br />
Alle Tiere der quantitativen und qualitativen<br />
Besammlungen werden im Labor mittels Stereolupe<br />
und Mikroskop auf Artniveau bestimmt,<br />
gezählt und gewogen. Die Bestim-<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
mung der einzelnen Großgruppen wird von taxonomischen<br />
Fachspezialisten durchgeführt.<br />
Das bearbeitete Tiermaterial wird – getrennt<br />
nach systematischen Einheiten – in 70 %-igem<br />
Ethanol konserviert und aufbewahrt.<br />
• Wenigborster: Dr. F. Sporka<br />
• Schnecken, Muscheln, Egeln,<br />
höhere Krebse: H. Nesemann<br />
• Eintagsfliegen: Dipl.-Ing. T. Ofenböck,<br />
Dipl.-Ing. A. Römer<br />
• Wasserkäfer: Dr. J. Kodada<br />
• Köcherfliegen, Steinfliegen: Dr. W. Graf<br />
• Zuckmücken: Dr. B. Janecek<br />
• Kriebelmücken: Dr. M. Car<br />
• übrige Gruppen: Dr. W. Graf,<br />
Dipl.-Ing. T. Ofenböck, Dipl.-Ing. A. Römer<br />
9.2.5 Auswertung<br />
Probenentnahme mit dem<br />
Baggerschiff.<br />
Die Diskussion der aquatischen Zönosen wird<br />
im Hinblick auf die Artengarnitur, die Dominanzstruktur,<br />
die Diversität, die Biomasse- und<br />
Individuenverteilung, die saprobiologische<br />
Einstufung, die längenzonale Verteilung nach<br />
biozönotischen Regionen und die Zuordnung<br />
zu funktionellen Ernährungstypen vorgenommen.<br />
85
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Schotterstruktur Engelhartszell/Fallau.<br />
Die Einstufung der Indikatororganismen<br />
und die Berechnungsweise richten sich nach<br />
der FAUNA AQUATICA AUSTRIACA (MOOG 1995). Die<br />
rechnerische Auswertung wird mit dem Computerprogramm<br />
ECOPROF (Version 2.0) durchgeführt.<br />
86<br />
9.3 Untersuchungsstellen und<br />
-termine<br />
Sommeraspekt, 17. und 18.8.1998<br />
Die Probenentnahme am linken Donauufer erfolgt<br />
beim Gasthof Luger bei Stromkilometer<br />
2198,0 (Strecke 17) und in Kramesau zwischen<br />
Stromkilometer 2199,2 und 2199,6 auf der neu<br />
geschaffenen Schotterstruktur (Strecke 15) und<br />
bei Stromkilometer 2199,85 auf der Blockwurfverbauung.<br />
Die Probenentnahme am rechten Ufer erfolgt<br />
auf der Schotterbank bei Engelhartszell/<br />
Fallau bei Stromkilometer 2201,6 (Strecke 5).<br />
Winteraspekt, 8.2.1999<br />
Am linken Donauufer erfolgt die Probenentnahme<br />
auf der Schotterbank zwischen Stromkilometer<br />
2199,1 und 2199,6 (Strecke 15).<br />
Abb. 9.1: Lage der beprobten Teillebensräume auf der Schotterstruktur Kramesau, 17./18.8.1998 (Quelle des Verlaufes der Schotterstrukturen:<br />
Dieplinger 1994).<br />
Abb. 9.2: Lage der beprobten Teillebensräume auf der Schotterstruktur Kramesau, 8.2.1999 (Quelle des Verlaufes der Schotterstrukturen:<br />
Dieplinger 1994).
Am rechten Donauufer wird der Blockwurf<br />
bei Engelhartszell bei Stromkilometer 2200,2<br />
beprobt.<br />
Frühjahrsaspekt, 30. und 31.3.1999<br />
Die Probenentnahme am linken Donauufer findet<br />
in Kramesau zwischen Stromkilometer<br />
2199,1 und 2199,4 auf der Schotterstruktur<br />
(Strecke 15) bzw. an der „Ursohle“ statt.<br />
Die Probenentnahme am rechten Donauufer<br />
erfolgt bei Engelhartszell zwischen Stromkilometer<br />
2201,6 und 2200,2. Bei Strom-km 2201,6<br />
werden die Proben auf der Schotterstruktur<br />
Engelhartszell/Fallau (Strecke 5) entnommen.<br />
Bei Strom-km 2200,2 wird die Blockwurfverbauung<br />
beprobt.<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Einen Überblick der quantitativen Sammelstellen<br />
mit Angabe der Bezeichnung und der dominierenden<br />
Substrattypen im Querverlauf der<br />
Donau gibt Abb. 9.4.<br />
9.4 Ergebnisse und Diskussion<br />
9.4.1 Faunenmenge und -dichte<br />
Die Menge der Indikatororganismen gibt Auskunft<br />
über standörtlich ausgeglichene, fördernde<br />
bzw. hemmende Einflüsse. Beispielsweise<br />
führt Belastung durch Nährstoffe oder organische<br />
Abwässer zu einer Zunahme, während<br />
Strukturverringerung durch wasserbauliche<br />
Maßnahmen für Schifffahrt, Hochwasserschutz<br />
Abb. 9.3: Lage der beprobten Teillebensräume auf der Schotterstruktur Kramesau, 30./31.3.1999 (Quelle des Verlaufes der Schotterstrukturen:<br />
Dieplinger 1994).<br />
Abb. 9.4: Lage der Probenstellen im Querschnitt ohne Maßstab (Quelle: Baumgartner 1999); zur Substratsbezeichnung siehe<br />
Tab. 9.1; zur Teillebensraumbestimmung siehe Tab. 9.3.<br />
87
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
quantitative Probenentnahme 30. & 31.3.1999<br />
Lage Substrat<br />
Kramesau<br />
KUB I Uferbereich der Schotterstruktur Sand/(Schlamm)<br />
KUB II Uferbereich der Schotterstruktur Sand/(Schlamm)<br />
KBO "Böschung oben": oberer Bereich der<br />
Schotterstruktur<br />
Sand/Kies/Steine<br />
KBU "Böschung unten": Böschungsfuß der<br />
Schotterstruktur<br />
Schlamm/Sand/Kies<br />
KS Sohle ("Sohle Rand") Steine<br />
Engelhartszell<br />
EBO "Block oben": oberer Bereich der<br />
Blockwurfverbauung<br />
Blöcke<br />
EBU "Block unten": tieferer Bereich der<br />
Blockwurfverbauung<br />
Blöcke<br />
ES Sohle Kies/Steine<br />
und Energiegewinnung Verringerungen des<br />
Tierbestandes mit sich bringen.<br />
Die Faunenmenge wird auch als Abundanz<br />
bezeichnet und kann in Form von Gewicht<br />
(Biomasse) oder Zählzahlen (Individuendichten)<br />
angegeben werden.<br />
Die Biomasse der österreichischen Donaufauna<br />
schwankt zwischen 2,00 g/m 2 und 38,23<br />
g/m 2 (siehe Abb. 9.5), (Literaturangaben zusammengefasst<br />
in SCHMIDT-KLOIBER et al. 1999).<br />
Die aktuellen Biomassenwerte für die<br />
Stromsohle („Sohle Mitte“) werden aus den<br />
88<br />
Tab. 9.3: Teillebensraumbezeichnung<br />
und Substratbeschreibung<br />
der quantitativen<br />
Probenentnahme durch<br />
den Taucher im März 1999.<br />
vom Baggerschiff entnommenen Proben im<br />
Bereich Engelhartszell und Kramesau gemittelt.<br />
Alle anderen Biomassewerte errechnen sich<br />
aus den Tauchproben. Die Größenordnung der<br />
Biomasse an der Sohle ist den Befunden der<br />
Erstaufnahmen (JANECEK et al. 1991) vergleichbar<br />
und fügt sich gut in das Bild der bereits aus<br />
der Literatur bekannten Donau-Biomassen ein.<br />
Auffallend sind die vergleichsweise hohen<br />
mittleren Biomassen der „Sohle Rand“<br />
(52,53 g/m 2 ) und der „Schotterstruktur Kramesau“<br />
(32,54 g/m 2 ).<br />
Abb. 9.5: Vergleich von Donau-Biomassen<br />
mit Vertrauensgrenzen.
Individuen/m 2 Gramm/m 2<br />
Einen detaillierten Überblick über die Biomassen-<br />
und Individuenverteilung im Donauquerschnitt<br />
zeigt Abb. 9.6.<br />
Innerhalb des besammelten Transektes fallen<br />
zwei Teillebensräume mit einer vergleichsweise<br />
hohen Biomasse auf:<br />
• Die schlammigen und sandigen Habitate<br />
der Uferbereiche (45,49 g/m 2 ) werden dicht<br />
von diversen „wurmförmigen“ Lebewesen<br />
(Naididae, Tubificidae, Hypania invalida)<br />
und Zuckmückenlarven besiedelt.<br />
• Die Biomasse der „Sohle Rand“ steigt auf<br />
52,53 g/m 2 , wovon mehr als 75 % zu den<br />
pontokaspischen Neueinwanderern (siehe<br />
Kapitel 9.4.4), vornehmlich Kleinkrebse<br />
(Amphipoda) und Vielborster (Polychaeta)<br />
marinen Ursprungs, gehören. Andere dominierende<br />
Großgruppen sind die Egel und<br />
die Strudelwürmer. Die hohe Biomasse<br />
spiegelt möglicher Weise die ausgeprägte<br />
Sedimentstabilität dieses Habitates wider.<br />
Im Gegensatz dazu kommt es an der Böschung<br />
und in der „Sohle Mitte“ durch<br />
Wellenschlag respektive Wasserbewegung<br />
zu permanenten Geschiebeumlagerungen,<br />
die sich negativ auf die Faunendichte<br />
auswirken.<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Abb. 9.6: Biomassen- und<br />
Individuenverteilung im<br />
Donau-Querschnitt.<br />
Der Biomassebefund wird durch die Individuenverteilung<br />
bestätigt:<br />
• Die höchste Individuenabundanz (59.145,7<br />
Ind./m 2 ) wird ebenfalls in den Uferbereichen<br />
gefunden, wo die Fauna von „wurmförmigen“<br />
Lebensformen dominiert wird,<br />
hauptsächlich von Nematoden und Tubificiden<br />
(Limnodrilus claparedeianus,<br />
Potamothrix moldaviensis).<br />
• Die zweithöchste Individuendichte weist<br />
der Bereich „Sohle Rand“ auf (38683,33<br />
Ind./m 2 ). Die Gewässersohle ist hier dicht<br />
vom Schlickkrebs Corophium curvispinum<br />
bedeckt, welcher 60 % der Gesamtindividuenzahl<br />
ausmacht.<br />
9.4.2 Taxonomische Zusammensetzung<br />
Die Anzahl der Arten einer Biozönose zählt<br />
zum Kernstück zahlreicher biologischer Bewertungsmethoden.<br />
Grundsätzlich wird davon<br />
ausgegangen, dass ungestörte (optimale) Lebensräume<br />
einen ausgewogenen und vergleichsweise<br />
hohen Artenbestand aufweisen<br />
und dass die Artenzahl eines Lebensraumes<br />
unter Umweltstress abnimmt. In der österrei-<br />
89
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Tab. 9.4: Im Untersuchungsgebiet nachgewiesene Taxa.<br />
90<br />
TURBELLARIA<br />
Turbellaria Gen. sp.<br />
DENDROCOELIDAE<br />
Dendrocoelum romanodanubiale (CODREANU)<br />
DUGESIIDAE<br />
Dugesia cf. gonocephala DUGES<br />
Dugesia sp.<br />
NEMATODA<br />
Nematoda Gen. sp.<br />
MERMITHIDAE<br />
Gastromermis sp.<br />
Hydromermis sp.<br />
Lanceimermis sp.<br />
Mermithidae Gen. sp.<br />
Romanomermis sp.<br />
MONONCHIDAE<br />
Mononchidae Gen. sp.<br />
GASTROPODA<br />
BITHYNIIDAE<br />
Bithynia tentaculata (LINNAEUS, 1758)<br />
HYDROBIIDAE<br />
Lithoglyphus naticoides (C. PFEIFFER, 1828)<br />
Potamopyrgus antipodarum (GRAY, 1843)<br />
PLANORBIDAE<br />
Ancylus fluviatilis O.F. MÜLLER, 1774<br />
BIVALVIA<br />
SPHAERIIDAE<br />
Casertiana casertana (POLI, 1791)<br />
Casertiana henslowana (SHEPPARD, 1823)<br />
Casertiana milium (HELD, 1836)<br />
Casertiana moitessieriana (PALADILHE, 1866)<br />
Casertiana obtusalis (LAMARCK, 1818)<br />
Casertiana subtruncata (MALM, 1855)<br />
Casertiana supina (A. SCHMIDT, 1851)<br />
Pisidium amnicum (O.F. MÜLLER, 1774)<br />
Sphaerium corneum (LINNAEUS, 1758)<br />
Sphaerium rivicola (LAMARCK, 1818)<br />
Sphaerium sp. juv.<br />
UNIONIDAE<br />
Anodonta anatina (LINNAEUS, 1758)<br />
Unio pictorum (LINNAEUS, 1758)<br />
POLYCHAETA<br />
AMPHARETIDAE<br />
Hypania invalida (GRUBE, 1860)<br />
OLIGOCHAETA<br />
ENCHYTRAEIDAE<br />
Cernosvitoviella sp.<br />
Lumbricillus rivalis LEVINSON, 1883<br />
GLOSSOSCOLECIDAE<br />
Criodrilus lacuum HOFFMEISTER, 1845<br />
LUMBRICIDAE<br />
Eiseniella tetraedra (SAVIGNY, 1826)<br />
LUMBRICULIDAE<br />
Bythonomus lemani (GRUBE, 1879)<br />
Stylodrilus heringianus CLAPAREDE, 1862<br />
Stylodrilus sp.<br />
NAIDIDAE<br />
Amphichaeta leydigii TAUBER, 1879<br />
Chaetogaster setosus SVETLOY, 1925<br />
Nais alpina SPERBER, 1948<br />
Nais bretscheri MICHAELSEN, 1899<br />
Nais christinae KASPRZAK, 1973<br />
Nais elinguis MÜLLER, 1773<br />
Nais simplex PIGUET, 1906<br />
Nais stolci HRABE, 1981<br />
Pristina foreli (PIGUET, 1906)<br />
Pristinella menoni (AIYER, 1929)<br />
Vejdovskyella comata (VEJDOVSKY, 1883)<br />
Vejdovskyella intermedia (BRETSCHER, 1896)<br />
TUBIFICIDAE<br />
Aulodrilus pluriseta (PIGUET, 1906)<br />
Limnodrilus claparedeianus RATZEL, 1868<br />
Limnodrilus hoffmeisteri CLAPAREDE, 1862<br />
Limnodrilus profundicola (VERILL, 1871)<br />
Limnodrilus sp.<br />
Limnodrilus udekemianus CLAPAREDE, 1862<br />
Potamothrix danubialis (HRABE)<br />
Potamothrix moldaviensis (VEJDOVSKY &<br />
MRAZEK, 1902)<br />
Potamothrix vejdovskyi (HRABE, 1941)<br />
Psammoryctides barbatus (GRUBE, 1861)<br />
Psammoryctides moravicus (HRABE, 1934)<br />
Rhyacodrilus coccineus (VEJDOVSKY, 1879)<br />
Tubifex tubifex (MÜLLER, 1774)<br />
HIRUDINEA<br />
ERPOBDELLIDAE<br />
Dina punctata JOHANNSON, 1927<br />
Erpobdella octoculata (LINNAEUS, 1758)<br />
GLOSSIPHONIIDAE<br />
Pseudosmittia sp.<br />
Rheocricotopus chalybeatus (EDWARDS, 1929)<br />
Rheocricotopus effusus (WALKER, 1856)<br />
Rheocricotopus fuscipes (KIEFFER, 1909)<br />
Rheotanytarsus sp.<br />
Stictochironomus cf. maculipennis<br />
(MEIGEN, 1818)<br />
Stictochironomus sp.<br />
Sympotthastia macrocera SERRA-TOSIO, 1968<br />
Sympotthastia sp.<br />
Synorthocladius semivirens (KIEFFER, 1909)<br />
Tanytarsini Gen. sp.<br />
Tanytarsus cf. brundini LINDEBERG, 1963<br />
Glossiphonia complanata (LINNAEUS, 1758)<br />
PISCICOLIDAE<br />
Caspiobdella fadejewi (EPSHTEIN, 1961)<br />
AMPHIPODA<br />
COROPHIIDAE<br />
Corophium curvispinum (SARS, 1895)<br />
GAMMARIDAE<br />
Dikerogammarus haemobaphes<br />
(EICHWALD, 1841)<br />
Dikerogammarus sp.<br />
Dikerogammarus villosus (SOVINSKY, 1894)<br />
Echinogammarus ischnus (BEHNING, 1889)<br />
Echinogammarus trichiatus (MARTYNOV, 1932)<br />
Gammarus fossarum KOCH, 1835<br />
Gammarus roeselii GERVAIS, 1835<br />
Niphargus sp.<br />
Obesogammarus obesus (SARS, 1894)<br />
DECAPODA<br />
ATYIDAE<br />
Atyaephyra desmaresti (MILLET, 1831) Ö<br />
ISOPODA<br />
JANIRIDAE<br />
Jaera istri VIEUILLE, 1979<br />
EPHEMEROPTERA<br />
BAETIDAE<br />
Baetis alpinus PICTET, 1843-1845<br />
Baetis rhodani PICTET, 1843-1845<br />
Baetis sp.<br />
CAENIDAE<br />
Caenis luctuosa (BURMEISTER, 1839)<br />
Caenis sp. juv.<br />
HEPTAGENIIDAE<br />
Ecdyonurus sp. juv.<br />
Ecdyonurus venosus (FABRICIUS, 1775)<br />
Ecdyonurus venosus-Gr.<br />
Heptagenia sulphurea (MÜLLER, 1776)<br />
POLYMITARCYIDAE<br />
Ephoron virgo (OLIVIER, 1791)<br />
POTAMANTHIDAE<br />
Potamanthus luteus (LINNAEUS, 1767)<br />
ODONATA<br />
GOMPHIDAE<br />
Gomphus vulgatissimus (LINNAEUS, 1758)<br />
PLECOPTERA<br />
LEUCTRIDAE<br />
Leuctra sp.<br />
NEMOURIDAE<br />
Nemoura sp.<br />
Protonemura sp.<br />
MEGALOPTERA<br />
SIALIDAE<br />
Sialis cf. fuliginosa (PICTET)<br />
Sialis sp.<br />
COLEOPTERA<br />
ELMIDAE<br />
Elmis sp.<br />
Limnius sp.<br />
Oulimnius tuberculatus (MÜLLER, 1806)<br />
GYRINIDAE<br />
Gyrinidae Gen. sp.<br />
TRICHOPTERA<br />
BRACHYCENTRIDAE<br />
Brachycentrus subnubilus CURTIS, 1834<br />
Micrasema minimum McLACHLAN, 1876<br />
Oligoplectrum maculatum (FOURCROY, 1785)<br />
GLOSSOSOMATIDAE<br />
Glossosoma boltoni CURTIS, 1834<br />
HYDROPSYCHIDAE<br />
Hydropsyche bulgaromanorum MALICKY, 1977<br />
Hydropsyche contubernalis McLACHLAN, 1865<br />
Hydropsyche exocellata DUFOUR, 1841 Ö<br />
Hydropsyche guttata PICTET, 1834<br />
Hydropsyche sp.<br />
HYDROPTILIDAE<br />
Hydroptila sp.<br />
LEPIDOSTOMATIDAE<br />
Lepidostoma hirtum (FABRICIUS, 1775)<br />
LEPTOCERIDAE<br />
Ceraclea annulicornis (STEPHENS, 1836)<br />
Ceraclea sp.<br />
LIMNEPHILIDAE<br />
Allogamus auricollis (PICTET, 1834)<br />
Potamophylax sp.<br />
ODONTOCERIDAE<br />
Odontocerum albicorne (SCOPOLI, 1763)<br />
PSYCHOMYIIDAE<br />
Psychomyia pusilla (FABRICIUS, 1781)<br />
Tanytarsus sp.<br />
Thienemannia sp.<br />
Thienemannimyia Gr., Gen. indet.<br />
Tvetenia calvescens (EDWARDS, 1929)<br />
Tvetenia verralli (EDWARDSS, 1929)<br />
Tvetenia cf. vitracies SAETHER, 1969<br />
Virgatanytarsus sp.<br />
EMPIDIDAE<br />
Hemerodromia sp.<br />
LIMONIIDAE<br />
Antocha sp.<br />
SIMULIIDAE<br />
Simulium erythrocephalum (DE GEER, 1776)<br />
DIPTERA<br />
Diptera Gen. sp.<br />
CERATOPOGONIDAE<br />
Ceratopogonidae Gen. sp.<br />
CHIRONOMIDAE<br />
Ablabesmyia longistyla FITTKAU, 1962<br />
Apsectrotanypus trifascipennis<br />
(ZETTERSTEDT, 1838)<br />
Brillia bifida (KIEFFER, 1909)<br />
Bryophaenocladius sp.<br />
Chironominae Gen. sp.<br />
Chironomini Gen. sp.<br />
Chironomus acutiventris WÜLKER, RYSER &<br />
SCHOLL, 1983<br />
Chironomus sp.<br />
Cladotanytarsus mancus-Gr.<br />
Cladotanytarsus sp. 1<br />
Cladotanytarsus vanderwulpi (EDWARDS, 1929)<br />
Conchapelopia sp.<br />
Cricotopus fuscus (KIEFFER, 1909)<br />
Cricotopus sp.<br />
Cricotopus tremulus (LINNAEUS, 1758)<br />
Cricotopus triannulatus MACQUART, 1826<br />
Cryptochironomus sp.<br />
Diamesa cinerella MEIGEN, 1835<br />
Diamesa cinerella-Gr.<br />
Diamesa insignipes KIEFFER, 1908<br />
Diplocladius cultriger KIEFFER, 1908<br />
Einfeldia pagana (MEIGEN, 1838)<br />
Eukiefferiella claripennis (LUNDBECK, 1898)<br />
Eukiefferiella clypeata (KIEFFER, 1923)<br />
Eukiefferiella coerulescens (KIEFFER, 1926)<br />
Eukiefferiella devonica/ilkleyensis<br />
Eukiefferiella gracei (EDWARDS, 1929)<br />
Eukiefferiella lobifera GOETGHEBUER, 1934<br />
Eukiefferiella minor/fittkaui<br />
Eukiefferiella sp.<br />
Eukiefferiella tirolensis GOETGHEBUER, 1938<br />
Glyptotendipes pallens (MEIGEN, 1804)<br />
Harnischia sp.<br />
Heterotrissocladius marcidus (WALKER, 1856)<br />
Macropelopia cf. nebulosa (MEIGEN, 1804)<br />
Metriocnemini Gen. sp.<br />
Microchironomus tener (KIEFFER, 1918)<br />
Micropsectra atrofasciata-Agg.<br />
Micropsectra notescens (WALKER, 1856)<br />
Micropsectra sp.<br />
Microtendipes cf. britteni (EDWARDS, 1929)<br />
Microtendipes chloris-Gr.<br />
Monodiamesa nitida (KIEFFER, 1918)<br />
Monodiamesa sp.<br />
Nanocladius rectinervis (KIEFFER, 1911)<br />
Neozavrelia sp.<br />
Odontomesa fulva (KIEFFER, 1919)<br />
Orthocladiinae Gen. sp.<br />
Orthocladiini COP<br />
Orthocladius ashei SOPONIS, 1990<br />
Orthocladius frigidus (ZETTERSTEDT, 1838)<br />
Orthocladius fuscimanus (KIEFFER, 1908)<br />
Orthocladius cf. glabripennis<br />
(GOETGHEBUER, 1921)<br />
Orthocladius obumbratus JOHANNSEN, 1905<br />
Orthocladius rivicola KIEFFER, 1921<br />
Orthocladius rivicola-Gr.<br />
Orthocladius rivulorum KIEFFER, 1909<br />
Orthocladius rubicundus (MEIGEN, 1818)<br />
Orthocladius sp.<br />
Orthocladius thienemanni KIEFFER, 1906<br />
Orthocladius wetterensis BRUNDIN, 1956<br />
Paracladius conversus (WALKER, 1856)<br />
Paracladopelma mikiana<br />
(GOETGHEBUER, 1937)<br />
Paracladopelma cf. nigritula<br />
(GOETGHEBUER, 1942)<br />
Paracladopelma nigritula-Gr.<br />
Parakiefferiella bathophila (KIEFFER, 1912)<br />
Parametriocnemus stylatus (KIEFFER, 1924)<br />
Paraphaenocladius sp.<br />
Paratanytarsus dissimilis JOHANNSEN, 1905<br />
Paratendipes cf. albimanus (MEIGEN, 1818)<br />
Paratrichocladius rufiventris (MEIGEN, 1830)<br />
Paratrichocladius skirwithensis<br />
(EDWARDS, 1929)<br />
Paratrissocladius excerptus (WALKER, 1856)<br />
Pentaneurini Gen. sp.<br />
Polypedilum aegyptium KIEFFER, 1925<br />
Polypedilum albicorne (MEIGEN, 1938)<br />
Polypedilum convictum (WALKER, 1856)<br />
Polypedilum laetum (MEIGEN, 1818)<br />
Polypedilum scalaenum-Gr.<br />
Potthastia gaedii (MEIGEN, 1838)<br />
Potthastia longimana (KIEFFER, 1922)<br />
Potthastia longimana-Gr.<br />
Procladius sp.<br />
Prodiamesa delphinensis SERRA-TOSIO, 1964<br />
Prodiamesa olivacea (MEIGEN, 1818)<br />
Prodiamesa rufovittata GOETGHEBUER, 1932<br />
Simulium ornatum MEIGEN, 1818<br />
Simulium variegatum MEIGEN, 1818<br />
TIPULIDAE<br />
Tipula sp.<br />
BRYOZOA<br />
Bryozoa Gen. sp.
chischen Praxis der Beurteilung der ökologischen<br />
Funktionsfähigkeit, im europäischen<br />
Umweltmonitoring (EU-Wasserrahmenrichtlinie),<br />
aber auch in Übersee (US-EPA) kommt<br />
der Artenzahl eine Schlüsselfunktion zu (MOOG<br />
1994, CHOVANEC et al. 1994, 1996, ÖNORM M<br />
6232 1997, BARBOUR et al. 1999, KARR & CHU<br />
1999).<br />
Da nicht alle Organismen bis zum Artniveau<br />
bestimmt werden können, hat sich der Ausdruck<br />
Taxazahl durchgesetzt. Damit wird die<br />
Summe aller taxonomisch (bestimmungstechnisch)<br />
erfassbaren Einheiten beschrieben.<br />
Während der gesamten Untersuchungsperiode<br />
werden 229 Taxa nachgewiesen (siehe<br />
Tab. 9.4).<br />
9.4.2.1 Vergleich der Taxazahlen mit<br />
anderen Untersuchungen an der Donau<br />
In Tab. 9.4 werden die erhobenen Taxazahlen<br />
der jeweiligen Großgruppen den Taxazahlen<br />
der Erststudie (JANECEK et al. 1991) und anderer<br />
Donaubefunde in diesem Bereich gegenüber-<br />
Tab. 9.5: Vergleich der Taxazahlen mit anderen Donau-Untersuchungen.<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
gestellt (MOOG et al. 2000).<br />
Die aktuellen Untersuchungen belegen einen<br />
deutlichen Anstieg der Taxavielfalt. Die<br />
bislang aktuellsten Zusammenstellungen der<br />
Donauarten (MOOG et al. 1995, 2000) listen für<br />
den Donauabschnitt zwischen dem Kraftwerk<br />
Jochenstein und dem Kraftwerk Aschach 142<br />
Taxa auf. In vorliegender Studie können 229<br />
Taxa nachgewiesen werden. Dieser Anstieg<br />
der Taxavielfalt ist besonders bemerkenswert,<br />
da bei MOOG et al. (2000) die Ergebnisse mehrerer<br />
Untersuchungen zusammengefasst wurden<br />
und außerdem einen größeren Donauabschnitt<br />
umfassen als in vorliegender Studie.<br />
Vergleich 1989-1999<br />
Im direkten Vergleich mit den Erstaufnahmen<br />
von 1989 bestätigt sich eine Erhöhung der Taxazahl<br />
im Untersuchungsgebiet von 65 auf 229<br />
Taxa (JANECEK et al. 1991). Die Restrukturierungsmaßnahmen<br />
tragen in diesem Fall offensichtlich<br />
zu einer Erhöhung der Taxavielfalt<br />
bei.<br />
MOOG et JANECEK<br />
vorliegende Studie<br />
al. 2000 et al. 1991<br />
17.08.1998 – 31.03.1999<br />
Jochenstein<br />
bis<br />
Aschach<br />
gesamt Sohle<br />
Rand<br />
Sohle<br />
Mitte<br />
gesamt Sohle<br />
Rand<br />
Sohle<br />
Mitte<br />
Struktur K Struktur E Block<br />
PORIFERA 1 1 1 - - - - - - -<br />
TURBELLARIA 5 1 1 - 4 3 3 4 3 3<br />
NEMATODA - 1 1 1 7 1 5 2 6 1<br />
GASTROPODA 14 2 1 1 6 3 1 5 2 2<br />
BIVALVIA 13 4 4 4 11 4 5 10 5 2<br />
POLYCHAETA 1 1 1 - 1 1 1 1 1 1<br />
OLIGOCHAETA 21 11 3 9 32 7 6 26 13 9<br />
HIRUDINEA 6 2 - 2 4 1 3 2 1 1<br />
MYSIDACEA 1 - - - - - - - - -<br />
AMPHIPODA 3 2 2 2 10 6 5 10 6 5<br />
DECAPODA - - - - 1 - - - - 1<br />
ISOPODA 2 1 1 1 1 1 1 1 1 1<br />
EPHEMEROPTERA 6 3 1 3 11 3 2 9 4 4<br />
PLECOPTERA - - - - 3 1 - 2 1 1<br />
ODONATA - - - - 1 - - 1 - -<br />
HETEROPTERA 1 - - - - - - - - -<br />
MEGALOPTERA 1 - - - 2 - - 2 - -<br />
COLEOPTERA 3 1 - 1 4 - - 3 2 -<br />
TRICHOPTERA 13 3 2 3 17 6 5 7 9 11<br />
DIPTERA 50 31 8 17 113 19 32 71 40 55<br />
BRYOZOA 1 1 - - 1 - - 1 - 1<br />
SUMME 142 65 26 44 229 56 69 157 94 98<br />
91
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Taxazahl<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
In der Mitte der Donau („Sohle Mitte“) wirkt<br />
sich der Einsatz des Baggerschiffes besonders<br />
positiv auf die gründliche Erfassung der Donauarten<br />
aus. Der Bestand dieses bislang nicht<br />
optimal besammelten Habitates erhöht sich<br />
von 44 auf 69 Taxa.<br />
Vergleich Schotterstruktur-ursprüngliche<br />
Substrate („Sohle Rand“ bzw. Blockwurf)<br />
Die ökologische Bewertung der neu geschaffenen<br />
Schotterstrukturen erfolgt durch einen Vergleich<br />
der Taxazahlen mit jenen der „Sohle<br />
Rand“ als auch mit dem Blockwurf, da beide<br />
Habitate die Gegebenheiten vor der Restrukturierung<br />
widerspiegeln. Der Blockwurf dient<br />
ferner als Vergleichssituation für nicht strukturierte<br />
Abschnitte der Donau.<br />
Auf der „Sohle Rand“ werden 1989 26 Taxa<br />
gefunden. Diese Zahl steigt mit Errichtung der<br />
Schotterstruktur auf 157 Taxa. Berücksichtigt<br />
man den Einfluss der höheren Probenanzahl,<br />
indem man nur Proben aus dem Jahre 1999<br />
zum Vergleich heranzieht, ist von einem Anstieg<br />
der Taxa von 56 auf 157 durch die Restrukturierung<br />
auszugehen.<br />
Das Techno-Megalithal des Blockwurfes<br />
wird aktuell von 98 Taxa besiedelt. Auch hier<br />
schlägt sich im Vergleich die neue biologische<br />
Reichhaltigkeit der Schotterstrukturen mit 157<br />
Taxa deutlich zu Buche.<br />
92<br />
Gesamt<br />
Sohle Rand<br />
1989<br />
Sohle Mitte<br />
1999<br />
Struktur<br />
Blockwurf<br />
Abb. 9.7: Vergleich der Taxazahlen der Untersuchungen 1989<br />
und 1999.<br />
Auf den Schotterstrukturen in Engelhartszell<br />
werden mit geringerem Beprobungsumfang 94<br />
Taxa gefunden. Kombiniert man die beiden<br />
Schotterstrukturen und ihre Taxavielfalt zu einem<br />
Habitattyp, werden sie von insgesamt 188<br />
Taxa besiedelt. In Gegenüberstellung mit dem<br />
vormals vorherrschenden Habitat „Blockwurf“<br />
kommt dies einer Verdoppelung der Artenzahl<br />
gleich. Auch BANNING et al. (1990) haben in ihren<br />
Untersuchungen an der deutschen Donau<br />
einen deutlichen Zusammenhang zwischen<br />
Substrat- und Artenvielfalt festgestellt.<br />
Die Auswertung der Artenzahlen belegt in<br />
eindrucksvoller Weise, dass durch die Restrukturierungsmaßnahmen<br />
im Stauwurzelbereich<br />
des Kraftwerkes Aschach für das Makrozoobenthos<br />
nicht nur mehr Lebensräume geschaffen<br />
wurden, sondern diese auch tatsächlich<br />
besiedelt werden (vgl. BAUMGARTNER 1999).<br />
Der Buchtbereich – ein wichtiger Habitattyp der neu geschaffenen<br />
Uferstruktur bei Kramesau.
9.4.2.2 Habitatspezifische<br />
Taxazusammensetzung<br />
Die Beurteilung der neu geschaffenen Schotterstrukturen<br />
erfordert ein besonderes Augenmerk<br />
auf das Vorkommen der einzelnen Taxa<br />
in den unterschiedlichen Teillebensräumen<br />
(Habitaten). Auf diese Weise ist eine Charakteristik<br />
der habitatgebundenen Lebensweise vieler<br />
Arten möglich.<br />
Abb. 9.8 zeigt den Einfluss der unterschiedlichen<br />
Substrate innerhalb der Schotterstruktur<br />
auf die Gesamttaxazahl.<br />
Ein gutes Beispiel der Substratgebundenheit<br />
der Fließgewässerfauna gibt die Tatsache, dass<br />
von den 229 vorgefundenen Taxa nur 12 in allen<br />
Teillebensräumen vorkommen, 97 besiedeln<br />
mehr als einen Teillebensraum. In den<br />
durch die Restrukturierungsmaßnahmen geschaffenen<br />
Teillebensräumen siedeln sich unterschiedliche,<br />
spezifische Zönosen an: 15<br />
Taxa werden ausschließlich in der Sohlenmitte<br />
vorgefunden, sechs im Teillebensraum „Sohle<br />
Rand“. 47 Taxa besiedeln ausschließlich die<br />
Böschungen und 32 nur die Uferbereiche.<br />
Auch der Blockwurf bietet einer spezifischen<br />
Zönose Lebensraum: 31 Taxa kommen nur am<br />
„Techno-Megalithal“ der Uferverbauung vor.<br />
Insgesamt werden die neugeschaffenen<br />
Schotterstrukturen in Kramesau und in Engelhartszell<br />
– bestehend aus „Böschung“ und<br />
„Ufer“ – von 91 Taxa besiedelt, die in keinem<br />
anderen Teillebensraum vorkommen.<br />
Durch die im Zuge der Restrukturierung aufgebrachten<br />
Schottermassen wurden vielfältige<br />
Abb. 9.8: Anzahl der Taxa in den einzelnen Teillebensräumen der Schotterstruktur Kramesau.<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
neue Strukturen geschaffen, die an sich schon<br />
eine Bereicherung der vorhandenen Lebensräume<br />
bieten. Darüber hinaus wird durch die<br />
Heterogenität des Schotterkörpers die Entstehung<br />
weiterer Habitate bewusst initiiert. So<br />
werden zum Beispiel in den Buchten der<br />
Schotterstrukturen durch die verringerte Strömungsgeschwindigkeit<br />
Sand und Schlamm abgelagert.<br />
In der Vergangenheit wurden diese<br />
für die Uferbereiche der frei fließenden Donau<br />
typischen kleinkörnigen Sedimente einhergehend<br />
mit der Kanalisierung des Flusses in ein<br />
geradliniges Korsett zunehmend ausgewaschen<br />
und weggespült.<br />
Die nun wieder entstehenden sandigen und<br />
schlammigen Substrate erlauben in weiterer<br />
Folge die Entwicklung einer reichen Feinsediment-Fauna<br />
(Tubificidae, Naididae und Nematoda)<br />
(TITTIZER 1990). Die Schotterstrukturen<br />
bieten aber auch gefährdeten Arten wie etwa<br />
der Malermuschel (Unio pictorum), der Teichmuschel<br />
(Anodonta anatina) oder der Flusslibelle<br />
Gomphus vulgatissimus einen Lebensraum.<br />
Außerdem finden sich hier Substrat-Spezialisten,<br />
wie etwa sandgrabenden Zuckmükken<br />
(Odontomesa fulva, Prodiamesa olivacea)<br />
oder die in der Donau fast ausgerottete Eintagsfliege<br />
Ephoron virgo (Uferaas). Diese Bereiche<br />
stellen auch ein wichtiges Habitat für<br />
eine reichhaltige, an gut durchlüftete Feinsedimente<br />
angepasste Mollusken-Fauna dar, z.B.<br />
für den Steinkleber (Lithoglyphus naticoides)<br />
oder die Erbsenmuschelarten Casertiana henslowana<br />
und Casertiana moitessieriana.<br />
93
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Eine relativ hohe Taxazahl (31) besiedelt<br />
den durch seine harte Oberfläche schwer bewohnbaren<br />
Blockwurf. Diese Tatsache erklärt<br />
sich durch die unterschiedlichen Strukturen innerhalb<br />
des Blockwerkes. In den Zwischenräumen<br />
der großen Blöcke können sich Sand und<br />
Schlamm ablagern. Obwohl es sich bei der<br />
Blockwurfverbauung um ein künstliches Substrat<br />
handelt, erfüllt sie eine wichtige Funktion<br />
als Ersatz für natürliche felsige Uferhabitate<br />
oder aber auch für Totholz. TITTIZER & SCHLEUTER<br />
(1989) beschreiben die ökologische Funktion<br />
der Blockwurfverbauung: „Der durch die fahrenden<br />
Schiffe erzeugte Sog und Schwall wirkt<br />
selektierend auf die Biozönose der Uferbereiche.<br />
Nur einige wenige an diese Brandungsverhältnisse<br />
angepasste Organismen können der<br />
hier vorherrschenden mechanischen Belastung<br />
standhalten. Da jedoch in einem gestauten<br />
Fluss in der Regel Stillwasserbereiche dominieren,<br />
tragen diese Brandungszonen zur Bereicherung<br />
der Strukturvielfalt des Lebensraumes<br />
bei.“<br />
9.4.2.3 Diversitätsindices<br />
Es werden die Diversitätsindices nach SHANNON<br />
& WEAVER (1948) und WILHM & DORRIS (1968)<br />
berechnet. Die Werte können im Bereich von 0<br />
bis unendlich liegen. In Fließgewässern werden<br />
meist Werte zwischen 3 und 8 erzielt.<br />
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass mit<br />
steigendem Index eine Erhöhung der Artenvielfalt<br />
einhergeht. Es ergibt sich für alle untersuchten<br />
Teillebensräume ein recht einheitli-<br />
4,0<br />
3,5<br />
3,0<br />
2,5<br />
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
94<br />
Shannon & Weaver<br />
Wilhm & Dorris<br />
KUB I KUB II KBO KBU KS K gesamt EBO EBU ES E gesamt<br />
Kramesau Engelhartszell<br />
Abb. 9.9: Diversitätsindices nach Shannon & Weaver bzw.<br />
Wilhm & Dorris in den einzelnen Teillebensräumen.<br />
ches Bild. Auffallend ist der Rückgang der Diversität<br />
im unteren Böschungsbereich und an<br />
der Sohle in Kramesau. Die Werte der Blockwürfe<br />
(EBO und EBU) liegen durchwegs unter<br />
jenen der Schotterstrukturen.<br />
9.4.3 Biozönotische Kenngrößen<br />
9.4.3.1 Saprobität<br />
Die Gesamt-Beurteilung der Gewässergüte innerhalb<br />
des Stauwurzelbereiches des Kraftwerks<br />
Aschach indiziert beta-mesosaprobe Bedingungen<br />
(Abb. 9.10). Das entspricht der Gewässergüteklasse<br />
II. Diese Werte stimmen gut<br />
mit den biologischen Untersuchungen der<br />
Bundesanstalt für Wassergüte in Wien, die jährlich<br />
durchgeführt werden, überein (KAVKA et al.<br />
2000). Auch MOOG et al. (2000) stufen bei einem<br />
Saprobienindex von 2,05 den Donauabschnitt<br />
zwischen dem Kraftwerk Jochenstein<br />
und dem Kraftwerk Aschach mit Gewässergüteklasse<br />
II ein. Lediglich westlich des Untersuchungsgebietes<br />
wird die Gewässergüteklasse<br />
noch mit II-III angegeben: MAUCH (1999) ermittelte<br />
für den bayerischen Donauabschnitt zwischen<br />
Staustufe Abbach und Jochenstein für<br />
den Saprobienindex den Wert 2,37 (errechnet<br />
nach DIN).<br />
Verglichen mit der Studie von JANECEK et al.<br />
(1991), in der ebenfalls die Gewässergüteklasse<br />
II für das Untersuchungsgebiet Kramesau/<br />
Engelhartszell angegeben wird, ist die saprobielle<br />
Situation gleich geblieben.<br />
Neben einer herkömmlichen Gütebewertung<br />
des Donauabschnittes wird die Saprobität<br />
für alle besammelten Teillebensräume getrennt<br />
berechnet. Auf diese Weise lassen sich kleinräumige<br />
Muster im Sauerstoffhaushalt biologisch<br />
klar herausarbeiten.<br />
Vergleicht man die Saprobienindices in den<br />
einzelnen Teillebensräumen in Kramesau, lässt<br />
sich ein Anstieg des Saprobienindex feststellen,<br />
der mit abnehmender Entnahmetiefe, geringerer<br />
Strömungsgeschwindigkeit und kleinerem<br />
Korndurchmesser des Substrates korreliert (siehe<br />
Abb. 9.11). Die Sohlen-Fauna wird von Or-
Saprobielle Valenzen<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
Kramesau<br />
xenosaprob<br />
oligosaprob<br />
beta-mesosaprob<br />
alpha-mesosaprob<br />
polysaprob<br />
Engelhartszell<br />
Abb. 9.10: Saprobielle Valenzen: Vergleich Kramesau-<br />
Engelhartszell.<br />
ganismen abgelöst, die geringere Sauerstoffkonzentrationen<br />
tolerieren. Ein Zeichen, dass<br />
durch lokale Anreicherungen von organischer<br />
Substanz, hervorgerufen durch geringere Strömungsgeschwindigkeiten<br />
in den Uferbereichen,<br />
sohlnahe Sauerstoffzehrung gegeben ist.<br />
9.4.3.2 Verteilung der funktionellen<br />
Ernährungstypen<br />
Zum Inventar einer modernen ökologischen<br />
Analyse von Fließgewässern zählt die Auswertung<br />
der funktionellen Ernährungstypen. Darunter<br />
versteht man eine typologische Gliederung<br />
der Gewässerfauna im Hinblick auf Fressgewohnheiten,<br />
Ernährungsweise und Nahrungspräferenz.<br />
Auf diese Weise gewinnt der<br />
Fachmann wertvolle Einblicke in die trophische<br />
Struktur von Ökosystemen. Die bekanntesten<br />
Fresstypen sind zum Beispiel Räuber, Parasiten,<br />
Blattzerkleinerer, Weidegänger und Filtrierer.<br />
Entnahmetiefe in Metern Strömungsgeschwindigkeit in m/s<br />
6<br />
1<br />
SI log<br />
Korndurchmesser [m]<br />
0,9<br />
5<br />
Entnahmetiefe [m]<br />
Strömungsgeschwindigkeit [m/s] 0,8<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
2,09<br />
2,09<br />
2,36<br />
2,45<br />
KS KBU KBO KUB II KUB I<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Die Verteilung der Ernährungstypen weist<br />
zwei Schwerpunkte auf:<br />
• Detritusfresser (Nahrung: organisches<br />
Feinsediment) bzw. Weidegänger (Nahrung:<br />
Algen) dominieren in den Ufer- und<br />
oberen Böschungsbereichen und auch in<br />
den oberen Regionen des Blockwurfes.<br />
Der hohe Anteil an Detritusfressern in den<br />
Proben des Blockwurfs zeigt die Reaktion<br />
der Biozönose auf den erhöhten Feinsedimentanteil<br />
in den Block-Zwischenräumen.<br />
• Der Anteil der Filtrierer ist in den Sohlbereichen<br />
am höchsten und auf das Vorkommen<br />
von Corophium curvispinum zurückzuführen.<br />
Das dort vorherrschende Hartsubstrat<br />
bietet für diese Art ideale Lebensbedingungen,<br />
da die Schlickkrebse durch<br />
ihre Fähigkeit Wohnröhren zu spinnen an<br />
diesen schwer besiedelbaren Oberflächen<br />
einen Wettbewerbsvorteil besitzen. Dadurch<br />
verdrängen diese pontokaspischen<br />
Einwanderer die indigene Zuckmückenfauna<br />
(JANECEK & MOOG 1994). In den genannten<br />
Teillebensräumen ist auch der potamale<br />
Schwerpunkt in der biozönotischen Regions-Verteilung<br />
am deutlichsten ausgeprägt.<br />
BANNING et al. (1990) beschreiben<br />
den hohen Anteil filtrierender und strudelnder<br />
Organismen in der funktionellen<br />
Ernährungstypen-Verteilung für die Lebensgemeinschaften<br />
des Donau-Potamals als<br />
kennzeichnend.<br />
2,74<br />
0,7<br />
0,6<br />
0,5<br />
0,4<br />
0,3<br />
0,2<br />
0,1<br />
0<br />
Abb. 9.11: Abhängigkeit der SI-<br />
Werte von Korndurchmesser, Entnahmetiefe<br />
und Strömungsgeschwindigkeit<br />
in Kramesau.<br />
95
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
9.4.3.3 Biozönotischen Regionen<br />
Die Beobachtung, dass im Längenverlauf einer<br />
Fließstrecke jeweils typische Zönosen einander<br />
ablösen, führte schon vor über 130 Jahren zur<br />
Beschreibung von „Fischregionen“ (FRITSCH<br />
1872). Diese längenzonalen Verteilungsmuster<br />
nach biozönotischen Regionen nehmen aber<br />
auch im modernen Gewässermonitoring eine<br />
wichtige Rolle ein und haben Eingang in die<br />
Beurteilung der ökologischen Funktionsfähigkeit<br />
gefunden: abhängig von der Verschiebung<br />
der Regionsschwerpunkte oder der Abflachung<br />
der Verteilungskurven lassen sich die Auswirkungen<br />
von Umweltstressoren auf die<br />
Benthoszönosen anschaulich darstellen und<br />
diskutieren (MOOG 1992).<br />
Analysiert man den aus der Fachliteratur erhebbaren<br />
makrozoobenthischen Artenbestand<br />
im Hinblick auf die längenzonale Struktur, so<br />
weist die biozönotische Regionsverteilung der<br />
Bodenfauna der Donau bei Engelhartszell ein<br />
epipotamales Maximum (Barbenregion) mit<br />
hyporhithralen und metapotamalen Anteilen<br />
auf (MOOG et al. 2000, Abb. 9.14).<br />
Diese „biotischen“ Ergebnisse stimmen sehr<br />
gut mit der maximalen Morgentemperatur<br />
96<br />
Verteilung der funktionellen Ernährungstypen<br />
KUB I<br />
KUB II<br />
KBO<br />
KBU<br />
KS<br />
Sonstige<br />
Parasiten<br />
Räuber<br />
Holzfresser<br />
Blattminierer<br />
EBO<br />
Detritusfresser<br />
passive Filtrierer<br />
aktive Filtrierer<br />
Weidegänger<br />
Zerkleiner<br />
EBU<br />
ES<br />
Abb. 9.12: Verteilung der<br />
funktionellen Ernährungstypen<br />
in den einzelnen Teillebensräumen.<br />
(MOOG & WIMMER 1994) von etwa 21°C (21,3°C<br />
am 20.7.1976 und 21,0°C am 4.8.1990; HYDRO-<br />
GRAPHISCHES ZENTRALBÜRO 1994) und den Ergebnissen<br />
des Gefälls/Breiten-Diagramms von<br />
HUET (1954) überein, die beide epipotamale<br />
Bedingungen indizieren.<br />
In den unterschiedlichen Teillebensräumen<br />
etablieren sich, wie aus Abb. 9.13 ersichtlich,<br />
Faunengesellschaften mit verschiedenen biozönotischen<br />
Schwerpunkten. In den Uferbereichen<br />
sowie an der „Böschung oben“ weist die<br />
Fauna hohe rhithrale Anteile neben einem<br />
durchgehenden epipotamalen Peak auf. Im<br />
Uferbereich Kramesau dominieren die litoralen<br />
Elemente z.T. deutlich, hier sind auch verstärkt<br />
profundale Anteile zu erwähnen. Mit zunehmender<br />
Gewässertiefe fallen die rhithral eingestuften<br />
Arten aus und es bildet sich eine rein<br />
potamale bzw. litorale Zönose aus. Im Wesentlichen<br />
wird die Fauna von epipotamalen Organismen<br />
geprägt. Auch anhand der längenzonalen<br />
Verbreitung der Gesellschaften ist damit<br />
durch die Uferstrukturen eine Abfolge von unterschiedlichen<br />
Zönosen im Donauquerschnitt<br />
belegbar.
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
Für die Bewertung der ökologischen Funktion<br />
der Strukturierungsmaßnahmen ist bemerkenswert,<br />
dass die neu geschaffenen Schotterbänke<br />
von einer sehr diversen Fauna besiedelt<br />
werden. Es finden sich rhithrale Elemente<br />
(z.B.: Eintagsfliegen: Baetis alpinus, Köcherfliegen:<br />
Oligoplectrum maculatum, Odontocerum<br />
albicorne und Micrasema minimum),<br />
aber auch eine Vielzahl an bezüglich der bio-<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
Längenzonale Verteilung nach biozönotischen Regionen<br />
KUB I<br />
Eukrenal<br />
Hypokrenal<br />
Epirhithral<br />
Metarhithral<br />
Hyporhithral<br />
KUB II<br />
Epipotamal<br />
Metapotamal<br />
Hypopotamal<br />
Litoral<br />
Profundal<br />
KBO<br />
KBU<br />
Längenzonale Verteilung nach biozönotischen Regionen<br />
Kramesau<br />
KS<br />
Engelhartszell<br />
EBO<br />
EBU<br />
ES<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
zönotischen Regionsverteilung indifferenten,<br />
euryöken Arten (z.B.: Würmer: Vejdovskyella<br />
intermedia, V. comata und Limnodrilus claparedeianus).<br />
Die Fauna des Staubereiches weicht klar<br />
von einem epipotamalen Referenzzustand ab<br />
und geht zu einer Gemeinschaft über, die von<br />
epi- und metapotamalen sowie hohen litoralen<br />
Anteilen geprägt ist. Diese Abweichung kann<br />
Eukrenal<br />
Hypokrenal<br />
Epirhithral<br />
Metarhithral<br />
Hyporhithral<br />
Litoral<br />
MOOG et al. (2000)<br />
Epipotamal<br />
Metapotamal<br />
Hypopotamal<br />
Profundal<br />
Abb. 9.13: Längenzonale<br />
Verteilung nach biozönotischen<br />
Regionen für die einzelnen<br />
Teillebensräume.<br />
Abb. 9.14: Vergleich der<br />
biozönotischen Regionsverteilungen.<br />
97
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
durch die veränderten Fließgeschwindigkeiten<br />
erklärt werden. Das Verhältnis zwischen Gefälle<br />
und Breite eines Flusses dient als Indikator,<br />
um die Effekte der Fließbedingungen auf die<br />
Fischfauna beziehungsweise auf die biozönotische<br />
Region, wie sie von den benthischen Wirbellosen<br />
indiziert wird, darzustellen (HUET<br />
1954). Während die Breite der Donau gleich<br />
blieb (275 m), wurde im Zuge des Einstaus<br />
durch das Kraftwerk Aschach das ursprüngliche<br />
Gefälle von 0,43 ‰ auf 0,15 ‰ verringert.<br />
Das erste Verhältnis indiziert epipotamale Bedingungen,<br />
das zweitere indiziert hingegen<br />
eine Übergangszone zwischen epi- und metapotamalen<br />
Bereichen. Der vergleichsweise<br />
hohe Anteil an litoralen Elementen scheint ein<br />
Indikator für untypisch hohe Sedimentation<br />
von Feinsubstraten zwischen den groben Fraktionen<br />
zu sein.<br />
9.4.4 Neozoa im Untersuchungsgebiet<br />
Als Neozoa werden Arten definiert, die aufgrund<br />
menschlicher Aktivitäten seit 1492 in<br />
neue Territorien eingewandert sind und die in<br />
diesen Gebieten reproduzieren können (KIN-<br />
Art<br />
98<br />
ZELBACH 2000). Die Fauna der Donau ist seit den<br />
letzten 100 Jahren in großem Maße von solchen<br />
Neozoen beeinflusst.<br />
Einige der in der Donau gefundenen, als<br />
Neozoen bezeichnete Elemente, gehören in<br />
Wirklichkeit zur bodenständigen subfossilen<br />
Donaufauna. Viele Arten erreichten das obere<br />
Donausystem in Österreich relativ spät, erst<br />
nach 1960. Seit 1980 hat die Anzahl an einwandernden<br />
Krebstieren rasch zugenommen, ein<br />
Prozess, der immer noch im Gange ist (TITTIZER<br />
1996).<br />
Die seit etwa hundert Jahren genauer belegte,<br />
rasch fortschreitende Ausbreitung zahlreicher<br />
als Neozoa angesprochener Krebstiere<br />
wurde offensichtlich durch die Gewässerverschmutzung,<br />
welche die heimische ursprüngliche<br />
Kleinkrebsbestände dezimiert hat, stark<br />
gefördert. Hierdurch gelangten salztolerante<br />
expansive Arten in Konkurrenzvorteil. Ebenso<br />
trägt der Ausbau der Flüsse, die Schaffung einheitlicher<br />
Stauhaltungen und die Zunahme der<br />
Verschleppung durch Schifffahrt zur Begünstigung<br />
der Ausbreitung bei. Darüber hinaus<br />
wurden mehrfach unterbrochene Kanalverbindungen<br />
zwischen Rhein- und Donaugebiet<br />
wiederhergestellt und ermöglichen vielen Ma-<br />
Tab. 9.6: Übersicht über die im Untersuchungsgebiet vorkommenden Neozoa; geordnet nach dem Zeitpunkt des ersten dokumentierten<br />
Auftretens in Österreich.<br />
Lithoglyphus naticoides Mittlere Donau ca. 1950 1989<br />
Hypania invalida Schwarzes Meer ca. 1960 1989<br />
Corophium curvispinum Schwarzes Meer ca. 1960 1989<br />
Jaera istri Schwarzes Meer ca. 1960 1989<br />
Echinogammarus ischnus Schwarzes Meer ca. 1985 1999<br />
Dikerogammarus<br />
haemobaphes<br />
Schwarzes Meer 1985 1989<br />
Potamopyrgus<br />
Neuseeland 1985 1999<br />
antipodarum<br />
Dikerogammarus villosus Schwarzes Meer 1991 1999<br />
Caspiobdella fadejewi Schwarzes Meer 1993 1999<br />
Obesogammarus obesus Schwarzes Meer 1994 1999<br />
Echinogammarus<br />
Schwarzes Meer 1995 1999<br />
trichiatus<br />
Ursprung<br />
Vorkommen in<br />
Österreich seit<br />
Vorkommen im<br />
Untersuchungsgebiet<br />
Atyaephyra desmaresti Frankreich 1998 1998<br />
Corbicula fluminea Südostasien 1999 -
krozoobenthosorganismen seither eine ungehinderte<br />
Verbreitung (Fossa Carolina, um 1000;<br />
Ludwig-Main-Donau-Kanal, 1839-1945; Rhein-<br />
Main-Donau-Kanal, seit 1987).<br />
Tab. 9.6 gibt Aufschluss über bemerkenswerte<br />
Neozoa, die das Untersuchungsgebiet erfolgreich<br />
innerhalb der letzten 10 Jahre besiedelt<br />
haben. Vier der angeführten Arten (Dikerogammarus<br />
villosus, Echinogammarus ischnus,<br />
E. trichiatus und Obesogammarus obesus)<br />
konnten bei den Erstaufnahmen 1989 in der<br />
Donau noch nicht festgestellt werden. Vor 10<br />
Jahren war Corophium curvispinum die dominante<br />
Art in den Uferblockwürfen (JANECEK et<br />
al. 1991), während in der hier vorliegenden<br />
Studie die Fauna dieses Lebensraumes von<br />
Obesogammarus obesus dominiert wird.<br />
Die „Sohle Rand“ wird dicht von Corophium<br />
curvispinum besiedelt, der 60 % der Gesamtindividuenabundanz<br />
ausmacht. Die häufige Entwicklung<br />
dieses Neozoons wurde bereits in<br />
der Erststudie dargestellt und diskutiert (JANE-<br />
CEK et al. 1991, JANECEK & MOOG 1994).<br />
Die Muschelart Corbicula fluminea wurde<br />
vor kurzem zum ersten Mal für die österreichische<br />
Donau nachgewiesen (FISCHER & SCHULTZ<br />
1999). Die Körbchenmuschel wurde im Rahmen<br />
vorliegender Untersuchungen nicht vorgefunden,<br />
muss aber das Untersuchungsgebiet<br />
zufolge der stromabwärts gerichteten Ausbreitung<br />
zumindest durchquert haben.<br />
In Nordamerika wurde die Körbchenmuschel<br />
Corbicula fluminea als eingeschleppte<br />
Art wegen ihrer Massenvermehrung als Schädling<br />
in der Bauwirtschaft bekannt. Die Muscheln<br />
können bei der Schottergewinnung aus<br />
Flussläufen nicht maschinell von Steinen getrennt<br />
werden, da Größe, Form und Gewicht<br />
den Kieselsteinen ähnlich sind. Sie gelangen<br />
auf diese Weise bei Verwendung von frisch gebaggertem<br />
Schotter in den Beton von Bauwerken,<br />
wo sie als noch lebende Tiere zu wandern<br />
beginnen während der Beton aushärtet. Die<br />
dadurch entstehenden zahlreichen Gänge und<br />
Hohlräume können anstelle eines kompakten<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
und tragfähigen Baukörpers zur Instabilität der<br />
Bauwerke führen.<br />
Besprechung ausgewählter Neozoa<br />
Im Rahmen vorliegender Studie konnte die<br />
Süßwassergarnele Atyaephyra desmaresti<br />
im Oktober 1998 erstmals für Österreich nachgewiesen<br />
werden (MOOG et al. 1999). Diese ursprünglich<br />
aus dem mediterranen Raum stammende<br />
Garnele wanderte über den Main-Donau-Kanal<br />
in die Donau ein, ihr bislang südlichster<br />
Nachweis gelang in der niederbayerischen<br />
Donau (WEINZIERL et al. 1997, WITTMANN et<br />
al. 1999). Das Tier wurde, für Benthosorganismen<br />
ungewöhnlich, im Zuge einer Elektrobefischung<br />
im Uferblockwurf oberhalb Kramesau<br />
gefangen.<br />
Der aus dem Schwarzmeergebiet stammende<br />
Flohkrebs Dikerogammarus villosus<br />
wurde 1989 noch nicht im Untersuchungsgebiet<br />
gefunden. Die Art hat ähnlich wie D.<br />
haemobaphes in jüngster Zeit weite Gebiete<br />
Mitteleuropas kolonisiert. Im Ungarischen Donau-Stromabschnitt<br />
ist D. villosus seit Anfang<br />
des 20. Jahrhunderts nachweisbar (DUDICH<br />
1927). Ab 1991 wird sie in Bayern oberhalb<br />
von Passau im Uferblockwurf gefunden (NESE-<br />
MANN et al. 1995), in den folgenden Jahren erfolgte<br />
eine starke Bestandszunahme. Die Einwanderung<br />
von D. villosus drängte D.<br />
haemobaphes stark zurück. Bis zur Einwande-<br />
Der Flohkrebs Corophium curvispinum ist ein häufiger Besiedler<br />
der Randbereiche der Sohle und des Uferblockwurfes;<br />
Zeichnung: verändert nach CARAUSU et al., 1955.<br />
99
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
rung von Obesogammarus obesus war D. villosus<br />
der dominante und oft massenhaft vorkommende<br />
Flohkrebs.<br />
Auch Echinogammarus ischnus entstammt<br />
dem Schwarzmeergebiet und ist im Ungarischen<br />
Stromabschnitt seit Anfang des 20.<br />
Jahrhunderts nachweisbar (DUDICH 1927). Die<br />
Art ist offensichtlich schon seit längerer Zeit,<br />
etwa in den achtziger Jahren, in die obere Donau<br />
eingedrungen (TITTIZER & BANNING, pers.<br />
Mitt.), konnte aber im oberösterreichischen<br />
Untersuchungsgebiet im Jahre 1989 nicht erhoben<br />
werden. SCHULTE & WEINZIERL (1990) konnten<br />
die Art lediglich durch Einzelfunde am Jochenstein<br />
1980 und 1994 belegen. Im Wiener<br />
und Tullner Becken trat E. ischnus nach der<br />
Errichtung der Staustufe Greifenstein 1987 auf<br />
(PÖCKL 1988). Die Bestandsdichte hat seitdem<br />
offensichtlich überall zugenommen, denn E.<br />
ischnus wurde 1999 auch vereinzelt bei Engelhartszell<br />
gefunden.<br />
Der dritte neu ins Untersuchungsgebiet eingewanderte<br />
Flohkrebs Echinogammarus trichiatus<br />
kommt ursprünglich ebenfalls aus<br />
dem Schwarzen Meer. Die Art wurde erst in<br />
jüngster Zeit ab 1996 um Passau gefunden<br />
(WEINZIERL et al. 1997). Seine Ausbreitung dürfte<br />
wahrscheinlich durch die Schifffahrt begünstigt<br />
worden sein und auf punktueller Einschleppung<br />
beruhen. E. trichiatus besiedelte ab Sommer<br />
1998 auch die oberösterreichische Donau,<br />
seine Bestandsdichte nahm seither zu. Im gleichen<br />
Zeitraum wurde dieser Flohkrebs bei<br />
Wien noch nicht belegt, es kann daher ein<br />
noch unzusammenhängendes Verbreitungsmuster<br />
angenommen werden. Mit weiterer Ausbreitung<br />
ist aber zu rechnen. Bevorzugte Lebensräume<br />
in der Donau im Untersuchungsgebiet<br />
sind Flachwasserbereiche angeströmter<br />
Schotterbänke mit steinigen Substraten (Mesolithal).<br />
Obesogammarus obesus ist eine pontokaspische<br />
Art, die in den Unterläufen einiger<br />
großer Zuflüsse zum Schwarzen Meer vorkommt<br />
(CARAUSU et al. 1955). O. obesus ist weniger<br />
weit flussaufwärts verbreitet als andere<br />
100<br />
pontokaspische Flohkrebse und hat sich erst in<br />
jüngster Zeit stärker ausgebreitet. Früher war<br />
die Art nur aus der unteren Donau bekannt,<br />
mit obersten Fundstellen am Eisernen Tor (DU-<br />
DICH 1947, KARAMAN 1953). Bis etwa 1992 erreichte<br />
sie in der Donau den Budapester Raum<br />
(NESEMANN et al. 1995) und breitete sich danach<br />
sehr schnell bis in die obere Donau aus. Fast<br />
zeitgleich wurde O. obesus in der Kleinen Ungarischen<br />
Tiefebene (1994, CSÁNYI, pers. Mitt.),<br />
bei Klosterneuburg (Winter 1994/95), bei Passau<br />
und unterhalb von Regensburg (WEINZIERL<br />
et al. 1996) gefunden. Im Jahre 1998 war O.<br />
obesus in Augewässern in Wien (Geschirrwasser)<br />
vertreten. Im Hauptstrom der Donau entwickelte<br />
die Art bis 1999 sehr rasch individuenreiche<br />
Bestände und wurde stellenweise zum<br />
häufigsten Flohkrebs. Zum Teil scheint der zuvor<br />
aspektbestimmende Dikerogammarus villosus<br />
durch O. obesus zurückgedrängt worden<br />
zu sein.<br />
Neu im Untersuchungsgebiet ist seit 1998<br />
die aus Neuseeland nach Europa eingeschleppte<br />
Wattschnecke Potamopyrgus antipodarum.<br />
Sie wurde Mitte der achtziger Jahre<br />
erstmalig in Österreich nachgewiesen. Die Ausbreitung<br />
erfolgte rasch, gegenwärtig kommt<br />
die Art schon in einem Großteil der potentiell<br />
besiedelbaren Gewässer vor. P. antipodarum<br />
wird als widerstandsfähig gegenüber organischer<br />
Verschmutzung und tolerant gegenüber<br />
Salzgehalt eingestuft und kommt in stark beeinträchtigten<br />
Fließgewässern oft massenhaft<br />
als Folge fehlender Konkurrenz (vollständiger<br />
Ausfall der ursprünglichen Fauna) vor. In artenreichen<br />
Lebensgemeinschaften, wie sie<br />
auch für das Untersuchungsgebiet typisch sind,<br />
bleibt die Schnecke verhältnismäßig selten und<br />
nimmt nie eine dominierende Rolle ein.<br />
Der Flusssteinkleber Lithoglyphus naticoides<br />
gehört zu den Leit- oder Charakterarten<br />
metapotamaler Ströme und Tieflandflüsse. Die<br />
Schnecke bildet in pelo-rheophilen Lebensgemeinschaften<br />
oft Massenvorkommen aus und<br />
gehört zu den bezüglich Gewässergüte und<br />
Sauerstoffgehalt anspruchsvollen Arten. Sie
war noch vor etwa zwei Jahrzehnten in der<br />
österreichischen Donau weitgehend verschwunden<br />
und hat offensichtlich nur in wenigen<br />
Nebengewässern überlebt. Mittlerer Weile<br />
wurden wieder starke Bestandszunahmen in<br />
weiten Bereichen beobachtet und L. naticoides<br />
konnte auf allen geeigneten Weichböden des<br />
oberösterreichischen Untersuchungsabschnittes<br />
angetroffen werden. Die Schnecke wurde<br />
im Flachwasser auf Schlamm- und Sandsubstraten<br />
der neu gestalteten Uferstrukturen in<br />
Kramesau regelmäßig gefunden. Sie bevorzugt<br />
hier solche Bereiche im Kehrwasser oder Stillwasser,<br />
die durch die vorgelagerten Strukturen<br />
(Schotterinseln) geschützt sind und auch zu<br />
den optimalen Lebensräumen flussbewohnender<br />
Erbsen- und Kugelmuscheln gehören.<br />
9.4.5 Die Muschelfauna im<br />
Untersuchungsgebiet<br />
Die Muschelfauna im Untersuchungsgebiet<br />
wird von 10 Arten der Erbsen- und Kugelmuscheln<br />
gebildet.<br />
Die Flusskugelmuschel (Sphaerium rivicola)<br />
ist besonders in der Donau von Oberösterreich<br />
bis zur Wachau in höherer Stetigkeit<br />
verbreitet, fehlt aber in den Abschnitten im<br />
Tullner und Wiener Becken weitgehend. Die<br />
Art bevorzugt epi- bis metapotamale Regionen<br />
größerer Fließgewässer. Im Untersuchungsgebiet<br />
kam sie in teilweise individuenreichen Populationen<br />
in tieferen Zonen des Uferblockwurfes<br />
vor. S. rivicola gehört in Österreich zu<br />
den bestandsrückläufigen Arten, die große Teile<br />
ihrer früheren Verbreitung offenbar durch<br />
starke Gewässerverschmutzung verloren haben.<br />
Sie kommt gegenwärtig nur noch in Donau,<br />
March und Thaya in größeren Beständen<br />
vor.<br />
Sphaerium corneum zählt zu den typischen<br />
Arten der österreichischen Donau und<br />
ist hier auch sehr häufig. Sie wurde auch im<br />
Schlamm und Sand der neu geschaffenen Uferstrukturen<br />
bei Kramesau zahlreich angetroffen.<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Ebenfalls konnte sich Pisidium supinum<br />
in den Uferbereichen gut etablieren. Diese für<br />
das Potamal großer Flüsse charakteristische Art<br />
war in den qualitativen Aufsammlungen der<br />
ufernahen Flachwasserbereiche oft die dominierende<br />
Kleinmuschel. Nur in geringer Individuenzahl<br />
trat dort die euryöke und weit verbreitete<br />
Erbsenmuschel Pisidium casertanum<br />
auf.<br />
Pisidium amnicum ist in Mitteleuropa im<br />
Fortbestand bedroht und rückläufig. Diese Muschel<br />
gehört in Österreich zu den stark gefährdeten<br />
Arten. Sie ist heute sehr selten und wurde<br />
in zahlreichen Fließgewässern der Ökoregion<br />
„Ungarische Tiefebene“ durch frühere Gewässerverschmutzung<br />
ausgelöscht. Erst innerhalb<br />
der neunziger Jahre konnte sich Pisidium<br />
amnicum ausgehend von wenigen isolierten<br />
Restpopulationen wieder punktuell erholen.<br />
Besonders in Oberösterreich erfolgten Bestandszunahmen<br />
in Traun und Donau. Sehr erfreulich<br />
ist auch die Wieder- oder Neubesiedlung<br />
der Engelhartszeller Donau, insbesondere<br />
die Kolonisierung der neu geschaffenen Uferstrukturen.<br />
Im Jahre 1989 kam P. amnicum nur<br />
vereinzelt im künstlich gestalteten Biotop<br />
Windstoß vor. 1999 wurde die Art regelmäßig<br />
im schlammig-sandigen Sediment der Still- und<br />
Kehrwasserzonen in Kramesau gefunden.<br />
Die Kleinmuschel Pisidium moitessierianum<br />
ist seltener Besiedler von Feinsedimenten<br />
Die Kugelmuschel (Sphaerium corneum) ist auf den neu geschaffenen<br />
Schotterstrukturen bei Kramesau häufig anzutreffen.<br />
101
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
langsam strömender Fließgewässer der Hügelländer<br />
und Niederungen. Die Art wurde 1999<br />
erstmalig für das Untersuchungsgebiet in Kramesau<br />
nachgewiesen. Sie wurde vor zehn Jahren<br />
noch nicht gefunden. Dieses neue Auftreten<br />
ist insofern erfreulich, als es mit dem positiven<br />
Effekt der Uferstrukturierungen in direktem<br />
Zusammenhang steht. Die Art ist in Österreich<br />
nur in unzusammenhängender Verbreitung<br />
bekannt und tritt nur in wenigen Gewässern<br />
mit höheren Individuenzahlen auf. Das<br />
bevorzugte Mikrohabitat von P. moitessierianum<br />
wird kaum von anderen Mollusken besiedelt,<br />
denn es handelt sich um lockere Feinsande<br />
mit Genisten aus Pflanzenteilen und Molluskenschalenresten.<br />
Hier lebt diese Erbsenmuschel<br />
auf der Sedimentoberfläche.<br />
9.4.6 Die Eintags-, Stein- und Köcherfliegenfauna<br />
im Untersuchungsgebiet<br />
Arteninventar<br />
Die aquatische Fauna der österreichischen Donau<br />
ist relativ gut bekannt. Zusammenfassende<br />
und abschnittsbezogene Inventarlisten finden<br />
sich u.a. bei MOOG et al. (1995, 2000). Von den<br />
bisher 1289 bekannten aquatischen Evertebratenarten<br />
in der Donau stellen die Insektenordnungen<br />
der Ephemeroptera (Eintagsfliegen –<br />
40 Arten), Plecoptera (Steinfliegen – 7 Arten)<br />
und Trichoptera (Köcherfliegen – 106 Arten)<br />
nur etwa 12 % der Gesamtfauna. Aufgrund der<br />
gut bekannten Autökologie und ihrer – relativ<br />
gesehen – langen aquatischen Lebensdauer,<br />
sind sie jedoch besonders aussagekräftig und<br />
stehen als Bioindikatoren in der Diskussion der<br />
ökologischen Funktionsfähigkeit von Fließgewässern<br />
oftmals im Vordergrund.<br />
Im Folgenden sollen einige wichtige Vertreter<br />
dieser Gruppen besprochen werden. Die<br />
vorliegende Benthosuntersuchung stellt allerdings<br />
– trotz Besammlungsterminen zu drei<br />
Jahreszeiten – eine Momentaufnahme innerhalb<br />
eines zeitlichen Kontinuums dar, die naturgemäß<br />
nur einen entwicklungsbedingten<br />
102<br />
Ausschnitt aus einer größeren Artenfülle der<br />
Donaufauna abbildet.<br />
Eintagsfliegen (Ephemeroptera)<br />
Neben weit verbreiteten und relativ euryöken<br />
Arten wie Baetis alpinus und B. rhodani, die<br />
weniger auf Strukturen als etwa auf die Strömungsgeschwindigkeit<br />
reagieren, finden sich<br />
auch seltenere Habitatspezialisten größerer<br />
Flüsse und Ströme im Untersuchungsgebiet.<br />
Die Eintagsfliege (Baetis alpinus) ist im Untersuchungsgebiet<br />
häufig anzutreffen.<br />
Darunter die filtrierende Art Ephoron virgo,<br />
welche in selbst gegrabenen Wohnröhren<br />
lebt. Ab den sechziger Jahren war diese zur<br />
Massenentwicklung neigende Art flächenhaft<br />
im Aussterben begriffen. Seit den achtziger Jahren<br />
breitet sie sich wieder aus und wurde in<br />
letzter Zeit punktuell in Deutschland (Rhein,<br />
Oder, Elbe, Main, Neckar) und auch an der<br />
Donau in Oberösterreich wieder in größerer<br />
Zahl beobachtet. Ursache für die Erholung der<br />
Populationen in Mitteleuropa ist vermutlich die<br />
Verbesserung der Wasserqualität. Zum Aufbau<br />
vitaler Populationen muss eine gute Sauerstoffversorgung<br />
auch in tieferen Sedimentschichten<br />
gewährleistet sein, was in kolmatierten Abschnitten<br />
und Stauen auszuschließen ist. Bevorzugte<br />
Habitate sind nach SCHLEUTER et al.<br />
(1989) tiefere Zonen, die durch ein Substratgemisch<br />
von Kies-Sand und Schluff charakterisiert<br />
sind. Es können aber auch die Unterseiten<br />
von Steinblöcken besiedelt werden (HAYBACH<br />
1998). Im Vergleich zu der in Mitteleuropa fast
völlig ausgestorbenen Palingenia longicauda,<br />
welche ebenfalls in solchen Wohnröhren in<br />
Lehmwänden lebt, dürfte Ephoron virgo hinsichtlich<br />
der besiedelbaren Substrate sowie der<br />
Flussgröße deutlich plastischer sein. Ein gravierender<br />
Einfluss auf die Populationen durch<br />
Neozoa ist nach neueren Untersuchungen von<br />
KURECK et al. (2001) nicht auszuschließen. Vor<br />
allem die Flohkrebsart Dikerogammarus villosus,<br />
ein pontokaspischer Einwanderer, scheint<br />
als räuberischer Organismus einen deutlich negativen<br />
Einfluss auf die Populationsdichten<br />
von E. virgo zu haben. Larve und Exuvien der<br />
im Sommer schlüpfenden Art konnten in den<br />
lenitischen (strömungsberuhigten) Bereichen<br />
der neu geschaffenen Schotterstrukturen beobachtet<br />
werden.<br />
Eine weitere stenotope Flussart ist Potamanthus<br />
luteus, die ebenfalls in hyporhithralen<br />
bis epipotamalen Abschnitten und hier<br />
in strömungsberuhigten Zonen auf Hartsubstraten<br />
auftritt. Je nach Entwicklungsstadium<br />
werden Algen von Steinoberseiten abgeweidet<br />
oder feinpartikuläres organische Material gefressen,<br />
daneben können auch mit den Vorderbeinen<br />
kleine Partikel aus der fließenden Welle<br />
gefiltert werden. Entsprechend dieser Fressgewohnheiten<br />
ist diese Art auf relativ grobkörniges<br />
und nicht verschlammtes Material angewiesen.<br />
Ihr Vorkommen in Kramesau wird allerdings<br />
schon bei JANECEK et al. (1991) erwähnt.<br />
Zu den algenabweidenden Formen zählen<br />
Arten der Gattung Ecdyonurus sowie die Art<br />
Die Eintagsfliege Heptagenia sp. lebt auf gröberen und stabilen<br />
Steinfraktionen.<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Heptagenia sulphurea. Die bevorzugten<br />
Substrate dieser Arten sind gröbere und stabile<br />
Steinfraktionen (u.a. BANNING 1998). Staubereiche<br />
mit Feinfraktionen sind kein geeigneter<br />
Lebensraum. Schlüpfreife Tiere hielten sich in<br />
Kramesau bevorzugt in den unteren Böschungsbereichen<br />
auf strömungsberuhigten<br />
Mesolithalfraktionen auf.<br />
Steinfliegen (Plecoptera)<br />
Die ursprüngliche Plecopterenfauna großer<br />
mitteleuropäischer Flüsse und ihrer Nebenarmsysteme<br />
ist nur noch schwer zu rekonstruieren.<br />
Typische Elemente der Donau, des Rheins und<br />
der Weichsel wie Marthamea vitripennis, Xanthoperla<br />
apicalis, Oemopteryx loewii, Brachyptera<br />
trifasciata, Taeniopteryx araneoides und<br />
Isogenus nubecula müssen etwa seit Mitte unseres<br />
Jahrhunderts als ausgestorben gelten.<br />
Obwohl ihre z.T. massenhafte Entwicklung so<br />
auffallend war, dass z.B. Brachyptera braueri<br />
aufgrund dieses Phänomens von der an der<br />
Moldau ansässigen Bevölkerung als „Pragfliege“<br />
bezeichnet wurde (LANDA et al. 1997), liegen<br />
rezent nur noch wenige Funde isolierter<br />
Restpopulationen dieser Art vor. Von B. trifasciata<br />
wird 1868 berichtet, dass in den Italienischen<br />
Alpen Zweige unter dem Gewicht der<br />
Fliegen brachen (RAVIZZA & ZWICK 1981). Viele,<br />
vor allem kleinere und unauffällige Formen,<br />
dürften schon vor ihrer „wissenschaftlichen“<br />
Entdeckung aus den Flüssen verschwunden<br />
sein.<br />
Mitte des vorigen Jahrhunderts wurden von<br />
BRAUER & LÖW (1857) folgende Arten für die<br />
Donau gemeldet: Isogenus nubecula, Oemopteryx<br />
loewii, Xanthoperla apicalis, Brachyptera<br />
braueri, Brachyptera trifasciata, Taeniopteryx<br />
araneoides, Perlodes microcephalus, Chloroperla<br />
tripunctata, Capnia nigra und Isoperla<br />
obscura.<br />
Die Gründe für den Niedergang der Plecopterenfauna<br />
sind vielfältig und berühren einen<br />
Komplex von abiotischen Generalfaktoren wie<br />
Substratverteilung, Strömungsgeschwindigkeit,<br />
Temperatur und Sauerstoffgehalt des Gewäs-<br />
103
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Die noch im vorigen Jahrhundert in der Donau lebende Steinfliege<br />
Brachyptera trifasciata gilt heute hier als ausgestorben.<br />
sers, auf dessen Veränderung besonders die<br />
empfindliche Gruppe der Steinfliegen sensibel<br />
reagiert. I. nubecula z.B. konnte noch bis in<br />
die 50-er Jahre mitten in Wien gefunden werden.<br />
Nachweise von Marthamea vitripennis,<br />
Isogenus nubecula und Isoperla obscura liegen<br />
aus der slowakischen Donau aus etwa der gleichen<br />
Zeit vor (BRTEK & ROTHSCHEIN 1964). Kurz<br />
darauf setzte der Bau von Kraftwerksanlagen<br />
ein. Es scheint, dass die Überlagerung der Effekte<br />
der Längs- und Querbauwerke die vermutlich<br />
durch Isolation schon geschwächten<br />
Populationen zum endgültigen Verschwinden<br />
gebracht hat.<br />
Auch wenn punktuell eine Wiederherstellung<br />
ehemaliger Strukturen und Lebensräume<br />
positiv zu sehen ist, ist eine Wiederkehr dieses<br />
Segmentes der Flussfauna durch Restrukturierungsmaßnahmen<br />
nur mehr schwer möglich.<br />
Charakteristische Flussarten sind nämlich insbesondere<br />
von der Fragmentierung ihrer Lebensräume<br />
betroffen, da Unterläufe naturgemäß<br />
in größerer Distanz voneinander entfernt<br />
liegen und ein genetischer Austausch bzw.<br />
eine Rekolonisierung daher eingeschränkt ist.<br />
Restpopulationen sind aus diesem Grund meist<br />
auch bei sehr geringen Veränderungen biotisch<br />
relevanter Faktoren durch ständige Ausdünnungseffekte<br />
extrem gefährdet.<br />
104<br />
Heutige Plecopterenfauna der Donau<br />
Rezent sind aus der Donau nur wenige Steinfliegenarten<br />
gesichert nachgewiesen. Brachyptera<br />
risi und Taeniopteryx schoenemundi<br />
konnten erst kürzlich von OFENBÖCK (1998) im<br />
Larvenstadium gefunden werden. Aus dem<br />
Oberen Donaubereich ist nach MARTEN (1997)<br />
die in Mitteleuropa extrem seltene und erst in<br />
jüngster Zeit wieder punktuell nachgewiesene<br />
Art Besdolus imhoffi bekannt. In Österreich<br />
lebt die Art in den Donauzubringern Steyr und<br />
Traisen. Ein ursprüngliches Vorkommen in der<br />
österreichischen Donau selbst bleibt fraglich.<br />
Unbestimmbare Larven der Gattungen Leuctra,<br />
Amphinemura und Chloroperla konnten bei<br />
Untersuchungen der Stromsohle von BRETSCHKO<br />
& SCHÖNBAUER (1996) festgestellt werden.<br />
Im Zuge vorliegender Studie konnten die<br />
Larven nicht näher bestimmbarer Arten der<br />
Gattungen Leuctra, Nemoura und Protonemura<br />
nachgewiesen werden. Zusätzlich konnte<br />
am Jochenstein überraschend Dinocras megacephala<br />
in der Lichtfalle gefunden werden.<br />
Eine auch heute noch aus der Donau bekannte Steinfliege ist<br />
Protonemura sp.
Köcherfliegen (Trichoptera)<br />
Mit etwa 100 Arten stellen die Köcherfliegen<br />
innerhalb des EPT-Komplexes den höchsten<br />
Anteil an der Donaufauna. Allerdings sind etwa<br />
die Hälfte der Arten auf die Auenbereiche<br />
(langsam durchflossene Seitenarme und Stillgewässer)<br />
beschränkt und kommen nur vereinzelt<br />
in der fließenden Donaustrecke vor.<br />
Die Köcherfliegenzönose im untersuchten<br />
Donauabschnitt wird vornehmlich aus strömungsliebenden<br />
und filtrierenden Formen der<br />
Gattung Hydropsyche gebildet. Die meisten der<br />
hier auftretenden Arten sind für große Flüsse<br />
kennzeichnend, vor allem Hydropsyche bulgaromanorum,<br />
H. contubernalis und H. exocellata.<br />
Der Nachweis letzterer Art in Engelhartszell<br />
ist als Erstfund für Österreich zu werten.<br />
Allerdings war die Art aus dem deutschen Abschnitt<br />
der Donau schon lange bekannt, mit einem<br />
Auftreten in Österreich war also zu rechnen.<br />
Neben den Flussarten konnten auch Arten<br />
mit meta- bis hyporhithraler Verbreitung – also<br />
Die Köcherfliege Odontocerum albicorne als erwachsenes<br />
Tier.<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Bachformen – wie Odontocerum albicorne,<br />
Micrasema minimum, Oligoplectrum maculatum<br />
und Allogamus auricollis belegt werden<br />
(siehe unten).<br />
Artenverteilung der EPT-Taxa<br />
Wie schon erwähnt, sind die Strömungsgeschwindigkeit<br />
und damit verbunden die Substratstruktur,<br />
neben der Wassertemperatur und<br />
den Nahrungsressourcen, sogenannte Generalfaktoren<br />
für die Verteilung unterschiedlicher<br />
Organismen in aquatischen Ökosystemen.<br />
Mithilfe ihres selbst gesponnenen Netzes verschafft sich die<br />
Köcherfliege Hydropsyche sp. ihre Nahrung.<br />
Doch nicht alle Arten sind während ihrer larvalen<br />
Entwicklung an nur einen Lebensraum gebunden<br />
und können als ortstreu gelten. So befinden<br />
sich Erstlarven von Hydropsychen nahe<br />
der Eiablageplätze in der Strommitte und wandern<br />
im Zuge ihrer Entwicklung immer mehr in<br />
Ufernähe. Ein ähnliches Verhalten ist auch von<br />
Eintagsfliegen der Familie Heptageniidae bekannt.<br />
Eine Diskussion über Lebensraumpräferenzen<br />
etlicher Arten birgt bei Nichtberücksichtigung<br />
der unterschiedlichen Stadiengrößen<br />
daher die Gefahr einer unklaren Aussage<br />
in sich. Das Auftreten oder die Absenz vitaler<br />
Populationen einer Art kann von Habitattypen<br />
abhängig sein, die diese Art in einer Phase ihrer<br />
Entwicklung (Eiablageplätze, larval, während<br />
der sensiblen Phase des Schlupfes (Emergenz)<br />
oder als Adulttier/Partnerfindung) essentiell<br />
benötigt. Diese indirekte Wirkung von<br />
105
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Strukturen kann bei zeitlich punktuellen Beprobungen<br />
nur über das Gesamtartenspektrum<br />
beurteilt werden. Daher trägt die Summe aller<br />
Teillebensbereiche und ihre enge räumliche<br />
Vernetzung zum Bestand einer standorttypischen<br />
Zönose eines Gewässerabschnittes wesentlich<br />
bei.<br />
Das Einnischen unterschiedlicher Arten entlang<br />
des Strömungsgradienten kann anhand<br />
der habitatbezogenen Beprobungen mittels<br />
Baggerschiff und Taucher an einigen EPT-Spezies<br />
gut nachvollzogen werden. Vor allem die<br />
weniger stark angeströmten Bereiche der neu<br />
geschaffenen Strukturen werden von einer Reihe<br />
von Arten exklusiv besiedelt. Zu ihnen zählen<br />
vor allem Organismen, die strömungsberuhigtere<br />
Zonen mit guter Sauerstoffversorgung<br />
ohne Verschlammungstendenzen benötigen,<br />
wie die schon weiter oben besprochenen Eintagsfliegen<br />
Ephoron virgo und Potamanthus<br />
luteus. Darunter befinden sich weiters Weidegänger,<br />
wie die an der oberen Donau seltene<br />
Köcherfliegenart Glossosoma boltoni sowie die<br />
rhithralen Zerkleinerer Potamophylax sp. und<br />
Odontocerum albicorne. Ebenfalls strömungsberuhigte<br />
Bereiche benötigt Allogamus auricollis,<br />
da bei dieser Larve keine besonderen<br />
morphologischen Strömungsanpassungen vorhanden<br />
sind. Schlüpfreife und daher auf Artniveau<br />
bestimmbare Ecdyonurus venosus Larven<br />
konnten ebenfalls nur hier gefunden werden,<br />
ein Beispiel für oben besprochene Lateralwanderungen.<br />
An diese Bereiche schließt der Lebensraum<br />
„Sohle Rand“ an. Die Gewässertiefe und Strömungsgeschwindigkeit<br />
erhöhen sich, nur hier<br />
treten die Köcherfliegen Ceraclea annulicornis<br />
und Lepidostoma hirtum und die weit verbreitete<br />
Eintagsfliege Baetis alpinus auf. Der<br />
Weidegänger Heptagenia sulphurea tritt hinzu.<br />
Alle anderen Arten zeigen eine weitgehend<br />
indifferente Substratpräferenz. Für die schon<br />
erwähnten Filtrierer, zu denen auch v.a. Hydropsyche-Arten,<br />
Brachycentrus subnubilus<br />
und Oligoplectrum (Brachycentrus) macula-<br />
106<br />
tum zählen, sind vor allem stabile Flusssedimente<br />
in höherer Strömung von Bedeutung.<br />
Daher kommen sie – neben der Flusssohle –<br />
auch am Techno-Megalithal des Blockwurfes<br />
massiv vor.<br />
Verteilung der Fauna im Donauquerschnitt<br />
Unterzieht man das gesamte Makrozoobenthos<br />
einer Cluster-Analyse (mit Präsenz/Absenz-Daten),<br />
wird die Verteilung distinkter Artengemeinschaften<br />
entlang des Strömungs- und<br />
Korngrößengradienten auf die unterschiedlichen<br />
Strukturen der Donau im Lateralschnitt<br />
erkennbar. Die Zönose des Ufers trennt sich<br />
dabei am deutlichsten, hier dominieren Bewohner<br />
der Feinsubstrate in strömungsberuhigten<br />
Zonen. Die gefährdete Flusslibelle<br />
Gomphus vulgatissimus wurde beispielsweise<br />
ausschließlich hier gefunden.<br />
Die gefährdete Flusslibelle Gomphus vulgatissimus ist im Larvenstadium<br />
auf Feinsubstrate angewiesen.<br />
Die Fauna der Böschung zeigt bereits Ähnlichkeiten<br />
mit den Habitaten Blockwurf, „Sohle<br />
Mitte“ und „Sohle Rand“, separiert sich jedoch<br />
noch klar von diesen. Es treten schon vornehmlich<br />
Lithal-(Hartsubstrat-)besiedler gemischt<br />
mit Faunenelementen der Weichböden<br />
auf. Der Blockwurf und beide Lebensräume<br />
der Sohle („Sohle Mitte“ und „Sohle Rand“)<br />
werden von relativ einheitlichen Gesellschaften<br />
bewohnt, wobei zwischen den beiden Habitaten<br />
der Sohle aufgrund der vorliegenden Information<br />
keine Trennung mehr ersichtlich ist.
SohleMitte<br />
SohleRand<br />
Blockwurf<br />
Böschung<br />
Ufer<br />
Daraus wird ersichtlich, welche essentielle<br />
Funktion die ufernahen Flachwasserbereiche<br />
für das Gesamtartenspektrum besitzen und<br />
welche Faunensegmente im Falle beidseitiger<br />
Uferverbauungen ausfallen. Diese Resultate<br />
können zur Diskussion der Wasserrahmenrichtlinie<br />
um das Entwicklungspotenzial von<br />
„heavily modified waterbodies“ beitragen.<br />
9.4.7 Methodenvergleich Taucher/Schiff<br />
Die Gegenüberstellung der Beprobungsarten<br />
durch Taucher und Schiffsbagger erbringt<br />
wichtige Hinweise zur Methodik und Diskussion<br />
für ein künftiges Monitoring tiefer Fließstrecken<br />
der Donau.<br />
Tab. 9.7 fasst das Probendesign kurz zusammen<br />
und dient als Legende für die im Folgenden<br />
verwendeten Kurzbezeichnungen der Proben.<br />
Es werden jeweils einander bezüglich Ent-<br />
Taucher<br />
Tiefe<br />
[m] Substrat Schiff<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
1E-01 2,6E-01<br />
Distance (Objective Function)<br />
4,1E-01 5,7E-01 7,2E-01<br />
Abb. 9.15: Clusteranalyse für die unterschiedlichen Teillebensräume mit Präsenz/Absenz-Information.<br />
nahmetiefe entsprechende Teillebensräume<br />
gegenüber gestellt.<br />
9.4.7.1 Biomassen und Individuen<br />
Abb. 9.16 vergleicht die Gesamtbiomassen der<br />
Taucher- und Schiffproben. Bei Einzel-Balken<br />
gibt es kein entsprechendes Pendant der jeweils<br />
anderen Beprobungsart (siehe auch<br />
Tab. 9.7).<br />
Mit Ausnahme des Blockwurfes (ESCH V,<br />
EBU) ist in allen Teillebensräumen eine deutlich<br />
höhere mittlere Gesamtbiomasse bei den<br />
vom Taucher entnommenen Proben festzustellen.<br />
Der Vergleich der Gesamtindividuenzahlen<br />
in den einzelnen Entnahmetiefen liefert ein<br />
ähnliches Ergebnis (Abb. 9.17). Auch hier liegen<br />
die Individuenzahlen der vom Taucher<br />
entnommenen Proben über den entsprechenden<br />
Schiff-Proben, wiederum ist das Probenpaar<br />
ESCH V/EBU die Ausnahme.<br />
Tab. 9.7: Vergleich der Probenstellen vom 30./31.3.1999 (Tiefe, Substrat); K: Stellen in Kramesau, E: Stellen in Engelhartszell; zu<br />
den Substratabkürzungen siehe Tab. 9.1.<br />
Tiefe<br />
[m] Substrat Lebensraum<br />
KUB I 0,6 PSM<br />
KUB II 0,6 PSM<br />
KBO 0,4-1,0 PSM/MIL/MSL KSCH III 1,1-1,5 MSL/PSM/AKL Schotterstruktur<br />
KBU 2,9-3,9 PEL/PSM/MIL KSCH I+II 2,9-3,5 MSL/AKL Schotterstruktur<br />
KS 4,8-5,5 MSL KSCH IV-S 6,0 MSL „Ursohle“<br />
EBO 1,0 MGL<br />
EBU 2,0-3,0 MGL ESCH V 4,0-7,0 MGL Blockwurf<br />
ES 5,5 MIL/MSL ESCH VI-S 8,5 MSL/PSM „Ursohle“<br />
ESCH VII 2,0-2,5 MIL/AKL<br />
ESCH VIII 4,5 MAL/MSL<br />
107
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Gramm pro Quadratmeter<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
9.4.7.2 Taxazahl<br />
Mit Ausnahme des Bereiches „Engelhartszell<br />
Sohle“ sind auch die Taxazahlen der Tauchproben<br />
höher. Diese Ausnahme ist jedoch methodisch<br />
begründet, da einer einzelnen Tauchprobe<br />
das Ergebnis von sechs Schiffsproben gegenübergestellt<br />
wird.<br />
Diversität<br />
Beim Vergleich der Diversitätsindizes der beiden<br />
Beprobungsmethoden für die Schotterstruktur<br />
Kramesau ergeben sich ähnliche Wer-<br />
108<br />
KUB I<br />
KUB II<br />
KSCH III<br />
Individuen pro Quadratmeter<br />
160000<br />
140000<br />
120000<br />
100000<br />
80000<br />
60000<br />
40000<br />
20000<br />
0<br />
KUB I<br />
KUB II<br />
bunte Balken: Taucher<br />
blaue Balken: Schiff<br />
KBO<br />
KSCH I+II<br />
KBU<br />
bunte Balken: Taucher<br />
blaue Balken: Schiff<br />
KSCH III<br />
KBO<br />
KSCH I+II<br />
KBU<br />
KSCH IV-S<br />
KSCH IV-S<br />
KS<br />
KS<br />
EBO<br />
ESCH V<br />
EBU<br />
ESCH VI-S<br />
ES<br />
te: Der Index nach SHANNON & WEAVER ergibt 3,4<br />
bei den vom Taucher entnommenen Proben<br />
bzw. 3,04 bei den Schiff-Proben. Nach WILHM &<br />
DORRIS ergeben sich die Werte 4,9 (Taucher)<br />
und 4,38 (Schiff). Dieser Unterschied deutet<br />
auf eine größere Artenvielfalt in den Taucher-<br />
Proben hin.<br />
Für die Schotterstrukturen in Engelhartszell<br />
ergeben sich bei beiden Diversitätsindizes wiederum<br />
ähnliche Werte: Bei den Taucher-Proben<br />
ergibt der Index nach WILHM & DORRIS 4,7,<br />
bei den vom Schiff entnommen Proben 4,8.<br />
EBO<br />
ESCH V<br />
EBU<br />
ESCH VI-S<br />
ES<br />
Abb. 9.16: Vergleich der<br />
Gesamtbiomassen Taucher-<br />
Schiff mit Vertrauensgrenzen<br />
(95 %).<br />
Abb. 9.17: Vergleich der Gesamtindividuenzahl<br />
Taucher-<br />
Schiff mit Vertrauensgrenzen<br />
(95 %).
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Nach SHANNON & WEAVER kommt es zu folgenden<br />
Ergebnissen: 3,26 (Taucher) und 3,33<br />
(Schiff).<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
Anzahl Taxa<br />
Böschung oben<br />
Böschung unten<br />
Wilhm & Dorris<br />
Shannon & Weaver<br />
Sohle<br />
Taucher Schiff<br />
Taucher Schiff<br />
Kramesau Engelhartszell<br />
Abb. 9.19: Vergleich Diversitätsindices Taucher-Schiff.<br />
gemeinsame Taxa<br />
gesamt<br />
Schiff<br />
Taucher<br />
Blockwurf unten<br />
Sohle<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Abb. 9.18: Vergleich der<br />
Taxazahlen Taucher-Schiff.<br />
9.4.7.3 Biozönotische Kenngrößen<br />
Saprobielle Situation<br />
Trotz der unterschiedlichen Entnahmemethoden<br />
ergibt die saprobielle Auswertung für Kramesau<br />
ein ähnliches Bild. Bei der Taucher-Methode<br />
ergibt sich mit 61 eingestuften Taxa ein<br />
Saprobienindex von 2,17 und bei den vom<br />
Schiff aus entnommenen Proben (42 eingestufte<br />
Taxa) errechnet sich ein SI von 2,14. In beiden<br />
Fällen wird die Obergrenze von Gewässergüteklasse<br />
II indiziert.<br />
Auch in Engelhartszell wird bei beiden Entnahmemethoden<br />
die Gewässergüteklasse II indiziert:<br />
Bei den Taucher-Proben errechnet sich<br />
der SI bei 36 eingestuften Taxa zu 2,04 und bei<br />
den Schiff-Proben ergibt sich für den Saprobienindex<br />
der Wert 2,12 (mit 42 eingestuften<br />
Taxa).<br />
109
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
Vergleich Verteilung der saprobiellen Valenzen Kramesau<br />
Fresstypenverteilung<br />
Entgegen der Änderung der Artenzusammensetzung<br />
bei den unterschiedlichen Entnahmemethoden<br />
ergeben sich beim Vergleich der<br />
funktionellen Fresstypenverteilung nur geringfügige<br />
Unterschiede. Lediglich im unteren Böschungsbereich<br />
ist ein unterschiedliches Bild in<br />
110<br />
Taucher<br />
xenosaprob<br />
oligosaprob<br />
beta-mesosaprob<br />
alpha-mesosaprob<br />
polysaprob<br />
Schiff<br />
Vergleich Verteilung der saprobiellen Valenzen EHZ<br />
6<br />
xenosaprob<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
Taucher<br />
oligosaprob<br />
beta-mesosaprob<br />
alpha-mesosaprob<br />
polysaprob<br />
Abb. 9.20: Methodenvergleich der Saprobität in Kramesau. Abb. 9.21: Methodenvergleich der Saprobität in Engelhartszell.<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
Sonstige<br />
Parasiten<br />
Räuber<br />
Holzfresser<br />
Blattminierer<br />
Taucher-KBO<br />
Detritusfresser<br />
passive Filtrierer<br />
aktive Filtrierer<br />
Weidegänger<br />
Zerkleiner<br />
Schiff-KSCH III<br />
Abb. 9.22: Vergleich der funktionellen Ernährungstypen Taucher-Schiff<br />
im Teillebensraum KBO (Kramesau Böschung).<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
Taucher-KS<br />
Sonstige<br />
Parasiten<br />
Räuber<br />
Holzfresser<br />
Blattminierer<br />
Schiff<br />
der Fresstypenverteilung ersichtlich: hier überwiegen<br />
in den vom Taucher entnommenen<br />
Proben die aktiven Filtrierer, wohingegen in<br />
der Baggerprobe die Detritusfresser den<br />
Hauptanteil ausmachen.<br />
Generell bleiben aber die Maxima der Verteilungen<br />
in allen Fällen erhalten.<br />
Detritusfresser<br />
passive Filtrierer<br />
aktive Filtrierer<br />
Weidegänger<br />
Zerkleiner<br />
Schiff-KSCH IV-S<br />
Abb. 9.23: Vergleich der funktionellen Ernährungstypen Taucher-Schiff<br />
im Teillebensraum KS (Kramesau Sohle).
9.4.7.4 Diskussion<br />
Eine Zusammenfassung der Ergebnisse des<br />
Methodenvergleichs ist im Kasten dargestellt.<br />
• Die mittlere Gesamtbiomasse ist bei den<br />
Schiffproben in allen Teillebensräumen,<br />
außer am unteren Blockwurf in<br />
Engelhartszell, geringer als bei den vom<br />
Taucher entnommenen Proben.<br />
• Die Gesamtindividuenzahlen sind bei<br />
den Schiffproben in allen<br />
Teillebensräumen, außer am unteren<br />
Blockwurf in Engelhartszell, geringer als<br />
bei den vom Taucher entnommenen<br />
Proben.<br />
• Die Taxazahlen sind bei den Schiffproben<br />
in allen Teillebensräumen, außer an der<br />
Sohle in Engelhartszell, geringer als bei<br />
den vom Taucher entnommenen Proben.<br />
• Beide Methoden dürften selektiv arbeiten:<br />
es wurden bei den verschiedenen<br />
Entnahmemethoden unterschiedliche Taxa<br />
erfasst.<br />
• Die biozönotischen Kenngrößen<br />
überstreichen unabhängig von der<br />
Sammelmethode ähnliche Bereiche<br />
(Saprobität, Diversität,<br />
Fresstypenverteilung).<br />
Die unterschiedliche Sammeleffizienz lässt<br />
sich wie folgt erklären:<br />
• Faunenmenge: Auch bei umsichtiger<br />
Handhabung des Schiffbaggers sind Abschwemmverluste<br />
beim Heben des Probengutes<br />
unvermeidlich. Auf diese Weise<br />
werden oberflächennahe, vor allem nicht<br />
sessile Organismen ausgedünnt. Beispielsweise<br />
bleiben im Vergleich zu 14 Wurmarten<br />
aus den Tauchproben nur mehr drei<br />
Wurmarten in den Schiffproben über.<br />
Vorteile des Schiffbaggers sind bei einer<br />
vollständigen Besammlung des Blockwurfes<br />
gegeben, da neben dem Hartsubstrat<br />
auch die Sedimente der Blockzwischenräume<br />
erfasst werden.<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
• Artengarnitur: Die Entnahme der Tauchproben<br />
erfolgt gezielt, die Proben werden in<br />
einem Netz transportiert und können nicht<br />
mehr ausgedünnt werden. Mit dem Löffelbagger<br />
wiederum können Bereiche der<br />
Flusssohle entnommen werden, welche die<br />
physische Grenze des Tauchers bei der<br />
Probenentnahme bei weitem übertreffen.<br />
Generell ist hier festzuhalten, dass Tauchgänge<br />
in rasch überströmten Tiefen großer<br />
Flüsse eine gewaltige Gefahrenquelle<br />
darstellen und deshalb einer mechanisierten<br />
Vorgangsweise der Vorzug zu geben ist.<br />
Aus dem Methodenvergleich lassen sich folgende<br />
Schlüsse für die künftige Besammlung<br />
tiefer Donaustrecken ableiten:<br />
• Für mengenbezogene Aussagen (Biomasse,<br />
Individuendichte) sind Tauchproben<br />
vorzuziehen.<br />
• Die Erhebung des Artbestandes erfordert<br />
den Einsatz beider Methoden.<br />
• Für die Berechnung zönotischer Kenngrößen<br />
(Diversität, Saprobitätsindex, Fresstypenverteilung)<br />
kann auf je eine der Methoden<br />
zurückgegriffen werden.<br />
9.5 Der ökologische Zustand des<br />
Donaustaues Aschach im Licht<br />
der EU-Wasserrahmenrichtlinie<br />
Seit dem Jahr 2000 ist die österreichische Wasserwirtschaft<br />
verpflichtet, ihre Maßnahmen in<br />
ein umfassendes Gesamtkonzept zum europäischen<br />
Gewässermanagement einzubinden. Die<br />
legistische Grundlage dazu stellt die „Richtlinie<br />
des Rates der Europäischen Union zur Schaffung<br />
eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen<br />
der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik“<br />
– kurz „EU-Wasserrahmenrichtlinie“ dar<br />
(RAT DER EUROPÄISCHEN UNION 2000).<br />
111
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Im Artikel 1 dieser Richtlinie werden die Mitgliedsstaaten<br />
dazu aufgefordert, folgende Ziele<br />
zu verwirklichen:<br />
„Vermeidung einer Verschlechterung des<br />
ökologischen Zustands der Oberflächengewässer<br />
und Vermeidung ihrer Verschmutzung und<br />
Sanierung dieser Gewässer mit dem Ziel, in allen<br />
Oberflächenwasserkörpern [...] spätestens 15<br />
Jahre nach Inkrafttreten dieser Richtlinie einen<br />
guten Zustand der Oberflächengewässer bzw.<br />
im Falle stark veränderter oder künstlicher<br />
Wasserkörper ein gutes ökologisches Potential<br />
[...] der Oberflächengewässer zu erreichen.“<br />
Das in der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL)<br />
festgeschriebene politische Ziel ist somit die<br />
Erhaltung oder Wiederherstellung des zumindest<br />
„guten ökologischen Zustandes“. Der Tatsache<br />
Rechnung tragend, dass die Gewässer<br />
der europäischen Kulturlandschaft einem starken<br />
und auch vielfältigen Nutzungsdruck ausgesetzt<br />
sind, bietet die WRRL die Möglichkeit,<br />
für stark veränderte Wasserkörper ein modifiziertes<br />
Güteziel festzulegen, das im Kontext<br />
der sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen<br />
Baggerschiff bei der Probenentnahme.<br />
112<br />
erreichbar ist. Solche Gewässer werden als „erheblich<br />
veränderte Wasserkörper“, im englischen<br />
Originaltext „heavily modified water bodies“,<br />
bezeichnet.<br />
Als „erheblich veränderte Wasserkörper“<br />
werden solche Gewässer definiert, die „durch<br />
physikalische Veränderungen durch den Menschen<br />
in ihrem Wesen erheblich verändert“<br />
wurden.<br />
Die Mitgliedstaaten können einen Oberflächenwasserkörper<br />
als künstlich oder erheblich<br />
verändert einstufen, wenn (WRRL, Artikel 4)<br />
a) die zum Erreichen eines guten ökologischen<br />
Zustands erforderlichen Änderungen der hydromorphologischen<br />
Merkmale dieses Körpers<br />
signifikante negative Auswirkungen<br />
hätten auf:<br />
i) die Umwelt im weiteren Sinne,<br />
ii) die Schifffahrt, einschließlich Hafenanlagen,<br />
oder die Freizeitnutzung,<br />
iii) die Tätigkeiten, zu deren Zweck das<br />
Wasser gespeichert wird, wie Trinkwasserversorgung,<br />
Stromerzeugung oder<br />
Bewässerung<br />
iv) die Wasserregulierung, den Schutz vor<br />
Überflutungen, die Landentwässerung;<br />
oder<br />
v) andere ebenso wichtige nachhaltige<br />
Entwicklungstätigkeiten des Menschen.<br />
b) die nutzbringenden Ziele, denen die künstlichen<br />
oder veränderten Merkmale des Wasserkörpers<br />
dienen, aus Gründen der technischen<br />
Durchführbarkeit oder aufgrund unverhältnismäßiger<br />
Kosten nicht in sinnvoller<br />
Weise durch andere Mittel erreicht werden<br />
können, die eine wesentlich bessere Umweltoption<br />
darstellen.<br />
Eine genaue Vorgangsweise zur Ausarbeitung<br />
von Kriterien, die zur Entscheidungsfindung<br />
für oder gegen eine Einstufung eines Gewässers<br />
als „heavily modified“ herangezogen<br />
werden können, steht allerdings noch aus. Gegenwärtig<br />
hat sich ein europäischer Arbeits-
kreis zur Lösung dieser wichtigen Entscheidungsprobleme<br />
etabliert („A Research Project<br />
on the Identification and Designation of Heavily<br />
Modified Waterbodies under the Water Framework<br />
Directive“).<br />
Die österreichische Donaustrecke bietet in<br />
bezug auf alle in Artikel 4 genannten Kriterien<br />
ein Paradebeispiel zur Diskussion der „heavily<br />
modified-Problematik“. Die Ergebnisse aus<br />
dem Untersuchungsgebiet im Stauwurzelbereich<br />
Aschach bieten wertvolle Informationen<br />
zur diesbezüglichen Beurteilung von Durchbruchsstrecken<br />
der Donau.<br />
Ohne dem zitierten europäischen Projekt<br />
vorgreifen zu wollen, wird die Situation im<br />
Stauwurzelbereich des Donaustaues Aschach<br />
im Kontext der Bestimmungen zur Ausweisung<br />
eines Gewässers als stark veränderter Lebensraum<br />
kurz skizziert.<br />
In Tabellenform (siehe Tab. 9.8) werden<br />
dazu die sich aus der hydro-morphologischen<br />
Situation abzuleitenden Pro- und Contra-Argumente<br />
einander gegenübergestellt. Die Pro-Argumente<br />
unterstützen eine Einstufung der untersuchten<br />
Donaustrecke in die allgemeine Kategorie<br />
von Oberflächengewässern (Zielzustand:<br />
guter ökologischer Zustand). Die Contra-Argumente<br />
würden eine Ausweisung des<br />
Untersuchungsabschnittes als „stark veränderter<br />
Wasserkörper“ befürworten (Zielzustand:<br />
gutes ökologisches Potential).<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Begünstigt durch die Situation als Durchbruchsstrecke<br />
sind trotz Aufstau durch das Donaukraftwerk<br />
Aschach zahlreiche donautypische<br />
Strukturen erhalten. Da im Untersuchungsgebiet<br />
die Donau in einem Talmäander<br />
das Granit/Gneis-Gebiet der Böhmischen Masse<br />
durchschneidet bleiben folgende Charakteristika<br />
fast unverändert:<br />
• die Linienführung des Flussschlauches<br />
• die Reduktion von Augebieten auf ufernahe<br />
Bereiche, da die Felsen und Hangwälder<br />
teilweise uferbildend wirken<br />
• die Zusammensetzung der Bettsedimente<br />
in der Stauwurzel<br />
• die Strömungsgeschwindigkeit im<br />
Stauwurzelbereich.<br />
Probengut der Stromsohle an der Oberfläche.<br />
Tab. 9.8: Gegenüberstellung der Kriterien für eine Ausweisung der Untersuchungsstrecke im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie.<br />
Kriterien Pro-Argumente Contra-Argumente<br />
Linienführung natürliche Linienführung<br />
erhalten<br />
Strömungsgeschwindigkeit um etwa 50 % geringer<br />
Gewässertiefe um 2,5 m erhöht<br />
Bettsedimente: (Strommitte)<br />
Stauwurzel natürlich bis naturnahe<br />
vor Wehr Feinsedimentanteil erhöht<br />
Geschiebeführung unterbunden<br />
Bettsedimente, Uferzone teilweise restauriert Blockwurf<br />
Augewässer keine natürlichen Augewässer<br />
Migrationsmöglichkeiten Schleuse größtenteils unterbrochen<br />
Laterale Vernetzung teilweise restauriert größtenteils gestört<br />
113
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Als negative Auswirkungen für die Erlangung<br />
eines guten ökologischen Zustandes sind<br />
anzusehen:<br />
• Erhöhung des Wasserspiegels um durchschnittlich<br />
2,5 m<br />
• unterbrochene Geschiebeführung durch<br />
das Oberliegerkraftwerk Jochenstein<br />
• Reduktion der Migrationsmöglichkeiten auf<br />
die Schleusenbereiche; dadurch keine Wandermöglichkeiten<br />
für viele wirbellose Tiere<br />
• Zerstörung vieler Uferbereiche durch<br />
Blockwurf<br />
• Reduktion der mittleren Strömung um 50 %.<br />
Aus Sicht der Benthoszönosen sind folgende<br />
Reaktionen der Bodenfauna auf die durch den<br />
Aufstau veränderten Milieubedingungen zu bemerken:<br />
• Die Restaurierung der Uferabschnitte<br />
ermöglicht eine (Wieder-)Besiedlung durch<br />
eine artenreiche und standorttypische<br />
Bodenfauna. Sogar vom Aussterben<br />
bedrohte Arten finden hier einen<br />
Lebensraum.<br />
• Die Tatsache einer Überstauung der<br />
Donausohle um etwa 2,5 m dürfte keine<br />
nachhaltige Schadwirkung auf die<br />
Bodenfauna mit sich führen.<br />
• Trotz der 50 % Reduktion der<br />
Strömungsgeschwindigkeit bleiben im<br />
Sohlbereich sowohl die Schotterfraktionen<br />
als auch Elemente der standorttypischen<br />
Fauna erhalten.<br />
114<br />
• Der Rückgang der mittleren Strömung<br />
führt insgesamt zu einer Potamalisierung<br />
der Benthoszönosen. Die vormals<br />
hyporhithral/epipotamal geprägte Fauna<br />
verschiebt sich zu einer epipotamalen/<br />
metapotamalen Zönose mit hohen Litoralund<br />
Profundalanteilen.<br />
• Als nachteilig für die Benthosfauna, wenn<br />
auch in vorliegender Studie nicht<br />
untersucht, ist das Fehlen der<br />
Geschiebenachfuhr anzusehen.<br />
• Schifffahrt (z.B. Transport durch<br />
Bilgewasser oder durch Sportboote), der<br />
Ausbau der Donau als Staukette sowie<br />
die künstliche Verbindung zum Main-<br />
Rhein-System fördert das teilweise<br />
dominante Auftreten wettbewerbsstarker<br />
Neozoen.<br />
In Bezug auf die Uferbereiche des Stauwurzelabschnitts<br />
ist auf Basis der Bodenfauna davon<br />
auszugehen, dass sich im Anschluss an<br />
eine Restaurierung der Litoralzonen eine<br />
Benthosbesiedlung einstellt, die einem guten<br />
ökologischen Zustand einer Donaufließstrecke<br />
entspricht. Die Reaktion der Bodenfauna auf<br />
Renaturierungsmaßnahmen im mittleren und<br />
unteren Staubereich kann auf Basis vorliegender<br />
Datenlage nicht abgeschätzt werden.<br />
Für die Sohlbereiche ist bei Beibehaltung<br />
der gegenwärtigen Nutzungsformen der Donau<br />
von einem Abweichen vom guten Zustand<br />
auszugehen. Allerdings ist für eine bindende<br />
Aussage die Ausarbeitung einer künftigen Beurteilungsmethode<br />
noch abzuwarten.
9.6 Zusammenfassung<br />
Die Wasserstraßendirektion renaturierte zur<br />
Verbesserung der naturräumlichen Situation im<br />
Stauwurzelbereich des KW Aschach einen<br />
1,2 km langen Uferbereich der Donau bei Engelhartszell.<br />
Ziel der Maßnahme ist die Wiederherstellung<br />
einer möglichst naturnahen, intakten<br />
Biozönose, welche die Anforderungen an<br />
ein ökologisch funktionsfähiges Gewässer erfüllt.<br />
Das Kapitel „Makrozoobenthos“ dokumentiert<br />
die Entwicklung der wirbellosen Bodenfauna<br />
im Anschluss an eine fünfjährige Stabilisierungsphase<br />
nach den Bauarbeiten von<br />
1993. Besondere Aufmerksamkeit wird einer<br />
Analyse der ökologischen Funktion der neugeschaffenen<br />
Schotterstrukturen geschenkt.<br />
Methodische Erkenntnisse:<br />
Die Beweissicherung umfasst Probenentnahmen<br />
aller Lebensraumtypen (Habitate) im Hinblick<br />
auf eine vollständige und flächenbezogene<br />
Erfassung der wirbellosen Bodenfauna (Makrozoobenthos).<br />
Im Zuge der sehr schwierigen<br />
Beprobung der Stromsohle werden verschiedene<br />
Methoden gewählt, ihre Praktikabilität an<br />
großen Flüssen getestet und für die künftige<br />
Anwendung diskutiert: Die Probenentnahme<br />
durch Taucher ist zwar risikoreich und zeitaufwändig,<br />
aber unentbehrlich für eine genaue<br />
Charakteristik von Dichte und Menge sowie<br />
Artenzusammensetzung der Bodenfauna. Das<br />
mit geringerem Aufwand zu entnehmende Probenmaterial<br />
aus der Schaufel von Baggerschiffern<br />
umgrenzt die Faunendichte zwar ungenau,<br />
liefert aber für zahlreiche Routineanwendungen<br />
hinreichend genaue Daten.<br />
Fauneninventar:<br />
Die neu geschaffenen Schotterstrukturen werden<br />
von eigenständigen und standorttypischen<br />
Faunengesellschaften strömungsberuhigter Zonen<br />
besiedelt. Diese Flachwasser-Zönosen zeigen<br />
deutliche Unterschiede zu denen der Sohle<br />
und des Blockwurfes. Eine hohe Anzahl von<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
157 Arten kommt ausschließlich auf den neuen<br />
Schotterstrukturen vor (68 % der Gesamttaxazahl).<br />
Vergleicht man die heutigen Befunde mit<br />
der Situation vor der Restrukturierung, so ist<br />
vor allem die höhere Artenvielfalt dieses Donauabschnittes<br />
durch die nun größere Habitatdiversität<br />
zu erwähnen. Die Fauna des außerhalb<br />
der Renaturierungszone befindlichen<br />
Blockwurfes weist Ähnlichkeiten mit jener der<br />
Stromsohle auf, ist jedoch artenärmer. Der<br />
Blockwurf bietet keinen Ersatz für strukturreiche<br />
Uferregionen, die v.a. von Weichbodenbesiedlern<br />
genutzt werden.<br />
Besiedlungsstruktur:<br />
Aus den Befunden lässt sich ableiten, dass die<br />
Schotterstrukturen eine nachweisbare Lebensraum-Bereicherung<br />
für das Makrozoobenthos<br />
darstellen. Sie bieten eine deutliche<br />
Aufwertung der naturräumlichen Situation im<br />
Stauwurzelbereich. Interessant ist die Tatsache,<br />
dass eine enge räumliche Einnischung speziell<br />
adaptierter Arten der Schotterstrukturen mit<br />
der Änderung des Strömungs-/Substrat-Gradienten<br />
einher geht. Beispielsweise besiedeln<br />
grabende Filtrierer wie Muscheln (Pisidium supinum,<br />
P. amnicum, P. moitessierianum,<br />
Sphaerium sp., Anodonta anatina, Unio pictorum)<br />
individuenreich den kiesig-sandigen<br />
Bereich der Uferstrukturen, während die sandig-schlammigen<br />
Zonen einer reichen Wurmund<br />
Zweiflügler-Gemeinschaft wichtigen Lebensraum<br />
bieten. Weidegänger wie die Eintagsfliege<br />
Ecdyonurus venosus oder die Hakenkäfer<br />
Elmis sp., Limnius sp. und die Köcherfliege<br />
Glossosoma boltoni präferieren hingegen<br />
stabile Hartsubstrate der Mikro-/Mesolithal-<br />
Fraktion.<br />
Naturschutz:<br />
Die eingebrachten Strukturen bieten über den<br />
ökologischen Aspekt hinaus einen geeigneten<br />
Lebensraum für die – teilweise sehr stark ge-<br />
115
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
fährdete – donautypische Muschel- und Wasserschnecken-Fauna.<br />
Sogar die heutzutage so<br />
selten gewordenen sandlebenden Fluss-Libellen<br />
(Gomphus vulgatissimus) oder Tieflandfluss-Eintagsfliegen<br />
(Ephoron virgo) können<br />
sich hier wieder ansiedeln. Die Schotterstrukturen<br />
erweisen sich damit sowohl hinsichtlich<br />
Fragen des Naturschutzes sowie des Erhaltes<br />
und der Wiederherstellung der ökologischen<br />
Funktionsfähigkeit als besonders wertvoll.<br />
Zoogeographie:<br />
Aus faunistischer Sicht sind zwei Erstnachweise<br />
für Österreich (Köcherfliegen: Hydropsyche<br />
exocellata, Süßwassergarnelen: Atyaephyra<br />
desmaresti) erwähnenswert. Weiters erfolgt<br />
durch vorliegende Studie eine Dokumentation<br />
116<br />
der Einwanderung von Neozoen (vor allem<br />
Kleinkrebse).<br />
Gewässerbewertung:<br />
Aus der vorliegenden Beweissicherung geht<br />
eindrucksvoll hervor, welche essentielle Funktion<br />
die ufernahen Flachwasserbereiche für das<br />
Gesamtartenspektrum und damit auch die ökologischen<br />
Funktionen besitzen und welche<br />
Faunensegmente im Falle beidseitiger Uferverbauungen<br />
ausfallen. Vorliegende Ergebnisse<br />
zeigen das ökologische Reservoir von Renaturierungsmaßnahmen<br />
in Durchbruchsstrecken<br />
der Donau auf und tragen wertvolle Datengrundlagen<br />
zur Diskussion der Wasserrahmenrichtlinie<br />
um das Entwicklungspotenzial von<br />
„erheblich veränderten Gewässerstrecken“ bei.
10 Zusammenfassende Kurzdiskussion<br />
10.1 Allgemeines<br />
Das „freie Fließen“ ist eines der wesentlichsten<br />
Kriterien in der flusstypischen Dynamik und<br />
somit Motor für die Entwicklung und das Weiterbestehen<br />
intakter aquatischer Zönosen. Diese<br />
Dynamik wurde in den fünfziger- und sechziger<br />
Jahren im Oberen <strong>Donautal</strong> stark eingeschränkt.<br />
Mit der Errichtung der Kraftwerke Jochenstein<br />
und Aschach entstanden völlig neuartige<br />
ökologische Bedingungen, die entscheidende<br />
Auswirkungen auf die gesamte aquatische<br />
Fauna haben. Auf Grund der verringerten<br />
Fließgeschwindigkeit ändern sich beispielsweise<br />
die Substratverhältnisse. In zentralen Staubereichen<br />
wird großflächig Feinsediment abgelagert,<br />
wobei der Schotter, der das natürliche<br />
Substrat der Donau bildet, bis zu mehreren<br />
Metern überdeckt wird. Diese neuen Faktoren,<br />
verringerte Fließgeschwindigkeit, geändertes<br />
Substrat und große Tiefen im Stau, bieten beispielsweise<br />
vielen Fischarten nur mehr unzureichende<br />
Voraussetzungen, um eigenständige,<br />
ausgewogene Populationen zu erhalten.<br />
In den Stauräumen änderte sich das Faunenbild<br />
gegenüber der freien Fließstrecke in charakteristischer<br />
Weise. Es hat eine Verschiebung<br />
von strömungsliebenden, donautypischen Arten,<br />
zu solchen, welche die Schwankungen lebenswichtiger<br />
Umweltfaktoren innerhalb weiter<br />
Grenzen ertragen, stattgefunden. Neben<br />
dem Aufstau erschwert auch die im Zuge der<br />
Stauerrichtung durchgeführte monotone Ausgestaltung<br />
der Ufer und der Verlust von Altwässern<br />
vielen Fischarten ein Aufkommen. Aber<br />
auch in Hochwasserfällen verschärfen sich für<br />
viele Arten die Lebensbedingungen in den<br />
Stauräumen. Rückzugsgebiete in Form von<br />
strömungsberuhigten, überschwemmten Bereichen,<br />
welche im ungestauten Zustand großflä-<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
chig vorhanden waren, fehlen im zentralen<br />
Stauraum.<br />
Das Ausmaß der Abweichung von der ursprünglichen<br />
Situation korreliert mit der Intensität<br />
des Staueinflusses. Die Abnahme der flusstypischen<br />
Ausprägung ist innerhalb der einzelnen<br />
Stauräume in Längsrichtung vom Staubeginn<br />
(Stauwurzel) zum Kraftwerk hin zu beobachten.<br />
Daraus leitet sich aus ökologischer<br />
Sicht die besondere Bedeutung von Stauwurzelbereichen<br />
ab. Diese Abschnitte weisen noch<br />
nennenswerte flusstypähnliche Charakteristika<br />
wie erhöhte Fließgeschwindigkeit, ausgeprägte<br />
Wasserstandsschwankungen und vergleichsweise<br />
geringe Wassertiefen auf.<br />
10.2 <strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Ökologische Voruntersuchungen (WAIDBACHER<br />
et al., 1991) aus dem Jahr 1989 zeigen, dass im<br />
Stauwurzelbereich des Donaukraftwerks<br />
Aschach ein Defizit in Bezug auf leitbildkonforme<br />
Uferstrukturelemente vorliegt. Dies spiegelt<br />
sich u.a. auch in extrem geringen Anteilen<br />
von standorttypischen Fischarten wider, welche<br />
speziell auf diese Strukturen angewiesen<br />
sind. Bestätigt wird dies auch anhand benthosbiozönotischer<br />
Untersuchungen, welche eindrucksvoll<br />
den Mangel an gewässertypischen<br />
Choriotopen dokumentieren. Zurückzuführen<br />
sind diese Defizite primär auf die Monotonie<br />
hinsichtlich Ausprägung der Uferzonen und<br />
der trogförmigen Flussprofile. Ableitend aus<br />
den Defiziten sind in dieser Arbeit Maßnahmen<br />
formuliert, welche das Ziel der ökologischen<br />
Aufwertung des Stauwurzelbereiches verfol-<br />
117
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
gen. Diese Maßnahmen orientieren sich am<br />
Leitbild flusstypischer Elemente, um zu gewährleisten,<br />
dass die neuentstandenen Habitate<br />
die ökologische Funktion ursprünglicher Lebensräume<br />
erfüllen. Zentrales Ziel ist dabei die<br />
Förderung der autochthonen Fauna.<br />
Im Rahmen von „Biotopprojekten“ realisierte<br />
die Wasserstraßendirektion vorgeschlagene<br />
Maßnahmen. Mit der Schaffung von seicht<br />
überströmten Schotterstrukturen und strömungsberuhigten<br />
Zonen wurde in Teilbereichen<br />
versucht, das Defizit an flusstypischen<br />
Elementen zu kompensieren. Das Gesamtvolumen<br />
der umgelagerten Schottermengen beträgt<br />
ca. 60.000 m 3 . Eine morphologische und sedimentologische<br />
Beweissicherung unmittelbar<br />
nach Bauabschluss dokumentiert Gestalt und<br />
Kornzusammensetzung der neugeschaffenen<br />
Strukturen.<br />
Fünf Jahre nach Bauabschluss beauftragte<br />
die Wasserstraßendirektion die Abteilung für<br />
Hydrobiologie der Universität für Bodenkultur<br />
mittels fischökologischer und benthosbiozönotischer<br />
Untersuchungen, die ökologische Wirksamkeit<br />
dieser Maßnahmen zu überprüfen.<br />
Parallel zu den biologischen Untersuchungen<br />
werden abermals morphologische und sedimentologische<br />
Erhebungen durchgeführt.<br />
Dank der vergleichenden morphologischen<br />
und sedimentologischen Erhebungen ist es<br />
möglich, die Sukzession der Strukturen zu belegen.<br />
Fischökologische und benthosbiozönotische<br />
Erhebungen zu verschiedenen Terminen dokumentieren<br />
einerseits saisonale Einnischungstrends<br />
und gewährleisten andererseits statistische<br />
Absicherung der Datensätze.<br />
10.3 Morphologie<br />
und Sedimentologie<br />
Über die morphologische und sedimentologische<br />
Entwicklung von künstlich geschaffenen<br />
Schotterstrukturen und deren Beständigkeit<br />
118<br />
bzw. granulometrische Sukzession liegen bis<br />
dato keine Datensätze vor. Vorliegende Arbeit<br />
erlaubt nun, erste richtungsweisende Aussagen<br />
mit Hilfe vergleichender Untersuchungen zu<br />
treffen. Sechs Jahre nach Bauabschluss lassen<br />
sich die Strukturierungsmaßnahmen in Bezug<br />
auf deren Beständigkeit wie folgt beurteilen.<br />
Innerhalb des Zeitraumes seit Errichtung der<br />
Strukturen wirkten Einflüsse wie Wellenschlag<br />
und Hochwässer auf die Strukturen ein. Vor allem<br />
in den Jahren 1996 und 1997 kam es auf<br />
Grund der vorherrschenden Abflussverhältnisse<br />
zum langzeitigen vollständigen Überströmen<br />
der Strukturen.<br />
Beim Vergleich der morphologischen Aufnahmen<br />
zeigt sich, dass die grundsätzliche<br />
Ausformung der Strukturen seit Errichtung als<br />
stabil zu bezeichnen ist. Dynamische Prozesse<br />
sind insofern zu bemerken, als sich bei vergleichsweise<br />
kleinräumigen Strukturen, wie Inseln<br />
und Buchten, morphologische Vergleichmäßigung<br />
einstellt. Für die Umgestaltung ist zu<br />
einem Großteil der Wellenschlag der Schifffahrt<br />
verantwortlich. Hochwässer haben in dem Zusammenhang<br />
weniger Einfluss. Demgegenüber<br />
wirken sich Hochwässer in Bezug auf Sedimentation<br />
von Feinsubstraten massiv aus. In<br />
strömungsberuhigten Zonen kommt es nach<br />
entsprechenden Abflussereignissen zu massiven<br />
Feinsedimentablagerungen. Zusammenfassend<br />
lässt sich die morphologische Entwicklung<br />
der Strukturen folgendermaßen skizzieren.<br />
Flache, großflächige Strukturelemente stellen<br />
relativ stabile Elemente dar. Ab- und Anlandungen<br />
sind kaum gegeben. An diesen Strukturen<br />
ist durch den Wellenschlag laterale Bewegung<br />
des Schotterkörpers bemerkbar, was<br />
positive Effekte in Hinblick auf die äußere Dekolmation<br />
mit sich bringt. Demgegenüber bewirkt<br />
die erodierende Kraft der Wellen im Fall<br />
von Kleinstrukturen, wie kleinen Inseln und<br />
Buchten, ein Abflachen bzw. ein „Umkippen“<br />
dieser Elemente. Weiters zeigt sich vor allem<br />
nach Durchgang entsprechender Hochwasserereignisse<br />
Sedimentation in strömungsarmen<br />
Bereichen. Neben zum Teil massiven Feinsedi-
mentablagerungen in strömungsarmen Zonen<br />
zeigen die Siebkornanalysen, dass im Zeitraum<br />
von sechs Jahren die Kornverteilungen auf den<br />
Schotterbänken nur unwesentlichen Veränderungen<br />
unterliegen. Bereits kurz nach Schüttung<br />
der Strukturen stellt sich ein vergleichsweise<br />
stabiles Gleichgewicht der Fraktionen<br />
ein. Vergleiche mit der Kornzusammensetzung<br />
natürlicher Schotterbänke in Fließstrecken der<br />
Donau zeigen, dass diese große Übereinstimmung<br />
aufweisen. In den Bereichen, wo Erosion<br />
vorherrscht, kommt es vermehrt zu Auswaschung<br />
von Feinanteilen. Dies betrifft hauptsächlich<br />
Inselzonen, welche auf Grund der Lateralbewegung<br />
des Schotters bei gleichzeitiger<br />
Verfüllung des Nebenarmes an Höhe verlieren.<br />
Interessante Aspekte ergeben sich im Zusammenhang<br />
mit der Weiterentwicklung von<br />
Strukturen mittels Feinsedimentanlandungen.<br />
Bei entsprechender Ausformung initiieren<br />
Strukturen massive Anlandungen. Diese Sedimentation<br />
ist limitiert durch den Gradienten<br />
der Fließgeschwindigkeit in Richtung Flussmitte.<br />
Der Strömungsgradient gewährleistet bei<br />
nachträglichem Überschütten der Anlandungen<br />
mit Schotter im angeströmten Bereich dauerhaft<br />
kiesige Substratverhältnisse. Gleichzeitig<br />
bieten die Feinsedimentanlandungen am Fuß<br />
der mit Steinsatz gesicherten Böschung optimale<br />
Standortbedingungen für Weiden, welche<br />
bei erhöhten Wasserständen wertvolle Refugialhabitate<br />
für Jungfische darstellen.<br />
Während Hochwasserereignissen bieten die eingestauten<br />
Weiden wertvolle Refugialräume.<br />
10.4 Fischökologie<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Die fischökologische Evaluierung der Strukturierungsmaßnahmen<br />
bringt den Nachweis der<br />
grundsätzlichen Funktionstüchtigkeit der neugeschaffenen<br />
Strukturen als Elemente zur Förderung<br />
einer leitbildkonformen Fischfauna.<br />
Dabei gelingt im Rahmen der Erhebungen der<br />
Nachweis einer großen Anzahl an FFH-Fischarten,<br />
die zum Teil hohen Gefährdungsgrad aufweisen.<br />
Zu diesen zählt auch der Semling, welcher<br />
im Rahmen vorliegender Studie erstmals<br />
seit den 60er Jahren in Österreich wieder nachgewiesen<br />
werden konnte. Nicht zuletzt dank<br />
vorliegender Datengrundlage wird das Obere<br />
<strong>Donautal</strong> auch als NATURA 2000-Gebiet nominiert.<br />
Verglichen mit der Situation vor Schaffung<br />
der Strukturen sind vor allem bei den Rheophilen<br />
um Vieles höhere Anteile in den Assoziationen<br />
nachzuweisen. Von diesen Arten besiedelt<br />
insbesondere die Leitfischart des Epipotamals,<br />
die Nase, die heterogenen, neugeschaffenen<br />
Schotterbänke in den höchsten Dichten. Ausgehend<br />
von hohen Zuwächsen in den Strukturierungsbereichen<br />
erfolgt auch eine sukzessive<br />
Besiedlung umliegender Bereiche durch rheophile<br />
Elemente.<br />
Trotz dieser Ausstrahlungseffekte kommt es<br />
aber in den unveränderten Strecken zu einem<br />
deutlichen Bestandesrückgang. Dieser betrifft<br />
das gesamte Artenspektrum und bleibt nicht<br />
auf eine spezielle ökologische Gruppe beschränkt.<br />
Zusammenhänge mit den Strukturierungsmaßnahmen<br />
sind auszuschließen, zumal<br />
dieser Trend zur Zeit an der gesamten österreichischen<br />
Donau erkennbar ist.<br />
Die Veränderungen in den Fischassoziationen<br />
der Strukturierungsbereiche zeigen eine<br />
Entwicklung in Richtung einer leitbildkonformen<br />
Fischvergesellschaftung und folgen einem<br />
einheitlichen Muster. In allen drei Strukturierungsstrecken<br />
sind neben hohen Dichteanstiegen<br />
auch gleichlaufende Verschiebungen in<br />
den Artenvergesellschaftung zu beobachten.<br />
119
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Charakteristisch ist ein Ansteigen der Abundanzen<br />
der Vertreter der rheophilen Gruppe,<br />
allen voran der Leitfischarten Nase und Barbe.<br />
Gleichzeitig findet aber auch eine Abnahme<br />
bisher dominierender Ubiquisten wie Aitel<br />
oder Aal statt. Prinzipiell sind hohe Abundanzen<br />
dieser Arten Ausdruck gestörter Fischzönosen<br />
und weisen auf unattraktive Verhältnisse<br />
für spezialisiertere Arten hin. Blockwurfufer in<br />
Stauzonen stellen solche Habitate dar. Das sukzessive<br />
Verschwinden dieser Arten aus den<br />
Strukturierungsbereichen bei einer gleichzeitigen<br />
Zunahme strömungsliebender Kieslaicher<br />
zeigt die hohe Qualität der Lebensräume.<br />
Ein kleinstrukturierter vielfältiger Lebensraum<br />
ist im Weiteren auch ein entscheidendes<br />
Kriterium für das erfolgreiche Aufkommen gewisser<br />
Arten. Anhand der Juvenilstadien der<br />
Nase, die eine enge Einnischung bezüglich der<br />
Parameter Fließgeschwindigkeit, Wassertiefe,<br />
Sohlsubstrat etc. aufweisen, wird die Bedeutung<br />
heterogener Strukturierungen deutlich.<br />
Mit den im Jahresverlauf schwankenden typischen<br />
Wasserständen der Donau zeigen einzelne<br />
Bereiche wechselnde abiotische Verhältnisse.<br />
Dabei ist Übereinstimmung der saisonalen<br />
Lebensraumpräferenzen mit der angebotenen<br />
Habitataustattung erforderlich. In den untersuchten<br />
Strukturierungsbereichen konnte diese<br />
positive Korrelation belegt werden.<br />
Neben dem Fehlen überströmter Schotterbänke<br />
wies die Voruntersuchung von 1989<br />
auch ein Defizit an Ruhigwasserbereichen auf.<br />
Die Erhebungen in einer neugeschaffenen Hakenbuhne<br />
dokumentieren die positiven Effekte<br />
vor allem für strömungsindifferente Arten.<br />
Insgesamt weist die rasche Besiedlung der<br />
verschiedenen Strukturierungsbereiche auf das<br />
hohe Revitalisierungspotential der Donau hin.<br />
Das große Artenspektrum und das Aufkommen<br />
von Arten mit zum Teil sehr spezifischen Einnischungen<br />
erfordert hohe Ansprüche an die<br />
Ausformung der Lebensräume.<br />
Die vorliegende Studie belegt die positive<br />
Wirkung der gesetzten Maßnahmen für die ursprüngliche<br />
Fischfauna. Mit der daraus resultie-<br />
120<br />
renden Verbesserung der fischökologischen<br />
Funktionsfähigkeit bestätigt sich die Richtigkeit<br />
des eingeschlagenen Weges durch Schaffung<br />
von Schotterstrukturen. Für eine nachhaltige<br />
und weitreichendere Entwicklung der autochthonen<br />
Fischfauna sollte darüber hinaus zukünftig<br />
das größtmögliche Raumpotential genutzt<br />
werden.<br />
10.5 Benthosbiozönose<br />
Die benthosbiozönotische Beweissicherung<br />
umfasst Aufsammlungen aller Lebensraumtypen<br />
(Habitate) in Hinblick auf eine vollständige<br />
und flächenbezogene Erfassung der wirbellosen<br />
Bodenfauna (Makrozoobenthos). Im<br />
Zuge der schwierigen Beprobung der Stromsohle<br />
werden verschiedene Methoden gewählt<br />
und ihre Praktikabilität an großen Flüssen getestet.<br />
Die neugeschaffenen Schotterstrukturen<br />
werden von eigenständigen und standorttypischen<br />
Faunengesellschaften strömungsberuhigter<br />
Zonen besiedelt. Diese Zönosen zeigen<br />
deutliche Unterschiede zu denen der Sohle<br />
und des Blockwurfes. Dieses Phänomen kann<br />
auch auf funktioneller Ebene anhand der<br />
Fresstypenverteilung, der Verteilung der biozönotischen<br />
Regionen und des unterschiedlichen<br />
Arteninventars im Donauquerschnitt nachvollzogen<br />
werden. Eine hohe Anzahl von 157 Arten<br />
kommt ausschließlich auf den Schotterstrukturen<br />
vor (68 % der Gesamttaxazahl).<br />
Es kann eine enge räumliche Einnischung<br />
speziell adaptierter Arten der Schotterstruktur<br />
gemäß des Strömungs-/Substrat-Gradienten<br />
beobachtet werden. Beispielsweise besiedeln<br />
grabende Filtrierer wie Muscheln individuenreich<br />
den kiesig-sandigen Bereich der Uferstrukturen.<br />
Weidegänger präferieren hingegen<br />
stabile Hartsubstrate der Mikro-/Mesolithal-<br />
Fraktion.<br />
Die eingebrachten Strukturen bieten darüber<br />
hinaus einen geeigneten Lebensraum für
die donautypische Muschel- und Wasserschnecken-Fauna,<br />
darunter einige gefährdete<br />
und rückläufige Arten. Auch sandlebende,<br />
heute seltene flusstypische Libellen oder Eintagsfliegen<br />
können sich hier ansiedeln. Die<br />
Schotterstrukturen erweisen sich damit sowohl<br />
hinsichtlich Fragen des Naturschutzes sowie<br />
der ökologischen Funktionsfähigkeit als besonders<br />
wertvoll.<br />
Vergleicht man die heutigen Befunde mit<br />
der Situation vor der Strukturierung, so ist vor<br />
allem die höhere Artenvielfalt dieses Donauabschnittes<br />
durch die nun größere Habitatdiversität<br />
zu erwähnen. Die Fauna des Blockwurfes<br />
weist Ähnlichkeiten mit jener der Stromsohle<br />
auf, sie ist jedoch artenärmer. Der Blockwurf<br />
bietet keinen Ersatz für strukturreiche Uferregionen,<br />
die v.a. von Weichbodenbesiedlern genutzt<br />
werden.<br />
Daraus lässt sich ableiten, dass die Schotterstrukturen<br />
eine nachweisbare Lebensraum-Bereicherung<br />
für das Makrozoobenthos darstellen.<br />
Sie bieten eine deutliche ökologische Aufwertung<br />
im Stauwurzelbereich.<br />
Aus faunistischer Sicht sind zwei Erstnachweise<br />
für Österreich (Köcherfliegen: Hydropsyche<br />
exocellata, Süßwassergarnelen: Atyaephyra<br />
desmaresti) erwähnenswert. Weiters erfolgt<br />
durch vorliegende Studie eine Dokumentation<br />
der Einwanderung von Neozoen (vor allem<br />
Kleinkrebse).<br />
Aus den vorliegenden Resultaten wird ersichtlich,<br />
welche essentielle Funktion die ufernahen<br />
Flachwasserbereiche für das Gesamtartenspektrum<br />
besitzen und welche Faunensegmente<br />
im Falle beidseitiger Uferverbauungen<br />
ausfallen. Darüberhinaus tragen die Ergebnisse<br />
wertvolle Datengrundlagen zur Diskussion der<br />
Wasserrahmenrichtlinie um das Entwicklungspotential<br />
der „heavily modified waterbodies“<br />
bei.<br />
10.6 Ökosoziale Aspekte<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Die Strukturierungsmaßnahmen zeigen nicht<br />
nur positive Effekte in Bezug auf die limnologischen<br />
Verhältnisse, sondern bedingen auch einen<br />
erheblichen Nutzungsdruck durch Angler,<br />
Bootsfahrer und Badegäste.<br />
Angler nutzen die ufernahen Schotterbänke<br />
auf Grund der leichten Zugänglichkeit während<br />
der ganzen Saison. Darüber hinaus ist in<br />
den Sommermonaten reger Badebetrieb zu beobachten.<br />
Einheimische, Feriengäste, sowie<br />
Radfahrer vom unmittelbar vorbeiführenden<br />
Radweg Passau - Wien verwenden die Schotterufer<br />
als Lager- und Badeplatz. Von Ruderern<br />
und Motorbootfahrern werden die Schotterbänke<br />
als Anlege- und Rastplätze benutzt.<br />
Ausgehend vom eigentlichen Errichtungsziel,<br />
die limnologischen Verhältnisse in der<br />
Stauwurzel zu verbessern, zeigt sich, dass mit<br />
der „Multifunktionalität“ der Strukturierungsmaßnahmen<br />
eine Vielzahl von Aufgaben erfüllt<br />
werden, welche weit über den eigentlichen Errichtungszweck<br />
hinausreichen.<br />
Dieser Effekt ist besonders hoch zu bewerten,<br />
da dadurch die Akzeptanz und das Verständnis<br />
für ökologisch orientierte Maßnahmen<br />
Freizeitnutzung der Strukturen.<br />
121
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
in der Gesellschaft wächst. Stand man anfangs<br />
der Schaffung von „Biotopen“ eher skeptisch<br />
gegenüber, so werden aktuell von den verschiedenen<br />
Nutzern auch für andere Bereiche<br />
ähnliche Maßnahmen gewünscht. Es ist allerdings<br />
zu gewährleisten, dass der eigentliche<br />
Errichtungszweck nicht außer Acht gelassen<br />
wird. Störung und starker Betritt beispielsweise<br />
verhindern das Aufkommen von Sukzessionsvegetation.<br />
Der grundsätzliche Ausschluss der<br />
Erholungssuchenden von derartigen Biotopen<br />
erscheint trotzdem nicht zweckmäßig. Verständnis<br />
für Zusammenhänge in der Natur<br />
kann der Mensch nur durch das Erleben der<br />
Natur erlangen. Erst wenn er den Wert von Lebensräumen<br />
selbst erfährt, ist er bereit für deren<br />
Erhaltung einzutreten. Um die Aktivitäten<br />
der Erholungssuchenden jedoch künftig zu<br />
lenken, sollte beim Bau bereits darauf geachtet<br />
werden, dass Zonen, die weniger leicht zugänglich<br />
sind, geschaffen werden. So könnte<br />
etwa ein größerer Anteil an Inselflächen diesem<br />
Umstand Rechnung tragen.<br />
Dieser Aspekt und vor allem die positiven<br />
Untersuchungsergebnisse unterstützen die Forderung<br />
nach weiteren Schotterstrukturen im<br />
122<br />
Stauwurzelbereich des Kraftwerks Aschach, da<br />
neben der quantitativen Erhöhung des Lebensraumangebotes<br />
auch der anthropogene Nutzungsdruck<br />
großräumiger verteilt werden würde.<br />
Nichtzuletzt ist mit einem Biotopverbundsystems<br />
auch wesentliche landschaftsästhetische<br />
Aufwertung gegeben, welche sich am<br />
Leitbild der ursprünglichen Flusslandschaft orientiert.<br />
Dies kommt wiederum einer Region zu<br />
gute, in der Fremdenverkehr ein wesentlicher<br />
Wirtschaftsfaktor ist. So ist in der EU-Wasserrahmenrichtlinie<br />
neben dem Ziel in ....erheblich<br />
veränderten Wasserkörpern spätestens<br />
15 Jahre das gute ökologische Potential zu erreichen.....<br />
auch die Forderung deponiert<br />
......den Schutz und die nachhaltige Bewirtschaftung<br />
von Gewässern stärker in andere politische<br />
Maßnahmen der Gemeinschaft zu integrieren,<br />
so z.B. in die Energiepolitik, die Verkehrspolitik,<br />
die Landwirtschaftspolitik, die Fischereipolitik,<br />
die Regionalpolitik und die<br />
Fremdenverkehrspolitik.<br />
Vorliegende Arbeit zeigt auf, dass gerade mit<br />
der Schaffung von leitbildkonformen Strukturen<br />
der richtige Weg gewählt wurde, mit dem<br />
eine Fülle von Zielen erreicht werden kann.<br />
Freizeitnutzung der Strukturen.
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nebst einer kurzen Charakteristik aller europäischen<br />
Neuropteren Gattungen.- Verlag<br />
Carl Gerold’s Sohn, Perlidae: 27-31, Wien.<br />
BRETSCHKO, G. & SCHÖNBAUER, B. (1996):<br />
Beschreibung der räumlichen und zeitlichen<br />
Verteilung der benthischen Lebensgemeinschaften<br />
und der Fischbiozönosen im Projektsbereich<br />
der KW Freudenau (Limnologische<br />
Beweissicherung). Band I: Limnologisches<br />
Zustandsbild. – Studie im Auftrag der<br />
Donaukraft, 225 pp.<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
BRTEK, J. & ROTHSCHEIN, J. (1964): Ein Beitrag<br />
zur Kenntnis der Hydrofauna und des<br />
Reinheitszustandes des tschechoslowakischen<br />
Abschnittes der Donau.- Biologicke<br />
Prace 10 (5): 1-64.<br />
BUHMANN D., HUTTER, G. & LUTZ, S. (2001):<br />
Fließgewässer in Vorarlberg Gewässerinventar.<br />
Teil 1. Schriftenreihe Lebensraum<br />
Vorarlberg, Bd. 47. Amt der Vorarlberger<br />
Landesregierung. Bregenz.<br />
BUNDESMINISTERIUM FÜR LAND- UND<br />
FORSTWIRTSCHAFT (1999): Richtlinie zur<br />
Bestimmung der saprobiologischen Gewässergüte<br />
von Fließgewässern.- Wasserwirtschaftskataster,<br />
Bundesministerium für<br />
Land- und Forstwirtschaft ,Wien, 144pp.<br />
CARAUSU, S., DOBREANU, E. & MANOLACHE,<br />
C. (1955): Amphipoda, forme salmastre si de<br />
apa dulce.- Fauna Rep. pop. Romine,<br />
Crustacea 4 (4): 1-407.<br />
CHOVANEC, A., H. HEGER, V. KOLLER-KREI-<br />
MEL, O. MOOG, T. SPINDLER & H. WAID-<br />
BACHER (1994): Anforderungen an die Erhebung<br />
und Beurteilung der ökologischen<br />
Funktionsfähigkeit von Fließgewässern -<br />
eine Diskussionsgrundlage.- Österr. Wasserund<br />
Abfallwirtschaft 46, 11/12: 257-264.<br />
CHOVANEC, A., KOLLER-KREIMEL, V., MOOG,<br />
O. & WEISS S. (1996): Assessment of the<br />
ecological integrity of running waters – the<br />
Austrian approach. Proceedings of the International<br />
Workshop on Assessment and Classification<br />
of Rivers. 5.-7. Nov. 1995.<br />
DEDUAL; M. (1990): Biologie et Problèmes de<br />
Dynamique de Population du Nase (Chondrostoma<br />
nasus ) dans la Petite Sarine. Thèse<br />
du Doctorat de l‚universitè de Fribourg<br />
(Suisse).<br />
123
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
DIEPLINGER, K. (1994): Morphologische und<br />
sedimentologische Untersuchung der neugeschaffenen<br />
Schotterstrukturen im Stauwurzelbereich<br />
des Kraftwerks Aschach (Bereich<br />
Kramesau, Strom-km 2199,6 bis Stromkm<br />
2198,9, linkes Ufer) in Hinblick auf die<br />
fischökologischen Verhältnisse.- Diplomarbeit<br />
an der Universität der Bodenkultur,<br />
Wien, 80 pp.<br />
DUDICH, E. (1927): Neue Krebstiere in der<br />
Fauna Ungarns.- Arch. Balatonicum 1: 343-<br />
387.<br />
DUDICH, E. (1947): Die höheren Krebse (Malakostraka)<br />
der Mittel-Donau. – Fragm. faun.<br />
hung. 10: 125-132.<br />
EBERSTALLER, J., PINKA, P. & HONSOWITZ,<br />
H. (2001): Fischaufstiegshilfe Donaukraftwerk<br />
Freudenau. Überprüfung der Funktionsfähigkeit<br />
der FAH am KW Freudenau.<br />
Schriftenreihe der Forschung im Verbund.<br />
Bd. 72, im Auftrag der Austrian Hydropower<br />
AG, Wien.<br />
FISCHER, W. & SCHULTZ, P. (1999): Erstnachweis<br />
von Corbicula cf. fluminea (O.F. Müller<br />
1774) (Mollusca: Bivalvia: Corbiculidae) aus<br />
Österreich, sowie ein Nachweis von lebenden<br />
Microcolpia daudebartii acicularis (Ferussac<br />
1821) (Mollusca: Gastropoda: Melanopsidae)<br />
aus Bad Deutsch-Altenburg (NÖ,<br />
Österreich). Club Conchylia Informationen,<br />
Band 31 Heft 3/ 4, 23 – 26.<br />
FRITSCH, A. (1872): Die Fische Böhmens.- Arb.<br />
zool. Station Landesforsch. Böhmen: 111-<br />
116.<br />
HAYBACH, A. (1998): Die Eintagsfliegen (Insecta:<br />
Ephemeroptera) von Rheinland-Pfalz.<br />
Dissertation am Fachbereich Biologie der<br />
Johannes Gutenberg Universität, Mainz. 417<br />
pp.<br />
HECKEL, J. &. KNER, R. (1858): Die Süßwasserfische<br />
der Österreichischen Monarchie. Verlag<br />
von Wilhelm Engelmann, Leipzig:<br />
338pp.<br />
HERZIG, A. (1984): Zur Limnologie von Laufstauen<br />
alpiner Flüsse. - ÖWWV 36, H. 5/6:<br />
95-103.<br />
124<br />
HOFER, K. 1994: Verdriftung und Habitatwahl<br />
der Nase (Chondrostoma nasus, Linné 1758,<br />
Cyprinidae) während der Frühentwicklung.<br />
Diplomarbeit Universität Bern.<br />
HUET, M. (1954): Biologie, profiles en long et<br />
en travers des eaux courantes.- Bull. Franz.<br />
Pisc. 175: 41-53.<br />
HYDROGRAPHISCHES ZENTRALBÜRO IM<br />
BUNDESMINISTERIUM FÜR LAND- UND<br />
FORSTWIRTSCHAFT (1994): Die Wassertemperaturen<br />
in Österreich im Zeitraum<br />
1981-1990. Beiträge zur Hydrographie<br />
Österreichs, Heft Nr. 56: 207 pp.<br />
JANECEK, B. F. U. & MOOG, O. (1994): Das<br />
Makrozoobenthos als Indikator der ökologischen<br />
Funktionsfähigkeit von Hartsubstraten<br />
des Uferblockwurfes in Fluss-Stauräumen.-<br />
Wiss. Mitt. Niederösterr. Landesmuseum,<br />
8: 257-269.<br />
JANECEK, B. F. U., MOOG, O. & NESEMANN,<br />
H. (1991): Benthosbiozönotische Untersuchungen.-<br />
In: WAIDBACHER, H. et al.:<br />
Fischökologische Studie <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong>.<br />
Studie im Auftrag der Wasserstraßendirektion<br />
Wien, p. 100-146.<br />
JANISCH, R. (1980): Ergebnisse der fischereilichen<br />
Beweissicherung im Zusammenhang<br />
mit der Errichtung des Donaukraftwerkes<br />
Abwinden-Asten. Naturkundliches Jahrbuch<br />
der Stadt Linz:26: 31-102.<br />
JUNGWIRTH, M. & WAIDBACHER, H. (1989):<br />
Fischökologische Zielsetzungen bei Fließgewässerrevitalisierungen.<br />
Wiener Mitteilungen<br />
Band 88; 105 – 119.<br />
KARAMAN, S. (1953): Pontokaspische Amphipoden<br />
der jugoslawischen Fauna. – Acta<br />
Mus. Macedon. Sci. nat. 1(2): 21-60.<br />
KARR, J.R. & E.W. CHU (1999): Restoring life in<br />
running waters. Better biological monitoring.-<br />
Island Press, Washington D.C. Covelo,<br />
California; 206 pp.
KAVKA, G., KRÄMER, D., KREITNER, P., MAU-<br />
THNER-WEBER, R., OFENBÖCK, G.,<br />
RAUCHBÜCHL, A., RODINGER, W., SIE-<br />
GEL, P. & VEKILOV, M. (2000): Wassergüte<br />
der Donau 1999.- Schriftenreihe des Bundesamtes<br />
für Wasserwirtschaft, Band 11,<br />
Wien, 125 pp.<br />
KECKEIS, H. (1998): Fortpflanzungsbiologie<br />
und ökologische Kennzeichnung der Laichgebiete<br />
von Flußfischen in Fließgewässern<br />
verschiedener Größenordnung. Endbericht.<br />
Forschungsauftrag des Bundesministeriums<br />
für Wissenschaft und Forschung. GZ.<br />
45.189/2-27b/91.<br />
KERSCHNER, T. (1956): Der Linzer Markt für<br />
Süsswasserfische, insbesondere in seiner<br />
letzten Blüte vor dem ersten Weltkrieg. Naturkundliches<br />
Jahrbuch der Stadt Linz: 119-<br />
155.<br />
KINZELBACH, R. (2000): Akklimatisationsgesellschaften.<br />
Neozoen – Newsletter der Arbeitsgruppe<br />
Neozoen, Nr. 3, 1 – 3.<br />
KURECK, A., BIEG, R. & OTTENBERG, R.<br />
(2001): Einfluss von Futtermenge und Neozoen<br />
auf die Überlebensrate und Wachstum<br />
von Ephoron virgo (Ephemeroptera) im<br />
Rhein.- DGL, Tagungsbericht 2000 (Tutzing).<br />
LANDA, V., HELESIC, J,. SOLDAN, T. &<br />
ZAHRADKOVA, S. (1997): Stoneflies (Plecoptera)<br />
in the River Vlatava, Czech Republic;<br />
a century of extinction.- in: Landolt, P.,<br />
& Sartori, M.: Ephemeroptera & Plecoptera,<br />
Biology-Ecology-Systematics, Fribourg/<br />
Switzerland: 288-29.<br />
LORI, T. (1871): Die Fische in der Umgegend<br />
von Passau. 9.Jahresbericht des naturhistorischen<br />
Vereines in Passau: 99-104.<br />
MARTEN, M. (1997): Ephemeroptera and Plecoptera<br />
of the River Danube in Baden-Württemberg.-<br />
in: Landolt, P., & Sartori, M.: Ephemeroptera<br />
& Plecoptera, Biology-Ecology-<br />
Systematics, Fribourg/Switzerland: 167-175.<br />
MAUCH, E. (1999): Das biologische Bild der<br />
Donau in Bayern.- Augsburg, 56 pp.<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
MELCHER, A. (1999): Biotische Habitatmodellierung<br />
im Rahmen eines Gewässerbetreuungskonzeptes<br />
anhand der Lebensraumansprüche<br />
der Nase (Chondrostoma nasus),<br />
Diplomarbeit Univ. f. Bodenkultur, Wien.<br />
MOOG, O. & WIMMER, R. (1994): Comments<br />
to the water temperature based assessment<br />
of biocoenotic regions according to ILLIES &<br />
BOTOSANEANU.- Verh. Internat. Verein<br />
Limnol., Band 25: 1667-1673, E.<br />
Schweizerbart´sche Verlagsbuchhandlung,<br />
Stuttgart.<br />
MOOG, O. (1992): Das Konzept der biozönotischen<br />
Regionen – ein Hilfsmittel zur Charakteristik<br />
anthropogener Einflüsse auf benthische<br />
Fließwasserzönosen. DGL - Erweiterte<br />
Zusammenfassungen der Jahrestagung<br />
1992, Band II: 622-626.<br />
MOOG, O. (1994): Ökologische Funktionsfähigkeit<br />
des aquatischen Lebensraumes.-<br />
Wiener Mitteilungen – Wasser, Abwasser,<br />
Gewässer, Band 120: 16-59 (Gewässerbetreuungskonzepte<br />
– Stand und Perspektiven),<br />
Wien.<br />
MOOG, O. [Ed.] (1995): Fauna Aquatica Austriaca,<br />
Lieferung Mai/95.- Wasserwirtschaftskataster,<br />
Bundesministerium für<br />
Land- und Forstwirtschaft.<br />
MOOG, O., BRUNNER, S. HUMPESCH, U. H. &<br />
SCHMIDT-KLOIBER, A. (2000): The distribution<br />
of benthic invertebrates along the<br />
Austrian stretch of the River Danube and its<br />
relevence as an indicator of zoogeographical<br />
and water quality patterns – part 2. Large<br />
Rivers Vol. 11, Nr. 4; Arch. Hydrobiol. Suppl.<br />
115/4; Wien, p. 473-509.<br />
MOOG, O., HUMPESCH, U. H. & KONAR, M.<br />
(1995): The distribution of benthic invertebrates<br />
along the Austrian stretch of the River<br />
Danube and its relevence as an indicator of<br />
zoogeographical and water quality patterns<br />
– part 1.- Arch. Hydrobiol. Suppl. 101; Large<br />
Rivers 9; E. Schweizerbart´sche Verlagsbuchhandlung;<br />
Stuttgart, p. 121 – 213.<br />
125
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
MOOG, O., NESEMANN, H., ZITEK, A. & MEL-<br />
CHER, A. (1999): Erstnachweis der Süßwassergarnele<br />
Atyaephyra desmaresti (Millet<br />
1831) (Decapoda) in Österreich.- Lauterbornia<br />
35: 67-70, Dinkelscherben.<br />
MUHAR, S., S. SCHMUTZ & JUNGWIRTH, M.<br />
(1995): River restoration concepts - goals<br />
and perspectives. - Hydrobiologia 303: 183 -<br />
194. Kluwer Acad.Publ., Belgium.<br />
NATIONALER UMWELTPLAN (NUP) (1995):<br />
Bundesministerium für Umwelt, Jugend und<br />
Familie: 324 pp.<br />
NESEMANN, H., PÖCKL, M., & WITTMANN,<br />
K.J. (1995): Distribution of epigean Malacostraca<br />
in the middle and upper Danube<br />
(Hungary, Austria, Germany).- Miscellaea<br />
Zoologica Hungarica 10: 49-68.<br />
OFENBÖCK, G. (1998): Kolonisationssampler<br />
zur Beprobung großer Flüsse.- Wasserwirtschaftskataster,<br />
Bundesministeriums für<br />
Land- und Forstwirtschaft Wien; 169 pp.<br />
ÖNORM M 6232 (1997): Richtlinien für die ökologische<br />
Untersuchung und Bewertung von<br />
Fließgewässern. – zweisprachige Fassung,<br />
Österreichische Normungsinstitut Wien.<br />
PENAZ, M. (1974): Early development of the<br />
nase carp (Chondrostoma nasus L.). Zoologicke<br />
Listy 3 (23); 275-288.<br />
PÖCKL, M. (1988): Bestimmungsschlüssel für<br />
Pericarida der österreichischen Donau<br />
(Crustacea, Malacostraca).- Wasser & Abwasser<br />
32: 89-110.<br />
POKORNY, B. (2000): Untersuchungen zur<br />
Drift und Habitatwahl der frühen Entwicklungsstadien<br />
der Nase (Chondrostoma nasus<br />
L.) an der Pielach. Diplomarbeit Univ. f.<br />
Bodenkultur, Wien.<br />
RAT DER EUROPÄISCHEN UNION (2000):<br />
Richtlinie des Rates zur Schaffung eines<br />
Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft<br />
im Bereich der Wasserpolitik.-<br />
Brüssel, Fassung vom Juli 2000.<br />
RAVIZZA, C. & ZWICK, P. (1981): Un dimenticato<br />
opusculo ottocentesco della letturata<br />
entomologica italiana.- Natura 72: 119-129.<br />
126<br />
SCHIEMER, F. & WAIDBACHER, H. (1992).<br />
Strategies for Conservation of a Danubian<br />
Fish Fauna, John Wiley & Sons, Ldt.<br />
SCHIEMER, F., JUNGWIRTH, M. & IMHOF, G.<br />
(1994): Die Fische der Donau – Gefährdung<br />
und Schutz. Ökologische Bewertung der<br />
Umgestaltung der Donau. Grüne Reihe des<br />
Bundesministeriums für Umwelt, Jugend<br />
und Familie. Band 5.<br />
SCHLEUTER, A., SCHLEUTER, M. & TITTIT-<br />
ZER, T (1989): Beitrag zur Autökologie von<br />
Ephoron virgo (Olivier).- Spixiana 12<br />
(2):135-144.<br />
SCHMIDT-KLOIBER, A., MOOG, O. & GRAF,<br />
W. (1999): Biozönotische Charakteristik und<br />
naturräumliche Bewertung der linksufrigen<br />
Donau-Auen des Tullner Beckens auf Basis<br />
makrozoobenthischer Indikatoren.- Band 50<br />
– Schriftenreihe Forschung im Verbund:<br />
Gießgang Greifenstein Makrozoobenthos;<br />
Wien, 198 pp.<br />
SCHMUTZ, S., KAUFMANN, M., VOGL, B.,<br />
JUNGWIRTH, M. (2000): Methodische<br />
Grundlagen und Beispiele zur Bewertung<br />
der fischökologischen Funktionsfähigkeit<br />
österreichischer Fließgewässer. Studie im<br />
Auftrag des BMLF Wien.<br />
SCHUBERT, M., (1998): Verhalten und Präferenzen<br />
der Jungstadien von Nase (Chondrostoma<br />
nasus L.) und Äsche (Thymallus thymallus<br />
L.) unter Berücksichtigung standorttypischer<br />
Faktoren. Diplomarbeit Ludwig-<br />
Maximillian-Universität, München.<br />
SCHULTE, H. & WEINZIERL, A. (1990): Beiträge<br />
zur Faunistik einiger Wasserinsektenordnungen<br />
(Ephemeroptera, Plecoptera,<br />
Coleoptera, Trichoptera) in Niederbayern.-<br />
Lauterbornia 6: 1-83, Dinkelscherben.<br />
SHANNON, C. E. & WEAVER, W. (1948): The<br />
mathematical theory of communication.-<br />
Univ. Illinois Press; Urbana, Illinois.<br />
SIEBOLD, C.T..E. (1863): Die Süßwasserfische<br />
von Mitteleuropa. Verlag von Wilhelm Engelmann,<br />
Leipzig: 430pp.
SPINDLER, T. (1997). Fischfauna in Österreich,<br />
Ökologie - Gefährdung - Bioindikation -<br />
Gesetzgebung. Umweltbundesamt, Wien.<br />
STEIN, H. (1989): Ökologische Zustandserfassung<br />
und Beweissicherung Untere Isar –<br />
Fachteil Fischfauna.<br />
STEINHÖRSTER, U. (1996): Präferenzen juveniler<br />
Nasen (Chondrostoma nasus). In: 3.Symposium:<br />
Ökologie, Ethologie und Systematik<br />
der Fische. Salzburg.<br />
STEINMANN, P., KOCH, W. & SCHEURING, L.<br />
(1937): Die Wanderung unserer Süßwasserfische.<br />
Dargestellt auf Grund von Markierungsversuchen.<br />
Zeitschrift für Fischerei<br />
und deren Hilfswissenschaften 35, 369-467.<br />
TITTIZER, T. & SCHLEUTER, A. (1989): Über<br />
die Auswirkungen wasserbaulicher Maßnahmen<br />
auf die biologischen Verhältnisse in<br />
den Bundeswasserstraßen.- Deutsche Gewässerkundliche<br />
Mitteilungen (DGM) 33,<br />
Heft 3/4: 91-97.<br />
TITTIZER, T. (1990): Über den Einfluß hydrodynamischer<br />
und gewässermorphologischer<br />
Faktoren auf das Makro-zoobenthos<br />
der Donau und ihrer Nebenflüsse. Kurzreferat,<br />
28. Arbeitstagung der Internationalen<br />
Arbeitsgemeinschaft Donauforschung<br />
(IAD), 79 – 89.<br />
TITTIZER, T. (1996): Vorkommen und Ausbreitung<br />
aquatischer Noezoen (Makrozoobenthos)<br />
in den Bundeswasserstraßen.- in:<br />
Gebhardt, H., Kinzelbach, R. & Schmidt-Fischer,<br />
S. (Hrsg.): Gebietsfremde Tierarten -<br />
Auswirkungen auf einheimische Arten, Lebensgemeinschaften<br />
und Biotope - Situationsanalyse:<br />
p. 49-86, Ecomed, Landsberg.<br />
TITTIZER, T. (1997): Auswirkung der Stauregelung<br />
auf das Makrozoobenthos der Donau.-<br />
IAD Limnologische Berichte Donau - Band<br />
II - 32. Konferenz der IAD Wien/Österreich;<br />
Wien, p.147 – 160.<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
WAIDBACHER, H., HAIDVOGL, G. & WIM-<br />
MER, R. (1996): Beschreibung der räumlichen<br />
und zeitlichen Verteilung der benthischen<br />
Lebensgemeinschaften und der Fischbiozönosen<br />
im Projektsbereich des KW<br />
Freudenau (Limnologische Beweissicherung).<br />
Bd. 2, Fischökologische Verhältnisse.<br />
Gutachten im Auftrag der Donaukraftwerke<br />
AG.<br />
WAIDBACHER, H., ZAUNER, G., KOVACEK, H.<br />
& MOOG, O. (1991): Fischökologische Studie<br />
oberes <strong>Donautal</strong> in Hinblick auf Strukturierungsmaßnahmen<br />
im Stauraum Aschach<br />
(Oberösterreich). Im Auftrag der Wasserstraßendirektion.<br />
WAIDBACHER, H. (1989): Veränderungen der<br />
Fischfauna durch die Errichtung des Donaukraftwerkes<br />
Altenwörth. In: HARY, N. &<br />
NACHTNEBEL, H.P.: Ökosystem-Studie Donau-stauraum<br />
Altenwörth, Veränderungen<br />
durch das Donaukraftwerk Altenwörth.<br />
Österr. Akademie der Wissenschaften. Veröff.<br />
D. MAB Programmes; Bd. 14, Wien.<br />
WEINZIERL, A., POTEL, S. & BANNING, M.<br />
(1996): Obesogammarus obesus (Sars 1894)<br />
in der oberen Donau (Amphipoda, Gammaridae).-<br />
Lauterbornia 26: 87-89, Dinkelscherben.<br />
WEINZIERL, A., SEITZ, G. & THANNEMANN,<br />
R. (1997): Echinogammarus trichiatus (Amphipoda)<br />
und Atyaephyra desmaresti (Decapoda)<br />
in der bayerischen Donau.- Lauterbornia<br />
31: 31-32, Dinkelscherben.<br />
WILHM, J. L. & DORRIS, T. C. (1968): Biological<br />
Parameters of Water Quality.- Bioscience 18:<br />
477-481.<br />
WITTMANN, K. J., THEISS, J., & BANNING, M.<br />
(1999): Die Drift von Mysidaceen und Dekapoden<br />
und ihre Bedeutung für die Ausbreitung<br />
von Neozoen im Main-Donau-System.-<br />
Lauterbornia 35: 53-66, Dinkelscherben.<br />
127
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
WÖSENDORFER H. & LEBERL, S. (1987): Uferzonen<br />
der Donau von Wien bis zur Marchmündung,<br />
Landschaftsökologische Untersuchung<br />
von Strom-km 1920-1880. Wasserstraßendirektion<br />
Wien, 39 pp.<br />
ZAUNER, G., DIEPLINGER, K. & SCHLÖGL, R.<br />
(1996): Morphologische und sedimentologische<br />
Beweissicherung der neugeschaffenen<br />
Schotterstrukturen im Stauwurzelbereich<br />
des Kraftwerkes Aschach; Bereich Engelhartszell<br />
Strom-km 2201,8 - 2201,4, rechtes<br />
Ufer; Bereich Kramesau Strom-km 2199,6-<br />
2198,9 und Bereich Schattenthal Strom-km<br />
2198,3-2197,8, linkes Ufer. Im Auftrag der<br />
Wasserstraßendirektion.<br />
ZAUNER, G. & KARL, B. (1996): Vorstudie Donaulandschaft<br />
Eferdinger Becken, Rahmenbedingungen<br />
und generelle Möglichkeiten<br />
zur Verbesserung der ökologischen Situation<br />
im Überflutungsbereich der Donau zwischen<br />
Aschach und Ottensheim. Im Auftrag<br />
der Wasserstraßendirektion.<br />
ZAUNER, G. & EBERSTALLER, J. (1999): Klassifizierungsschema<br />
der österreichischen Flußfischfauna<br />
in Bezug auf deren Lebensraumansprüche,<br />
Österr. Fischerei, Jg. 52, Heft 8/<br />
9; 198-205.<br />
ZAUNER, G. & PINKA, P. (2000): Fischökologie<br />
in: MUHAR (2000): Beurteilung flußbaulicher<br />
Maßnahmen an der Oberen Drau in<br />
Hinblick auf die Verbesserung der ökologischen<br />
Funktionsfähigkeit, Studie im Auftrag<br />
des Bundesministeriums für Land- und<br />
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.<br />
ZAUNER, G. (1998). Der Semling – eine verschollene<br />
Fischart wurde wiederentdeckt.<br />
Österreichs Fischerei, 10: 218.<br />
128
12 Glossar<br />
abiotisch: unbelebt bzw. nicht durch Leben<br />
oder biologische Systeme bedingt<br />
Abundanz: Anzahl von Organismen in bezug<br />
auf eine Flächen- oder Raumeinheit<br />
adult: erwachsen (geschlechtsreif)<br />
Akal: Fein- und Mittelkies; 0,2-2 cm<br />
allochthon: anderenorts entstanden, gebietsfremd,<br />
nicht heimisch, nicht bodenständig<br />
alpha-mesosaprob: Bezeichnung für stark<br />
verunreinigtes Wasser (Güteklasse III, Signalfarbe<br />
gelb)<br />
amphibische Zonen: Übergangsbereiche<br />
zwischen Land und Wasser<br />
Amphipoda: Flohkrebse<br />
anaerob: Milieu ohne freien oder gebundenen<br />
Sauerstoff<br />
anthropogen: durch menschlichen Einfluss<br />
bedingt<br />
Artendominanz: Vorherrschen von Arten<br />
Assoziation: gemeinsames Vorkommen von<br />
zwei oder mehreren Arten in einem Bestand<br />
autochthon: bodenständig, biotopeigen; im<br />
selben Gebiet oder Biotop entstanden<br />
autotroph: sich ohne Mitwirkung anderer Lebewesen<br />
ernährend<br />
Benthal: Bodenzone eines Gewässers<br />
Benthos: Gesamtheit der im Benthal lebenden<br />
Organismen<br />
beta-mesosaprob: Bezeichnung für mäßig<br />
verunreinigtes Wasser (Güteklasse II, Signalfarbe<br />
grün)<br />
Biomasse: Gewicht einer Organismengruppe<br />
pro Flächen- oder Volumseinheit<br />
biotisch: belebt, lebend; auf die biologischen<br />
Aspekte der Umwelt eines Organismus bezogen<br />
Biozönose: Lebensgemeinschaft in einem Lebensraum<br />
Bivalvia: Muscheln<br />
Chironomidae: Zuckmücken<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Choriotop: Teillebensräume eines Gewässers,<br />
die sich über das Substrat differenzieren<br />
und meist mosaikartig miteinander verflochten<br />
sind<br />
Coleoptera: Käfer<br />
CPOM: grobes organisches Material, z.B. Falllaub<br />
Crustacea: Krebstiere<br />
Dekolmation: Freispülen des Schotters<br />
Detritus: Gesamtheit der toten organischen<br />
Partikel, die im Wasser schweben oder am<br />
Grund des Gewässers abgelagert sind<br />
disjunkt: vom übrigen Verbreitungsareal einer<br />
Art räumlich getrennt<br />
distinkt: bestimmt, deutlich<br />
Diversität: Artenmannigfaltigkeit, Artenreichtum,<br />
Bezeichnung für die Vielfalt in Organismengemeinschaften<br />
beurteilt nach Artendichten<br />
und Einheitlichkeit der Individuendichten<br />
dominant: vorherrschend bzw. häufig<br />
Dominanz: prozentualer Anteil einer Organismengruppe<br />
an der Gesamtindividuenzahl<br />
einer Organismengemeinschaft<br />
Ephemeroptera: Eintagsfliegen<br />
epilithisch: auf der Gesteinsoberfläche<br />
Epipotamal: Barbenregion<br />
Epirhithral: Obere Forellenregion<br />
Eulimnion: Freiwasserkörper<br />
euryök: Bezeichnung für Organismen, die<br />
Schwankungen lebenswichtiger Umweltbedingungen<br />
innerhalb weiter Grenzen ertragen<br />
(Gegensatz: stenök)<br />
eutroph: reich an Nährstoffen<br />
Evertebraten: wirbellose Tierwelt<br />
Exuvie: abgelegte Tierhaut (z.B. bei Häutung<br />
von Insekten)<br />
Fauna: Gesamtheit der Tierarten eines bestimmten<br />
Gebietes<br />
Fischfauna: Fischwelt<br />
129
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Flussmorphologie: Ausformung, Gestalt und<br />
Struktur des Flussbettes<br />
Furkation: Aufgabelung eines Flusses in verschiedene<br />
Teilarme<br />
Gastropoda: Schnecken<br />
Gilde: Gruppe von Arten mit ähnlichen Strategien<br />
der Ressourcennutzung oder ähnlichen<br />
Lebensformtypen<br />
Habitat: Lebensraum eines Organismus oder<br />
einer Gemeinschaft innerhalb eines Biotops<br />
Heteroptera: Wanzen<br />
Hirudinea: Egel<br />
Hydrachnidia: Wassermilben<br />
Hyporhithral: Äschenregion<br />
hyporheisches Interstitial: durchflossenes<br />
Lückensystem der Gewässersohle<br />
Ichthyozönose: Fischgemeinschaft<br />
Imago: erwachsenes Stadium bei Insekten<br />
indifferent: Bezeichnung für Organismen, die<br />
keine ausgeprägte Präferenz bezüglich eines<br />
lebensraumbestimmenden Faktors (z.B.<br />
Fließgeschwindigkeit) zeigen<br />
Indikator: Zeiger, Anzeiger<br />
Indikatorart: Art, die (beweiskräftige) Hinweise<br />
auf andere Merkmale gibt<br />
Inundationsfläche: Überflutungsfläche<br />
Interspezifisch: zwischenartlich, zwischen<br />
Arten<br />
Intraspezifisch: innerartlich, innerhalb von<br />
Arten<br />
juvenil: jugendlich (nicht geschlechtsreif)<br />
Kolmation: Auflandung, Aufschlickung durch<br />
Absetzen von Sinkstoffen<br />
Konkurrenz: Wechselbeziehung zwischen<br />
Organismen (oder Arten)<br />
Krenal: Lebensraum der Quellen<br />
Kriterium: Ausprägung eines Merkmals, die<br />
für Klassifikations- und Bewertungszwecke<br />
herangezogen wird (z.B. Artenzahl)<br />
lateral: seitwärts gelegen<br />
Leitfähigkeit: (unspez.) Summenparameter<br />
des Gesamtionenhaushaltes<br />
lenitisch: Bezeichnung für einen durch langsam<br />
fließendes Wasser gekennzeichneten<br />
Biotop<br />
Limnologie: Lehre von den Binnengewässern<br />
130<br />
limnophil: Bezeichnung für Organismen, die<br />
ruhige Gewässer bevorzugen<br />
Lithal: Steine, Fels<br />
lithorheophil: Bezeichnung für aquatische<br />
Organismen, die vorzugsweise auf Steinen<br />
vorkommen und hohe Fließgeschwindigkeit<br />
bevorzugen<br />
Litoral: die Uferzone von Gewässern<br />
lotisch: Bezeichnung für einen durch schnellfließendes,<br />
turbulentes Wasser gekennzeichneten<br />
Biotop<br />
Makrolithal (Blöcke): grobes Blockwerk,<br />
etwa kopfgroße Steine vorherrschend mit<br />
variablen Anteilen von Steinen, Kies und<br />
Sand; 20-40 cm<br />
Makrophyten: submerse Wasserpflanzen,<br />
inkl. Moose und Characeen, lebende Pflanzenteile;<br />
Wurzelbärte, Ufergrasbüschel etc.;<br />
Bezeichnung für alle mit bloßem Auge deutlich<br />
erkennbaren pflanzlichen Organismen<br />
Makrozoobenthos: Sammelbezeichnung für<br />
Tiere, die den Gewässerboden bewohnen<br />
und zumindest in einem Lebensstadium mit<br />
freiem Auge sichtbar sind<br />
Megalithal: große Steine und Blöcke, anstehender<br />
Fels; > 40 cm<br />
Mesohabitat: Teillebensraum, meist als gewässermorphologisch<br />
einheitlicher Teillebensraum<br />
bezeichnet<br />
Migration: Wanderung<br />
Mikrohabitat: unmittelbarer Aufenthaltsort eines<br />
Individuums<br />
Mikrolithal: Grobkies (Taubenei- bis Kinderfaustgröße)<br />
mit Anteilen von Mittel- und<br />
Feinkies sowie Sand; 2-6,3 cm<br />
Nematoden: Fadenwürmer<br />
Neozoa: aus entfernten Gebieten oder anderen<br />
Kontinenten nach 1492 (neu) eingewanderte<br />
oder eingebürgerte Tierarten<br />
Nische: Summe aller abiotischen und biotischen<br />
Faktoren, die auf einen Organismus<br />
einwirken. Ort oder Lebensraum, der diese<br />
Bedingungen aufweist, die für eine erfolgreiche<br />
Existenz eines Organismus in einem<br />
gegebenen Habitat notwendig sind. Rolle<br />
eines Organismus im Ökosystem
Ökosystem: funktionelle Einheit von Lebewesen<br />
und ihrer Umwelr in der Biosphäre, ein<br />
offenes System – durch Stoffkreisläufe zur<br />
Selbstregulierung befähigt, nie scharf abzugrenzen<br />
Ökoton: Übergangszone zwischen zwei oder<br />
mehreren verschiedenen Gemeinschaften<br />
Odonata: Libellen<br />
Oligochaeta: Wenigborster<br />
oligosaprob: Bezeichnung für kaum verunreinigtes<br />
Wasser (Güteklasse I, Signalfarbe<br />
blau)<br />
oligotroph: nährstoffarm<br />
Pelal: Schlick, Schluff, Ton und Schlamm; <<br />
0,063 mm<br />
pelophil: schlammliebend<br />
pelorheophil: Bezeichnung für aquatische<br />
Organismen, die vorzugsweise auf Feinsedimenten<br />
vorkommen und höhere Fließgeschwindigkeiten<br />
bevorzugen<br />
phytophil: Bezeichnung für tierische Organismen,<br />
die mit Vorliebe Pflanzen besiedeln,<br />
die der Ernährung, aber auch als Wohn-,<br />
Schutz- und Jagdraum dienen<br />
piscivor: fischfressend<br />
polysaprob: Bezeichnung für übermäßig verschmutztes<br />
Wasser (Güteklasse IV, Signalfarbe<br />
rot)<br />
pontisch: Verbreitungsangabe für Organismen,<br />
die im Einzugsgebiet des Schwarzen<br />
Meeres vorkommen<br />
pontokaspisch: Verbreitungsangabe für Organismen,<br />
die im Einzugsgebiet des Aralsees,<br />
des Schwarzen und Kaspischen Meeres vorkommen<br />
Population: Reproduktionsgemeinschaft in einem<br />
abgegrenzten Raum<br />
Populationsdynamik: Wechsel von Populationsdichten<br />
in Raum und Zeit<br />
Potamal: sommerwarme (> 20°C) sandigschlammige<br />
Zone eines Fließgewässers;<br />
große Temperaturschwankungen im Jahresverlauf<br />
Potamon: die im Potamal lebenden Organismen,<br />
auch Potamocoen<br />
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
Prädation: Räuberdruck<br />
Präferenz: Bevorzugung<br />
Profundal: der sich an das Litoral anschließende,<br />
lichtarme bis lichtlose Bodenbereich des<br />
Süßwassers<br />
Psammal: Sand; 0,063-2 mm<br />
Refugialraum: Refugium; Rückzugsgebiet (Erhaltungsgebiet)<br />
für bestimmte Arten (Relikte)<br />
oder Lebensgemeinschaften<br />
Reproduktion: Vermehrung<br />
Revitalisierung: Wiederbelebung<br />
rheobiont: Bezeichnung für Organismen, die<br />
(ausschließlich) in Gewässern mit starker<br />
Strömung leben<br />
rheophil: Bezeichnung für Organismen, die<br />
sich mit Vorliebe in Gewässern mit starker<br />
Strömung aufhalten<br />
Rhithral: sommerkalte (< 20°C), steinig-kiesige<br />
Zone eines Fließgewässers<br />
Ripal: Uferzone<br />
Saprobiensystem: eine Zusammenstellung<br />
von Organismen, deren ökologischer Verbreitungsschwerpunkt<br />
(Vorkommen und<br />
Häufigkeit) in bestimmten Belastungszonen<br />
eines Gewässers liegt und die für solche Belastungszustände<br />
daher eine Indikatorfunktion<br />
haben; wird zur Charakterisierung der<br />
Gewässergüte herangezogen<br />
Saprobienindex: kennzeichnet die Gewässerverschmutzung<br />
Schluff: Feinsediment; Korngröße 0,0063 –<br />
0,002 mm<br />
Schwebstoffe: die durch Turbulenzen im Wasser<br />
in Schwebe gehaltenen Partikel (mineralische<br />
und/oder organische)<br />
Sediment: Anhäufung von Lockermaterial, das<br />
durch mechanische oder chemische Zerstörung<br />
von Festgesteinen entstanden ist<br />
semiterrestrisch: Bezeichnung für Organismen,<br />
die den Land-Wasser-Übergang besiedeln<br />
und sowohl im Wasser als auch an<br />
Land leben können<br />
sessil: Bezeichnung für Organismen, die unfähig<br />
zu aktiver Fortbewegung sind<br />
stagnophil: ruhigwasserliebend<br />
131
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
stenök: Bezeichnung für Organismen, die<br />
Schwankungen lebenswichtiger Umweltfaktoren<br />
nur innerhalb enger Grenzen ertragen<br />
(Gegensatz: euryök)<br />
stenotop: Bezeichnung für Organismen, die<br />
eine enge Verbreitung haben; d.h. in nur<br />
wenigen, sehr ähnlichen Biotopen vorkommen<br />
stochastisch: vom Zufall bedingt/abhängig<br />
Sukzession: die gesetzmäßige zeitliche Abfolge<br />
verschiedener Pflanzen- oder/und Tiergesellschaften<br />
bzw. Lebensgemeinschaften<br />
am selben Ort nach Änderung wichtiger<br />
Standortfaktoren oder nach tiefgreifenden<br />
Störungen des Lebensraumes.<br />
Taxon/Taxa: systematische Gruppe, d.h. eine<br />
Einheit des biologischen Systems<br />
Techno-Megalithal: Uferblockwurf, Fraktion<br />
größer 40 cm Korndurchmesser<br />
Trichoptera: Köcherfliegen<br />
vagil: frei beweglich<br />
Valenz: Reaktionsbreite einer Art gegenüber<br />
einem bestimmten Umweltfaktor<br />
Vertebrata: Wirbeltiere<br />
Fotonachweis<br />
Titelseite und Umschlag: A. Schmidt-Kloiber, G. <strong>Zauner</strong><br />
Bild S. 12 und 20 links: Grenzkraftwerke (GKW)<br />
Bild S. 13: Büro ORCA<br />
Luftbild S.14: AHP; freigegeben vom BM f. Landesverteidigung mit Zl. 309614-Luft/III/60<br />
Bild S. 70 links unten: A. Zitek, rechts unten: Ch. Wiesner<br />
Bild S. 71 links unten: A. Melcher<br />
Bilder Kapitel 9: A. Schmidt-Kloiber<br />
Restliche Bilder: G. <strong>Zauner</strong><br />
132
<strong>Pilotstudie</strong> <strong>Oberes</strong> <strong>Donautal</strong><br />
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