Hexenverfolgung in einer frühneuzeitlichen Großstadt - Technische ...

Schwerhoff, Hexenverfolgung (1996)
23
____________________________________________________________________________________________
versteckt hatte, wobei sie vom Gewaltrichterdiener beobachtet worden war (113ff.). Das
ganze wurde wohl als magisches Hilfsmittel verstanden. Der direkte Nachbar der
Volmers En, Johan von Lhon, gab übrigens leicht verächtlich zu Protokoll, daß man auf
derartige Klumpen nichts geben solle und "daß man dergleichen wol in anderen
heußgeren funde" (117). Er sympathisiert ganz offen mit der Verhafteten, die seiner
Frau sieben Kinder ohne Beanstandungen auf die Welt gebracht habe. Auch andere
skeptische und besonnene Stimmen werden bisweilen artikuliert 65 , aber sie konnten
sich gegen das entfesselte Gerücht, das die Kölner Hebammen überrollte, nicht
durchsetzen. Dieses Gerücht wurde im übrigen, von der Sache her naheliegend, vor
allem durch die Frauen getragen, durch die Betroffenen und ihre Verwandtschaft
natürlich, aber auch diejenigen Nachbarinnen, die bei der Geburt und der Kindstaufe
anwesend gewesen waren. Diese Beobachtung setzt ein deutliches Fragezeichen
hinter die immer noch gängige Bewertung der Hexenverfolgungen als patriarchalische
Veranstaltung. Bei den vorhergegangenen Fällen war es vor allem die weibliche
Sphäre, innerhalb derer sich die Gerüchte entwickelten. Ähnliche Beobachtungen hat
Lyndal Roper für die Augsburger Hexenprozesse gemacht; sie kreisten ebenfalls um
Konflikte im Wochenbett. 66 Nebenbei: In Köln waren es vor allem Bäckersfrauen, die
als Gebärende und junge Mütter sich von den magischen Machenschaften der
Hebammen getroffen fühlten. Gab es hier einen besonders dichten berufssepzifischen
Diskurs unter diesen Frauen?
Die Kinderhexenprozesse der Spätzeit
Mit diesen Bemerkungen sind nur einige Aspekte der Kölner Verfolgungswelle berührt.
Lohnend wäre auch eine nähere Analyse derjenigen Verfahren, die, kaum bekannt, am
Ende der 1640er und Anfang der 1650er Jahre noch mit einigen Hinrichtungen von
Hexen endeten. Im Zuge der Ermittlungen kam es hier zu einigen
Kinderhexenprozessen. Schon früher waren Kinder auf dem Turm gelandet, weil sie
angeblich Hasen machen konnten. 1630 war die achtjährige Maria Cecilia, deren Eltern
und Bruder in Ahrweiler als Hexen verbrannt worden waren, wegen dieses Deliktes
verhaftet worden. Ein Demonstrationsversuch ihrer Künste endete jedoch mit Tränen
und Flehen. Selbst in dieser aufgeheizten Phase verurteilte sie das Gericht nicht zum
Tode, sondern verwies sie der Stadt (78ff). 67 Anders wurde im Jahr 1645 mit Peter von
Rodenkirchen verfahren, einem elf– oder zwölfjährigen Waisenjungen, der schon
einmal beim Opferstockdiebstahl erwischt worden war. Auch er konnte seine Kunst auf