Hexenverfolgung in einer frühneuzeitlichen Großstadt - Technische ...
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Schwerhoff, <strong>Hexenverfolgung</strong> (1996)<br />
19<br />
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Christ<strong>in</strong>a selber. Auch e<strong>in</strong> anderer Pater mit Namen Lem war schließlich nach<br />
e<strong>in</strong>gehender Befragung von Cathar<strong>in</strong>as Erzählungen überzeugt. Sie gestand ihm<br />
gegenüber unsittliche Handlungen mit dem Teufel, den Besuch auf dem Sabbat und<br />
Wettermachen, verne<strong>in</strong>te aber die Frage, ob sie weiteren Schadenszauber ausgeübt<br />
habe. Pater Lem habe darauf vermerkt, "dan seidt ihr e<strong>in</strong>e arme aber ke<strong>in</strong>e bose hex"<br />
(S.69). Die Informationen der Beichtväter fanden ihren Weg <strong>in</strong> die Akten und Ohren der<br />
Hexen<strong>in</strong>quisitoren. Cathar<strong>in</strong>a selber beschuldigt <strong>in</strong> diesem Zusammenhang ihre<br />
Seelsorger empört des Bruchs des Beichtgeheimnisses – mit den Worten, sie möchte<br />
gerne wissen, "waß daß vor Preister weren, welche auß der beicht schwetzten" (64) –<br />
während diese sich wohl darauf beriefen, mit Cathar<strong>in</strong>a auch <strong>in</strong> der Sakristei<br />
Gespräche geführt zu haben. Das bittere Resümee der Frau war jedenfalls die<br />
Feststellung, "Wan die beichts Vetter solche sachen von der hexerei nit gefragt hetten,<br />
daß sie alßdan niemalhlen <strong>in</strong> diesen ihrthumb kommen were."(67). Diese Aussagen vor<br />
den städtischen Ermittlern hatten übrigens ke<strong>in</strong>en dauerhaften Bestand. An das<br />
Hochgericht geliefert, muß Cathar<strong>in</strong>a später zum Geständnis ihrer Hexenkunst<br />
gezwungen worden se<strong>in</strong>, denn sie wurde am 6. Februar 1630 auf dem Scheiterhaufen<br />
h<strong>in</strong>gerichtet (S.81/Z.4ff). 56<br />
Die soziale Verfolgungsdynamik ?von unten?<br />
Um die Dynamik der Prozesse zu verstehen, dürfen wir den Blick nicht nur auf die<br />
Herrschenden, die Gelehrten und ihre Institutionen richten. Ebenso wichtig s<strong>in</strong>d<br />
Wahrnehmung und Verhalten der e<strong>in</strong>fachen Kölner Bevölkerung. Über die sozialen<br />
Konstellationen und die Zuschreibungsmuster, die zu e<strong>in</strong>em Hexereiverdacht oder gar<br />
e<strong>in</strong>er Anklage führten, enthalten die Quellen e<strong>in</strong>e Fülle von wichtigen Informationen, die<br />
bisher kaum ausgewertet worden s<strong>in</strong>d. Ich muß mich hier auf e<strong>in</strong>ige erste<br />
Bemerkungen zum Geschlechts–, Alters– und Berufsprofil der Angeklagten<br />
beschränken.<br />
Von den 32 im 17.Jahrhundert wegen Hexerei h<strong>in</strong>gerichteten Personen waren nur 2<br />
männlichen Geschlechts. Mit e<strong>in</strong>em Frauenanteil von fast 94% unter den Opfern der<br />
Justiz gehört die Stadt Köln damit zu denjenigen Regionen, wo der<br />
geschlechtsspezifische Charakter der Hexerei besonders stark ausgeprägt war. Die<br />
allgeme<strong>in</strong>en H<strong>in</strong>tergründe für diesen zentralen Aspekt der <strong>Hexenverfolgung</strong> habe ich an<br />
anderer Stelle zu diskutieren versucht. 57 Von besonderem Interesse ersche<strong>in</strong>t aber im<br />
Kölner Fall, welche Frauen der Hexereivorwurf traf. Nach Siebels Übersicht handelte es<br />
sich bei m<strong>in</strong>destens sieben der h<strong>in</strong>gerichteten Frauen um Hebammen; wahrsche<strong>in</strong>lich<br />
waren es noch mehr. 58 Diese Übersicht wird <strong>in</strong> der Forschung immer wieder als