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Hexenverfolgung in einer frühneuzeitlichen Großstadt - Technische ...

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Schwerhoff, <strong>Hexenverfolgung</strong> (1996)<br />

18<br />

____________________________________________________________________________________________<br />

Auch die Geistlichkeit stellte ke<strong>in</strong>eswegs e<strong>in</strong>en monolithischen Block dar. Christ<strong>in</strong>a<br />

Plum erzählte selbst, wie ihr ursprünglicher Beichtvater, der Pastor von St.Laurenz, ihre<br />

Erzählungen bewertete, nämlich als "kakelerei" und "lauter pfantasei"(24); sie habe ihre<br />

fünf S<strong>in</strong>ne nicht mehr beisammen (25). Christ<strong>in</strong>a zog die Konsequenzen und suchte<br />

sich e<strong>in</strong>en neuen Beichtvater; sie fand ihn <strong>in</strong> He<strong>in</strong>rich Glimbach, dem Dechanten von<br />

St.Sever<strong>in</strong>. Glimbach förderte die Besagungsbereitschaft se<strong>in</strong>es Beichtk<strong>in</strong>des und<br />

unterstütze sie auch während ihrer ersten Haftzeit. Von Vertretern des Rates nach<br />

se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung gefragt, stellte er ihr e<strong>in</strong> positives Zeugnis aus: Sie sei auf dem Weg<br />

der Besserung. Ihre Aussagewilligkeit dürfe nicht durch Sanktionen bestraft werden, es<br />

wäre dienlich, sie frei zu lassen (32). Die Privat<strong>in</strong>quisition des Dr.Glimbach sollte <strong>in</strong> den<br />

kommenden Monaten die Gerüchteküche heftig anheizen. E<strong>in</strong> von ihm verfasstes<br />

"Klagelied" schließlich warf der Stadt ihre Untätigkeit <strong>in</strong> Sachen Hexen<strong>in</strong>quisition vor;<br />

die Schmähschrift wurde vom Rat im Januar 1630 e<strong>in</strong>gezogen und öffentlich<br />

verbrannt. 55<br />

Welche entscheidende Rolle die Geistlichkeit als Schaltstelle des Hexengerüchts <strong>in</strong> der<br />

Stadt spielte, kann auch an e<strong>in</strong>em anderen Fall plastisch nachvollzogen werden. Die<br />

dreißigjährige Cathar<strong>in</strong>a s<strong>in</strong>e cognom<strong>in</strong>e wurde im Januar 1630, kurz vor der<br />

H<strong>in</strong>richtung von Christ<strong>in</strong>a Plum, zum ersten Mal durch die städtischen Inquisitoren<br />

verhört (63). Als F<strong>in</strong>delk<strong>in</strong>d wurde sie <strong>in</strong> Köln unter dem Schutz des ehemaligen<br />

Pastors von St.Sever<strong>in</strong> aufgezogen, fiel aber mit 21 Jahren bei diesem <strong>in</strong> Ungnade,<br />

weil sie e<strong>in</strong> uneheliches K<strong>in</strong>d bekam. Seitdem lebte sie offenbar <strong>in</strong>bitterer Armut, mit<br />

ihrer Hände Arbeit konnte sie sich aufgrund körperlicher Gebrechen nach eigenen<br />

Angaben nicht ernähren (72). In dieser traurigen Lage verfiel Cathar<strong>in</strong>a offenbar auf die<br />

fatale Idee, sich bei verschiedenen Kölner Geistlichen selber als Hexe anzuklagen, um<br />

von ihnen Unterhalt, wohl e<strong>in</strong> Almosen, zu bekommen (S.66). Sie zog durch die Stadt<br />

und gestand verschiedenen Beichtvätern, sie sei e<strong>in</strong>e Hexe. Die Reaktionen sche<strong>in</strong>en<br />

sehr verschieden gewesen zu se<strong>in</strong>: Der Pastor zu St. Alban frage mißtrauisch, "daß<br />

ihrer etliche hervmber lieffen vnd die Pastores bedrugen, ob sie deren auch e<strong>in</strong>e<br />

were?". Der Beichtvater von Kle<strong>in</strong> St. Mart<strong>in</strong> erklärte ihr fürsorglich, sie könne wieder<br />

vom Teufelsbündnis erlöst werden (70). Entscheidend wurde allerd<strong>in</strong>gs das Verhalten<br />

des Kaplans von St.Peter, des Jesuitenpaters Bolte, bei dem die Selbstbezichtigung<br />

der Frau auf fruchtbaren Boden fiel. Offenbar fragte er Cathar<strong>in</strong>a <strong>in</strong> der Beichte gezielt<br />

und suggestiv nach anderen Mithexen aus: Ob die oder der nicht auch Hexen seien,<br />

<strong>in</strong>s<strong>in</strong>uierte er, was die Frau bereitwillig bestätigte. Auf diese Weise belastete sie z.B. –<br />

ganz auf der L<strong>in</strong>ie von Christ<strong>in</strong>a Plum – die Frau des Bürgermeisters Hardenrath und<br />

Hartger Henot, den Bruder der h<strong>in</strong>gerichteten Cathar<strong>in</strong>a, aber ebenfalls die Kronzeug<strong>in</strong>

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