Hexenverfolgung in einer frühneuzeitlichen Großstadt - Technische ...

Schwerhoff, Hexenverfolgung (1996)
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eines Hochgerichtsurteils in Melaten auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Auf dem Weg
zur Richtstätte legte ihr ein Notar auf Bitten der Verwandten einen Brief zur
Beglaubigung vor, den sie einige Tage zuvor eigenhändig verfasst und in dem sie ihre
Unschuld beteuert hatte. Die Verurteilung ohne Geständnis bildet den Gipfelpunkt aller
Merkwürdigkeiten und stellt einen klaren Fall von Justizmord dar. 43 Ohne ein gültiges
Geständnis konnte eigentlich auch der fanatischste Hexenjäger nicht verurteilen. Die
Auswüchse des Hexenprozesses zielten ja gerade darauf, mit allen Mitteln ein solches
Geständnis zu erlangen. Momentan gibt es keine Möglichkeit, die offenen Fragen zu
klären, und auch die oft geäußerte Vermutung einer Intrige gegen die Postmeisterin von
Seiten der Konkurrenz derer von Thurn und Taxis bleibt Spekulation.
Höhe– und Wendepunkt der Kölner Hexenprozesse zugleich markiert das Verfahren
der Christina Plum. Der Prozeß ebenso wie die Person im Mittelpunkt, die
vierundzwanzigjährige Tochter des Gaffelboten der Gürtelmacher, bilden einen echten
Kontrapunkt zum Fall der Katharina Henot. Allerdings fließen hier die Quellen
reichlicher, denn das edierte Hexenprotokoll setzt mit den Verhören der Christina Plum
ein, ja es verdankt diesen nach einer plausiblen These der Herausgeber erst seine
Existenz. Es sei geschaffen worden, um die heiklen Aussagen und alle mit dem Fall
Plum zusammenhängenden Vorgänge und Rechtsakte zentral in einer Akte zu
sammeln. 44 Tatsächlich waren die Vorgänge um Christina Plum höchst beunruhigend.
Den Stand der Forschung fasst Gerhard Schormann wie folgt zusammen: "Christina
Plum zeigte sich selbst als Hexe an und denunzierte im Prozeßverlauf derartig viele
Mitglieder der Oberschicht, daß die Elite sich ernstlich bedroht sah. Sofort ergriff der
Magistrat Maßnahmen, um dieser Gefahr zu begegnen und weitere Hexenprozesse
niederzuschlagen. Tatsächlich brachte die Hinrichtung von Frau Plum für die
Reichsstadt das Ende der Prozeßkette, auch wenn später vereinzelt noch Prozesse
stattfanden. Die Denunziationen der Christina Plum wurden öffentlich als bösartige
Verleumdungen abgetan, die Betroffenen rehabilitiert. Daß der Kurfürst den Magistrat
schon 1629 wieder als "Schutzpatron der Hexen" bezeichnete, hängt mit diesen
Maßnahmen zusammen." 45
Diese Darstellung muß in einigen Punkten relativiert oder sogar korrigiert werden. Vor
allem die vorherrschende Beurteilung vonChristinas Persönlichkeit und Verhalten ist
fragwürdig. Siebel charakterisiert sie als "offensichtlich geistesschwach und vom Wahn
besessen" und nimmt die Schormannsche These von der Selbstbezichtigung als Hexe
vorweg. 46 Derartige freiwillige Selbstanklagen kennen wir aus anderen Verfahren