Informationen 2004 - WSD Mitte - Wasser- und ...

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38 WSD Mitte 2004 Bernhard Nitsche WSA Hann.Münden Geschichte der Wehre in Hameln Die Geschichte des Oberen und Unteren Wehres in Hameln geht bis in das Jahr 1300 n. Chr. zurück. Auf Grund ihrer Zerstörung durch Hochwässer oder Eisgang wurden im Laufe der Jahrhunderte fünf verschiedene Holzwehre an unterschiedlichen Standorten neu errichtet. Ein Bruch des Oberen Wehres auf 28 m Länge machte im Jahr 1683 einen grundlegenden Neuaufbau beider Wehre erforderlich. Man entschloss sich zum Bau einer Wehrkonstruktion, bestehend aus fünf in den Untergrund geschlagenen Pfahlreihen mit dazwischen liegenden Steinpackungen und einem horizontalen Balkenrost über den Pfahlköpfen, verbunden mit einer weiteren Erhöhung der Stauhaltung. Nach gut hundert Jahren führten hohe Unterhaltungskosten und häufige Brüche der Holzpfahlreihenwehre schließlich zum Neubau zweier Betonwehre. Der Staat Preußen errichtete 1885 bis 1889 das siebente Wehr in Form von Schwergewichtsmauern unmittelbar hinter den vorhandenen Wehrkonstruktionen sowie erstmals eine Fischtreppe im Oberen Wehr. Die vorhandenen und verbleibenden alten Wehre dienten als Wehrvorboden und wurden hierfür mit einer Stampfbetonschicht über dem horizontalen Balkenrost vergütet. Die so geschaffene Wehrvorbodenplatte sollte den neuen Wehrkörper vor Eis und Geschiebe schützen. Die Kronenbreite der neuen Wehre betrug 3,0 m, ihre Höhe von der Sohle bis zur Wehrkrone 7,5 m. Die tiefe Gründung erhöhte die Standsicherheit, eine starke Steinpackung am Wehrfuß im Unterwasser schützte gegen Auskolkung. Die Wehrkrone deckte man mit Sandsteinplatten ab. Die heutige Überfallhöhe beträgt 2,95 m, wobei sich die Höhe von NN + 63,70 m am Oberen Wehr und von NN + 63,81 m am Unteren Wehr nicht geändert hat. Heute dient die durch die Wehre geschaffene Stauhaltung nicht nur der Schifffahrt, sondern auch der regenerativenStromerzeugung mittels zweier Wasserkraftwerke. Abb.1 - Staustufe Hameln Grundinstandsetzung Wehr Hameln Veranlassung zur Instandsetzung Bei Inspektionen der Bauwerke wurden erste Durchsickerungen bereits 1964 dokumentiert. 1987 wurden aufgrund festgestellter starker Veränderungen und Unterläufigkeiten sowohl am Oberen als auch am Unteren Wehr ein Gutachten zur Beurteilung des baulichen Zustandes/Standsicherheitsüberprüfung und eine Baugrunduntersuchung bei der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW), Karlsruhe, in Auftrag gegeben. Kernbohrungen durch die Wehrkörper und Bohrungen in den Untergrund bildeten die Grundlagen für die Beurteilung. Die Vorbodenplatte, die dem Wehrkörper vorgelagert ist, war an vielen Stellen gebrochen und durchlässig. Abflussmengenmessungen, z. B. unter dem 170 m langen Oberen Wehr, ergaben eine Unterströmung von etwa 5 m³/s. Untersuchung des Baugrundes Die Ergebnisse der Baugrunduntersuchung zeigten, dass der geologische Aufbau im Bereich des Oberen und des Unteren Wehres relativ gleich ist. Auf einem Tonmergelgestein (Fels) befindet sich eine 8 m bis 10 m starke sedimentäre Auflage, die vorwiegend aus Kiesen unterschiedlicher Zusammensetzung besteht. Der Fels ist rammbar und wird als gering bis sehr gering durchlässig eingestuft. Untersuchung der Wehrkörper Die aus den Bestandsplänen übernommene Tiefe des Betonkörpers von 7,5 m wurde bei keiner Kernbohrung erreicht. Im Mittel wurden bei beiden Wehren Tiefen zwischen 6 m und 7 m gemessen. An der Westseite des Unteren Wehres reichte der Betonkörper sogar nur bis in eine Tiefe von 3,5 m. Darunter befand sich ein Sand- Feinkiesgemisch. Die gefundenen Ergebnisse fielen weit schlechter aus als erwartet. Unterschieden wurde in ungestörte und gestörte Bereiche. Nur die ungestörten Bereiche konnten einer direkten Beur-

Grundinstandsetzung Wehr Hameln teilung unterzogen werden, wobei der Beton beider Wehre nur noch der Festigkeitsklasse B 5 entsprach. Die gestörten Bereiche bestanden entweder nur noch aus Sand und Kies, aus denen das Bindemittel Zement wahrscheinlich im Laufe der Zeit ausgewaschen worden war, oder es konnten ihnen nur noch Betonbruchstücke entnommen werden. Deshalb war weder eine Zuordnung noch eine Prüfung möglich. Der Verbund der Zuschlagstoffe war in diesen Bereichen nicht mehr gegeben und damit auch keine Festigkeit eines Betonkörpers zu ermitteln. Hieraus resultierte, dass nicht nur von der bekannten „Unterströmung“, sondern nun auch noch von einer „Durchströmung“ der Wehre auszugehen war. Die Standfestigkeit der Wehre war in Frage gestellt, eine umgehende Instandsetzung erforderlich. Als Instandsetzungsmaßnahme für die Wehrkörper wurde von der BAW die Injektion mit Zementsuspension vorgeschlagen. Jedoch durfte während der Injektionen keine Durchströmung stattfinden, so dass vorher zumindest eine oberwasserseitige Trockenlegung der Wehrkörperbereiche notwendig wurde. Geplantes Instandsetzungsverfahren Im Rahmen der Instandsetzungsplanung wurden, wegen Überflutung des Oberen Wehres, Proberammungen und Probeinjektionen nur am Unteren Wehr durchgeführt. Hierbei bestätigten sich die Aussagen und Ergebnisse der BAW. In Abstimmung mit der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Mitte wurde das Instandsetzungsverfahren für beide Wehre festgelegt. Im Schutz einer oberwasserseitig dichten Spundwand sollte die alte Vorbodenplatte abgebrochen, der feste Wehrkörper zur Erhöhung der Standfestigkeit mit Zementsuspension injiziert und eine 40 cm dicke Stahlbetonplatte als neue Vorbodenplatte zum Schutz des Wehrkörpers vor Eis und Geschiebe eingebaut werden. Die neue Vorbodenplatte und der Wehrkörper sollten zur Abtragung auftretender Kräfte durch Anker miteinander verbunden werden. Nach Abschluss aller Baumaßnahmen sollte die Baugrubenspundwand in Höhe der neuen Wehrvorbodenplatte durch Taucher unter Wasser abgebrannt werden. Der Rest der Spundwand sollte als dichtendes Element im Untergrund verbleiben. Die Instandsetzung sollte in zwei Bauabschnitte (Oberes Wehr/ Unteres Wehr) aufgeteilt werden und jeweils in der hochwasserfreien Zeit von Mai bis Oktober/November durchgeführt werden. Auf dieser Grundlage wurde das Untere Wehr in 2001 und anschließend das Obere Wehr in 2003 und 2004 in zwei Teilabschnitten instand gesetzt. Baubestandswerk und Baudurchführung Die einzigen vorhandenen Bestandsunterlagen über die beiden Wehre entstanden in den fünfziger Jahren. Sie beruhen auf noch vorhandenen Aufzeichnungen aus der Bauphase von 1885 bis 1889 bzw. mündlichen Überlieferungen aus dieser Zeit. Originale aus der Bauzeit gibt es nicht. Die drei Bauabschnitte waren von vielen nicht vorhersehbaren Bauausführungsänderungen geprägt. Der tatsächlich vorgefundene Baubestand entsprach vielfach nicht dem dokumentierten Baubestandswerk des WSA Hann.Münden. Auch die umfangreichen Voruntersuchungen konnten dieses Defizit nicht beseitigen. • Das Rammen der Dichtwand verlief, abgesehen von einigen Rammhindernissen, an beiden Wehren ohne größere Probleme. Die Doppelbohlen wurden mit einer Hydraulikvibrationsramme eingebracht, wobei die Rammung des letzten Meters und die Einbindung in den Fels mit einem Dieselrammbären durchgeführt wurde. • Darauf folgte jeweils der Abbruch der Vorbodenplatten. Der Abraum wurde per Binnenschiff abgefahren, recycelt und teilweise wieder eingebaut. Hier sei noch erwähnt, dass die Versorgung der gesamten Baustelle ausschließlich über den Wasserweg erfolgte. Abb. 2 - Abbruch des Pfahlrostes am Oberen Wehr • Die Anzahl der vorgefundenen Holzpfähle war weitaus zahlreicher als erwartet. Sie konnten nicht gezogen, sondern mussten mit einem Tieflöffel abgebrochen werden. Die vorgefundenen Balkenlagen auf den Pfahlköpfen waren in Quer- und Längsrichtung (horizontaler Balkenrost) angeordnet. • Beim Wehrwiderlager am Unteren Wehr war man, wie beim Wehrkörper, von einem festen, mit Sandsteinabdeckung versehenen Betonkörper ausgegangen. Tatsächlich fand man nur auf dem Balkenrost aufgesetzte, ausbetonierte Sandsteinblöcke vor. • Die Sandsteinmauer am Westwiderlager des Unteren Wehres zum Werder hin war nicht, wie vermutet, auf Beton oder Fels gegründet, sondern auf Holzpfählen. So ergab sich nach Aushub der alten Vorbodenplatte eine seitliche Umläufigkeit der Baugrube, die abgedichtet werden musste. Quer zur Baugrube wurden im Wandbereich Dichtungsmanschettenrohre eingebracht, durch die anschließend die Hohlräume im Untergrund verpresst und eine seitliche Abdichtung erreicht wurde. • Im zweiten Teilbauabschnitt am Oberen Wehr wurden beim Ausheben zwischen Wehrkörper und Spundwand einige nicht bekannte, parallel zum Wehrkörper stehende Betonpfeiler freigelegt, die von Reparaturarbei- WSD Mitte 2004 39

Gr<strong>und</strong>instandsetzung Wehr Hameln<br />

teilung unterzogen werden, wobei der Beton beider Wehre<br />

nur noch der Festigkeitsklasse B 5 entsprach. Die gestörten<br />

Bereiche bestanden entweder nur noch aus Sand <strong>und</strong> Kies,<br />

aus denen das Bindemittel Zement wahrscheinlich im Laufe<br />

der Zeit ausgewaschen worden war, oder es konnten ihnen<br />

nur noch Betonbruchstücke entnommen werden. Deshalb<br />

war weder eine Zuordnung noch eine Prüfung möglich. Der<br />

Verb<strong>und</strong> der Zuschlagstoffe war in diesen Bereichen nicht<br />

mehr gegeben <strong>und</strong> damit auch keine Festigkeit eines Betonkörpers<br />

zu ermitteln.<br />

Hieraus resultierte, dass nicht nur von der bekannten „Unterströmung“,<br />

sondern nun auch noch von einer „Durchströmung“<br />

der Wehre auszugehen war. Die Standfestigkeit<br />

der Wehre war in Frage gestellt, eine umgehende Instandsetzung<br />

erforderlich. Als Instandsetzungsmaßnahme für die<br />

Wehrkörper wurde von der BAW die Injektion mit Zementsuspension<br />

vorgeschlagen. Jedoch durfte während der<br />

Injektionen keine Durchströmung stattfinden, so dass vorher<br />

zumindest eine oberwasserseitige Trockenlegung der<br />

Wehrkörperbereiche notwendig wurde.<br />

Geplantes<br />

Instandsetzungsverfahren<br />

Im Rahmen der Instandsetzungsplanung wurden, wegen<br />

Überflutung des Oberen Wehres, Proberammungen <strong>und</strong><br />

Probeinjektionen nur am Unteren Wehr durchgeführt. Hierbei<br />

bestätigten sich die Aussagen <strong>und</strong> Ergebnisse der<br />

BAW. In Abstimmung mit der <strong>Wasser</strong>- <strong>und</strong> Schifffahrtsdirektion<br />

<strong>Mitte</strong> wurde das Instandsetzungsverfahren für beide<br />

Wehre festgelegt.<br />

Im Schutz einer oberwasserseitig dichten Sp<strong>und</strong>wand sollte<br />

die alte Vorbodenplatte abgebrochen, der feste Wehrkörper<br />

zur Erhöhung der Standfestigkeit mit Zementsuspension<br />

injiziert <strong>und</strong> eine 40 cm dicke Stahlbetonplatte als neue<br />

Vorbodenplatte zum Schutz des Wehrkörpers vor Eis <strong>und</strong><br />

Geschiebe eingebaut werden. Die neue Vorbodenplatte<br />

<strong>und</strong> der Wehrkörper sollten zur Abtragung auftretender<br />

Kräfte durch Anker miteinander verb<strong>und</strong>en werden. Nach<br />

Abschluss aller Baumaßnahmen sollte die Baugrubensp<strong>und</strong>wand<br />

in Höhe der neuen Wehrvorbodenplatte durch<br />

Taucher unter <strong>Wasser</strong> abgebrannt werden. Der Rest der<br />

Sp<strong>und</strong>wand sollte als dichtendes Element im Untergr<strong>und</strong><br />

verbleiben. Die Instandsetzung sollte in zwei Bauabschnitte<br />

(Oberes Wehr/ Unteres Wehr) aufgeteilt werden <strong>und</strong> jeweils<br />

in der hochwasserfreien Zeit von Mai bis Oktober/November<br />

durchgeführt werden. Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage<br />

wurde das Untere Wehr in 2001 <strong>und</strong> anschließend das<br />

Obere Wehr in 2003 <strong>und</strong> <strong>2004</strong> in zwei Teilabschnitten<br />

instand gesetzt.<br />

Baubestandswerk <strong>und</strong><br />

Baudurchführung<br />

Die einzigen vorhandenen Bestandsunterlagen über die<br />

beiden Wehre entstanden in den fünfziger Jahren. Sie<br />

beruhen auf noch vorhandenen Aufzeichnungen aus der<br />

Bauphase von 1885 bis 1889 bzw. mündlichen Überlieferungen<br />

aus dieser Zeit. Originale aus der Bauzeit gibt es<br />

nicht.<br />

Die drei Bauabschnitte waren von vielen nicht vorhersehbaren<br />

Bauausführungsänderungen geprägt. Der tatsächlich<br />

vorgef<strong>und</strong>ene Baubestand entsprach vielfach nicht dem<br />

dokumentierten Baubestandswerk des WSA Hann.Münden.<br />

Auch die umfangreichen Voruntersuchungen konnten dieses<br />

Defizit nicht beseitigen.<br />

• Das Rammen der Dichtwand verlief, abgesehen von<br />

einigen Rammhindernissen, an beiden Wehren ohne<br />

größere Probleme. Die Doppelbohlen wurden mit einer<br />

Hydraulikvibrationsramme eingebracht, wobei die<br />

Rammung des letzten Meters <strong>und</strong> die Einbindung in<br />

den Fels mit einem Dieselrammbären durchgeführt<br />

wurde.<br />

• Darauf folgte jeweils der Abbruch der Vorbodenplatten.<br />

Der Abraum wurde per Binnenschiff abgefahren, recycelt<br />

<strong>und</strong> teilweise wieder eingebaut. Hier sei noch erwähnt,<br />

dass die Versorgung der gesamten Baustelle<br />

ausschließlich über den <strong>Wasser</strong>weg erfolgte.<br />

Abb. 2 - Abbruch des Pfahlrostes am Oberen Wehr<br />

• Die Anzahl der vorgef<strong>und</strong>enen Holzpfähle war weitaus<br />

zahlreicher als erwartet. Sie konnten nicht gezogen,<br />

sondern mussten mit einem Tieflöffel abgebrochen<br />

werden. Die vorgef<strong>und</strong>enen Balkenlagen auf den<br />

Pfahlköpfen waren in Quer- <strong>und</strong> Längsrichtung (horizontaler<br />

Balkenrost) angeordnet.<br />

• Beim Wehrwiderlager am Unteren Wehr war man, wie<br />

beim Wehrkörper, von einem festen, mit Sandsteinabdeckung<br />

versehenen Betonkörper ausgegangen. Tatsächlich<br />

fand man nur auf dem Balkenrost aufgesetzte,<br />

ausbetonierte Sandsteinblöcke vor.<br />

• Die Sandsteinmauer am Westwiderlager des Unteren<br />

Wehres zum Werder hin war nicht, wie vermutet, auf<br />

Beton oder Fels gegründet, sondern auf Holzpfählen.<br />

So ergab sich nach Aushub der alten Vorbodenplatte<br />

eine seitliche Umläufigkeit der Baugrube, die abgedichtet<br />

werden musste. Quer zur Baugrube wurden im<br />

Wandbereich Dichtungsmanschettenrohre eingebracht,<br />

durch die anschließend die Hohlräume im Untergr<strong>und</strong><br />

verpresst <strong>und</strong> eine seitliche Abdichtung erreicht wurde.<br />

• Im zweiten Teilbauabschnitt am Oberen Wehr wurden<br />

beim Ausheben zwischen Wehrkörper <strong>und</strong> Sp<strong>und</strong>wand<br />

einige nicht bekannte, parallel zum Wehrkörper stehende<br />

Betonpfeiler freigelegt, die von Reparaturarbei-<br />

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