20.01.2022 Aufrufe

ALfA e.V. Magazin - LebensForum / 140 /4/2021

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Nr. <strong>140</strong> | 4. Quartal <strong>2021</strong> | ISSN 0945-4586 | Einzelpreis 5,– E B 42890<br />

Gesellschaft<br />

Wo bleibt die<br />

Menschwürde?<br />

Ausland<br />

Österreich regelt<br />

Suizidhilfe neu<br />

Medizin<br />

COVID-19: Impfen<br />

kein Problem?<br />

USA: SUPREME COURT<br />

Roe vs. Wade<br />

vor dem Fall?<br />

LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />

In Kooperation mit Ärzte für das Leben e.V.<br />

1<br />

www.alfa-ev.de


INHALT<br />

LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />

TITELTHEMA<br />

POLITIK<br />

GESELLSCHAFT<br />

»Die Zeit ist reif,<br />

Roe zu kippen«<br />

4<br />

In den USA wird die Luft für die<br />

Befürworter von Abtreibungen<br />

immer dünner. Lebensrechtler frohlocken:<br />

Noch nie waren die Aussichten<br />

auf ein neues Grundsatzurteil des<br />

Supreme Courts besser.<br />

Von Maximilian Lutz<br />

Gewinner und Verlierer<br />

14<br />

Im Koalitionsvertrag von<br />

SPD, Bündnis 90/Die Grünen<br />

und FDP bleiben das Lebensrecht ungeborener<br />

Kinder sowie die Rechte von<br />

Eltern auf der Strecke. Verlierer sind<br />

neben den Kindern vor allem Frauen.<br />

Von Cornelia Kaminski<br />

BVL-Fachtagung zur<br />

Reproduktionsmedizin<br />

18<br />

Die ethischen Ausblendungen<br />

und rechtlichen Bedrohungen<br />

durch eine ausufernde Reproduktionsmedizin<br />

thematisierte eine Fachtagung<br />

des Bundesverbands Lebensrecht (BVL)<br />

Mitte September in Berlin.<br />

Von Rainer Klawki<br />

»Es gibt keinen Grund,<br />

mutlos zu sein«<br />

8<br />

Frank Pavone gehört zu den<br />

profiliertesten Lebensrechtlern<br />

in den USA. Seit 1993 ist der katholische<br />

Priester Vorsitzender der »Priests<br />

for Life«, die Priester – egal welcher<br />

Konfession – bei ihrem Einsatz für das<br />

Leben unterstützen.<br />

Von Cornelia Kaminski<br />

AUSLAND<br />

»Das Leben wählen«<br />

20<br />

Rund 4.500 Lebensrechtler<br />

demonstrierten am 18. September<br />

beim »Marsch für das Leben« in<br />

Berlin gegen Abtreibung und assistierten<br />

Suizid. Gegendemonstranten<br />

spielten diesmal keine Rolle.<br />

Von Stefan Rehder<br />

Suizidbeihilfe<br />

mit Hürden<br />

16<br />

Österreich legalisiert den<br />

assistierten Suizid unter<br />

restriktiven Regeln. Das Sterbeverfügungsgesetz<br />

soll eine Kommerzialisierung<br />

verhindern und die Freiheit des<br />

Gewissens sichern.<br />

Von Stephan Baier<br />

2 LEBENSFORUM <strong>140</strong>


EDITORIAL<br />

Jedes Leben ist kostbar<br />

MEDIZIN<br />

COVID-19-Impfstoffe<br />

und fetale Zelllinien<br />

22<br />

Vehement diskutieren<br />

Politik und Gesellschaft<br />

über eine allgemeine Impfpflicht. Wie<br />

Impfstoffe hergestellt werden, erfährt<br />

dagegen nur wenig Beachtung. Eine Lücke,<br />

die hier geschlossen werden soll.<br />

Von Prof. Dr. med. Paul Cullen<br />

WEITERE THEMEN<br />

12<br />

30<br />

32<br />

34<br />

35<br />

Bioethik-Splitter<br />

Bücherforum<br />

Kurz vor Schluss<br />

Leserforum<br />

Impressum<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

Deutschland hat sich verändert. Die<br />

Bundestagswahl scheint zu einer Ampel-Regierung<br />

zu führen, in der Kräfte<br />

tonangebend sind, denen das Lebensrecht<br />

aller Menschen unwichtig ist.<br />

»§ 219a, § 218 – das fällt alles. Da<br />

kann man gar nichts mehr halten«, so<br />

ein frustrierter, sehr für das Lebensrecht<br />

kämpfender Bundestagsabgeordneter<br />

zu mir. Hinzu kommt die Neuregelung<br />

des assistierten Suizids, die<br />

angesichts der bereits vorliegenden<br />

Gesetzesentwürfe nichts Gutes erahnen<br />

lässt.<br />

Für uns bedeutet das: Mehr Arbeit. Mehr<br />

Aufklärung. Mehr Information. Denn<br />

auch das habe ich in Gesprächen mit<br />

Politikern nach der Wahl gelernt: Die Unkenntnis<br />

ist immens. Kaum jemand hat<br />

eine Vorstellung davon, was Abtreibungen<br />

tatsächlich bedeuten. Das Narrativ,<br />

nachdem sie zunächst einmal Frauenrecht,<br />

Selbstbestimmungsrecht, ja gar<br />

Menschenrecht sind, hat sich selbst in<br />

die Köpfe so mancher CDU-Mitglieder<br />

gefressen. Es ist unsere Aufgabe, dem<br />

die Wahrheit entgegenzusetzen: Abtreibungen<br />

beenden ein Menschenleben.<br />

Dem US-Bundesstaat Texas ist es gelungen,<br />

diese Erkenntnis in die ganze Welt<br />

zu transportieren – mit Unterstützung<br />

der Abtreibungslobby. Das texanische<br />

Gesetz – vom Volksmund »Heartbeat<br />

Bill« genannt – verbietet Abtreibungen<br />

ab dem Zeitpunkt, ab dem der Herzschlag<br />

des ungeborenen Kindes nachweisbar<br />

ist. Weltweite Empörung bei sogenannten<br />

Pro-Choice-Aktivisten: Das<br />

ist ja schon ab der sechsten Schwangerschaftswoche<br />

der Fall! Damit verbietet<br />

das Herzschlaggesetz ja alle Abtreibungen!<br />

Genau. Gut, dass nun auch ihr<br />

diese Information in die Welt posaunt:<br />

Ein kleiner Mensch hat ein schlagendes<br />

Herz. Schon zu Beginn der Schwangerschaft.<br />

Ein Zellhaufen hat das nicht.<br />

Mit Father Frank Pavone haben wir darüber<br />

gesprochen, welche Erfolge die Lebensrechtsbewegung<br />

in den USA noch<br />

zu verzeichnen hat und wo er Ursachen<br />

dafür sieht.<br />

Aber nicht nur auf Ebene der Bundesstaaten<br />

bewegt sich etwas in den USA.<br />

Mit der Regierung Joe Bidens sind radikale<br />

Abtreibungsbefürworter<br />

an der Macht,<br />

während gleichzeitig im<br />

obersten Gerichtshof konservative,<br />

lebensbejahende<br />

Richter über eine<br />

deutliche Mehrheit verfügen.<br />

Mit Spannung werden<br />

daher die nächsten<br />

Urteile erwartet. Zum ersten<br />

Mal seit der prinzipiellen<br />

Legalisierung von<br />

Abtreibungen 1973 ist ein<br />

höchstrichterlicher Urteilsspruch, der<br />

das Lebensrecht der Ungeborenen berücksichtigt,<br />

mit Händen greifbar.<br />

Neben den hoch spannenden Entwicklungen<br />

in den USA und den drohenden<br />

Eingriffen in das Recht auf Leben<br />

hierzulande beschäftigt uns seit Monaten<br />

ein weiteres Thema intensiv. Immer<br />

wieder erreichen uns Fragen nach der<br />

ethischen Vertretbarkeit der neuen Corona-Impfstoffe.<br />

Wir haben zwar mehrfach<br />

in Zeitungsbeiträgen und auch in<br />

unserem Podcast »LifeTalks« berichtet,<br />

sehen aber die Notwendigkeit, das<br />

Thema in seiner Komplexität im »<strong>LebensForum</strong>«<br />

ausführlich zu behandeln,<br />

um für mehr Klarheit zu sorgen. Auch<br />

hier fühlen wir uns der Wahrheit verpflichtet<br />

– selbst, wenn sie unbequem<br />

ist. Lassen Sie uns gemeinsam Botschafter<br />

dieser Wahrheit sein, die uns<br />

am Fest der Menschwerdung Christi besonders<br />

berührt: Gott begegnet uns in<br />

jedem Menschen. Auch deshalb ist jedes<br />

Menschenleben kostbar.<br />

Gesegnete Weihnachten!<br />

Ihre<br />

Cornelia Kaminski<br />

Bundesvorsitzende der <strong>ALfA</strong> e.V.<br />

LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />

3


TITELTHEMA<br />

»Die Zeit ist reif,<br />

Roe zu kippen«<br />

Die Luft für Abtreibungsbefürworter wird in den USA immer dünner. In Texas können sie ein »Herzschlag-Gesetz«<br />

nicht stoppen, ein restriktives Abtreibungsgesetz aus Mississippi schafft es sogar<br />

vor den Obersten Gerichtshof. Noch nie standen die Aussichten auf ein neues Grundsatzurteil so gut.<br />

Von Maximilian Lutz<br />

Texas ist für seine extremen<br />

Temperaturen bekannt. Bis<br />

auf 40 Grad klettert das Thermometer<br />

in den Sommermonaten –<br />

manchmal darüber hinaus. Noch weitaus<br />

aufgeheizter fühlt sich derzeit allerdings<br />

das gesellschaftspolitische Klima<br />

des Südstaats an. Verantwortlich dafür<br />

ist die Abtreibungsdebatte, die das texanische<br />

Parlament mit einem Anfang<br />

September in Kraft getretenen Gesetz<br />

erneut befeuerte.<br />

»Senate Bill 8«, im gängigen Sprachgebrauch<br />

auch als »Heartbeat Bill« bekannt,<br />

verbietet Abtreibungen, sobald<br />

ein Herzschlag des ungeborenen Kindes<br />

festgestellt werden kann, de facto<br />

somit bereits etwa ab der sechsten<br />

Schwangerschaftswoche. Das Abtreibungsverbot<br />

gilt auch in Fällen von sexuellem<br />

Missbrauch und Inzest. Ausnahmen<br />

sind nur für »medizinische Notfälle«<br />

vorgesehen, beispielsweise wenn das<br />

Leben der Mutter in Gefahr ist.<br />

Texas geht mit dem Gesetz zunächst<br />

einmal keinen neuen Weg: Zahlreiche<br />

weitere, konservativ regierte Bundesstaa-<br />

4 LEBENSFORUM <strong>140</strong>


TITELTHEMA<br />

ten verabschiedeten in den letzten Jahren<br />

ähnlich lautende »Heartbeat Bills«.<br />

Meist wurden sie jedoch von Gerichten<br />

blockiert, da sie verfassungswidrig<br />

seien. Seit dem Grundsatzurteil im Fall<br />

»Roe vs. Wade«, das der Oberste Gerichtshof<br />

1973 erließ, sind Abtreibungen<br />

mit gewissen Einschränkungen bis<br />

zur 24. Schwangerschaftswoche erlaubt.<br />

Die Besonderheit des Gesetzes aber<br />

liegt in der Umsetzung: Denn es wurde<br />

bewusst so konzipiert, dass es schwer<br />

gerichtlich anzufechten sein würde.<br />

Nicht die staatlichen Behörden in Texas<br />

sind für die Kontrolle verantwortlich,<br />

ob das Gesetz befolgt wird. Stattdessen<br />

können Privatpersonen, selbst<br />

wenn sie nicht in Texas leben, eine geplante<br />

oder durchgeführte Abtreibung<br />

zur Anzeige bringen, wenn sie davon<br />

erfahren. Auch Beihilfe zu einer Abtreibung,<br />

wie etwa eine abtreibungswillige<br />

Person zu einer Klinik zu fahren,<br />

ist laut dem Gesetz strafbar. Den<br />

Klägern werden finanzielle Belohnungen<br />

von mindestens 10.000 US-Dollar<br />

in Aussicht gestellt, wenn sie Verstöße<br />

zur Anzeige bringen.<br />

Nicht alle amerikanischen Lebensrechtler<br />

lobten diesen »Trick«. Es meldeten<br />

sich auch konservative Stimmen<br />

zu Wort, die den Zweck, nicht jedoch<br />

die Mittel begrüßten. Das Anliegen, Abtreibungen<br />

zu bekämpfen, dürfe nicht<br />

zu einer Kultur der gegenseitigen Bespitzelung<br />

und Denunziation führen,<br />

so der Einwand. Sarah Perry, Expertin<br />

für Rechtsfragen und Bürgerrechte bei<br />

der konservativen, den Republikanern<br />

nahestehenden Denkfabrik »The Heritage<br />

Foundation«, sprach gegenüber<br />

der in Würzburg erscheinenden, überregionalen<br />

katholischen Wochenzeitung<br />

»Die Tagespost« zwar von einem<br />

»cleveren Ansatz«. Wenn man aber die<br />

Bürger damit betraue zu kontrollieren,<br />

ob Gesetze eingehalten werden, würde<br />

man das Recht den Launen Einzelner<br />

aussetzen. Der demokratische US-<br />

Präsident Joe Biden nannte das Gesetz<br />

daher »fast schon unamerikanisch«.<br />

Das juristische Tauziehen verhinderte<br />

die Besonderheit in der Umsetzung<br />

ohnehin nicht. Bidens Regierung verklagte<br />

wenige Tage nach Inkrafttreten<br />

des »Heartbeat Bills« den Staat Texas.<br />

In der Klageschrift des Justizministeriums<br />

hieß es, das Gesetz sei eine »offene<br />

Missachtung« der Verfassung. Das<br />

Ziel sei klar: »Für Abtreibungskliniken<br />

soll es zu riskant werden, in dem Staat<br />

zu operieren, wodurch Frauen im gesamten<br />

Bundesstaat daran gehindert<br />

werden, ihre Verfassungsrechte auszuüben.«<br />

Zwar gab ein Bundesrichter aus<br />

Austin der US-Regierung zwischenzeitlich<br />

Recht. Ein Berufungsgericht entschied<br />

jedoch, das Gesetz müsse wiedereingesetzt<br />

werden. Die juristische Achterbahnfahrt<br />

kennt nur eine Endstation:<br />

den Obersten Gerichtshof. Dieser<br />

entschied vergangene Woche, sich am<br />

1. November mit dem Gesetz zu befassen.<br />

Das Justizministerium hatte zuvor<br />

an die höchsten Richter appelliert, dem<br />

Gesetz einen Riegel vorzuschieben. Bis<br />

es zu einer Entscheidung des Gerichts<br />

kommt, bleibt das Herzschlag-Gesetz<br />

weiter in Kraft.<br />

Denkbar ist allerdings auch, dass das<br />

Urteil Amerikas höchster Richter in einem<br />

anderen Fall den Streit um das texanische<br />

Gesetz beendet. Denn die Großwetterlage<br />

beim Lebensschutz, sie könnte<br />

sich schon bald grundlegend ändern:<br />

Anfang Dezember wird der Oberste<br />

Gerichtshof mit den mündlichen Anhörungen<br />

zum Fall »Dobbs vs. Jackson<br />

Women’s Health Organization« beginnen.<br />

Dabei geht es um eine so simple<br />

wie folgenschwere Frage: Sind alle<br />

Verbote von Abtreibungen vor der Lebensfähigkeit<br />

des Kindes außerhalb des<br />

Mutterleibs verfassungswidrig?<br />

Geklagt hatte die einzige Abtreibungsklinik<br />

in Mississippi, eben jene<br />

Jackson Women’s Health Organization,<br />

nach der der Fall nun benannt ist. Und<br />

zwar gegen ein Gesetz, das Abtreibungen<br />

ab der 15. Schwangerschaftswoche<br />

mit Ausnahme weniger Fälle verbieten<br />

würde, den »Gestational Age Act«. Das<br />

Gesetz war bereits 2018 erlassen worden,<br />

trat jedoch – wie so viele strikte<br />

Lebensschutzgesetze – nie in Kraft. Ein<br />

Bundesgericht in Mississippi setzte es<br />

Der Sitz des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten von Amerika<br />

aus, mit Verweis auf »Roe vs. Wade«.<br />

Nun waren die Voraussetzungen jedoch<br />

noch nie so vielversprechend, dass<br />

das berüchtigte Grundsatzurteil bald Geschichte<br />

sein könnte. Allein schon die<br />

Zusammensetzung des Obersten Gerichtshofs<br />

spricht dafür. Denn seitdem<br />

der ehemalige US-Präsident Donald<br />

Trump drei vakante Posten besetzen<br />

konnte, sind die konservativen Richter<br />

am Supreme Court mit sechs zu drei in<br />

der Mehrheit. Zwar stellte sich der konservative<br />

Vorsitzende der neun Höchstrichter,<br />

Chief Justice John Roberts jr.,<br />

in vergangenen Urteilssprüchen immer<br />

wieder auch auf die Seite der eher<br />

linksliberalen Richter. Aber auch wenn<br />

dies nun wieder der Fall sein sollte, wäre<br />

eine konservative Mehrheit von fünf<br />

zu vier gegeben.<br />

LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />

5


TITELTHEMA<br />

Was genau besagt »Roe«? Und was<br />

würde es bedeuten, wenn jener Präzedenzfall<br />

tatsächlich durch ein neues<br />

Grundsatzurteil ersetzt würde? Ein kurzer<br />

Blick in die Historie verschafft Klarheit.<br />

Ein »Recht« auf Abtreibung nennt<br />

die amerikanische Verfassung tatsächlich<br />

mit keinem Wort. Vielmehr argumentierten<br />

die Höchstrichter 1973 mit einem<br />

»Recht auf Privatsphäre«, abgeleitet<br />

aus dem 14. Zusatzartikel zur Verfassung,<br />

als sie ihr Urteil im Fall »Roe vs.<br />

Wade« begründeten. Dieses Recht führe<br />

dazu, dass übermäßig restriktive staatliche<br />

Regelungen in Sachen Abtreibung<br />

verfassungswidrig seien. Die Richter übten<br />

sich hier in Kompromissfindung, um<br />

dem »zwingenden Interesse« eines Bundesstaates,<br />

sowohl die Gesundheit einer<br />

schwangeren Frau wie auch das ungeborene<br />

Kind zu schützen, gerecht zu werden.<br />

Im ersten Trimester einer Schwangerschaft<br />

seien Abtreibungen quasi ohne<br />

Einschränkungen erlaubt; bis zur Lebensfähigkeit<br />

des Fötus außerhalb des Mutterleibs,<br />

die das Gericht etwa ab der 24.<br />

Schwangerschaftswoche ansetzte, dürften<br />

Abtreibungen jedoch nur noch mit<br />

Regulierungen möglich sein. Ein weiterer<br />

Präzedenzfall aus dem Jahr 1992,<br />

»Planned Parenthood vs. Casey«, hielt<br />

diese Rechtslage weitgehend aufrecht:<br />

Regulierungen von Abtreibungen vor<br />

der Lebensfähigkeit des ungeborenen<br />

Auf Lebenszeit gewählt: Die neun Richter des US-Supreme-Courts<br />

Kindes seien verfassungswidrig, wenn<br />

sie eine »unangemessene Belastung« für<br />

die schwangere Frau darstellten.<br />

Nicht nur konservative Rechtsexperten<br />

weisen jedoch immer wieder darauf<br />

hin, dass die Urteilsbegründung mangelhaft<br />

sei und auf keiner soliden rechtlichen<br />

Grundlage stehe. Auch die 2020<br />

verstorbene linksliberale Richter-Ikone<br />

Ruth Bader Ginsburg sprach von juristischer<br />

Kompetenzüberschreitung. Das<br />

Bewusstsein, dass »Roe vs. Wade« verfassungsrechtlich<br />

auf tönernen Füßen steht,<br />

ist also weit verbreitet. Dass die Rechtslage<br />

dennoch bis heute Bestand hat, liegt<br />

auch daran, dass Amerikas Höchstrichter<br />

bei einem Thema von solcher Tragweite<br />

wie der Abtreibungsfrage ungern<br />

gegen den selbst gesetzten Präzedenzfall<br />

verstoßen – damit würden sie ihre<br />

Rechtsprechung der vergangenen 50<br />

Jahre für fehlerhaft erklären.<br />

Amerikas Juristen führen schon seit<br />

Langem eine intensive Diskussion über<br />

die Frage, in welchen Fällen sich Gerichte<br />

an die Präzedenz halten sollten<br />

und unter welchen Umständen vergangene<br />

Urteile neu bewertet werden können.<br />

Für Anhänger einer wörtlichen Auslegung<br />

der Verfassung, die sogenannten<br />

Originalisten, ist jedoch klar: Die<br />

Umstände im Fall »Dobbs vs. Jackson<br />

Women’s Health Organization«, zu dem<br />

der Oberste Gerichtshof im Juni 2022<br />

sein Urteil bekannt geben will, lassen es<br />

schlicht und ergreifend nicht zu, »Roe<br />

vs. Wade« aufrechtzuerhalten.<br />

Einer jener Anhänger der originalistischen<br />

Denkschule ist John Finnis. Der<br />

australische Jurist und Rechtsphilosoph,<br />

der an der britischen Universität Oxford<br />

promovierte, gilt in den USA als konservative<br />

juristische Koryphäe. Finnis‘<br />

verfasste mehrere Bücher, lehrt derzeit<br />

an der katholischen Universität Notre-<br />

Dame in Indiana und betreute die Doktorarbeit<br />

des heutigen Supreme-Court-<br />

Richters Neil Gorsuch. Der 81-Jährige<br />

stellte gegenüber der katholischen Wochenzeitung<br />

»Die Tagespost« klar: Das<br />

Urteil im Fall »Roe vs. Wade« könne<br />

nicht als bindend betrachtet werden, da<br />

es einer verfassungsrechtlichen Grundlage<br />

entbehre.<br />

Sollte der Oberste Gerichtshof »Roe<br />

vs. Wade« tatsächlich kippen, sind nach<br />

Finnis‘ Ansicht nur zwei grundsätzliche<br />

Szenarien denkbar, die auch von<br />

der Verfassung gedeckt wären. Szenario<br />

eins: Die Höchstrichter kommen zu<br />

dem Ergebnis, dass das aus dem 14. Verfassungszusatz<br />

abgeleitete »Recht auf<br />

Privatsphäre« nicht die Freiheit beinhalte,<br />

sich zu einer Abtreibung zu entscheiden.<br />

Unter welchen Umständen<br />

Abtreibungen dann erlaubt wären und<br />

welche Regulierungen gelten, würde in<br />

solch einem Fall in die Hände eines jeden<br />

einzelnen Bundesstaates gelegt. Jeder<br />

Staat dürfte also sein eigenes Abtreibungsrecht<br />

verabschieden.<br />

Szenario zwei: Der Oberste Gerichtshof<br />

urteilt, dass auch für ungeborene<br />

Kinder dieselben Persönlichkeitsrechte<br />

gelten wie für geborene,<br />

da die Verfassung jeder Person denselben<br />

gesetzlichen Schutz garantiert. Abtreibungen<br />

wären dann wohl nur noch<br />

möglich, wenn es zu einem Interessenkonflikt<br />

zwischen Mutter und ungeborenem<br />

Kind kommt, sprich wenn das<br />

Leben oder die Gesundheit der Mutter<br />

bedroht sind. Dieses zweite Szenario<br />

ist viel weitreichender und würde<br />

eine völlige Abkehr von der bisherigen<br />

rechtlichen Auffassung bedeuten.<br />

Während Finnis gegenüber der »Tagespost«<br />

offenlässt, ob er ein neues<br />

Grundsatzurteil für wahrscheinlich hält,<br />

legt sich ein anderer renommierter amerikanischer<br />

Rechtsgelehrter fest: Robert<br />

George. In einem langen Essay für das<br />

6 LEBENSFORUM <strong>140</strong>


TITELTHEMA<br />

Online-<strong>Magazin</strong> »First Things« schreibt<br />

der 66-jährige konservative Philosoph<br />

und Hochschulprofessor, der Oberste<br />

Gerichtshof werde sowohl »Roe vs.<br />

Wade« wie auch »Planned Parenthood<br />

vs. Casey« überstimmen und die Abtreibungsgesetzgebung<br />

in die Hände<br />

der Bundesstaaten legen. Theoretisch<br />

könnte das höchste US-Gericht<br />

das »Recht« auf Abtreibung mit seinem<br />

Urteil im Fall »Dobbs« auch einschränken,<br />

ohne »Roe vs. Wade« gleich<br />

ganz zu kippen. Begründbar sei dieses<br />

Vorgehen jedoch kaum, betont George.<br />

Denn letztlich stelle jede Frist eine<br />

willkürliche, nicht aus der Verfassung<br />

ableitbare Grenze dar.<br />

Sollten die Richter die Gesetzeshoheit<br />

zu Abtreibung nächstes Jahr tatsächlich<br />

den Bundesstaaten zusprechen,<br />

würden automatisch die von den dortigen<br />

Parlamenten erlassenen Gesetze gelten.<br />

Das Abtreibungsrecht würde dann<br />

einem Flickenteppich gleichen. Erhebungen<br />

des von der Abtreibungslobby<br />

maßgeblich finanzierten Guttmacher<br />

Institutes zufolge wären Abtreibungen<br />

in mindestens 22 Bundesstaaten weitestgehend<br />

verboten oder stark reguliert;<br />

in mindestens 14 Staaten würde<br />

ein explizites »Recht« auf Abtreibung<br />

gelten. In den übrigen Staaten müssten<br />

erst neue Gesetze verabschiedet werden,<br />

die Tendenz geht dort aber meist<br />

zu einem restriktiven Abtreibungsrecht.<br />

Die Demokraten, seit vielen Jahren<br />

schon die Partei der Abtreibungsbefürworter,<br />

wollen dies natürlich verhindern.<br />

Viele Optionen bieten sich ihnen allerdings<br />

nicht. Im Grunde genommen nur<br />

eine einzige: Sie müssten ein bundesweit<br />

gültiges Gesetz verabschieden, das<br />

ein »Recht« auf Abtreibung garantieren<br />

würde und Vorrang vor den Regelungen<br />

der Einzelstaaten hätte. Da auch<br />

die Demokraten wissen, welch wackeligen<br />

Stand »Roe vs. Wade« tatsächlich<br />

hat, träumen sie schon lange von solch<br />

einem Schritt.<br />

Als einer der entschiedensten Verfechter<br />

trat in den letzten Monaten der US-<br />

Präsident Joe Biden höchstpersönlich<br />

auf. Auch wenn er selbst immer wieder<br />

darauf hinwies, Abtreibungen als Privatperson<br />

abzulehnen, sprach er sich in den<br />

letzten Jahren, insbesondere aber seit seinem<br />

Amtsantritt im Januar <strong>2021</strong>, für ein<br />

»Recht« auf Abtreibung aus. Diejenigen,<br />

die Biden zuvor noch in Schutz genommen<br />

hatten, überraschte der 78-Jährige<br />

Anfang September, indem er sogar seine<br />

Position zu der Frage, wann menschliches<br />

Leben beginnt, öffentlich revidierte:<br />

Entgegen seinen bisherigen Äußerungen<br />

erklärte der zweite katholische<br />

US-Präsident, er stimme nicht mit denjenigen<br />

überein, die der Meinung seien,<br />

menschliches Leben beginne mit<br />

Westgiebel über dem Haupteingang des Gerichtsgebäudes in Washington D.C.<br />

der Empfängnis. Biden folgt insgesamt<br />

quasi kritiklos der äußerst progressiven<br />

Linie seiner Partei in der Abtreibungsfrage.<br />

Von den Republikanern brachte<br />

ihm das den Vorwurf ein, er habe sich<br />

zur »Marionette« der Abtreibungslobby<br />

entwickelt. Eine Sichtweise, die alles<br />

andere als unbegründet ist.<br />

So verwundert es eben kaum, dass<br />

auch Biden mehrmals versprach, »Roe<br />

vs. Wade« in einem bundesweiten Gesetz<br />

verankern zu wollen. In Form des<br />

»Women’s Health Protection Act« nahm<br />

ein solches Gesetz in der unteren Kongresskammer,<br />

dem Repräsentantenhaus,<br />

Ende September tatsächlich die erste legislative<br />

Hürde. Für den Lebensschutz<br />

hätte es katastrophale Folgen: Selbst Abtreibungen<br />

bis zur Geburt wären unter<br />

gewissen Umständen erlaubt.<br />

Man kann aber durchaus von einem<br />

letzten Strohhalm sprechen, an den sich<br />

die Demokraten, die das Gesetz eingebracht<br />

hatten, hier klammern. Auch<br />

wenn Republikaner, Lebensschützer und<br />

einige katholische Bischöfe die Alarmglocken<br />

läuteten, können sie im Grunde<br />

genommen gelassen bleiben. Denn<br />

es gilt als nahezu ausgeschlossen, dass<br />

auch der Senat dem »Women’s Health<br />

Protection Act« zustimmen wird. Dazu<br />

fehlt den Demokraten die Mehrheit<br />

– bei Weitem. 60 der 100 Senatorenstimmen<br />

wären nötig. Die Demokraten<br />

stellen aber nur 50 Vertreter. Und<br />

sie können sich nicht einmal der geschlossenen<br />

Zustimmung in den eigenen<br />

Reihen sicher sein. Dass sich die<br />

Mehrheitsverhältnisse in den nächsten<br />

Legislaturperioden maßgeblich zu ihren<br />

Gunsten ändern, ist kaum denkbar.<br />

Unter amerikanischen Abtreibungsbefürwortern<br />

hat das Bewusstsein in den<br />

vergangenen Monaten zugenommen,<br />

dass ein Klimawandel beim Lebensschutz<br />

in der Luft liegt. Daher zog es sie<br />

auch verstärkt auf die Straßen, in zahlreichen<br />

größeren und kleineren Städten<br />

des Landes, um für »Roe vs. Wade« und<br />

für »reproduktive Rechte« zu demonstrieren.<br />

Es bleibt zu bezweifeln, ob sie<br />

damit viel erreichen. Auch Sarah Perry<br />

von der Heritage Foundation glaubt das<br />

kaum: In der katholischen Wochenzeitung<br />

»Die Tagespost« urteilte sie: »Die<br />

Zeit ist reif, Roe zu kippen.«<br />

LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />

7


TITELTHEMA<br />

»Es gibt keinen Grund,<br />

mutlos zu sein«<br />

Father Frank Pavone gehört zu den profiliertesten Lebensrechtlern in den USA. Seit 1993 ist der<br />

katholische Priester Vorsitzender der »Priests for Life«, einer Organisation, die es sich zur Aufgabe<br />

gemacht hat, insbesondere die Priester – egal welcher Konfession – für den Einsatz für das Leben<br />

zu stärken. Mit Father Pavone sprach für »<strong>LebensForum</strong>« Cornelia Kaminski.<br />

<strong>LebensForum</strong>: Father Pavone, Sie nennen<br />

Abtreibungen das dringlichste<br />

Problem unserer Zeit. Wieso?<br />

Father Frank Pavone: Aus zwei einfachen<br />

Gründen: Mathematik und Logik.<br />

Es gibt im Moment nichts, was<br />

mehr Leben kostet als Abtreibung.<br />

Wenn man hier in den USA nach häufigen<br />

Todesursachen forscht, steht<br />

dort Herzinfarkt oder Krebs – aber<br />

das ist nichts im Vergleich zu den<br />

Abtreibungszahlen. Es gibt weltweit<br />

keine häufigere Todesursache als Abtreibung.<br />

Das macht es zu einem ganz<br />

dringlichen Problem. Es ist aber auch<br />

die Logik: Kein anderes Recht kann<br />

ausgeübt werden, wenn das Recht auf<br />

Leben verneint wird. Wenn wir also<br />

über öffentliche Aufgaben reden, die<br />

wichtig sind – beispielsweise Gesundheitsvorsorge,<br />

Bildung –, dann können<br />

wir das nur den Menschen zuerkennen,<br />

die leben. Nur wenn Leben<br />

wertvoll ist, macht es auch Sinn, etwa<br />

in Bildung oder Gesundheit zu investieren.<br />

Warum sollte man Menschen<br />

durch eine gute Gesundheitspolitik<br />

am Leben halten, wenn das Leben<br />

nichts wert ist? Menschen, die sich<br />

für Abtreibungen einsetzen, leugnen<br />

diese Grundlage. Für sie ist das Leben<br />

eben nicht wertvoll genug, um es<br />

von Anfang an zu schützen. Wer also<br />

das Recht auf Leben wegwirft, wirft<br />

auch alle anderen Rechte weg. Darum<br />

ist Abtreibung das wichtigste Problem<br />

überhaupt.<br />

In den USA gibt es, anders als in<br />

Deutschland, ein eigenes von der katholischen<br />

Bischofskonferenz betriebenes<br />

Sekretariat für Lebensrechtsfragen,<br />

das mit zahlreichen Aktivitäten<br />

das Recht auf Leben in der Öffentlich-<br />

8 LEBENSFORUM <strong>140</strong>


TITELTHEMA<br />

keit verteidigt und sich auch vor politischer<br />

Einmischung nicht scheut –<br />

so kann auf der Website eine Petition<br />

gezeichnet werden gegen steuermittelfinanzierte<br />

Abtreibungen. Warum<br />

braucht es trotzdem noch »Priests for<br />

Life«?<br />

Die Priester, die meist sehr für das<br />

Leben sind, brauchen gegenseitige<br />

Ermutigung und Unterstützung. Wir<br />

brauchen Netzwerke, innerhalb derer<br />

wir uns austauschen und Tipps geben.<br />

Die Laien sind sehr engagiert in ihrem<br />

Einsatz für das Leben hier in den<br />

USA, aber damit sie den Segen ihrer<br />

Priester, die Unterstützung und Ermutigung<br />

durch die Priester erfahren<br />

können, müssen sie auch sehen, dass<br />

diese in Fragen des Lebensrechts führen<br />

und den Ton angeben. Die Tatsache,<br />

dass es so eine Organisation<br />

wie »Priests for Life« gibt, ist damit<br />

nicht nur eine große Ermutigung für<br />

die Priester, sondern auch für die Laien.<br />

Die Bewegung selbst ist durchaus<br />

ökumenisch, wir haben bei uns auch<br />

in führenden Positionen Menschen<br />

anderer Konfessionen.<br />

Wie erfolgreich sind Sie mit Ihrem Bestreben,<br />

die Kirche zu aktivieren, damit<br />

Abtreibungen beendet werden? Das ist<br />

ja das Motto von »Priests for Life«.<br />

Wir haben 1991 angefangen zu arbeiten,<br />

inspiriert durch den Erzbischof<br />

von New York, Kardinal O’Connor.<br />

Und unser Erfolg lässt sich daran messen,<br />

was in der Zwischenzeit geschehen<br />

ist. Hier in den USA haben wir<br />

eine große Schwächung der Abtreibungsindustrie<br />

erreicht. Zweidrittel<br />

Der Slogan auf Ihrer Website lautet:<br />

»Die Kirche aktivieren, um Abtreibungen<br />

zu beenden.« In Deutschland<br />

scheint das nicht so gut zu funktionieren:<br />

Schon vor dem Missbrauchsskandal<br />

war das Engagement in Sachen<br />

Lebensrecht seitens der offiziellen Kirchen<br />

in Deutschland eher zurückhaltend.<br />

Möglicherweise liegt es auch<br />

daran, dass sie sich nicht trauen, Positionen<br />

zu vertreten, für die sie von den<br />

Mainstream-Medien in die fundamentalistische,<br />

rechte Ecke geschoben werden.<br />

Dazu gehören zweifelsohne Pro-<br />

Life-Positionen. In den USA scheint das<br />

anders zu sein. Woran liegt das?<br />

Zunächst: Die Kirche muss sich immer<br />

erneuern: »Ecclesia semper reformanda.«<br />

Wir beginnen jede Messe<br />

mit dem Sündenbekenntnis. Aber<br />

die Erkenntnis unserer Schuld sollte<br />

uns nie daran hindern, das Evangelium<br />

zu verkünden. Im Gegenteil, es<br />

ist der erste Schritt, dies zu tun. Gerade<br />

weil wir gesündigt haben, wenden<br />

wir uns an den Herrn, unseren<br />

Retter. Wir dürfen uns nicht zum<br />

Father Frank Pavone bei einer Demo vor dem Obersten Gerichtshof der USA<br />

Schweigen bringen lassen, sondern<br />

müssen aus einer Haltung der Reue<br />

und der Hinwendung zu Gott heraus<br />

deutlich auf die Realitäten der Sünde<br />

und der Tugend hinweisen. Nicht<br />

weil wir besser sind als andere, sondern<br />

weil wir einfach reuige Sünder<br />

sind. Wir beobachten auch hier innerhalb<br />

des Klerus eine Tendenz, eher<br />

politisch zu reden und zu agieren als<br />

aus dem Geist des Evangeliums heraus.<br />

Wir brauchen aber innere Freiheit.<br />

Wenn wir sagen, das ungeborene<br />

Kind muss geschützt werden, dann<br />

stellen wir uns damit automatisch gegen<br />

die eine politische Partei und vielleicht<br />

an die Seite einer anderen. Aber<br />

es muss immer klar sein, dass wir das<br />

Evangelium verkünden und nicht politisch<br />

Partei ergreifen. Es muss uns<br />

daher egal sein, ob es so aussieht, als<br />

ob wir eine bestimmte politische Richtung<br />

oder Bewegung vertreten, und<br />

in welche Schublade wir da gesteckt<br />

werden. Das darf uns weder Angst machen,<br />

noch darf uns das motivieren.<br />

Wir müssen uns stets die Frage stellen:<br />

Was ist die Botschaft des Evangeliums<br />

in diesem Punkt? Wie kann<br />

ich mich hier so verhalten, dass ich<br />

den Geist des Evangeliums vertrete?<br />

Keine andere Erwägung sollte mich<br />

hier leiten.<br />

der Abtreibungseinrichtungen, die es<br />

damals in den USA gab, haben mittlerweile<br />

geschlossen. Das hat sehr viel<br />

zu tun mit Gebetswachen, Hilfen und<br />

Beratungen. So gibt es in den USA<br />

etwa viermal so viele Hilfscenter für<br />

Schwangere wie Abtreibungseinrichtungen.<br />

Auch im Bereich der Gesetzgebung<br />

haben wir viel Erfolg gehabt,<br />

es sind Hunderte von Pro-Life-Gesetzen<br />

verabschiedet worden in den<br />

einzelnen Bundesstaaten. Wir haben<br />

wirklich einen sehr großen Fortschritt<br />

zu verzeichnen. Heute haben<br />

wir die niedrigsten Abtreibungszahlen<br />

seit »Roe vs. Wade«. Wir haben<br />

viel politische Aufmerksamkeit. Wir<br />

sehen große Fortschritte und wir wissen,<br />

dass vieles damit zu tun hat, dass<br />

die Kirchen aufgestanden sind, Kle-<br />

LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />

9


TITELTHEMA<br />

Einerseits haben wir das auch schon<br />

alles erlebt. Als ich die Führung von<br />

»Priests for Life« 1993 übernommen<br />

habe, war mit Präsident Clinton<br />

ebenfalls eine sehr abtreibungsfreundliche<br />

Regierung im Amt. Nun<br />

haben wir jedoch eine Regierung, die<br />

radikaler als je zuvor für Abtreibungen<br />

eintritt. Selbst unter Obama war<br />

es so, dass ein paar Gesetze Bestand<br />

hatten, die in gewisser Weise noch das<br />

Recht auf Leben schützten. Zum Beispiel<br />

die Finanzierung von Abtreibungen<br />

durch Steuermittel – die war auch<br />

unter Obama und Clinton weiterhin<br />

verboten. Aber Biden und die Demokraten<br />

heute versuchen, all diese Regelungen<br />

für immer aufzuheben. Der<br />

Ansatz, den wir verfolgen und den ich<br />

auch allen anderen Ländern empfehlen<br />

würde, deren Regierungen so massiv<br />

für Abtreibungen sind, ist folgender:<br />

Man muss den Extremismus offenlegen.<br />

Und das ist auch ein biblisches<br />

Prinzip: Paulus schreibt im Brief<br />

an die Epheser, dass wir uns nicht mit<br />

den Früchten der Finsternis einlassen,<br />

sondern sie vielmehr offenlegen sollen.<br />

Und der Grund dafür, dass dies<br />

eine gute Strategie ist – auch politisch<br />

–, ist, dass sie in der Regel nicht<br />

das vertreten, was die meisten Menschen<br />

die meiste Zeit möchten. Beispielsweise<br />

wollen in den USA selbst<br />

diejenigen, die für Abtreibungen sind,<br />

nicht, dass ihre Steuergelder für deren<br />

Finanzierung eingesetzt werden.<br />

Wir müssen also offenlegen, wie radikal,<br />

wie weit entfernt von dem, was<br />

die meisten Menschen möchten, diese<br />

politischen Parteien sind, die sich für<br />

Abtreibungen einsetzen. Dann können<br />

wir ihre Anstrengungen zunichtemachen.<br />

Diese Politiker müssen sich ja<br />

schließlich ihren Wählern gegenüber<br />

verantworten. Es ist also sehr wichtig,<br />

diesen Extremismus offenzulegen.<br />

On air: Father Frank Pavone zählt zu den profiliertesten Lebensrechtlern der USA<br />

riker wie Laien. Sie haben ihre Stimme<br />

erhoben, waren aktiv und haben<br />

sich nie aus dem Kampf verabschiedet,<br />

auch wenn es sehr schwer war,<br />

so wie jetzt mit der Regierung unter<br />

Joe Biden.<br />

Wie schätzen Sie die Lage unter seiner<br />

Regierung ein?<br />

Von evangelischer Seite erleben wir,<br />

dass zu Podiumsdiskussionen Abtreibungsärzte<br />

und -lobbyisten eingeladen<br />

werden, nicht aber die Vertreter des<br />

Rechts auf Leben. Zudem hat gerade<br />

die katholische Kirche seit dem Missbrauchsskandal<br />

und nun mit der Auseinandersetzung<br />

um den synodalen Weg<br />

viel an Ansehen verloren. Es gibt daher<br />

auch die Meinung, es macht gar keinen<br />

Sinn mehr, sich um die Mitwirkung<br />

der Kirchen in Deutschland, die damit<br />

ja auch ein schlechtes Bild abgeben, in<br />

Lebensrechtsfragen zu bemühen.<br />

Es ist schon ein wenig Wahrheit in<br />

dieser Aussage. Wer aber ist es, der<br />

uns den Auftrag gibt, für das Leben<br />

einzustehen und das Evangelium des<br />

Lebens zu verkünden? Der Herr selbst.<br />

Einen Besuch wert: Die umfangreiche Internetpräsenz der »Priests for Life«<br />

10 LEBENSFORUM <strong>140</strong>


TITELTHEMA<br />

Er gibt der Kirche den Auftrag. Aber<br />

die Kirche ist nicht nur die Hierarchie,<br />

das sind wir alle. Die Hierarchie<br />

ist nur ein Teil des Ganzen. Es gab<br />

ja immer Zeiten in der Geschichte, in<br />

der das Führungspersonal der Kirche<br />

stärker oder schwächer war, ihr Ansehen<br />

besser oder schlechter. Aber die<br />

eine Sache, die sich nie geändert hat,<br />

ist, dass der Geist Gottes in seinem<br />

Volk wirkt. Und deswegen wirkt er<br />

auch im kleinen Kreis, in Aktionen. So<br />

hat meine Organisation angefangen –<br />

wir haben nicht darauf gewartet, dass<br />

die offizielle Kirche uns unterstützt.<br />

Wir sollten darauf auch nicht warten.<br />

Andererseits sollten wir die Kirche<br />

auch nicht einfach abhaken. Und<br />

wir wollen uns auf keinen Fall von ihr<br />

lösen. Aber wir können auch nicht darauf<br />

warten, dass sie aktiv wird. Wir<br />

haben unseren Marschbefehl schon<br />

von Gott selbst erhalten, durch Taufe<br />

und Firmung, und die Priester insbesondere<br />

durch die Weihe. Wir haben<br />

unsere Begabungen erhalten und<br />

sollten loslegen. Gott gibt seiner Kirche<br />

das Geschenk der Hierarchie, aber<br />

auch der vielen verschiedenen Bewegungen,<br />

die von den Gläubigen ins<br />

Leben gerufen werden. Da spielt die<br />

kirchliche Struktur keine Rolle – wir<br />

müssen an der Seite der schwangeren<br />

Frauen stehen, die Angst vor ihrem<br />

eigenen Baby haben, und ihnen Hilfe<br />

und Beistand anbieten. Wir müssen<br />

vor allem nach Abtreibung Heilung<br />

anbieten, das ist ein großer Teil<br />

meines priesterlichen Amts: Der Herr<br />

verzeiht dir auch die Abtreibung, in<br />

dieser Vergebung liegt ein immenser<br />

Trost. Die kirchliche Hierarchie<br />

müssen wir mit Gelassenheit betrachten:<br />

das annehmen, was uns hilft und<br />

weiterträgt in unserem Einsatz für das<br />

Leben, und ansonsten bedenken, dass<br />

es Gott selbst ist, der uns beauftragt.<br />

Angesichts der schwierigen Lage, in der<br />

wir uns befinden, neigt der eine oder<br />

andere dazu, mutlos zu werden – was<br />

können wir schon ausrichten gegen die<br />

immense finanzielle, mediale Macht<br />

der anderen Seite? Wie können wir da<br />

überhaupt gewinnen?<br />

Der Unterschied liegt nicht in der<br />

zahlenmäßigen Überlegenheit oder<br />

Größe, sondern darin, dass die andere<br />

Seite einfach Dinge verkündet, die<br />

falsch sind. Es ist die Wahrheit, die<br />

entscheidet. Der Irrtum hat oft die<br />

größere Plattform und das lautere Megafon,<br />

aber es ist nur die Wahrheit,<br />

die das Herz der Menschen erreicht.<br />

Und deswegen ist die Wahrheit immer<br />

mächtiger als die Worte der Gegenseite.<br />

Die Menschen werden von einer<br />

einzigen Wahrheit mehr überzeugt<br />

sein als von 100 falschen Botschaften,<br />

die sie von der Gegenseite hören. Sie<br />

können für eine Weile getäuscht werden,<br />

aber schlussendlich ist es so, dass<br />

solche falschen Dinge wie Abtreibungen<br />

einfach nicht ins Herz des Menschen<br />

passen. Sie finden keinen Nachhall<br />

im menschlichen Geist. Schauen<br />

wir einfach all die Reformbewegungen<br />

an, die es im Leben der Menschheit<br />

schon gegeben hat – den Kampf<br />

gegen Völkermord, Sklaverei, Rassentrennung:<br />

Die Unterschiede wurden<br />

nicht so sehr von großen Menschenmassen<br />

gemacht als vielmehr von inspirierten<br />

einzelnen Schlüsselpersonen,<br />

die sich vollständig dem Einsatz<br />

für Gerechtigkeit und Wahrheit hingegeben<br />

haben. Diese Hingabe sollten<br />

wir in unseren eigenen Herzen finden.<br />

Und dann werden wir eine Änderung<br />

bewirken, das steht völlig außer<br />

Frage. Gott wird uns nicht nach<br />

den Führungspersönlichkeiten in unserer<br />

Kirche fragen, sondern er wird<br />

wissen wollen: Wie bist du denn mit<br />

den Einsichten und dem Mut umgegangen,<br />

die ich dir gegeben habe?<br />

Bei der Mutter aller Pro-Life-Demos, dem US-amerikanischen »March for Life«<br />

Wir sollten uns wirklich freuen, dass<br />

wir bei diesem Thema auf der richtigen<br />

Seite kämpfen dürfen! Das ist<br />

ein Privileg. Es gibt überhaupt keinen<br />

Grund, mutlos zu sein.<br />

Weitere Infos<br />

Weitere Informationen zu den<br />

Themen in diesem <strong>LebensForum</strong><br />

finden Sie hier.<br />

Alternativ können Sie auch die<br />

Adresse https://www.alfa-ev.de/<br />

hintergrundinfos-zum-aktuellenlebensforum/<br />

in Ihren Browser<br />

eingeben.<br />

LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />

11


BIOETHIK-SPLITTER<br />

Abtreibung: Novelle<br />

knapp gescheitert<br />

Anna Zaborska<br />

Bratislava (<strong>ALfA</strong>). Die von der ehemaligen<br />

EU-Parlamentarierin Anna Zaborska<br />

2019 gegründete »Christliche Union«<br />

(KU) ist im slowakischen Parlament ein<br />

weiteres Mal knapp mit dem Versuch<br />

gescheitert, die geltende Abtreibungsgesetzgebung<br />

zu novellieren. Das berichtet<br />

die Katholische Nachrichtenagentur<br />

Österreichs (KAP). Demnach<br />

fehlte bei der Abstimmung über das von<br />

der KU eingebrachte »Gesetz zur Hilfe<br />

für schwangere Frauen« am 12. November<br />

eine einzige Stimme, um die neuen<br />

Bestimmungen durch das Parlament<br />

zu bringen. 67 der 134 Abgeordneten<br />

stimmten für den Entwurf. 38 votierten<br />

dagegen. 28 weitere enthielten sich<br />

der Stimme. Ein Abgeordneter nahm an<br />

der Abstimmung nicht teil.<br />

Wie die Agentur weiter berichtet,<br />

sah der Gesetzesentwurf vor allem eine<br />

Verlängerung der Frist zwischen der<br />

ärztlichen Beratung schwangerer Frauen<br />

und der Durchführung einer vorgeburtlichen<br />

Kindstötung von 48 auf<br />

96 Stunden vor. Ungewollt Schwangere<br />

sollten die Möglichkeit erhalten,<br />

ihre Entscheidung ohne Zeitdruck zu<br />

überdenken. Ferner sah der Entwurf<br />

ein Werbeverbot für Abtreibungen vor.<br />

Begleitende Maßnahmen sollten Frauen<br />

zudem bewegen, von einer vorgeburtlichen<br />

Kindstötung Abstand zu<br />

FOTO-AG GYMNASIUM MELLE/LICENCE: CC BY-SA 3.0<br />

nehmen. So sollten etwa Schwangere<br />

Zutritt zu Notwohnungen erhalten<br />

und diese nach der Geburt drei Jahre<br />

in Anspruch nehmen dürfen, wenn sie<br />

sich währenddessen persönlich um ihr<br />

Kind kümmern. Bei der Geburt eines<br />

behinderten Kindes sollten sie eine einmalige<br />

Unterstützung in Höhe von umgerechnet<br />

3.170 Euro erhalten können.<br />

Dasselbe sah der Entwurf bei der Geburt<br />

eines vierten Kindes vor. reh<br />

»Tötung auf Verlangen«:<br />

Parlament bleibt stur<br />

Marcelo Rebelo de Sousa<br />

HTTPS://WWW.PRESIDENCIA.PT/LICENCE: CC BY-SA 3.0<br />

Lissabon (<strong>ALfA</strong>). Das portugiesische<br />

Parlament hat Anfang November ein<br />

neues Euthanasiegesetz mehrheitlich<br />

verabschiedet. Dabei handelt es sich um<br />

eine überarbeitete Version eines Gesetzes,<br />

das die Tötung auf Verlangen legalisieren<br />

will und dessen vormalige Version<br />

die sozialistische Minderheitsregierung<br />

von Ministerpräsident Antonio<br />

Costa Anfang des Jahres schon einmal<br />

durch beide Kammern des Parlaments<br />

gebracht hatte.<br />

Portugals konservativer Präsident<br />

Marcelo Rebelo de Sousa, ein praktizierender<br />

Katholik, legte jedoch sein Veto<br />

ein und forderte das Verfassungsgericht<br />

auf, die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes<br />

zu überprüfen. Daraufhin stoppten<br />

die Richter im März die Initiative und<br />

verlangten Nachbesserungen. Der neuen<br />

Fassung wurden nun präzisere Beschreibungen<br />

jener Bedingungen hinzugefügt,<br />

die Sterbewillige zu einer Tötung<br />

auf Verlangen berechtigen sollen.<br />

Käme das Gesetz zur Anwendung,<br />

wäre das mehrheitlich katholische Portugal<br />

nach Belgien, den Niederlanden,<br />

Luxemburg und Spanien das fünfte Land<br />

in Europa, in dem der ärztlich assistierte<br />

Suizid unter bestimmten Umständen<br />

straffrei ist. Offen ist, ob Portugals Präsident<br />

nun erneut sein Veto einlegen und<br />

auch die neue Version des Gesetzes verfassungsrechtlich<br />

prüfen lassen wird. Rebelo<br />

de Sousa hat bereits die Auflösung<br />

des Parlaments und Neuwahlen für den<br />

30. Januar angekündigt, da die sozialistische<br />

Minderheitsregierung im Parlament<br />

keine Mehrheit für ihren Haushaltsentwurf<br />

2022 erhalten hatte. reh<br />

Neuseeland: »End of Life<br />

Choice Act« in Kraft<br />

Flagge von Neuseeland<br />

Wellington (<strong>ALfA</strong>). Rund ein Jahr nach<br />

dem Referendum, bei dem rund 65 Prozent<br />

der Neuseeländer für die Legalisierung<br />

des ärztlich assistierten Suizids und<br />

der Tötung auf Verlangen votierten, ist<br />

in Neuseeland der »End of Life Choice<br />

Act« in Kraft getreten. Das meldet die<br />

US-amerikanische Nachrichtenagentur<br />

»Voice of America« (VOA). Das Gesetz<br />

sieht vor, dass Menschen, die an einer<br />

unheilbaren Krankheit leiden, die voraussichtlich<br />

binnen sechs Monaten zum<br />

Tode führt, wahlweise von der Tötung<br />

auf Verlangen oder einem ärztlich assistierten<br />

Suizid Gebrauch machen können.<br />

Zuvor müssen zwei Ärzte den Sterbewilligen<br />

bescheinigen, dass sie zurechnungsfähig<br />

und in der Lage sind, eine<br />

verantwortliche Entscheidung zu treffen.<br />

Laut der Vorsitzenden der rechtsliberalen<br />

Partei »ACT New Zealand<br />

12 LEBENSFORUM <strong>140</strong>


BIOETHIK-SPLITTER<br />

Party«, Brooke van Velden, könnten<br />

von dem Gesetz rund fünf Millionen<br />

Menschen »profitieren«.<br />

Laut VOA befürchten Kritiker des<br />

Gesetzes, dass Patienten, die an chronischen<br />

Krankheiten leiden, sich nun<br />

verpflichtet fühlen könnten, aus dem<br />

Leben zu scheiden, um ihre Angehörigen<br />

nicht länger zu belasten. Gefordert<br />

werde auch, »unzureichende Palliativversorgungsdienste«<br />

besser auszustatten,<br />

damit unheilbar kranke Patienten<br />

besser versorgt werden könnten. reh<br />

Makabres Experiment<br />

mit hirntoter Frau<br />

Stunden beendeten die Forscher zunächst<br />

das Experiment und trennten<br />

anschließend auch die hirntote Patientin<br />

von dem Beatmungsgerät, die daraufhin<br />

verstarb.<br />

Forscher reagierten überwiegend positiv<br />

auf die Nachricht. So zeigte sich<br />

Konrad Fischer, Leiter der Sektion Xe-<br />

HTTPS://NYULANGONE.ORG/<br />

bensschutzes innerhalb der katholischen<br />

Kirche betont. Bei der Herbstvollversammlung<br />

der US-amerikanischen Bischöfe<br />

in Baltimore (Maryland) erklärte<br />

er: »Die Kirche muss unmissverständlich<br />

für das Leben stehen.« Man dürfe<br />

den Einsatz für den Schutz unschuldigen<br />

menschlichen Lebens und schutzbedürftiger<br />

Personen nicht aufgeben.<br />

Das berichtet die katholische Wochenzeitung<br />

»Die Tagespost«.<br />

Dem Bericht zufolge machte Pierre<br />

vor der Vollversammlung der US-Bischöfe<br />

auch deutlich, wie er das kirchliche<br />

Engagement für den Lebensschutz<br />

im Einklang mit dem von Papst Franziskus<br />

angeregten Prozess der Synodali-<br />

New York (<strong>ALfA</strong>). Einem Team um<br />

den Chirurgen Robert Montgomery,<br />

Leiter des Langone Health Transplant<br />

Institute in Manhattan, ist es offenbar<br />

gelungen, eine Schweineniere erfolgreich<br />

mit dem Organismus einer für<br />

hirntot erklärten und künstlich beatmeten<br />

Patientin zu verbinden. Das makabre<br />

Experiment wurde zudem offenbar<br />

im Beisein einer Reporterin der Boulevard-Zeitung<br />

»USA Today« durchgeführt.<br />

Deren Reportage veröffentlichte<br />

die mit 1,6 Millionen Exemplaren<br />

auflagenstärkste Tageszeitung der<br />

Vereinigten Staaten von Amerika Mitte<br />

dieser Woche.<br />

Laut der Zeitung wurde das Blut<br />

der für hirntot erklärten Patientin dabei<br />

aus der Beinvene über einen Katheter<br />

in die Niere des für dieses Experiment<br />

gezüchteten und genetisch modifizierten<br />

Schweins geleitet. Zuvor war<br />

die explantierte Schweineniere provisorisch<br />

auf dem Oberschenkel der Patientin<br />

befestigt worden. Bereits nach<br />

kurzer Zeit soll das Organ damit begonnen<br />

haben, Urin zu produzieren.<br />

Die »New York Times« zitiert Montgomery<br />

mit der Aussage, das Experiment<br />

habe gezeigt, dass die Transplantation<br />

eines tierischen Organs auf<br />

den Menschen prinzipiell möglich sei.<br />

Den Zeitungsberichten zufolge war das<br />

Schwein genetisch so verändert worden,<br />

dass das Risiko für die bei artübergreifenden<br />

Transplantationen regelmäßig<br />

vorkommenden Abstoßungsreaktionen<br />

nur noch minimal gewesen sei. Nach 54<br />

Dr. Robert Montgomery<br />

notransplantation an der TU München,<br />

gegenüber dem »Deutschen Ärzteblatt«<br />

»generell erfreut« darüber, dass das Experiment<br />

offenbar erfolgreich verlaufen<br />

sei. Ohne genaue Daten sei jedoch keine<br />

Einschätzung möglich. Wichtig wäre<br />

auch eine pathologische Untersuchung<br />

der Niere. Die Dauer des Experiments<br />

erlaube keine Aussage darüber, ob vaskuläre<br />

und zelluläre Abstoßungsreaktionen,<br />

die sich erst nach wenigen Wochen<br />

bemerkbar machen würden, verhindert<br />

werden könnten.<br />

Offen blieb bisher auch, ob durch<br />

die Verbindung der Schweineniere mit<br />

dem Blutkreislauf der hirntoten Patientin<br />

Schweine-Retroviren übertragen<br />

wurden, die schwerwiegende Folgen<br />

für den Menschen haben können.<br />

Dies zu verhindern, gilt als ein technisch<br />

schwer zu lösendes Hindernis für eine<br />

erfolgreiche Xenotransplantation. reh<br />

US-Nuntius: Kultur<br />

des Lebens fördern<br />

Baltimore (<strong>ALfA</strong>). Der Apostolische<br />

Nuntius in den USA, Erzbischof Christophe<br />

Pierre, hat die Bedeutung des Le-<br />

HTTPS://ALCHETRON.COM/<br />

Erzbischof Christophe Pierre<br />

tät stehend sehe. So sei es beispielsweise<br />

ein »synodaler Ansatz«, wenn Pfarreien<br />

und Gemeinden Schwangere und<br />

bedürftige Frauen, die Kinder erziehen,<br />

unterstützten. Vergleichbares gelte,<br />

wo der Frage nachgegangen würde,<br />

warum einige Frauen eine Schwangerschaft<br />

beenden wollten. »Worin wurzeln<br />

die Gründe für eine Entscheidung<br />

gegen das Leben, und welche Faktoren<br />

machen diese Entscheidungen für einige<br />

derart kompliziert?«, zitiert die Zeitung<br />

Pierre. Daran anschließend gelte<br />

es einen Konsens zu finden und konkrete<br />

Strategien zu entwickeln, die »die<br />

Kultur des Lebens und die Zivilisation<br />

der Liebe« förderten. Dem Blatt zufolge<br />

rief Pierre die Bischöfe zur Einheit<br />

auf: »Eine geteilte Kirche wird die<br />

Menschen nie dahin führen, wo sie sein<br />

sollten.«<br />

reh<br />

LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />

13


POLITIK<br />

ANDREAS PROTT/STOCK.ADOBE.COM<br />

Gewinner<br />

und Verlierer<br />

Im Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP bleiben das Lebensrecht ungeborener<br />

Kinder sowie die Rechte von Eltern auf der Strecke. Verlierer sind neben den Kindern vor allem<br />

Frauen. Große Gewinner sind Männer und Reproduktionsmediziner. Ein erzürnter Kommentar.<br />

Von Cornelia Kaminski<br />

Die neue Regierung hat ihre<br />

Arbeit aufgenommen. Zeit,<br />

in die Zukunft zu schauen,<br />

die wir von ihr zu erwarten haben. Ein<br />

Blick in den Koalitionsvertrag – Titel:<br />

»Mehr Fortschritt wagen« – zeigt: Das<br />

Lebensrecht der Ungeborenen sowie<br />

die Rechte von Eltern bleiben in diesem<br />

Vertrag auf der Strecke. Der Staat<br />

regiert mit einem Konzept des Individualismus<br />

in Vieles hinein. Das Wort<br />

von der »Wirksamkeit« klingt schon<br />

jetzt wie eine Bedrohung.<br />

Die Verlierer dieses Vertrags werden<br />

Kinder und Frauen sein, die Gewinner<br />

vor allem Männer. Männer können<br />

in Zukunft nicht nur Körperteile<br />

von Frauen (Eizellen) kaufen, um sie<br />

z.B. für die Produktion von Embryonen<br />

zu Forschungszwecken zu nutzen,<br />

sondern auch gleich das Reproduktions-<br />

Gesamtpaket in Auftrag geben. Fortschritt<br />

bedeutet hier: Das Wort von der<br />

Frau als Gebärmaschine bekommt ein<br />

reelles Abbild (der im Koalitionsvertrag<br />

verwendete Begriff »Leihmutter«<br />

trifft die Sache kaum: Frauen werden<br />

nicht als Mutter geliehen, sondern für<br />

die Nachwuchsproduktion gemietet).<br />

War die natürliche Reproduktion bisher<br />

ein Minenfeld, auf dem ungeplante<br />

Schwangerschaften Zukunftspläne in<br />

die Luft zu sprengen drohten, hat Mann<br />

demnächst die Möglichkeit, auf Werbeseiten<br />

der Abtreibungsanbieter Angebote<br />

zu vergleichen. Die Zahl von aktuell<br />

400 Abtreibungen – eine vierzügige<br />

Grundschule täglich – wird steigen,<br />

denn Abtreibungen werden Teil<br />

14 LEBENSFORUM <strong>140</strong>


POLITIK<br />

der Grund- und Weiterbildung eines<br />

jeden Arztes und kassenfinanzierte, reguläre<br />

Gesundheitsleistung. Das bedeutet:<br />

Niemand kann mehr in Deutschland<br />

Arzt werden, ohne das blutige<br />

Handwerk eines Friedrich Stapf oder<br />

einer Kristina Hänel zu erlernen. Abtreibungen<br />

werden zum Staatsauftrag.<br />

Das Wort »Abtreibung« selbst kommt<br />

genau zwei Mal im Koalitionsvertrag<br />

vor: in Verbindung mit »Abtreibungsgegner«<br />

und »Abtreibungsgegnerin«.<br />

Was Frauen und die Lebensrechtsverbände<br />

als segensreich und als Hilfe in<br />

letzter Not empfunden haben, die Gehsteigberatung,<br />

ist im Koalitionsvertrag<br />

zur »Gehsteigbelästigung« geworden<br />

und wird verboten.<br />

Schwacher Trost: Vielem<br />

fehlt die Finanzierung<br />

BUNDESREGIERUNG/KUGLER<br />

Für Frauen wird es deutlich schwerer,<br />

sich dem Druck des Mannes, der<br />

keine Lust auf Unterhaltszahlungen<br />

und Verantwortung hat, zu widersetzen.<br />

Mehr Fortschritt heißt für die Ampel<br />

auch, dass Embryonen bei künstlicher<br />

Befruchtung einem Qualitätscheck<br />

unterzogen werden. Menschen im frühesten<br />

Stadium ihrer Existenz, die diesen<br />

Check nicht bestehen, werden entweder<br />

entsorgt oder der Forschung zur<br />

Verfügung gestellt. Hier ist bis zu dem<br />

Fachbegriff des »elektiven Single Embryo<br />

Transfer« die Wortwahl der Vertreter<br />

der Reproduktionsmedizin zu lesen.<br />

In Personalunion sind Personen, die<br />

an der Reproduktionsmedizin verdienen,<br />

sowohl in der Nationalen Akademie<br />

Leopoldina als auch in der Bundesärztekammer<br />

tätig und haben so<br />

Einfluss auf den Koalitionsvertrag erhalten.<br />

An dieser Stelle ist dringend<br />

Aufklärung über Interessenkonflikte erforderlich,<br />

und es stellt sich die Frage,<br />

warum die Grünen die Präimplantationsdiagnostik<br />

nicht stoppen, die heute<br />

in Deutschland dazu dient, Kinder<br />

mit auffälligen Merkmalen auszusortieren,<br />

andernorts aber längst zur Geschlechtsauswahl<br />

genutzt wird? Der fallen<br />

übrigens seit Jahren fast ausschließlich<br />

Mädchen zum Opfer. Wo bleiben<br />

die Feministinnen bei den Grünen, die<br />

sich dagegen wehren? Und warum ist im<br />

Passus über Reproduktionstechniken –<br />

von Medizin kann hier kaum die Rede<br />

Die Bundesminister der Ampelregierung mit ihren Ernennungsurkunden<br />

sein, da nicht geheilt, sondern auf technische<br />

Weise produziert wird – nichts<br />

über die Informationsrechte der Kinder<br />

gesagt? Schließlich ist längst bekannt,<br />

dass die auf diese Weise produzierten<br />

Kinder mit massiven gesundheitlichen<br />

Risiken leben müssen, ganz abgesehen<br />

davon, dass sie später nicht wissen, wer<br />

ihre biologischen Eltern und Halbgeschwister<br />

sind.<br />

Besonders besorgniserregend ist der<br />

Umstand, dass in diesem sensiblen Bereich<br />

nicht das Parlament mit der Erarbeitung<br />

von Regelungen betraut werden<br />

soll, sondern eine »Kommission<br />

zur reproduktiven Selbstbestimmung<br />

und Fortpflanzungsmedizin«. Wer wird<br />

diese Kommission besetzen? Woher<br />

nimmt eine solche Kommission ihre<br />

Legitimation? Und vor allem: Wem<br />

gegenüber sind die einzelnen Mitglieder<br />

verantwortlich?<br />

Das Zusammenleben ist nicht mehr<br />

nur in einer Ehe, sondern in »Verantwortungsgemeinschaften«<br />

möglich.<br />

Auch mit mehreren Frauen. Wer<br />

dachte, ein Harem sei rückschrittlich,<br />

den belehrt die Ampel eines Besseren.<br />

In einer solchen Verantwortungsgemeinschaft<br />

kann jeder Sorgerechte bekommen,<br />

die Beziehung zum Kind ist<br />

unerheblich, entscheidend ist der Wille<br />

derjenigen, die es produziert haben.<br />

Männer können, falls eine »Frauenquote«<br />

ihrer Karriere im Weg steht,<br />

sich als »weiblich« registrieren lassen,<br />

ganz ohne »diskriminierende« Untersuchungen<br />

oder Behandlungen. Macht<br />

Sinn: Sonst könnte man ja nicht, wie<br />

vorgesehen, alle zwölf Monate das Geschlecht<br />

wechseln.<br />

Wobei diese Fristsetzung schon ein<br />

wenig willkürlich anmutet: Sollte man<br />

nicht das Geschlecht situationsbedingt<br />

anpassen dürfen? Für so manchen mittelmäßigen<br />

männlichen Sportler eröffnen<br />

sich hier ungeahnte Aussichten auf<br />

vorderste Plätze. Wer sich als verurteilter<br />

Missbrauchstäter unter Frauen wohler<br />

fühlt, erklärt einfach seine weibliche<br />

Identität und lässt sich ins Frauengefängnis<br />

einweisen. Auch das gibt es<br />

andernorts längst – warum sollen auf<br />

diesen Fortschritt im Bereich Männerrechte<br />

ausgerechnet die deutschen<br />

Männer verzichten? Nun mag man einwenden,<br />

dass das doch alles Möglichkeiten<br />

seien, die sich auch Frauen eröffnen.<br />

Nur: Welchen Vorteil ziehen<br />

Frauen daraus, Männerduschen nutzen<br />

zu dürfen? Wo gibt es Männerquoten,<br />

die Frauen mit einer Geschlechtsumbenennung<br />

für sich nutzen könnten? Fragen<br />

über Fragen. Und eine Erkenntnis:<br />

Der Fortschritt, der hier gewagt wird,<br />

ist für Frauen ein Rückschritt in längst<br />

überholt geglaubte Zeiten. Für Kinder,<br />

zumal am Lebensanfang, ist er eine Katastrophe.<br />

Einziger Trost: Es fehlt bei<br />

vielem die Finanzierung. Und mit der<br />

Besteuerung von Cannabis sind die Löcher<br />

nicht zu stopfen.<br />

LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />

15


AUSLAND<br />

Suizidbeihilfe<br />

mit Hürden<br />

Österreich legalisiert den assistierten Suizid unter restriktiven Regeln.<br />

Kommerzialisierung soll verhindert, die Gewissensfreiheit gesichert werden.<br />

Von Stephan Baier<br />

In Österreich machen Verfassungsrichter<br />

Gesellschaftspolitik und<br />

ändern Axiome des rechtlich geregelten<br />

Zusammenlebens – wie zuvor<br />

bei der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche<br />

Paare, so nun bei der Zulassung<br />

des assistierten Suizids. Nur noch<br />

bis Jahresende gilt in der Alpenrepublik:<br />

»Wer einen anderen dazu verleitet,<br />

sich selbst zu töten, oder ihm dazu Hilfe<br />

leistet, ist mit Freiheitsstrafe von sechs<br />

Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.«<br />

(§ 78 Strafgesetzbuch) In einem<br />

umstrittenen Urteil strich der Verfassungsgerichtshof<br />

(VfGH) am 11. Dezember<br />

2020 die Worte »oder ihm dazu<br />

Hilfe leistet« mit Wirkung zum 31.<br />

Der Verfassungsgerichtshof beendete in Österreich mit seinem Urteil vom 11. Dezember<br />

2020 den politischen Konsens gegen jede Form der Beihilfe zur Selbsttötung.<br />

Er erklärte das absolute Verbot jeder »Hilfeleistung zum Selbstmord« für verfassungswidrig.<br />

Dezember <strong>2021</strong> und beauftragte den<br />

Gesetzgeber, einen möglichen Missbrauch<br />

zu verhindern.<br />

Weil der VfGH der Rechtsauffassung<br />

ist, die freie Selbstbestimmung des<br />

Menschen umfasse auch das Recht des<br />

Suizidwilligen, die Hilfe eines dazu bereiten<br />

Dritten in Anspruch zu nehmen,<br />

muss das Parlament dafür Sorge tragen,<br />

die Freiheit des Suizidanten gegenüber<br />

jedem Einfluss zu sichern. Obgleich die<br />

Kanzlerpartei ÖVP von Anfang an mit<br />

dem Urteil unglücklich war und auf eine<br />

möglichst restriktive Regelung setzte,<br />

war bis vor wenigen Wochen ungewiss,<br />

ob es zu einer zeitgerechten gesetzlichen<br />

Neuregelung käme. Ohne eine<br />

solche jedoch wäre ab dem Jahreswechsel<br />

jede Form der Hilfeleistung bei jeglichem<br />

Suizid straffrei geworden: Kommerzielle<br />

Anbieter hätten bei Pubertierenden<br />

im Liebeskummer ebenso werben<br />

können wie bei Lebensüberdrüssigen<br />

mit Altersdepression.<br />

Der Kompromiss, den die Regierungsparteien<br />

ÖVP und Grüne nach<br />

langem Ringen präsentierten, schließt<br />

all das aus. Suizidbeihilfe darf nur in<br />

Anspruch nehmen, wer volljährig und<br />

entscheidungsfähig – also psychisch unbeeinträchtigt<br />

– ist, zudem an einer unheilbaren,<br />

zum Tod führenden Krankheit<br />

leidet oder an einer schweren, dauerhaften<br />

Krankheit mit anhaltenden<br />

Symptomen, welche die »gesamte Lebensführung<br />

dauerhaft beeinträchtigen«.<br />

Der Ende Oktober präsentierte<br />

Gesetzesentwurf schreibt fest, dass<br />

die infrage kommende Krankheit »einen<br />

für die betroffene Person nicht anders<br />

abwendbaren Leidenszustand mit<br />

sich bringt«. Wer plant, beim Suizid<br />

die Hilfe anderer in Anspruch zu nehmen,<br />

muss seinen Sterbewunsch in einer<br />

»Sterbeverfügung« dokumentieren.<br />

16 LEBENSFORUM <strong>140</strong>


AUSLAND<br />

Dieser sind gesetzliche Hürden gesetzt:<br />

Vor der Errichtung einer Sterbeverfügung<br />

sind zwei Ärzte zu konsultieren,<br />

von denen einer eine palliativmedizinische<br />

Qualifikation haben<br />

muss. Sie haben den Sterbewilligen<br />

über alternative Behandlungen, Hospizversorgung<br />

und palliativmedizinische<br />

Maßnahmen aufzuklären, ebenso<br />

über psychotherapeutische und suizidpräventive<br />

Beratungen. Die Ärzte bestätigen<br />

nicht nur die Erkrankung im<br />

Sinne des Gesetzes, sondern müssen einen<br />

Psychiater oder klinischen Psychologen<br />

beiziehen, wenn ein Hinweis auf<br />

eine psychische Störung vorliegt. Frühestens<br />

zwölf Wochen (in der terminalen<br />

Phase zwei Wochen) nach der ärztlichen<br />

Aufklärung kann der Sterbewillige<br />

die Sterbeverfügung schriftlich – im<br />

Regelfall bei einem Notar – errichten.<br />

Nur gegen Vorlage dieses Dokuments<br />

darf eine Apotheke dann das tödliche<br />

Präparat Natrium-Pentobarbital abgeben<br />

oder zustellen, sei es an den Sterbewilligen<br />

selbst oder an »eine in der<br />

Sterbeverfügung genannte Hilfe leistende<br />

Person«.<br />

Ziel: Verhinderung der<br />

Kommerzialisierung<br />

auf Verlangen nur wegen handwerklicher<br />

Fehler zurückgewiesen. Kein<br />

Wunder, dass Befürworter der Euthanasie<br />

jetzt von einem wichtigen ersten<br />

Schritt sprechen. Der zweite Schritt ist<br />

mit der Weigerung der Grünen, § 77<br />

StGB zum Verfassungsgesetz zu erheben,<br />

vorprogrammiert.<br />

Die Verwaltung des<br />

Dammbruchs<br />

Gesetzlich ist definiert, wer als Sterbewilliger<br />

die Hilfe eines anderen in Anspruch<br />

nehmen darf, nicht aber, wer die<br />

»Hilfe leistende Person« ist. Immerhin<br />

wird die Rolle des Suizidhelfers weder<br />

als eigenes Berufsbild institutionalisiert<br />

noch der Ärzteschaft zugeschoben, vielleicht<br />

weil seitens der Ärzte massive Einwände<br />

gegen das Urteil artikuliert wurden.<br />

Ärzte, aber auch Notare und Apotheker,<br />

die es weiter ablehnen, an der<br />

Tötung eines Menschen mitzuwirken,<br />

können sich auf ihr Gewissen berufen:<br />

»Niemand ist verpflichtet, eine Hilfeleistung<br />

zu erbringen, eine ärztliche Aufklärung<br />

durchzuführen oder an der Errichtung<br />

einer Sterbeverfügung mitzuwirken.«<br />

Niemand dürfe wegen seiner<br />

Weigerung benachteiligt werden. Um<br />

die institutionelle Gewissensfreiheit ist<br />

es schlechter bestellt. Da nämlich auch<br />

festgeschrieben wird, dass niemand wegen<br />

einer Hilfeleistung oder ärztlichen<br />

Aufklärung benachteiligt werden darf,<br />

können etwa Krankenhäuser in kirchlicher<br />

Trägerschaft in Nöte geraten: Sie<br />

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP; links) kämpfte für eine maximal restriktive<br />

Regelung. Sie musste jedoch Kompromisse mit Gesundheitsminister Wolfgang<br />

Mückstein und Justizministerin Alma Zadić (beide Grüne) finden. Gemeinsam<br />

präsentierten sie den Gesetzesentwurf.<br />

dürfen künftig keinen Arzt oder Pfleger,<br />

der Suizidbeihilfe leistet, daraufhin<br />

abmahnen oder kündigen.<br />

Österreichs Regierung war es wichtig,<br />

eine Kommerzialisierung der Suizidbeihilfe<br />

zu verhindern. Verboten wird<br />

darum jegliche Werbung für Sterbehilfe<br />

sowie die Annahme von Vorteilen,<br />

»die über den Ersatz des nachgewiesenen<br />

Aufwands hinausgehen«. Weiterhin<br />

mit einer Freiheitsstrafe von bis zu<br />

fünf Jahren bedroht ist, »wer eine andere<br />

Person dazu verleitet, sich selbst<br />

zu töten«. Ebenso, wer einer minderjährigen<br />

oder nicht im definierten Sinne<br />

kranken sowie ärztlich aufgeklärten<br />

Person dazu physisch Hilfe leistet, sich<br />

selbst zu töten.<br />

Nicht einigen konnten sich die Koalitionspartner<br />

darauf, das geltende Verbot<br />

der »Tötung auf Verlangen« (§ 77<br />

StGB) in den Rang eines Verfassungsgesetzes<br />

zu heben und damit der verfassungsrechtlichen<br />

Überprüfbarkeit<br />

zu entziehen. Damit ist die nächste juristische<br />

Front bereits klar. Der VfGH<br />

hatte nämlich am 11. Dezember 2020<br />

Klagen gegen das Verbot der Tötung<br />

Österreichs Bischöfe wie auch Experten,<br />

die zuvor den VfGH kritisiert hatten,<br />

würdigten im Oktober die Bemühungen<br />

der Bundesregierung um eine restriktive<br />

Regelung und ebenso den geplanten<br />

Ausbau der Finanzierung von<br />

Palliativeinrichtungen. Der VfGH habe<br />

»mit seiner extensiven Interpretation des<br />

Selbstbestimmungsrechts das generelle<br />

Tötungsverbot durchbrochen und den<br />

staatlichen Auftrag zum Schutz des Lebens<br />

unterminiert«, meinte etwa Stephanie<br />

Merckens vom Institut für Ehe und<br />

Familie (IEF) in Wien. Dem Gesetzgeber<br />

sei damit nur »die Verwaltung des<br />

Dammbruchs« als Aufgabe geblieben.<br />

LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />

17


GESELLSCHAFT<br />

Wo bleibt die<br />

Menschenwürde?<br />

»Zwecklos, aber sinnvoll: Menschsein zwischen Geschenk und Produkt«, lautete der Titel einer<br />

Fachtagung des Bundesverbands Lebensrecht (BVL) Mitte September in Berlin.<br />

Die ethischen Ausblendungen und rechtlichen Bedrohungen durch eine ausufernde<br />

Reproduktionsmedizin wurden dabei sichtbar gemacht.<br />

Von Rainer Klawki<br />

Dass der Mensch mehr ist als<br />

seine Biologie, stellte Professor<br />

Peter Schallenberg, Sozialethiker<br />

aus Paderborn und Leiter der<br />

Katholischen Sozialwissenschaftlichen<br />

Zentralstelle, am Anfang heraus. Wer<br />

heute den Schrank »Bioethik« öffne, lese<br />

darin als Erstes einen Zettel, auf dem<br />

steht: »Und ihr Tod reißt nicht die geringste<br />

Lücke!« Doch was auf diesem<br />

Zettel steht, stimme nicht, so Schallenberg.<br />

»Theologisch reißt der Tod<br />

eines jeden Menschen immer eine Lücke<br />

– und zwar für denjenigen, der diesen<br />

konkreten Menschen gewollt hat,<br />

nämlich Gott.« In einem säkularen Staat<br />

bestehe die Schwierigkeit darin, diese<br />

existentielle Erkenntnis in säkulare Begriffe,<br />

die bei Medizinern und Juristen<br />

CLEMENS FRIEDERICH<br />

verstanden werden, zu überführen. Eine<br />

Verstehensbrücke biete die Fokussierung<br />

auf die Menschenwürde, die jedem<br />

zukommt oder innewohnt und die<br />

nach den Quellen in der griechischen<br />

Philosophie bei Sokrates und Platon als<br />

»innere Schönheit« und keineswegs nur<br />

als Willensautonomie verstanden wird.<br />

Auf der anderen Seite werde ein Grundrecht<br />

auf »Reproduktion« oder ein<br />

»Grundrecht auf Sexualität« mit großer<br />

Kaltschnäuzigkeit in der Politik<br />

gefordert, so Schallenberg weiter. Die<br />

Mehrheit der Parteien im Bundestag<br />

(außer CDU/CSU und AfD) befürworten<br />

derzeit zum Beispiel eine radikale<br />

Liberalisierung der Paragrafen 218<br />

und 219. Der Begriff »sexuelle Autonomie«<br />

werde dafür als Hauptargument<br />

ins Feld geführt. »Wir wissen eigentlich<br />

sehr gut, welche Folgen sexuelle<br />

Aktivität zwischen Mann und Frau haben<br />

kann«, sagte Schallenberg. Es sei<br />

deshalb verständlich, dass sexuelle Autonomie<br />

nicht erst dann beginnt, wenn<br />

eine Schwangerschaft vorliegt. Es habe<br />

gar keinen Sinn, erst bei der Feststellung<br />

einer Schwangerschaft sexuelle<br />

Autonomie zu fordern, erläuterte der<br />

Moraltheologe.<br />

Reproduktionstechnik<br />

hat dramatische Folgen<br />

Susanne Kummer, Geschäftsführerin des Wiener IMABE-Instituts<br />

Einen Überblick über 50 Jahre Geschichte<br />

der künstlichen Befruchtung<br />

bot Susanne Kummer, Geschäftsführerin<br />

des Wiener IMABE-Instituts. Allein<br />

in Deutschland sind seit 1997 etwa<br />

300.000 Kinder nach künstlicher Befruchtung<br />

zur Welt gekommen. Jährlich<br />

sind hierzulande drei Prozent aller Geburten<br />

IVF-Kinder. Im Jahr 2018 waren<br />

das über 21.000 Kinder in Deutschland.<br />

In einer Schulklasse von 30 Kindern ist<br />

demnach heute ein Kind auf künstlichem<br />

Wege gezeugt worden. Kummer stellte<br />

18 LEBENSFORUM <strong>140</strong>


GESELLSCHAFT<br />

CLEMENS FRIEDERICH<br />

klar, dass Unfruchtbarkeit eine schwere<br />

Belastung für Paare ist. Auch das Glück<br />

über ein solches Kind sei leicht nachvollziehbar.<br />

Dass jede Person, egal auf<br />

welche Weise sie entstanden ist, die<br />

gleiche Achtung verdient und dieselbe<br />

Würde besitzt, bedürfe ebenfalls keiner<br />

zusätzlichen Erklärung.<br />

Trotzdem mache etwas stutzig: In<br />

der Öffentlichkeit herrscht ein rosiges<br />

Bild der Reproduktionsmedizin vor. Sie<br />

mache alles möglich, könne alles und es<br />

herrsche die Meinung vor, dass sie »niemandem<br />

schadet und schon gar nicht<br />

scheitert«. Doch die Schattenseiten sind<br />

groß: Für die Beteiligten bedeutet die<br />

Anwendung der Reproduktionstechnik<br />

ein hohes Maß an finanziellen Investitionen<br />

und emotionalen Frustrationen.<br />

Viele Versuche der künstlichen Befruchtung<br />

bleiben erfolglos. Die sogenannte<br />

Baby-Take-Home-Rate, die bezeichnet,<br />

wie viele Kinder am Ende aller Versuche<br />

wirklich geboren werden und überleben,<br />

liege derzeit bei etwa 19 Prozent.<br />

75 bis 80 Prozent der Frauen gehen demnach<br />

ohne Kind nach Hause. Nicht selten<br />

zerbrechen Paare, die trotzdem keine<br />

Kinder bekommen, an diesen Belastungen.<br />

Kummer: »Es zerbrechen aber<br />

auch Paare, die ein Kind durch IVF bekommen<br />

haben, weil sie in den Sog der<br />

Machbarkeit gekommen sind.« Auch die<br />

Eizellspende und die Leihmutterschaft<br />

werfe schwerwiegende Probleme auf,<br />

die sich oftmals erst zeigen, wenn die<br />

Kinder heranwachsen oder erwachsen<br />

sind. Viele sind mit Hilfe von Selbsthilfeorganisationen<br />

auf der Suche nach Vater,<br />

Mutter oder Halbgeschwistern, ohne<br />

dass die Kosten dafür seitens der Institutionen,<br />

die Daten vernichtet haben,<br />

übernommen werden.<br />

Der menschliche Embryo wird durch<br />

die Reproduktionstechnik zu einem Objekt.<br />

Embryonen werden bei der Präimplantationsdiagnostik<br />

ausgesondert. Die<br />

Genschere CRISPR/Cas9 erhebt schon<br />

den Anspruch, den Embryo bei der Befruchtung<br />

gegen bestimmte Erkrankungen<br />

resistent zu machen, was aber nach<br />

wie vor eine Utopie ist. Im Mai <strong>2021</strong><br />

wurden in China und den USA chimäre<br />

Embryonen über die Artgrenzen hinweg<br />

erzeugt. Affenembryonen erhielten<br />

dabei menschliche Stammzellen. Die<br />

Grundvorstellung dahinter kritisierte<br />

Kummer als falsch, wenn die leidfreie<br />

Gesellschaft erreicht werden soll,<br />

indem der Leidende eliminiert wird –<br />

»und das möglichst präventiv«. Ethik<br />

oder Gesetze seien da nur ein störendes<br />

Anhängsel. Wie kommt es zu der<br />

enormen Ausweitung der In-vitro-Fertilisierung?<br />

Ein Faktor: Die WHO definiert<br />

Unfruchtbarkeit dadurch, dass<br />

ein Paar im zeugungsfähigen Alter über<br />

zwölf Monate bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr<br />

eine Schwangerschaft<br />

versucht hat und es nicht gelungen ist.<br />

Zwölf Monate kritisierte Kummer als<br />

einen Zeitraum, der unrealistisch und<br />

bewusst knapp gewählt ist, um die Latte<br />

für die Anwendung der Reproduktionstechnik<br />

möglichst tief zu hängen.<br />

Embryonenschutzgesetz:<br />

Das letzte Bollwerk<br />

Auf die im Hintergrund der Reproduktionsmedizin<br />

stehende Industrie hat Professor<br />

Paul Cullen aus Münster in seinem<br />

Vortrag hingewiesen. »Wie werden<br />

solche Veränderungen in der Gesellschaft<br />

herbeigeführt?«, fragte Cullen.<br />

Die Ideen keimten in den Universitäten<br />

und in den Fachgremien. Zu nennen sei<br />

vor allem die Leopoldina, die Nationale<br />

Akademie der Wissenschaften. Die<br />

Leopoldina habe sich die Beförderung<br />

der Reproduktionstechnik in zwei Veröffentlichungen<br />

der vergangenen Jahre<br />

zu eigen gemacht, zunächst weil unsere<br />

gesellschaftliche Krise inzwischen auch<br />

als Krise der Fertilität verstanden wird.<br />

Arbeitsatmosphäre: Ein Blick in den Tagungsraum des Mövenpick Hotels Berlin<br />

Man hat sich aber nicht um die sinkende<br />

Fertilität, wie etwa die Spermienqualität,<br />

gekümmert, sondern nur um die assistierte<br />

Reproduktion, die Einnahmequellen<br />

biete. Das Embryonenschutzgesetz<br />

von 1991 sei noch das letzte Bollwerk,<br />

das zwischen Menschenwürde<br />

und freier Vermarktung der menschlichen<br />

Embryonen steht.<br />

Cullen erinnerte: Freiheit hat Grenzen.<br />

Die eigentliche klare Rechtsposition,<br />

nach der der Mensch ab der Zeugung<br />

Mensch ist, wird vielfältig unterlaufen.<br />

Wer gerade entstandene Kinder<br />

mit Kaulquappen vergleicht, verkenne<br />

die Situation. Jeder Mensch war am Anfang<br />

seines Lebens eine einzige Zelle und<br />

ist unverfügbar. Daraus folge notwendig<br />

ein »strikter Embryonenschutz«. Der<br />

werde jedoch von verschiedener Seite<br />

abgelehnt. Neue Begriffe wie »Prä-Embryo«<br />

werden geschaffen, um die Freigabe<br />

der Reproduktion für jeden zu ermöglichen.<br />

Daraus erst folgen Präimplantationsdiagnostik<br />

und Leihmutterschaft,<br />

die die technische Basis für eugenisches<br />

Handeln darstellen.<br />

LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />

19


GESELLSCHAFT<br />

AUSLAND<br />

CLEMENS FRIEDERICH<br />

»Das Leben wählen«<br />

Rund 4.500 Lebensrechter aus ganz Deutschland demonstrierten am 18. September beim »Marsch<br />

für das Leben« in Berlin gegen Abtreibung und assistierten Suizid. Die auf wenige Hundert zusammengeschmolzenen<br />

Gegendemonstranten spielten faktisch keine Rolle.<br />

Von Stefan Rehder<br />

Berlin, Samstag, 18. September<br />

<strong>2021</strong>. Punkt 13.00 Uhr betritt<br />

die Vorsitzende des BVL, Alexandra<br />

Maria Linder, gut gelaunt die<br />

Bühne, die auf dem Platz des 18. März<br />

direkt vor dem Brandenburger Tor errichtet<br />

wurde, und begrüßt die Teilnehmer<br />

des 17. »Marschs für das Leben«.<br />

»Unsere Aufgabe ist es, in der<br />

Gesellschaft ein Denken zu verankern,<br />

das wirklich solidarisch ist, gegenüber<br />

Müttern im Schwangerschaftskonflikt,<br />

gegenüber Menschen in suizidalen Lebenslagen,<br />

gegenüber schwerkranken<br />

Menschen am Ende ihres Lebens, gegenüber<br />

Kindern mit genetischen Besonderheiten,<br />

die aussortiert werden<br />

sollen vor der Geburt«, erklärt Linder.<br />

»Aufgabe des Staates« sei es hingegen,<br />

»alle diese Menschen zu schützen«.<br />

Im Anschluss an Linder geht der<br />

Vorstandsvorsitzende und langjährige<br />

Chefredakteur der Evangelischen<br />

Nachrichtenagentur »Idea«, Helmut<br />

Matthies, hart mit der seit 1995 geltenden<br />

Abtreibungsgesetzgebung ins Gericht.<br />

Es sei »unlogisch«, wenn vorgeburtliche<br />

Kindstötungen zwar »rechtswidrig«<br />

seien, jedoch unter bestimmten<br />

Bedingungen »straffrei« blieben. »Wer<br />

falsch parkt, wird bestraft. Wer aber sein<br />

Kind im Mutterleib töten lassen will,<br />

darf das unter ganz bestimmten Bedingungen.«<br />

Seit der Neuregelung fehlten<br />

Deutschland »offiziell mehr als 2,5 Millionen<br />

Geschöpfe Gottes. Unser Staat<br />

hat diese schwerste Menschenrechtsverletzung<br />

im letzten Vierteljahrhundert<br />

mit über einer Milliarde Steuergeldern<br />

subventioniert.« Damit nicht<br />

genug, sollten »im nächsten Jahr vorgeburtliche<br />

Bluttests von den Krankenkassen<br />

bezahlt werden. Das dürfte zur<br />

Folge haben, dass noch mehr Kinder<br />

mit genetischen Besonderheiten nicht<br />

weiterleben dürfen.« Matthies schlägt<br />

vor, sich das einmal »bildlich« vorzu-<br />

20 LEBENSFORUM <strong>140</strong>


GESELLSCHAFT<br />

stellen: »Das Leben eines kleinen Menschen<br />

in unserem Volk ist mittlerweile<br />

weniger wert als das eines männlichen<br />

Eintagskükens.« Denn das dürfe »ab<br />

nächstem Jahr nicht mehr geschreddert,<br />

also getötet werden«.<br />

Was Sterbebegleitung alles vermag,<br />

die sich statt des Blicks auf das Leiden<br />

auch den auf den Leidenden bewahrt,<br />

schildert der Arzt Volker Eissing von<br />

der Hospizbewegung Papenburg am<br />

Beispiel eines Mannes, der den frühen<br />

Tod seines Sohnes lange nicht verwandt<br />

und sich, als es mit ihm selbst zu Ende<br />

geht, zunächst suizidieren will. Dank<br />

der liebe- und respektvollen Zuwendung<br />

seiner Ärzte stirbt er stattdessen<br />

eines natürlichen Todes, versöhnt mit<br />

dem Tod seines Sohnes und Gott.<br />

Die Psychologin Sabina Scherer, vielen<br />

besser bekannt, weil sie den Podcast<br />

»Ein Zellhaufen spricht über Abtreibung«<br />

betreibt und Mitte April zusammen<br />

mit zwei anderen Lebensrechtlern<br />

zu Gast in der ZDF-Sendung »13<br />

Fragen« war, wird zu den Etiketten befragt,<br />

mit denen Medien Lebensrechtler<br />

gern labeln. Statt in die Opferrolle<br />

zu verfallen, geht sie in die Offensive:<br />

»Stereotypen kommen ja nicht aus dem<br />

Nichts. Ich glaube, es ist ganz wichtig<br />

und unsere Aufgabe, jetzt neue Wege<br />

zu gehen.« Der eigenen Community<br />

empfiehlt sie, sich »zu öffnen, für alle<br />

da draußen, für die jungen Leute, die<br />

sich noch nicht repräsentiert fühlen,<br />

die vielleicht nicht katholisch und politisch<br />

konservativ sind«. Es gelte, den<br />

Menschen »ein Bild davon« zu zeichnen,<br />

»was die Lebensschutzbewegung<br />

zusätzlich zu dem ist, was die Menschen<br />

bisher von uns dachten«. Angst brauche<br />

davor niemand zu haben. »Wir haben<br />

die besseren Argumente, wir haben<br />

die Wissenschaft auf unsere Seite.«<br />

Nun gelte es, die »Denkweise der anderen<br />

zu verstehen. Dann können wir<br />

auch Herzen berühren.« Cornelia Kaminski,<br />

Bundesvorsitzende der Aktion<br />

Lebensrecht für Alle (<strong>ALfA</strong>) und Mitglied<br />

des BVL-Vorstands, die Scherer<br />

interviewt, stimmt zu: »Wir haben in<br />

unserer Bewegung zwei ganz wichtige<br />

Dinge auf unserer Seite. Das eine ist die<br />

Wahrheit und das andere ist die Liebe.«<br />

Wer das habe, »kann eigentlich nicht<br />

untergehen. Das wird sich durchsetzen.<br />

Davon sind wir überzeugt.«<br />

CLEMENS FRIEDERICH<br />

Gegen 14.15 Uhr setzt sich der<br />

Marsch in Bewegung. Über die Ebertstraße<br />

geht es vorbei am »Denkmal für<br />

die ermordeten Juden Europas«, von<br />

den Berlinern auch kurz »Holocaust-<br />

Mahnmal« genannt, Richtung Potsdamer<br />

Platz. In der Leipziger Straße treffen<br />

die Lebensrechtler auf das shoppende<br />

Berlin. Einheimische und Touristen<br />

unterbrechen ihren Einkauf, bleiben auf<br />

dem Trottoir stehen und schauen den<br />

Vorbeimarschierenden zu. Viele wirken<br />

interessiert, einige nehmen neugierig<br />

oder gar erfreut Informationsmaterial<br />

entgegen, das Ordner höflich anbieten.<br />

Dann biegt der Marsch in die Glinkastraße<br />

ein und kreuzt wenig später die<br />

Französische Straße. Über die Prachtallee<br />

Unter den Linden geht es weiter,<br />

vorbei an der Botschaft der Russischen<br />

Föderation und dem Wachsmuseum Madame<br />

Tussauds. Über die Wilhelmstraße<br />

und die Dorotheenstraße gelangen<br />

die Teilnehmer schließlich wieder auf<br />

die Ebertstraße. Ohne Zwischenfälle<br />

gelangen die Marschteilnehmer so erneut<br />

auf den Platz des 18. März. Den<br />

anschließenden Ökumenischen Gottesdienst<br />

leitet diesmal der Erzpriester<br />

der serbisch-orthodoxen Kirche, Veljko<br />

Gacic. Unter den prominenten Teilnehmern<br />

befinden sich neben Ex-Bundestagsvizepräsident<br />

Johannes Singhammer<br />

und dem langjährigen rechtspolitischen<br />

Sprecher der CDU/CSU Bundestagsfraktion,<br />

Norbert Geis, (beide<br />

CSU) auch Regensburgs Bischof Rudolf<br />

Voderholzer, der Augsburger Weihbischof<br />

Florian Wörner und der Vorsitzende<br />

der Evangelischen Allianz, Ekkehardt<br />

Vetter. Die Predigt hält der Görlitzer<br />

Bischof Wolfgang Ipolt.<br />

»Das Leben wählen«, greift Ipolt<br />

das diesjährige Motto des Marsches auf,<br />

»heißt alles für seinen Schutz zu tun,<br />

nicht nur mit Worten, sondern auch<br />

mit Taten«. Die Tötung ungeborener<br />

Die »Jugend für das Leben« auf der Bühne vor dem Brandenburger Tor«<br />

Kinder könne »niemals ein Menschenrecht<br />

sein, wie es das EU-Parlament vor<br />

Kurzem dargestellt und eingefordert<br />

hat«. »Wir wissen, dass das Leben des<br />

Menschen heute nicht nur am Beginn,<br />

sondern auch am Ende bedroht ist. Ist<br />

der Mensch nichts mehr wert, wenn<br />

er alt und gebrechlich ist? Mindert eine<br />

Krankheit oder ein schweres Leiden<br />

seine Würde?«, fragt der 67-Jährige<br />

und liefert die Antwort gleich mit:<br />

»Unantastbar« sei auch die Würde des<br />

leidenden Menschen. »Denn auch in<br />

seinem Gesicht erkennen wir das große<br />

Geheimnis Mensch und das Angesicht<br />

unseres leidenden Herrn. (…) Der<br />

Mensch am Lebensende darf niemals<br />

durch unsere Hand, wohl aber an unserer<br />

Hand sterben.«<br />

LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />

21


AUSLAND MEDIZIN<br />

COVID-19-Impfstoffe<br />

und fetale Zelllinien<br />

Politik und Gesellschaft diskutieren heftig über eine allgemeine Impfpflicht gegen COVID-19. Wie<br />

Impfstoffe hergestellt werden, erfährt dagegen wenig Beachtung. Eine Lücke, die hier geschlossen<br />

werden soll. Wegen der Brisanz des Themas gibt es eine Fassung des Beitrags mit sämtlichen<br />

Fundstellen und Literaturangaben unter: www.alfa-ev.de/lebensforum/<br />

Von Prof. Dr. med. Paul Cullen<br />

Inzwischen hat sich herumgesprochen,<br />

dass bei den Corona-Impfstoffen<br />

»Zellen aus abgetriebenen<br />

Kindern irgendeine Rolle spielen«.<br />

Was es mit diesen Zellen auf sich<br />

hat oder welche Rolle sie spielen, bleibt<br />

meist im Ungefähren. In der katholischen<br />

Welt hat der Vatikan, und sogar<br />

Papst Franziskus persönlich, trotzdem<br />

die Verwendung der Impfstoffe befürwortet.<br />

Im Weltepiskopat gab es aber<br />

auch kritische Stimmen, insbesondere<br />

von US-amerikanischen und polnischen<br />

Bischöfen.<br />

In der evangelischen Amtskirche und<br />

in der säkularen Gesellschaft hat diese<br />

Frage so gut wie keine Rolle gespielt.<br />

Lediglich unter katholischen Konservativen<br />

und vor allem »Traditionalisten«<br />

und zu einem gewissen Grad im evangelikalen<br />

Raum wurde sie ernsthaft beleuchtet<br />

und teilweise heftig diskutiert.<br />

Dieser Artikel soll den Stand der wissenschaftlichen<br />

Erkenntnisse zu dieser<br />

Frage erläutern. Zudem werde ich versuchen,<br />

anhand der starken Auseinandersetzung,<br />

die innerhalb des konser-<br />

22 LEBENSFORUM <strong>140</strong>


MEDIZIN<br />

vativen Katholizismus aufgebrandet ist,<br />

die moralischen Aspekte des Themas<br />

und die unterschiedlichen Schlussfolgerungen<br />

darzulegen. Auf die Sinnhaftigkeit<br />

der Impfung gegen Corona als<br />

solche werde ich weniger eingehen und<br />

verweise hierfür auf meine bisherigen<br />

Veröffentlichungen zu diesen Vakzinen.<br />

Verwendung humaner<br />

fetaler Zelllinien in der<br />

Impfstoffherstellung<br />

viel zu komplex, um sie rein chemisch<br />

herstellen zu können, sondern sie müssen<br />

wie oben beschrieben von lebenden<br />

Zellen produziert werden. Hierfür verwendet<br />

man traditionell Hühnereier und<br />

neuerdings Zellkulturen, die von Tieren<br />

oder Menschen gewonnen wurden.<br />

In der Impfstoffherstellung hat man<br />

die Erfahrung gemacht, dass Viren sich<br />

Um die Verwendung humaner fetaler<br />

Zelllinien bei der Impfstoffherstellung<br />

zu verstehen, müssen wir uns zunächst<br />

mit der Frage beschäftigen, wie Impfstoffe<br />

gegen Viren entwickelt und hergestellt<br />

werden.<br />

Viren sind an sich keine lebenden<br />

Organismen. Sie führen keinen Stoffwechsel<br />

durch, können nicht wachsen,<br />

entwickeln sich nicht durch verschiedene<br />

Stadien hindurch, so wie Lebewesen<br />

dies tun, sondern bestehen lediglich<br />

aus einer Erbsubstanz-Sequenz (DNA<br />

oder RNA) mit einer Eiweißummantelung.<br />

Viren sind aber in der Lage, die<br />

Zellen von lebenden Organismen zu<br />

befallen und ihre Erbsubstanz in das<br />

Innere dieser Zellen hineinzubringen.<br />

Nachdem sie eine Zelle »geentert« haben,<br />

übernehmen die Viren die Kontrolle<br />

über deren Stoffwechsel und verwenden<br />

diesen nicht mehr primär dazu,<br />

die Bedürfnisse der Zelle zu erfüllen,<br />

sondern hauptsächlich, um neue Viruspartikel<br />

zu bilden. Irgendwann geht<br />

die Zelle daran zugrunde, die gebildeten<br />

Viren werden freigesetzt und der<br />

Zyklus beginnt in anderen Zellen von<br />

vorne. Es ist, als ob ein Piratenschiff in<br />

eine Werft einbricht und die Werft dazu<br />

zwingt, fortan nur lauter neue Piratenschiffe<br />

zu bauen, bis die Werft bankrott<br />

ist. Dann segeln die neuen Piratenschiffe<br />

fort und befallen weitere Werften.<br />

Das geht so lange weiter, bis die<br />

Piratenschiffe von der Marine (= dem<br />

Immunsystem des Körpers) abgefangen<br />

und zerstört werden.<br />

»Klassische« Impfstoffe gegen virale<br />

Erkrankungen bestehen aus dem krankmachenden<br />

Virus, das entweder abgeschwächt<br />

(»attenuierte« oder »Lebend«-<br />

Impfstoffe) oder vollkommen inaktiviert<br />

wird. Hierfür werden große Mengen<br />

an Viruspartikeln benötigt. Diese sind<br />

Einige Impfstoffe gegen COVID-19 wurden mithilfe fetaler Zelllinien hergestellt<br />

in Zelllinien besonders gut vermehren<br />

lassen, die aus menschlichen Feten gewonnen<br />

wurden. Auch konnte man auf<br />

diese Weise allergische Probleme, die<br />

sich bei der Verwendung von Hühnereiern<br />

ergeben hatten, vermeiden. Humane<br />

fetale Zelllinien sind inzwischen<br />

ein fester Bestandteil der Impfstoffherstellung.<br />

So werden derzeit Impfstoffe<br />

gegen Gürtelrose, Hepatitis A, Hepatitis<br />

B, Kinderlähmung, Pocken, Röteln,<br />

Tollwut, Typhus, Windpocken<br />

und neuerdings auch Corona mithilfe<br />

humaner fetaler Zelllinien hergestellt.<br />

Von den in Deutschland verfügbaren<br />

Impfstoffen trifft dies auf die Vakzine<br />

gegen Hepatitis A, Röteln, Windpocken<br />

und Corona zu, während bei der Herstellung<br />

der in Deutschland verfügbaren<br />

Impfstoffe gegen die Viruserkrankungen<br />

Frühsommer-Meningoenzephalitis<br />

(FSME), Gelbfieber, Grippe,<br />

Gürtelrose (»Shingrix«), Hepatitis B,<br />

Kinderlähmung, Masern, Mumps und<br />

Tollwut (»Rabipur«) solche Zelllinien<br />

nicht verwendet werden.<br />

Bei der Herstellung von Impfstoffen<br />

gegen virale Infektionskrankheiten<br />

kommen verschiedene Zelllinien<br />

aus abgetriebenen Kindern zum Einsatz<br />

(Tabelle 1). Zwar stimmt es, dass<br />

viele der derzeit verwendeten Zelllinien<br />

aus den Sechziger- und Siebzigerjahren<br />

des letzten Jahrhunderts stammen,<br />

doch werden immer wieder neue<br />

zu diesem Zweck entwickelt, so etwa<br />

die PER.C6-Zellinie aus dem Jahr 1985<br />

und die WALVAX-2-Zelllinie, die erst<br />

2015 in China als Ersatz für die WI-5-<br />

Zelllinie angelegt wurde, da die WI-<br />

5-Linie sich nicht mehr effektiv teilt.<br />

Zudem ist bekannt, dass bei der Entwicklung<br />

der WALVAX-2-Linie die<br />

Abtreibungen auf eine ganz bestimmte<br />

Art und Weise (die sogenannte »water<br />

bag«-Methode) durchgeführt wurden,<br />

um die »Intaktheit« des zwölf Wochen<br />

alten Kindes zu gewährleisten.<br />

Verwendung humaner<br />

fetaler Zelllinien bei den<br />

Impfstoffen gegen das<br />

Corona-Virus<br />

Bis vor wenigen Jahren war die Verwendung<br />

humaner fetaler Zelllinien bei der<br />

Herstellung von Impfstoffen selbst in<br />

LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />

23


MEDIZIN<br />

Lebensrechtskreisen ein Randthema.<br />

Erst mit der Einführung der Pflicht zur<br />

Impfung gegen Masern in Deutschland<br />

im März 2020 gewann die Problematik<br />

eine breitere Aufmerksamkeit. Dabei<br />

ist der Masernimpfstoff als solcher<br />

in dieser Hinsicht unproblematisch.<br />

Da dieser aber nur in Kombination mit<br />

dem Mumps-Impfstoff, der mittels der<br />

HEK-293-Zelllinie hergestellt wird, erhältlich<br />

ist, stellt die Masernimpfung<br />

für viele Eltern ein ethisches Dilemma<br />

dar. Richtig explodiert ist das Interesse<br />

am Thema mit der Einführung<br />

der neuen Impfstoffe gegen das Corona-Virus<br />

SARS-CoV-2 im Dezember<br />

2020.<br />

Derzeit sind in Deutschland vier<br />

Impfstoffe gegen COVID-19 verfügbar:<br />

»Vakzevria«, der vom schwedischen<br />

Pharmaunternehmen AstraZeneca<br />

in Zusammenarbeit mit der Universität<br />

Oxford im Vereinigten Königreich<br />

entwickelt wurde; »Comirnaty«, der<br />

aus einer Zusammenarbeit zwischen<br />

dem bis dahin wenig bekannten und<br />

relativ kleinen Mainzer Unternehmen<br />

BioNTech (»Biopharmaceutical New<br />

Technologies«) und dem US-amerikanischen<br />

Pharmaunternehmen Pfizer<br />

hervorgegangen ist; der Impfstoff »Covid-19<br />

Vaccine Janssen« der US-amerikanischen<br />

Firma Johnson & Johnson<br />

(in Deutschland vermarktet durch das<br />

Tochterunternehmen Janssen) sowie der<br />

Impfstoff »Spikevax« der auf die Produktion<br />

von mRNA-Impfstoffen spezialisierten<br />

US-amerikanischen Firma<br />

Moderna (ehemals »ModeRNA Therapeutics«).<br />

Von diesen vier Impfstoffen verwenden<br />

zwei (Vakzevria von AstraZeneca<br />

und Covid-19 Vaccine Janssen von Johnson<br />

& Johnson) unschädlich gemachte<br />

Adenoviren, um eine Sequenz der<br />

Name Voller Name Zelltyp Gewinnung Impfstoff gegen (Hersteller)<br />

WI-38 Wistar-Institut-38 Fibroblasten Gewonnen von Leonard Hayflick Adenovirus (Barr Labs); Windpocken<br />

im Juli 1962 aus den Lungen eines (GSK, Merck); MMR (GSK, Merck);<br />

etwa 12 Wochen alten Mädchens Masern + Röteln (GSK, Merck); MMR<br />

aus Schweden, das abgetrieben wur- + Windpocken (GSK, Merck)<br />

de, weil die Mutter der Meinung war,<br />

bereits zu viele Kinder zu haben.<br />

MRC-5 Medical Research Fibroblasten Gewonnen im September 1966 durch Windpocken (GSK, Merck); Hepatitis A<br />

Council-5 J. P. Jacobs aus den Lungen eines 14 (Berna, GSK, Merck, Sanofi); Hepati-<br />

Wochen alten ungeborenen Jungen, tis A & B (GSK); Hepatitis A & B + Tyder<br />

wegen einer psychiatrischen Er- phus (Sanofi); MMR* (GSK, Merck);<br />

krankung der sonst gesunden 27-jäh- Masern + Röteln (GSK, Merck); MMR +<br />

rigen Mutter abgetrieben wurde. Windpocken (GSK, Merck); Herpes<br />

Zoster (Merck); Pocken (Acambis);<br />

Covid-19 („Vaxzevria“, AstraZeneca)<br />

HEK-293 Human Embryonic Nierenzellen Gewonnen 1972/1973 durch den Verschiedene Covid-19-Impfstoffe der<br />

Kidney 293 kanadischen Forscher Frank Graham Firmen BioNTech/Pfizer („Comirnaty“,<br />

unter der Anleitung von Alex van der Testung); CanSino Biologics (Herstel-<br />

Eb aus den Nieren eines in der Stadt lung); Inovio Pharmaceuticals (Her-<br />

Leiden in den Niederlanden abgetrie- stellung); Moderna (Testung); Novabenen<br />

Kindes.<br />

vax (Testung)<br />

PER.C6 Primary human Netzhaut- Gewonnen 1985 durch Alex van der Covid-19 (Johnson & Johnson)<br />

Embryonic Retinal Zellen Eb aus den Augen eines aus einer Ebola (Johnson & Johnson)<br />

cells<br />

„sozialen Indikation“ abgetriebenen,<br />

18 Wochen alten Jungen. Wurde 1995<br />

durch Ron Bout und Frits Fallaux an<br />

der Universität von Leiden angelegt.<br />

WALVAX-2 Wurde als Ersatz, Lung- Gewonnen 2015 durch Bo Ma aus Bisher keine.<br />

für die WI-5-Zell- Fibro blasten der Lunge eines ca. 12 Wochen alten<br />

linie entwickelt<br />

Mädchens in China. Bis zur Gewindie<br />

am „Hayflick-<br />

nung der Zelllinie wurden neun Kin-<br />

Limit“ ist und<br />

der mittels einer besonderen Methosich<br />

nicht mehr<br />

de der „water bag“-Induktion abgeausreichend<br />

teilt.<br />

trieben, um intakte Kinder zur Gewinnung<br />

der Organe zu garantieren.<br />

*MMR: Masern, Mumps, Röteln<br />

Tabelle 1: Liste der Zelllinien, die derzeit in der Herstellung von Impfstoffen gegen Viruserkrankungen verwendet werden<br />

24 LEBENSFORUM <strong>140</strong>


MEDIZIN<br />

Erbsubstanz DNA, die das sogenannte<br />

»Spike«-(deutsch »Stachel«-)Eiweiß des<br />

SARS-CoV-2-Virus kodiert, in die Zellkerne<br />

des geimpften Gewebes zu transportieren.<br />

Hier wird diese zu Messenger-RNA<br />

für das Stachel-Eiweiß umgeschrieben,<br />

die von den Zellen des<br />

Geimpften abgelesen wird, damit diese<br />

das Stachel-Eiweiß des Corona-Virus<br />

selbst produzieren. Bei den anderen<br />

beiden Impfstoffen (Comirnaty von Pfizer,<br />

Spikevax von Moderna) wird nicht<br />

die DNA für das Stachel-Eiweiß in die<br />

Zellen des Geimpften gebracht, sondern<br />

die Messenger-RNA hierfür, und<br />

zwar nicht in die Zellkerne, sondern in<br />

die Zellkörper hinein.<br />

Weder in den Vereinigten Staaten<br />

noch in Europa verfügt einer dieser<br />

Impfstoffe über eine richtige Zulassung.<br />

In den USA werden sie im Rahmen einer<br />

Not-Genehmigung (engl. »Emergency<br />

Use Authorization«) verwendet,*<br />

während ihr Einsatz in Europa im Rahmen<br />

einer bedingten Vermarktungserlaubnis<br />

(engl. »Conditional Marketing<br />

Authorisation«) der Europäischen<br />

Arzneimittelagentur EMA erfolgt. Die<br />

Impfstoffe von AstraZeneca, Pfizer und<br />

Moderna müssen für den vollen Impfschutz<br />

zweimal, der von Johnson und<br />

Johnson lediglich einmal gespritzt werden.<br />

Von den vier verfügbaren Impfstoffen<br />

werden die Vektorimpfstoffe von<br />

AstraZeneca und Johnson & Johnson<br />

in humanen fetalen Zelllinien entwickelt,<br />

getestet und hergestellt, die im<br />

Jahr 1972/1973 (AstraZeneca) beziehungsweise<br />

im Jahr 1985 aus abgetriebenen<br />

Kindern gewonnen wurden. Bei<br />

den beiden mRNA-Impfstoffen von Pfizer<br />

und Modern kam nach bester derzeitiger<br />

Information eine humane fetale<br />

Zelllinie (HEK-293) lediglich bei<br />

einigen Testschritten zur Anwendung<br />

(Tabelle 2).<br />

Die entscheidende Frage<br />

Die entscheidende Frage lautet: Ist es<br />

moralisch vertretbar, Impfstoffe zu verwenden,<br />

die mittels embryonaler Zelllinien<br />

entwickelt, getestet oder hergestellt<br />

wurden?<br />

Am differenziertesten und wohl auch<br />

am vehementesten ist diese Kontroverse<br />

zwischen verschiedenen Fraktionen<br />

und Personen innerhalb der katholischen<br />

Kirche ausgetragen worden. So<br />

will ich versuchen, die wichtigsten Argumente<br />

dieser Diskussion wiederzugeben,<br />

da diese aus meiner Sicht eine gute<br />

Übersicht des moralischen und ethischen<br />

Felds wiedergeben. Stellvertretend<br />

für die Auseinandersetzung kann<br />

der Austausch zwischen dem italienischen<br />

Philosophen Roberto de Mattei<br />

und dem US-amerikanischen Kommentator<br />

Chris Ferrara stehen. Als Vertreter<br />

des traditionellen Flügels der katholischen<br />

Gläubigen teilen beide Männer<br />

viele Positionen, etwa in Bezug auf die<br />

Entwicklung der Kirche nach dem zweiten<br />

Vatikanischen Konzil oder auf die<br />

Ethisch oder nicht? Für viele Menschen ist das die entscheidende Frage.<br />

Lehrmeinung der Kirche zur Sexualität<br />

und zum Lebensrecht. Umso mehr<br />

erstaunt die scharfe Divergenz ihrer<br />

Meinungen in der Frage der COVID-<br />

19-Impfstoffe.<br />

* Notiz während des Druckvorgangs: Am 23.08. erhielt<br />

das Pfizer-Produkt »Comirnaty« eine volle Zulassung<br />

durch die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA.<br />

Impfstoff Entwicklung Testung Produktion<br />

AstraZeneca HEK-293-Zellen HEK-293-Zellen HEK-293-Zellen<br />

Pfizer keine fetalen Zellen teilw. HEK-293-Zellen keine fetalen Zellen<br />

Moderna keine fetalen Zellen teilw. HEK-293-Zellen keine fetalen Zellen<br />

Johnson & Johnson PER.C6-Zellen fetale Zelllinien PER.C6-Zellen<br />

Tabelle 2: Verwendung humaner fetaler Zelllinien bei der Entwicklung, Testung oder Produktion der vier derzeit in Deutschland<br />

verfügbaren Covid-19-Impfstoffe. Während solche Zelllinien bei den beiden Vektorimpfstoffen (AstraZeneca und Johnson<br />

& Johnson) in allen drei Schritten eine zentrale Rolle spielen, kommen sie bei den beiden mRNA-Impfstoffen von Pfizer und<br />

Moderna lediglich während einiger Testschritte zur Anwendung.<br />

LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />

25


MEDIZIN<br />

Professor de Mattei hat seine Position<br />

Anfang <strong>2021</strong> in einem 74-seitigen<br />

Aufsatz mit dem Titel Ȇber die moralische<br />

Rechtmäßigkeit der COVID-<br />

19-Impfung« (»On the moral liceity of<br />

the vaccination against Covid«) sowie<br />

in einem Online-Artikel am 7. April<br />

<strong>2021</strong> dargelegt. Chris Ferrara antwortete<br />

mit drei Artikeln, die er online am<br />

18. April, am 14. Mai und am 22. Mai<br />

<strong>2021</strong> veröffentlichte.<br />

Ich werde hier versuchen, die komplexe<br />

Auseinandersetzung auf wenige<br />

allgemeinverständliche Hauptpunkte<br />

zu reduzieren. Da ich auf dem Gebiet<br />

der Theologie keine besondere Kompetenz<br />

besitze, gehe ich auf diesbezügliche<br />

Argumente nicht ein, sondern beschränke<br />

mich auf naturwissenschaftliche<br />

und ethische Fragen. Auch erachte<br />

ich es als nicht hilfreich, auf überzogene<br />

Unterstellungen einzugehen, etwa,<br />

dass einige Impfgegner vermuten, der<br />

eigentliche Sinn des Impfstoffs sei die<br />

Auslöschung der Menschheit.<br />

Mit diesen Einschränkungen lässt<br />

sich die Argumentation von de Mattei<br />

wie folgt darlegen:<br />

1. Die Verwendung der Impfstoffe<br />

ist nicht Ausdruck einer formellen<br />

(das heißt: mit innerer Zustimmung<br />

erfolgten), sondern lediglich einer<br />

materiellen (das heißt: mit innerer<br />

Unter konservativen Katholiken ist der Gebrauch heftig umstritten<br />

Ablehnung verbundenen) Kooperation<br />

mit dem Übel der Abtreibung.<br />

2. Diese materielle Kooperation ist<br />

als entfernt (engl. »remote«) zu betrachten,<br />

wobei diese Entfernung<br />

nicht zeitlich, sondern als Ausmaß<br />

der unmittelbaren Verwicklung des<br />

Geimpften in eine Abtreibung verstanden<br />

werden soll.<br />

3. Eine solche materielle, entfernte<br />

Kooperation kann zulässig sein,<br />

um ein größeres Übel abzuwenden<br />

und dem Gemeinwohl zu dienen.<br />

Das Ausmaß des Übels belegt<br />

de Mattei nicht, sondern verweist<br />

auf die Meinung »Hunderttausender<br />

(sic.) Immunologen, Virologen,<br />

Spezialisten für Infektionskrankheiten<br />

und Epidemiologen«, die allesamt<br />

die Impfung empfehlen würden.<br />

4. Je größer die Entfernung, desto<br />

mehr ist eine solche Kooperation<br />

erlaubt.<br />

5. Nach dem Prinzip der doppelten<br />

Wirkung überwiege bei einer Handlung<br />

mit guter und schlechter Wirkung<br />

die gute Wirkung, sofern diese<br />

(a) unmittelbar und keine direkte<br />

Konsequenz der schlechten Wirkung<br />

sei, (b) das Ziel der Handlung<br />

gut sei und (c) der Grund angemessen<br />

sei.<br />

6. Fetale Zelllinien kommen nicht nur<br />

bei den COVID-19-Impfstoffen,<br />

sondern auch bei anderen Impfstoffen<br />

und Medikamenten zum Einsatz.<br />

Erwähnt wird die Behandlung<br />

von US-Präsident Donald Trump<br />

mit einem Anti-Covid-Antikörper-<br />

Präparat, das mithilfe fetaler Zelllinien<br />

getestet wurde.<br />

7. Auch in anderen Gebieten in der Medizin,<br />

wie etwa bei der Organspende,<br />

werden ethisch fragwürdige Konzepte<br />

wie die Hirntodthese akzeptiert.<br />

8. Das Argument, die Verwendung<br />

von Impfstoffen, die mithilfe fetaler<br />

Zelllinien entwickelt wurden,<br />

führe zur schleichenden Akzeptanz<br />

der Abtreibungsindustrie, sei nicht<br />

zulässig. Zwar gebe es eine »Verkettung«<br />

(engl. »concatenation«)<br />

zwischen Impfung und Abtreibung,<br />

diese sei aber rein historischer und<br />

nicht moralischer Natur, weil eine<br />

Handlung nur nach ihren unmittelbaren<br />

sofortigen Konsequenzen<br />

und nicht nach ihren historischen<br />

Auswirkungen zu beurteilen<br />

sei, auch wenn diese in enger Entfernung<br />

sein mögen.<br />

9. Die Forscher, die die Impfstoffe<br />

mithilfe fetaler Zellen entwickelt<br />

haben, sowie die Verantwortlichen<br />

bei den Impfherstellern machen<br />

sich moralisch schuldig. Dies treffe<br />

aber weder für die Impfärzte noch<br />

für die Impflinge zu, sofern es keine<br />

ethisch unbelastete Alternative<br />

zu den derzeitigen COVID-19-<br />

Impfstoffen gibt.<br />

10. Möglicherweise stelle die Verwendung<br />

der Impfstoffe keine entfernte,<br />

materielle Kooperation mit der<br />

bösen Tat, sondern lediglich ihre<br />

Aneignung (engl. »appropriation«)<br />

dar. Hier erwähnt de Mattei<br />

als Beispiel die Verwendung eines<br />

besonders genauen anatomischen<br />

Lehrbuchs, dessen Zeichnungen<br />

anhand von ermordeten Insassen<br />

von Konzentrationslagern erstellt<br />

wurden, um eine besonders diffizile<br />

neurochirurgische Intervention<br />

zu ermöglichen.<br />

11. Es sei sogar möglich, dass den Impfling<br />

nicht nur keine Schuld trifft,<br />

sondern dass er durch die Impfung<br />

seine »moralische Solidarität« mit<br />

dem abgetriebenen Kind zeige.<br />

26 LEBENSFORUM <strong>140</strong>


MEDIZIN<br />

Auf diese Argumente antwortet Ferrara:<br />

1. Die geringe Fallsterblichkeit, die<br />

niedrige Zahl der Todesfälle gemessen<br />

an der Gesamtbevölkerung und<br />

das fortgeschrittene Alter sowie die<br />

Gebrechlichkeit der meisten Verstorbenen<br />

spreche grundsätzlich gegen<br />

die von de Mattei vorgeschlagene<br />

Strategie der Massenimpfung.<br />

Auch sei die Wirksamkeit der Impfung<br />

in Bezug sowohl auf Selbst- wie<br />

auch auf Fremdschutz nicht bewiesen,<br />

während andere Maßnahmen<br />

gegen COVID-19 wie etwa eine<br />

pharmakologische Behandlung unzureichend<br />

untersucht worden seien.<br />

Bei den meisten Menschen dürften<br />

zudem die Impfstoffe ein ungünstiges<br />

Nutzen-Risiko-Verhältnis<br />

aufweisen. Es sei somit zu hinterfragen,<br />

ob die Massenimpfung<br />

gegen Corona dem Gemeinwohl<br />

diene, zumal die Impfstoffe inzwischen<br />

mit vielen Nebenwirkungen<br />

und Todesfällen assoziiert worden<br />

seien. Anders als de Mattei, der bei<br />

seinen medizinischen und wissenschaftlichen<br />

Ausführungen im Allgemeinen<br />

bleibt, gibt Ferrara für<br />

seine Behauptungen stets überprüfbare<br />

Quellen an.<br />

2. Es sei somit fragwürdig, ob das Übel<br />

von COVID-19 ausreiche, um die<br />

Verwendung ethisch fragwürdiger<br />

Impfstoffe zu rechtfertigen.<br />

3. Das Prinzip der doppelten Wirkung<br />

finde im vorliegenden Fall keine<br />

Anwendung, da die Entwicklung<br />

der Corona-Impfstoffe eine direkte<br />

Konsequenz der Abtreibungen<br />

sei, die zur Etablierung der benötigten<br />

Zelllinien geführt haben.<br />

4. Das Argument, dass neben den Covid-Impfstoffen<br />

viele andere Medikamente<br />

fetale Zelllinien verwenden,<br />

beschreibt Ferrara als das<br />

»bandwaggon fallacy«, hierzulande<br />

als das Argumentum ad populum bekannt.<br />

Die Häufigkeit einer Handlung<br />

sage nichts über ihren intrinsischen<br />

moralischen Wert aus. Vielmehr<br />

sei dieser Zustand ein Grund,<br />

auch diese anderen Impfstoffe und<br />

Medikamente ethisch zu hinterfragen.<br />

5. De Matteis Argument, dass (a) die<br />

einzige Antwort auf die schwere Erkrankung<br />

COVID -19 die Verwendung<br />

ethisch fragwürdiger Impfstoffe<br />

sei, weshalb (b) jeder mit diesen<br />

Stoffen geimpft werden soll, sei ein<br />

Zirkelbeweis (eine Petitio Principii),<br />

da Prämisse (a), die hier als Rechtfertigung<br />

dient, selbst erstmal zu<br />

beweisen wäre.<br />

6. Die Verwendung von COVID-<br />

19-Impfstoffen sei nicht bloß eine<br />

Kooperation mit einer einmaligen<br />

schlechten Handlung in der fernen<br />

Vergangenheit, sondern Teilnahme<br />

an einer »Struktur des Bösen«, die<br />

sich bis heute fortsetzt und das moralische<br />

Fundament der gesamten<br />

Gesellschaft unterhöhlt. Der einzige<br />

Weg, dieser Entwicklung Einhalt<br />

zu gebieten, sei es, ihre Produkte<br />

konsequent abzulehnen.<br />

7. Die Kooperation mit der Abtreibung<br />

sei nicht entfernt, sondern unmittelbar,<br />

da die verwendeten Zelllinien<br />

nach wie vor die Erbsubstanz des<br />

abgetriebenen Kindes enthalten, die<br />

Fetales Gewebe muss lebensfrisch entnommen werden<br />

auch, wenngleich nur in Spuren, in<br />

den Impfstoffen selbst nachzuweisen<br />

ist. Außerdem sei die Kooperation,<br />

wenn auch materiell (d.h. mit<br />

innerer Ablehnung), so doch vom<br />

Geimpften gewollt, sofern dieser<br />

über die Herkunft der Impfstoffe<br />

informiert sei, denn nur so sei ein<br />

Zugang zum Impfstoff gewährleistet.<br />

8. In einem Interview mit einem Radiosender<br />

Ende Dezember 2020 sagte<br />

de Mattei, dass für ihn persönlich<br />

das Nutzen-Risiko-Verhältnis<br />

der Impfstoffe nicht ausreiche, um<br />

sich für die Impfung zu entscheiden.<br />

Diese Aussage widerspreche seinen<br />

Argumenten bezüglich der überragenden<br />

Notwendigkeit, sich gegen<br />

COVID-19 impfen zu lassen.<br />

9. De Mattei argumentiere letztlich,<br />

dass bei der Verwendung von ethisch<br />

fragwürdigen COVID-Impfstoffen<br />

der Zweck die Mittel heilige. Dies<br />

sei nichts anderes als die klassische<br />

utilitaristische Sichtweise eines Jeremy<br />

Bentham oder eines John Stewart<br />

Mill.<br />

10. Auch das Argument, die Verwendung<br />

der ethisch fragwürdigen Impfstoffe<br />

stelle lediglich eine »Aneignung«<br />

dar und sei keine formale Kooperation,<br />

lässt Ferrara nicht gelten. Dieses<br />

Argument trifft man oft in der weniger<br />

differenzierten Form an, dass<br />

mit der Entwicklung der Impfstoffe<br />

die Abtreibungen »zumindest zu<br />

etwas nutze« gewesen seien. Diese<br />

Impfstoffe, stellt Ferrara fest, hätte<br />

es ohne diese Abtreibungen nie<br />

gegeben. So zu tun, als ob man bei<br />

einer freiwilligen Verwendung der<br />

Impfstoffe mit diesen Abtreibungen<br />

nichts zu tun habe, sei nichts<br />

als Heuchelei.<br />

LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />

27


MEDIZIN<br />

Fazit<br />

Das stärkste Argument von Ferrara besteht<br />

aus meiner Sicht darin, dass man<br />

bei der Verwendung solcher Impfstoffe<br />

von einer Struktur des Bösen profitiert<br />

und diese Struktur zumindest implizit<br />

unterstützt. Die fortdauernde Entwicklung<br />

solcher Zelllinien und die sonstige<br />

und wachsende Verwendung humanen<br />

fetalen Gewebes bis zum heutigen Tag<br />

geben ihm recht.<br />

Von der HEK-293-Zellinie, die am<br />

prominentesten bei den COVID-19-<br />

Impfstoffen zum Einsatz kommt, wird<br />

oft behauptet, sie stamme nicht von<br />

einer Abtreibung, sondern von einer<br />

Fehlgeburt. Rein biologisch gesehen ist<br />

dies sehr unwahrscheinlich: Die meisten<br />

Fehlgeburten finden in den ersten<br />

drei Monaten der Schwangerschaft statt,<br />

wobei in vielen Fällen kein Embryo gebildet<br />

wird. Wird ein Embryo oder Fetus<br />

gebildet, werden diese in der Regel<br />

erst Tage bis Wochen nach ihrem Tod<br />

ausgeschieden. Aus solchem Gewebe<br />

lässt sich keine Zelllinie züchten. Vielmehr<br />

muss Gewebe, das zur Entwicklung<br />

einer Zelllinie gedacht ist, »lebendfrisch«<br />

(so der Fachterminus) entnommen<br />

und entweder sofort weiterverarbeitet<br />

oder gekühlt werden. Zudem hat<br />

Dr. Alex von Eb aus Leiden 2001 vor<br />

der US-amerikanischen Zulassungsbehörde<br />

FDA ausgesagt, dass die Zelllinie<br />

aus den Nieren eines abgetriebenen<br />

Kindes gewonnen wurde. Die Zahl<br />

293 weist darauf hin, dass es dem Kanadier<br />

Dr. Frank Graham, dem Assistenten<br />

von van der Eb, vermutlich erst<br />

bei seinem 293. Versuch gelungen ist,<br />

eine solche Zelllinie zu etablieren. Somit<br />

ist es sehr unwahrscheinlich, dass<br />

bei der Entwicklung von HEK-293<br />

nur eine Abtreibung »benötigt« wurde.<br />

Selbst wenn zugegeben wird, dass<br />

die HEK-293-Zelllinie auf der Grundlage<br />

einer oder mehrerer Abtreibungen<br />

Impfstoffe lassen sich auch mit ethisch unbedenklichen Methoden fertigen<br />

gewonnen wurde, wird vielfach argumentiert,<br />

dass Abtreibungen 1972 in<br />

den Niederlanden nur durchgeführt<br />

wurden, »um das Leben der Mutter<br />

zu retten«. Zwar waren bis 1984 Abtreibungen<br />

formell in den Niederlanden<br />

nur bei Lebensgefahr der Mutter<br />

erlaubt, doch in Wirklichkeit existierte<br />

dort ab Anfang der 1970er Jahre eine<br />

sehr liberale Abtreibungspraxis mit<br />

38.500 berichteten Abtreibungen im Jahre<br />

1972, wesentlich mehr als beispielsweise<br />

im Jahr 2017, in dem 30.523 Abtreibungen<br />

in den Niederlanden durchgeführt<br />

wurden. Somit spricht fast alles<br />

dafür, dass die HEK-293-Zelllinie<br />

einer elektiven Abtreibung entstammt<br />

und dass für ihre Entwicklung mehr<br />

als eine Abtreibung »benötigt« wurde.<br />

Letztere Annahme wird durch die Aussagen<br />

des US-Amerikaners Dr. Stanley<br />

Plotkin, der als Erfinder des Röteln-Impfstoffs<br />

gilt, gestützt. In einem<br />

2018 gegen ihn geführten Prozess gab<br />

Dr. Plotkin zu, bei der Forschung zur<br />

Impfstoffentwicklung mehr als 70 Feten<br />

»verbraucht« zu haben.<br />

Wie in Tabelle 2 gezeigt, ist HEK-293<br />

nur eine in einer langen Reihe solcher<br />

fetaler Zelllinien. Die neueste, nämlich<br />

WALVAX-2, die erst 2015 gewonnen<br />

wurde, wird nicht die letzte sein, da bei<br />

allen existierenden Zelllinien zu erwarten<br />

ist, dass sie in den nächsten Jahren<br />

ihr sogenanntes »Hayflick-Limit« erreichen<br />

und danach aufgrund fehlender<br />

Teilungsfähigkeit ihre Nützlichkeit einbüßen<br />

werden.<br />

Solche Zelllinien werden nicht nur<br />

in der Impfstoffherstellung verwendet,<br />

sondern in einer großen Anzahl von Prozessen<br />

in Forschung und Industrie, so<br />

etwa in der Lebensmittelindustrie (Testung<br />

von Geschmacksverstärkern) sowie<br />

bei der Herstellung einiger Kosmetika<br />

und biologischer Medikamente.<br />

Neben der Herstellung von Zelllinien<br />

finden auch Gewebe und ganze Organe<br />

aus abgetriebenen Kindern breite<br />

Anwendung in der Forschung. Internationale<br />

Aufmerksamkeit erregte<br />

der Fall des Journalisten David Daleiden,<br />

der 2015 mit versteckter Kamera<br />

bei der Abtreibungsorganisation<br />

»Planned Parenthood« in den USA Verhandlungen<br />

über den Erwerb von Organen<br />

aus abgetriebenen Kindern gefilmt<br />

hat. Lange Zeit behauptete Planned Parenthood,<br />

das Videomaterial sei manipuliert<br />

worden, doch mussten seine Mitarbeiter<br />

2019 unter Eid zugeben, dass<br />

Organe sogar bei sogenannten »Teilgeburtsabtreibungen«<br />

(engl. »partial<br />

birth abortions«), bei denen das Kind<br />

intakt zur Welt gebracht wird, zum Verkauf<br />

entnommen wurden. Im Juli und<br />

August <strong>2021</strong> wurde bekannt, dass bei<br />

Versuchen sowohl an der Universität<br />

von Pittsburgh als auch an der Universität<br />

von Kalifornien in San Francisco<br />

(UCSF) Gewebe und Organe von abgetriebenen<br />

Kindern verwendet wurden.<br />

Bei der Studie aus der Universität<br />

von Pittsburgh wurde die Kopfhaut von<br />

Kindern, die im fünften Monat abgetrieben<br />

wurden, auf Ratten übertragen,<br />

28 LEBENSFORUM <strong>140</strong>


MEDIZIN<br />

während fetales Gewebe an der Universität<br />

von Kalifornien in San Francisco für<br />

eine Vielzahl von Versuchen verwendet<br />

wird. In einem Forschungsantrag beim<br />

National Institutes of Health, dem USamerikanischen<br />

Äquivalent zur Deutschen<br />

Forschungsgemeinschaft, wurde<br />

festgehalten, die Universität von Pittsburgh<br />

habe im Jahr 2015 über 300 »frische<br />

Proben« von 77 »Fällen« verteilt<br />

und könnte bei Bedarf Gewebe von »bis<br />

zu 725 Fällen« pro Jahr gewinnen. Im<br />

Antrag wird zudem festgehalten, dass<br />

man Gewebe von spätabgetriebenen<br />

Kindern bis zur 42. Lebenswoche (also<br />

bis zum Ende der Schwangerschaft) gewinnen<br />

möchte. Aussagen der Universität<br />

von Pittsburgh deuten sogar darauf<br />

hin, dass in einigen Fällen Gewebe<br />

entnommen wird, während das Herz<br />

des Kindes noch schlägt.<br />

Dass es keine Alternative zur Verwendung<br />

fetaler Zelllinien gibt, ist eher<br />

eine Beschreibung des derzeitigen Zustands<br />

als eine wissenschaftliche Tatsache.<br />

So hat der große Impfstoffhersteller<br />

Sanofi-Pasteur Anfang 2020 aufgrund<br />

öffentlichen Drucks die Herstellung<br />

seines Impfstoffs gegen Kinderlähmung<br />

von fetalen Zelllinien auf die<br />

ethisch unproblematische Vero-Zelllinie<br />

umgestellt. Auch haben der Hersteller<br />

von Pepsi sowie der Lebensmittelhersteller<br />

Kraft ihre Produktionsweise<br />

umgestellt, damit ethisch bedenkliche<br />

Geschmacksverstärker nicht mehr zur<br />

Anwendung kommen.<br />

In der Öffentlichkeit ist kaum bekannt,<br />

in welchem Ausmaß humanes fetales<br />

Gewebe in der Forschung und in<br />

der Industrie heute »verwendet« wird.<br />

Wir dürfen nicht vergessen, dass es sich<br />

… Gewebe inzwischen in der Forschung und in der Industrie verwendet wird<br />

hierbei in jedem einzelnen Fall um einen<br />

wehrlosen unschuldigen Menschen<br />

handelt, der nicht als autonomes Subjekt,<br />

In der Öffentlichkeit ist kaum bekannt, in welchem Umfang humanes fetales …<br />

sondern als bloßes Objekt, als »Organlager«<br />

instrumentalisiert und ohne jede<br />

Einwilligung in wortwörtlichem Sinne<br />

aufgebraucht wird, um den Interessen<br />

Dritter zu dienen. Dass solche Praktiken<br />

mittlerweile an voll entwickelten<br />

Kindern im Rahmen eines eingeleiteten<br />

Geburtsvorgangs unmittelbar vor<br />

oder gar während der Geburt durchgeführt<br />

werden, zeigt wie im Scheinwerferlicht,<br />

wohin es führt, wenn wir das<br />

Prinzip der Verwendung von Gewebe<br />

aus abgetriebenen Kindern freigeben.<br />

Für viele Menschen war das ausschlaggebende<br />

Argument für die Nutzung<br />

ethisch belasteter Impfstoffe die<br />

angenommene Schwere der COVID-<br />

19-Erkrankung. Doch ist dieses Argument<br />

im Grunde ein nackter Utilitarismus,<br />

bei dem jedes Mittel recht ist, sofern<br />

der Zweck dramatisch genug dargestellt<br />

wird. Das Problem der Verwendung<br />

von Zellen, Geweben und Organen<br />

aus abgetriebenen Kindern geht weit<br />

über die Problematik der Impfstoffherstellung<br />

hinaus und verdient eine<br />

weitaus größere Aufmerksamkeit, als<br />

dies selbst innerhalb der Lebensrechtsbewegung<br />

bislang der Fall gewesen ist.<br />

LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />

29


BÜCHERFORUM<br />

Der Kölner Klinikenskandal<br />

Im sogenannten Kölner Klinikenskandal<br />

aus dem Jahr 2013<br />

ging es um Abweisung einer mutmaßlich<br />

Vergewaltigten und um die<br />

Verweigerung einer Beratung zur »Pille<br />

danach« durch eine Klinik in katholischer<br />

Trägerschaft. Dazu hat Hubert<br />

Hecker jetzt ein Buch vorgelegt. Seine<br />

Hauptthese: Im Jahr 2013 handelte es<br />

sich um einen Medienskandal. »Beteiligte<br />

Journalisten hatten keinesfalls<br />

einen Skandal aufgedeckt (…), sondern<br />

einen Skandalfall durch journalistische<br />

Grenzüberschreitungen inszeniert.«<br />

Eine Einschätzung, die man<br />

nach der minutiösen Aufarbeitung des<br />

vorliegenden Materials nur unterstützen<br />

kann.<br />

Die Behauptungen lauteten, das Krankenhaus<br />

hätte ein Vergewaltigungsopfer<br />

abgewiesen, katholische Kliniken<br />

würden Heilbehandlungen verweigern<br />

und kirchliche Krankenhäuser unterließen<br />

Hilfe in Notsituationen. Schlimmer<br />

können die Vorwürfe gegen eine Klinik<br />

in katholischer Trägerschaft eigentlich<br />

nicht sein. Die Behauptung, dass es ein<br />

generelles Beratungsverbot über Wirkung<br />

und Nebenwirkungen der »Pille<br />

danach« in kirchlichen Einrichtungen<br />

gebe, erwies sich schon am Tag eins<br />

nach der Erstveröffentlichung als aus<br />

der Luft gegriffen.<br />

Die Klinikleitung hatte schnell reagiert<br />

und in einer Pressekonferenz<br />

ihre geltenden ethischen Leitlinien<br />

im Umgang mit Frauen in Not vorgestellt<br />

– inklusive Beratungsverpflichtung.<br />

Der Vorwurf der »Abweisung«<br />

bezog sich auf ein Telefonat zwischen<br />

einer Ambulanzärztin, in deren Obhut<br />

sich die junge Frau befand, und<br />

einer Gynäkologin auf der Station<br />

des Krankenhauses. Letztere verwies<br />

darauf, dass sie zur Durchführung<br />

forensischer Untersuchungen (sogenannte<br />

ASS-Untersuchungen) nicht<br />

berechtigt sei, was die Ambulanzärztin<br />

nicht akzeptierte. Sie ließ sich dazu<br />

hinreißen, die Lage verbal maßlos zuzuspitzen.<br />

Darauf folgte ein bundesweiter<br />

Mediensturm gegen Kliniken<br />

in kirchlicher Trägerschaft und nicht<br />

zuletzt auch gegen Kardinal Meisner.<br />

In einem weiteren Eskalationsschritt<br />

entzündete sich die Empörung auch<br />

daran, dass die Abtreibungspille als<br />

einziger Ausweg bei einer Vergewaltigung<br />

angesehen wurde.<br />

Der damalige Kölner Erzbischof sah<br />

sich genötigt, einzugreifen, als es darum<br />

ging, dass katholische Kliniken<br />

keine Abtreibungspille geben dürfen.<br />

Er bekräftigte die Lehre der Kirche<br />

zum unbedingten Lebensschutz, wurde<br />

aber dahingehend beraten, dass es<br />

eine »Pille danach« gebe, die keine<br />

frühabtreibende Wirkung habe. Eine<br />

Information, die nur halbrichtig war,<br />

da die zum Tragen kommende Wirkung<br />

eines Gestagens wie Levonorgestrel<br />

sehr vom Zeitpunkt der Einnahme<br />

während des Zyklus der Frau abhängt.<br />

Buchautor Hubert Hecker machte sich<br />

bei diesem Thema die Mühe, diese Aspekte<br />

der Wirkungsweise der »Pillen<br />

danach«, die Abtreibungspillen sind,<br />

darzustellen. Falsch war jedenfalls die<br />

Darstellung der Medien, dass Meisner<br />

eine moraltheologische »Kehrtwende«<br />

vollzogen habe.<br />

Rainer Klawki<br />

Hubert Hecker: Der Kölner Kliniken-/<br />

Medienskandal. Eine Fallstudie zu<br />

Skandalisierungsprozessen, Schwarmjournalismus<br />

und Medienpreisen. Verlag<br />

heckmedien, Dornburg <strong>2021</strong>. 196<br />

Seiten. 11,00 EUR.<br />

Das empathische Gen<br />

Der Mensch ist nicht nur durch seinen Geist, sondern<br />

auch durch seine Biologie ein auf Humanität ausgerichtetes<br />

Wesen. Das jedenfalls behauptet der Arzt,<br />

Neurowissenschaftler und Psychotherapeut Joachim<br />

Bauer in seinem jüngsten Buch. Anders als von<br />

dem britischen Evolutionsbiologen Richard Dawkins<br />

in seinem die Biologie damals revolutionierenden<br />

Werk »The Selfish Gene« (1976) dargelegt, verhielten<br />

sich Gene gerade nicht egoistisch, behauptet<br />

Bauer unter Berufung auf neueste Ergebnisse der<br />

»Social Genomics«-Forschung. Stattdessen kommunizierten<br />

und kooperierten sie, reagierten auf Umwelteinflüsse<br />

und Lebensstile. Was wir dächten, sei<br />

keine »heiße Luft«, sondern habe »Top-down-Effekte«,<br />

die bis hinunter zu den Genen reichten. reh<br />

Joachim Bauer: Das empathische Gen. Humanität,<br />

das Gute und die Bestimmung des Menschen. Verlag<br />

Herder, Freiburg im Breisgau <strong>2021</strong>. Gebunden.<br />

208 Seiten. 20,00 EUR. eBook 15,99 EUR.<br />

30 LEBENSFORUM <strong>140</strong>


BÜCHERFORUM<br />

Die KALEB-Geschichte<br />

Etwas mehr als fünf Monate<br />

vor dem Fall der Mauer fand<br />

das erste Treffen der ›Interessengemeinschaft<br />

zum Schutz der ungeborenen<br />

Kinder‹ in der Leipziger<br />

Nikolaikirche statt. Etwas mehr als<br />

drei Monate nach<br />

dem Fall der Mauer<br />

wurde daraus in der<br />

Thomaskirche in<br />

Leipzig der offizielle<br />

Verein KALEB. Diese<br />

beide Orte zeigen,<br />

wie eng die Entstehung<br />

von KALEB<br />

mit der kirchlichen<br />

Erweckung verbunden<br />

war, deren Gebetsveranstaltungen<br />

und Runde Tische<br />

eine tragende Bedeutung<br />

hatten auf<br />

dem Weg zum Ende<br />

einer Diktatur, die<br />

stolz auf ihr nichtreligiöses<br />

Bekenntnis war und den<br />

Glauben bestenfalls duldete«, schreibt<br />

Professor Thomas Schirrmacher, Generalsekretär<br />

der Weltweiten Evangelischen<br />

Allianz, in seinem Vorwort zu<br />

dem Buch von Walter Schrader.<br />

Es ist eines von zweien. Das andere<br />

Vorwort steuerte Hartmut Steeb, Vorsitzender<br />

des Treffens Christlicher Lebensrechtsgruppen<br />

und stellvertretender<br />

Vorsitzender des Bundesverbands<br />

Lebensrecht, bei. Darin bezeichnet<br />

er die von Walter Schrader vorgelegte<br />

KALEB-Geschichte als »ein Juwel<br />

des geistlich begründeten Aufstands<br />

gegen die lebensfeindliche Kultur<br />

des Todes«. Diese Unkultur sei in der<br />

Gründungszeit von<br />

KALEB »durch die<br />

staatliche Erlaubnis<br />

zur Tötung ungeborener<br />

Kinder« in<br />

der DDR »zur Normalität«<br />

geworden.<br />

Noch mitten in der<br />

sich »demokratisch<br />

gebenden Diktatur«<br />

habe Christen<br />

das vielfach gelebte<br />

Nein zum Leben<br />

nicht mehr losgelassen.<br />

»Sie standen<br />

auf gegen staatliche<br />

Normen. Sie nannten<br />

das Unrecht<br />

beim Namen. (…)<br />

Wie sich einst KALEB im Volk Israel<br />

gegen den Mainstream stellte, so<br />

kämpften auch sie für göttliches Recht<br />

gegenüber staatlichem Unrecht.« Das<br />

sei, so Steeb, kein Widerspruch zum<br />

Diktum des Apostels Paulus: »Jedermann<br />

sei untertan der Obrigkeit, die<br />

Gewalt über ihn hat« (Röm 13,1).<br />

»Denn wo der Staat sein Mandat überschreitet<br />

und sich zum Herrn über Leben<br />

und Tod erhebt – denn das allein<br />

ist Gottes Sache! –, da sagt uns Petrus:<br />

›Wir müssen Gott mehr gehorchen als<br />

den Menschen‹ (Apg 5,29). Da gilt es<br />

auch aufzustehen.«<br />

Die KALEB-Geschichte, die Walter<br />

Schrader hier bis zum Jahr 2008 vorlegt,<br />

ist eine Geschichte des Nichtwegschauens<br />

und Einstehens. Bei Walter<br />

Schrader selbst hat sie damit begonnen,<br />

dass er als Hilfspfleger im Krankenhaus<br />

auf den Klinikmüll und die darin<br />

enthaltenen Leichenteile abgetriebener<br />

Kinder aufmerksam wird. Doch anstatt<br />

wegzuschauen, sieht er genauer<br />

hin. Und er findet, dass das, was er da<br />

sehen muss, nicht so bleiben darf. Walter<br />

Schrader war nie der Kopf von KA-<br />

LEB. Aber er war von Anfang an dabei.<br />

Und als langjähriger Geschäftsführer<br />

war er der, bei dem die Fäden zusammenliefen.<br />

Das macht die KALEB-Geschichte,<br />

die in weiten Teilen auch eine<br />

Geschichte der Lebensrechtsbewegung<br />

im wiedervereinigten Deutschland ist,<br />

so lesenswert. Sie sollte unbedingt eine<br />

Fortsetzung erfahren.<br />

Stefan Rehder<br />

Walter Schrader: Die KALEB-Geschichte.<br />

Ein Überblick 1989–2008. Unser Leben<br />

– für das Leben. Schriftreihe des<br />

Instituts für Lebens- und Familienwissenschaften<br />

Bd. 9. Verlag für Kultur und<br />

Wissenschaft, Bonn <strong>2021</strong>. 146 Seiten.<br />

18,00 EUR.<br />

Die Neuerfindung des Menschen<br />

Immer schon war der Mensch versucht, die Grenzen<br />

seines Menschseins zu überwinden. Doch nie zuvor<br />

konnte er sich dabei derart mächtiger Technologien<br />

bedienen wie heute. In den gesellschaftlichen Auseinandersetzungen<br />

um die Themen Ehe, Familie und<br />

Sexualität stehen sich daher heute eine die menschliche<br />

Natur achtende sowie eine den Menschen neu<br />

erfindende Weltanschauung gegenüber. Selten in<br />

Reinform, sondern oft in unzähligen Variationen der<br />

Vermischung. Die diplomierte Sozialwissenschaftlerin<br />

und Sozialpädagogin Susanne Hartfiel arbeitet in<br />

diesem Band die Konsequenzen und Begleiterscheinungen<br />

dieser Neuerfindung der menschlichen Natur<br />

heraus. Dabei legt sie zielsicher und fundiert den<br />

Finger in die logischen und weltanschaulichen Unstimmigkeiten<br />

und Widersprüche.<br />

san<br />

Susanne Hartfiel: Die Neuerfindung des Menschen.<br />

Dominus-Verlag, Augsburg <strong>2021</strong>. Paperback.<br />

280 Seiten. 19,95 EUR.<br />

LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />

31


KURZ VOR SCHLUSS<br />

Expressis<br />

verbis<br />

Schwangerschaftsabbrüche sollen<br />

Teil der ärztlichen Aus- und Weiterbildung<br />

sein. Die Möglichkeit zu kostenfreien<br />

Schwangerschaftsabbrüchen<br />

gehören [sic] zu einer verlässlichen<br />

Gesundheitsversorgung. Sogenannten<br />

Gehsteigbelästigungen von<br />

Abtreibungsgegnerinnen und Abtreibungsgegnern<br />

setzen wir wirksame<br />

gesetzliche Maßnahmen entgegen.<br />

Wir stellen die flächendeckende Versorgung<br />

mit Beratungseinrichtungen<br />

sicher. Schwangerschaftskonfliktberatung<br />

wird auch künftig online möglich<br />

sein. Ärztinnen und Ärzte sollen<br />

öffentliche Informationen über<br />

Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen<br />

können, ohne eine Strafverfolgung<br />

befürchten zu müssen. Daher<br />

streichen wir § 219a StGB.«<br />

Tops & Flops<br />

Hubert Hüppe<br />

Der langjährige CDU-Bundestagsabgeordnete<br />

und ehemalige Beauftragte<br />

der Bundesregierung für die Belange<br />

behinderter Menschen, Hubert Hüppe<br />

(CDU), hat erneut den Sprung in<br />

den Deutschen Bundestag geschafft.<br />

Umgehend hat sich der 65-Jährige,<br />

RENÉ GOLZ<br />

FDP.DE<br />

Marco Buschmann<br />

Die Ampelkoalition von SPD, Grünen<br />

und FDP will den § 219a ersatzlos<br />

aus dem Strafgesetzbuch streichen.<br />

Bundesjustizminister Marco<br />

Buschmann (FDP) bezeichnet es<br />

gegenüber dem Redaktionsnetzwerk<br />

Deutschland als »untragbar«, dass<br />

Auszug aus dem Koalitionsvertrag<br />

»Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für<br />

Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit«<br />

von SPD, Bündnis 90/Die Grünen<br />

und FDP, S. 114 f.<br />

Künstliche Befruchtung wird diskriminierungsfrei<br />

auch bei heterologer Insemination,<br />

unabhängig von medizinischer<br />

Indikation, Familienstand und<br />

sexueller Identität förderfähig sein.<br />

Die Beschränkungen für Alter und Behandlungszyklen<br />

werden wir überprüfen.<br />

Der Bund übernimmt 25 Prozent<br />

der Kosten unabhängig von einer Landesbeteiligung.<br />

Sodann planen wir,<br />

zu einer vollständigen Übernahme der<br />

Kosten zurückzukehren. Die Kosten der<br />

Präimplantationsdiagnostik werden<br />

übernommen. Wir stellen klar, dass Embryonenspenden<br />

im Vorkernstadium legal<br />

sind und lassen den ›elektiven Single<br />

Embryo Transfer‹ zu.«<br />

Ebenda, S. 115<br />

Hubert Hüppe, CDU<br />

der über die nordrhein-westfälische<br />

Landesliste in das Parlament einzog,<br />

wieder zu Wort gemeldet. Im<br />

Streit um die geplante Abschaffung<br />

des Werbeverbots für Abtreibungen<br />

(§ 219a StGB) sagte Hüppe der<br />

»Bild«-Zeitung: »Für Tabak haben<br />

wir ein Werbeverbot, auf vielen Packungen<br />

steht: Rauchen kann tödlich<br />

sein.« Eine Abtreibung sei »definitiv<br />

tödlich – für das Kind. Wer<br />

könnte noch nachvollziehen, dass<br />

Abtreibung grundsätzlich Unrecht<br />

ist, wenn Werbung dafür legalisiert<br />

wird?« Wohl niemand. Und genau<br />

darum geht es ja bei der Abschaffung<br />

des Werbeverbots für vorgeburtliche<br />

Kindstötungen. Ihnen soll der Verbotscharakter<br />

genommen und der<br />

Anschein der Legitimität verliehen<br />

werden.<br />

reh<br />

Marco Buschmann, FDP<br />

ausgerechnet diejenigen, die dafür<br />

ausgebildet seien, einen Schwangerschaftsabbruch<br />

sicher anbieten zu<br />

können, die Sorge haben müssten,<br />

»Besuch vom Staatsanwalt zu bekommen,<br />

wenn sie über ihre Arbeit<br />

aufklären«. Nur ist das gar nicht der<br />

Fall. Im Rahmen eines Arzt-Patienten-Gesprächs<br />

darf nicht nur jeder<br />

Arzt vor einer Intervention über<br />

sämtliche Details seiner Arbeit aufklären.<br />

Er ist sogar dazu verpflichtet.<br />

Nimmt er einen Eingriff ohne<br />

Aufklärung vor, begeht er eine Körperverletzung.<br />

Anders zu sehen ist<br />

dagegen die Bewerbung seines Tuns<br />

im öffentlichen Raum. Zwischen beidem<br />

nicht differenzieren zu können<br />

oder wollen, qualifiziert nicht gerade<br />

für das Amt des Bundesjustizministers.<br />

reh<br />

32 LEBENSFORUM <strong>140</strong>


KURZ VOR SCHLUSS<br />

Aus dem Netz<br />

Lifetalks<br />

Menschenrechte sind die Grundlage<br />

unseres friedlichen und freiheitlichen<br />

Zusammenlebens. Das erste Menschenrecht<br />

ist das Recht auf Leben.<br />

Darum, und um viele weitere Fragen,<br />

die den Lebensschutz betreffen, geht<br />

es in dem wöchentlich erscheinenden<br />

Podcast »Lifetalks« der Aktion Lebensrecht<br />

für Alle (<strong>ALfA</strong>) e.V. Meist<br />

spricht hier die Bundesvorsitzende der<br />

<strong>ALfA</strong>, Cornelia Kaminski, mit Experten<br />

aus dem In- und Ausland über ein<br />

aktuelles Lebensrechtsthema.<br />

Interessierte können »Lifetalks« kostenlos<br />

abonnieren oder über Anchor,<br />

Spotify, Google Podcasts sowie über<br />

die <strong>ALfA</strong>-Homepage abrufen.<br />

Kurz & bündig<br />

Chile: Unterhaus<br />

votiert gegen<br />

Abtreibungsnovelle<br />

Santiago de Chile (<strong>ALfA</strong>). Das Unterhaus<br />

des chilenischen Parlaments<br />

lehnte Ende November einen<br />

Gesetzesentwurf ab, der<br />

vorgeburtliche Kindstötungen bis<br />

zur 14. Schwangerschaftswoche<br />

allgemein straffrei gestellt hätte.<br />

65 Abgeordnete votierten gegen<br />

das Gesetz, 62 dafür, einer<br />

enthielt sich der Stimme. Wie<br />

das linksliberale Online-Nachrichtenportal<br />

»actualidad.rt.com«<br />

schreibt, sei dies ein Sieg für<br />

die Regierung von Chiles Präsident<br />

Sebastián Piñera, die gegen<br />

eine Ausweitung der geltenden<br />

Rechtslage sei. In dem Andenstaat<br />

sind vorgeburtliche Kindstötungen<br />

seit dem Jahr 2017 aus<br />

drei Gründen straffrei: Wenn die<br />

Fortsetzung der Schwangerschaft<br />

das Leben der Mutter gefährdet,<br />

wenn Ärzte bei dem ungeborenen<br />

Kind Schäden diagnostizierten,<br />

die mit dem Leben medizinisch<br />

unvereinbar sind, sowie nach Vergewaltigung.<br />

reh<br />

Der kostenlose <strong>ALfA</strong>-Podcast „Lifetalks“ erscheint immer freitags<br />

»Die Welt. Die von morgen« (52)<br />

GLOSSE<br />

In der Welt von morgen führt die Liste<br />

»The World Billionaires« des USamerikanischen<br />

Wirtschaftsmagazins<br />

»Forbes« auf den Plätzen 1 bis 49 nur<br />

noch die CEOs von Pharmakonzernen<br />

und Biotech-Schmieden. Jeff Bezos<br />

und Elon Musk rangieren mittlerweile<br />

auf Platz 50 und 51. In Deutschland<br />

haben die »Vereinigten Impfzentren<br />

Nord« und »Süd« die »Deutsche<br />

Bahn« und die »Deutsche Post« als<br />

größte Arbeitgeber abgelöst. Auf Platz<br />

drei und vier liegen die »Unierten Testzentren<br />

West« und »Ost«. Nachdem<br />

2022 in Deutschland eine allgemeine<br />

Impfpflicht gegen das Virus SARS-<br />

CoV-2 eingeführt wurde, wird die gesamte<br />

Bevölkerung prophylaktisch<br />

gegen jedes Virus geimpft, das von der<br />

börsennotierten »Christian Drosten<br />

Enterprise« entdeckt wird. Die Pfingstund<br />

Herbstferien heißen offiziell nun<br />

Impf-Ferien I und II. Laut einer Umfrage<br />

der Zeitschrift »Eltern« sind die beliebtesten<br />

Berufe bei Kindern im Alter<br />

von sechs bis 12 Jahren: »Modellierer«<br />

und »Virologe«, dicht gefolgt von<br />

»Karl Lauterbach«, »Maskenvermittler«<br />

und »Impfpass-Fälscher«. Zu den<br />

auflagenstärksten Zeitschriften zählen<br />

»Mein Hobby: Epidemiologie« und<br />

»Maskenmode – Sämtliche Trends«.<br />

Die Bildungsminister der Länder haben<br />

sich darauf verständigt, das griechische<br />

Alphabet in den Grundschul-<br />

Lehrplan aufzunehmen. Begründung:<br />

Kinder müssten früh in die Lage versetzt<br />

werden, bei Virusvarianten den<br />

Überblick zu behalten. Stefan Rehder<br />

LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />

33


LESERFORUM<br />

Wieder ein beeindruckendes<br />

Heft<br />

mit zahlreichen<br />

Informationen und<br />

Hintergründen, die<br />

ich nirgendwo anders<br />

finde.<br />

Gratuliere!<br />

Helene Hofmeister, Wien<br />

Aus dem Leben gegriffen<br />

Zum Beitrag »Mutige Mütter« in »<strong>LebensForum</strong>«<br />

Nr. 139, S. 24 f.<br />

Ich schätze Ihre Zeitschrift und begrüße<br />

auch deren populärwissenschaftliche<br />

Ausrichtung. Fakten, die andernorts<br />

vielfach unterschlagen werden,<br />

werden hier verständlich zur Sprache<br />

gebracht und haben sich im Zweifel<br />

für mich stets als nachprüfbar erwiesen.<br />

Dafür gebührt Ihnen große Anerkennung.<br />

Dennoch möchte ich mich<br />

ausdrücklich für den Beitrag von Maria<br />

Grundberger bedanken. Er ist aus<br />

dem Leben gegriffen und macht Mut.<br />

Auch das ist wichtig.<br />

Unfassbar<br />

Zum Titelthema »Tödliche Logik – Abtreibung<br />

in der EU« in »<strong>LebensForum</strong>«<br />

Nr. 139, S. 4–11<br />

Ihre ausführliche und detaillierte Berichterstattung<br />

über die Annahme des<br />

Matić-Berichts im Europäischen Parlament<br />

hat mich sehr erschreckt und<br />

ernüchtert zurückgelassen. Dabei vermag<br />

ich durchaus nachzuvollziehen,<br />

dass Politiker sich weder ausnahmslos<br />

noch konsequent auf die Seite ungeborener<br />

Kinder stellen mögen. Wählen<br />

können und dürfen nun einmal nur<br />

Geborene. Aber ein »Menschenrecht<br />

auf Abtreibung«? Herrje, wo sind wir<br />

nur gelandet? Unfassbar! Haben Sie<br />

daher vielen Dank für die Dokumentation<br />

der namentlichen Abstimmung.<br />

Das ermöglicht eine Unterscheidung<br />

der Geister.<br />

Maria Kohlhammer, Füssen<br />

mich, dass Sie dabei auch über die<br />

Programme kleinerer Parteien berichtet<br />

haben. Diese werden für gewöhnlich<br />

als bedeutungslos für den<br />

Wahlausgang erachtet. Nur wird das<br />

auch so bleiben, wenn niemand auf<br />

sie aufmerksam macht und über sie<br />

berichtet. All jenen, die sich von den<br />

großen Parteien nicht mehr vertreten<br />

fühlen und vor der Frage stehen, wen<br />

sie stattdessen wählen können, haben<br />

Sie einen großen Dienst erwiesen. Das<br />

darf dann auch sicher einmal gesagt<br />

werden.<br />

Roman Schneider, Düsseldorf<br />

Petra Popovic, Butzbach<br />

Geduckter Gang<br />

Zum Beitrag »Die Welt. Die von morgen.«<br />

in »<strong>LebensForum</strong>« Nr. 139, S. 33<br />

Ich hätte es sehr begrüßt, wenn »<strong>LebensForum</strong>«<br />

die Corona-Pandemie<br />

und deren Bekämpfung nicht lediglich<br />

in einer Glosse thematisiert hätte. Warum<br />

entscheiden Sie sich hier für den<br />

geduckten Gang? Wollen Sie etwa behaupten,<br />

eine weltweite Pandemie sei<br />

kein Lebensschutz-Thema?<br />

Dr. Guntram Henkel, Stuttgart<br />

A N Z E I G E<br />

Dienst erwiesen<br />

Zum Beitrag »Drum prüfe, wer sich bindet<br />

…« in »<strong>LebensForum</strong>« Nr. 139, S. 14–17<br />

Vielen Dank für Ihren ausführlichen<br />

Beitrag zu den Wahlprogrammen der<br />

zur Bundestagswahl angetretenen<br />

Parteien. Besonders gefreut habe ich<br />

34 LEBENSFORUM <strong>140</strong>


IMPRESSUM<br />

IMPRESSUM<br />

LEBENSFORUM<br />

Ausgabe Nr. <strong>140</strong>, 4. Quartal <strong>2021</strong><br />

ISSN 0945-4586<br />

Verlag<br />

Aktion Lebensrecht für Alle (<strong>ALfA</strong>) e.V.<br />

Ottmarsgäßchen 8, 86152 Augsburg<br />

Tel.: 08 21 / 51 20 31, Fax: 08 21 / 15 64 07<br />

www.alfa-ev.de, E-Mail: info@alfa-ev.de<br />

Herausgeber<br />

Aktion Lebensrecht für Alle e.V.<br />

Bundesvorsitzende Cornelia Kaminski (V. i. S. d. P.)<br />

Kooperation<br />

Ärzte für das Leben e.V. – Geschäftsstelle<br />

z.H. Dr. med. Karl Renner<br />

Sudetenstraße 15, 87616 Marktoberdorf<br />

Tel.: 0 83 42 / 74 22, E-Mail: k.renner@aerzte-fuer-das-leben.de<br />

www.aerzte-fuer-das-leben.de<br />

Redaktionsleitung<br />

Stefan Rehder M. A.<br />

Redaktion<br />

Alexandra Maria Linder M. A., Stefan Matthaei,<br />

Prof. Dr. med. Paul Cullen (Ärzte für das Leben e.V.)<br />

E-Mail: lebensforum@alfa-ev.de<br />

Anzeigenverwaltung<br />

Aktion Lebensrecht für Alle (<strong>ALfA</strong>) e.V.<br />

Ottmarsgäßchen 8, 86152 Augsburg<br />

Tel.: 08 21 / 51 20 31, Fax: 08 21 / 15 64 07<br />

www.alfa-ev.de, E-Mail: info@alfa-ev.de<br />

Satz / Layout<br />

Rehder Medienagentur, Würzburg<br />

www.rehder-agentur.de<br />

Auflage<br />

6.500 Exemplare<br />

Anzeigen<br />

Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 8 vom 1. Februar 2017.<br />

Erscheinungsweise<br />

»<strong>LebensForum</strong>« 141 erscheint am 28. Februar 2022.<br />

Redaktionsschluss ist der 6. Januar 2022.<br />

Jahresbezugspreis<br />

20,– EUR (für ordentliche Mitglieder der <strong>ALfA</strong> und der<br />

Ärzte für das Leben im Beitrag enthalten)<br />

Bankverbindung<br />

VR-Bank Augsburg-Ostallgäu<br />

IBAN: DE85 7209 0000 0005 0409 90<br />

BIC: GENODEF1AUB<br />

Spenden erwünscht<br />

Druck<br />

Reiner Winters GmbH<br />

Wiesenstraße 11, 57537 Wissen<br />

www.rewi.de<br />

Titelbild<br />

Dipl.-Des. (FH) Daniel Rennen/Rehder Medienagentur<br />

www.rehder-agentur.de<br />

Das »<strong>LebensForum</strong>« ist auf umweltfreundlichem chlorfrei<br />

gebleichtem Papier gedruckt.<br />

Mit vollem Namen gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt<br />

die Meinung der Redaktion oder der <strong>ALfA</strong> wieder<br />

und stehen in der Verantwortung des jeweiligen Autors.<br />

Fotomechanische Wiedergabe und Nachdruck – auch auszugsweise<br />

– nur mit schriftlicher Genehmigung der Redaktion.<br />

Für unverlangt eingesandte Beiträge können wir keine<br />

Haftung übernehmen. Unverlangt eingesandte Rezensionsexemplare<br />

werden nicht zurückgesandt. Die Redaktion behält<br />

sich vor, Leserbriefe zu kürzen.<br />

Helfen Sie Leben retten!<br />

Aktion Lebensrecht für Alle (<strong>ALfA</strong>) e.V.<br />

Ottmarsgäßchen 8, 86152 Augsburg<br />

Telefon (08 21) 51 20 31,Fax (08 21) 156407, http://www.alfa-ev.de<br />

Spendenkonto: VR-Bank Augsburg-Ostallgäu, IBAN: DE85 7209 0000 0005 0409 90, BIC: GENODEF1AUB<br />

Herzlich laden wir Sie ein, unsere <strong>ALfA</strong>-Arbeit durch Ihre Mitgliedschaft zu unterstützen.<br />

Ein »<strong>LebensForum</strong>«-Abonnement ist in der Mitgliedschaft enthalten.<br />

c 12,– E jährlich für Schüler, Studenten und Arbeitslose<br />

c 24,– E jährlich Mindestbeitrag<br />

c 35,– E jährlich Familienbeitrag<br />

c _________ E jährlich freiwilliger Beitrag.<br />

c 20,– E jährlich <strong>LebensForum</strong>-Abo ohne Mitgliedschaft<br />

Meine Adresse<br />

Mitgliedsbeiträge und Spenden sind steuerlich abzugsfähig!<br />

Freiwillige Angaben<br />

Geboren am<br />

Name<br />

Telefon<br />

Straße, Nr.<br />

Religion<br />

Beruf<br />

PLZ, Ort<br />

E-Mail-Adresse<br />

c Ja, ich möchte auch per E-Mail über Spendenaktionen und Lebensrechtskampagnen der Aktion Lebensrecht für Alle e.V. informiert<br />

werden.<br />

c Um Verwaltungskosten zu sparen und weil es für mich bequemer ist, bitte ich Sie, meine Beiträge jährlich von meinem Konto<br />

einzuziehen:<br />

Institut<br />

IBAN<br />

BIC/SWIFT<br />

Datum, Unterschrift<br />

LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />

35


LETZTE SEITE<br />

Postvertriebsstück B 42890 Entgelt bezahlt<br />

Deutsche Post AG (DPAG)<br />

Aktion Lebensrecht für Alle e.V. (<strong>ALfA</strong>)<br />

Ottmarsgäßchen 8, 86152 Ausgburg<br />

A N Z E I G E<br />

Nehmen Sie Kontakt mit uns auf:<br />

www.vita-L.de<br />

WIR HELFEN<br />

SCHWANGEREN<br />

IN NOT<br />

24 Stunden | 7 Tage die Woche | 365 Tage im Jahr<br />

vitaL ist 36eine unabhängige Bürgerinitiative und unterliegt nicht dem staatlichen<br />

LEBENSFORUM<br />

Scheinsystem <strong>140</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!