ALfA e.V. Magazin - LebensForum / 140 /4/2021
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Nr. <strong>140</strong> | 4. Quartal <strong>2021</strong> | ISSN 0945-4586 | Einzelpreis 5,– E B 42890<br />
Gesellschaft<br />
Wo bleibt die<br />
Menschwürde?<br />
Ausland<br />
Österreich regelt<br />
Suizidhilfe neu<br />
Medizin<br />
COVID-19: Impfen<br />
kein Problem?<br />
USA: SUPREME COURT<br />
Roe vs. Wade<br />
vor dem Fall?<br />
LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />
In Kooperation mit Ärzte für das Leben e.V.<br />
1<br />
www.alfa-ev.de
INHALT<br />
LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />
TITELTHEMA<br />
POLITIK<br />
GESELLSCHAFT<br />
»Die Zeit ist reif,<br />
Roe zu kippen«<br />
4<br />
In den USA wird die Luft für die<br />
Befürworter von Abtreibungen<br />
immer dünner. Lebensrechtler frohlocken:<br />
Noch nie waren die Aussichten<br />
auf ein neues Grundsatzurteil des<br />
Supreme Courts besser.<br />
Von Maximilian Lutz<br />
Gewinner und Verlierer<br />
14<br />
Im Koalitionsvertrag von<br />
SPD, Bündnis 90/Die Grünen<br />
und FDP bleiben das Lebensrecht ungeborener<br />
Kinder sowie die Rechte von<br />
Eltern auf der Strecke. Verlierer sind<br />
neben den Kindern vor allem Frauen.<br />
Von Cornelia Kaminski<br />
BVL-Fachtagung zur<br />
Reproduktionsmedizin<br />
18<br />
Die ethischen Ausblendungen<br />
und rechtlichen Bedrohungen<br />
durch eine ausufernde Reproduktionsmedizin<br />
thematisierte eine Fachtagung<br />
des Bundesverbands Lebensrecht (BVL)<br />
Mitte September in Berlin.<br />
Von Rainer Klawki<br />
»Es gibt keinen Grund,<br />
mutlos zu sein«<br />
8<br />
Frank Pavone gehört zu den<br />
profiliertesten Lebensrechtlern<br />
in den USA. Seit 1993 ist der katholische<br />
Priester Vorsitzender der »Priests<br />
for Life«, die Priester – egal welcher<br />
Konfession – bei ihrem Einsatz für das<br />
Leben unterstützen.<br />
Von Cornelia Kaminski<br />
AUSLAND<br />
»Das Leben wählen«<br />
20<br />
Rund 4.500 Lebensrechtler<br />
demonstrierten am 18. September<br />
beim »Marsch für das Leben« in<br />
Berlin gegen Abtreibung und assistierten<br />
Suizid. Gegendemonstranten<br />
spielten diesmal keine Rolle.<br />
Von Stefan Rehder<br />
Suizidbeihilfe<br />
mit Hürden<br />
16<br />
Österreich legalisiert den<br />
assistierten Suizid unter<br />
restriktiven Regeln. Das Sterbeverfügungsgesetz<br />
soll eine Kommerzialisierung<br />
verhindern und die Freiheit des<br />
Gewissens sichern.<br />
Von Stephan Baier<br />
2 LEBENSFORUM <strong>140</strong>
EDITORIAL<br />
Jedes Leben ist kostbar<br />
MEDIZIN<br />
COVID-19-Impfstoffe<br />
und fetale Zelllinien<br />
22<br />
Vehement diskutieren<br />
Politik und Gesellschaft<br />
über eine allgemeine Impfpflicht. Wie<br />
Impfstoffe hergestellt werden, erfährt<br />
dagegen nur wenig Beachtung. Eine Lücke,<br />
die hier geschlossen werden soll.<br />
Von Prof. Dr. med. Paul Cullen<br />
WEITERE THEMEN<br />
12<br />
30<br />
32<br />
34<br />
35<br />
Bioethik-Splitter<br />
Bücherforum<br />
Kurz vor Schluss<br />
Leserforum<br />
Impressum<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
Deutschland hat sich verändert. Die<br />
Bundestagswahl scheint zu einer Ampel-Regierung<br />
zu führen, in der Kräfte<br />
tonangebend sind, denen das Lebensrecht<br />
aller Menschen unwichtig ist.<br />
»§ 219a, § 218 – das fällt alles. Da<br />
kann man gar nichts mehr halten«, so<br />
ein frustrierter, sehr für das Lebensrecht<br />
kämpfender Bundestagsabgeordneter<br />
zu mir. Hinzu kommt die Neuregelung<br />
des assistierten Suizids, die<br />
angesichts der bereits vorliegenden<br />
Gesetzesentwürfe nichts Gutes erahnen<br />
lässt.<br />
Für uns bedeutet das: Mehr Arbeit. Mehr<br />
Aufklärung. Mehr Information. Denn<br />
auch das habe ich in Gesprächen mit<br />
Politikern nach der Wahl gelernt: Die Unkenntnis<br />
ist immens. Kaum jemand hat<br />
eine Vorstellung davon, was Abtreibungen<br />
tatsächlich bedeuten. Das Narrativ,<br />
nachdem sie zunächst einmal Frauenrecht,<br />
Selbstbestimmungsrecht, ja gar<br />
Menschenrecht sind, hat sich selbst in<br />
die Köpfe so mancher CDU-Mitglieder<br />
gefressen. Es ist unsere Aufgabe, dem<br />
die Wahrheit entgegenzusetzen: Abtreibungen<br />
beenden ein Menschenleben.<br />
Dem US-Bundesstaat Texas ist es gelungen,<br />
diese Erkenntnis in die ganze Welt<br />
zu transportieren – mit Unterstützung<br />
der Abtreibungslobby. Das texanische<br />
Gesetz – vom Volksmund »Heartbeat<br />
Bill« genannt – verbietet Abtreibungen<br />
ab dem Zeitpunkt, ab dem der Herzschlag<br />
des ungeborenen Kindes nachweisbar<br />
ist. Weltweite Empörung bei sogenannten<br />
Pro-Choice-Aktivisten: Das<br />
ist ja schon ab der sechsten Schwangerschaftswoche<br />
der Fall! Damit verbietet<br />
das Herzschlaggesetz ja alle Abtreibungen!<br />
Genau. Gut, dass nun auch ihr<br />
diese Information in die Welt posaunt:<br />
Ein kleiner Mensch hat ein schlagendes<br />
Herz. Schon zu Beginn der Schwangerschaft.<br />
Ein Zellhaufen hat das nicht.<br />
Mit Father Frank Pavone haben wir darüber<br />
gesprochen, welche Erfolge die Lebensrechtsbewegung<br />
in den USA noch<br />
zu verzeichnen hat und wo er Ursachen<br />
dafür sieht.<br />
Aber nicht nur auf Ebene der Bundesstaaten<br />
bewegt sich etwas in den USA.<br />
Mit der Regierung Joe Bidens sind radikale<br />
Abtreibungsbefürworter<br />
an der Macht,<br />
während gleichzeitig im<br />
obersten Gerichtshof konservative,<br />
lebensbejahende<br />
Richter über eine<br />
deutliche Mehrheit verfügen.<br />
Mit Spannung werden<br />
daher die nächsten<br />
Urteile erwartet. Zum ersten<br />
Mal seit der prinzipiellen<br />
Legalisierung von<br />
Abtreibungen 1973 ist ein<br />
höchstrichterlicher Urteilsspruch, der<br />
das Lebensrecht der Ungeborenen berücksichtigt,<br />
mit Händen greifbar.<br />
Neben den hoch spannenden Entwicklungen<br />
in den USA und den drohenden<br />
Eingriffen in das Recht auf Leben<br />
hierzulande beschäftigt uns seit Monaten<br />
ein weiteres Thema intensiv. Immer<br />
wieder erreichen uns Fragen nach der<br />
ethischen Vertretbarkeit der neuen Corona-Impfstoffe.<br />
Wir haben zwar mehrfach<br />
in Zeitungsbeiträgen und auch in<br />
unserem Podcast »LifeTalks« berichtet,<br />
sehen aber die Notwendigkeit, das<br />
Thema in seiner Komplexität im »<strong>LebensForum</strong>«<br />
ausführlich zu behandeln,<br />
um für mehr Klarheit zu sorgen. Auch<br />
hier fühlen wir uns der Wahrheit verpflichtet<br />
– selbst, wenn sie unbequem<br />
ist. Lassen Sie uns gemeinsam Botschafter<br />
dieser Wahrheit sein, die uns<br />
am Fest der Menschwerdung Christi besonders<br />
berührt: Gott begegnet uns in<br />
jedem Menschen. Auch deshalb ist jedes<br />
Menschenleben kostbar.<br />
Gesegnete Weihnachten!<br />
Ihre<br />
Cornelia Kaminski<br />
Bundesvorsitzende der <strong>ALfA</strong> e.V.<br />
LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />
3
TITELTHEMA<br />
»Die Zeit ist reif,<br />
Roe zu kippen«<br />
Die Luft für Abtreibungsbefürworter wird in den USA immer dünner. In Texas können sie ein »Herzschlag-Gesetz«<br />
nicht stoppen, ein restriktives Abtreibungsgesetz aus Mississippi schafft es sogar<br />
vor den Obersten Gerichtshof. Noch nie standen die Aussichten auf ein neues Grundsatzurteil so gut.<br />
Von Maximilian Lutz<br />
Texas ist für seine extremen<br />
Temperaturen bekannt. Bis<br />
auf 40 Grad klettert das Thermometer<br />
in den Sommermonaten –<br />
manchmal darüber hinaus. Noch weitaus<br />
aufgeheizter fühlt sich derzeit allerdings<br />
das gesellschaftspolitische Klima<br />
des Südstaats an. Verantwortlich dafür<br />
ist die Abtreibungsdebatte, die das texanische<br />
Parlament mit einem Anfang<br />
September in Kraft getretenen Gesetz<br />
erneut befeuerte.<br />
»Senate Bill 8«, im gängigen Sprachgebrauch<br />
auch als »Heartbeat Bill« bekannt,<br />
verbietet Abtreibungen, sobald<br />
ein Herzschlag des ungeborenen Kindes<br />
festgestellt werden kann, de facto<br />
somit bereits etwa ab der sechsten<br />
Schwangerschaftswoche. Das Abtreibungsverbot<br />
gilt auch in Fällen von sexuellem<br />
Missbrauch und Inzest. Ausnahmen<br />
sind nur für »medizinische Notfälle«<br />
vorgesehen, beispielsweise wenn das<br />
Leben der Mutter in Gefahr ist.<br />
Texas geht mit dem Gesetz zunächst<br />
einmal keinen neuen Weg: Zahlreiche<br />
weitere, konservativ regierte Bundesstaa-<br />
4 LEBENSFORUM <strong>140</strong>
TITELTHEMA<br />
ten verabschiedeten in den letzten Jahren<br />
ähnlich lautende »Heartbeat Bills«.<br />
Meist wurden sie jedoch von Gerichten<br />
blockiert, da sie verfassungswidrig<br />
seien. Seit dem Grundsatzurteil im Fall<br />
»Roe vs. Wade«, das der Oberste Gerichtshof<br />
1973 erließ, sind Abtreibungen<br />
mit gewissen Einschränkungen bis<br />
zur 24. Schwangerschaftswoche erlaubt.<br />
Die Besonderheit des Gesetzes aber<br />
liegt in der Umsetzung: Denn es wurde<br />
bewusst so konzipiert, dass es schwer<br />
gerichtlich anzufechten sein würde.<br />
Nicht die staatlichen Behörden in Texas<br />
sind für die Kontrolle verantwortlich,<br />
ob das Gesetz befolgt wird. Stattdessen<br />
können Privatpersonen, selbst<br />
wenn sie nicht in Texas leben, eine geplante<br />
oder durchgeführte Abtreibung<br />
zur Anzeige bringen, wenn sie davon<br />
erfahren. Auch Beihilfe zu einer Abtreibung,<br />
wie etwa eine abtreibungswillige<br />
Person zu einer Klinik zu fahren,<br />
ist laut dem Gesetz strafbar. Den<br />
Klägern werden finanzielle Belohnungen<br />
von mindestens 10.000 US-Dollar<br />
in Aussicht gestellt, wenn sie Verstöße<br />
zur Anzeige bringen.<br />
Nicht alle amerikanischen Lebensrechtler<br />
lobten diesen »Trick«. Es meldeten<br />
sich auch konservative Stimmen<br />
zu Wort, die den Zweck, nicht jedoch<br />
die Mittel begrüßten. Das Anliegen, Abtreibungen<br />
zu bekämpfen, dürfe nicht<br />
zu einer Kultur der gegenseitigen Bespitzelung<br />
und Denunziation führen,<br />
so der Einwand. Sarah Perry, Expertin<br />
für Rechtsfragen und Bürgerrechte bei<br />
der konservativen, den Republikanern<br />
nahestehenden Denkfabrik »The Heritage<br />
Foundation«, sprach gegenüber<br />
der in Würzburg erscheinenden, überregionalen<br />
katholischen Wochenzeitung<br />
»Die Tagespost« zwar von einem<br />
»cleveren Ansatz«. Wenn man aber die<br />
Bürger damit betraue zu kontrollieren,<br />
ob Gesetze eingehalten werden, würde<br />
man das Recht den Launen Einzelner<br />
aussetzen. Der demokratische US-<br />
Präsident Joe Biden nannte das Gesetz<br />
daher »fast schon unamerikanisch«.<br />
Das juristische Tauziehen verhinderte<br />
die Besonderheit in der Umsetzung<br />
ohnehin nicht. Bidens Regierung verklagte<br />
wenige Tage nach Inkrafttreten<br />
des »Heartbeat Bills« den Staat Texas.<br />
In der Klageschrift des Justizministeriums<br />
hieß es, das Gesetz sei eine »offene<br />
Missachtung« der Verfassung. Das<br />
Ziel sei klar: »Für Abtreibungskliniken<br />
soll es zu riskant werden, in dem Staat<br />
zu operieren, wodurch Frauen im gesamten<br />
Bundesstaat daran gehindert<br />
werden, ihre Verfassungsrechte auszuüben.«<br />
Zwar gab ein Bundesrichter aus<br />
Austin der US-Regierung zwischenzeitlich<br />
Recht. Ein Berufungsgericht entschied<br />
jedoch, das Gesetz müsse wiedereingesetzt<br />
werden. Die juristische Achterbahnfahrt<br />
kennt nur eine Endstation:<br />
den Obersten Gerichtshof. Dieser<br />
entschied vergangene Woche, sich am<br />
1. November mit dem Gesetz zu befassen.<br />
Das Justizministerium hatte zuvor<br />
an die höchsten Richter appelliert, dem<br />
Gesetz einen Riegel vorzuschieben. Bis<br />
es zu einer Entscheidung des Gerichts<br />
kommt, bleibt das Herzschlag-Gesetz<br />
weiter in Kraft.<br />
Denkbar ist allerdings auch, dass das<br />
Urteil Amerikas höchster Richter in einem<br />
anderen Fall den Streit um das texanische<br />
Gesetz beendet. Denn die Großwetterlage<br />
beim Lebensschutz, sie könnte<br />
sich schon bald grundlegend ändern:<br />
Anfang Dezember wird der Oberste<br />
Gerichtshof mit den mündlichen Anhörungen<br />
zum Fall »Dobbs vs. Jackson<br />
Women’s Health Organization« beginnen.<br />
Dabei geht es um eine so simple<br />
wie folgenschwere Frage: Sind alle<br />
Verbote von Abtreibungen vor der Lebensfähigkeit<br />
des Kindes außerhalb des<br />
Mutterleibs verfassungswidrig?<br />
Geklagt hatte die einzige Abtreibungsklinik<br />
in Mississippi, eben jene<br />
Jackson Women’s Health Organization,<br />
nach der der Fall nun benannt ist. Und<br />
zwar gegen ein Gesetz, das Abtreibungen<br />
ab der 15. Schwangerschaftswoche<br />
mit Ausnahme weniger Fälle verbieten<br />
würde, den »Gestational Age Act«. Das<br />
Gesetz war bereits 2018 erlassen worden,<br />
trat jedoch – wie so viele strikte<br />
Lebensschutzgesetze – nie in Kraft. Ein<br />
Bundesgericht in Mississippi setzte es<br />
Der Sitz des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten von Amerika<br />
aus, mit Verweis auf »Roe vs. Wade«.<br />
Nun waren die Voraussetzungen jedoch<br />
noch nie so vielversprechend, dass<br />
das berüchtigte Grundsatzurteil bald Geschichte<br />
sein könnte. Allein schon die<br />
Zusammensetzung des Obersten Gerichtshofs<br />
spricht dafür. Denn seitdem<br />
der ehemalige US-Präsident Donald<br />
Trump drei vakante Posten besetzen<br />
konnte, sind die konservativen Richter<br />
am Supreme Court mit sechs zu drei in<br />
der Mehrheit. Zwar stellte sich der konservative<br />
Vorsitzende der neun Höchstrichter,<br />
Chief Justice John Roberts jr.,<br />
in vergangenen Urteilssprüchen immer<br />
wieder auch auf die Seite der eher<br />
linksliberalen Richter. Aber auch wenn<br />
dies nun wieder der Fall sein sollte, wäre<br />
eine konservative Mehrheit von fünf<br />
zu vier gegeben.<br />
LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />
5
TITELTHEMA<br />
Was genau besagt »Roe«? Und was<br />
würde es bedeuten, wenn jener Präzedenzfall<br />
tatsächlich durch ein neues<br />
Grundsatzurteil ersetzt würde? Ein kurzer<br />
Blick in die Historie verschafft Klarheit.<br />
Ein »Recht« auf Abtreibung nennt<br />
die amerikanische Verfassung tatsächlich<br />
mit keinem Wort. Vielmehr argumentierten<br />
die Höchstrichter 1973 mit einem<br />
»Recht auf Privatsphäre«, abgeleitet<br />
aus dem 14. Zusatzartikel zur Verfassung,<br />
als sie ihr Urteil im Fall »Roe vs.<br />
Wade« begründeten. Dieses Recht führe<br />
dazu, dass übermäßig restriktive staatliche<br />
Regelungen in Sachen Abtreibung<br />
verfassungswidrig seien. Die Richter übten<br />
sich hier in Kompromissfindung, um<br />
dem »zwingenden Interesse« eines Bundesstaates,<br />
sowohl die Gesundheit einer<br />
schwangeren Frau wie auch das ungeborene<br />
Kind zu schützen, gerecht zu werden.<br />
Im ersten Trimester einer Schwangerschaft<br />
seien Abtreibungen quasi ohne<br />
Einschränkungen erlaubt; bis zur Lebensfähigkeit<br />
des Fötus außerhalb des Mutterleibs,<br />
die das Gericht etwa ab der 24.<br />
Schwangerschaftswoche ansetzte, dürften<br />
Abtreibungen jedoch nur noch mit<br />
Regulierungen möglich sein. Ein weiterer<br />
Präzedenzfall aus dem Jahr 1992,<br />
»Planned Parenthood vs. Casey«, hielt<br />
diese Rechtslage weitgehend aufrecht:<br />
Regulierungen von Abtreibungen vor<br />
der Lebensfähigkeit des ungeborenen<br />
Auf Lebenszeit gewählt: Die neun Richter des US-Supreme-Courts<br />
Kindes seien verfassungswidrig, wenn<br />
sie eine »unangemessene Belastung« für<br />
die schwangere Frau darstellten.<br />
Nicht nur konservative Rechtsexperten<br />
weisen jedoch immer wieder darauf<br />
hin, dass die Urteilsbegründung mangelhaft<br />
sei und auf keiner soliden rechtlichen<br />
Grundlage stehe. Auch die 2020<br />
verstorbene linksliberale Richter-Ikone<br />
Ruth Bader Ginsburg sprach von juristischer<br />
Kompetenzüberschreitung. Das<br />
Bewusstsein, dass »Roe vs. Wade« verfassungsrechtlich<br />
auf tönernen Füßen steht,<br />
ist also weit verbreitet. Dass die Rechtslage<br />
dennoch bis heute Bestand hat, liegt<br />
auch daran, dass Amerikas Höchstrichter<br />
bei einem Thema von solcher Tragweite<br />
wie der Abtreibungsfrage ungern<br />
gegen den selbst gesetzten Präzedenzfall<br />
verstoßen – damit würden sie ihre<br />
Rechtsprechung der vergangenen 50<br />
Jahre für fehlerhaft erklären.<br />
Amerikas Juristen führen schon seit<br />
Langem eine intensive Diskussion über<br />
die Frage, in welchen Fällen sich Gerichte<br />
an die Präzedenz halten sollten<br />
und unter welchen Umständen vergangene<br />
Urteile neu bewertet werden können.<br />
Für Anhänger einer wörtlichen Auslegung<br />
der Verfassung, die sogenannten<br />
Originalisten, ist jedoch klar: Die<br />
Umstände im Fall »Dobbs vs. Jackson<br />
Women’s Health Organization«, zu dem<br />
der Oberste Gerichtshof im Juni 2022<br />
sein Urteil bekannt geben will, lassen es<br />
schlicht und ergreifend nicht zu, »Roe<br />
vs. Wade« aufrechtzuerhalten.<br />
Einer jener Anhänger der originalistischen<br />
Denkschule ist John Finnis. Der<br />
australische Jurist und Rechtsphilosoph,<br />
der an der britischen Universität Oxford<br />
promovierte, gilt in den USA als konservative<br />
juristische Koryphäe. Finnis‘<br />
verfasste mehrere Bücher, lehrt derzeit<br />
an der katholischen Universität Notre-<br />
Dame in Indiana und betreute die Doktorarbeit<br />
des heutigen Supreme-Court-<br />
Richters Neil Gorsuch. Der 81-Jährige<br />
stellte gegenüber der katholischen Wochenzeitung<br />
»Die Tagespost« klar: Das<br />
Urteil im Fall »Roe vs. Wade« könne<br />
nicht als bindend betrachtet werden, da<br />
es einer verfassungsrechtlichen Grundlage<br />
entbehre.<br />
Sollte der Oberste Gerichtshof »Roe<br />
vs. Wade« tatsächlich kippen, sind nach<br />
Finnis‘ Ansicht nur zwei grundsätzliche<br />
Szenarien denkbar, die auch von<br />
der Verfassung gedeckt wären. Szenario<br />
eins: Die Höchstrichter kommen zu<br />
dem Ergebnis, dass das aus dem 14. Verfassungszusatz<br />
abgeleitete »Recht auf<br />
Privatsphäre« nicht die Freiheit beinhalte,<br />
sich zu einer Abtreibung zu entscheiden.<br />
Unter welchen Umständen<br />
Abtreibungen dann erlaubt wären und<br />
welche Regulierungen gelten, würde in<br />
solch einem Fall in die Hände eines jeden<br />
einzelnen Bundesstaates gelegt. Jeder<br />
Staat dürfte also sein eigenes Abtreibungsrecht<br />
verabschieden.<br />
Szenario zwei: Der Oberste Gerichtshof<br />
urteilt, dass auch für ungeborene<br />
Kinder dieselben Persönlichkeitsrechte<br />
gelten wie für geborene,<br />
da die Verfassung jeder Person denselben<br />
gesetzlichen Schutz garantiert. Abtreibungen<br />
wären dann wohl nur noch<br />
möglich, wenn es zu einem Interessenkonflikt<br />
zwischen Mutter und ungeborenem<br />
Kind kommt, sprich wenn das<br />
Leben oder die Gesundheit der Mutter<br />
bedroht sind. Dieses zweite Szenario<br />
ist viel weitreichender und würde<br />
eine völlige Abkehr von der bisherigen<br />
rechtlichen Auffassung bedeuten.<br />
Während Finnis gegenüber der »Tagespost«<br />
offenlässt, ob er ein neues<br />
Grundsatzurteil für wahrscheinlich hält,<br />
legt sich ein anderer renommierter amerikanischer<br />
Rechtsgelehrter fest: Robert<br />
George. In einem langen Essay für das<br />
6 LEBENSFORUM <strong>140</strong>
TITELTHEMA<br />
Online-<strong>Magazin</strong> »First Things« schreibt<br />
der 66-jährige konservative Philosoph<br />
und Hochschulprofessor, der Oberste<br />
Gerichtshof werde sowohl »Roe vs.<br />
Wade« wie auch »Planned Parenthood<br />
vs. Casey« überstimmen und die Abtreibungsgesetzgebung<br />
in die Hände<br />
der Bundesstaaten legen. Theoretisch<br />
könnte das höchste US-Gericht<br />
das »Recht« auf Abtreibung mit seinem<br />
Urteil im Fall »Dobbs« auch einschränken,<br />
ohne »Roe vs. Wade« gleich<br />
ganz zu kippen. Begründbar sei dieses<br />
Vorgehen jedoch kaum, betont George.<br />
Denn letztlich stelle jede Frist eine<br />
willkürliche, nicht aus der Verfassung<br />
ableitbare Grenze dar.<br />
Sollten die Richter die Gesetzeshoheit<br />
zu Abtreibung nächstes Jahr tatsächlich<br />
den Bundesstaaten zusprechen,<br />
würden automatisch die von den dortigen<br />
Parlamenten erlassenen Gesetze gelten.<br />
Das Abtreibungsrecht würde dann<br />
einem Flickenteppich gleichen. Erhebungen<br />
des von der Abtreibungslobby<br />
maßgeblich finanzierten Guttmacher<br />
Institutes zufolge wären Abtreibungen<br />
in mindestens 22 Bundesstaaten weitestgehend<br />
verboten oder stark reguliert;<br />
in mindestens 14 Staaten würde<br />
ein explizites »Recht« auf Abtreibung<br />
gelten. In den übrigen Staaten müssten<br />
erst neue Gesetze verabschiedet werden,<br />
die Tendenz geht dort aber meist<br />
zu einem restriktiven Abtreibungsrecht.<br />
Die Demokraten, seit vielen Jahren<br />
schon die Partei der Abtreibungsbefürworter,<br />
wollen dies natürlich verhindern.<br />
Viele Optionen bieten sich ihnen allerdings<br />
nicht. Im Grunde genommen nur<br />
eine einzige: Sie müssten ein bundesweit<br />
gültiges Gesetz verabschieden, das<br />
ein »Recht« auf Abtreibung garantieren<br />
würde und Vorrang vor den Regelungen<br />
der Einzelstaaten hätte. Da auch<br />
die Demokraten wissen, welch wackeligen<br />
Stand »Roe vs. Wade« tatsächlich<br />
hat, träumen sie schon lange von solch<br />
einem Schritt.<br />
Als einer der entschiedensten Verfechter<br />
trat in den letzten Monaten der US-<br />
Präsident Joe Biden höchstpersönlich<br />
auf. Auch wenn er selbst immer wieder<br />
darauf hinwies, Abtreibungen als Privatperson<br />
abzulehnen, sprach er sich in den<br />
letzten Jahren, insbesondere aber seit seinem<br />
Amtsantritt im Januar <strong>2021</strong>, für ein<br />
»Recht« auf Abtreibung aus. Diejenigen,<br />
die Biden zuvor noch in Schutz genommen<br />
hatten, überraschte der 78-Jährige<br />
Anfang September, indem er sogar seine<br />
Position zu der Frage, wann menschliches<br />
Leben beginnt, öffentlich revidierte:<br />
Entgegen seinen bisherigen Äußerungen<br />
erklärte der zweite katholische<br />
US-Präsident, er stimme nicht mit denjenigen<br />
überein, die der Meinung seien,<br />
menschliches Leben beginne mit<br />
Westgiebel über dem Haupteingang des Gerichtsgebäudes in Washington D.C.<br />
der Empfängnis. Biden folgt insgesamt<br />
quasi kritiklos der äußerst progressiven<br />
Linie seiner Partei in der Abtreibungsfrage.<br />
Von den Republikanern brachte<br />
ihm das den Vorwurf ein, er habe sich<br />
zur »Marionette« der Abtreibungslobby<br />
entwickelt. Eine Sichtweise, die alles<br />
andere als unbegründet ist.<br />
So verwundert es eben kaum, dass<br />
auch Biden mehrmals versprach, »Roe<br />
vs. Wade« in einem bundesweiten Gesetz<br />
verankern zu wollen. In Form des<br />
»Women’s Health Protection Act« nahm<br />
ein solches Gesetz in der unteren Kongresskammer,<br />
dem Repräsentantenhaus,<br />
Ende September tatsächlich die erste legislative<br />
Hürde. Für den Lebensschutz<br />
hätte es katastrophale Folgen: Selbst Abtreibungen<br />
bis zur Geburt wären unter<br />
gewissen Umständen erlaubt.<br />
Man kann aber durchaus von einem<br />
letzten Strohhalm sprechen, an den sich<br />
die Demokraten, die das Gesetz eingebracht<br />
hatten, hier klammern. Auch<br />
wenn Republikaner, Lebensschützer und<br />
einige katholische Bischöfe die Alarmglocken<br />
läuteten, können sie im Grunde<br />
genommen gelassen bleiben. Denn<br />
es gilt als nahezu ausgeschlossen, dass<br />
auch der Senat dem »Women’s Health<br />
Protection Act« zustimmen wird. Dazu<br />
fehlt den Demokraten die Mehrheit<br />
– bei Weitem. 60 der 100 Senatorenstimmen<br />
wären nötig. Die Demokraten<br />
stellen aber nur 50 Vertreter. Und<br />
sie können sich nicht einmal der geschlossenen<br />
Zustimmung in den eigenen<br />
Reihen sicher sein. Dass sich die<br />
Mehrheitsverhältnisse in den nächsten<br />
Legislaturperioden maßgeblich zu ihren<br />
Gunsten ändern, ist kaum denkbar.<br />
Unter amerikanischen Abtreibungsbefürwortern<br />
hat das Bewusstsein in den<br />
vergangenen Monaten zugenommen,<br />
dass ein Klimawandel beim Lebensschutz<br />
in der Luft liegt. Daher zog es sie<br />
auch verstärkt auf die Straßen, in zahlreichen<br />
größeren und kleineren Städten<br />
des Landes, um für »Roe vs. Wade« und<br />
für »reproduktive Rechte« zu demonstrieren.<br />
Es bleibt zu bezweifeln, ob sie<br />
damit viel erreichen. Auch Sarah Perry<br />
von der Heritage Foundation glaubt das<br />
kaum: In der katholischen Wochenzeitung<br />
»Die Tagespost« urteilte sie: »Die<br />
Zeit ist reif, Roe zu kippen.«<br />
LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />
7
TITELTHEMA<br />
»Es gibt keinen Grund,<br />
mutlos zu sein«<br />
Father Frank Pavone gehört zu den profiliertesten Lebensrechtlern in den USA. Seit 1993 ist der<br />
katholische Priester Vorsitzender der »Priests for Life«, einer Organisation, die es sich zur Aufgabe<br />
gemacht hat, insbesondere die Priester – egal welcher Konfession – für den Einsatz für das Leben<br />
zu stärken. Mit Father Pavone sprach für »<strong>LebensForum</strong>« Cornelia Kaminski.<br />
<strong>LebensForum</strong>: Father Pavone, Sie nennen<br />
Abtreibungen das dringlichste<br />
Problem unserer Zeit. Wieso?<br />
Father Frank Pavone: Aus zwei einfachen<br />
Gründen: Mathematik und Logik.<br />
Es gibt im Moment nichts, was<br />
mehr Leben kostet als Abtreibung.<br />
Wenn man hier in den USA nach häufigen<br />
Todesursachen forscht, steht<br />
dort Herzinfarkt oder Krebs – aber<br />
das ist nichts im Vergleich zu den<br />
Abtreibungszahlen. Es gibt weltweit<br />
keine häufigere Todesursache als Abtreibung.<br />
Das macht es zu einem ganz<br />
dringlichen Problem. Es ist aber auch<br />
die Logik: Kein anderes Recht kann<br />
ausgeübt werden, wenn das Recht auf<br />
Leben verneint wird. Wenn wir also<br />
über öffentliche Aufgaben reden, die<br />
wichtig sind – beispielsweise Gesundheitsvorsorge,<br />
Bildung –, dann können<br />
wir das nur den Menschen zuerkennen,<br />
die leben. Nur wenn Leben<br />
wertvoll ist, macht es auch Sinn, etwa<br />
in Bildung oder Gesundheit zu investieren.<br />
Warum sollte man Menschen<br />
durch eine gute Gesundheitspolitik<br />
am Leben halten, wenn das Leben<br />
nichts wert ist? Menschen, die sich<br />
für Abtreibungen einsetzen, leugnen<br />
diese Grundlage. Für sie ist das Leben<br />
eben nicht wertvoll genug, um es<br />
von Anfang an zu schützen. Wer also<br />
das Recht auf Leben wegwirft, wirft<br />
auch alle anderen Rechte weg. Darum<br />
ist Abtreibung das wichtigste Problem<br />
überhaupt.<br />
In den USA gibt es, anders als in<br />
Deutschland, ein eigenes von der katholischen<br />
Bischofskonferenz betriebenes<br />
Sekretariat für Lebensrechtsfragen,<br />
das mit zahlreichen Aktivitäten<br />
das Recht auf Leben in der Öffentlich-<br />
8 LEBENSFORUM <strong>140</strong>
TITELTHEMA<br />
keit verteidigt und sich auch vor politischer<br />
Einmischung nicht scheut –<br />
so kann auf der Website eine Petition<br />
gezeichnet werden gegen steuermittelfinanzierte<br />
Abtreibungen. Warum<br />
braucht es trotzdem noch »Priests for<br />
Life«?<br />
Die Priester, die meist sehr für das<br />
Leben sind, brauchen gegenseitige<br />
Ermutigung und Unterstützung. Wir<br />
brauchen Netzwerke, innerhalb derer<br />
wir uns austauschen und Tipps geben.<br />
Die Laien sind sehr engagiert in ihrem<br />
Einsatz für das Leben hier in den<br />
USA, aber damit sie den Segen ihrer<br />
Priester, die Unterstützung und Ermutigung<br />
durch die Priester erfahren<br />
können, müssen sie auch sehen, dass<br />
diese in Fragen des Lebensrechts führen<br />
und den Ton angeben. Die Tatsache,<br />
dass es so eine Organisation<br />
wie »Priests for Life« gibt, ist damit<br />
nicht nur eine große Ermutigung für<br />
die Priester, sondern auch für die Laien.<br />
Die Bewegung selbst ist durchaus<br />
ökumenisch, wir haben bei uns auch<br />
in führenden Positionen Menschen<br />
anderer Konfessionen.<br />
Wie erfolgreich sind Sie mit Ihrem Bestreben,<br />
die Kirche zu aktivieren, damit<br />
Abtreibungen beendet werden? Das ist<br />
ja das Motto von »Priests for Life«.<br />
Wir haben 1991 angefangen zu arbeiten,<br />
inspiriert durch den Erzbischof<br />
von New York, Kardinal O’Connor.<br />
Und unser Erfolg lässt sich daran messen,<br />
was in der Zwischenzeit geschehen<br />
ist. Hier in den USA haben wir<br />
eine große Schwächung der Abtreibungsindustrie<br />
erreicht. Zweidrittel<br />
Der Slogan auf Ihrer Website lautet:<br />
»Die Kirche aktivieren, um Abtreibungen<br />
zu beenden.« In Deutschland<br />
scheint das nicht so gut zu funktionieren:<br />
Schon vor dem Missbrauchsskandal<br />
war das Engagement in Sachen<br />
Lebensrecht seitens der offiziellen Kirchen<br />
in Deutschland eher zurückhaltend.<br />
Möglicherweise liegt es auch<br />
daran, dass sie sich nicht trauen, Positionen<br />
zu vertreten, für die sie von den<br />
Mainstream-Medien in die fundamentalistische,<br />
rechte Ecke geschoben werden.<br />
Dazu gehören zweifelsohne Pro-<br />
Life-Positionen. In den USA scheint das<br />
anders zu sein. Woran liegt das?<br />
Zunächst: Die Kirche muss sich immer<br />
erneuern: »Ecclesia semper reformanda.«<br />
Wir beginnen jede Messe<br />
mit dem Sündenbekenntnis. Aber<br />
die Erkenntnis unserer Schuld sollte<br />
uns nie daran hindern, das Evangelium<br />
zu verkünden. Im Gegenteil, es<br />
ist der erste Schritt, dies zu tun. Gerade<br />
weil wir gesündigt haben, wenden<br />
wir uns an den Herrn, unseren<br />
Retter. Wir dürfen uns nicht zum<br />
Father Frank Pavone bei einer Demo vor dem Obersten Gerichtshof der USA<br />
Schweigen bringen lassen, sondern<br />
müssen aus einer Haltung der Reue<br />
und der Hinwendung zu Gott heraus<br />
deutlich auf die Realitäten der Sünde<br />
und der Tugend hinweisen. Nicht<br />
weil wir besser sind als andere, sondern<br />
weil wir einfach reuige Sünder<br />
sind. Wir beobachten auch hier innerhalb<br />
des Klerus eine Tendenz, eher<br />
politisch zu reden und zu agieren als<br />
aus dem Geist des Evangeliums heraus.<br />
Wir brauchen aber innere Freiheit.<br />
Wenn wir sagen, das ungeborene<br />
Kind muss geschützt werden, dann<br />
stellen wir uns damit automatisch gegen<br />
die eine politische Partei und vielleicht<br />
an die Seite einer anderen. Aber<br />
es muss immer klar sein, dass wir das<br />
Evangelium verkünden und nicht politisch<br />
Partei ergreifen. Es muss uns<br />
daher egal sein, ob es so aussieht, als<br />
ob wir eine bestimmte politische Richtung<br />
oder Bewegung vertreten, und<br />
in welche Schublade wir da gesteckt<br />
werden. Das darf uns weder Angst machen,<br />
noch darf uns das motivieren.<br />
Wir müssen uns stets die Frage stellen:<br />
Was ist die Botschaft des Evangeliums<br />
in diesem Punkt? Wie kann<br />
ich mich hier so verhalten, dass ich<br />
den Geist des Evangeliums vertrete?<br />
Keine andere Erwägung sollte mich<br />
hier leiten.<br />
der Abtreibungseinrichtungen, die es<br />
damals in den USA gab, haben mittlerweile<br />
geschlossen. Das hat sehr viel<br />
zu tun mit Gebetswachen, Hilfen und<br />
Beratungen. So gibt es in den USA<br />
etwa viermal so viele Hilfscenter für<br />
Schwangere wie Abtreibungseinrichtungen.<br />
Auch im Bereich der Gesetzgebung<br />
haben wir viel Erfolg gehabt,<br />
es sind Hunderte von Pro-Life-Gesetzen<br />
verabschiedet worden in den<br />
einzelnen Bundesstaaten. Wir haben<br />
wirklich einen sehr großen Fortschritt<br />
zu verzeichnen. Heute haben<br />
wir die niedrigsten Abtreibungszahlen<br />
seit »Roe vs. Wade«. Wir haben<br />
viel politische Aufmerksamkeit. Wir<br />
sehen große Fortschritte und wir wissen,<br />
dass vieles damit zu tun hat, dass<br />
die Kirchen aufgestanden sind, Kle-<br />
LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />
9
TITELTHEMA<br />
Einerseits haben wir das auch schon<br />
alles erlebt. Als ich die Führung von<br />
»Priests for Life« 1993 übernommen<br />
habe, war mit Präsident Clinton<br />
ebenfalls eine sehr abtreibungsfreundliche<br />
Regierung im Amt. Nun<br />
haben wir jedoch eine Regierung, die<br />
radikaler als je zuvor für Abtreibungen<br />
eintritt. Selbst unter Obama war<br />
es so, dass ein paar Gesetze Bestand<br />
hatten, die in gewisser Weise noch das<br />
Recht auf Leben schützten. Zum Beispiel<br />
die Finanzierung von Abtreibungen<br />
durch Steuermittel – die war auch<br />
unter Obama und Clinton weiterhin<br />
verboten. Aber Biden und die Demokraten<br />
heute versuchen, all diese Regelungen<br />
für immer aufzuheben. Der<br />
Ansatz, den wir verfolgen und den ich<br />
auch allen anderen Ländern empfehlen<br />
würde, deren Regierungen so massiv<br />
für Abtreibungen sind, ist folgender:<br />
Man muss den Extremismus offenlegen.<br />
Und das ist auch ein biblisches<br />
Prinzip: Paulus schreibt im Brief<br />
an die Epheser, dass wir uns nicht mit<br />
den Früchten der Finsternis einlassen,<br />
sondern sie vielmehr offenlegen sollen.<br />
Und der Grund dafür, dass dies<br />
eine gute Strategie ist – auch politisch<br />
–, ist, dass sie in der Regel nicht<br />
das vertreten, was die meisten Menschen<br />
die meiste Zeit möchten. Beispielsweise<br />
wollen in den USA selbst<br />
diejenigen, die für Abtreibungen sind,<br />
nicht, dass ihre Steuergelder für deren<br />
Finanzierung eingesetzt werden.<br />
Wir müssen also offenlegen, wie radikal,<br />
wie weit entfernt von dem, was<br />
die meisten Menschen möchten, diese<br />
politischen Parteien sind, die sich für<br />
Abtreibungen einsetzen. Dann können<br />
wir ihre Anstrengungen zunichtemachen.<br />
Diese Politiker müssen sich ja<br />
schließlich ihren Wählern gegenüber<br />
verantworten. Es ist also sehr wichtig,<br />
diesen Extremismus offenzulegen.<br />
On air: Father Frank Pavone zählt zu den profiliertesten Lebensrechtlern der USA<br />
riker wie Laien. Sie haben ihre Stimme<br />
erhoben, waren aktiv und haben<br />
sich nie aus dem Kampf verabschiedet,<br />
auch wenn es sehr schwer war,<br />
so wie jetzt mit der Regierung unter<br />
Joe Biden.<br />
Wie schätzen Sie die Lage unter seiner<br />
Regierung ein?<br />
Von evangelischer Seite erleben wir,<br />
dass zu Podiumsdiskussionen Abtreibungsärzte<br />
und -lobbyisten eingeladen<br />
werden, nicht aber die Vertreter des<br />
Rechts auf Leben. Zudem hat gerade<br />
die katholische Kirche seit dem Missbrauchsskandal<br />
und nun mit der Auseinandersetzung<br />
um den synodalen Weg<br />
viel an Ansehen verloren. Es gibt daher<br />
auch die Meinung, es macht gar keinen<br />
Sinn mehr, sich um die Mitwirkung<br />
der Kirchen in Deutschland, die damit<br />
ja auch ein schlechtes Bild abgeben, in<br />
Lebensrechtsfragen zu bemühen.<br />
Es ist schon ein wenig Wahrheit in<br />
dieser Aussage. Wer aber ist es, der<br />
uns den Auftrag gibt, für das Leben<br />
einzustehen und das Evangelium des<br />
Lebens zu verkünden? Der Herr selbst.<br />
Einen Besuch wert: Die umfangreiche Internetpräsenz der »Priests for Life«<br />
10 LEBENSFORUM <strong>140</strong>
TITELTHEMA<br />
Er gibt der Kirche den Auftrag. Aber<br />
die Kirche ist nicht nur die Hierarchie,<br />
das sind wir alle. Die Hierarchie<br />
ist nur ein Teil des Ganzen. Es gab<br />
ja immer Zeiten in der Geschichte, in<br />
der das Führungspersonal der Kirche<br />
stärker oder schwächer war, ihr Ansehen<br />
besser oder schlechter. Aber die<br />
eine Sache, die sich nie geändert hat,<br />
ist, dass der Geist Gottes in seinem<br />
Volk wirkt. Und deswegen wirkt er<br />
auch im kleinen Kreis, in Aktionen. So<br />
hat meine Organisation angefangen –<br />
wir haben nicht darauf gewartet, dass<br />
die offizielle Kirche uns unterstützt.<br />
Wir sollten darauf auch nicht warten.<br />
Andererseits sollten wir die Kirche<br />
auch nicht einfach abhaken. Und<br />
wir wollen uns auf keinen Fall von ihr<br />
lösen. Aber wir können auch nicht darauf<br />
warten, dass sie aktiv wird. Wir<br />
haben unseren Marschbefehl schon<br />
von Gott selbst erhalten, durch Taufe<br />
und Firmung, und die Priester insbesondere<br />
durch die Weihe. Wir haben<br />
unsere Begabungen erhalten und<br />
sollten loslegen. Gott gibt seiner Kirche<br />
das Geschenk der Hierarchie, aber<br />
auch der vielen verschiedenen Bewegungen,<br />
die von den Gläubigen ins<br />
Leben gerufen werden. Da spielt die<br />
kirchliche Struktur keine Rolle – wir<br />
müssen an der Seite der schwangeren<br />
Frauen stehen, die Angst vor ihrem<br />
eigenen Baby haben, und ihnen Hilfe<br />
und Beistand anbieten. Wir müssen<br />
vor allem nach Abtreibung Heilung<br />
anbieten, das ist ein großer Teil<br />
meines priesterlichen Amts: Der Herr<br />
verzeiht dir auch die Abtreibung, in<br />
dieser Vergebung liegt ein immenser<br />
Trost. Die kirchliche Hierarchie<br />
müssen wir mit Gelassenheit betrachten:<br />
das annehmen, was uns hilft und<br />
weiterträgt in unserem Einsatz für das<br />
Leben, und ansonsten bedenken, dass<br />
es Gott selbst ist, der uns beauftragt.<br />
Angesichts der schwierigen Lage, in der<br />
wir uns befinden, neigt der eine oder<br />
andere dazu, mutlos zu werden – was<br />
können wir schon ausrichten gegen die<br />
immense finanzielle, mediale Macht<br />
der anderen Seite? Wie können wir da<br />
überhaupt gewinnen?<br />
Der Unterschied liegt nicht in der<br />
zahlenmäßigen Überlegenheit oder<br />
Größe, sondern darin, dass die andere<br />
Seite einfach Dinge verkündet, die<br />
falsch sind. Es ist die Wahrheit, die<br />
entscheidet. Der Irrtum hat oft die<br />
größere Plattform und das lautere Megafon,<br />
aber es ist nur die Wahrheit,<br />
die das Herz der Menschen erreicht.<br />
Und deswegen ist die Wahrheit immer<br />
mächtiger als die Worte der Gegenseite.<br />
Die Menschen werden von einer<br />
einzigen Wahrheit mehr überzeugt<br />
sein als von 100 falschen Botschaften,<br />
die sie von der Gegenseite hören. Sie<br />
können für eine Weile getäuscht werden,<br />
aber schlussendlich ist es so, dass<br />
solche falschen Dinge wie Abtreibungen<br />
einfach nicht ins Herz des Menschen<br />
passen. Sie finden keinen Nachhall<br />
im menschlichen Geist. Schauen<br />
wir einfach all die Reformbewegungen<br />
an, die es im Leben der Menschheit<br />
schon gegeben hat – den Kampf<br />
gegen Völkermord, Sklaverei, Rassentrennung:<br />
Die Unterschiede wurden<br />
nicht so sehr von großen Menschenmassen<br />
gemacht als vielmehr von inspirierten<br />
einzelnen Schlüsselpersonen,<br />
die sich vollständig dem Einsatz<br />
für Gerechtigkeit und Wahrheit hingegeben<br />
haben. Diese Hingabe sollten<br />
wir in unseren eigenen Herzen finden.<br />
Und dann werden wir eine Änderung<br />
bewirken, das steht völlig außer<br />
Frage. Gott wird uns nicht nach<br />
den Führungspersönlichkeiten in unserer<br />
Kirche fragen, sondern er wird<br />
wissen wollen: Wie bist du denn mit<br />
den Einsichten und dem Mut umgegangen,<br />
die ich dir gegeben habe?<br />
Bei der Mutter aller Pro-Life-Demos, dem US-amerikanischen »March for Life«<br />
Wir sollten uns wirklich freuen, dass<br />
wir bei diesem Thema auf der richtigen<br />
Seite kämpfen dürfen! Das ist<br />
ein Privileg. Es gibt überhaupt keinen<br />
Grund, mutlos zu sein.<br />
Weitere Infos<br />
Weitere Informationen zu den<br />
Themen in diesem <strong>LebensForum</strong><br />
finden Sie hier.<br />
Alternativ können Sie auch die<br />
Adresse https://www.alfa-ev.de/<br />
hintergrundinfos-zum-aktuellenlebensforum/<br />
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LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />
11
BIOETHIK-SPLITTER<br />
Abtreibung: Novelle<br />
knapp gescheitert<br />
Anna Zaborska<br />
Bratislava (<strong>ALfA</strong>). Die von der ehemaligen<br />
EU-Parlamentarierin Anna Zaborska<br />
2019 gegründete »Christliche Union«<br />
(KU) ist im slowakischen Parlament ein<br />
weiteres Mal knapp mit dem Versuch<br />
gescheitert, die geltende Abtreibungsgesetzgebung<br />
zu novellieren. Das berichtet<br />
die Katholische Nachrichtenagentur<br />
Österreichs (KAP). Demnach<br />
fehlte bei der Abstimmung über das von<br />
der KU eingebrachte »Gesetz zur Hilfe<br />
für schwangere Frauen« am 12. November<br />
eine einzige Stimme, um die neuen<br />
Bestimmungen durch das Parlament<br />
zu bringen. 67 der 134 Abgeordneten<br />
stimmten für den Entwurf. 38 votierten<br />
dagegen. 28 weitere enthielten sich<br />
der Stimme. Ein Abgeordneter nahm an<br />
der Abstimmung nicht teil.<br />
Wie die Agentur weiter berichtet,<br />
sah der Gesetzesentwurf vor allem eine<br />
Verlängerung der Frist zwischen der<br />
ärztlichen Beratung schwangerer Frauen<br />
und der Durchführung einer vorgeburtlichen<br />
Kindstötung von 48 auf<br />
96 Stunden vor. Ungewollt Schwangere<br />
sollten die Möglichkeit erhalten,<br />
ihre Entscheidung ohne Zeitdruck zu<br />
überdenken. Ferner sah der Entwurf<br />
ein Werbeverbot für Abtreibungen vor.<br />
Begleitende Maßnahmen sollten Frauen<br />
zudem bewegen, von einer vorgeburtlichen<br />
Kindstötung Abstand zu<br />
FOTO-AG GYMNASIUM MELLE/LICENCE: CC BY-SA 3.0<br />
nehmen. So sollten etwa Schwangere<br />
Zutritt zu Notwohnungen erhalten<br />
und diese nach der Geburt drei Jahre<br />
in Anspruch nehmen dürfen, wenn sie<br />
sich währenddessen persönlich um ihr<br />
Kind kümmern. Bei der Geburt eines<br />
behinderten Kindes sollten sie eine einmalige<br />
Unterstützung in Höhe von umgerechnet<br />
3.170 Euro erhalten können.<br />
Dasselbe sah der Entwurf bei der Geburt<br />
eines vierten Kindes vor. reh<br />
»Tötung auf Verlangen«:<br />
Parlament bleibt stur<br />
Marcelo Rebelo de Sousa<br />
HTTPS://WWW.PRESIDENCIA.PT/LICENCE: CC BY-SA 3.0<br />
Lissabon (<strong>ALfA</strong>). Das portugiesische<br />
Parlament hat Anfang November ein<br />
neues Euthanasiegesetz mehrheitlich<br />
verabschiedet. Dabei handelt es sich um<br />
eine überarbeitete Version eines Gesetzes,<br />
das die Tötung auf Verlangen legalisieren<br />
will und dessen vormalige Version<br />
die sozialistische Minderheitsregierung<br />
von Ministerpräsident Antonio<br />
Costa Anfang des Jahres schon einmal<br />
durch beide Kammern des Parlaments<br />
gebracht hatte.<br />
Portugals konservativer Präsident<br />
Marcelo Rebelo de Sousa, ein praktizierender<br />
Katholik, legte jedoch sein Veto<br />
ein und forderte das Verfassungsgericht<br />
auf, die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes<br />
zu überprüfen. Daraufhin stoppten<br />
die Richter im März die Initiative und<br />
verlangten Nachbesserungen. Der neuen<br />
Fassung wurden nun präzisere Beschreibungen<br />
jener Bedingungen hinzugefügt,<br />
die Sterbewillige zu einer Tötung<br />
auf Verlangen berechtigen sollen.<br />
Käme das Gesetz zur Anwendung,<br />
wäre das mehrheitlich katholische Portugal<br />
nach Belgien, den Niederlanden,<br />
Luxemburg und Spanien das fünfte Land<br />
in Europa, in dem der ärztlich assistierte<br />
Suizid unter bestimmten Umständen<br />
straffrei ist. Offen ist, ob Portugals Präsident<br />
nun erneut sein Veto einlegen und<br />
auch die neue Version des Gesetzes verfassungsrechtlich<br />
prüfen lassen wird. Rebelo<br />
de Sousa hat bereits die Auflösung<br />
des Parlaments und Neuwahlen für den<br />
30. Januar angekündigt, da die sozialistische<br />
Minderheitsregierung im Parlament<br />
keine Mehrheit für ihren Haushaltsentwurf<br />
2022 erhalten hatte. reh<br />
Neuseeland: »End of Life<br />
Choice Act« in Kraft<br />
Flagge von Neuseeland<br />
Wellington (<strong>ALfA</strong>). Rund ein Jahr nach<br />
dem Referendum, bei dem rund 65 Prozent<br />
der Neuseeländer für die Legalisierung<br />
des ärztlich assistierten Suizids und<br />
der Tötung auf Verlangen votierten, ist<br />
in Neuseeland der »End of Life Choice<br />
Act« in Kraft getreten. Das meldet die<br />
US-amerikanische Nachrichtenagentur<br />
»Voice of America« (VOA). Das Gesetz<br />
sieht vor, dass Menschen, die an einer<br />
unheilbaren Krankheit leiden, die voraussichtlich<br />
binnen sechs Monaten zum<br />
Tode führt, wahlweise von der Tötung<br />
auf Verlangen oder einem ärztlich assistierten<br />
Suizid Gebrauch machen können.<br />
Zuvor müssen zwei Ärzte den Sterbewilligen<br />
bescheinigen, dass sie zurechnungsfähig<br />
und in der Lage sind, eine<br />
verantwortliche Entscheidung zu treffen.<br />
Laut der Vorsitzenden der rechtsliberalen<br />
Partei »ACT New Zealand<br />
12 LEBENSFORUM <strong>140</strong>
BIOETHIK-SPLITTER<br />
Party«, Brooke van Velden, könnten<br />
von dem Gesetz rund fünf Millionen<br />
Menschen »profitieren«.<br />
Laut VOA befürchten Kritiker des<br />
Gesetzes, dass Patienten, die an chronischen<br />
Krankheiten leiden, sich nun<br />
verpflichtet fühlen könnten, aus dem<br />
Leben zu scheiden, um ihre Angehörigen<br />
nicht länger zu belasten. Gefordert<br />
werde auch, »unzureichende Palliativversorgungsdienste«<br />
besser auszustatten,<br />
damit unheilbar kranke Patienten<br />
besser versorgt werden könnten. reh<br />
Makabres Experiment<br />
mit hirntoter Frau<br />
Stunden beendeten die Forscher zunächst<br />
das Experiment und trennten<br />
anschließend auch die hirntote Patientin<br />
von dem Beatmungsgerät, die daraufhin<br />
verstarb.<br />
Forscher reagierten überwiegend positiv<br />
auf die Nachricht. So zeigte sich<br />
Konrad Fischer, Leiter der Sektion Xe-<br />
HTTPS://NYULANGONE.ORG/<br />
bensschutzes innerhalb der katholischen<br />
Kirche betont. Bei der Herbstvollversammlung<br />
der US-amerikanischen Bischöfe<br />
in Baltimore (Maryland) erklärte<br />
er: »Die Kirche muss unmissverständlich<br />
für das Leben stehen.« Man dürfe<br />
den Einsatz für den Schutz unschuldigen<br />
menschlichen Lebens und schutzbedürftiger<br />
Personen nicht aufgeben.<br />
Das berichtet die katholische Wochenzeitung<br />
»Die Tagespost«.<br />
Dem Bericht zufolge machte Pierre<br />
vor der Vollversammlung der US-Bischöfe<br />
auch deutlich, wie er das kirchliche<br />
Engagement für den Lebensschutz<br />
im Einklang mit dem von Papst Franziskus<br />
angeregten Prozess der Synodali-<br />
New York (<strong>ALfA</strong>). Einem Team um<br />
den Chirurgen Robert Montgomery,<br />
Leiter des Langone Health Transplant<br />
Institute in Manhattan, ist es offenbar<br />
gelungen, eine Schweineniere erfolgreich<br />
mit dem Organismus einer für<br />
hirntot erklärten und künstlich beatmeten<br />
Patientin zu verbinden. Das makabre<br />
Experiment wurde zudem offenbar<br />
im Beisein einer Reporterin der Boulevard-Zeitung<br />
»USA Today« durchgeführt.<br />
Deren Reportage veröffentlichte<br />
die mit 1,6 Millionen Exemplaren<br />
auflagenstärkste Tageszeitung der<br />
Vereinigten Staaten von Amerika Mitte<br />
dieser Woche.<br />
Laut der Zeitung wurde das Blut<br />
der für hirntot erklärten Patientin dabei<br />
aus der Beinvene über einen Katheter<br />
in die Niere des für dieses Experiment<br />
gezüchteten und genetisch modifizierten<br />
Schweins geleitet. Zuvor war<br />
die explantierte Schweineniere provisorisch<br />
auf dem Oberschenkel der Patientin<br />
befestigt worden. Bereits nach<br />
kurzer Zeit soll das Organ damit begonnen<br />
haben, Urin zu produzieren.<br />
Die »New York Times« zitiert Montgomery<br />
mit der Aussage, das Experiment<br />
habe gezeigt, dass die Transplantation<br />
eines tierischen Organs auf<br />
den Menschen prinzipiell möglich sei.<br />
Den Zeitungsberichten zufolge war das<br />
Schwein genetisch so verändert worden,<br />
dass das Risiko für die bei artübergreifenden<br />
Transplantationen regelmäßig<br />
vorkommenden Abstoßungsreaktionen<br />
nur noch minimal gewesen sei. Nach 54<br />
Dr. Robert Montgomery<br />
notransplantation an der TU München,<br />
gegenüber dem »Deutschen Ärzteblatt«<br />
»generell erfreut« darüber, dass das Experiment<br />
offenbar erfolgreich verlaufen<br />
sei. Ohne genaue Daten sei jedoch keine<br />
Einschätzung möglich. Wichtig wäre<br />
auch eine pathologische Untersuchung<br />
der Niere. Die Dauer des Experiments<br />
erlaube keine Aussage darüber, ob vaskuläre<br />
und zelluläre Abstoßungsreaktionen,<br />
die sich erst nach wenigen Wochen<br />
bemerkbar machen würden, verhindert<br />
werden könnten.<br />
Offen blieb bisher auch, ob durch<br />
die Verbindung der Schweineniere mit<br />
dem Blutkreislauf der hirntoten Patientin<br />
Schweine-Retroviren übertragen<br />
wurden, die schwerwiegende Folgen<br />
für den Menschen haben können.<br />
Dies zu verhindern, gilt als ein technisch<br />
schwer zu lösendes Hindernis für eine<br />
erfolgreiche Xenotransplantation. reh<br />
US-Nuntius: Kultur<br />
des Lebens fördern<br />
Baltimore (<strong>ALfA</strong>). Der Apostolische<br />
Nuntius in den USA, Erzbischof Christophe<br />
Pierre, hat die Bedeutung des Le-<br />
HTTPS://ALCHETRON.COM/<br />
Erzbischof Christophe Pierre<br />
tät stehend sehe. So sei es beispielsweise<br />
ein »synodaler Ansatz«, wenn Pfarreien<br />
und Gemeinden Schwangere und<br />
bedürftige Frauen, die Kinder erziehen,<br />
unterstützten. Vergleichbares gelte,<br />
wo der Frage nachgegangen würde,<br />
warum einige Frauen eine Schwangerschaft<br />
beenden wollten. »Worin wurzeln<br />
die Gründe für eine Entscheidung<br />
gegen das Leben, und welche Faktoren<br />
machen diese Entscheidungen für einige<br />
derart kompliziert?«, zitiert die Zeitung<br />
Pierre. Daran anschließend gelte<br />
es einen Konsens zu finden und konkrete<br />
Strategien zu entwickeln, die »die<br />
Kultur des Lebens und die Zivilisation<br />
der Liebe« förderten. Dem Blatt zufolge<br />
rief Pierre die Bischöfe zur Einheit<br />
auf: »Eine geteilte Kirche wird die<br />
Menschen nie dahin führen, wo sie sein<br />
sollten.«<br />
reh<br />
LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />
13
POLITIK<br />
ANDREAS PROTT/STOCK.ADOBE.COM<br />
Gewinner<br />
und Verlierer<br />
Im Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP bleiben das Lebensrecht ungeborener<br />
Kinder sowie die Rechte von Eltern auf der Strecke. Verlierer sind neben den Kindern vor allem<br />
Frauen. Große Gewinner sind Männer und Reproduktionsmediziner. Ein erzürnter Kommentar.<br />
Von Cornelia Kaminski<br />
Die neue Regierung hat ihre<br />
Arbeit aufgenommen. Zeit,<br />
in die Zukunft zu schauen,<br />
die wir von ihr zu erwarten haben. Ein<br />
Blick in den Koalitionsvertrag – Titel:<br />
»Mehr Fortschritt wagen« – zeigt: Das<br />
Lebensrecht der Ungeborenen sowie<br />
die Rechte von Eltern bleiben in diesem<br />
Vertrag auf der Strecke. Der Staat<br />
regiert mit einem Konzept des Individualismus<br />
in Vieles hinein. Das Wort<br />
von der »Wirksamkeit« klingt schon<br />
jetzt wie eine Bedrohung.<br />
Die Verlierer dieses Vertrags werden<br />
Kinder und Frauen sein, die Gewinner<br />
vor allem Männer. Männer können<br />
in Zukunft nicht nur Körperteile<br />
von Frauen (Eizellen) kaufen, um sie<br />
z.B. für die Produktion von Embryonen<br />
zu Forschungszwecken zu nutzen,<br />
sondern auch gleich das Reproduktions-<br />
Gesamtpaket in Auftrag geben. Fortschritt<br />
bedeutet hier: Das Wort von der<br />
Frau als Gebärmaschine bekommt ein<br />
reelles Abbild (der im Koalitionsvertrag<br />
verwendete Begriff »Leihmutter«<br />
trifft die Sache kaum: Frauen werden<br />
nicht als Mutter geliehen, sondern für<br />
die Nachwuchsproduktion gemietet).<br />
War die natürliche Reproduktion bisher<br />
ein Minenfeld, auf dem ungeplante<br />
Schwangerschaften Zukunftspläne in<br />
die Luft zu sprengen drohten, hat Mann<br />
demnächst die Möglichkeit, auf Werbeseiten<br />
der Abtreibungsanbieter Angebote<br />
zu vergleichen. Die Zahl von aktuell<br />
400 Abtreibungen – eine vierzügige<br />
Grundschule täglich – wird steigen,<br />
denn Abtreibungen werden Teil<br />
14 LEBENSFORUM <strong>140</strong>
POLITIK<br />
der Grund- und Weiterbildung eines<br />
jeden Arztes und kassenfinanzierte, reguläre<br />
Gesundheitsleistung. Das bedeutet:<br />
Niemand kann mehr in Deutschland<br />
Arzt werden, ohne das blutige<br />
Handwerk eines Friedrich Stapf oder<br />
einer Kristina Hänel zu erlernen. Abtreibungen<br />
werden zum Staatsauftrag.<br />
Das Wort »Abtreibung« selbst kommt<br />
genau zwei Mal im Koalitionsvertrag<br />
vor: in Verbindung mit »Abtreibungsgegner«<br />
und »Abtreibungsgegnerin«.<br />
Was Frauen und die Lebensrechtsverbände<br />
als segensreich und als Hilfe in<br />
letzter Not empfunden haben, die Gehsteigberatung,<br />
ist im Koalitionsvertrag<br />
zur »Gehsteigbelästigung« geworden<br />
und wird verboten.<br />
Schwacher Trost: Vielem<br />
fehlt die Finanzierung<br />
BUNDESREGIERUNG/KUGLER<br />
Für Frauen wird es deutlich schwerer,<br />
sich dem Druck des Mannes, der<br />
keine Lust auf Unterhaltszahlungen<br />
und Verantwortung hat, zu widersetzen.<br />
Mehr Fortschritt heißt für die Ampel<br />
auch, dass Embryonen bei künstlicher<br />
Befruchtung einem Qualitätscheck<br />
unterzogen werden. Menschen im frühesten<br />
Stadium ihrer Existenz, die diesen<br />
Check nicht bestehen, werden entweder<br />
entsorgt oder der Forschung zur<br />
Verfügung gestellt. Hier ist bis zu dem<br />
Fachbegriff des »elektiven Single Embryo<br />
Transfer« die Wortwahl der Vertreter<br />
der Reproduktionsmedizin zu lesen.<br />
In Personalunion sind Personen, die<br />
an der Reproduktionsmedizin verdienen,<br />
sowohl in der Nationalen Akademie<br />
Leopoldina als auch in der Bundesärztekammer<br />
tätig und haben so<br />
Einfluss auf den Koalitionsvertrag erhalten.<br />
An dieser Stelle ist dringend<br />
Aufklärung über Interessenkonflikte erforderlich,<br />
und es stellt sich die Frage,<br />
warum die Grünen die Präimplantationsdiagnostik<br />
nicht stoppen, die heute<br />
in Deutschland dazu dient, Kinder<br />
mit auffälligen Merkmalen auszusortieren,<br />
andernorts aber längst zur Geschlechtsauswahl<br />
genutzt wird? Der fallen<br />
übrigens seit Jahren fast ausschließlich<br />
Mädchen zum Opfer. Wo bleiben<br />
die Feministinnen bei den Grünen, die<br />
sich dagegen wehren? Und warum ist im<br />
Passus über Reproduktionstechniken –<br />
von Medizin kann hier kaum die Rede<br />
Die Bundesminister der Ampelregierung mit ihren Ernennungsurkunden<br />
sein, da nicht geheilt, sondern auf technische<br />
Weise produziert wird – nichts<br />
über die Informationsrechte der Kinder<br />
gesagt? Schließlich ist längst bekannt,<br />
dass die auf diese Weise produzierten<br />
Kinder mit massiven gesundheitlichen<br />
Risiken leben müssen, ganz abgesehen<br />
davon, dass sie später nicht wissen, wer<br />
ihre biologischen Eltern und Halbgeschwister<br />
sind.<br />
Besonders besorgniserregend ist der<br />
Umstand, dass in diesem sensiblen Bereich<br />
nicht das Parlament mit der Erarbeitung<br />
von Regelungen betraut werden<br />
soll, sondern eine »Kommission<br />
zur reproduktiven Selbstbestimmung<br />
und Fortpflanzungsmedizin«. Wer wird<br />
diese Kommission besetzen? Woher<br />
nimmt eine solche Kommission ihre<br />
Legitimation? Und vor allem: Wem<br />
gegenüber sind die einzelnen Mitglieder<br />
verantwortlich?<br />
Das Zusammenleben ist nicht mehr<br />
nur in einer Ehe, sondern in »Verantwortungsgemeinschaften«<br />
möglich.<br />
Auch mit mehreren Frauen. Wer<br />
dachte, ein Harem sei rückschrittlich,<br />
den belehrt die Ampel eines Besseren.<br />
In einer solchen Verantwortungsgemeinschaft<br />
kann jeder Sorgerechte bekommen,<br />
die Beziehung zum Kind ist<br />
unerheblich, entscheidend ist der Wille<br />
derjenigen, die es produziert haben.<br />
Männer können, falls eine »Frauenquote«<br />
ihrer Karriere im Weg steht,<br />
sich als »weiblich« registrieren lassen,<br />
ganz ohne »diskriminierende« Untersuchungen<br />
oder Behandlungen. Macht<br />
Sinn: Sonst könnte man ja nicht, wie<br />
vorgesehen, alle zwölf Monate das Geschlecht<br />
wechseln.<br />
Wobei diese Fristsetzung schon ein<br />
wenig willkürlich anmutet: Sollte man<br />
nicht das Geschlecht situationsbedingt<br />
anpassen dürfen? Für so manchen mittelmäßigen<br />
männlichen Sportler eröffnen<br />
sich hier ungeahnte Aussichten auf<br />
vorderste Plätze. Wer sich als verurteilter<br />
Missbrauchstäter unter Frauen wohler<br />
fühlt, erklärt einfach seine weibliche<br />
Identität und lässt sich ins Frauengefängnis<br />
einweisen. Auch das gibt es<br />
andernorts längst – warum sollen auf<br />
diesen Fortschritt im Bereich Männerrechte<br />
ausgerechnet die deutschen<br />
Männer verzichten? Nun mag man einwenden,<br />
dass das doch alles Möglichkeiten<br />
seien, die sich auch Frauen eröffnen.<br />
Nur: Welchen Vorteil ziehen<br />
Frauen daraus, Männerduschen nutzen<br />
zu dürfen? Wo gibt es Männerquoten,<br />
die Frauen mit einer Geschlechtsumbenennung<br />
für sich nutzen könnten? Fragen<br />
über Fragen. Und eine Erkenntnis:<br />
Der Fortschritt, der hier gewagt wird,<br />
ist für Frauen ein Rückschritt in längst<br />
überholt geglaubte Zeiten. Für Kinder,<br />
zumal am Lebensanfang, ist er eine Katastrophe.<br />
Einziger Trost: Es fehlt bei<br />
vielem die Finanzierung. Und mit der<br />
Besteuerung von Cannabis sind die Löcher<br />
nicht zu stopfen.<br />
LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />
15
AUSLAND<br />
Suizidbeihilfe<br />
mit Hürden<br />
Österreich legalisiert den assistierten Suizid unter restriktiven Regeln.<br />
Kommerzialisierung soll verhindert, die Gewissensfreiheit gesichert werden.<br />
Von Stephan Baier<br />
In Österreich machen Verfassungsrichter<br />
Gesellschaftspolitik und<br />
ändern Axiome des rechtlich geregelten<br />
Zusammenlebens – wie zuvor<br />
bei der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche<br />
Paare, so nun bei der Zulassung<br />
des assistierten Suizids. Nur noch<br />
bis Jahresende gilt in der Alpenrepublik:<br />
»Wer einen anderen dazu verleitet,<br />
sich selbst zu töten, oder ihm dazu Hilfe<br />
leistet, ist mit Freiheitsstrafe von sechs<br />
Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.«<br />
(§ 78 Strafgesetzbuch) In einem<br />
umstrittenen Urteil strich der Verfassungsgerichtshof<br />
(VfGH) am 11. Dezember<br />
2020 die Worte »oder ihm dazu<br />
Hilfe leistet« mit Wirkung zum 31.<br />
Der Verfassungsgerichtshof beendete in Österreich mit seinem Urteil vom 11. Dezember<br />
2020 den politischen Konsens gegen jede Form der Beihilfe zur Selbsttötung.<br />
Er erklärte das absolute Verbot jeder »Hilfeleistung zum Selbstmord« für verfassungswidrig.<br />
Dezember <strong>2021</strong> und beauftragte den<br />
Gesetzgeber, einen möglichen Missbrauch<br />
zu verhindern.<br />
Weil der VfGH der Rechtsauffassung<br />
ist, die freie Selbstbestimmung des<br />
Menschen umfasse auch das Recht des<br />
Suizidwilligen, die Hilfe eines dazu bereiten<br />
Dritten in Anspruch zu nehmen,<br />
muss das Parlament dafür Sorge tragen,<br />
die Freiheit des Suizidanten gegenüber<br />
jedem Einfluss zu sichern. Obgleich die<br />
Kanzlerpartei ÖVP von Anfang an mit<br />
dem Urteil unglücklich war und auf eine<br />
möglichst restriktive Regelung setzte,<br />
war bis vor wenigen Wochen ungewiss,<br />
ob es zu einer zeitgerechten gesetzlichen<br />
Neuregelung käme. Ohne eine<br />
solche jedoch wäre ab dem Jahreswechsel<br />
jede Form der Hilfeleistung bei jeglichem<br />
Suizid straffrei geworden: Kommerzielle<br />
Anbieter hätten bei Pubertierenden<br />
im Liebeskummer ebenso werben<br />
können wie bei Lebensüberdrüssigen<br />
mit Altersdepression.<br />
Der Kompromiss, den die Regierungsparteien<br />
ÖVP und Grüne nach<br />
langem Ringen präsentierten, schließt<br />
all das aus. Suizidbeihilfe darf nur in<br />
Anspruch nehmen, wer volljährig und<br />
entscheidungsfähig – also psychisch unbeeinträchtigt<br />
– ist, zudem an einer unheilbaren,<br />
zum Tod führenden Krankheit<br />
leidet oder an einer schweren, dauerhaften<br />
Krankheit mit anhaltenden<br />
Symptomen, welche die »gesamte Lebensführung<br />
dauerhaft beeinträchtigen«.<br />
Der Ende Oktober präsentierte<br />
Gesetzesentwurf schreibt fest, dass<br />
die infrage kommende Krankheit »einen<br />
für die betroffene Person nicht anders<br />
abwendbaren Leidenszustand mit<br />
sich bringt«. Wer plant, beim Suizid<br />
die Hilfe anderer in Anspruch zu nehmen,<br />
muss seinen Sterbewunsch in einer<br />
»Sterbeverfügung« dokumentieren.<br />
16 LEBENSFORUM <strong>140</strong>
AUSLAND<br />
Dieser sind gesetzliche Hürden gesetzt:<br />
Vor der Errichtung einer Sterbeverfügung<br />
sind zwei Ärzte zu konsultieren,<br />
von denen einer eine palliativmedizinische<br />
Qualifikation haben<br />
muss. Sie haben den Sterbewilligen<br />
über alternative Behandlungen, Hospizversorgung<br />
und palliativmedizinische<br />
Maßnahmen aufzuklären, ebenso<br />
über psychotherapeutische und suizidpräventive<br />
Beratungen. Die Ärzte bestätigen<br />
nicht nur die Erkrankung im<br />
Sinne des Gesetzes, sondern müssen einen<br />
Psychiater oder klinischen Psychologen<br />
beiziehen, wenn ein Hinweis auf<br />
eine psychische Störung vorliegt. Frühestens<br />
zwölf Wochen (in der terminalen<br />
Phase zwei Wochen) nach der ärztlichen<br />
Aufklärung kann der Sterbewillige<br />
die Sterbeverfügung schriftlich – im<br />
Regelfall bei einem Notar – errichten.<br />
Nur gegen Vorlage dieses Dokuments<br />
darf eine Apotheke dann das tödliche<br />
Präparat Natrium-Pentobarbital abgeben<br />
oder zustellen, sei es an den Sterbewilligen<br />
selbst oder an »eine in der<br />
Sterbeverfügung genannte Hilfe leistende<br />
Person«.<br />
Ziel: Verhinderung der<br />
Kommerzialisierung<br />
auf Verlangen nur wegen handwerklicher<br />
Fehler zurückgewiesen. Kein<br />
Wunder, dass Befürworter der Euthanasie<br />
jetzt von einem wichtigen ersten<br />
Schritt sprechen. Der zweite Schritt ist<br />
mit der Weigerung der Grünen, § 77<br />
StGB zum Verfassungsgesetz zu erheben,<br />
vorprogrammiert.<br />
Die Verwaltung des<br />
Dammbruchs<br />
Gesetzlich ist definiert, wer als Sterbewilliger<br />
die Hilfe eines anderen in Anspruch<br />
nehmen darf, nicht aber, wer die<br />
»Hilfe leistende Person« ist. Immerhin<br />
wird die Rolle des Suizidhelfers weder<br />
als eigenes Berufsbild institutionalisiert<br />
noch der Ärzteschaft zugeschoben, vielleicht<br />
weil seitens der Ärzte massive Einwände<br />
gegen das Urteil artikuliert wurden.<br />
Ärzte, aber auch Notare und Apotheker,<br />
die es weiter ablehnen, an der<br />
Tötung eines Menschen mitzuwirken,<br />
können sich auf ihr Gewissen berufen:<br />
»Niemand ist verpflichtet, eine Hilfeleistung<br />
zu erbringen, eine ärztliche Aufklärung<br />
durchzuführen oder an der Errichtung<br />
einer Sterbeverfügung mitzuwirken.«<br />
Niemand dürfe wegen seiner<br />
Weigerung benachteiligt werden. Um<br />
die institutionelle Gewissensfreiheit ist<br />
es schlechter bestellt. Da nämlich auch<br />
festgeschrieben wird, dass niemand wegen<br />
einer Hilfeleistung oder ärztlichen<br />
Aufklärung benachteiligt werden darf,<br />
können etwa Krankenhäuser in kirchlicher<br />
Trägerschaft in Nöte geraten: Sie<br />
Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP; links) kämpfte für eine maximal restriktive<br />
Regelung. Sie musste jedoch Kompromisse mit Gesundheitsminister Wolfgang<br />
Mückstein und Justizministerin Alma Zadić (beide Grüne) finden. Gemeinsam<br />
präsentierten sie den Gesetzesentwurf.<br />
dürfen künftig keinen Arzt oder Pfleger,<br />
der Suizidbeihilfe leistet, daraufhin<br />
abmahnen oder kündigen.<br />
Österreichs Regierung war es wichtig,<br />
eine Kommerzialisierung der Suizidbeihilfe<br />
zu verhindern. Verboten wird<br />
darum jegliche Werbung für Sterbehilfe<br />
sowie die Annahme von Vorteilen,<br />
»die über den Ersatz des nachgewiesenen<br />
Aufwands hinausgehen«. Weiterhin<br />
mit einer Freiheitsstrafe von bis zu<br />
fünf Jahren bedroht ist, »wer eine andere<br />
Person dazu verleitet, sich selbst<br />
zu töten«. Ebenso, wer einer minderjährigen<br />
oder nicht im definierten Sinne<br />
kranken sowie ärztlich aufgeklärten<br />
Person dazu physisch Hilfe leistet, sich<br />
selbst zu töten.<br />
Nicht einigen konnten sich die Koalitionspartner<br />
darauf, das geltende Verbot<br />
der »Tötung auf Verlangen« (§ 77<br />
StGB) in den Rang eines Verfassungsgesetzes<br />
zu heben und damit der verfassungsrechtlichen<br />
Überprüfbarkeit<br />
zu entziehen. Damit ist die nächste juristische<br />
Front bereits klar. Der VfGH<br />
hatte nämlich am 11. Dezember 2020<br />
Klagen gegen das Verbot der Tötung<br />
Österreichs Bischöfe wie auch Experten,<br />
die zuvor den VfGH kritisiert hatten,<br />
würdigten im Oktober die Bemühungen<br />
der Bundesregierung um eine restriktive<br />
Regelung und ebenso den geplanten<br />
Ausbau der Finanzierung von<br />
Palliativeinrichtungen. Der VfGH habe<br />
»mit seiner extensiven Interpretation des<br />
Selbstbestimmungsrechts das generelle<br />
Tötungsverbot durchbrochen und den<br />
staatlichen Auftrag zum Schutz des Lebens<br />
unterminiert«, meinte etwa Stephanie<br />
Merckens vom Institut für Ehe und<br />
Familie (IEF) in Wien. Dem Gesetzgeber<br />
sei damit nur »die Verwaltung des<br />
Dammbruchs« als Aufgabe geblieben.<br />
LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />
17
GESELLSCHAFT<br />
Wo bleibt die<br />
Menschenwürde?<br />
»Zwecklos, aber sinnvoll: Menschsein zwischen Geschenk und Produkt«, lautete der Titel einer<br />
Fachtagung des Bundesverbands Lebensrecht (BVL) Mitte September in Berlin.<br />
Die ethischen Ausblendungen und rechtlichen Bedrohungen durch eine ausufernde<br />
Reproduktionsmedizin wurden dabei sichtbar gemacht.<br />
Von Rainer Klawki<br />
Dass der Mensch mehr ist als<br />
seine Biologie, stellte Professor<br />
Peter Schallenberg, Sozialethiker<br />
aus Paderborn und Leiter der<br />
Katholischen Sozialwissenschaftlichen<br />
Zentralstelle, am Anfang heraus. Wer<br />
heute den Schrank »Bioethik« öffne, lese<br />
darin als Erstes einen Zettel, auf dem<br />
steht: »Und ihr Tod reißt nicht die geringste<br />
Lücke!« Doch was auf diesem<br />
Zettel steht, stimme nicht, so Schallenberg.<br />
»Theologisch reißt der Tod<br />
eines jeden Menschen immer eine Lücke<br />
– und zwar für denjenigen, der diesen<br />
konkreten Menschen gewollt hat,<br />
nämlich Gott.« In einem säkularen Staat<br />
bestehe die Schwierigkeit darin, diese<br />
existentielle Erkenntnis in säkulare Begriffe,<br />
die bei Medizinern und Juristen<br />
CLEMENS FRIEDERICH<br />
verstanden werden, zu überführen. Eine<br />
Verstehensbrücke biete die Fokussierung<br />
auf die Menschenwürde, die jedem<br />
zukommt oder innewohnt und die<br />
nach den Quellen in der griechischen<br />
Philosophie bei Sokrates und Platon als<br />
»innere Schönheit« und keineswegs nur<br />
als Willensautonomie verstanden wird.<br />
Auf der anderen Seite werde ein Grundrecht<br />
auf »Reproduktion« oder ein<br />
»Grundrecht auf Sexualität« mit großer<br />
Kaltschnäuzigkeit in der Politik<br />
gefordert, so Schallenberg weiter. Die<br />
Mehrheit der Parteien im Bundestag<br />
(außer CDU/CSU und AfD) befürworten<br />
derzeit zum Beispiel eine radikale<br />
Liberalisierung der Paragrafen 218<br />
und 219. Der Begriff »sexuelle Autonomie«<br />
werde dafür als Hauptargument<br />
ins Feld geführt. »Wir wissen eigentlich<br />
sehr gut, welche Folgen sexuelle<br />
Aktivität zwischen Mann und Frau haben<br />
kann«, sagte Schallenberg. Es sei<br />
deshalb verständlich, dass sexuelle Autonomie<br />
nicht erst dann beginnt, wenn<br />
eine Schwangerschaft vorliegt. Es habe<br />
gar keinen Sinn, erst bei der Feststellung<br />
einer Schwangerschaft sexuelle<br />
Autonomie zu fordern, erläuterte der<br />
Moraltheologe.<br />
Reproduktionstechnik<br />
hat dramatische Folgen<br />
Susanne Kummer, Geschäftsführerin des Wiener IMABE-Instituts<br />
Einen Überblick über 50 Jahre Geschichte<br />
der künstlichen Befruchtung<br />
bot Susanne Kummer, Geschäftsführerin<br />
des Wiener IMABE-Instituts. Allein<br />
in Deutschland sind seit 1997 etwa<br />
300.000 Kinder nach künstlicher Befruchtung<br />
zur Welt gekommen. Jährlich<br />
sind hierzulande drei Prozent aller Geburten<br />
IVF-Kinder. Im Jahr 2018 waren<br />
das über 21.000 Kinder in Deutschland.<br />
In einer Schulklasse von 30 Kindern ist<br />
demnach heute ein Kind auf künstlichem<br />
Wege gezeugt worden. Kummer stellte<br />
18 LEBENSFORUM <strong>140</strong>
GESELLSCHAFT<br />
CLEMENS FRIEDERICH<br />
klar, dass Unfruchtbarkeit eine schwere<br />
Belastung für Paare ist. Auch das Glück<br />
über ein solches Kind sei leicht nachvollziehbar.<br />
Dass jede Person, egal auf<br />
welche Weise sie entstanden ist, die<br />
gleiche Achtung verdient und dieselbe<br />
Würde besitzt, bedürfe ebenfalls keiner<br />
zusätzlichen Erklärung.<br />
Trotzdem mache etwas stutzig: In<br />
der Öffentlichkeit herrscht ein rosiges<br />
Bild der Reproduktionsmedizin vor. Sie<br />
mache alles möglich, könne alles und es<br />
herrsche die Meinung vor, dass sie »niemandem<br />
schadet und schon gar nicht<br />
scheitert«. Doch die Schattenseiten sind<br />
groß: Für die Beteiligten bedeutet die<br />
Anwendung der Reproduktionstechnik<br />
ein hohes Maß an finanziellen Investitionen<br />
und emotionalen Frustrationen.<br />
Viele Versuche der künstlichen Befruchtung<br />
bleiben erfolglos. Die sogenannte<br />
Baby-Take-Home-Rate, die bezeichnet,<br />
wie viele Kinder am Ende aller Versuche<br />
wirklich geboren werden und überleben,<br />
liege derzeit bei etwa 19 Prozent.<br />
75 bis 80 Prozent der Frauen gehen demnach<br />
ohne Kind nach Hause. Nicht selten<br />
zerbrechen Paare, die trotzdem keine<br />
Kinder bekommen, an diesen Belastungen.<br />
Kummer: »Es zerbrechen aber<br />
auch Paare, die ein Kind durch IVF bekommen<br />
haben, weil sie in den Sog der<br />
Machbarkeit gekommen sind.« Auch die<br />
Eizellspende und die Leihmutterschaft<br />
werfe schwerwiegende Probleme auf,<br />
die sich oftmals erst zeigen, wenn die<br />
Kinder heranwachsen oder erwachsen<br />
sind. Viele sind mit Hilfe von Selbsthilfeorganisationen<br />
auf der Suche nach Vater,<br />
Mutter oder Halbgeschwistern, ohne<br />
dass die Kosten dafür seitens der Institutionen,<br />
die Daten vernichtet haben,<br />
übernommen werden.<br />
Der menschliche Embryo wird durch<br />
die Reproduktionstechnik zu einem Objekt.<br />
Embryonen werden bei der Präimplantationsdiagnostik<br />
ausgesondert. Die<br />
Genschere CRISPR/Cas9 erhebt schon<br />
den Anspruch, den Embryo bei der Befruchtung<br />
gegen bestimmte Erkrankungen<br />
resistent zu machen, was aber nach<br />
wie vor eine Utopie ist. Im Mai <strong>2021</strong><br />
wurden in China und den USA chimäre<br />
Embryonen über die Artgrenzen hinweg<br />
erzeugt. Affenembryonen erhielten<br />
dabei menschliche Stammzellen. Die<br />
Grundvorstellung dahinter kritisierte<br />
Kummer als falsch, wenn die leidfreie<br />
Gesellschaft erreicht werden soll,<br />
indem der Leidende eliminiert wird –<br />
»und das möglichst präventiv«. Ethik<br />
oder Gesetze seien da nur ein störendes<br />
Anhängsel. Wie kommt es zu der<br />
enormen Ausweitung der In-vitro-Fertilisierung?<br />
Ein Faktor: Die WHO definiert<br />
Unfruchtbarkeit dadurch, dass<br />
ein Paar im zeugungsfähigen Alter über<br />
zwölf Monate bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr<br />
eine Schwangerschaft<br />
versucht hat und es nicht gelungen ist.<br />
Zwölf Monate kritisierte Kummer als<br />
einen Zeitraum, der unrealistisch und<br />
bewusst knapp gewählt ist, um die Latte<br />
für die Anwendung der Reproduktionstechnik<br />
möglichst tief zu hängen.<br />
Embryonenschutzgesetz:<br />
Das letzte Bollwerk<br />
Auf die im Hintergrund der Reproduktionsmedizin<br />
stehende Industrie hat Professor<br />
Paul Cullen aus Münster in seinem<br />
Vortrag hingewiesen. »Wie werden<br />
solche Veränderungen in der Gesellschaft<br />
herbeigeführt?«, fragte Cullen.<br />
Die Ideen keimten in den Universitäten<br />
und in den Fachgremien. Zu nennen sei<br />
vor allem die Leopoldina, die Nationale<br />
Akademie der Wissenschaften. Die<br />
Leopoldina habe sich die Beförderung<br />
der Reproduktionstechnik in zwei Veröffentlichungen<br />
der vergangenen Jahre<br />
zu eigen gemacht, zunächst weil unsere<br />
gesellschaftliche Krise inzwischen auch<br />
als Krise der Fertilität verstanden wird.<br />
Arbeitsatmosphäre: Ein Blick in den Tagungsraum des Mövenpick Hotels Berlin<br />
Man hat sich aber nicht um die sinkende<br />
Fertilität, wie etwa die Spermienqualität,<br />
gekümmert, sondern nur um die assistierte<br />
Reproduktion, die Einnahmequellen<br />
biete. Das Embryonenschutzgesetz<br />
von 1991 sei noch das letzte Bollwerk,<br />
das zwischen Menschenwürde<br />
und freier Vermarktung der menschlichen<br />
Embryonen steht.<br />
Cullen erinnerte: Freiheit hat Grenzen.<br />
Die eigentliche klare Rechtsposition,<br />
nach der der Mensch ab der Zeugung<br />
Mensch ist, wird vielfältig unterlaufen.<br />
Wer gerade entstandene Kinder<br />
mit Kaulquappen vergleicht, verkenne<br />
die Situation. Jeder Mensch war am Anfang<br />
seines Lebens eine einzige Zelle und<br />
ist unverfügbar. Daraus folge notwendig<br />
ein »strikter Embryonenschutz«. Der<br />
werde jedoch von verschiedener Seite<br />
abgelehnt. Neue Begriffe wie »Prä-Embryo«<br />
werden geschaffen, um die Freigabe<br />
der Reproduktion für jeden zu ermöglichen.<br />
Daraus erst folgen Präimplantationsdiagnostik<br />
und Leihmutterschaft,<br />
die die technische Basis für eugenisches<br />
Handeln darstellen.<br />
LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />
19
GESELLSCHAFT<br />
AUSLAND<br />
CLEMENS FRIEDERICH<br />
»Das Leben wählen«<br />
Rund 4.500 Lebensrechter aus ganz Deutschland demonstrierten am 18. September beim »Marsch<br />
für das Leben« in Berlin gegen Abtreibung und assistierten Suizid. Die auf wenige Hundert zusammengeschmolzenen<br />
Gegendemonstranten spielten faktisch keine Rolle.<br />
Von Stefan Rehder<br />
Berlin, Samstag, 18. September<br />
<strong>2021</strong>. Punkt 13.00 Uhr betritt<br />
die Vorsitzende des BVL, Alexandra<br />
Maria Linder, gut gelaunt die<br />
Bühne, die auf dem Platz des 18. März<br />
direkt vor dem Brandenburger Tor errichtet<br />
wurde, und begrüßt die Teilnehmer<br />
des 17. »Marschs für das Leben«.<br />
»Unsere Aufgabe ist es, in der<br />
Gesellschaft ein Denken zu verankern,<br />
das wirklich solidarisch ist, gegenüber<br />
Müttern im Schwangerschaftskonflikt,<br />
gegenüber Menschen in suizidalen Lebenslagen,<br />
gegenüber schwerkranken<br />
Menschen am Ende ihres Lebens, gegenüber<br />
Kindern mit genetischen Besonderheiten,<br />
die aussortiert werden<br />
sollen vor der Geburt«, erklärt Linder.<br />
»Aufgabe des Staates« sei es hingegen,<br />
»alle diese Menschen zu schützen«.<br />
Im Anschluss an Linder geht der<br />
Vorstandsvorsitzende und langjährige<br />
Chefredakteur der Evangelischen<br />
Nachrichtenagentur »Idea«, Helmut<br />
Matthies, hart mit der seit 1995 geltenden<br />
Abtreibungsgesetzgebung ins Gericht.<br />
Es sei »unlogisch«, wenn vorgeburtliche<br />
Kindstötungen zwar »rechtswidrig«<br />
seien, jedoch unter bestimmten<br />
Bedingungen »straffrei« blieben. »Wer<br />
falsch parkt, wird bestraft. Wer aber sein<br />
Kind im Mutterleib töten lassen will,<br />
darf das unter ganz bestimmten Bedingungen.«<br />
Seit der Neuregelung fehlten<br />
Deutschland »offiziell mehr als 2,5 Millionen<br />
Geschöpfe Gottes. Unser Staat<br />
hat diese schwerste Menschenrechtsverletzung<br />
im letzten Vierteljahrhundert<br />
mit über einer Milliarde Steuergeldern<br />
subventioniert.« Damit nicht<br />
genug, sollten »im nächsten Jahr vorgeburtliche<br />
Bluttests von den Krankenkassen<br />
bezahlt werden. Das dürfte zur<br />
Folge haben, dass noch mehr Kinder<br />
mit genetischen Besonderheiten nicht<br />
weiterleben dürfen.« Matthies schlägt<br />
vor, sich das einmal »bildlich« vorzu-<br />
20 LEBENSFORUM <strong>140</strong>
GESELLSCHAFT<br />
stellen: »Das Leben eines kleinen Menschen<br />
in unserem Volk ist mittlerweile<br />
weniger wert als das eines männlichen<br />
Eintagskükens.« Denn das dürfe »ab<br />
nächstem Jahr nicht mehr geschreddert,<br />
also getötet werden«.<br />
Was Sterbebegleitung alles vermag,<br />
die sich statt des Blicks auf das Leiden<br />
auch den auf den Leidenden bewahrt,<br />
schildert der Arzt Volker Eissing von<br />
der Hospizbewegung Papenburg am<br />
Beispiel eines Mannes, der den frühen<br />
Tod seines Sohnes lange nicht verwandt<br />
und sich, als es mit ihm selbst zu Ende<br />
geht, zunächst suizidieren will. Dank<br />
der liebe- und respektvollen Zuwendung<br />
seiner Ärzte stirbt er stattdessen<br />
eines natürlichen Todes, versöhnt mit<br />
dem Tod seines Sohnes und Gott.<br />
Die Psychologin Sabina Scherer, vielen<br />
besser bekannt, weil sie den Podcast<br />
»Ein Zellhaufen spricht über Abtreibung«<br />
betreibt und Mitte April zusammen<br />
mit zwei anderen Lebensrechtlern<br />
zu Gast in der ZDF-Sendung »13<br />
Fragen« war, wird zu den Etiketten befragt,<br />
mit denen Medien Lebensrechtler<br />
gern labeln. Statt in die Opferrolle<br />
zu verfallen, geht sie in die Offensive:<br />
»Stereotypen kommen ja nicht aus dem<br />
Nichts. Ich glaube, es ist ganz wichtig<br />
und unsere Aufgabe, jetzt neue Wege<br />
zu gehen.« Der eigenen Community<br />
empfiehlt sie, sich »zu öffnen, für alle<br />
da draußen, für die jungen Leute, die<br />
sich noch nicht repräsentiert fühlen,<br />
die vielleicht nicht katholisch und politisch<br />
konservativ sind«. Es gelte, den<br />
Menschen »ein Bild davon« zu zeichnen,<br />
»was die Lebensschutzbewegung<br />
zusätzlich zu dem ist, was die Menschen<br />
bisher von uns dachten«. Angst brauche<br />
davor niemand zu haben. »Wir haben<br />
die besseren Argumente, wir haben<br />
die Wissenschaft auf unsere Seite.«<br />
Nun gelte es, die »Denkweise der anderen<br />
zu verstehen. Dann können wir<br />
auch Herzen berühren.« Cornelia Kaminski,<br />
Bundesvorsitzende der Aktion<br />
Lebensrecht für Alle (<strong>ALfA</strong>) und Mitglied<br />
des BVL-Vorstands, die Scherer<br />
interviewt, stimmt zu: »Wir haben in<br />
unserer Bewegung zwei ganz wichtige<br />
Dinge auf unserer Seite. Das eine ist die<br />
Wahrheit und das andere ist die Liebe.«<br />
Wer das habe, »kann eigentlich nicht<br />
untergehen. Das wird sich durchsetzen.<br />
Davon sind wir überzeugt.«<br />
CLEMENS FRIEDERICH<br />
Gegen 14.15 Uhr setzt sich der<br />
Marsch in Bewegung. Über die Ebertstraße<br />
geht es vorbei am »Denkmal für<br />
die ermordeten Juden Europas«, von<br />
den Berlinern auch kurz »Holocaust-<br />
Mahnmal« genannt, Richtung Potsdamer<br />
Platz. In der Leipziger Straße treffen<br />
die Lebensrechtler auf das shoppende<br />
Berlin. Einheimische und Touristen<br />
unterbrechen ihren Einkauf, bleiben auf<br />
dem Trottoir stehen und schauen den<br />
Vorbeimarschierenden zu. Viele wirken<br />
interessiert, einige nehmen neugierig<br />
oder gar erfreut Informationsmaterial<br />
entgegen, das Ordner höflich anbieten.<br />
Dann biegt der Marsch in die Glinkastraße<br />
ein und kreuzt wenig später die<br />
Französische Straße. Über die Prachtallee<br />
Unter den Linden geht es weiter,<br />
vorbei an der Botschaft der Russischen<br />
Föderation und dem Wachsmuseum Madame<br />
Tussauds. Über die Wilhelmstraße<br />
und die Dorotheenstraße gelangen<br />
die Teilnehmer schließlich wieder auf<br />
die Ebertstraße. Ohne Zwischenfälle<br />
gelangen die Marschteilnehmer so erneut<br />
auf den Platz des 18. März. Den<br />
anschließenden Ökumenischen Gottesdienst<br />
leitet diesmal der Erzpriester<br />
der serbisch-orthodoxen Kirche, Veljko<br />
Gacic. Unter den prominenten Teilnehmern<br />
befinden sich neben Ex-Bundestagsvizepräsident<br />
Johannes Singhammer<br />
und dem langjährigen rechtspolitischen<br />
Sprecher der CDU/CSU Bundestagsfraktion,<br />
Norbert Geis, (beide<br />
CSU) auch Regensburgs Bischof Rudolf<br />
Voderholzer, der Augsburger Weihbischof<br />
Florian Wörner und der Vorsitzende<br />
der Evangelischen Allianz, Ekkehardt<br />
Vetter. Die Predigt hält der Görlitzer<br />
Bischof Wolfgang Ipolt.<br />
»Das Leben wählen«, greift Ipolt<br />
das diesjährige Motto des Marsches auf,<br />
»heißt alles für seinen Schutz zu tun,<br />
nicht nur mit Worten, sondern auch<br />
mit Taten«. Die Tötung ungeborener<br />
Die »Jugend für das Leben« auf der Bühne vor dem Brandenburger Tor«<br />
Kinder könne »niemals ein Menschenrecht<br />
sein, wie es das EU-Parlament vor<br />
Kurzem dargestellt und eingefordert<br />
hat«. »Wir wissen, dass das Leben des<br />
Menschen heute nicht nur am Beginn,<br />
sondern auch am Ende bedroht ist. Ist<br />
der Mensch nichts mehr wert, wenn<br />
er alt und gebrechlich ist? Mindert eine<br />
Krankheit oder ein schweres Leiden<br />
seine Würde?«, fragt der 67-Jährige<br />
und liefert die Antwort gleich mit:<br />
»Unantastbar« sei auch die Würde des<br />
leidenden Menschen. »Denn auch in<br />
seinem Gesicht erkennen wir das große<br />
Geheimnis Mensch und das Angesicht<br />
unseres leidenden Herrn. (…) Der<br />
Mensch am Lebensende darf niemals<br />
durch unsere Hand, wohl aber an unserer<br />
Hand sterben.«<br />
LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />
21
AUSLAND MEDIZIN<br />
COVID-19-Impfstoffe<br />
und fetale Zelllinien<br />
Politik und Gesellschaft diskutieren heftig über eine allgemeine Impfpflicht gegen COVID-19. Wie<br />
Impfstoffe hergestellt werden, erfährt dagegen wenig Beachtung. Eine Lücke, die hier geschlossen<br />
werden soll. Wegen der Brisanz des Themas gibt es eine Fassung des Beitrags mit sämtlichen<br />
Fundstellen und Literaturangaben unter: www.alfa-ev.de/lebensforum/<br />
Von Prof. Dr. med. Paul Cullen<br />
Inzwischen hat sich herumgesprochen,<br />
dass bei den Corona-Impfstoffen<br />
»Zellen aus abgetriebenen<br />
Kindern irgendeine Rolle spielen«.<br />
Was es mit diesen Zellen auf sich<br />
hat oder welche Rolle sie spielen, bleibt<br />
meist im Ungefähren. In der katholischen<br />
Welt hat der Vatikan, und sogar<br />
Papst Franziskus persönlich, trotzdem<br />
die Verwendung der Impfstoffe befürwortet.<br />
Im Weltepiskopat gab es aber<br />
auch kritische Stimmen, insbesondere<br />
von US-amerikanischen und polnischen<br />
Bischöfen.<br />
In der evangelischen Amtskirche und<br />
in der säkularen Gesellschaft hat diese<br />
Frage so gut wie keine Rolle gespielt.<br />
Lediglich unter katholischen Konservativen<br />
und vor allem »Traditionalisten«<br />
und zu einem gewissen Grad im evangelikalen<br />
Raum wurde sie ernsthaft beleuchtet<br />
und teilweise heftig diskutiert.<br />
Dieser Artikel soll den Stand der wissenschaftlichen<br />
Erkenntnisse zu dieser<br />
Frage erläutern. Zudem werde ich versuchen,<br />
anhand der starken Auseinandersetzung,<br />
die innerhalb des konser-<br />
22 LEBENSFORUM <strong>140</strong>
MEDIZIN<br />
vativen Katholizismus aufgebrandet ist,<br />
die moralischen Aspekte des Themas<br />
und die unterschiedlichen Schlussfolgerungen<br />
darzulegen. Auf die Sinnhaftigkeit<br />
der Impfung gegen Corona als<br />
solche werde ich weniger eingehen und<br />
verweise hierfür auf meine bisherigen<br />
Veröffentlichungen zu diesen Vakzinen.<br />
Verwendung humaner<br />
fetaler Zelllinien in der<br />
Impfstoffherstellung<br />
viel zu komplex, um sie rein chemisch<br />
herstellen zu können, sondern sie müssen<br />
wie oben beschrieben von lebenden<br />
Zellen produziert werden. Hierfür verwendet<br />
man traditionell Hühnereier und<br />
neuerdings Zellkulturen, die von Tieren<br />
oder Menschen gewonnen wurden.<br />
In der Impfstoffherstellung hat man<br />
die Erfahrung gemacht, dass Viren sich<br />
Um die Verwendung humaner fetaler<br />
Zelllinien bei der Impfstoffherstellung<br />
zu verstehen, müssen wir uns zunächst<br />
mit der Frage beschäftigen, wie Impfstoffe<br />
gegen Viren entwickelt und hergestellt<br />
werden.<br />
Viren sind an sich keine lebenden<br />
Organismen. Sie führen keinen Stoffwechsel<br />
durch, können nicht wachsen,<br />
entwickeln sich nicht durch verschiedene<br />
Stadien hindurch, so wie Lebewesen<br />
dies tun, sondern bestehen lediglich<br />
aus einer Erbsubstanz-Sequenz (DNA<br />
oder RNA) mit einer Eiweißummantelung.<br />
Viren sind aber in der Lage, die<br />
Zellen von lebenden Organismen zu<br />
befallen und ihre Erbsubstanz in das<br />
Innere dieser Zellen hineinzubringen.<br />
Nachdem sie eine Zelle »geentert« haben,<br />
übernehmen die Viren die Kontrolle<br />
über deren Stoffwechsel und verwenden<br />
diesen nicht mehr primär dazu,<br />
die Bedürfnisse der Zelle zu erfüllen,<br />
sondern hauptsächlich, um neue Viruspartikel<br />
zu bilden. Irgendwann geht<br />
die Zelle daran zugrunde, die gebildeten<br />
Viren werden freigesetzt und der<br />
Zyklus beginnt in anderen Zellen von<br />
vorne. Es ist, als ob ein Piratenschiff in<br />
eine Werft einbricht und die Werft dazu<br />
zwingt, fortan nur lauter neue Piratenschiffe<br />
zu bauen, bis die Werft bankrott<br />
ist. Dann segeln die neuen Piratenschiffe<br />
fort und befallen weitere Werften.<br />
Das geht so lange weiter, bis die<br />
Piratenschiffe von der Marine (= dem<br />
Immunsystem des Körpers) abgefangen<br />
und zerstört werden.<br />
»Klassische« Impfstoffe gegen virale<br />
Erkrankungen bestehen aus dem krankmachenden<br />
Virus, das entweder abgeschwächt<br />
(»attenuierte« oder »Lebend«-<br />
Impfstoffe) oder vollkommen inaktiviert<br />
wird. Hierfür werden große Mengen<br />
an Viruspartikeln benötigt. Diese sind<br />
Einige Impfstoffe gegen COVID-19 wurden mithilfe fetaler Zelllinien hergestellt<br />
in Zelllinien besonders gut vermehren<br />
lassen, die aus menschlichen Feten gewonnen<br />
wurden. Auch konnte man auf<br />
diese Weise allergische Probleme, die<br />
sich bei der Verwendung von Hühnereiern<br />
ergeben hatten, vermeiden. Humane<br />
fetale Zelllinien sind inzwischen<br />
ein fester Bestandteil der Impfstoffherstellung.<br />
So werden derzeit Impfstoffe<br />
gegen Gürtelrose, Hepatitis A, Hepatitis<br />
B, Kinderlähmung, Pocken, Röteln,<br />
Tollwut, Typhus, Windpocken<br />
und neuerdings auch Corona mithilfe<br />
humaner fetaler Zelllinien hergestellt.<br />
Von den in Deutschland verfügbaren<br />
Impfstoffen trifft dies auf die Vakzine<br />
gegen Hepatitis A, Röteln, Windpocken<br />
und Corona zu, während bei der Herstellung<br />
der in Deutschland verfügbaren<br />
Impfstoffe gegen die Viruserkrankungen<br />
Frühsommer-Meningoenzephalitis<br />
(FSME), Gelbfieber, Grippe,<br />
Gürtelrose (»Shingrix«), Hepatitis B,<br />
Kinderlähmung, Masern, Mumps und<br />
Tollwut (»Rabipur«) solche Zelllinien<br />
nicht verwendet werden.<br />
Bei der Herstellung von Impfstoffen<br />
gegen virale Infektionskrankheiten<br />
kommen verschiedene Zelllinien<br />
aus abgetriebenen Kindern zum Einsatz<br />
(Tabelle 1). Zwar stimmt es, dass<br />
viele der derzeit verwendeten Zelllinien<br />
aus den Sechziger- und Siebzigerjahren<br />
des letzten Jahrhunderts stammen,<br />
doch werden immer wieder neue<br />
zu diesem Zweck entwickelt, so etwa<br />
die PER.C6-Zellinie aus dem Jahr 1985<br />
und die WALVAX-2-Zelllinie, die erst<br />
2015 in China als Ersatz für die WI-5-<br />
Zelllinie angelegt wurde, da die WI-<br />
5-Linie sich nicht mehr effektiv teilt.<br />
Zudem ist bekannt, dass bei der Entwicklung<br />
der WALVAX-2-Linie die<br />
Abtreibungen auf eine ganz bestimmte<br />
Art und Weise (die sogenannte »water<br />
bag«-Methode) durchgeführt wurden,<br />
um die »Intaktheit« des zwölf Wochen<br />
alten Kindes zu gewährleisten.<br />
Verwendung humaner<br />
fetaler Zelllinien bei den<br />
Impfstoffen gegen das<br />
Corona-Virus<br />
Bis vor wenigen Jahren war die Verwendung<br />
humaner fetaler Zelllinien bei der<br />
Herstellung von Impfstoffen selbst in<br />
LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />
23
MEDIZIN<br />
Lebensrechtskreisen ein Randthema.<br />
Erst mit der Einführung der Pflicht zur<br />
Impfung gegen Masern in Deutschland<br />
im März 2020 gewann die Problematik<br />
eine breitere Aufmerksamkeit. Dabei<br />
ist der Masernimpfstoff als solcher<br />
in dieser Hinsicht unproblematisch.<br />
Da dieser aber nur in Kombination mit<br />
dem Mumps-Impfstoff, der mittels der<br />
HEK-293-Zelllinie hergestellt wird, erhältlich<br />
ist, stellt die Masernimpfung<br />
für viele Eltern ein ethisches Dilemma<br />
dar. Richtig explodiert ist das Interesse<br />
am Thema mit der Einführung<br />
der neuen Impfstoffe gegen das Corona-Virus<br />
SARS-CoV-2 im Dezember<br />
2020.<br />
Derzeit sind in Deutschland vier<br />
Impfstoffe gegen COVID-19 verfügbar:<br />
»Vakzevria«, der vom schwedischen<br />
Pharmaunternehmen AstraZeneca<br />
in Zusammenarbeit mit der Universität<br />
Oxford im Vereinigten Königreich<br />
entwickelt wurde; »Comirnaty«, der<br />
aus einer Zusammenarbeit zwischen<br />
dem bis dahin wenig bekannten und<br />
relativ kleinen Mainzer Unternehmen<br />
BioNTech (»Biopharmaceutical New<br />
Technologies«) und dem US-amerikanischen<br />
Pharmaunternehmen Pfizer<br />
hervorgegangen ist; der Impfstoff »Covid-19<br />
Vaccine Janssen« der US-amerikanischen<br />
Firma Johnson & Johnson<br />
(in Deutschland vermarktet durch das<br />
Tochterunternehmen Janssen) sowie der<br />
Impfstoff »Spikevax« der auf die Produktion<br />
von mRNA-Impfstoffen spezialisierten<br />
US-amerikanischen Firma<br />
Moderna (ehemals »ModeRNA Therapeutics«).<br />
Von diesen vier Impfstoffen verwenden<br />
zwei (Vakzevria von AstraZeneca<br />
und Covid-19 Vaccine Janssen von Johnson<br />
& Johnson) unschädlich gemachte<br />
Adenoviren, um eine Sequenz der<br />
Name Voller Name Zelltyp Gewinnung Impfstoff gegen (Hersteller)<br />
WI-38 Wistar-Institut-38 Fibroblasten Gewonnen von Leonard Hayflick Adenovirus (Barr Labs); Windpocken<br />
im Juli 1962 aus den Lungen eines (GSK, Merck); MMR (GSK, Merck);<br />
etwa 12 Wochen alten Mädchens Masern + Röteln (GSK, Merck); MMR<br />
aus Schweden, das abgetrieben wur- + Windpocken (GSK, Merck)<br />
de, weil die Mutter der Meinung war,<br />
bereits zu viele Kinder zu haben.<br />
MRC-5 Medical Research Fibroblasten Gewonnen im September 1966 durch Windpocken (GSK, Merck); Hepatitis A<br />
Council-5 J. P. Jacobs aus den Lungen eines 14 (Berna, GSK, Merck, Sanofi); Hepati-<br />
Wochen alten ungeborenen Jungen, tis A & B (GSK); Hepatitis A & B + Tyder<br />
wegen einer psychiatrischen Er- phus (Sanofi); MMR* (GSK, Merck);<br />
krankung der sonst gesunden 27-jäh- Masern + Röteln (GSK, Merck); MMR +<br />
rigen Mutter abgetrieben wurde. Windpocken (GSK, Merck); Herpes<br />
Zoster (Merck); Pocken (Acambis);<br />
Covid-19 („Vaxzevria“, AstraZeneca)<br />
HEK-293 Human Embryonic Nierenzellen Gewonnen 1972/1973 durch den Verschiedene Covid-19-Impfstoffe der<br />
Kidney 293 kanadischen Forscher Frank Graham Firmen BioNTech/Pfizer („Comirnaty“,<br />
unter der Anleitung von Alex van der Testung); CanSino Biologics (Herstel-<br />
Eb aus den Nieren eines in der Stadt lung); Inovio Pharmaceuticals (Her-<br />
Leiden in den Niederlanden abgetrie- stellung); Moderna (Testung); Novabenen<br />
Kindes.<br />
vax (Testung)<br />
PER.C6 Primary human Netzhaut- Gewonnen 1985 durch Alex van der Covid-19 (Johnson & Johnson)<br />
Embryonic Retinal Zellen Eb aus den Augen eines aus einer Ebola (Johnson & Johnson)<br />
cells<br />
„sozialen Indikation“ abgetriebenen,<br />
18 Wochen alten Jungen. Wurde 1995<br />
durch Ron Bout und Frits Fallaux an<br />
der Universität von Leiden angelegt.<br />
WALVAX-2 Wurde als Ersatz, Lung- Gewonnen 2015 durch Bo Ma aus Bisher keine.<br />
für die WI-5-Zell- Fibro blasten der Lunge eines ca. 12 Wochen alten<br />
linie entwickelt<br />
Mädchens in China. Bis zur Gewindie<br />
am „Hayflick-<br />
nung der Zelllinie wurden neun Kin-<br />
Limit“ ist und<br />
der mittels einer besonderen Methosich<br />
nicht mehr<br />
de der „water bag“-Induktion abgeausreichend<br />
teilt.<br />
trieben, um intakte Kinder zur Gewinnung<br />
der Organe zu garantieren.<br />
*MMR: Masern, Mumps, Röteln<br />
Tabelle 1: Liste der Zelllinien, die derzeit in der Herstellung von Impfstoffen gegen Viruserkrankungen verwendet werden<br />
24 LEBENSFORUM <strong>140</strong>
MEDIZIN<br />
Erbsubstanz DNA, die das sogenannte<br />
»Spike«-(deutsch »Stachel«-)Eiweiß des<br />
SARS-CoV-2-Virus kodiert, in die Zellkerne<br />
des geimpften Gewebes zu transportieren.<br />
Hier wird diese zu Messenger-RNA<br />
für das Stachel-Eiweiß umgeschrieben,<br />
die von den Zellen des<br />
Geimpften abgelesen wird, damit diese<br />
das Stachel-Eiweiß des Corona-Virus<br />
selbst produzieren. Bei den anderen<br />
beiden Impfstoffen (Comirnaty von Pfizer,<br />
Spikevax von Moderna) wird nicht<br />
die DNA für das Stachel-Eiweiß in die<br />
Zellen des Geimpften gebracht, sondern<br />
die Messenger-RNA hierfür, und<br />
zwar nicht in die Zellkerne, sondern in<br />
die Zellkörper hinein.<br />
Weder in den Vereinigten Staaten<br />
noch in Europa verfügt einer dieser<br />
Impfstoffe über eine richtige Zulassung.<br />
In den USA werden sie im Rahmen einer<br />
Not-Genehmigung (engl. »Emergency<br />
Use Authorization«) verwendet,*<br />
während ihr Einsatz in Europa im Rahmen<br />
einer bedingten Vermarktungserlaubnis<br />
(engl. »Conditional Marketing<br />
Authorisation«) der Europäischen<br />
Arzneimittelagentur EMA erfolgt. Die<br />
Impfstoffe von AstraZeneca, Pfizer und<br />
Moderna müssen für den vollen Impfschutz<br />
zweimal, der von Johnson und<br />
Johnson lediglich einmal gespritzt werden.<br />
Von den vier verfügbaren Impfstoffen<br />
werden die Vektorimpfstoffe von<br />
AstraZeneca und Johnson & Johnson<br />
in humanen fetalen Zelllinien entwickelt,<br />
getestet und hergestellt, die im<br />
Jahr 1972/1973 (AstraZeneca) beziehungsweise<br />
im Jahr 1985 aus abgetriebenen<br />
Kindern gewonnen wurden. Bei<br />
den beiden mRNA-Impfstoffen von Pfizer<br />
und Modern kam nach bester derzeitiger<br />
Information eine humane fetale<br />
Zelllinie (HEK-293) lediglich bei<br />
einigen Testschritten zur Anwendung<br />
(Tabelle 2).<br />
Die entscheidende Frage<br />
Die entscheidende Frage lautet: Ist es<br />
moralisch vertretbar, Impfstoffe zu verwenden,<br />
die mittels embryonaler Zelllinien<br />
entwickelt, getestet oder hergestellt<br />
wurden?<br />
Am differenziertesten und wohl auch<br />
am vehementesten ist diese Kontroverse<br />
zwischen verschiedenen Fraktionen<br />
und Personen innerhalb der katholischen<br />
Kirche ausgetragen worden. So<br />
will ich versuchen, die wichtigsten Argumente<br />
dieser Diskussion wiederzugeben,<br />
da diese aus meiner Sicht eine gute<br />
Übersicht des moralischen und ethischen<br />
Felds wiedergeben. Stellvertretend<br />
für die Auseinandersetzung kann<br />
der Austausch zwischen dem italienischen<br />
Philosophen Roberto de Mattei<br />
und dem US-amerikanischen Kommentator<br />
Chris Ferrara stehen. Als Vertreter<br />
des traditionellen Flügels der katholischen<br />
Gläubigen teilen beide Männer<br />
viele Positionen, etwa in Bezug auf die<br />
Entwicklung der Kirche nach dem zweiten<br />
Vatikanischen Konzil oder auf die<br />
Ethisch oder nicht? Für viele Menschen ist das die entscheidende Frage.<br />
Lehrmeinung der Kirche zur Sexualität<br />
und zum Lebensrecht. Umso mehr<br />
erstaunt die scharfe Divergenz ihrer<br />
Meinungen in der Frage der COVID-<br />
19-Impfstoffe.<br />
* Notiz während des Druckvorgangs: Am 23.08. erhielt<br />
das Pfizer-Produkt »Comirnaty« eine volle Zulassung<br />
durch die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA.<br />
Impfstoff Entwicklung Testung Produktion<br />
AstraZeneca HEK-293-Zellen HEK-293-Zellen HEK-293-Zellen<br />
Pfizer keine fetalen Zellen teilw. HEK-293-Zellen keine fetalen Zellen<br />
Moderna keine fetalen Zellen teilw. HEK-293-Zellen keine fetalen Zellen<br />
Johnson & Johnson PER.C6-Zellen fetale Zelllinien PER.C6-Zellen<br />
Tabelle 2: Verwendung humaner fetaler Zelllinien bei der Entwicklung, Testung oder Produktion der vier derzeit in Deutschland<br />
verfügbaren Covid-19-Impfstoffe. Während solche Zelllinien bei den beiden Vektorimpfstoffen (AstraZeneca und Johnson<br />
& Johnson) in allen drei Schritten eine zentrale Rolle spielen, kommen sie bei den beiden mRNA-Impfstoffen von Pfizer und<br />
Moderna lediglich während einiger Testschritte zur Anwendung.<br />
LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />
25
MEDIZIN<br />
Professor de Mattei hat seine Position<br />
Anfang <strong>2021</strong> in einem 74-seitigen<br />
Aufsatz mit dem Titel Ȇber die moralische<br />
Rechtmäßigkeit der COVID-<br />
19-Impfung« (»On the moral liceity of<br />
the vaccination against Covid«) sowie<br />
in einem Online-Artikel am 7. April<br />
<strong>2021</strong> dargelegt. Chris Ferrara antwortete<br />
mit drei Artikeln, die er online am<br />
18. April, am 14. Mai und am 22. Mai<br />
<strong>2021</strong> veröffentlichte.<br />
Ich werde hier versuchen, die komplexe<br />
Auseinandersetzung auf wenige<br />
allgemeinverständliche Hauptpunkte<br />
zu reduzieren. Da ich auf dem Gebiet<br />
der Theologie keine besondere Kompetenz<br />
besitze, gehe ich auf diesbezügliche<br />
Argumente nicht ein, sondern beschränke<br />
mich auf naturwissenschaftliche<br />
und ethische Fragen. Auch erachte<br />
ich es als nicht hilfreich, auf überzogene<br />
Unterstellungen einzugehen, etwa,<br />
dass einige Impfgegner vermuten, der<br />
eigentliche Sinn des Impfstoffs sei die<br />
Auslöschung der Menschheit.<br />
Mit diesen Einschränkungen lässt<br />
sich die Argumentation von de Mattei<br />
wie folgt darlegen:<br />
1. Die Verwendung der Impfstoffe<br />
ist nicht Ausdruck einer formellen<br />
(das heißt: mit innerer Zustimmung<br />
erfolgten), sondern lediglich einer<br />
materiellen (das heißt: mit innerer<br />
Unter konservativen Katholiken ist der Gebrauch heftig umstritten<br />
Ablehnung verbundenen) Kooperation<br />
mit dem Übel der Abtreibung.<br />
2. Diese materielle Kooperation ist<br />
als entfernt (engl. »remote«) zu betrachten,<br />
wobei diese Entfernung<br />
nicht zeitlich, sondern als Ausmaß<br />
der unmittelbaren Verwicklung des<br />
Geimpften in eine Abtreibung verstanden<br />
werden soll.<br />
3. Eine solche materielle, entfernte<br />
Kooperation kann zulässig sein,<br />
um ein größeres Übel abzuwenden<br />
und dem Gemeinwohl zu dienen.<br />
Das Ausmaß des Übels belegt<br />
de Mattei nicht, sondern verweist<br />
auf die Meinung »Hunderttausender<br />
(sic.) Immunologen, Virologen,<br />
Spezialisten für Infektionskrankheiten<br />
und Epidemiologen«, die allesamt<br />
die Impfung empfehlen würden.<br />
4. Je größer die Entfernung, desto<br />
mehr ist eine solche Kooperation<br />
erlaubt.<br />
5. Nach dem Prinzip der doppelten<br />
Wirkung überwiege bei einer Handlung<br />
mit guter und schlechter Wirkung<br />
die gute Wirkung, sofern diese<br />
(a) unmittelbar und keine direkte<br />
Konsequenz der schlechten Wirkung<br />
sei, (b) das Ziel der Handlung<br />
gut sei und (c) der Grund angemessen<br />
sei.<br />
6. Fetale Zelllinien kommen nicht nur<br />
bei den COVID-19-Impfstoffen,<br />
sondern auch bei anderen Impfstoffen<br />
und Medikamenten zum Einsatz.<br />
Erwähnt wird die Behandlung<br />
von US-Präsident Donald Trump<br />
mit einem Anti-Covid-Antikörper-<br />
Präparat, das mithilfe fetaler Zelllinien<br />
getestet wurde.<br />
7. Auch in anderen Gebieten in der Medizin,<br />
wie etwa bei der Organspende,<br />
werden ethisch fragwürdige Konzepte<br />
wie die Hirntodthese akzeptiert.<br />
8. Das Argument, die Verwendung<br />
von Impfstoffen, die mithilfe fetaler<br />
Zelllinien entwickelt wurden,<br />
führe zur schleichenden Akzeptanz<br />
der Abtreibungsindustrie, sei nicht<br />
zulässig. Zwar gebe es eine »Verkettung«<br />
(engl. »concatenation«)<br />
zwischen Impfung und Abtreibung,<br />
diese sei aber rein historischer und<br />
nicht moralischer Natur, weil eine<br />
Handlung nur nach ihren unmittelbaren<br />
sofortigen Konsequenzen<br />
und nicht nach ihren historischen<br />
Auswirkungen zu beurteilen<br />
sei, auch wenn diese in enger Entfernung<br />
sein mögen.<br />
9. Die Forscher, die die Impfstoffe<br />
mithilfe fetaler Zellen entwickelt<br />
haben, sowie die Verantwortlichen<br />
bei den Impfherstellern machen<br />
sich moralisch schuldig. Dies treffe<br />
aber weder für die Impfärzte noch<br />
für die Impflinge zu, sofern es keine<br />
ethisch unbelastete Alternative<br />
zu den derzeitigen COVID-19-<br />
Impfstoffen gibt.<br />
10. Möglicherweise stelle die Verwendung<br />
der Impfstoffe keine entfernte,<br />
materielle Kooperation mit der<br />
bösen Tat, sondern lediglich ihre<br />
Aneignung (engl. »appropriation«)<br />
dar. Hier erwähnt de Mattei<br />
als Beispiel die Verwendung eines<br />
besonders genauen anatomischen<br />
Lehrbuchs, dessen Zeichnungen<br />
anhand von ermordeten Insassen<br />
von Konzentrationslagern erstellt<br />
wurden, um eine besonders diffizile<br />
neurochirurgische Intervention<br />
zu ermöglichen.<br />
11. Es sei sogar möglich, dass den Impfling<br />
nicht nur keine Schuld trifft,<br />
sondern dass er durch die Impfung<br />
seine »moralische Solidarität« mit<br />
dem abgetriebenen Kind zeige.<br />
26 LEBENSFORUM <strong>140</strong>
MEDIZIN<br />
Auf diese Argumente antwortet Ferrara:<br />
1. Die geringe Fallsterblichkeit, die<br />
niedrige Zahl der Todesfälle gemessen<br />
an der Gesamtbevölkerung und<br />
das fortgeschrittene Alter sowie die<br />
Gebrechlichkeit der meisten Verstorbenen<br />
spreche grundsätzlich gegen<br />
die von de Mattei vorgeschlagene<br />
Strategie der Massenimpfung.<br />
Auch sei die Wirksamkeit der Impfung<br />
in Bezug sowohl auf Selbst- wie<br />
auch auf Fremdschutz nicht bewiesen,<br />
während andere Maßnahmen<br />
gegen COVID-19 wie etwa eine<br />
pharmakologische Behandlung unzureichend<br />
untersucht worden seien.<br />
Bei den meisten Menschen dürften<br />
zudem die Impfstoffe ein ungünstiges<br />
Nutzen-Risiko-Verhältnis<br />
aufweisen. Es sei somit zu hinterfragen,<br />
ob die Massenimpfung<br />
gegen Corona dem Gemeinwohl<br />
diene, zumal die Impfstoffe inzwischen<br />
mit vielen Nebenwirkungen<br />
und Todesfällen assoziiert worden<br />
seien. Anders als de Mattei, der bei<br />
seinen medizinischen und wissenschaftlichen<br />
Ausführungen im Allgemeinen<br />
bleibt, gibt Ferrara für<br />
seine Behauptungen stets überprüfbare<br />
Quellen an.<br />
2. Es sei somit fragwürdig, ob das Übel<br />
von COVID-19 ausreiche, um die<br />
Verwendung ethisch fragwürdiger<br />
Impfstoffe zu rechtfertigen.<br />
3. Das Prinzip der doppelten Wirkung<br />
finde im vorliegenden Fall keine<br />
Anwendung, da die Entwicklung<br />
der Corona-Impfstoffe eine direkte<br />
Konsequenz der Abtreibungen<br />
sei, die zur Etablierung der benötigten<br />
Zelllinien geführt haben.<br />
4. Das Argument, dass neben den Covid-Impfstoffen<br />
viele andere Medikamente<br />
fetale Zelllinien verwenden,<br />
beschreibt Ferrara als das<br />
»bandwaggon fallacy«, hierzulande<br />
als das Argumentum ad populum bekannt.<br />
Die Häufigkeit einer Handlung<br />
sage nichts über ihren intrinsischen<br />
moralischen Wert aus. Vielmehr<br />
sei dieser Zustand ein Grund,<br />
auch diese anderen Impfstoffe und<br />
Medikamente ethisch zu hinterfragen.<br />
5. De Matteis Argument, dass (a) die<br />
einzige Antwort auf die schwere Erkrankung<br />
COVID -19 die Verwendung<br />
ethisch fragwürdiger Impfstoffe<br />
sei, weshalb (b) jeder mit diesen<br />
Stoffen geimpft werden soll, sei ein<br />
Zirkelbeweis (eine Petitio Principii),<br />
da Prämisse (a), die hier als Rechtfertigung<br />
dient, selbst erstmal zu<br />
beweisen wäre.<br />
6. Die Verwendung von COVID-<br />
19-Impfstoffen sei nicht bloß eine<br />
Kooperation mit einer einmaligen<br />
schlechten Handlung in der fernen<br />
Vergangenheit, sondern Teilnahme<br />
an einer »Struktur des Bösen«, die<br />
sich bis heute fortsetzt und das moralische<br />
Fundament der gesamten<br />
Gesellschaft unterhöhlt. Der einzige<br />
Weg, dieser Entwicklung Einhalt<br />
zu gebieten, sei es, ihre Produkte<br />
konsequent abzulehnen.<br />
7. Die Kooperation mit der Abtreibung<br />
sei nicht entfernt, sondern unmittelbar,<br />
da die verwendeten Zelllinien<br />
nach wie vor die Erbsubstanz des<br />
abgetriebenen Kindes enthalten, die<br />
Fetales Gewebe muss lebensfrisch entnommen werden<br />
auch, wenngleich nur in Spuren, in<br />
den Impfstoffen selbst nachzuweisen<br />
ist. Außerdem sei die Kooperation,<br />
wenn auch materiell (d.h. mit<br />
innerer Ablehnung), so doch vom<br />
Geimpften gewollt, sofern dieser<br />
über die Herkunft der Impfstoffe<br />
informiert sei, denn nur so sei ein<br />
Zugang zum Impfstoff gewährleistet.<br />
8. In einem Interview mit einem Radiosender<br />
Ende Dezember 2020 sagte<br />
de Mattei, dass für ihn persönlich<br />
das Nutzen-Risiko-Verhältnis<br />
der Impfstoffe nicht ausreiche, um<br />
sich für die Impfung zu entscheiden.<br />
Diese Aussage widerspreche seinen<br />
Argumenten bezüglich der überragenden<br />
Notwendigkeit, sich gegen<br />
COVID-19 impfen zu lassen.<br />
9. De Mattei argumentiere letztlich,<br />
dass bei der Verwendung von ethisch<br />
fragwürdigen COVID-Impfstoffen<br />
der Zweck die Mittel heilige. Dies<br />
sei nichts anderes als die klassische<br />
utilitaristische Sichtweise eines Jeremy<br />
Bentham oder eines John Stewart<br />
Mill.<br />
10. Auch das Argument, die Verwendung<br />
der ethisch fragwürdigen Impfstoffe<br />
stelle lediglich eine »Aneignung«<br />
dar und sei keine formale Kooperation,<br />
lässt Ferrara nicht gelten. Dieses<br />
Argument trifft man oft in der weniger<br />
differenzierten Form an, dass<br />
mit der Entwicklung der Impfstoffe<br />
die Abtreibungen »zumindest zu<br />
etwas nutze« gewesen seien. Diese<br />
Impfstoffe, stellt Ferrara fest, hätte<br />
es ohne diese Abtreibungen nie<br />
gegeben. So zu tun, als ob man bei<br />
einer freiwilligen Verwendung der<br />
Impfstoffe mit diesen Abtreibungen<br />
nichts zu tun habe, sei nichts<br />
als Heuchelei.<br />
LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />
27
MEDIZIN<br />
Fazit<br />
Das stärkste Argument von Ferrara besteht<br />
aus meiner Sicht darin, dass man<br />
bei der Verwendung solcher Impfstoffe<br />
von einer Struktur des Bösen profitiert<br />
und diese Struktur zumindest implizit<br />
unterstützt. Die fortdauernde Entwicklung<br />
solcher Zelllinien und die sonstige<br />
und wachsende Verwendung humanen<br />
fetalen Gewebes bis zum heutigen Tag<br />
geben ihm recht.<br />
Von der HEK-293-Zellinie, die am<br />
prominentesten bei den COVID-19-<br />
Impfstoffen zum Einsatz kommt, wird<br />
oft behauptet, sie stamme nicht von<br />
einer Abtreibung, sondern von einer<br />
Fehlgeburt. Rein biologisch gesehen ist<br />
dies sehr unwahrscheinlich: Die meisten<br />
Fehlgeburten finden in den ersten<br />
drei Monaten der Schwangerschaft statt,<br />
wobei in vielen Fällen kein Embryo gebildet<br />
wird. Wird ein Embryo oder Fetus<br />
gebildet, werden diese in der Regel<br />
erst Tage bis Wochen nach ihrem Tod<br />
ausgeschieden. Aus solchem Gewebe<br />
lässt sich keine Zelllinie züchten. Vielmehr<br />
muss Gewebe, das zur Entwicklung<br />
einer Zelllinie gedacht ist, »lebendfrisch«<br />
(so der Fachterminus) entnommen<br />
und entweder sofort weiterverarbeitet<br />
oder gekühlt werden. Zudem hat<br />
Dr. Alex von Eb aus Leiden 2001 vor<br />
der US-amerikanischen Zulassungsbehörde<br />
FDA ausgesagt, dass die Zelllinie<br />
aus den Nieren eines abgetriebenen<br />
Kindes gewonnen wurde. Die Zahl<br />
293 weist darauf hin, dass es dem Kanadier<br />
Dr. Frank Graham, dem Assistenten<br />
von van der Eb, vermutlich erst<br />
bei seinem 293. Versuch gelungen ist,<br />
eine solche Zelllinie zu etablieren. Somit<br />
ist es sehr unwahrscheinlich, dass<br />
bei der Entwicklung von HEK-293<br />
nur eine Abtreibung »benötigt« wurde.<br />
Selbst wenn zugegeben wird, dass<br />
die HEK-293-Zelllinie auf der Grundlage<br />
einer oder mehrerer Abtreibungen<br />
Impfstoffe lassen sich auch mit ethisch unbedenklichen Methoden fertigen<br />
gewonnen wurde, wird vielfach argumentiert,<br />
dass Abtreibungen 1972 in<br />
den Niederlanden nur durchgeführt<br />
wurden, »um das Leben der Mutter<br />
zu retten«. Zwar waren bis 1984 Abtreibungen<br />
formell in den Niederlanden<br />
nur bei Lebensgefahr der Mutter<br />
erlaubt, doch in Wirklichkeit existierte<br />
dort ab Anfang der 1970er Jahre eine<br />
sehr liberale Abtreibungspraxis mit<br />
38.500 berichteten Abtreibungen im Jahre<br />
1972, wesentlich mehr als beispielsweise<br />
im Jahr 2017, in dem 30.523 Abtreibungen<br />
in den Niederlanden durchgeführt<br />
wurden. Somit spricht fast alles<br />
dafür, dass die HEK-293-Zelllinie<br />
einer elektiven Abtreibung entstammt<br />
und dass für ihre Entwicklung mehr<br />
als eine Abtreibung »benötigt« wurde.<br />
Letztere Annahme wird durch die Aussagen<br />
des US-Amerikaners Dr. Stanley<br />
Plotkin, der als Erfinder des Röteln-Impfstoffs<br />
gilt, gestützt. In einem<br />
2018 gegen ihn geführten Prozess gab<br />
Dr. Plotkin zu, bei der Forschung zur<br />
Impfstoffentwicklung mehr als 70 Feten<br />
»verbraucht« zu haben.<br />
Wie in Tabelle 2 gezeigt, ist HEK-293<br />
nur eine in einer langen Reihe solcher<br />
fetaler Zelllinien. Die neueste, nämlich<br />
WALVAX-2, die erst 2015 gewonnen<br />
wurde, wird nicht die letzte sein, da bei<br />
allen existierenden Zelllinien zu erwarten<br />
ist, dass sie in den nächsten Jahren<br />
ihr sogenanntes »Hayflick-Limit« erreichen<br />
und danach aufgrund fehlender<br />
Teilungsfähigkeit ihre Nützlichkeit einbüßen<br />
werden.<br />
Solche Zelllinien werden nicht nur<br />
in der Impfstoffherstellung verwendet,<br />
sondern in einer großen Anzahl von Prozessen<br />
in Forschung und Industrie, so<br />
etwa in der Lebensmittelindustrie (Testung<br />
von Geschmacksverstärkern) sowie<br />
bei der Herstellung einiger Kosmetika<br />
und biologischer Medikamente.<br />
Neben der Herstellung von Zelllinien<br />
finden auch Gewebe und ganze Organe<br />
aus abgetriebenen Kindern breite<br />
Anwendung in der Forschung. Internationale<br />
Aufmerksamkeit erregte<br />
der Fall des Journalisten David Daleiden,<br />
der 2015 mit versteckter Kamera<br />
bei der Abtreibungsorganisation<br />
»Planned Parenthood« in den USA Verhandlungen<br />
über den Erwerb von Organen<br />
aus abgetriebenen Kindern gefilmt<br />
hat. Lange Zeit behauptete Planned Parenthood,<br />
das Videomaterial sei manipuliert<br />
worden, doch mussten seine Mitarbeiter<br />
2019 unter Eid zugeben, dass<br />
Organe sogar bei sogenannten »Teilgeburtsabtreibungen«<br />
(engl. »partial<br />
birth abortions«), bei denen das Kind<br />
intakt zur Welt gebracht wird, zum Verkauf<br />
entnommen wurden. Im Juli und<br />
August <strong>2021</strong> wurde bekannt, dass bei<br />
Versuchen sowohl an der Universität<br />
von Pittsburgh als auch an der Universität<br />
von Kalifornien in San Francisco<br />
(UCSF) Gewebe und Organe von abgetriebenen<br />
Kindern verwendet wurden.<br />
Bei der Studie aus der Universität<br />
von Pittsburgh wurde die Kopfhaut von<br />
Kindern, die im fünften Monat abgetrieben<br />
wurden, auf Ratten übertragen,<br />
28 LEBENSFORUM <strong>140</strong>
MEDIZIN<br />
während fetales Gewebe an der Universität<br />
von Kalifornien in San Francisco für<br />
eine Vielzahl von Versuchen verwendet<br />
wird. In einem Forschungsantrag beim<br />
National Institutes of Health, dem USamerikanischen<br />
Äquivalent zur Deutschen<br />
Forschungsgemeinschaft, wurde<br />
festgehalten, die Universität von Pittsburgh<br />
habe im Jahr 2015 über 300 »frische<br />
Proben« von 77 »Fällen« verteilt<br />
und könnte bei Bedarf Gewebe von »bis<br />
zu 725 Fällen« pro Jahr gewinnen. Im<br />
Antrag wird zudem festgehalten, dass<br />
man Gewebe von spätabgetriebenen<br />
Kindern bis zur 42. Lebenswoche (also<br />
bis zum Ende der Schwangerschaft) gewinnen<br />
möchte. Aussagen der Universität<br />
von Pittsburgh deuten sogar darauf<br />
hin, dass in einigen Fällen Gewebe<br />
entnommen wird, während das Herz<br />
des Kindes noch schlägt.<br />
Dass es keine Alternative zur Verwendung<br />
fetaler Zelllinien gibt, ist eher<br />
eine Beschreibung des derzeitigen Zustands<br />
als eine wissenschaftliche Tatsache.<br />
So hat der große Impfstoffhersteller<br />
Sanofi-Pasteur Anfang 2020 aufgrund<br />
öffentlichen Drucks die Herstellung<br />
seines Impfstoffs gegen Kinderlähmung<br />
von fetalen Zelllinien auf die<br />
ethisch unproblematische Vero-Zelllinie<br />
umgestellt. Auch haben der Hersteller<br />
von Pepsi sowie der Lebensmittelhersteller<br />
Kraft ihre Produktionsweise<br />
umgestellt, damit ethisch bedenkliche<br />
Geschmacksverstärker nicht mehr zur<br />
Anwendung kommen.<br />
In der Öffentlichkeit ist kaum bekannt,<br />
in welchem Ausmaß humanes fetales<br />
Gewebe in der Forschung und in<br />
der Industrie heute »verwendet« wird.<br />
Wir dürfen nicht vergessen, dass es sich<br />
… Gewebe inzwischen in der Forschung und in der Industrie verwendet wird<br />
hierbei in jedem einzelnen Fall um einen<br />
wehrlosen unschuldigen Menschen<br />
handelt, der nicht als autonomes Subjekt,<br />
In der Öffentlichkeit ist kaum bekannt, in welchem Umfang humanes fetales …<br />
sondern als bloßes Objekt, als »Organlager«<br />
instrumentalisiert und ohne jede<br />
Einwilligung in wortwörtlichem Sinne<br />
aufgebraucht wird, um den Interessen<br />
Dritter zu dienen. Dass solche Praktiken<br />
mittlerweile an voll entwickelten<br />
Kindern im Rahmen eines eingeleiteten<br />
Geburtsvorgangs unmittelbar vor<br />
oder gar während der Geburt durchgeführt<br />
werden, zeigt wie im Scheinwerferlicht,<br />
wohin es führt, wenn wir das<br />
Prinzip der Verwendung von Gewebe<br />
aus abgetriebenen Kindern freigeben.<br />
Für viele Menschen war das ausschlaggebende<br />
Argument für die Nutzung<br />
ethisch belasteter Impfstoffe die<br />
angenommene Schwere der COVID-<br />
19-Erkrankung. Doch ist dieses Argument<br />
im Grunde ein nackter Utilitarismus,<br />
bei dem jedes Mittel recht ist, sofern<br />
der Zweck dramatisch genug dargestellt<br />
wird. Das Problem der Verwendung<br />
von Zellen, Geweben und Organen<br />
aus abgetriebenen Kindern geht weit<br />
über die Problematik der Impfstoffherstellung<br />
hinaus und verdient eine<br />
weitaus größere Aufmerksamkeit, als<br />
dies selbst innerhalb der Lebensrechtsbewegung<br />
bislang der Fall gewesen ist.<br />
LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />
29
BÜCHERFORUM<br />
Der Kölner Klinikenskandal<br />
Im sogenannten Kölner Klinikenskandal<br />
aus dem Jahr 2013<br />
ging es um Abweisung einer mutmaßlich<br />
Vergewaltigten und um die<br />
Verweigerung einer Beratung zur »Pille<br />
danach« durch eine Klinik in katholischer<br />
Trägerschaft. Dazu hat Hubert<br />
Hecker jetzt ein Buch vorgelegt. Seine<br />
Hauptthese: Im Jahr 2013 handelte es<br />
sich um einen Medienskandal. »Beteiligte<br />
Journalisten hatten keinesfalls<br />
einen Skandal aufgedeckt (…), sondern<br />
einen Skandalfall durch journalistische<br />
Grenzüberschreitungen inszeniert.«<br />
Eine Einschätzung, die man<br />
nach der minutiösen Aufarbeitung des<br />
vorliegenden Materials nur unterstützen<br />
kann.<br />
Die Behauptungen lauteten, das Krankenhaus<br />
hätte ein Vergewaltigungsopfer<br />
abgewiesen, katholische Kliniken<br />
würden Heilbehandlungen verweigern<br />
und kirchliche Krankenhäuser unterließen<br />
Hilfe in Notsituationen. Schlimmer<br />
können die Vorwürfe gegen eine Klinik<br />
in katholischer Trägerschaft eigentlich<br />
nicht sein. Die Behauptung, dass es ein<br />
generelles Beratungsverbot über Wirkung<br />
und Nebenwirkungen der »Pille<br />
danach« in kirchlichen Einrichtungen<br />
gebe, erwies sich schon am Tag eins<br />
nach der Erstveröffentlichung als aus<br />
der Luft gegriffen.<br />
Die Klinikleitung hatte schnell reagiert<br />
und in einer Pressekonferenz<br />
ihre geltenden ethischen Leitlinien<br />
im Umgang mit Frauen in Not vorgestellt<br />
– inklusive Beratungsverpflichtung.<br />
Der Vorwurf der »Abweisung«<br />
bezog sich auf ein Telefonat zwischen<br />
einer Ambulanzärztin, in deren Obhut<br />
sich die junge Frau befand, und<br />
einer Gynäkologin auf der Station<br />
des Krankenhauses. Letztere verwies<br />
darauf, dass sie zur Durchführung<br />
forensischer Untersuchungen (sogenannte<br />
ASS-Untersuchungen) nicht<br />
berechtigt sei, was die Ambulanzärztin<br />
nicht akzeptierte. Sie ließ sich dazu<br />
hinreißen, die Lage verbal maßlos zuzuspitzen.<br />
Darauf folgte ein bundesweiter<br />
Mediensturm gegen Kliniken<br />
in kirchlicher Trägerschaft und nicht<br />
zuletzt auch gegen Kardinal Meisner.<br />
In einem weiteren Eskalationsschritt<br />
entzündete sich die Empörung auch<br />
daran, dass die Abtreibungspille als<br />
einziger Ausweg bei einer Vergewaltigung<br />
angesehen wurde.<br />
Der damalige Kölner Erzbischof sah<br />
sich genötigt, einzugreifen, als es darum<br />
ging, dass katholische Kliniken<br />
keine Abtreibungspille geben dürfen.<br />
Er bekräftigte die Lehre der Kirche<br />
zum unbedingten Lebensschutz, wurde<br />
aber dahingehend beraten, dass es<br />
eine »Pille danach« gebe, die keine<br />
frühabtreibende Wirkung habe. Eine<br />
Information, die nur halbrichtig war,<br />
da die zum Tragen kommende Wirkung<br />
eines Gestagens wie Levonorgestrel<br />
sehr vom Zeitpunkt der Einnahme<br />
während des Zyklus der Frau abhängt.<br />
Buchautor Hubert Hecker machte sich<br />
bei diesem Thema die Mühe, diese Aspekte<br />
der Wirkungsweise der »Pillen<br />
danach«, die Abtreibungspillen sind,<br />
darzustellen. Falsch war jedenfalls die<br />
Darstellung der Medien, dass Meisner<br />
eine moraltheologische »Kehrtwende«<br />
vollzogen habe.<br />
Rainer Klawki<br />
Hubert Hecker: Der Kölner Kliniken-/<br />
Medienskandal. Eine Fallstudie zu<br />
Skandalisierungsprozessen, Schwarmjournalismus<br />
und Medienpreisen. Verlag<br />
heckmedien, Dornburg <strong>2021</strong>. 196<br />
Seiten. 11,00 EUR.<br />
Das empathische Gen<br />
Der Mensch ist nicht nur durch seinen Geist, sondern<br />
auch durch seine Biologie ein auf Humanität ausgerichtetes<br />
Wesen. Das jedenfalls behauptet der Arzt,<br />
Neurowissenschaftler und Psychotherapeut Joachim<br />
Bauer in seinem jüngsten Buch. Anders als von<br />
dem britischen Evolutionsbiologen Richard Dawkins<br />
in seinem die Biologie damals revolutionierenden<br />
Werk »The Selfish Gene« (1976) dargelegt, verhielten<br />
sich Gene gerade nicht egoistisch, behauptet<br />
Bauer unter Berufung auf neueste Ergebnisse der<br />
»Social Genomics«-Forschung. Stattdessen kommunizierten<br />
und kooperierten sie, reagierten auf Umwelteinflüsse<br />
und Lebensstile. Was wir dächten, sei<br />
keine »heiße Luft«, sondern habe »Top-down-Effekte«,<br />
die bis hinunter zu den Genen reichten. reh<br />
Joachim Bauer: Das empathische Gen. Humanität,<br />
das Gute und die Bestimmung des Menschen. Verlag<br />
Herder, Freiburg im Breisgau <strong>2021</strong>. Gebunden.<br />
208 Seiten. 20,00 EUR. eBook 15,99 EUR.<br />
30 LEBENSFORUM <strong>140</strong>
BÜCHERFORUM<br />
Die KALEB-Geschichte<br />
Etwas mehr als fünf Monate<br />
vor dem Fall der Mauer fand<br />
das erste Treffen der ›Interessengemeinschaft<br />
zum Schutz der ungeborenen<br />
Kinder‹ in der Leipziger<br />
Nikolaikirche statt. Etwas mehr als<br />
drei Monate nach<br />
dem Fall der Mauer<br />
wurde daraus in der<br />
Thomaskirche in<br />
Leipzig der offizielle<br />
Verein KALEB. Diese<br />
beide Orte zeigen,<br />
wie eng die Entstehung<br />
von KALEB<br />
mit der kirchlichen<br />
Erweckung verbunden<br />
war, deren Gebetsveranstaltungen<br />
und Runde Tische<br />
eine tragende Bedeutung<br />
hatten auf<br />
dem Weg zum Ende<br />
einer Diktatur, die<br />
stolz auf ihr nichtreligiöses<br />
Bekenntnis war und den<br />
Glauben bestenfalls duldete«, schreibt<br />
Professor Thomas Schirrmacher, Generalsekretär<br />
der Weltweiten Evangelischen<br />
Allianz, in seinem Vorwort zu<br />
dem Buch von Walter Schrader.<br />
Es ist eines von zweien. Das andere<br />
Vorwort steuerte Hartmut Steeb, Vorsitzender<br />
des Treffens Christlicher Lebensrechtsgruppen<br />
und stellvertretender<br />
Vorsitzender des Bundesverbands<br />
Lebensrecht, bei. Darin bezeichnet<br />
er die von Walter Schrader vorgelegte<br />
KALEB-Geschichte als »ein Juwel<br />
des geistlich begründeten Aufstands<br />
gegen die lebensfeindliche Kultur<br />
des Todes«. Diese Unkultur sei in der<br />
Gründungszeit von<br />
KALEB »durch die<br />
staatliche Erlaubnis<br />
zur Tötung ungeborener<br />
Kinder« in<br />
der DDR »zur Normalität«<br />
geworden.<br />
Noch mitten in der<br />
sich »demokratisch<br />
gebenden Diktatur«<br />
habe Christen<br />
das vielfach gelebte<br />
Nein zum Leben<br />
nicht mehr losgelassen.<br />
»Sie standen<br />
auf gegen staatliche<br />
Normen. Sie nannten<br />
das Unrecht<br />
beim Namen. (…)<br />
Wie sich einst KALEB im Volk Israel<br />
gegen den Mainstream stellte, so<br />
kämpften auch sie für göttliches Recht<br />
gegenüber staatlichem Unrecht.« Das<br />
sei, so Steeb, kein Widerspruch zum<br />
Diktum des Apostels Paulus: »Jedermann<br />
sei untertan der Obrigkeit, die<br />
Gewalt über ihn hat« (Röm 13,1).<br />
»Denn wo der Staat sein Mandat überschreitet<br />
und sich zum Herrn über Leben<br />
und Tod erhebt – denn das allein<br />
ist Gottes Sache! –, da sagt uns Petrus:<br />
›Wir müssen Gott mehr gehorchen als<br />
den Menschen‹ (Apg 5,29). Da gilt es<br />
auch aufzustehen.«<br />
Die KALEB-Geschichte, die Walter<br />
Schrader hier bis zum Jahr 2008 vorlegt,<br />
ist eine Geschichte des Nichtwegschauens<br />
und Einstehens. Bei Walter<br />
Schrader selbst hat sie damit begonnen,<br />
dass er als Hilfspfleger im Krankenhaus<br />
auf den Klinikmüll und die darin<br />
enthaltenen Leichenteile abgetriebener<br />
Kinder aufmerksam wird. Doch anstatt<br />
wegzuschauen, sieht er genauer<br />
hin. Und er findet, dass das, was er da<br />
sehen muss, nicht so bleiben darf. Walter<br />
Schrader war nie der Kopf von KA-<br />
LEB. Aber er war von Anfang an dabei.<br />
Und als langjähriger Geschäftsführer<br />
war er der, bei dem die Fäden zusammenliefen.<br />
Das macht die KALEB-Geschichte,<br />
die in weiten Teilen auch eine<br />
Geschichte der Lebensrechtsbewegung<br />
im wiedervereinigten Deutschland ist,<br />
so lesenswert. Sie sollte unbedingt eine<br />
Fortsetzung erfahren.<br />
Stefan Rehder<br />
Walter Schrader: Die KALEB-Geschichte.<br />
Ein Überblick 1989–2008. Unser Leben<br />
– für das Leben. Schriftreihe des<br />
Instituts für Lebens- und Familienwissenschaften<br />
Bd. 9. Verlag für Kultur und<br />
Wissenschaft, Bonn <strong>2021</strong>. 146 Seiten.<br />
18,00 EUR.<br />
Die Neuerfindung des Menschen<br />
Immer schon war der Mensch versucht, die Grenzen<br />
seines Menschseins zu überwinden. Doch nie zuvor<br />
konnte er sich dabei derart mächtiger Technologien<br />
bedienen wie heute. In den gesellschaftlichen Auseinandersetzungen<br />
um die Themen Ehe, Familie und<br />
Sexualität stehen sich daher heute eine die menschliche<br />
Natur achtende sowie eine den Menschen neu<br />
erfindende Weltanschauung gegenüber. Selten in<br />
Reinform, sondern oft in unzähligen Variationen der<br />
Vermischung. Die diplomierte Sozialwissenschaftlerin<br />
und Sozialpädagogin Susanne Hartfiel arbeitet in<br />
diesem Band die Konsequenzen und Begleiterscheinungen<br />
dieser Neuerfindung der menschlichen Natur<br />
heraus. Dabei legt sie zielsicher und fundiert den<br />
Finger in die logischen und weltanschaulichen Unstimmigkeiten<br />
und Widersprüche.<br />
san<br />
Susanne Hartfiel: Die Neuerfindung des Menschen.<br />
Dominus-Verlag, Augsburg <strong>2021</strong>. Paperback.<br />
280 Seiten. 19,95 EUR.<br />
LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />
31
KURZ VOR SCHLUSS<br />
Expressis<br />
verbis<br />
Schwangerschaftsabbrüche sollen<br />
Teil der ärztlichen Aus- und Weiterbildung<br />
sein. Die Möglichkeit zu kostenfreien<br />
Schwangerschaftsabbrüchen<br />
gehören [sic] zu einer verlässlichen<br />
Gesundheitsversorgung. Sogenannten<br />
Gehsteigbelästigungen von<br />
Abtreibungsgegnerinnen und Abtreibungsgegnern<br />
setzen wir wirksame<br />
gesetzliche Maßnahmen entgegen.<br />
Wir stellen die flächendeckende Versorgung<br />
mit Beratungseinrichtungen<br />
sicher. Schwangerschaftskonfliktberatung<br />
wird auch künftig online möglich<br />
sein. Ärztinnen und Ärzte sollen<br />
öffentliche Informationen über<br />
Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen<br />
können, ohne eine Strafverfolgung<br />
befürchten zu müssen. Daher<br />
streichen wir § 219a StGB.«<br />
Tops & Flops<br />
Hubert Hüppe<br />
Der langjährige CDU-Bundestagsabgeordnete<br />
und ehemalige Beauftragte<br />
der Bundesregierung für die Belange<br />
behinderter Menschen, Hubert Hüppe<br />
(CDU), hat erneut den Sprung in<br />
den Deutschen Bundestag geschafft.<br />
Umgehend hat sich der 65-Jährige,<br />
RENÉ GOLZ<br />
FDP.DE<br />
Marco Buschmann<br />
Die Ampelkoalition von SPD, Grünen<br />
und FDP will den § 219a ersatzlos<br />
aus dem Strafgesetzbuch streichen.<br />
Bundesjustizminister Marco<br />
Buschmann (FDP) bezeichnet es<br />
gegenüber dem Redaktionsnetzwerk<br />
Deutschland als »untragbar«, dass<br />
Auszug aus dem Koalitionsvertrag<br />
»Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für<br />
Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit«<br />
von SPD, Bündnis 90/Die Grünen<br />
und FDP, S. 114 f.<br />
Künstliche Befruchtung wird diskriminierungsfrei<br />
auch bei heterologer Insemination,<br />
unabhängig von medizinischer<br />
Indikation, Familienstand und<br />
sexueller Identität förderfähig sein.<br />
Die Beschränkungen für Alter und Behandlungszyklen<br />
werden wir überprüfen.<br />
Der Bund übernimmt 25 Prozent<br />
der Kosten unabhängig von einer Landesbeteiligung.<br />
Sodann planen wir,<br />
zu einer vollständigen Übernahme der<br />
Kosten zurückzukehren. Die Kosten der<br />
Präimplantationsdiagnostik werden<br />
übernommen. Wir stellen klar, dass Embryonenspenden<br />
im Vorkernstadium legal<br />
sind und lassen den ›elektiven Single<br />
Embryo Transfer‹ zu.«<br />
Ebenda, S. 115<br />
Hubert Hüppe, CDU<br />
der über die nordrhein-westfälische<br />
Landesliste in das Parlament einzog,<br />
wieder zu Wort gemeldet. Im<br />
Streit um die geplante Abschaffung<br />
des Werbeverbots für Abtreibungen<br />
(§ 219a StGB) sagte Hüppe der<br />
»Bild«-Zeitung: »Für Tabak haben<br />
wir ein Werbeverbot, auf vielen Packungen<br />
steht: Rauchen kann tödlich<br />
sein.« Eine Abtreibung sei »definitiv<br />
tödlich – für das Kind. Wer<br />
könnte noch nachvollziehen, dass<br />
Abtreibung grundsätzlich Unrecht<br />
ist, wenn Werbung dafür legalisiert<br />
wird?« Wohl niemand. Und genau<br />
darum geht es ja bei der Abschaffung<br />
des Werbeverbots für vorgeburtliche<br />
Kindstötungen. Ihnen soll der Verbotscharakter<br />
genommen und der<br />
Anschein der Legitimität verliehen<br />
werden.<br />
reh<br />
Marco Buschmann, FDP<br />
ausgerechnet diejenigen, die dafür<br />
ausgebildet seien, einen Schwangerschaftsabbruch<br />
sicher anbieten zu<br />
können, die Sorge haben müssten,<br />
»Besuch vom Staatsanwalt zu bekommen,<br />
wenn sie über ihre Arbeit<br />
aufklären«. Nur ist das gar nicht der<br />
Fall. Im Rahmen eines Arzt-Patienten-Gesprächs<br />
darf nicht nur jeder<br />
Arzt vor einer Intervention über<br />
sämtliche Details seiner Arbeit aufklären.<br />
Er ist sogar dazu verpflichtet.<br />
Nimmt er einen Eingriff ohne<br />
Aufklärung vor, begeht er eine Körperverletzung.<br />
Anders zu sehen ist<br />
dagegen die Bewerbung seines Tuns<br />
im öffentlichen Raum. Zwischen beidem<br />
nicht differenzieren zu können<br />
oder wollen, qualifiziert nicht gerade<br />
für das Amt des Bundesjustizministers.<br />
reh<br />
32 LEBENSFORUM <strong>140</strong>
KURZ VOR SCHLUSS<br />
Aus dem Netz<br />
Lifetalks<br />
Menschenrechte sind die Grundlage<br />
unseres friedlichen und freiheitlichen<br />
Zusammenlebens. Das erste Menschenrecht<br />
ist das Recht auf Leben.<br />
Darum, und um viele weitere Fragen,<br />
die den Lebensschutz betreffen, geht<br />
es in dem wöchentlich erscheinenden<br />
Podcast »Lifetalks« der Aktion Lebensrecht<br />
für Alle (<strong>ALfA</strong>) e.V. Meist<br />
spricht hier die Bundesvorsitzende der<br />
<strong>ALfA</strong>, Cornelia Kaminski, mit Experten<br />
aus dem In- und Ausland über ein<br />
aktuelles Lebensrechtsthema.<br />
Interessierte können »Lifetalks« kostenlos<br />
abonnieren oder über Anchor,<br />
Spotify, Google Podcasts sowie über<br />
die <strong>ALfA</strong>-Homepage abrufen.<br />
Kurz & bündig<br />
Chile: Unterhaus<br />
votiert gegen<br />
Abtreibungsnovelle<br />
Santiago de Chile (<strong>ALfA</strong>). Das Unterhaus<br />
des chilenischen Parlaments<br />
lehnte Ende November einen<br />
Gesetzesentwurf ab, der<br />
vorgeburtliche Kindstötungen bis<br />
zur 14. Schwangerschaftswoche<br />
allgemein straffrei gestellt hätte.<br />
65 Abgeordnete votierten gegen<br />
das Gesetz, 62 dafür, einer<br />
enthielt sich der Stimme. Wie<br />
das linksliberale Online-Nachrichtenportal<br />
»actualidad.rt.com«<br />
schreibt, sei dies ein Sieg für<br />
die Regierung von Chiles Präsident<br />
Sebastián Piñera, die gegen<br />
eine Ausweitung der geltenden<br />
Rechtslage sei. In dem Andenstaat<br />
sind vorgeburtliche Kindstötungen<br />
seit dem Jahr 2017 aus<br />
drei Gründen straffrei: Wenn die<br />
Fortsetzung der Schwangerschaft<br />
das Leben der Mutter gefährdet,<br />
wenn Ärzte bei dem ungeborenen<br />
Kind Schäden diagnostizierten,<br />
die mit dem Leben medizinisch<br />
unvereinbar sind, sowie nach Vergewaltigung.<br />
reh<br />
Der kostenlose <strong>ALfA</strong>-Podcast „Lifetalks“ erscheint immer freitags<br />
»Die Welt. Die von morgen« (52)<br />
GLOSSE<br />
In der Welt von morgen führt die Liste<br />
»The World Billionaires« des USamerikanischen<br />
Wirtschaftsmagazins<br />
»Forbes« auf den Plätzen 1 bis 49 nur<br />
noch die CEOs von Pharmakonzernen<br />
und Biotech-Schmieden. Jeff Bezos<br />
und Elon Musk rangieren mittlerweile<br />
auf Platz 50 und 51. In Deutschland<br />
haben die »Vereinigten Impfzentren<br />
Nord« und »Süd« die »Deutsche<br />
Bahn« und die »Deutsche Post« als<br />
größte Arbeitgeber abgelöst. Auf Platz<br />
drei und vier liegen die »Unierten Testzentren<br />
West« und »Ost«. Nachdem<br />
2022 in Deutschland eine allgemeine<br />
Impfpflicht gegen das Virus SARS-<br />
CoV-2 eingeführt wurde, wird die gesamte<br />
Bevölkerung prophylaktisch<br />
gegen jedes Virus geimpft, das von der<br />
börsennotierten »Christian Drosten<br />
Enterprise« entdeckt wird. Die Pfingstund<br />
Herbstferien heißen offiziell nun<br />
Impf-Ferien I und II. Laut einer Umfrage<br />
der Zeitschrift »Eltern« sind die beliebtesten<br />
Berufe bei Kindern im Alter<br />
von sechs bis 12 Jahren: »Modellierer«<br />
und »Virologe«, dicht gefolgt von<br />
»Karl Lauterbach«, »Maskenvermittler«<br />
und »Impfpass-Fälscher«. Zu den<br />
auflagenstärksten Zeitschriften zählen<br />
»Mein Hobby: Epidemiologie« und<br />
»Maskenmode – Sämtliche Trends«.<br />
Die Bildungsminister der Länder haben<br />
sich darauf verständigt, das griechische<br />
Alphabet in den Grundschul-<br />
Lehrplan aufzunehmen. Begründung:<br />
Kinder müssten früh in die Lage versetzt<br />
werden, bei Virusvarianten den<br />
Überblick zu behalten. Stefan Rehder<br />
LEBENSFORUM <strong>140</strong><br />
33
LESERFORUM<br />
Wieder ein beeindruckendes<br />
Heft<br />
mit zahlreichen<br />
Informationen und<br />
Hintergründen, die<br />
ich nirgendwo anders<br />
finde.<br />
Gratuliere!<br />
Helene Hofmeister, Wien<br />
Aus dem Leben gegriffen<br />
Zum Beitrag »Mutige Mütter« in »<strong>LebensForum</strong>«<br />
Nr. 139, S. 24 f.<br />
Ich schätze Ihre Zeitschrift und begrüße<br />
auch deren populärwissenschaftliche<br />
Ausrichtung. Fakten, die andernorts<br />
vielfach unterschlagen werden,<br />
werden hier verständlich zur Sprache<br />
gebracht und haben sich im Zweifel<br />
für mich stets als nachprüfbar erwiesen.<br />
Dafür gebührt Ihnen große Anerkennung.<br />
Dennoch möchte ich mich<br />
ausdrücklich für den Beitrag von Maria<br />
Grundberger bedanken. Er ist aus<br />
dem Leben gegriffen und macht Mut.<br />
Auch das ist wichtig.<br />
Unfassbar<br />
Zum Titelthema »Tödliche Logik – Abtreibung<br />
in der EU« in »<strong>LebensForum</strong>«<br />
Nr. 139, S. 4–11<br />
Ihre ausführliche und detaillierte Berichterstattung<br />
über die Annahme des<br />
Matić-Berichts im Europäischen Parlament<br />
hat mich sehr erschreckt und<br />
ernüchtert zurückgelassen. Dabei vermag<br />
ich durchaus nachzuvollziehen,<br />
dass Politiker sich weder ausnahmslos<br />
noch konsequent auf die Seite ungeborener<br />
Kinder stellen mögen. Wählen<br />
können und dürfen nun einmal nur<br />
Geborene. Aber ein »Menschenrecht<br />
auf Abtreibung«? Herrje, wo sind wir<br />
nur gelandet? Unfassbar! Haben Sie<br />
daher vielen Dank für die Dokumentation<br />
der namentlichen Abstimmung.<br />
Das ermöglicht eine Unterscheidung<br />
der Geister.<br />
Maria Kohlhammer, Füssen<br />
mich, dass Sie dabei auch über die<br />
Programme kleinerer Parteien berichtet<br />
haben. Diese werden für gewöhnlich<br />
als bedeutungslos für den<br />
Wahlausgang erachtet. Nur wird das<br />
auch so bleiben, wenn niemand auf<br />
sie aufmerksam macht und über sie<br />
berichtet. All jenen, die sich von den<br />
großen Parteien nicht mehr vertreten<br />
fühlen und vor der Frage stehen, wen<br />
sie stattdessen wählen können, haben<br />
Sie einen großen Dienst erwiesen. Das<br />
darf dann auch sicher einmal gesagt<br />
werden.<br />
Roman Schneider, Düsseldorf<br />
Petra Popovic, Butzbach<br />
Geduckter Gang<br />
Zum Beitrag »Die Welt. Die von morgen.«<br />
in »<strong>LebensForum</strong>« Nr. 139, S. 33<br />
Ich hätte es sehr begrüßt, wenn »<strong>LebensForum</strong>«<br />
die Corona-Pandemie<br />
und deren Bekämpfung nicht lediglich<br />
in einer Glosse thematisiert hätte. Warum<br />
entscheiden Sie sich hier für den<br />
geduckten Gang? Wollen Sie etwa behaupten,<br />
eine weltweite Pandemie sei<br />
kein Lebensschutz-Thema?<br />
Dr. Guntram Henkel, Stuttgart<br />
A N Z E I G E<br />
Dienst erwiesen<br />
Zum Beitrag »Drum prüfe, wer sich bindet<br />
…« in »<strong>LebensForum</strong>« Nr. 139, S. 14–17<br />
Vielen Dank für Ihren ausführlichen<br />
Beitrag zu den Wahlprogrammen der<br />
zur Bundestagswahl angetretenen<br />
Parteien. Besonders gefreut habe ich<br />
34 LEBENSFORUM <strong>140</strong>
IMPRESSUM<br />
IMPRESSUM<br />
LEBENSFORUM<br />
Ausgabe Nr. <strong>140</strong>, 4. Quartal <strong>2021</strong><br />
ISSN 0945-4586<br />
Verlag<br />
Aktion Lebensrecht für Alle (<strong>ALfA</strong>) e.V.<br />
Ottmarsgäßchen 8, 86152 Augsburg<br />
Tel.: 08 21 / 51 20 31, Fax: 08 21 / 15 64 07<br />
www.alfa-ev.de, E-Mail: info@alfa-ev.de<br />
Herausgeber<br />
Aktion Lebensrecht für Alle e.V.<br />
Bundesvorsitzende Cornelia Kaminski (V. i. S. d. P.)<br />
Kooperation<br />
Ärzte für das Leben e.V. – Geschäftsstelle<br />
z.H. Dr. med. Karl Renner<br />
Sudetenstraße 15, 87616 Marktoberdorf<br />
Tel.: 0 83 42 / 74 22, E-Mail: k.renner@aerzte-fuer-das-leben.de<br />
www.aerzte-fuer-das-leben.de<br />
Redaktionsleitung<br />
Stefan Rehder M. A.<br />
Redaktion<br />
Alexandra Maria Linder M. A., Stefan Matthaei,<br />
Prof. Dr. med. Paul Cullen (Ärzte für das Leben e.V.)<br />
E-Mail: lebensforum@alfa-ev.de<br />
Anzeigenverwaltung<br />
Aktion Lebensrecht für Alle (<strong>ALfA</strong>) e.V.<br />
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www.alfa-ev.de, E-Mail: info@alfa-ev.de<br />
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Rehder Medienagentur, Würzburg<br />
www.rehder-agentur.de<br />
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6.500 Exemplare<br />
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Erscheinungsweise<br />
»<strong>LebensForum</strong>« 141 erscheint am 28. Februar 2022.<br />
Redaktionsschluss ist der 6. Januar 2022.<br />
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Ärzte für das Leben im Beitrag enthalten)<br />
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Wiesenstraße 11, 57537 Wissen<br />
www.rewi.de<br />
Titelbild<br />
Dipl.-Des. (FH) Daniel Rennen/Rehder Medienagentur<br />
www.rehder-agentur.de<br />
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