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Das Magazin der Berufsgenossenschaft Holz und Metall Ausgabe 5 | <strong>2011</strong><br />

<strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong><br />

Schwerpunkt:<br />

Fahrzeuginstandhaltung<br />

Dacharbeiten: Leichtsinn<br />

kommt vor dem Fall


<strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong> > LEISTUNG UND RECHT<br />

<strong>BGHM</strong><br />

A k t u e l l<br />

Okt. | Nov. <strong>2011</strong><br />

2<br />

Impressum<br />

<strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong><br />

Magazin der Berufsgenossenschaft<br />

Holz und Metall<br />

HERAUSGEBER:<br />

Berufsgenossenschaft Holz und Metall<br />

(<strong>BGHM</strong>)<br />

VERANTWORTLICH:<br />

Dr. Albert Platz<br />

Berufsgenossenschaft Holz und Metall<br />

Wilhelm-Theodor-Römheld-Straße 15<br />

55130 Mainz<br />

ISSN 2192-9890<br />

REDAKTION:<br />

Peter Hackenberg – Hbg<br />

Tel.: 0711 / 1334-15054<br />

Klaus Taubitz – Tbz<br />

Tel.: 0511 / 8118 - 16882<br />

Mathias Widmann (Layout)<br />

Tel.: 0711 / 1334-10244<br />

SCHLUSSREDAKTION:<br />

Klaus Taubitz<br />

Berufsgenossenschaft Holz und Metall<br />

Seligmannallee 4<br />

30173 Hannover<br />

Tel.: 0511 / 8118-16882<br />

E-Mail: klaus.taubitz@bghm.de<br />

TITELFOTO:<br />

Zentralverband Deutsches Kraft fahrzeuggewerbe<br />

DRUCK UND VERLAG:<br />

CW NIEMEYER Druck GmbH<br />

Böcklerstraße 13, 31789 Hameln<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht<br />

in jedem Fall die Meinung der Redaktion wieder.<br />

Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.<br />

Nachdruck mit Quellenangabe, auch auszugsweise,<br />

ist nur mit Genehmigung des Herausgebers<br />

gestattet. Für unverlangt eingesandte Manuskripte,<br />

Fotos usw. wird keine Gewähr übernommen<br />

und auch kein Honorar gezahlt. Für Informationen<br />

unter den Links, die auf den in dieser<br />

Ausgabe vorgestellten Internetseiten aufgeführt<br />

werden, übernehmen die Herausgeber keine Verantwortung.<br />

Editorial<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser<br />

Ende August hat das Landessozialgericht Sachsen (LSG) die<br />

letzte noch anhängige Klage gegen die Pflichtversicherung<br />

der Unternehmen bei den Berufsgenossenschaft en abgewiesen<br />

(siehe dazu Meldung S. 4). Damit geht nicht nur ein seit<br />

Jahren schwelender Rechtsstreit zu Ende. Die Entscheidung<br />

stellt auch eines der weltweit besten Unfallversicherungssysteme<br />

und sein hohes Präventionsniveau auf ein solides Fundament.<br />

Die Zeche einer möglichen Privatisierung der gewerblichen<br />

Unfallversicherung hätten vor allem die kleinen und mittelständischen<br />

Betriebe bezahlt. Denn kommerzielle Versicherer<br />

würden ihre Prämien ausschließlich nach dem Risiko des<br />

einzelnen Betriebes berechnen und nicht, wie die Berufsgenossenschaft<br />

en, solidarisch nach einer ganzen Gruppe. Dabei<br />

schneiden Kleinunternehmen mit ihrer durchschnittlich<br />

höheren Unfallquote in der Regel nicht so gut ab wie Großbetriebe.<br />

Die höheren Kosten wären aber nur die eine Seite dieser<br />

Medaille. Verglichen mit der dann fehlenden Ablösung der<br />

Unternehmerhaft pflicht durch die Berufsgenossenschaft en<br />

bliebe dies aber das kleinere Übel. Kein Unternehmen muss<br />

hierzulande Schadensersatzklagen von berufsbedingt erkrankten<br />

oder verunglückten Mitarbeitern befürchten, weil<br />

die Berufsgenossenschaft en sie davor schützen. Und das ist<br />

der entscheidende Punkt: Die gesetzliche Unfallversicherung<br />

in Deutschland schafft einen sicheren Handlungsrahmen, für<br />

Arbeitnehmer genauso wie für die Unternehmen – zu einem<br />

unschlagbaren Preis-Leistungs-Verhältnis. Dies ist ein leider<br />

allzu oft unterschätzter Wettbewerbsvorteil des Produktionsstandortes<br />

Deutschland. Und für den machen wir uns stark.<br />

Dr. Albert Platz<br />

Vorsitzender der Geschäft sführung


Inhalt<br />

Diese Ausgabe enthält eine Beilage –<br />

Wir bitten um Beachtung!<br />

Mit Europarecht vereinbar<br />

Klage gegen Berufsgenossenschaft en abgewiesen 4<br />

„RISIKO RAUS!“ – Verkehrssicherheitstag in München<br />

Prävention zum Mitmachen 5<br />

Unfallfreie Bauphase<br />

Gondwanaland in Leipzig eröff net 6<br />

Emissions-Schalldruckpegel am Arbeitsplatz bestimmen<br />

Geräuschangabe nach der EG-Maschinenrichtlinie 8<br />

Lehrlingstag <strong>2011</strong> in Koblenz<br />

<strong>BGHM</strong> rückt Unfallgefahren in den Fokus 9<br />

Aktionstag für Azubis<br />

„Spielend“ lernen 9<br />

Jugend will sich-er-leben<br />

Verantwortung für die Sicherheit übernehmen 10<br />

BG-Seminar<br />

Ausbildung von Netzmonteuren 12<br />

Auf Dächern<br />

Leichtsinn kommt vor dem Fall 14<br />

Schwerpunktthema Oktober<br />

Fahrzeuginstandhaltung 16<br />

Christophorus-Seminare<br />

Nächste Lehrerfortbildung im November <strong>2011</strong> 21<br />

„RISIKO RAUS!“<br />

Mehrheit der Deutschen fährt Fahrrad oben ohne 22<br />

Neue DVR-Videos<br />

„Per Anhalter in den Wahnsinn“ 23<br />

Junge Initiative<br />

Azubis machen Arbeitssicherheit begreifb ar 24<br />

Kein Scherz!<br />

Azubi angezündet 26<br />

Unfall durch Stromschlag<br />

Leitung nicht ordnungsgemäß vom Netz getrennt 28<br />

Ärztliche Maßnahmen<br />

Was tun nach Stromunfällen? 29<br />

Ausländische Beschäft igte<br />

Aktiv mit in den Arbeitsschutz einbeziehen 30<br />

Was ist eine gemeinsame Betriebsstätte?<br />

Räumliche Nähe allein reicht nicht 31<br />

5<br />

8<br />

16<br />

30<br />

3


<strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong> > NACHRICHTEN<br />

Mit Europarecht vereinbar<br />

Klage gegen Berufsgenossenschaft chaft en<br />

abgewiesen<br />

Die letzte noch anhängige Klage gegen die Pflichtversicherung der Unternehmen hmen<br />

bei den Berufsgenossenschaft en hat das Landessozialgericht Chemnitz (LSG) G) Ende<br />

August dieses Jahres abgewiesen.<br />

Mit der Behauptung, diese Gesetzesvorgabe<br />

verstoße gegen höherrangiges<br />

Europarecht, hatte unter anderem ein<br />

Mitgliedsunternehmen der Berufsgenossenschaft<br />

Holz und Metall (<strong>BGHM</strong>)<br />

vor dem LSG geklagt. Die aktuelle Entscheidung<br />

beendet eine Streitfrage, die<br />

über mehrere Jahre hinweg nahezu alle<br />

deutschen Sozialgerichte sowie den Europäischen<br />

Gerichtshof (EuGH) beschäftigt<br />

hat.<br />

Das Landessozialgericht (LSG) Sachsen<br />

hatte die Frage der Vereinbarkeit der<br />

Pflichtversicherung mit europäischem<br />

Recht schließlich dem EuGH vorgelegt.<br />

Dieser verneinte einen Verstoß gegen<br />

europäisches Wettbewerbsrecht und<br />

gab Hinweise zur Auslegung der europäischen<br />

Dienstleistungsfreiheit. Ob das<br />

Monopol verhältnismäßig und damit<br />

Die <strong>BGHM</strong> auf der parts2clean <strong>2011</strong><br />

Erste Hilfe bei Kontakt mit ätzenden<br />

Stoff en entscheidend<br />

Die Berufsgenossenschaft Holz und Metall<br />

thematisiert die Erste Hilfe auf der<br />

parts2clean. Die Messe für Teile- und<br />

Oberflächenreinigung fi ndet vom 25. bis<br />

27. Oktober <strong>2011</strong> auf dem Messegelände<br />

in Stuttgart statt.<br />

Jede Branche hat ihr eigenes Unfallgeschehen.<br />

In der Galvanik beispielsweise<br />

gehen Unfälle vielfach auf den<br />

Augen- oder Hautkontakt mit ätzenden<br />

oder reizenden Stoff en zurück. Vor diesem<br />

Hintergrund ist die unverzügliche<br />

und funktionierende Erste Hilfe in den<br />

Betrieben entscheidend, denn ohne<br />

diese verringern sich die Chancen der<br />

vollständigen Genesung oder gar des<br />

Überlebens eines Notfallpatienten.<br />

4<br />

gerechtfertigt sei, müsse entsprechend nd<br />

der Aufgabenverteilung zwischen euroropäischem und nationalem Gericht das<br />

vorlegende LSG prüfen. Das LSG holte lte<br />

im weiteren Verfahren ein wirtschaft ftsswissenschaft<br />

liches Gutachten ein, das<br />

die Auff assung von Bundesarbeitsmiministerium und Berufsgenossenschaft en<br />

bestätigte. Nunmehr hat der Senat des<br />

LSG entschieden, dass die Regelung ng<br />

des Sozialgesetzbuchs europarechtstskonform ist. Zum selben Ergebnis war<br />

bereits zuvor das Bundessozialgericht cht<br />

in drei Parallelfällen gekommen. Eine<br />

Revision zum Bundessozialgericht hat<br />

das LSG deshalb nicht zugelassen.<br />

„Wir begrüßen dieses Urteil“, zeigt sich<br />

der Vorsitzende der <strong>BGHM</strong>-Geschäft sführung,<br />

Dr. Albert Platz, erleichtert,<br />

„schließlich haben wir jahrelang dafür<br />

Neben Vorführungen zur Ersten Hilfe<br />

bei Augen- und Hautverletzungen<br />

durch ätzende und reizende Stoff e gibt<br />

es auch praktische Tipps und Übungen<br />

zur Behandlung von Verbrennungen und<br />

Verbrühungen, der Herz-Lungen-Wiederbelebung<br />

und des Einsatzes eines<br />

automatisierten externen Defi brillators.<br />

Außerdem geben Hautschutzexperten<br />

am <strong>BGHM</strong>-Stand gezielte Informationen<br />

zur anwendungsbezogenen Auswahl<br />

von Hautschutzprodukten und Schutzhandschuhen.<br />

Dazu gehören auch der<br />

Hautfunktionstest mit dem Analysecenter<br />

und die Hautschutzkontrolle mit<br />

dem Dermalux-Gerät. Spezielle Fragen<br />

zu technischen Aspekten bentworten<br />

die Arbeitsschutzexperten der <strong>BGHM</strong><br />

Foto: Bilderbox<br />

gekämpft kä ft. Es E bbestätigt, täti t ddass<br />

es zum<br />

System der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung<br />

weder sachlich noch<br />

fi nanziell eine Alternative gibt. Dies ist<br />

und bleibt ein enormer Vorteil der deutschen<br />

Unternehmen im europäischen<br />

Markt.“<br />

<strong>BGHM</strong><br />

Foto: Ambs<br />

sowie des Fachausschusses Metall-<br />

und Oberflächentechnik.<br />

Der <strong>BGHM</strong>-Messestand befi ndet sich in<br />

der Halle 1 auf der Neuen Messe Stuttgart,<br />

Standnummer B 217.<br />

Amb


Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung<br />

(DGUV) und zahlreiche Aktionspartner<br />

hatten zu Vorführungen und<br />

Mitmachaktionen rund um das Erkennen<br />

und Bewerten von Gefahren beim<br />

Fahren und Transportieren eingeladen.<br />

Dabei gaben fachkundige Experten Antworten<br />

auf Fragen wie:<br />

• „Welchen Einfluss hat der tote Winkel<br />

im PKW oder LKW auf die Reaktionen<br />

des Fahrers?“<br />

• „Wie wähle ich den richtigen Kindersitz<br />

im Auto aus?“<br />

• „Ist mein Fahrrad sicher?“<br />

• „Wie funktionieren Fahrassistenzsysteme?“<br />

Und bei einem Test im Fahr- und Über-<br />

„RISIKO RAUS!“- Verkehrssicherheitstag in München<br />

Prävention zum Mitmachen<br />

Prävention und Spaß schließen sich nicht aus. Davon konnten<br />

sich etwa 10.000 Besucher des Verkehrssicherheitstages am<br />

21. Mai <strong>2011</strong> in München auf dem Odeonsplatz überzeugen.<br />

schlagsimulator konnte jeder die Risiken<br />

des Straßenverkehrs völlig gefahrlos<br />

selbst erleben.<br />

Die Münchner Feuerwehr demonstrierte<br />

auf beeindruckende Weise, wie Unfallopfer<br />

aus zertrümmerten Autos gerettet<br />

werden. Dabei wurde auch deutlich, wie<br />

sinnvoll die Rettungskarte des ADAC ist.<br />

Sie liefert den Rettungskräft en wertvolle<br />

Hinweise, wo Spreizer und Schere bei<br />

verunfallten Autos anzusetzen sind. Mit<br />

Hilfe eines Rollstuhlparcours konnten<br />

sich die Besucher in die Situation und<br />

Perspektive gehbehinderter Verkehrsteilnehmer<br />

hineinversetzen.<br />

Unter anderem richteten der bayerische<br />

Innenminister Joachim Herrmann und<br />

Felix Bauer GmbH, Miltenberg<br />

Informationstag „Heben, Tragen, Sitzen“<br />

Foto: Bilderbox<br />

Einen praxisbezogenen Informationstag<br />

zum Thema „Heben, Tragen, Sitzen“<br />

hat die Berufsgenossenschaft Holz und<br />

Metall (<strong>BGHM</strong>) bei der Felix Bauer Edelstahl-Technik<br />

GmbH (SAF) in Miltenberg<br />

durchgeführt. Die Veranstaltung sollte<br />

die Beschäft igten nicht nur zu wirbelsäulengerechtem<br />

Verhalten im Umgang<br />

mit schweren Lasten motivieren, son-<br />

dern auch zu Ausgleichsübungen in<br />

Beruf und Freizeit. Insgesamt nahmen<br />

20 Versicherte aus Werkstatt und Büro<br />

daran teil. Dem kurzen Prolog zur Begrüßung<br />

und der Vorstellung der Aufgaben<br />

der Berufsgenossenschaft en sowie des<br />

Präventionsangebotes der <strong>BGHM</strong> folgte<br />

ein interaktiver Vortrag zum Heben und<br />

Tragen. Darin zeigte <strong>BGHM</strong>-Ergotherapeutin<br />

Susanne Petry zunächst die<br />

vielschichtigen Ursachen für Rückenbeschwerden<br />

auf. „Wirbelsäulenerkrankungen<br />

beschränken sich nicht nur auf<br />

die berufstätige Bevölkerung“, mahnte<br />

sie. In einer alternden Gesellschaft nehmen<br />

diese an Häufi gkeit und Schwere<br />

zu. Eine klare Trennung zwischen Arbeitsplatz<br />

und Freizeit sei dabei nicht<br />

möglich, erläuterte Petry. Darüber hinaus<br />

machte sie darauf aufmerksam,<br />

dass sich auch an einem ergonomisch<br />

gestalteten Arbeitsplatz nicht alle Belastungen<br />

ausschließen lassen. Fa-<br />

NACHRICHTEN < <strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong><br />

Foto: Einhaus<br />

der stellvertretende Hauptgeschäft sführer<br />

der DGUV und DVR-Präsident<br />

Dr. Walter Eichendorf ihre Grußworte an<br />

die zahlreichen Besucher.<br />

Eih<br />

zit: Wirbelsäulengerechtes Verhalten<br />

schließt nicht nur das richtige Heben<br />

und Tragen und die Verwendung von<br />

bereitstehenden Lasthandhabungshilfen<br />

ein, sondern auch notwendige körperliche<br />

Ausgleichsübungen. Anhand<br />

verschiedener Modelle erklärte die<br />

Expertin den Teilnehmern Aufb au und<br />

Schwachstellen der Wirbelsäule, um<br />

im direkten Dialog mit den Teilnehmern<br />

wirbelsäulengerechtes Verhalten am Arbeitsplatz<br />

und in der Freizeit anschaulich<br />

aufzuzeigen. Im Anschluss daran<br />

stellte die Ergotherapeutin geeignete<br />

Bewegungsübungen vor, mit denen einseitigen<br />

Belastungen am Arbeitsplatz<br />

entgegengewirkt werden kann. Mit Hilfe<br />

dieser Übungen lässt sich auf einfache<br />

und eff ektive Weise die Rückenmuskulatur<br />

entspannen und gleichzeitig kräftigen.<br />

Cst<br />

5


<strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong> > NACHRICHTEN<br />

Unfallfreie Bauphase<br />

Gondwanaland in Leipzig eröff net<br />

Foto: Zoo Leipzig<br />

„Innovativ und vorbildlich – so präsentiert sich das Gondwanaland.“<br />

Mit dieser Ansicht dürft e Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich<br />

nicht allein sein.<br />

Tillich eröff nete die Tropenerlebniswelt<br />

im Zoo Leipzig am 1. Juli <strong>2011</strong>. Auf 16.500<br />

Quadratmetern erwartet die Besucher<br />

nun ein Regenwald mitten in der Stadt<br />

– mit 300 Tieren und mehr als 17.000<br />

Pflanzen. Zeitgleich zur 35 Meter hohen<br />

Tropenhalle ist auch das neue Parkhaus<br />

am Zoo mit 1.375 Parkplätzen in Betrieb<br />

gegangen.<br />

In mehr als drei Jahren verwirklichten<br />

vor allem Firmen aus der Region die<br />

Pläne zum Erlebniszoo Gondwanaland<br />

(wir berichteten). Hervorragende Sicherheits-<br />

und Gesundheitsschutzkoordination<br />

waren gefragt: Auf der Baustelle<br />

fanden regelmäßig Bauberatungen zwischen<br />

den Bauherrenvertretern, dem<br />

Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator<br />

sowie den Auft ragnehmern<br />

statt. Gemeinsame Begehungen mit der<br />

Arbeitsschutzbehörde und den Berufsgenossenschaft<br />

en unterstützten ebenfalls<br />

die effi ziente Fertigstellung des<br />

Großprojektes. Gemeinsam verfolgten<br />

6<br />

alle Beteiligten das Ziel, die Sicherheit<br />

und Gesundheit der Beschäft igten zu erhalten<br />

– mit Erfolg: Es passierten keine<br />

nennenswerten Arbeitsunfälle.<br />

Mtr<br />

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben<br />

Auch 2012 wird die Berufsgenossenschaft<br />

Holz und Metall (<strong>BGHM</strong>) die<br />

Fachleute in ihren Mitgliedsunternehmen<br />

mit Kalendern und anderen<br />

Angeboten durch das Jahr begleiten.<br />

Geplant sind derzeit ein<br />

• Wandkalender mit Plakaten und<br />

Checklisten zu ausgesuchten Themen<br />

des Arbeitsschutzes<br />

• kalendarisches Taschenbuch für<br />

Sicherheitsbeauft ragte<br />

• <strong>BGHM</strong>-Kompakt 2012 – Jahrbuch für<br />

Fachkräft e für Arbeitssicherheit<br />

Allerdings werden sich Vertrieb und<br />

Versand dieser<br />

Medien – bedingt<br />

durch die<br />

Fusion zur <strong>BGHM</strong><br />

Anfang dieses<br />

Jahres – im Vergleich<br />

zum Vorjahr<br />

etwas verzögern.<br />

Wir bitten<br />

deshalb um ein<br />

wenig Geduld.<br />

Vielen Dank!<br />

Weitere Informationen im<br />

Internet unter<br />

www.gondwanaland.de<br />

Ihre <strong>BGHM</strong>


NACHRICHTEN < <strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong><br />

Ausgezeichnete Idee<br />

Mit neuem Werkzeug gegen Fingerbrüche<br />

Sechs Mitarbeiter des Daimler-Werkes Wörth hat die<br />

Berufsgenossenschaft Holz und Metall im Rahmen ihres<br />

Ideen-Wettbewebs ausgezeichnet.<br />

Die Schlosser hatten einen Vorschlag<br />

entwickelt, wie die zahlreichen Fingerfrakturen<br />

im Rahmenbau künft ig verhindert<br />

werden sollten. Ursache für die<br />

Verletzungen war in der Regel das Umschlagen<br />

des Ringschlüssels beim Gegenhalten<br />

einer Schraubenmutter. Frisst<br />

diese sich fest, kann der Mitarbeiter<br />

den Ringschlüssel nicht mehr halten, er<br />

bleibt an der Mutter hängen und schlägt<br />

dem Arbeiter auf die Hand. Die jetzt in<br />

dem Werk realisierte Lösung ist eine<br />

Zange mit einem Ringschlüsselmaul,<br />

das sich nach vorne hin öff net, wenn die<br />

Zangengriff e auseinander gedrückt werden.<br />

Damit rutscht eine festgefressene<br />

Mutter beim Gegenhalten nur noch im<br />

IFA-Grenzwerteliste <strong>2011</strong><br />

<strong>Aktuell</strong>e Grenzwerte für chemische,<br />

biologische und physikalische Einwirkungen<br />

am Arbeitsplatz liefert die<br />

Neuauflage der Grenzwerteliste des<br />

Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen<br />

Gesetzlichen Unfallversicherung<br />

(IFA). Damit erhalten Betriebe<br />

ein praktisches und umfassendes<br />

Nachschlagewerk, um arbeitsbedingte<br />

Belastungen ihrer Mitarbeiter<br />

zu beurteilen. Neben Gefahrstoff en<br />

behandelt sie biologische Einwirkungen<br />

am Arbeitsplatz sowie Lärm, Vibrationen,<br />

thermische Gefährdungen,<br />

Strahlung, Elektrizität und biomechanische<br />

Belastungen. Die Liste enthält<br />

alle aktuell geltenden Grenzwerte,<br />

sofern sie für eine Belastungsart<br />

verfügbar sind. Fehlen Grenzwerte,<br />

fi ndet der Anwender Empfehlungen<br />

und Erläuterungen zur Arbeitsplatzbeurteilung.<br />

IFA/Mtr<br />

Download und Druckversion<br />

im Internet unter<br />

www.bghm.de/7000<br />

Foto: Daimler AG<br />

Ringschlüsselmaul durch, weil sich<br />

durch die hohe Kraft der untere Zangenhebel<br />

öff net. Das Umschlagen des Gegenhalters<br />

und damit die Verletzungen<br />

sind nun Vergangenheit. Das Daimler-<br />

Auch für kleinere Unternehmen ist das<br />

von der Berufsgenossenschaft Holz und<br />

Metall vergebene Gütesiegel „Sicher<br />

mit System“ attraktiv. Seit dem Juni <strong>2011</strong><br />

darf sich auch die Firma Gregor Biesinger<br />

aus Haigerloch mit diesem Zertifi -<br />

kat schmücken. Der Betrieb mit etwa<br />

25 Mitarbeitern stellt Werkzeuge über<br />

Das neu entwickelte<br />

Werkzeug im<br />

Einsatz: Aus dem<br />

Ringschlüssel ist<br />

eine Zange geworden,<br />

die sich bei<br />

Widerständen öff -<br />

net und die Mutter<br />

freigibt.<br />

Werk hat das neue Werkzeug ab sofort<br />

in verschiedenen Schlüsselweiten auf<br />

Lager.<br />

Gütesiegel<br />

Großer Tag bei „kleiner“ Firma<br />

v.r.n.l.: Dr. Eberhard Gehrlach (<strong>BGHM</strong>), Gregor,<br />

Ingo und Jörg Biesinger bei der Verleihung des<br />

Gütesiegels.<br />

Tbz<br />

unterschiedliche Erodierverfahren her.<br />

Das Unternehmen legte schon immer<br />

großen Wert auf gut geregelte Abläufe,<br />

Ordnung und Sauberkeit. Deshalb war<br />

es naheliegend, die Zertifi zierung nach<br />

dem Gütesiegel anzustreben.<br />

Hbg<br />

Foto: <strong>BGHM</strong><br />

7


<strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong> > NACHRICHTEN<br />

Emissions-Schalldruckpegel am Arbeitsplatz bestimmen<br />

Geräuschangabe nach der EG-Maschinenrichtlinie<br />

Welche Bedeutung hat die Kenntnis der Geräuschemissionen<br />

von Maschinen für die Planung neuer Arbeitsplätze und die Prognose<br />

von Lärmbelastungen?<br />

Diese Frage beantwortet das Institut für<br />

Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen<br />

Unfallversicherung (IFA) in der<br />

Zeitschrift „Technische Sicherheit“.<br />

Der Emissions-Schalldruckpegel am<br />

Arbeitsplatz beschreibt die Geräuschemission<br />

einer Maschine. So ist der<br />

Hersteller oder Importeur einer Maschine<br />

nach der EG-Maschinenrichtlinie<br />

2006/42/EG verpflichtet, den entsprechenden<br />

Wert in der Betriebsanleitung<br />

8<br />

Extranet-Lohnnachweis <strong>2011</strong><br />

Alle Mitgliedsunternehmen der Berufsgenossenschaft<br />

Holz und Metall<br />

können den Lohnnachweis für das<br />

Jahr <strong>2011</strong> online verschicken. Die Mitgliedsunternehmen<br />

erhalten mit dem<br />

Versand des Papierlohnnachweises<br />

die Zugangskennung, die aus einem<br />

Benutzernamen und einem Passwort<br />

besteht. Damit können Sie unter<br />

www.bghm.de/extranet an diesem<br />

Verfahren teilnehmen.<br />

Näheres erfahren Sie in den nächsten<br />

<strong>BGHM</strong>-Mitteilungen.<br />

Foto: Fotolia<br />

und in den technischen Unterlagen anzugeben.<br />

Erst bei Überschreitung von<br />

80 dB(A) ist zusätzlich die Angabe des<br />

Schallleistungspegels gefordert.<br />

Zur Bestimmung des Emissions-Schalldruckpegels<br />

am Arbeitsplatz gibt es<br />

unterschiedliche Ansätze, die in den<br />

Rahmennormen DIN EN ISO 11201 bis<br />

DIN EN ISO 11205 beschrieben werden.<br />

Diese Grundnormen wurden größtenteils<br />

Mitte der 90er Jahre entwickelt,<br />

Seit April <strong>2011</strong> sind die neuen harmonisierten<br />

europäischen B-Normen<br />

• DIN EN ISO 4413 für die hydraulische<br />

Ausrüstung und<br />

• DIN EN ISO 4414 für die pneumatische<br />

Ausrüstung<br />

in deutscher Sprache beim Beuth-Verlag,<br />

Berlin erhältlich. Damit wurden die<br />

alten europäischen B-Normen DIN EN<br />

982 (Hydraulik) und DIN EN 983 (Pneumatik),<br />

die in den wesentlichen Teilen<br />

aus dem Jahr 1996 stammen, mit den<br />

vorhandenen Normen ISO 4413 (Hydraulik)<br />

und ISO 4414 (Pneumatik) von<br />

in den letzten Jahren aber wesentlich<br />

überarbeitet. Zwischenzeitlich gesammelte<br />

Erfahrungen sollten berücksichtigt<br />

und Messunsicherheiten reduziert<br />

werden. Da die Maschinen einer bestimmten<br />

Art nur dann miteinander vergleichbar<br />

sind, wenn sie unter gleichen<br />

Aufstell- und Betriebsbedingungen wie<br />

Drehzahl und Last betrieben werden,<br />

sind ergänzende maschinenspezifi sche<br />

Normen erforderlich. Diese „Geräuschemissionstestnormen“<br />

gibt es bereits<br />

für viele Maschinen, z.B. für Dreh-, Holzbearbeitungs-<br />

und Textilmaschinen.<br />

Außerdem können die erforderlichen<br />

maschinenspezifi schen Festlegungen<br />

zur Geräuschemissionsmessung als<br />

eine umfassende Sicherheitsnorm für<br />

die entsprechende Maschinenart integriert<br />

werden. Falls diese international<br />

abgestimmten maschinenspezifi schen<br />

Geräuschmessvorschrift en für eine<br />

zu messende Maschine noch nicht<br />

vorliegen, muss der Hersteller selbst<br />

sinnvolle Festlegungen bezüglich der<br />

anzuwendenden Grundnorm und der<br />

Aufstell- und Betriebsbedingungen treffen.<br />

IFA/Mtr<br />

Download im Internet unter<br />

www.bghm.de/7000<br />

Neue Normen für hydraulische und pneumatische Ausrüstung<br />

Europäische Normen harmonisiert<br />

1998 in neue gemeinsame Fassungen<br />

gebracht. Gleichzeitig entsprechen die<br />

Anforderungen für Sicherheit und Gesundheit<br />

unter der Berücksichtigung aktueller<br />

A- und B-Normen dem neuesten<br />

Stand. Die neuen Normen stellen somit<br />

die neue Messlatte für die Konstruktion<br />

in Sachen Hydraulik und Pneumatik dar.<br />

Damit dürfen die alten Normen DIN EN<br />

982 und 983 höchstens noch bis zum<br />

30.11.<strong>2011</strong> angewendet werden oder<br />

in Konformitätserklärungen aufgeführt<br />

sein.<br />

Srf


Lehrlingstag <strong>2011</strong> in Koblenz.<br />

Unfallgefahren<br />

im Fokus<br />

Die Berufsgenossenschaft Holz und Metall<br />

(<strong>BGHM</strong>) hat Berufsanfänger auf die<br />

wesentlichen Unfallgefahren im Tischlerhandwerk<br />

aufmerksam gemacht. Sie<br />

nutzte dafür den Lehrlingstag des rheinland-pfälzischen<br />

Fachverbandes Holz<br />

und Kunststoff Anfang Juni in Koblenz.<br />

Zu den Gefahren gehören das Schneiden<br />

an der Formatkreissäge sowie der<br />

innerbetriebliche Plattentransport und<br />

die Plattenlagerung. Die dabei auft retenden<br />

Risiken und die entsprechenden<br />

Maßnahmen zu deren Vermeidung wurden<br />

in Wort und Film veranschaulicht.<br />

Außerdem kam der Plattenstapelsimulator<br />

zum Einsatz, der den Lehrlingen<br />

das unkalkulierbare Risiko beim „Blättern“<br />

in einem ungesicherten Plattenstapel<br />

vor Augen führte.<br />

Foto: Klöckner<br />

Eingeladen waren die Berufsschulklassen<br />

des zweiten Lehrjahres der Fachrichtung<br />

Tischler/Schreiner aus Rheinland-Pfalz.<br />

Diese hatten zuvor eine<br />

Projektarbeit zum Thema „Alles rund“<br />

umgesetzt und konnten ihre Ergebnisse<br />

präsentieren. Wegen der positiven Resonanz<br />

auf <strong>Seiten</strong> der Lehrlinge, Fachlehrer<br />

und des Fachverbandes ist für<br />

Oktober <strong>2011</strong> ein weiterer Lehrlingstag<br />

in Koblenz anberaumt, den die <strong>BGHM</strong><br />

erneut unterstützt.<br />

Klc<br />

Fotos: <strong>BGHM</strong><br />

Aktionstage für Azubis<br />

„Spielend“ lernen<br />

Handeln und aus Erfahrungen lernen:<br />

So sensibilisierten die H. P. Kaysser<br />

GmbH & Co. KG in Leutenbach und<br />

die Sortimat Academy in Winnenden<br />

ihre Berufsanfänger an den jeweiligen<br />

Standorten für Gefährdungen am Arbeitsplatz.<br />

Rund 60 Auszubildende zum Zerspanungsmechaniker<br />

informierten sich<br />

im Juli zu den Themen Sucht, Verkehrssicherheit,<br />

Ladungssicherung sowie<br />

zum „Sicheren Auft ritt“. Die Auswahl<br />

der Themen orientierte sich an<br />

der laufenden Präventionskampagne<br />

der gesetzlichen Unfallversicherung<br />

„RISIKO RAUS!“.<br />

Sehr wichtige Erkenntnisse der jungen<br />

Frauen und Männer waren die zum<br />

Thema Sucht. Zwar ist stets auch viel<br />

Spaß dabei, wenn die sogenannte<br />

Rauschbrille einen Promillegehalt von<br />

1,3 simuliert, und die Berufsanfänger<br />

so gehandicapt mit dem Bobby Car<br />

einen Parcours zu fahren haben. Aber<br />

es macht auch jedes Mal aufs Neue<br />

den Kontrollverlust im Rauschzustand<br />

deutlich. Wie es ist, mit einem Fahrzeug<br />

auf ein Hindernis zu prallen,<br />

durft en die Auszubildenden auf dem<br />

Gurtschlitten der Berufsgenossenschaft<br />

Holz und Metall (<strong>BGHM</strong>) erfahren.<br />

Selbst bei einer Aufprallgeschwin-<br />

NACHRICHTEN < <strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong><br />

Verschiedene Bodenbeläge<br />

erlebbar gemacht – ein Teilmodul<br />

des Stolperparcours<br />

der <strong>BGHM</strong>.<br />

digkeit von nur 11 km/h macht diese<br />

Demonstration deutlich, wie wichtig es<br />

ist, auch bei geringsten Geschwindigkeiten<br />

den Sicherheitsgurt anzulegen.<br />

Aber auch das Gehen kann schon zu<br />

schmerzhaft en Unfällen führen. Welche<br />

unterschätzten Stolper-, Rutsch- und<br />

Sturzgefährdungen im Betrieb lauern,<br />

machte den Auszubildenden der <strong>BGHM</strong>-<br />

Stolperparcours bewusst.<br />

Der vom <strong>BGHM</strong>-Präventionsdienst<br />

Stuttgart unterstützte Aktionstag<br />

„Sicher Arbeiten“ fand in den Betrieben<br />

bereits zum zweiten Mal statt, auch in<br />

diesem Jahr mit großer Resonanz.<br />

Amb<br />

Rauschbrille zur Simmulation<br />

eines Blutalkoholgehaltes von<br />

1,3 Promille<br />

9


<strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong> > SICHERHEIT UND GESUNDHEIT<br />

Jugend will sich-er-leben<br />

Verantwortung für die Sicherheit übernehmen<br />

10<br />

Azubi Kolja flext im Keller alte Rohrleitungen ab<br />

und verteilt diese so im Raum, dass er sich den<br />

lebensrettenden Fluchtweg selbst versperrt. Und<br />

die, die ihn darauf anspricht, ist Jana, eine fi ktive<br />

Moderatorin eines fi ktiven TV Realityformats, in<br />

dem der neue Kampagnenfi lm der Aktion „Jugend<br />

will sich-er-leben“ gehalten ist; Thema: „Echt kapiert<br />

- sicher?!“. Es geht also vordergründig um<br />

Kardinaltugenden der Arbeitssicherheit wie zum<br />

Beispiel Aufmerksamkeit, Kommunikation oder<br />

Selbsteinschätzung, stets verbunden mit der Frage,<br />

wie viel Verantwortung die Auszubildenden<br />

selbst für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz<br />

übernehmen müssen.<br />

Denkanstöße liefert die „Checkliste Arbeitssicherheit“,<br />

die sich als roter Faden durch den Film und<br />

„Bist Du blind? Flexen – Funken<br />

– Lösungsmittel – Putzlappen.<br />

Das brennt wie Zunder. Und was<br />

machst Du dann?“ „Na, wenn’s<br />

brennt, hau’ ich ab.“ „Ach ja?<br />

Und wohin?“<br />

die weiteren Unterrichtsmaterialien der Kampagne<br />

zieht. Mit ihren fünf Fragen lädt sie zum Nachdenken<br />

ein, zur Reflektion über die Eindeutigkeit von<br />

Arbeitsauft rägen, über die eigene Qualifi kation<br />

oder über den bevorstehenden Arbeitsprozess.<br />

Da die Checkliste branchenunabhängig aufgebaut<br />

ist, kann sie von jedem Azubi eingesetzt werden.<br />

Nur wer den bevorstehenden Arbeitsprozess mit<br />

all seinen Facetten und Besonderheiten wirklich<br />

verstanden – also echt kapiert – hat, der kann die<br />

richtigen Maßnahmen für seine Sicherheit und die<br />

seiner Kolleginnen und Kollegen treff en.<br />

Konkrete Unterrichtsvorschläge untermauern das<br />

Konzept: Der erste beschränkt sich darauf, die<br />

Checkliste kennenzulernen, und sie mit Beispielen<br />

aus dem Aktionsfi lm zu verdeutlichen. Im zweiten


und dritten, etwas zeitaufwändigeren Vorschlag,<br />

wird die Checkliste mit Beispielen aus der eigenen<br />

Arbeitswelt gefüllt. Der vierte widmet sich dem<br />

häufi g unbewussten Umgang der Auszubildenden<br />

mit Gefährdungen, und der fünft e Unterrichtsvorschlag<br />

rückt die angemessene Reaktion in einer<br />

Gefahrensituation in den Mittelpunkt.<br />

Der Aktion liegt in diesem Jahr das Konzept des<br />

erfahrungsorientierten Lernens zugrunde. Es beschreibt<br />

einen Regelkreislauf, in dem sich Phasen<br />

der Handlung mit solchen der Reflexion abwechseln.<br />

Die These lautet: Wenn ich mein Handeln<br />

kontinuierlich einer kritischen Reflexion unterziehe,<br />

kann ich mein Handeln ständig optimieren,<br />

also sicherer gestalten.<br />

Ergänzt wird die diesjährige Aktion durch eine<br />

Schülerinfo, den Webauft ritt unter www.jwsl.de<br />

und verschiedene schul- und schülerbezogene<br />

Wettbewerbe. Im sogenannten Kreativwettbewerb<br />

sind die Schülerinnen und Schüler aufgefordert<br />

sich darüber Gedanken zu machen, wer ihre „persönliche<br />

Jana“ ist. Oder anders formuliert: Wer<br />

oder was hilft ihnen, sich vor und während der Arbeit<br />

Gedanken über ihre eigene Sicherheit und Gesundheit<br />

zu machen?<br />

Von Gefährdungsrisiken und Impfungen<br />

bis hin zu Tipps für interkulturelle Kommunikation<br />

informiert eine neue Folge<br />

des „Gesundheitsmagazins“ der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft<br />

(VBG). Sechs<br />

Kapitel befassen sich mit Aspekten von<br />

Auslandseinsätzen. Menschen mit unterschiedlichen<br />

Berufen berichten von ihren<br />

Erfahrungen im Ausland<br />

Am Beispiel eines Patienten wird der Ablauf<br />

einer arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung<br />

dargestellt. Die Personalverantwortliche<br />

eines weltweit tätigen<br />

Technologieunternehmens erzählt, wie<br />

die Auslandseinsätze der Beschäft igten<br />

Edith Münch<br />

Erfahrungsberichte<br />

Arbeiten im Ausland<br />

SICHERHEIT UND GESUNDHEIT < <strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong><br />

Checkliste Arbeitssicherheit<br />

Wer vor Durchführung einer bestimmten Tätigkeit die folgenden fünf<br />

Checkpunkte selbstkritisch durchgeht, kommt möglichen Gefährdungen<br />

schnell auf die Spur.<br />

1. WAS? (Arbeitsauft rag)<br />

...soll ich tun?<br />

Habe ich einen klaren Arbeitsauft rag?<br />

Habe ich den Arbeitsauft rag verstanden?<br />

Reicht meine Qualifi kation für diese Aufgabe?<br />

2. WER? (Arbeitskollegen / Arbeitspartner)<br />

...arbeitet mit mir oder in meiner Nähe?<br />

Können wir arbeiten ohne uns gegenseitig zu gefährden oder zu<br />

stören?<br />

Kann ich mich mit meinen Kollegen verständigen?<br />

Kann ich im Zweifelsfall Unterstützung bekommen?<br />

3. WIE? (Arbeitsmittel, Arbeitsgeräte)<br />

... soll ich die Arbeit durchführen?<br />

Sind die Arbeitsmittel und –geräte in Ordnung?<br />

Bin ich im Umgang mit ihnen unterwiesen worden?<br />

Habe ich die richtige Schutzkleidung?<br />

4. WO? (Arbeitsumgebung)<br />

...soll ich arbeiten?<br />

Habe ich in dieser Arbeitsumgebung schon einmal gearbeitet?<br />

Kenne ich die besonderen Gefährdungen der Arbeitsumgebung?<br />

Kenne ich den Fluchtweg? Weiß ich, wo der Feuerlöscher ist?<br />

5. WOZU? (Arbeitsergebnis, -zusammenhang)<br />

...soll ich den Arbeitsauft rag durchführen?<br />

Kenne ich die Bedeutung meiner Arbeit für die Kollegen und den<br />

Betrieb?<br />

Ist mein Arbeitsergebnis für andere sicher?<br />

Habe ich meinen Arbeitsplatz sauber und aufgeräumt verlassen?<br />

Wer alle Fragen mit einem überzeugten JA beantworten kann, befi ndet<br />

sich auf einem guten und sicheren Weg. Wer eine Frage mit NEIN beantworten<br />

muss, sollte unverzüglich seinen Vorgesetzten oder Kollegen<br />

fragen und mit der Arbeit erst beginnen oder fortfahren, wenn alle<br />

Unklarheiten beseitigt sind.<br />

geplant und organisiert werden, von der<br />

Interessensbekundung bis zur konkreten<br />

Einsatzplanung. Einen Einblick in ihren<br />

(Arbeits-) Alltag in Neu Delhi geben ein<br />

deutscher Ingenieur und seine Familie.<br />

Wie unterschiedlich die Kommunikation<br />

in Europa, Afrika und Asien ist, zeigt das<br />

Treff en von zwei Geschäft sleuten. Die VBG<br />

stellt ihr Service-Angebot in der neuen Folge<br />

des „Gesundheitsmagazins“ vor und<br />

beantwortet unter anderem Fragen zum<br />

Versicherungsschutz im Ausland, zur versicherten<br />

Tätigkeit und zum Verhalten nach<br />

einem Unfall.<br />

Mtr<br />

Foto: Bilderbox<br />

11


<strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong> > SICHERHEIT UND GESUNDHEIT<br />

BG-Seminar<br />

Ausbildung von Netzmonteuren<br />

Die Beschäft igten, die Schutz- und Arbeitsplattformnetze montieren,<br />

kommen aus den unterschiedlichsten Gewerbezweigen. Von der<br />

Qualität ihrer Arbeit hängt das Leben derjenigen ab, die sich auf die<br />

Netze verlassen müssen.<br />

12<br />

Um einen Standard bei der Montage und Demontage<br />

und eine Qualitätssicherung in diesem Bereich<br />

zu erzielen, wurde ein spezielles Netzmonteur-Seminar<br />

entwickelt, in das auch die Erfahrungen aus<br />

vielen Baustellensituationen sowie die Wünsche<br />

der beteiligten Industrievertreter einflossen. Dabei<br />

wurde ganz bewusst der Schwerpunkt auf die praktischen<br />

Übungen gelegt.<br />

Im Februar 2009 wurde im Arbeitsschutzzentrum<br />

der BG BAU in Haan das erste offi zielle Seminar<br />

„Ausbildung von Netzmonteuren für die Montage<br />

von Schutz- und Arbeitsplattformnetzen“ durchgeführt.<br />

Aufgrund der großen Beliebtheit, das dieses<br />

Seminar mittlerweile bei den Mitgliedsbetrieben<br />

aus den Branchen Bau, Holz und Metall genießt,<br />

sind die jährlichen Termine immer sehr schnell<br />

ausgebucht. Für 2012 sind bereits viele Vormerkungen<br />

eingegangen, Interessenten sollten sich<br />

deshalb möglichst schnell für das Praxisseminar<br />

anmelden.<br />

Das Besondere an diesem Lehrgang sind nicht nur<br />

die Dozenten, alles europaweit anerkannte Fachleute<br />

in Sachen Normung, Unfallverhütung und<br />

praxisgerechter Baustelleneinsatz. Auch der Pra-<br />

Fotos: Glaser<br />

xisteil wird von Fachfi rmen gestaltet, die sich national<br />

oder international einen Namen gemacht<br />

haben. Das Motto lautet: „Nur das Beste ist gut<br />

genug“.<br />

Vom Teilnehmer zur „befähigten Person“<br />

Teilnehmer der Seminare sind Führungskräft e<br />

und Mitarbeiter von Betrieben aus Industrie und<br />

Handwerk, die unter anderem als Netzverleger,<br />

Profi lblechverleger, Gerüstbauer, Solarteure oder<br />

Dachdecker in der Netzmontage arbeiten. Sie sollen<br />

nach Abschluss des Seminars befähigt sein,<br />

eine sichere und fachgerechte Montage und Demontage<br />

durchzuführen, Netzbeschädigungen zu<br />

erkennen und zu beurteilen, sowie auft retende<br />

Gefährdungen bei Netzmontagen festzustellen. Es<br />

wird ihnen die Sachkunde gemäß BGR 179 „Einsatz<br />

von Schutznetzen“ vermittelt, und nach erfolgreichem<br />

Abschluss erhalten sie den Status einer befähigten<br />

Person. Dieser Sachverhalt ist auf der Baustelle<br />

von besonderer Bedeutung, da Schutznetze<br />

oder Netzzubehör, die durch das Auff angen einer<br />

Person oder eines Gegenstandes beansprucht wurden,<br />

nur mit Zustimmung und nach Prüfung durch<br />

eine befähigte Person wieder eingesetzt werden<br />

dürfen.


Praxistipp: Im Zuge der Ausbildung tritt regelmäßig<br />

die Frage auf, ob Schutznetze betreten werden<br />

dürfen.<br />

Generell sind Schutznetze kollektiv wirkende Auffangeinrichtungen<br />

und keine Arbeitsplätze (wie<br />

z.B. Arbeitsplattformnetze) und deshalb auch<br />

nicht zu begehen (z.B. bei der nachträglichen<br />

Konfektionierung wie der Bestückung mit Planen).<br />

Nur in sorgfältig geprüft en Einzelfällen – bei der<br />

Rettung von Personen und dem Entfernen von hereingefallenem<br />

Material – dürfen die Netze unter<br />

Berücksichtigung der Gefährdungsbeurteilung<br />

betreten werden. Die Netzgröße muss mindestens<br />

35 m² und die Länge der kürzesten Seite mindestens<br />

fünf Meter betragen. Für kleinere Netzflächen<br />

ist ein sicheres Weiterleiten der Kräft e, die beim<br />

Auff angvorgang auft reten, nicht mehr zu gewährleisten.<br />

Das Seminar geht auch auf die Randsicherungen<br />

und Arbeitsplattformnetze ein und ergänzt<br />

auch diese Themen mit praktischen Übungen. Die<br />

Handlungsanleitung (BGI 662) für den Umgang mit<br />

Arbeitsplattformnetzen wendet sich hauptsächlich<br />

an Unternehmer, die Arbeitsplattformnetze<br />

montieren oder benutzen. Sie gibt Hinweise zu<br />

den Regelungen des Arbeitsschutzgesetzes, der<br />

Betriebssicherheitsverordnung, den Berufsgenossenschaft<br />

lichen Regelungen und zu einschlägigen<br />

Normen, die beim Umgang mit Arbeitsplattformnetzen<br />

zu berücksichtigen sind. Der Umgang mit<br />

Arbeitsplattformnetzen schließt den Auf-, Um- und<br />

Die Verfasser und<br />

Mitverantwortlichen<br />

der BGI 662<br />

sind an den Lehreinheiten<br />

als Referenten<br />

beteiligt.<br />

SICHERHEIT UND GESUNDHEIT < <strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong><br />

Netzreparatur nach<br />

Beschädigung<br />

Abbau sowie deren sichere Lagerung, Transport<br />

und Benutzung ein. Die Tätigkeiten für die Netzherstellung<br />

gehören also nicht dazu, diese sind allein<br />

Sache des Produzenten.<br />

An den Lehrinhalten beteiligt sind die Verfasser<br />

und Mitverantwortlichen der BGI 662, Gerhard Adler,<br />

Friedhelm Brinkkötter, Dr. Marco Einhaus (alle<br />

<strong>BGHM</strong>) und Thomas Glaser (BG BAU). Sie können<br />

direkt auf Fragen und Anregungen des sich stark<br />

weiterentwickelnden Themas eingehen.<br />

Generell sind alle Beteiligten und Teilnehmer der<br />

Meinung, dass dieses Seminar einen erheblichen<br />

Beitrag zur Unfallverhütung leistet. Fachgerecht<br />

montierte Schutznetze gewährleisten, dass die<br />

Beschäft igten nach Abstürzen bei Arbeiten auf<br />

hochgelegenen Arbeitsplätzen sicher aufgefangen<br />

werden. Dies verhindert schwerwiegende Verletzungen.<br />

Darum sollte es für jeden verantwortungsvollen<br />

Bauherrn, Architekten oder Sicherheits- und<br />

Gesundheitsschutzkoordinator eine Verpflichtung<br />

sein, bei der Vergabe von Bauleistungen darauf zu<br />

achten, dass für diese entsprechenden Arbeiten<br />

nur ausgebildete Monteure zum Einsatz kommen.<br />

Thomas Glaser<br />

Übung am Arbeitsplattformnetz<br />

13


<strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong> > SICHERHEIT UND GESUNDHEIT<br />

Auf Dächern<br />

Leichtsinn kommt vor dem Fall<br />

Das „Erneuerbare-<br />

Energien-Wärmegesetz<br />

(EEG) schreibt Hauseigentümern<br />

vor, künft ig<br />

mindestens 15 Prozent<br />

des Wärmebedarfs<br />

über Solaranlagen<br />

abzudecken – sofern<br />

Änderungen an der<br />

Heizungsanlage vorgenommen<br />

werden.<br />

14<br />

Die Einbindung der „Solarthermie“ beschert den<br />

Installationsunternehmen neue Gefährdungen: Arbeiten<br />

unter Absturzgefahr. Bis jetzt gehörte dies<br />

in der Branche nicht zum Tagesgeschäft . Deshalb<br />

überrascht es auch nicht, dass einige Berufsgenossenschaft<br />

en im Laufe des Jahres 2010 einen<br />

sprunghaft en Anstieg der Absturzunfälle bei der<br />

Montage von Solaranlagen verzeichneten. Die Absturzhöhen<br />

liegen dabei in der Regel zwischen drei<br />

und fünf Metern, viele Unfälle verlaufen schwer<br />

oder gar tödlich.<br />

Anfang 2010 hat sich das Fachteam Bau im Präventionsdienst<br />

Bremen der Berufsgenossenschaft<br />

Holz und Metall (<strong>BGHM</strong>) der geänderten Tätigkeiten<br />

in der Branche angenommen. Dort ist ein besonderer<br />

Beratungsservice entstanden, der eine<br />

themenbezogene Beratungsunterlage erstellt hat.<br />

Außerdem hat das Fachteam mehrere Tagungen zu<br />

dem Thema durchgeführt.<br />

Vorschrift en<br />

Das Vorschrift en- und Regelwerk im Arbeitsschutz<br />

beschreibt bei Arbeiten unter Absturzgefahr die<br />

Vorgehensweise für vorbereitende und abschließende<br />

Maßnahmen, den sicheren Standplatz,<br />

die Verkehrswege, nicht begehbare Bauteile und<br />

Absturzsicherungen bei baulichen Anlagen und<br />

Gebäuden. Das beinhaltet auch die Montage von<br />

Solarthermie-Anlagen. Damit die Unternehmen<br />

den Regelungen gerecht werden können, hat das<br />

Fachteam geeignete Lösungen erarbeitet. Um-<br />

fangreiche Recherchen haben ergeben, dass viele<br />

Hersteller zum Thema „Arbeiten unter Absturzgefahr“<br />

ihre Produkte als Schutzmaßnahmen anbieten.<br />

Die Dauer für die Montage der Solarthermie<br />

(Flach- oder Röhrenkollektoren) beträgt bei einem<br />

Einfamilienhaus in der Regel vier bis acht Stunden.<br />

Diese kurze Montagezeit schränkt die Auswahl der<br />

Absturzsicherungssysteme sehr ein, da Zeit- und<br />

Kostenaufwand in einem angemessenen Verhältnis<br />

stehen sollten. Leider sind improvisierte Lösungen<br />

nicht selten. Dabei besteht jedoch stets die<br />

Gefahr, dass die zu erwartenden Kräft e bei einem<br />

Sturz nicht sicher aufgenommen werden können.<br />

Hier gilt es geeignete Lösungen zu fi nden.<br />

Gefährdungsbeurteilung<br />

Der Gesetzgeber fordert durch das Arbeitsschutzgesetz<br />

eine Beurteilung der Arbeitsbedingungen.<br />

Das bedeutet, dass der Unternehmer alle Gefährdungen,<br />

die mit der Tätigkeit verbunden sind,<br />

zu ermitteln hat. Bei der Montage von Flach- und<br />

Röhrenkollektoren sowie Photovoltaik müssen alle<br />

Arbeits- und Umgebungseinflüsse betrachtet und<br />

Maßnahmen festgelegt werden, z. B:<br />

• Baustellenorganisation<br />

• Verkehrswege von und zum Arbeitsplatz<br />

• begehbare und nicht begehbare Bauteile,<br />

• Dachfläche<br />

• Standplatz<br />

• Absturzsicherungen<br />

• Transport


Ein wesentlicher Bestandteil der Gefährdungsbeurteilung<br />

ist das Einhalten der Maßnahmenhierarchie.<br />

Kollektive Schutzmaßnahmen (<strong>Seiten</strong>randabsturzsicherung,<br />

Fangnetze, Gerüste) haben also<br />

Vorrang vor der Persönlichen Schutzausrüstung<br />

(PSA) gegen Absturz. Deren Einsatz darf nur erfolgen,<br />

wenn der Zeitaufwand für die auszuführenden<br />

Arbeiten in der Summe unter zwei Personentagen<br />

liegt, und die Herstellung einer kollektiven Schutzmaßnahme<br />

vom Umfang gefährlicher ist. Die Systembestandteile<br />

einer PSA gegen Absturz bestehen<br />

aus der Anschlageinrichtung, dem Auff anggurt<br />

und Auff anggerät. Die Wirksamkeit der festgelegten<br />

Maßnahmen ist zu kontrollieren.<br />

Sichere Anschlagpunkte festlegen<br />

Die häufi gsten Fehler beim Einsatz von PSA gegen<br />

Absturz werden bei der Beschaff ung, Wahl des Anschlagpunktes<br />

(7,5 KN) und beim Anlegen des Gurtes<br />

gemacht. Bei einem möglichen Absturz treten<br />

erhebliche Kräft e auf. Damit diese aufgenommen<br />

werden können, ist ein sicherer Anschlagpunkt<br />

festzulegen. Zudem sind die Systembestandteile<br />

der PSA gegen Absturz mindestens jährlich<br />

zu prüfen. Nur unterwiesene Personen dürfen<br />

PSA gegen Absturz bei der Ausführung Ihrer Tätigkeiten<br />

einsetzen.<br />

Das Fachteam Bau hat einen Leitfaden erarbeitet,<br />

der nahezu alle gefährlichen Arbeiten bei der Solarthermie-Montage<br />

auf Flach- und Schrägdächern<br />

erfasst. Dieser beschreibt verschiedene Lösungsbeispiele<br />

für die sichere Montage von Solarthermieanlagen<br />

genauso wie kollektive Absturzsicherungen.<br />

Praktische Erfahrungsberichte bestätigen<br />

SICHERHEIT UND GESUNDHEIT < <strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong><br />

deren Anwendung. Leider werden diese Lösungen<br />

aus Unkenntnis nur selten umgesetzt. Der Präventionsdienst<br />

Bremen hat sich deshalb das Ziel<br />

gesetzt, möglichst schnell alle Unternehmen zu<br />

informieren, um die Sicherheit bei der Montage zu<br />

erhöhen und Unfällen vorzubeugen.<br />

Wenn die Gefährdungsbeurteilung ergeben hat,<br />

dass der Einsatz von PSA gegen Absturz angezeigt<br />

ist, dann müssen die Systembestandteile aufeinander<br />

abgestimmt sein. Die betreff enden Unternehmen<br />

werden nach Terminabsprache gezielt<br />

aufgesucht und anhand des Leitfadens informiert.<br />

So sind auch individuelle Probleme in Zusammenarbeit<br />

mit der <strong>BGHM</strong> sicher zu lösen. Die Unternehmen<br />

erhalten über den Besuch ein Protokoll.<br />

In den Jahren 2010 und <strong>2011</strong> hat der Präventionsdienst<br />

Bremen in Bad Zwischenahn und Jesteburg<br />

Fachtagungen organisiert, um die Betriebe zu informieren.<br />

Diese enthielten sowohl einen theoretischen<br />

Teil (Schutz gegen Absturz im Vorschrift en-<br />

und Regelwerk, Einsatz von PSA gegen Absturz),<br />

als auch praktische Vorführungen. Dabei konnten<br />

die Teilnehmer unterschiedliche Systeme der Maßnahmen<br />

gegen Absturz selbst zu beurteilen. Ferner<br />

wurden an einem Infostand mögliche PSA gegen<br />

Absturz präsentiert und die Vor- und Nachteile der<br />

einzelnen Systeme erörtert. In einer Kurzunterweisung<br />

konnten die Teilnehmer das richtige Anlegen<br />

der PSA gegen Absturz ausprobieren. Die vielen<br />

Rückmeldungen haben die Notwendigkeit für diese<br />

Fachtagungen noch einmal unterstrichen.<br />

Schröder / Pastoor / Regenhardt<br />

Fotos: Bramac<br />

15


<strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong> > SICHERHEIT UND GESUNDHEIT<br />

Schwerpunktthema Oktober<br />

Fahrzeuginstandhaltung -<br />

Gefahren durch brennbare Reiniger<br />

Kraft fahrzeuge unterliegen einem Verschleiß und müssen<br />

in festgelegten Abständen gewartet oder instandgesetzt<br />

werden. Neben den üblichen Serviceaufgaben fallen dabei<br />

auch Reinigungsarbeiten an.<br />

16<br />

Die Arbeiten erstrecken sich von der Reinigung mechanischer Bauteile bis hin zum<br />

Säubern von Sitzpolstern. So kommen in der Kfz-Instandhaltung wässrige sowie<br />

niedrig- und hochsiedende Reiniger auf Lösemittelbasis (Bremsen- oder Universalreiniger)<br />

zum Einsatz.<br />

Deutschlandweit werden ca. 10 Mio. Liter sogenannter Bremsenreiniger pro Jahr in<br />

den Kraft fahrzeugwerkstätten verbraucht. Hierbei nehmen die Aerosoldosen als<br />

Einweggebinde einen großen Anteil ein. Des Weiteren erfolgt die Anlieferung in<br />

Fässern zur Entnahme der Flüssigkeit in Mehrwegdruckdosen und Pumpsprayern.<br />

In kleinen Mengen werden die Reiniger auch mit einem Pinsel aus einem off enen<br />

Gefäß heraus verwendet.<br />

Die angebotenen Produkte basieren größtenteils auf Kohlenwasserstoff en. Hier<br />

kommt es hinsichtlich einiger verkaufsstrategischer Aussagen und der damit verbundenen<br />

Brand- und Explosionsgefährdung zur Verunsicherung bei den Anwendern.<br />

Die folgenden Ausführungen sollen eine Hilfe für den Umgang mit brennbaren<br />

Reinigern in der Kfz-Instandhaltung darstellen.<br />

Foto: Bilderbox


Die Auswahl der Reiniger wird vor allem vom Preis<br />

bestimmt. Aber auch Parameter wie z.B. Reinigungswirkung,<br />

Abschwemmverhalten, Ablüft verhalten,<br />

Geruch, universelle Einsetzbarkeit, Toxizität<br />

sowie eine mögliche Brand- und Explosionsgefahr<br />

spielen eine wesentliche Rolle.<br />

Für den Bereich der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes<br />

bei der Arbeit ist speziell die Betrachtung<br />

der Inhaltsstoff e sowie die Brand- und<br />

Explosionsgefährdung von Bedeutung. Die Gefährdungen<br />

durch die Inhaltsstoff e können aufgrund<br />

der Kennzeichnung auf den Gebinden und durch<br />

die Einsichtnahme des Sicherheitsdatenblattes<br />

des Herstellers beurteilt werden. Hier kommt es<br />

insbesondere darauf an, dass die Produkte frei von<br />

n-Hexan- und Aromaten sind.<br />

Für die Brand- und Explosionsgefährdung bedarf es<br />

jedoch einer tiefer gehenden Betrachtung. Grundlegend<br />

wird der Brand- und Explosionsschutz in<br />

der Betriebssicherheitsverordnung und Gefahrstoff<br />

verordnung geregelt. Konkretisierungen dieser<br />

Verordnungen erfolgen durch die (inhaltsgleichen)<br />

Technischen Regeln für Betriebssicherheit<br />

TRBS 2152 und die Technische Regel für Gefahrstoffe<br />

TRGS 720 „Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre<br />

- Allgemeines“.<br />

Defi nitionen<br />

Als Feuer wird die Flammenbildung bei der Verbrennung<br />

(Oxidation mit geringer Geschwindigkeit) eines<br />

brennbaren Stoff es unter Abgabe von Wärme<br />

und Licht bezeichnet. Bei einer Explosion handelt<br />

es sich um eine Oxidations- oder Zerfallsreaktion<br />

mit einem plötzlichen Anstieg der Temperatur, des<br />

Druckes oder beider gleichzeitig. Dabei kommt es<br />

zu einer plötzlichen Volumenausdehnung von Gasen<br />

und der Freisetzung von großen Energiemengen<br />

auf kleinem Raum. Die plötzliche Volumenvergrößerung<br />

verursacht eine Druckwelle, die im Falle<br />

einer Eindämmung noch verstärkt wird.<br />

Oft wird bei einer Explosion ohne nennenswertes<br />

Schadensausmaß der Begriff Verpuff ung verwendet.<br />

Damit wird eine Explosion beschrieben, bei<br />

der die Verbrennungsreaktion zwar zu einer Volumenerweiterung,<br />

nicht aber zu einem relevanten<br />

Druckaufb au führt; zu beobachten bei Explosionen<br />

im Motorraum bei geöff neter Motorhaube.<br />

Grundsätzlich ist bei der Beurteilung der Explosionsgefahr<br />

davon auszugehen, dass eine Entzündung<br />

eventuell vorhandener explosionsfähiger<br />

Atmosphäre (e. A.) stets möglich ist. Hierbei ist es<br />

also unerheblich, ob Zündquellen vorhanden sind.<br />

So stellt sich die Frage, ob beim Umgang mit brenn-<br />

SICHERHEIT UND GESUNDHEIT < <strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong><br />

baren Reinigern mit einer reinen Brandgefahr oder<br />

auch mit der Bildung einer explosionsfähigen Atmosphäre<br />

zu rechnen ist.<br />

Einsatzbereiche<br />

Haupteinsatzbereiche für Bremsen- und Universalreiniger<br />

sind die Bremsanlage, die Fahrzeugunterseite<br />

(z.B. Ölwanne und Achsgetriebe), die Kupplung<br />

und der Motorraum. Die Reinigungsflüssigkeit<br />

wird auf die zu reinigenden Oberflächen aufgetragen.<br />

Ein Teil des Schmutzes wird gelöst und durch<br />

die Flüssigkeitsmenge abgeschwemmt. Dabei<br />

verdampfen von Beginn an die Lösemittel bis die<br />

Oberfläche trocken ist.<br />

Des Weiteren ist für eine wirksame Reinigung neben<br />

der Lösungsfähigkeit für Fette und Öle ein physikalischer<br />

Abtrag der Schmutzpartikel (Silikate)<br />

von Bedeutung. Dies geschieht durch die Auft reff -<br />

energie eines Spritzstahles oder z.B. durch das Ablösen<br />

der Partikel mit einer Bürste.<br />

Das Auft reten einer explosionsfähigen Atmosphäre<br />

ist davon abhängig, ob aufgrund der Stoff eigenschaft<br />

en und der Art und Weise, wie mit dem Pro-<br />

Foto: Pfeiff er<br />

dukt umgegangen wird, Gase, Dämpfe oder Nebel<br />

(Aerosol) freigesetzt werden. Im Falle der flüssigen<br />

lösemittelhaltigen Reiniger sind folgende Stoff eigenschaft<br />

en zu berücksichtigen:<br />

• der Flammpunkt<br />

• der untere (UEP) und obere Explosionspunkt<br />

(OEP)<br />

• die untere und obere Explosionsgrenze<br />

(UEG und OEG)<br />

Der Flammpunkt ist die niedrigste Temperatur, bei<br />

der eine Flüssigkeit unter vorgeschriebenen Versuchsbedingungen<br />

unter Normaldruck brennbares<br />

Gas oder brennbaren Dampf in solcher Menge abgibt,<br />

dass bei deren Zündung sofort eine Flamme<br />

auft ritt.<br />

Auft rag der Reinigungsflüssigkeit<br />

auf<br />

die Bremsscheibe<br />

17


<strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong> > SICHERHEIT UND GESUNDHEIT<br />

18<br />

Der UEP ist dagegen die Temperatur, bei der die<br />

UEG überschritten wird. Dies ist stets unterhalb<br />

des Flammpunktes der Fall. Er kann wie folgt abgeschätzt<br />

werden:<br />

• bei reinen, nicht halogenierten Flüssigkeiten 5 K<br />

unter dem Flammpunkt<br />

• bei Lösemittel-Gemischen ohne halogenierte<br />

Komponente (übliche Bremsenreiniger) 15 K<br />

unter dem Flammpunkt.<br />

Ob eine explosionsfähige Atmosphäre zündet und<br />

sich die Flamme selbständig weiter ausbreitet, ist<br />

von der Konzentration des brennbaren Stoff es im<br />

Gas-, Dampf- Luft gemisch oder Nebel abhängig.<br />

Diese muss innerhalb der Zündgrenzen (Explosionsgrenzen<br />

UEG und OEG) liegen. Liegt die Konzentration<br />

unterhalb der UEG ist das Gemisch zu<br />

mager, oberhalb der OEG ist es zu fett. In der Praxis<br />

können sich zu fette Gemische schon durch geringe<br />

Luft bewegungen (natürlicher Zug, Umhergehen<br />

von Personen, thermische Konvektion) in einzelnen<br />

Bereichen so weit verdünnen, dass diese dann<br />

innerhalb der Zündgrenzen liegen.<br />

Üblicherweise ist bei den brennbaren Reinigern<br />

die Dichte der entstehenden Dämpfe größer als die<br />

Dichte der Luft . Dabei fallen sie aus einem höheren<br />

Ort nach unten und vermischen sich fortschreitend<br />

mit der sie umgebenden Luft . Die schweren Schwaden<br />

fallen nach unten und breiten sich aus. Dabei<br />

können sie auch weite Strecken überbrücken und<br />

dort entzündet werden.<br />

Neben den Stoff eigenschaft en ist die Art der Verarbeitung<br />

einer Flüssigkeit (z.B. Versprühen, Verspritzen,<br />

Verdampfen und Kondensation) von großer<br />

Bedeutung. Werden brennbare Flüssigkeiten in<br />

feine Tröpfchen verteilt, ist auch bei Temperaturen<br />

unterhalb des unteren Explosionspunktes (UEP)<br />

mit der Bildung einer explosionsfähigen Atmosphäre<br />

zu rechnen. Deren Zustandekommen ist<br />

gegeben, wenn die Tröpfchen- und Teilchengröße<br />

unter einem Millimeter liegt. Dies ist speziell<br />

beim Versprühen aus einem Pumpsprayer heraus<br />

der Fall. Dabei verhalten sich sowohl niedrig- als<br />

auch hochsiedende Reiniger auf Lösemittelbasis<br />

hinsichtlich des Zündverhaltens annähernd gleich.<br />

In diesem Fall ist der Flammpunkt nicht entscheidend.<br />

Bei der Verwendung von brennbaren Druckgasen<br />

(Butan/Propan) ist nach deren Freisetzen immer<br />

mit einer explosionsfähigen Atmosphäre zu rechnen.<br />

Zudem führt das Entzünden dieser Gase zu<br />

einem Rücklauf der Flamme bis an die Düse. Die<br />

Auswirkung eines freien brennenden Strahles


aus einer Druckdose ist für den Bediener gering.<br />

Ein Rückschlag der Flamme in die Druckdose ist<br />

aufgrund der Strömungsgeschwindigkeit der Flüssigkeit<br />

und des geringen Durchmessers der Düse<br />

unwahrscheinlich. Nach Loslassen des Sprühkopfes<br />

versiegt der Strahl und die Flamme erlischt. Für<br />

einen sich in der Nähe aufh altenden Kollegen ist<br />

die Auswirkung aufgrund der möglichen Verbrennungen<br />

jedoch wesentlich größer.<br />

Diese Betrachtungsweise lässt sich auch auf die<br />

Beurteilung von Explosionen übertragen. Ob eine<br />

explosionsfähige Atmosphäre in gefahrdrohender<br />

Menge vorhanden ist, hängt von der möglichen<br />

Auswirkungen der Explosion ab. Im Falle einer<br />

Explosion von gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre<br />

ist stets mit einem hohen Schadensausmaß<br />

und Personenschäden zu rechnen.<br />

In den Technischen Regeln für Betriebssicherheit<br />

und Gefahrstoff e werden die folgenden Beurteilungshilfen<br />

gegeben:<br />

• Mehr als zehn Liter zusammenhängende explosionsfähige<br />

Atmosphäre müssen in geschlossenen<br />

Räumen unabhängig von der Raumgröße<br />

grundsätzlich als gefährliche explosionsfähige<br />

Atmosphäre (g.e.A.) angesehen werden. Auch<br />

kleinere Mengen können bereits gefahrdrohend<br />

sein, wenn sie sich in unmittelbarer Nähe von<br />

Menschen befi nden.<br />

• Auch in Räumen von weniger als etwa 100 m³<br />

kann bereits eine kleinere Menge als zehn Liter<br />

gefahrdrohend sein. Grob geschätzt kann dies<br />

bereits eine explosionsfähige Atmosphäre von<br />

mehr als einem Zehntausendstel des Raumvolumens<br />

sein. Hieraus darf aber nicht gefolgert<br />

werden, dass dann der gesamte Raum als<br />

explosionsgefährdeter Bereich gilt. Nur der Teilbereich,<br />

in dem gefährliche explosionsfähige<br />

Atmosphäre auft reten kann, gilt als explosionsgefährdeter<br />

Bereich.<br />

Welche Maßnahmen sind nun zu treff en? Dazu gelten<br />

für den vorbeugenden Explosionsschutz die<br />

folgenden Leitgedanken:<br />

Tabelle 1<br />

Wässrige Lösungen / Niederdruckdampf<br />

Reiniger auf Lösemittelbasis<br />

SICHERHEIT UND GESUNDHEIT < <strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong><br />

1. Primärer Explosionsschutz bedeutet, das<br />

Auft reten explosionsfähiger Atmosphären zu<br />

vermeiden. Dieses Ziel wird im Wesentlichen<br />

dadurch erreicht, dass die Konzentration des<br />

brennbaren Stoff es in der Luft unterhalb des<br />

Explosionsbereiches bleibt.<br />

2. Sekundärer Explosionsschutz bedeutet das<br />

Vermeiden jeder möglichen Zündquelle.<br />

Der konstruktive Explosionsschutz, der die Explosionsauswirkungen<br />

auf ein annehmbares Maß begrenzt,<br />

ist für die Fahrzeug-Instandhaltung nicht<br />

relevant. Vorrangig ist somit die Verdünnung freigesetzter<br />

brennbarer Gase und Dämpfe durch eine<br />

wirksame Lüft ung. Dabei ist die Konzentration unterhalb<br />

der unteren Explosionsgrenze zu halten,<br />

sodass eine Zündung ausbleibt.<br />

Luft wechsel ist wichtig<br />

Analog zu den Gasarbeitsplätzen in der Kfz-Instandhaltung<br />

kann bei Reinigungsarbeiten mit<br />

lösemittelhaltigen Flüssigkeiten eine Mindestluft -<br />

wechselrate von drei pro Stunde herangezogen<br />

werden. Diese ist während und bis etwa fünf Minuten<br />

nach Reinigungsende aufrecht zu erhalten.<br />

Trotz Lüft ungsmaßnahmen können im Bereich der<br />

Austrittsstelle von brennbaren Stoff en explosionsfähige<br />

Konzentrationen verbleiben. Auch lassen<br />

Strömungshindernisse wie Werkstattausstattungen<br />

und Fahrzeuge Totzonen entstehen, in denen<br />

die Luft bewegung nur schwach oder nicht ausgebildet<br />

ist. Diese können auch direkt im Fahrzeug<br />

entstehen. So ist bei aktuellen Fahrzeugen der Motorraum<br />

derart verkleidet, dass die schweren Gase<br />

nur langsam abfließen können. Auch in unbelüft eten,<br />

tief liegenden Bereichen wie Arbeitsgruben,<br />

Unterfluranlagen, Kanälen und Schächten ist mit<br />

dem Vorhandensein einer explosionsfähigen Atmosphäre<br />

zu rechnen.<br />

Es ist zudem zu berücksichtigen, dass im zeitlichen<br />

Verlauf nur eine gewisse Menge von brennbaren<br />

Gasen und Dämpfen bis unterhalb der UEG verdünnt<br />

werden kann. Ausgehend von den üblichen<br />

Austragsmengen der Druckdosen ist die Spritz-<br />

Druckdose Kleinteilereiniger<br />

(Waschtische)<br />

Kriterien erfüllt<br />

Produktkriterien :<br />

untere Explosionsgrenze > 1,5 Vol. % Flammpunkt > 40°C<br />

Kriterien zum Teil erfüllt<br />

Kriterien nicht erfüllt<br />

Treibmittel nicht brennbar<br />

hohe elektrische Ruheleitfähigkeit >1000pS/m<br />

entzündlich, leichtentzündlich<br />

n-Hexan- u. Aromatenfrei<br />

19


<strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong> > SICHERHEIT UND GESUNDHEIT<br />

20<br />

zeit auf maximal zehn Sekunden zu begrenzen.<br />

Gleichzeitig zu dieser Mengenbegrenzung ist auch<br />

die Größe der Verdunstungsfläche auf 1 m² zu beschränken.<br />

Beachtenswert sind in diesem Zusammenhang<br />

neuere Reiniger, die trotz eines Flammpunkts von<br />

unter 21 °C eine geringere Explosionsauswirkung<br />

mit deutlich verringertem Nachbrennverhalten<br />

zeigen. Diese reduzieren zwar nicht das Explosionsrisiko<br />

total, wohl aber graduell. Diese Produkte<br />

entsprechen Kriterien, die vom Fachausschuss<br />

Metall und Oberflächenbehandlung der Berufsgenossenschaft<br />

Holz und Metall gemeinsam mit der<br />

Physikalisch Technischen Bundesanstalt festgelegt<br />

wurden:<br />

• untere Explosionsgrenze > 1,5 Vol.%<br />

• Treibmittel nicht brennbar<br />

• hohe elektrische Ruheleitfähigkeit > 1000 pS/m<br />

Tabelle 2<br />

Bedingungen:<br />

Applikation: Spritzstrahl<br />

Zusammenfassend sind diese Erkenntnisse in der<br />

Tabelle 2 dargestellt. Sind alle dort genannten fünf<br />

Bedingungen erfüllt, ist in lüft ungsbedingten Totzonen<br />

mit einer e. A. zu rechnen. Ist nur eine dieser<br />

Bedingungen nicht erfüllt, ist von der Bildung<br />

einer g.e.A. auszugehen. Dann müssen Explosionsschutzmaßnahmen<br />

im Rahmen eines in sich<br />

widerspruchsfreien Explosionsschutzkonzeptes<br />

ausgewählt und bewertet werden. Die getroff enen<br />

Maßnahmen sind im Explosionsschutzdokument<br />

und in der Betriebsanweisung festzuhalten. In Anbetracht<br />

der Substitutionspflicht nach Gefahrstoff -<br />

verordnung ist ein Reiniger, welcher alle drei Produktkriterien<br />

erfüllt, denen vorzuziehen, die diese<br />

nur teilweise oder gar nicht erfüllen. Allerdings ist<br />

die Substitution nicht auf die Grenzen der Reiniger<br />

auf Lösemittelbasis beschränkt. Es ist zu prüfen,<br />

ob die Reinigung z.B. mit wässrigen Lösungen oder<br />

Niederdruckdampf gleichermaßen erfolgen kann<br />

(s. Tabelle 1).<br />

Missbrauch unterbinden<br />

Der Missbrauch der Bremsenreiniger (z.B. Reinigen<br />

von Fußböden und Arbeitsgruben) führte in der<br />

Vergangenheit immer wieder zu Unfällen mit zum<br />

Teil schweren Verletzungen und ist zu unterbinden.<br />

Für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei<br />

der Arbeit ist ein verantwortungsvoller Umgang mit<br />

diesen Mitteln Voraussetzung.<br />

(1) Stoff eigenschaft en hohe elektrische Ruheleitfähigkeit > 1000pS/m<br />

(2) Luft wechselrate<br />

≥ 3/h während und 5 min nach Reinigungsende<br />

(z.B. Durchzug oder technische Lüft ung)<br />

(3) Verarbeitungszeit (Menge) < 10 s je Anwendung (kein gleichzeitiges Spritzen)<br />

(4) Behandelte Fläche, einschI. Abtropfb ereich < 1 m²<br />

(5) Treibgas nicht brennbar (z.B. C0 2 oder Stickstoff )<br />

Foto: Pfeiff er<br />

Auft rag der Reinigungsflüssigkeit<br />

aus einer<br />

Druckflasche auf die<br />

Bremsscheibe<br />

Olaf Pfeiff er<br />

Bei Nichterfüllung einer der angegebenen Bedingungen in den Zeilen (1) bis (5) ist mit einer g.e.A. zu rechnen. Dann ist<br />

ein Explosionsschutzkonzept zu erstellen und die Maßnahmen sind im Explosionsschutzdokument festzuhalten.


SICHERHEIT UND GESUNDHEIT < <strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong><br />

Christophorus-Seminare<br />

Nächste Lehrerfortbildung im November <strong>2011</strong><br />

Die von der Berufsgenossenschaft Holz und Metall<br />

(<strong>BGHM</strong>) und der Landesverkehrswacht Niedersachsen<br />

e.V. (LVWN) initiierten „Christophorus-<br />

Seminare“ sollen Wegeunfälle bei Auszubildenden<br />

aus dem Metallgewerbe reduzieren.<br />

Deshalb bieten <strong>BGHM</strong> und LVWN Lehrerinnen und<br />

Lehrern der metallgewerblichen Fachbereiche an<br />

Berufsschulen eine Fortbildung an. In zwei Tagen<br />

lernen die Pädagogen das Konzept kennen und<br />

erarbeiten Möglichkeiten, wie sie eigenständig<br />

Christophorus-Seminare für die Auszubildenden<br />

an ihrer Schule organisieren können. Der nächste<br />

Termin ist für den 10.-11.11.<strong>2011</strong> in Nürnberg anberaumt<br />

(Anmeldeschluss 14.10.<strong>2011</strong>). Die <strong>BGHM</strong><br />

trägt die Kosten für das Seminar inklusive Unter-<br />

Von Frauen für Frauen<br />

Die Berufsgenossenschaft Holz und Metall<br />

(<strong>BGHM</strong>) bietet <strong>2011</strong> ein speziell auf ihre weiblichen<br />

Versicherten zugeschnittenes Verkehrssicherheitsseminar<br />

an. Hintergrund ist eine Studie,<br />

der zufolge die bei uns versicherten Frauen häufi<br />

g an Verkehrsunfällen beteiligt sind. Pro Mitgliedsbetrieb<br />

dürfen drei Frauen teilnehmen, die<br />

anschließend als Multiplikatorinnen im Unternehmen<br />

fungieren sollen. Voraussetzung ist die<br />

Teilnahme mit dem eigenen Pkw oder einem häufi<br />

g genutzten (Dienst-) Fahrzeug, da das Seminar<br />

ein Kompakt-Fahrsicherheitstraining beinhaltet.<br />

Das nächste Seminar für Frauen ist für den 21. bis<br />

23.11.<strong>2011</strong> in Ulm-Lehr vorgesehen. Die Kosten<br />

dafür trägt die <strong>BGHM</strong>. Interessierte melden sich<br />

bitte per Mail unter jennifer.adamczak@bghm.de<br />

oder telefonisch unter 06131/802-10743.<br />

Mrk<br />

bringung und Verpflegung. Lediglich die Reisekosten<br />

müssen die Beteiligten (Schulen) selbst<br />

übernehmen. Anmeldungen nimmt die <strong>BGHM</strong> via<br />

E-Mail unter jennifer.adamczak@bghm.de oder telefonisch<br />

unter 06131/802-10743 entgegen. Fragen<br />

zum Christophorus-Seminar beantwortet Herbert<br />

Gohl (<strong>BGHM</strong>, Telefon:0511/ 8118 -16895).<br />

Weitere Informationen zu Verkehrssicherheitsthemen<br />

im Internet unter<br />

www.bghm.de<br />

Foto: Bilderbox<br />

Mrk<br />

Foto: Bilderbox<br />

21


<strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong> > SICHERHEIT UND GESUNDHEIT<br />

RISIKO RAUS!<br />

Mehrheit der Deutschen fährt<br />

Fahrrad oben ohne<br />

Fahrradfahren mit Helm ist leider noch nicht die Regel.<br />

Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage für<br />

„RISIKO RAUS!“, die Präventionskampagne der gesetzlichen<br />

Unfallversicherung zum sicheren Fahren und<br />

Transportieren.<br />

22<br />

Foto: DGUV<br />

„Fahrradhelme retten Leben“, sagt Dr. Walter Eichendorf,<br />

stellvertretender Hauptgeschäft sführer<br />

der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung<br />

(DGUV) und Präsident des Deutschen Verkehrssicherheitsrates<br />

(DVR). „Sie können zwar keine<br />

Unfälle verhindern, aber das Risiko schwerer Kopfverletzungen<br />

deutlich verringern.“ Umso bedauerlicher<br />

sei es, dass nicht alle Fahrradfahrer einen<br />

Helm tragen.<br />

Interessant ist, dass der eigene Kopf etwas seltener<br />

als schützenswert angesehen wird, wohl aber<br />

der der Kinder. Rund 90 Prozent antworteten auf<br />

die Frage, ob sie bei eigenen Kindern im Schulalter<br />

auf den Helm beim Fahrradfahren achten würden,<br />

mit ja. Und fast zwei Drittel der Radfahrer würden<br />

als Eltern anfangen einen Helm zu tragen, um ihrer<br />

Vorbildfunktion gerecht zu werden.<br />

Zur Helmpflicht für Fahrradfahrer gibt es unterschiedliche<br />

Ansichten. Insgesamt sprechen sich<br />

59 Prozent der Befragten für eine Helmpflicht aus,<br />

aber mit unterschiedlichen Akzenten: 25 Prozent<br />

sind für eine generelle Helmpflicht für alle. 27 Prozent<br />

befürworten ebenfalls eine Helmpflicht, aber<br />

nur für Kinder und Jugendliche. Weitere sieben<br />

Prozent sind für eine Helmpflicht je nach Lage der<br />

Straße (fünf Prozent außerhalb geschlossener Ortschaft<br />

en, zwei Prozent innerhalb geschlossener<br />

Ortschaft en). 41 Prozent sind gegen eine Helmpflicht.<br />

Für die Präventionskampagne „RISIKO RAUS!“ befragte<br />

TNS Emnid gut 1.000 Personen zu ihren Einstellungen<br />

zur Helmnutzung und Helmpflicht beim<br />

Fahrradfahren. Unter www.risiko-raus.de stellt die<br />

Kampagne die detaillierten Umfrageergebnisse<br />

und Informationsmaterial zum sicheren Fahrradfahren<br />

bereit.<br />

In der Präventionskampagne „RISIKO RAUS!“ arbeiten<br />

die Berufsgenossenschaft en, Unfallkassen,<br />

ihr Spitzenverband Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung<br />

(DGUV), die Landwirtschaft liche<br />

Sozialversicherung, der Deutsche Verkehrssicherheitsrat<br />

(DVR) und die Bundesländer sowie weitere<br />

Partner zusammen. Gemeinsam verfolgen sie das<br />

Ziel, das Unfallrisiko beim Fahren und Transportieren<br />

zu verringern.<br />

Weitere Informationen zum Thema<br />

im Internet unter<br />

www.risiko-raus.de<br />

DGUV/Hbg


Neue DVR-Videos<br />

„Per Anhalter in den Wahnsinn“<br />

Junge und unerfahrene Verkehrsteilnehmer stehen<br />

im Mittelpunkt neuer Kurzfi lme, die der Deutsche<br />

Verkehrssicherheitsrat (DVR) auf seinem ersten<br />

YouTube-Kanal präsentiert. Die Verkehrsexperten<br />

erhoff en sich über diese Form der Ansprache eine<br />

stärkere Sensibilisierung der Zielgruppe für Verkehrssicherheitsthemen.<br />

Überhöhte Geschwindigkeit, mangelnder Abstand,<br />

Handy-Nutzung, Alkoholkonsum und illegale Autorennen<br />

– im vergangenen Jahr waren 20 Prozent aller<br />

im Straßenverkehr getöteten Personen 18 bis 24<br />

Jahre alt. „Sachliche Aufk lärungsfi lme und Appelle<br />

berühren die Zielgruppe kaum“, weiß Carla Bormann<br />

aus Erfahrung. Die Referentin für Presse- und<br />

Öff entlichkeitsarbeit beim DVR setzt deshalb auf<br />

den „schrägen Hubert“, der das Potential habe, die<br />

Aufmerksamkeit der jungen Fahrer auf sich zu len-<br />

Sicherheits-Blitz<br />

SICHERHEIT UND GESUNDHEIT < <strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong><br />

ken. Er könne Fehlverhalten<br />

bissig entlarven und<br />

auf diese Weise vielleicht<br />

einen gewissen Kultstatus<br />

erzielen, hofft Bormann. Die<br />

fi ktionale und groteske Story<br />

des skrupellosen Anhalters Hubert<br />

soll eine Hilfestellung für<br />

junge Erwachsenen sein, so der<br />

DVR weiter.<br />

Parallel zu den Filmen gibt es die Webseite www.<br />

sag-nein-zu-hubert.de und einen eigenen Facebook-Kanal<br />

mit Hintergrundinformationen zu Huberts<br />

skrupelloser Familiengang.<br />

Überwachung ist keine Abzocke<br />

So ein Blitz aus dem Starenkasten ist ärgerlich,<br />

zumal die meisten Verkehrssünder nur das sprichwörtliche<br />

„bisschen zu schnell“ gefahren sind.<br />

Dennoch wirkt der Blitz wie ein Wecker und erinnert<br />

daran, dass auch ein bisschen zu schnelles Fahren<br />

kein Kavaliersdelikt ist, betont der Deutsche<br />

Verkehrssicherheitsrat (DVR). Der Verband spricht<br />

auch vom Sicherheits-Blitz. Nach wie vor sei es das<br />

Ziel, die Straßen sicherer zu machen.<br />

Dem DVR zufolge belegt die Unfallforschung eindeutig<br />

den Zusammenhang zwischen zu hoher<br />

Geschwindigkeit und schweren Unfällen mit Personenschäden<br />

und Getöteten. Deshalb haben<br />

die Bundesländer die Möglichkeit, Tempoüberwachungen<br />

dort einzusetzen, wo die Gefährdung<br />

durch zu schnelles Fahren zu einem auff älligen<br />

Unfallgeschehen geführt hat, oder es sich um besonders<br />

schützenswerte Bereiche handelt.<br />

Videokameras kommen dabei in zivilen Polizeifahrzeugen<br />

zum Einsatz, indem die Beamten im<br />

fließenden Verkehr dem Fahrzeug hinterher oder<br />

vorweg fahren. Der Fahrer wird anschließend möglichst<br />

an Ort und Stelle mit den aufgezeichneten<br />

Bildern konfrontiert. Bei der Überwachung per Laser<br />

hält die Polizei die „Verkehrssünder“ nach der<br />

Messung an und ahndet direkt. Neben der stationären<br />

Messung per Radar wird auch das festinstal-<br />

Foto: DVR<br />

Ehg<br />

lierte System der „Starenkästen“ im Kampf gegen<br />

die Tempoüberschreitungen eingesetzt.<br />

Blitzer als „Abzocke“ zu bezeichnen, ist nach<br />

DVR-Ansicht nicht haltbar. Die Überwachung sei<br />

vielmehr zentraler Bestandteil der Sicherheitsstrategie<br />

im Straßenverkehr, denn es könne nach<br />

Ansicht der Experten belegt werden, dass wenige<br />

Tage nach dem Aufb au eines Starenkastens an<br />

einer Gefahrenstelle dort kaum noch jemand zu<br />

schnell fahre. Nicht zuletzt deshalb sei der Betrieb<br />

von Blitzkästen für die Haushalte der Kommunen,<br />

Landkreise und Bundesländer eher ein Verlustgeschäft<br />

.<br />

DVR/Ehg<br />

23


<strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong> > SICHERHEIT UND GESUNDHEIT<br />

Junge Initiative<br />

Azubis machen Arbeitssicherheit begreifb ar<br />

Ein von Auszubildenden entwickelter Arbeitssicherheitsparcours<br />

erfreut sich bei den Hüttenwerken Krupp<br />

Mannesmann (HKM) wachsender Beliebtheit.<br />

24<br />

Normalerweise meiden die Menschen Gefahren<br />

und gehen ihnen aus dem Weg. Nicht so bei den<br />

HKM. Da werden die Mitarbeiter förmlich mit der<br />

Gefahr konfrontiert und stürzen sich geradezu<br />

mit Begeisterung in den als besonders gefährlich<br />

ausgewiesenen Bereich im Hüttenwerk. Nicht aus<br />

Übermut. Vielmehr dienen die zahlreichen Stationen<br />

des Arbeitssicherheitsparcours dazu, Gefahren<br />

und Gefährdungen kennen zu lernen sowie<br />

richtiges Verhalten zu trainieren.<br />

Von Azubis geplant und gebaut<br />

Der mit einer großen Holzkugel versehene Schlüssel<br />

in den Händen von Gabriele vom Ende ist ein<br />

wahres Monstrum. Das verhindert, dass ihn jemand<br />

einfach in die Tasche steckt und vergisst,<br />

lacht die Leiterin des Berufsbildungszentrums<br />

bei HKM. Und nichts wäre derzeit schlimmer.<br />

Schließlich lässt sich nur mit diesem Schlüssel die<br />

Arbeitssicherheits-Etage (AS-Etage) öff nen, die inzwischen<br />

heiß begehrt ist.<br />

Nahezu jeden Tag fragen Betriebe nach, um den Sicherheits-Parcours<br />

zu buchen. Dass darüber ausgerechnet<br />

das Berufsbildungszentrum zu befi nden<br />

hat, ist alles andere als ein Zufall. Schließlich waren<br />

es die Azubis, die in monatelanger Projektar-<br />

Rund 500 m² Arbeitssicherheit:<br />

der von Auszubildenden<br />

entwickelte Parcours<br />

bei den Hüttenwerken<br />

Krupp Mannesmann.<br />

beit die AS-Etage gebaut haben und damit die Idee<br />

von HKM-Arbeitsdirektor Peter Gasse Wirklichkeit<br />

werden ließen. Der hatte bei einem Zwischenfall<br />

im Stahlwerk über die Möglichkeit sinniert, im Trockenen<br />

das üben zu können, was im Prozess erforderlich<br />

ist. Etwas zu bauen, wo verschiedene Sicherheits-Szenarien<br />

vorgestellt und durchgespielt<br />

werden können, lautete die damals noch eher vage<br />

Vorstellung, deren Umsetzung Gasse übrigens von<br />

Anfang an bei der Ausbildung sah. Umso beeindruckender,<br />

was die Azubis unter fachlicher Beratung<br />

der Abteilung Arbeitssicherheit auf den rund 500<br />

Quadratmetern der ersten Etage des alten Reserveteillagers<br />

auf die Beine gestellt haben.<br />

Jede Menge praktische Übungen<br />

Schon beim Betreten der Arbeitssicherheits-Etage<br />

wird schnell klar, dass hier Aktivität verlangt ist,<br />

denn nahezu alle der insgesamt zwölf Stationen<br />

enthalten praktische Übungen. Etwa simulierte<br />

Gehwege, die – mal mit Schlacke, mal mit Hüttensand,<br />

Pellets oder Sinter belegt – die Gefahren<br />

beim Begehen unterschiedlicher Beläge nachvollziehbar<br />

machen. Anderswo müssen unter Atemschutz<br />

unterschiedliche Gewichte gezogen oder<br />

enge Durchgänge mit der kompletten Persönlichen<br />

Schutzausrüstung (PSA) bewältigt werden. An ei-


ner Station wird demonstriert, welche Auswirkungen<br />

herunterfallende Gewichte auf den Schutzhelm<br />

haben und an einer anderen werden Kollegen<br />

in voller Montur per Geschirr in die Höhe gehievt.<br />

Bei einem aufgebauten Gerüst wiederum sollen<br />

eingebaute Fehler beim Arbeiten in der Höhe entdeckt<br />

werden, was in Gänze bislang übrigens kaum<br />

jemandem gelungen ist. Während ein mit diversen<br />

Gemeinheiten gespickter Elektro-Bereich nur<br />

Elektrikern vorbehalten ist, veranschaulichen unterschiedliche<br />

Geländerhöhen jedem, was sicher<br />

ist und was nicht. Vorbei am Gefahrstoff -Schrank<br />

mit Erklärungen zur richtigen Lagerung geht es<br />

zum Arbeiten in engen Räumen. So mancher hat<br />

in diesem Loch schon laut geflucht, wenn er – am<br />

Ende angekommen – feststellen muss, dass er das<br />

Werkzeug vergessen hat. Und wieder zurück muss.<br />

Nicht ganz ohne ist auch die „Dunkelkammer“, in<br />

der es nicht dunkel, sondern schwarz wie die Nacht<br />

ist. Nur mit einer Helmlampe ausgerüstet muss der<br />

Proband einen Schlüssel suchen. Wobei auch diese<br />

Dunkelkammer ihr spezielles Eigenleben hat.<br />

SICHERHEIT UND GESUNDHEIT < <strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong><br />

Zum Abschluss können im Medienraum die Übungen<br />

noch einmal durchgesprochen und auch Kommentare<br />

oder Vorschläge zurückgelassen werden.<br />

Schließlich ist die AS-Etage nicht für die Ewigkeit<br />

gebaut, sondern soll sich aktuellen oder auch zukünft<br />

igen Anforderungen anpassen können. Verantwortlich<br />

dafür sind und bleiben die Auszubildenden<br />

der Hütte. Weil sie hier nicht nur Team- und<br />

Projektarbeit lernen, sondern als Berufseinsteiger<br />

auch sofort in eines der wichtigsten Themen der<br />

täglichen Arbeit eingebunden werden, sagt Andreas<br />

Hennen, Sicherheitsfachkraft , der dieses Projekt<br />

daher auch im Sinne der Nachhaltigkeit von<br />

Arbeitssicherheit für äußerst bedeutend hält. Fast<br />

noch besser ist allerdings der hohe Zuspruch, den<br />

die AS-Etage nahezu täglich erfährt. Weshalb sich<br />

Gabriele vom Ende jetzt auch sputen muss. Denn<br />

der Schlüssel mit dem großen Holzklotz wird bereits<br />

sehnsüchtig von einem weiteren Team erwartet,<br />

dass sich „in Gefahr“ begeben will, um künft ig<br />

noch sicherer zu arbeiten.<br />

Dr. Günter Klein<br />

Fotos: HKM<br />

Simulation von<br />

Arbeiten in engen<br />

Räumen<br />

25


<strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong> > SICHERHEIT UND GESUNDHEIT<br />

26<br />

Endstation eines<br />

schweren Mobbingfalls:<br />

die<br />

Intensivstation<br />

einer berufsgenossenschaft<br />

lichen<br />

Unfallklinik<br />

Kein Scherz!<br />

Azubi angezündet<br />

In einem holzverarbeitenden Betrieb wurde ein Auszubildender<br />

von Arbeitskollegen mit einem Bremsenreiniger besprüht<br />

und anschließend angezündet. Dabei erlitt er schwere Verletzungen.<br />

Eine Gruppe von drei Schlossergesellen und zwei<br />

Auszubildenden hatte den Auft rag bekommen,<br />

Maschinenteile zu reinigen. Ein 19-jähriger Auszubildender<br />

sollte diese Arbeit mit Wasser verrichten.<br />

Die Schlossergesellen hingegen verfügten über<br />

Reinigungsmittel (u.a. Bremsenreiniger), mit denen<br />

sich die Arbeit erheblich leichter durchführen<br />

ließ. Während nun der Auszubildende seiner Arbeit<br />

nachging, besprühte einer der Schlosser dessen<br />

Gesäß mit dem Bremsenreiniger. Daraufh in hielt<br />

ein Zweiter eine Flamme daran, woraufh in die Kleidung<br />

des Auszubildenden sofort Feuer fi ng. Der<br />

Auszubildende versuchte vergeblich, die Flammen<br />

mit seinen Händen zu löschen. Dann rannte er zu<br />

einer Betonwand und drückte seinen Rücken dagegen.<br />

Aber auch das war nicht erfolgreich. Schließlich<br />

warf er sich zu Boden und wälzte sich hin und<br />

Foto: Jan Pauls, Unfallkrankenhaus Berlin<br />

her. In diesem Augenblick kam der zweite Auszubildende,<br />

der in der Nähe beschäft igt war und die<br />

Schreie gehört hatte, angerannt und half seinem<br />

Kollegen, die Flammen zu ersticken. Nachdem der<br />

Rettungsdienst die Erstversorgung vorgenommen<br />

hatte, wurde der Verletzte in eine BG-Unfallklinik<br />

gebracht.<br />

Unmittelbar nach dem Vorfall berieten die drei<br />

Schlossergesellen, wie sie den Unfall erklären sollten.<br />

Sie verständigten sich schließlich darauf, als<br />

Unfallursache Schweißarbeiten anzugeben. Da am<br />

Unfalltag jedoch nicht geschweißt worden war, war<br />

auch kein Schweißgerät am Arbeitsort vorhanden.<br />

Daher schafft e einer der Schlossergesellen noch<br />

vor dem Eintreff en der Polizei und während der<br />

ärztlichen Versorgung des Verletzten ein Schweiß-


gerät in den Arbeitsbereich. Das geplante Täuschungsmanöver<br />

misslang jedoch.<br />

Die Untersuchungen zum Unfallhergang, an denen<br />

sich sowohl Berufsgenossenschaft als auch Polizei<br />

beteiligten, machten deutlich, dass eine bestimmte<br />

Gruppe von Schlossergesellen im Unternehmen<br />

ein systematisches Mobbing gegenüber mehreren<br />

Auszubildenden betrieben hatte. Es begann<br />

mit Gängeleien und steigerte sich in der Folgezeit<br />

bis hin zu Handgreiflichkeiten. Der Verletzte hatte<br />

sich gegen die Aktionen der Schlossergesellen nie<br />

richtig gewehrt. Er wollte sich off ensichtlich durch<br />

Beschwerden nicht aus dem Team bringen. Auch<br />

an den vorgesetzten Meister hatte er sich nie gewandt.<br />

Rechtliche Folgen<br />

Nachdem die Hintergründe des Vorfalls aufgeklärt<br />

waren, kündigte der Betrieb die Arbeitsverträge<br />

der Schlosser fristlos. Aufgrund der polizeilichen<br />

Ermittlungsergebnisse erhob die Staatsanwalt Anklage.<br />

Zwei der drei Schlossergesellen wurden zu<br />

einem Jahr und acht Monaten bzw. neun Monaten<br />

Gefängnis verurteilt mit einer Bewährungszeit von<br />

jeweils drei Jahren. Zusätzlich mussten sie 3.500<br />

Euro bzw. 1.000 Euro an die Berufsgenossenschaft<br />

zahlen (BG). Über eine Strafe für den dritten beteiligten<br />

Schlosser läuft derzeit noch eine Berufung.<br />

Für die Täter ist die Angelegenheit aber noch nicht<br />

Fotos: Bilderbox<br />

SICHERHEIT UND GESUNDHEIT < <strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong><br />

zu Ende: Die BG hat in der Zwischenzeit ein Regressverfahren<br />

eingeleitet, um sich die bisher entstandenen<br />

Aufwendungen für die Rehabilitation<br />

des Verletzten (etwa 9.000 Euro) wieder von ihnen<br />

zurückzuholen.<br />

Maßnahmen<br />

Rainer H. Klein / Karl-Thomas Wenchel<br />

Wie kommt es zu diesen Vorfällen?<br />

Körperverletzung unter Kollegen ist sicherlich als eine Ausnahmeerscheinung<br />

anzusehen. Dennoch stellt sich die Frage, wie Vorfälle dieser<br />

Art und andere Formen „groben Unfuges“ unter Kollegen, insbesondere<br />

unter jüngeren Kollegen, vermieden werden können. Diese<br />

Frage zu beantworten, setzt die Auseinandersetzung mit den Beweggründen<br />

(nicht den Ursachen) dieses Verhaltens voraus. Zu nennen<br />

sind dabei insbesondere:<br />

• Informelle Regeln, die sich bilden, wo formelle (betriebliche) Regeln<br />

nicht da sind. Dabei können die informellen von den formellen<br />

Regeln deutlich abweichen.<br />

• Gefühl von Stärke in der Gruppe, was bei jedem zu riskanterem<br />

Verhalten führen kann – schließlich will keiner als „Der Schwache“<br />

gelten.<br />

• Verteilung der Verantwortung, d.h. wenn etwas schiefgeht, dann<br />

müssen „wir alle unseren Kopf hinhalten“<br />

Wie kann so etwas verhindert werden?<br />

Die wichtigsten betrieblichen Maßnahmen sind:<br />

• Klare Regeln des betrieblichen Miteinanders schaff en. Dazu bieten<br />

sich Musterbetriebsvereinbarungen oder, wenn kein Betriebsrat<br />

vorhanden ist, auch eigene betriebliche Regelungen an.<br />

• Konsequente Führung, die fordert und fördert und abweichendes<br />

Verhalten konsequent verfolgt.<br />

• Klare Auft räge erteilen entsprechend der 6-W-Regel. Also: Wer<br />

macht Was, Wann, Wie, Womit und mit Wem?<br />

• Und, ebenso wichtig: Ist ein Meister nicht vor Ort, so ist einem<br />

geeigneten Mitarbeiter diese Führungsaufgabe vorübergehend zu<br />

übertragen.<br />

Wenn Sie eine schnelle Information oder eine Schulung wünschen:<br />

• Präventionshotline der <strong>BGHM</strong>: Hier kann unter der Tel-Nr. 0800<br />

9990080-2 konkrete Hilfe in Anspruch genommen werden.<br />

• BG Seminar Konflikt (KONFLT) als Veranstaltung, in dem grundlegende<br />

Zusammenhänge dargestellt und mögliche Lösungswege<br />

vorgestellt werden. Auch Fälle, wie der eingangs beschriebene,<br />

können hier thematisiert werden.<br />

Mitgliedsbetriebe und Versicherte, die Beratung zu diesem Themenbereich<br />

wünschen, wenden sich bitte an Ihre Aufsichtsperson.<br />

27


<strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong> > SICHERHEIT UND GESUNDHEIT<br />

28<br />

Unfall durch Stromschlag<br />

Leitung nicht richtig vom Netz getrennt<br />

Weil die Anschlussleitung einer Großküche vor der<br />

Montage neuer Kipppfannen nicht richtig vom Netz<br />

getrennt war, erlitten zwei Mitarbeiter einen Stromschlag.<br />

Drei Monteure hatten den Auft rag, zwei Kippbratpfannen<br />

einer Großküche auszutauschen. Zuvor<br />

sollten die Geräte von der Elektrofachkraft einer<br />

anderen Firma von der Stromversorgung vollständig<br />

getrennt werden. Bei der Montage der neuen<br />

Bratpfannen erlitten zwei Mitarbeiter einen Stromschlag,<br />

als sie die Anschlussleitung des „Powermanagements“<br />

einführen wollten. Diese war<br />

nicht wie die Leistungsleitung vom Netz getrennt,<br />

sondern lediglich abgeklemmt und mit Isolierband<br />

umwickelt worden. Der Elektriker hatte aus Sorge,<br />

dass der Rest der Küche nicht mehr betriebsfähig<br />

sein könnte, auf ein Abklemmen dieser Leitung verzichtet.<br />

Über diesen Schaltzustand waren die Mitarbeiter<br />

des Mitgliedsbetriebes nicht informiert.<br />

Der Stromschlag blieb, wie zunächst angenommen<br />

wurde, ohne gesundheitliche Folgen.<br />

Verzögerter Herzstillstand<br />

Etwa zwei Stunden später befanden sich die Mitarbeiter<br />

wieder in der Werkstatt des Betriebes, als einer<br />

der Monteure vermeintlich einen Herzstillstand<br />

erlitt. Der herbeigerufene Werkstattmeister begann<br />

sofort mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung, da<br />

der Mitarbeiter bereits blau angelaufen war. Wenig<br />

später beteiligte sich ein weiterer Ersthelfer an den<br />

Wiederbelebungsmaßnahmen bis nach zwölf Minuten<br />

der zuvor alarmierte Rettungswagen eintraf.<br />

Bei der Wiederbelebung bemerkten die Ersthelfer,<br />

dass der Verletzte ein Stück Schokolade gegessen<br />

hatte und gingen von einer Erstickung aus. Erst<br />

später, als der Notarzt eintraf, berichtete der Kollege<br />

von dem gemeinsam erlittenen Stromschlag bei<br />

der Pfannenmontage. Daraufh in defi brillierte der<br />

Arzt den Verletzten und reanimierte ihn 35 Minuten<br />

lang. Eine intravenöse Medikamentengabe war zu<br />

diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich, sodass das<br />

Schienbein aufgebohrt und das Medikament direkt<br />

ins Knochenmark verabreicht wurde. Die medizinischen<br />

Maßnahmen stabilisierten den Zustand des<br />

Verletzten so weit, dass er ins Krankenhaus gebracht<br />

werden konnte. Aufgrund des schnellen und<br />

umsichtigen Verhaltens der Ersthelfer konnte der<br />

Mitarbeiter gerettet und auch dauerhaft e Hirnschäden<br />

verhindert werden. Im Zuge der klinischen Behandlung<br />

musste ihm ein Defi brillator eingepflanzt<br />

werden. Zurzeit befi ndet er sich in der beruflichen<br />

Rehabilitation.<br />

Verbotene Isolierung<br />

Bei der Unfalluntersuchung konnte nicht geklärt<br />

werden, ob die Mitarbeiter davon Kenntnis hatten,<br />

dass die Anschlussleitung des Powermanagements<br />

noch stromführend war. Eine provisorische<br />

Isolation der unter Spannung stehenden Kabelenden,<br />

wie im vorliegenden Fall durchgeführt, ist in<br />

jedem Fall verboten. Zweifellos hätte die vollständige<br />

Trennung aller stromführenden Leitungen den<br />

Unfall verhindert.<br />

Tückische Schläge<br />

Foto: Richardt<br />

Ihr umsichtiger Einsatz<br />

rettete Mitarbeitern das<br />

Leben: von der BG ausgezeichnete<br />

Ersthelfer<br />

Rupert Richardt<br />

Dieser Unfall zeigt, wie tückisch Verletzungen<br />

durch Stromschlag sind. Noch Stunden nach<br />

dem Ereignis können plötzlich Körperschäden<br />

auft reten.


Ärztliche Maßnahmen<br />

Was tun nach Stromunfällen?<br />

Der Schaden, den die elektrische Energie beim Fluss<br />

durch den menschlichen Körper anrichten kann, hängt<br />

von mehreren Faktoren ab. Welche Maßnahmen sind<br />

also wann angezeigt?<br />

Aus technischer Sicht wird bei elektrischer Spannung<br />

zwischen Niederspannung (bis 1.000 V Wechselspannung,<br />

bis 1.500 V Gleichspannung) und<br />

Hochspannung (oberhalb des Niederspannungsbereichs)<br />

unterschieden. Ab Körperströmen von<br />

etwa 30 mA bei Wechsel-, oder etwa 150 mA bei<br />

Gleichspannung, ist eine elektrische Gefährdung<br />

möglich. Unter ungünstigen Bedingungen können<br />

diese bereits bei niedrigen Spannungen von 25 V<br />

Wechselspannung und 60 V Gleichspannung erreicht<br />

werden.<br />

Alles kann betroff en sein<br />

Grundsätzlich können bei einer Körperdurchströmung<br />

alle vom Stromweg im Körper tangierten<br />

Organe oder Organsysteme betroff en sein oder<br />

geschädigt werden. Die Auswirkungen einer Körperdurchströmung<br />

sind abhängig von der Art und<br />

Höhe der Spannung, dem Stromverlauf im Körper,<br />

der Leitfähigkeit der Grenzflächen und der Höhe<br />

und Dauer des Körperstromflusses. Zu gesundheitlichen<br />

Auswirkungen kann es zum einen insbesondere<br />

an den elektrisch erregbaren und leitenden<br />

Strukturen (z. B. am Herzen in Form von Rhythmusstörungen<br />

bis hin zum Herz-Kreislauf-Stillstand)<br />

und zum anderen zu thermischen Wirkungen (z. B.<br />

in Form von Verbrennungen oder Zelluntergang an<br />

Muskulatur und inneren Organen) kommen.<br />

Das Institut zur Erforschung elektrischer Unfälle<br />

der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro<br />

Medienerzeugnisse (BG ETEM) befasst sich seit<br />

1966 unter sicherheitstechnischen und medizinischen<br />

Aspekten mit dem Stromunfall. Der Arbeitsmediziner<br />

Dr. Wolfgang Zschiesche rät in seiner<br />

aktuellen Veröff entlichung in der Zeitschrift ASU<br />

(Arbeitsmedizin Sozialmedizin Umweltmedizin 45.<br />

Jahrgang 4/2010: 164 - 169) bezüglich der ärztlichen<br />

Maßnahmen nach einem Stromunfall zusammenfassend<br />

zu folgendem Vorgehen:<br />

• Nach kurzzeitigen Körperdurchströmungen mit<br />

Niederspannung (sogenannte „Wischer“) ohne<br />

Auff älligkeiten in der Krankengeschichte, im<br />

EKG oder am beziehungsweise im Körper ist<br />

nach einer unbedingt erforderlichen, ambulanten<br />

ärztlichen Untersuchung keine weitere<br />

ärztliche Überwachung notwendig.<br />

• Nach Hochspannungsunfällen ist dagegen<br />

SICHERHEIT UND GESUNDHEIT < <strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong><br />

immer mit dem Untergang<br />

von Muskelzellen<br />

und mit<br />

Organschäden (z.<br />

B. Nierenversagen)<br />

zu rechnen (auch<br />

nach anfänglichem<br />

Wohlbefi nden oder<br />

einer anfänglichen<br />

Erholung).<br />

Deshalb sind bei<br />

Hochspannungsunfällen<br />

in jedem<br />

Fall eine umgehende notärztliche Betreuung<br />

und Klinikeinweisung sowie eine langfristige<br />

ärztliche Überwachung erforderlich!<br />

• Sowohl die Personen, die eine Körperdurchströmung<br />

erleben, als auch die Augenzeugen<br />

schwerer oder tödlicher Stromunfälle, können<br />

starke psychische Traumatisierungen entwickeln.<br />

Um Spätfolgen, wie z. B. eine posttraumatische<br />

Belastungsstörung zu vermeiden, ist<br />

auf eine geeignete rasch greifende fachkundige<br />

Beratung und Betreuung der Verletzten und der<br />

Augenzeugen zu achten.<br />

Dr. med. Florian Struwe<br />

Foto: Bilderbox<br />

29


<strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong> > LEISTUNG UND RECHT<br />

Ausländische Beschäft igte<br />

Aktiv mit in den Arbeitsschutz einbeziehen<br />

In Deutschland fehlen bereits heute<br />

in vielen Branchen Arbeits- und Fachkräft<br />

e. Um diese Lücke zu schließen,<br />

werden Unternehmen in Zukunft auch<br />

vermehrt Beschäft igte aus dem Ausland<br />

einstellen müssen.<br />

30<br />

Damit die Qualität im Arbeits- und Gesundheitsschutz<br />

erhalten bleibt, sollten die Betriebe auf<br />

diesen Wandel in den Belegschaft en reagieren.<br />

Darauf weist die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung<br />

(DGUV) hin.<br />

Problematisch ist vor allem die mangelnde Sprachkompetenz<br />

der Mitarbeiter. Das hat eine Umfrage<br />

des Instituts für Arbeit und Gesundheit der DGUV<br />

(IAG) unter Präventionsexperten der Unfallversicherung<br />

ergeben. Sind die Beschäft igten in der Lage,<br />

wichtige Unterweisungen zu Sicherheitsvorkehrungen<br />

und zur richtigen Schutzkleidung überhaupt zu<br />

verstehen? „Da ist es wichtig nachzuhaken“, sagt<br />

Katrin Boege vom IAG. „Manchen Mitarbeitern ist<br />

es peinlich, dass sie nicht ausreichend Deutsch<br />

sprechen. Sie melden sich dann nicht, obwohl sie<br />

nur wenig verstanden haben.“ Hinzu komme, dass<br />

viele Migranten in ihrem Heimatland keine oder<br />

nur wenig praktische Erfahrungen im Umgang mit<br />

dem Arbeitsschutz gemacht hätten.<br />

Die Befragung ergab auch: In der Regel sind es<br />

nicht die gut ausgebildeten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen<br />

mit Migrationshintergrund, die<br />

eine Herausforderung für die Prävention darstellen.<br />

Vielmehr bedürfen die schlecht ausgebildeten<br />

Migranten mit geringer Sprachkenntnis einer speziellen<br />

Ansprache, um sie für den Arbeitsschutz zu<br />

sensibilisieren. Denn gerade diese Migranten arbeiten<br />

häufi g in Branchen und an Orten, an denen<br />

sie besonderen Gefährdungen ausgesetzt sind.<br />

Foto: Dieter Schütz pixelio<br />

Was muss der Arbeitsschutz für fremdsprachige<br />

Beschäft igte berücksichtigen?<br />

• Bei fehlenden Sprachkenntnissen helfen<br />

mehrsprachige Broschüren oder bildgestützte<br />

Anweisungen (Filme, Schilder) die Inhalte zu<br />

vermitteln.<br />

• Es sollte - wie auch bei deutschen Mitarbeitern -<br />

kontrolliert werden, ob die Unterweisungsinhalte<br />

so verstanden wurden, dass sie in kritischen<br />

Situationen auch umgesetzt werden können.<br />

• Schon bei der Personalauswahl sollte auf die<br />

Sprachkompetenz des Bewerbers geachtet<br />

werden. Fehlt sie, sollten bereits zu Beginn der<br />

Beschäft igung Maßnahmen vereinbart werden,<br />

um die Defi zite zu beseitigen.<br />

• Führungskräft e sollten für das Thema Unterweisung<br />

von fremdsprachigen Mitarbeitern<br />

sensibilisiert werden.<br />

• Bewährt haben sich auch sogenannte Peersysteme:<br />

Wenn in einem Betrieb mehrere Beschäft<br />

igte einer Nationalität arbeiten, kann es<br />

sinnvoll sein, einen Vertreter dieser Gruppe, der<br />

beide Sprachen spricht, für diese Gruppe zum<br />

Ansprechpartner in Fragen des Arbeitsschutzes<br />

zu machen.<br />

Langfristig ist es wichtig, Beschäft igte mit Migrationshintergrund<br />

aktiv in Fragen der Prävention einzubeziehen.<br />

So werden sie nicht zu bloßen „Empfängern“<br />

von Dienstleistungen, sondern können<br />

sich persönlich mit einbringen.<br />

DGUV/Hbg


Foto: Beeper pixelio<br />

Was ist eine gemeinsame Betriebsstätte?<br />

Räumliche Nähe allein reicht nicht<br />

Verletzt ein Kollege einen anderen im Betrieb, kann dieser den<br />

Schädiger in der Regel nicht auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld<br />

verklagen, weil die Berufsgenossenschaft den Arbeitsunfall<br />

entschädigt.<br />

Dieses Haft ungsprivileg soll helfen, innerbetriebliche<br />

Rechtstreitigkeiten zu vermeiden und ist vom<br />

Gesetzgeber auch auf Beschäft igte fremder Unternehmen<br />

ausgedehnt worden, die auf einer „gemeinsamen<br />

Betriebsstätte“ zusammen arbeiten.<br />

Doch Vorsicht: Gemeinsame Betriebsstätte bedeutet<br />

aber nicht dieselbe Betriebsstätte. Immer wieder<br />

gibt es Streit darüber, wann eine gemeinsame<br />

Betriebsstätte vorliegt, wie folgender Fall belegt:<br />

Der Versicherte hatte in einem Baumarkt für seinen<br />

Arbeitgeber sechs Säcke Zement gekauft , die<br />

er mit dem Kleintransporter seines Arbeitgebers<br />

übernehmen sollte. Der Angestellte des Baumarktes<br />

holte eine Palette mit Zement aus dem Lager<br />

und fuhr den Gabelstapler bis auf zwei Meter an<br />

den Transporter heran, damit die Säcke eingeladen<br />

werden konnten. Nachdem der Baumarkt-<br />

Angestellte ausgestiegen war, setzte sich der Gabelstapler<br />

jedoch in Bewegung und verletzte den<br />

Versicherten. Die Berufsgenossenschaft erkannte<br />

den Vorfall als Arbeitsunfall an. Dennoch verlangte<br />

der Geschädigte vom Schädiger mindestens 3.000<br />

Euro Schmerzensgeld.<br />

Mit dem Hinweis, er habe dem Verletzten beim Einladen<br />

helfen wollen, verweigerte der Schädiger die<br />

Zahlung. Der Streit ging bis zum Bundesgerichtshof<br />

(BGH), der schließlich entschied, dass dem<br />

Kläger zu Recht ein Schmerzensgeld zusteht. Der<br />

Schmerzensgeldanspruch hätte nur dann nicht<br />

vorgelegen, wenn beide Versicherte auf einer gemeinsamen<br />

Betriebsstätte zusammen gearbeitet<br />

LEISTUNG UND RECHT < <strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong><br />

hätten. Nach einer gefestigten Rechtsprechung<br />

erfasst der Begriff der gemeinsamen Betriebsstätte<br />

jedoch „betriebliche Aktivitäten von Versicherten<br />

mehrerer Unternehmen, die bewusst und gewollt<br />

bei einzelnen Maßnahmen ineinander greifen,<br />

miteinander verknüpft sind, sich ergänzen oder<br />

unterstützen“. Dabei soll es ausreichen, dass die<br />

gegenseitige Verständigung stillschweigend oder<br />

durch bloßes Tun erfolgt. Erforderlich ist immer das<br />

„bewusste Miteinander im Betriebsablauf, dass<br />

sich zumindest tatsächlich als ein aufeinander bezogenes<br />

betriebliches Zusammenwirken mehrerer<br />

Unternehmen darstellt“. Nicht ausreichend ist es<br />

dagegen, wenn Versicherte zweier Unternehmen<br />

auf derselben Betriebsstätte aufeinander treff en.<br />

Demnach ist die gemeinsame Betriebsstätte mehr<br />

als dieselbe Betriebsstätte. Parallele Tätigkeiten,<br />

die sich beziehungslos nebeneinander vollziehen,<br />

genügen ebenso wenig wie eine bloße Arbeitsberührung.<br />

Im vorliegenden Falle ist ein Zusammenwirken<br />

beider beteiligten Personen im Bereitstellen der<br />

Ware nicht zu erkennen. Die vom Gabelstaplerfahrer<br />

behauptete Absprache, dem Verletzten beim<br />

Verladen der Ware zu helfen, hat sich auf den vorliegenden<br />

Unfallverlauf nicht ausgewirkt, weil der<br />

Ladevorgang zum Zeitpunkt des Unfalles noch<br />

nicht begonnen hatte. (BGH, Urteil vom 10.05.<strong>2011</strong>,<br />

Az.: VI ZR 152/10, ähnliches Urteil vom 01.02.<strong>2011</strong>,<br />

Az.: VI ZR 227/09 )<br />

Ass. Karl Heinz Schwirz<br />

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