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III - CCA Monatsblatt

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Kultur Kultur<br />

Lange Nacht der Museen – Version La Paz<br />

Menschengruppen pilgern von Museum zu Galerie zu Konzert, ganze<br />

Stadtviertel scheinen auf den Beinen zu sein – ob Berlin, Köln oder La<br />

Paz, die Lange Nacht der Museen, die hier am 19. Mai zum sechsten Mal<br />

gefeiert wurde, zieht die Stadtbewohner an. Mit über 150.000 Besuchern<br />

rechnete Bürgermeister Luis Revilla, wie er in seiner Pressekonferenz<br />

verkündete, annähernd 200.000 sollen es laut den offiziellen Angaben<br />

am Ende geworden sein. Mit 92 bezifferten die Veranstalter die Zahl der<br />

teilnehmenden Aussteller im Zentrum, San Pedro, in Sopocachi und der<br />

Zona Sur. Hier nur zwei Eindrücke von vielen.<br />

Benita Schauer: Wir pilgern am Abend durch Sopocachi, die<br />

Rosendo Gutiérrez hinauf – aber vor dem Puppenmuseum ist schon<br />

kein Durchkommen, ganze Familien mit Kind und Kegel stehen dort<br />

Schlange. Also weiter Richtung Calle Ecuador, wo gleich mehrere<br />

Ausstellungsräume und Künstler locken, die meisten bereits deutlich<br />

überfüllt. Dankenswerterweise hat die Alcaldia die Straße heute für den<br />

Autoverkehr sperren lassen, so dass wir entspannt mal hier, mal dort einen<br />

Blick hineinwerfen, eine Galerie betreten, einer Musikerin zuhören. Die<br />

Stimmung ist gelöst, auf der Straße mischt sich traditionelle Gitarrenmusik<br />

mit Hip Hop – und offenbar genießen Familienväter, Kleinkinder,<br />

Studenten und ältere Bürger gleichermaßen das bunte Treiben. Im Espacio<br />

Simon Patiño ist es zu voll, im Museo Solón gefällt uns die Ausstellung<br />

nicht, wir gehen weiter zur Fundación Machicado. Regelmäßig treffen<br />

sich dort Liebhaber klassischer Musik, um im Rahmen der „Flaviadas“<br />

gemeinsam Schallplattenaufnahmen aus der umfangreichen Sammlung der<br />

Stiftung zu hören, immer nach einem vorher angekündigten Programm<br />

(www.flaviadas.org, der Eintritt ist frei). Musik gibt es heute nicht, dafür<br />

treffen wir Freunde, die vergeblich versucht hatten, ins Nationalmuseum zu<br />

gelangen – die großen Museen meidet man wohl besser an diesem Abend.<br />

Wir beschließen, noch zum Haus des Malers Cecilio Guzmán de Rojas,<br />

ein wenig abseits der Besucherströme, zu laufen. Uns allen ist das auf dem<br />

Zehn-Bolivianos-Schein abgebildete Portrait des Künstlers vertraut – aber<br />

nicht viele kennen sein Haus und Atelier, das Besuchern nach Anmeldung<br />

offen steht, und es gibt kaum Literatur über diesen Schöpfer des „Cristo<br />

Aymara“, Darsteller des Chaco-Kriegs und Gründer der nationalen<br />

Kunstakademie Boliviens, der 1899 in Potosí geboren wurde und 1950 in<br />

La Paz starb. Auch dort Freunde, Bekannte und ein Glas Rotwein – Gladys<br />

Dávalos und Ivan Guzmán de Rojas, der Sohn des Malers, freuen sich, uns<br />

zu sehen.<br />

Eigentlich reicht es uns jetzt schon, die Vielzahl der Eindrücke muss erst<br />

einmal verarbeitet werden. Wir gehen nach Hause mit dem guten Gefühl,<br />

heute wie nur selten ein neugieriges, aufgeschlossenes, einiges La Paz erlebt<br />

zu haben, und dem festen Vorsatz, im nächsten Jahr wiederzukommen.<br />

Christian Reiser: Ein wenig Wehmut mischte sich in die Vorfreude.<br />

Lange Nacht der Museen: Das erinnert mich an Stuttgart, Bielefeld und<br />

Berlin, an andere Begleiter, an Vergangenes. Aber was soll’s, auf geht‘s.<br />

Weniger erfahren als Benita steuern wir mit dem Taxi auf die Plaza Murillo<br />

zu. Schnell fällt mir die Schlagzeile der Stuttgarter Zeitung nach einer<br />

dortigen Langen Nacht der Museen ein: „Nacht der langen Schlangen“.<br />

Denn so ist es auch in La Paz.<br />

Anders als in Deutschland scheint es hier so recht keinen zu stören.<br />

Geduldig stehen oder sich mit den Massen weiterschleppen, scheint den<br />

Bolivianerinnen und Bolivianern zu gefallen. Verkaufs- und Essstände<br />

erinnern an Gründonnerstag, nur dass wir heute eben vor Museen statt<br />

vor Kirchen Schlange stehen. Durch einen Hintereingang gelangen wir<br />

ins Ethnografie- und Folkloremuseum. Im Hof spielt ein großes Orchester<br />

Folkloremusik, in einem anderen Saal tanzt die Tanzschule Alhambra,<br />

Kunst gibt es und Porträts von Transsexuellen beim bolivianischen<br />

Karneval.<br />

Wir sind noch verabredet, also wieder raus. Vielleicht erstmal was essen?<br />

Danach nochmal ins gleiche Museum – die anderen waren ja noch nicht da.<br />

Und dann: Durst. So haben wir eigentlich nicht viel gesehen in der langen<br />

Nacht, die für uns nicht so recht lang werden will. Auch die Ausstellung zu<br />

den besten Schülertricks beim Betrügen bei Klassenarbeiten verpassen wir.<br />

Und nächstes Jahr?<br />

• Wieder hin, ja.<br />

• Weniger zentral – vielleicht mal in die Zona Sur?<br />

• Und am besten in kleiner Gruppe und ohne Verabredungen in der<br />

Nacht.<br />

Christian Reiser und Benita Schauer<br />

„Kunst in La Paz“ 42<br />

<strong>Monatsblatt</strong> 3/2012 <strong>Monatsblatt</strong> 3/2012<br />

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„Kunst in La Paz“

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