50 Jahre Theater Fauteuil
Jubiläumsbroschüre Fauteuil
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DIE RASSERBANDE<br />
Roland Rasser oder<br />
die Geschichte einer <strong>Theater</strong>familie<br />
Es war eines jener grossen Basler<br />
Stadtfeuer des 20. Jahrhunderts, die<br />
im Katastrophenrepertoire der mündlichen<br />
Überlieferung überlebt haben.<br />
Eltern erzählten ihren Kinder davon,<br />
und wer sein eigenes Erinnerungsvermögen<br />
belastet, glaubt noch den<br />
Gestank nach verbranntem Gummi<br />
riechen zu können, der damals die<br />
Innenstadt tagelang überlagerte. Am<br />
18. Februar l956, dem Wochenende<br />
unmittelbar vor der Fasnacht, stand<br />
am Nadelberg 25/29 das Lagerhaus<br />
der Speditionsfirma Bronner in Flammen.<br />
Kaum vorstellbar, dass in der<br />
heute so putzig sanierten Basler Altstadt<br />
damals noch Autopneus, Zucker<br />
und Zeitungspapierrollen in grossen<br />
Mengen gelagert werden durften.<br />
Trotz 10000 Kubikmetern Wasser aus<br />
32 Schlauchleitungen konnte das vom<br />
Lagergut ideal versorgte Feuer erst<br />
nach Tagen gelöscht werden. Die<br />
Männer der Berufs- und Bezirksfeuerwehr<br />
mussten sich vorwiegend<br />
auf den Schutz der gefährdeten Liegenschaften<br />
im Bereich Spalenberg<br />
und Imbergässlein beschränken. Bei<br />
einer rekordverdächtigen Temperatur<br />
von 18 Grad unter dem Gefrierpunkt<br />
erstarrte das über Dachgiebel, Hinterhöfe<br />
und Altstadtgassen talwärts abfliessende<br />
Löschwasser zu Eis und<br />
verwandelte die Szenerie in eine bizarre,<br />
auf makabere Art märchenhaft<br />
gefrorene Stadtlandschaft, in der die<br />
massenhaft angelockten Schaulustigen<br />
aus dem Tritt gerieten und mächtige<br />
Eiszapfen kaskadenartig den<br />
Wasserlauf markierten. Am unmittelbar<br />
auf das Brandwochenende folgenden<br />
Fasnachtsmontag war der Spalenberg<br />
kaum begehbar und Basel<br />
hatte mit der ‹eisigen Fasnacht› von<br />
1956 Gesprächsstoff, der über Jahrzehnte<br />
seinen Erinnerungswert bewahren<br />
konnte.<br />
‹dr jung Rasser›<br />
Roland Rasser war damals noch nicht<br />
ganz 24 <strong>Jahre</strong> alt und als Mitbegründer<br />
des ‹Cabaret Gigampfi› dabei,<br />
sich als ‹dr jung Rasser› in der Kleinkunstszene<br />
aus dem wahrhaft hünenhaften<br />
Schattenwurf seines Vaters ins<br />
Bühnenlicht von gemieteten Wirtshaussälen<br />
zu bewegen. Den Traum<br />
von einem eigenen Kleintheater teilte<br />
er allerdings genauso wie sein Temperament<br />
und seine Begabung mit<br />
Vater Alfred, der von seinem grandiosen<br />
Plan, das alte Kino ‹Eldorado› an<br />
der Steinenvorstadt zu einer Rasser-<br />
Bühne zu machen, nur durch gutes<br />
Zureden von wohlmeinenden Freunden<br />
und die fachmännischen Bedenken<br />
seines als Architekt wirkenden<br />
Bruders Max abzubringen war.<br />
Für Roland, der nun auch in diesem<br />
Text respektvoll mit seinem inzwischen<br />
gängigen Markennamen ‹Rolli› bezeichnet<br />
wird, geriet der legendär gewordene<br />
Grossbrand am Nadelberg<br />
von 1956 zum Glücksfall und zum<br />
Geburtshelfer seiner eigenen Legende.<br />
In der Löschwasser geschädigten,<br />
seit dem Mittelalter abenteuerlich<br />
verbauten und vielfach genutzten<br />
Hinterhoflandschaft zwischen Nadelberg<br />
und Spalenberg, stiess der Journalist<br />
Peter Bader bei einer Begehung<br />
mit Behördenvertretern auf einen<br />
ziemlich verkommenen und mit allerlei<br />
Gerümpel angefüllten Gewölbekeller,<br />
der für phantasiebegabte und<br />
romantische Seelen für ein Kellertheater<br />
wie geschaffen schien. Rolli Rasser,<br />
von Peter Bader informiert und<br />
alarmiert, reagierte mit der Spontaneität<br />
und dem Furor des Gelegenheitstäters,<br />
der zwar eine Idee, aber<br />
vor allem kein Geld hatte. Da der Keller<br />
am Spalenberg und die dazugehörenden<br />
Liegenschaften dem Staat gehörten,<br />
galt es zu allererst die Staatliche<br />
Liegenschaftsverwaltung von der<br />
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