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25 Jahre Berliner Bäder-Betriebe

SO POOL IST NUR BERLIN: Die Berliner Bäder-Betriebe sind 25 Jahre alt geworden. Ein Grund die Menschen und die Bäder vorzustellen.

SO POOL IST NUR BERLIN:
Die Berliner Bäder-Betriebe sind 25 Jahre alt geworden.
Ein Grund die Menschen und die Bäder vorzustellen.

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LIEBE LESERIN,<br />

LIEBER LESER,<br />

Inhalt<br />

S<br />

chwimmbäder sind besondere Orte. Im Becken sind alle gleich. Statussymbole,<br />

wie Hubraum oder Geldbeutel – nichts von alledem spielt dort eine Rolle. Stattdessen<br />

sind sie Orte der Freiheit und Gleichberechtigung. Wo waren Frauen<br />

und Männer im damaligen Preußen erstmals gleichberechtigt? Beim Baden im<br />

Wannsee, 1907. Dies ist eine von vielen Geschichten, die das <strong>Berliner</strong> Badewesen<br />

bietet. Der Anlass, sie zusammenzutragen, ist erfreulich. Die <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<br />

<strong>Betriebe</strong> sind <strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> alt geworden. Sie sind ein junges Landesunternehmen, aber<br />

eines, das viele Geschichten erzählen kann. Die schönsten, interessantesten und aufschlussreichsten<br />

finden Sie hier versammelt.<br />

Es ist wunderbar zu lesen, wieviel Engagement und Leidenschaft mit den <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>n<br />

verbunden ist. Von den Kolleginnen und Kollegen, die den Betrieb in den <strong>Bäder</strong>n<br />

tagtäglich am Laufen halten. Von den Kundinnen und Kunden, die emsig ihre Bahnen<br />

ziehen. Von den Vereinen, die mit ihren Mitgliedern trainieren. Und von allen, die den<br />

obligatorischen Schwimmunterricht organisieren.<br />

Die Schwimmbäder sind aber auch besondere Orte in ihrer Unterschiedlichkeit. Berlin<br />

hat große <strong>Bäder</strong>, wie die Schwimm- und Sprunghalle im Europasportpark, in der<br />

wichtige Meisterschaften und Wettbewerbe stattfinden. Und besonders kleine, wie das<br />

Kinderbad Platsch in Marzahn, wo unsere Jüngsten ihre ersten Erfahrungen mit dem<br />

Wasser machen.<br />

Die nächsten <strong>Jahre</strong> werden spannend. Die <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong> haben viel vor und<br />

müssen viel erreichen, damit die <strong>Bäder</strong> so attraktiv und beliebt bleiben, wie sie es in<br />

den letzten <strong>25</strong> <strong>Jahre</strong>n waren. Es werden neue Geschichten hinzukommen; einige davon<br />

werden hier bereits angerissen.<br />

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.<br />

Ihr<br />

DR. JOHANNES KLEINSORG<br />

Eine von uns<br />

Badleiterin Britta Wulf 2<br />

Wie alles begann<br />

Die Anfänge der BBB 5<br />

Ohne sie wären wir nicht(s) I<br />

Unsere Stammschwimmer 8<br />

Echte Hingucker<br />

Unsere schönsten <strong>Bäder</strong> 12<br />

Einer von uns<br />

Techniker Frank Fischer 18<br />

Berlin macht sich frei<br />

Die Geschichte des Badens 21<br />

Die BBB in Zahlen<br />

Fakten aus <strong>25</strong> <strong>Jahre</strong>n 24<br />

Große Erwartungen<br />

Die Vorstände der BBB 26<br />

Neue Arbeitsgrundlage<br />

Der <strong>Bäder</strong>vertrag 30<br />

Ohne sie wären wir nicht(s) II<br />

Unsere Schulkinder 31<br />

Verpachtete <strong>Bäder</strong><br />

Das Strandbad Orankesee 35<br />

Großer Auftritt<br />

Prominente Badegäste 38<br />

Fundsachen<br />

Was bei uns liegen bleibt 40<br />

Eine von uns<br />

Auszubildende Julie Amari 42<br />

Nicht kleckern – klotzen!<br />

Die <strong>Bäder</strong> als Baustelle 44<br />

Der große Überblick<br />

Alle <strong>Bäder</strong> auf einer Karte 48<br />

Eine von uns<br />

Kursleiterin Susanna Zischek 50<br />

Party am Pool<br />

Feiern und Feste in den <strong>Bäder</strong>n 52<br />

Eine von uns<br />

Anke Höppner, Kundenzentrum 56<br />

Jeder Baum hat eine Nummer<br />

Über die Pflanzen in den <strong>Bäder</strong>n 59<br />

Lass uns was einkaufen<br />

Einkaufbilanz eines <strong>Jahre</strong>s 62<br />

Ohne sie wären wir nicht(s) III<br />

Unsere Vereine 64<br />

Klamme Kassen<br />

Die <strong>Bäder</strong>schließungen 2002 68<br />

Tom Cruise im Stadtbad Neukölln<br />

Die <strong>Bäder</strong> als Kulissen<br />

für Film & Co 70<br />

Große Projekte, große Ideen<br />

Das bringen die nächsten <strong>Jahre</strong> 74<br />

Visionen für die Zukunft<br />

Die BBB machen sich fit 78<br />

Impressum 80<br />

Seite 1


Seite 2


Eine von uns:<br />

BRITTA WULF – LEITERIN KOMBIBAD MARIENDORF<br />

„EIN GUTES MITEIN-<br />

ANDER IST MIR SEHR<br />

WICHTIG. NUR WENN<br />

SICH ALLE WOHL-<br />

FÜHLEN, KOMMEN<br />

SIE AUCH GERNE ZUR<br />

ARBEIT.“<br />

D<br />

er Beruf wurde BRITTA WULF<br />

quasi in die Wiege gelegt: Ihr<br />

Vater war Schwimmmeister, ihre<br />

Mutter Schwimmlehrerin. Kein<br />

Wunder, dass Britta und ihre beiden<br />

Geschwister früh schwimmen lernten.<br />

Und die kleine Britta schien dafür ein<br />

besonderes Talent zu haben: Die damals<br />

Zweijährige brauchte nicht einmal 15<br />

Unterrichtsstunden, um schwimmen zu<br />

lernen – und bis heute ist sie dem Wasser<br />

immer noch treu: Britta Wulf, heute 52<br />

<strong>Jahre</strong> alt, ist Leiterin des Kombibades<br />

Mariendorf und damit eine von 40 Frauen<br />

und Männern bei den BBB, die ein Bad<br />

leiten.<br />

Mit neun <strong>Jahre</strong>n war sie eine der Schnellsten<br />

und wurde <strong>Berliner</strong> Jahrgangsmeisterin in<br />

200 m Freistil.<br />

Britta Wulf packt auch gerne selbst mit an: Neben ihren Verwaltungsaufgaben als Badleiterin führt sie<br />

auch mal mit Aufsicht am Beckenrand.<br />

Anfangs sah es allerdings eher nach<br />

einer sportlichen Karriere aus: Bereits<br />

mit drei <strong>Jahre</strong>n machte Britta Wulf ihren<br />

Fahrtenschwimmer, wozu unter anderem<br />

30 Minuten schwimmen in tiefem Wasser<br />

zählte. „An die Prüfung kann ich mich<br />

sogar noch erinnern“, erzählt sie, „allerdings<br />

vor allem, weil ich mich so dabei<br />

gelangweilt habe, ich sollte immer nur<br />

schwimmen und durfte nicht anhalten.“<br />

Sie habe während des Schwimmens<br />

nicht mal reden dürfen. „Und als ich es<br />

dann geschafft hatte, haben alle geklatscht<br />

– und ich habe nicht verstanden,<br />

warum die sich alle freuen.“ Britta Wulf<br />

war nicht nur früh dran, sondern auch<br />

eine der Schnellsten: Mit neun <strong>Jahre</strong>n<br />

wurde sie <strong>Berliner</strong> Jahrgangsmeisterin<br />

in 200 m Freistil. Bis zur Pubertät war<br />

sie erfolgreiche Leistungsschwimmerin,<br />

bis sie nach einer Erkrankung mit dem<br />

Schwimmsport aufhörte.<br />

Trotz ihrer Vorliebe für das Wasser hatte<br />

ihr erster Berufswunsch nichts damit zu<br />

tun. „Ursprünglich wollte ich Hundeführerin<br />

bei der Polizei werden“, erklärt sie.<br />

Aber für Frauen sei das damals schwierig<br />

gewesen, erst recht mit einem Schulabschluss<br />

mit 16 <strong>Jahre</strong>n. „Bei der Polizei<br />

konnte man damals erst mit 18 <strong>Jahre</strong>n<br />

eine Ausbildung starten“, sagt Britta Wulf.<br />

Also entschied sie sich 1985 zu einer<br />

Ausbildung zur Schwimmmeistergehilfin<br />

(heute Fachangestellte für <strong>Bäder</strong>betriebe).<br />

Hierfür kam ihr Schulabschluss gerade<br />

zur rechten Zeit, denn von den damals<br />

für die <strong>Bäder</strong> zuständigen Bezirksämtern<br />

wurde zu dieser Zeit nur alle drei <strong>Jahre</strong><br />

eine Berufsschulklasse gebildet. Letztlich<br />

sei das genau die richtige Entscheidung<br />

gewesen, sagt Britta Wulf. „Seitdem wollte<br />

ich nie wieder etwas anderes machen.“<br />

Schon in ihrer Ausbildung, die sie wegen<br />

sehr guter Leistungen schon nach zwei<br />

<strong>Jahre</strong>n abschließen konnte, lernte sie,<br />

sich als Frau in einer Männerdomäne<br />

durchzusetzen. Zunächst arbeitete sie im<br />

Stadtbad Tempelhof, dann im Kombibad<br />

Mariendorf. Anschließend bildete sie<br />

sich zur Geprüften Schwimmmeisterin<br />

weiter und eignete sich dabei auch das<br />

notwendige kaufmännische, arbeitsorganisatorische<br />

und technische Wissen an,<br />

um irgendwann ein Bad leiten zu können.<br />

Nach mehreren <strong>Jahre</strong>n als stellvertretende<br />

Badleiterin und Ausbilderin übernahm<br />

sie 2008 die Leitung des Kombibades<br />

Mariendorf.<br />

Seite 3


nutze beispielsweise den Schichtwechsel<br />

für Gespräche. Und auch als Badleiterin<br />

mache es ihr nichts aus, selbst mit anzupacken:<br />

Neben der Verwaltungsarbeit,<br />

der Personalplanung und der Kontrolle<br />

des Badbetriebes führt sie auch mal<br />

selbst mit Aufsicht am Beckenrand oder<br />

löst Konflikte mit Badegästen. „Ich sehe<br />

dabei nie auf die Uhr“, sagt sie von sich<br />

selbst, „wichtig ist, dass die Arbeit gemacht<br />

ist, erst dann kann ich beruhigt in<br />

den Feierabend gehen.“<br />

Im Kombibad Mariendorf, das mitten in<br />

einem Wohngebiet liegt, schwimmen<br />

vor allem viele Stammgäste aus der<br />

Umgebung; nach all den <strong>Jahre</strong>n im Bad<br />

kennt Britta Wulf viele beim Namen. Es<br />

Drei Auszubildende werden derzeit im<br />

Bad betreut. „Das hält jung“, meint Britta<br />

Wulf. Dadurch werde sie außerdem<br />

immer wieder in die Zeit zurückversetzt,<br />

als sie selbst ihre Ausbildungsjahre in<br />

diesem Bad absolviert hat.<br />

Während die <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong><br />

ihr <strong>25</strong>-jähriges Bestehen begehen, kann<br />

Britta Wulf ein 50-Jähriges feiern: So lange<br />

kann sie mittlerweile schwimmen. Die<br />

Entscheidung, in den <strong>Bäder</strong>n zu arbeiten,<br />

hat sie nie bereut: Die abwechslungsreiche<br />

Arbeit mit Menschen mache ihr nach<br />

wie vor großen Spaß, sagt sie. Besonders<br />

schön sei, dass sie seit geraumer Zeit<br />

neben dem Kombibad Mariendorf auch<br />

für das Stadtbad Tempelhof zuständig ist.<br />

Heute trägt sie Verantwortung für rund<br />

20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,<br />

von denen die meisten im Schichtdienst<br />

arbeiten, um die langen Öffnungszeiten<br />

des Bades abzudecken. Im Sommer,<br />

wenn die Schwimmhalle und das Sommerbad<br />

parallel geöffnet sind, sind es<br />

bis zu 28 Beschäftigte. „Wir haben hier<br />

im Bad ein wirklich gutes Miteinander<br />

in unserem Team“, sagt Britta Wulf. Das<br />

sei nicht immer so gewesen. Ihr sei eine<br />

gute Zusammenarbeit sehr wichtig, denn<br />

„nur, wenn sich alle wohlfühlen, kommen<br />

die Kolleginnen und Kollegen auch gerne<br />

und mit Freude zur Arbeit“. Deshalb<br />

nehme sie sich viel Zeit für ihr Team und<br />

Der Beruf wurde ihr quasi in die Wiege gelegt.<br />

Nachdem Britta Wulf mit nur zwei <strong>Jahre</strong>n<br />

schwimmen lernte, hat sie das Element Wasser<br />

nicht mehr losgelassen.<br />

gibt aber auch Kundinnen und Kunden,<br />

die gerne das 50-Meter-Becken in der<br />

Schwimmhalle und die geleinte Sportschwimmerbahn<br />

nutzen und dafür auch<br />

extra von weiter her anreisen. „Durch<br />

das große 50-Meter-Becken und das<br />

separate Lehrschwimmbecken haben wir<br />

den Vorteil, sowohl sportliches Schwimmen<br />

als auch Gesundheitsschwimmen<br />

anbieten zu können“, sagt Britta Wulf.<br />

Damit schließe sich ein Kreis für sie: In<br />

Tempelhof ist sie aufgewachsen, hier hat<br />

sie ihre Ausbildung gemacht, ihre ersten<br />

Berufsjahre als Schwimmmeistergehilfin<br />

absolviert, und hier hat sie selber Nachwuchskräfte<br />

ausgebildet. Und wie es sich<br />

gehört, haben auch ihre beiden Söhne<br />

schon früh – mit drei <strong>Jahre</strong>n – schwimmen<br />

gelernt. Das Talent liegt eben in der<br />

Familie.<br />

Seite 4


Wie alles BEGANN<br />

Wie in alten Zeiten: Dagmar Erbert (links) und Ines Blau vor dem Gebäude in Hohenschönhausen, in dem vor <strong>25</strong> <strong>Jahre</strong>n alles anfing.<br />

PIONIERARBEIT: DIE BERLINER BÄDER-BETRIEBE STARTETEN<br />

ZUNÄCHST ALS PROJEKTGRUPPE IN HOHENSCHÖNHAUSEN<br />

E<br />

in Schreibtisch, ein Stuhl, ein<br />

Telefon, mehr gab es nicht.“ DAG-<br />

MAR ERBERT muss heute noch<br />

lachen, wenn sie daran denkt,<br />

unter welchen Bedingungen sie<br />

in den Anfangszeiten der Gründung der<br />

<strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong> (BBB) gearbeitet<br />

hat. Die heute 67-jährige Rentnerin war<br />

eine der ersten Mitarbeiterinnen in einer<br />

der neu gebildeten Regionalleitungen<br />

für die <strong>Bäder</strong>. „Das war richtige Pionierarbeit,“<br />

sagt auch INES BLAU, die heute<br />

als Teamleiterin in der Abteilung Recht<br />

und Grundstückswesen der BBB arbeitet.<br />

Die beiden späteren BBB-Mitarbeiterinnen<br />

wirkten in einer 1996 von der<br />

Senatsverwaltung für Schule, Berufsbildung<br />

und Sport geführten Projektgruppe<br />

mit, die schon einmal die Grundlagen für<br />

die Anstalt öffentlichen Rechts schaffte,<br />

bevor der erste Vorstand bestellt wurde.<br />

Sitz der Projektgruppe war ein Verwaltungsgebäude<br />

im Sportforum Hohenschönhausen.<br />

Bevor die BBB ihre Arbeit aufnahmen,<br />

war eine mehrjährige Vorbereitungsphase<br />

vorausgegangen. Bereits im März 1994<br />

hatte der Senat von Berlin beschlossen,<br />

dass eine Gesetzesvorlage für die Errichtung<br />

eines landeseigenen Unternehmens<br />

für den Betrieb der öffentlichen <strong>Bäder</strong> erstellt<br />

werden sollte. Die damals 77 <strong>Berliner</strong><br />

<strong>Bäder</strong>, die von 23 eigenverantwortlich<br />

agierenden <strong>Bäder</strong>ämtern innerhalb der<br />

Bezirke verwaltet wurden, sollten unter<br />

einer wirtschaftlich arbeitenden Dachinstitution<br />

zusammengefasst werden.<br />

Man wollte Synergien schaffen, Prozesse<br />

vereinheitlichen und Kosten senken, um<br />

dem immer weiter steigenden Zuschussbedarf<br />

der <strong>Bäder</strong> entgegenzuwirken.<br />

Ein gewisses Maß an Subventionen<br />

sollte jedoch beibehalten werden, um<br />

sicherzustellen, dass Schulen, Kitas und<br />

Vereine die <strong>Bäder</strong> weiter unentgeltlich<br />

nutzen konnten und gleichzeitig die<br />

Öffentlichkeit ein attraktives Angebot<br />

zu sozial verträglichen Preisen erhielt<br />

– eine große Herausforderung bei den<br />

stark sanierungsbedürftigen und meist<br />

rein funktionalen Sportbädern, die von<br />

einem attraktiven Angebot für die breite<br />

Öffentlichkeit oder gar Wellness-Oasen<br />

mit Spaßfaktor weit entfernt waren.<br />

Am <strong>25</strong>.September 1995, eineinhalb<br />

<strong>Jahre</strong> nach der ersten Idee, wurde das<br />

Gesetz zur Errichtung der „Anstalt<br />

öffentlichen Rechts <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong>“<br />

beschlossen. Vertreterinnen und<br />

Vertreter der Bezirke, der Senatsverwaltungen<br />

für Finanzen und Inneres, des<br />

Hauptpersonalrats und des Landessportbundes<br />

waren an der Entwicklung des<br />

Gesetzes beteiligt. Schließlich musste<br />

ein Vorhaben mit so großer Tragweite gut<br />

vorbereitet werden.<br />

Am 01.01.1996 sollte die Anstalt öffentlichen<br />

Rechts ihre Arbeit aufnehmen.<br />

Aber bis zur Bestellung eines Vorstandes<br />

dauerte es noch ein weiteres Jahr. Um<br />

die Verwaltung der <strong>Bäder</strong> schon einmal<br />

zusammenzuführen, die neue Struktur<br />

vorzubereiten und die ersten Synergien<br />

zu schaffen, gründete die Senatsverwaltung<br />

für Schule, Berufsbildung und Sport<br />

zunächst eine Projektgruppe. Die <strong>Bäder</strong><br />

wurden in vier, später in fünf Regionen<br />

aufgeteilt. Damit folgte die Gesetzesvorlage<br />

der Studie von einer Unternehmensberatung<br />

zum wirtschaftlichen Betreiben<br />

von <strong>Bäder</strong>n.<br />

Seite 5


Dagmar Erbert war von ihrer Arbeit im<br />

Sporthotel des Sportforums Hohenschönhausen<br />

abgezogen worden, um<br />

die Projektgruppe zu unterstützen.<br />

„Ursprünglich für drei Monate“, erzählt<br />

sie, „schließlich wurde ein ganzes Jahr<br />

daraus“.<br />

„Man kann sich heute gar nicht mehr vorstellen,<br />

wie wir damals gearbeitet haben“,<br />

sagt sie. Es habe keine Schreibmaschine,<br />

keine Rechenmaschinen, kein Faxgerät<br />

und schon gar keine Computer gegeben.<br />

Trotzdem musste jede Region die Verwaltungsaufgaben<br />

für die ihr zugeteilten<br />

<strong>Bäder</strong> erledigen. Alles wurde telefonisch<br />

und handschriftlich abgewickelt – ein un-<br />

glaublicher Arbeitsaufwand. Für allgemeinen<br />

Schriftverkehr konnte auf ein zentrales<br />

Schreibbüro der Senatsverwaltung<br />

zurückgegriffen werden. „Abends waren<br />

wir meistens fix und fertig“, erinnert sich<br />

Dagmar Erbert. Aber alle im Projektteam<br />

seien von einem Pioniergeist getragen<br />

worden. „Wir wollten gemeinsam etwas<br />

schaffen, etwas Neues aufbauen. Das<br />

tolle Miteinander hat uns für die Mühen<br />

entschädigt“, schwärmt sie.<br />

Auch Ines Blau hat gute Erinnerungen<br />

an die Anfangszeit der BBB. Sie arbeitete<br />

vor der Wende im Sportstättenbetrieb<br />

Berlin, wo zu DDR-Zeiten alle<br />

Sportstätten Ostberlins – inklusive der<br />

<strong>Bäder</strong> – zentral verwaltet wurden (im<br />

Gegensatz zur dezentralen Verwaltung<br />

durch die Bezirke in West-Berlin). „Im<br />

Prinzip war das bereits die Vorlage für<br />

die spätere Idee, die <strong>Bäder</strong> unter einer<br />

Führung zusammenzufassen“, erklärt<br />

Ines Blau. Nach der Wende wurde jedoch<br />

zunächst einmal auch im Ostteil Berlins<br />

die Verwaltungsstruktur aus dem Westteil<br />

übernommen: Die <strong>Bäder</strong> wurden den<br />

Bezirken zugeordnet und Ines Blau in<br />

die Senatssportverwaltung übernommen.<br />

Ihre Erfahrungen aus der zentralen<br />

Sportstättenverwaltung konnte sie in der<br />

Projektgruppe gut gebrauchen. Zu ihren<br />

Aufgaben gehörte es, alle Verträge, die<br />

das Land Berlin für die <strong>Bäder</strong> geschlossen<br />

hatte, auf die <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong><br />

überzuleiten und den Abschluss neuer<br />

Verträge zum Beispiel für Vermietungen<br />

und Verpachtungen vorzubereiten.<br />

„Wir waren ein bunt zusammengewürfelter<br />

Haufen“, erzählt sie. Beschäftigte<br />

aus der Senatssportverwaltung sowie<br />

Sporteinrichtungen seien extra für dieses<br />

Projekt zeitlich begrenzt von ihren Posten<br />

abgezogen und in die Projektgruppe abgeordnet<br />

worden. „Das Ziel, gemeinsam<br />

etwas aufzubauen, hat uns alle zusammengeschweißt“,<br />

erinnert auch sie sich.<br />

Die Schwimmhalle Helene-Weigel-Platz in Marzahn wurde 1986 in Betrieb genommen.<br />

Das Sommerbad Humboldthain befindet sich im gleichnamigen Volkspark in Wedding.<br />

„Das Schöne war“, sagt Dagmar Erbert,<br />

„dass sich wirklich alle einbringen<br />

konnten und auch angehört wurden,<br />

egal welche Position jemand innehatte.“<br />

Regelmäßig hätten sich morgens alle zusammengesetzt<br />

und ausgetauscht. Und<br />

anschließend seien die eingebrachten<br />

Ideen auch umgesetzt worden. „Eigentlich<br />

war die Arbeit der Projektgruppe das<br />

beste Beispiel für eine gute Zusammenarbeit<br />

über alle Abteilungen und alle<br />

Hierarchien hinweg“, meint Ines Blau.<br />

Nach und nach wurden durch die Senatsverwaltung<br />

die ersten Stellen für die BBB<br />

ausgeschrieben. So stieß auch Hans-Joachim<br />

Sell im Oktober 1996 zur Projektgruppe.<br />

Er hatte bereits als Vorstand<br />

eines Wilmersdorfer Schwimmvereins die<br />

Gründung der BBB seitens der Vereine<br />

begleitet. Als die Stelle einer Regionalleitung<br />

ausgeschrieben wurde, bewarb er<br />

sich. „Es wurden ausdrücklich Leute mit<br />

Erfahrung im kundenorientierten Arbeiten<br />

gesucht“, erzählt er. Und die habe er<br />

als Assistent der Geschäftsleitung eines<br />

Autohauses definitiv gehabt. Also legte er<br />

seine Vereinsämter nieder und übernahm<br />

die Leitung einer der fünf Regionen. „Ich<br />

Seite 6


hatte das Glück, von meinem Vorgänger,<br />

der zu seinem Posten in der Senatsverwaltung<br />

zurückkehrte, eingearbeitet zu<br />

werden“, sagt Hans-Joachim Sell. „Für<br />

mich war es toll, mitzuerleben, wie eine<br />

Anstalt öffentlichen Rechts Schritt für<br />

Schritt entsteht, und selber daran mitzuwirken.“<br />

Die Struktur der Regionen war bereits<br />

aufgebaut. Die Aufgabe der Regionalleitungen<br />

bestand nun darin, ihre Abteilungen<br />

für die Verwaltung der <strong>Bäder</strong><br />

aufzubauen, die organisatorischen Abläufe<br />

zu vereinheitlichen und eine engere<br />

Zusammenarbeit zwischen den <strong>Bäder</strong>n<br />

zu koordinieren. „Dafür gab es in den<br />

jeweiligen Regionen regelmäßig Treffen<br />

mit allen Badleitungen. So konnten auch<br />

diese sich untereinander austauschen“,<br />

erzählt Hans-Joachim Sell.<br />

Der nächste Schritt war die Unterteilung<br />

der <strong>Bäder</strong> in drei Gruppen: reine Schulund<br />

Vereinsbäder, Öffentlichkeitsbäder<br />

mit möglichst einheitlichen Öffnungszeiten<br />

und sogenannte Mischbäder mit<br />

Parallelbetrieb aller drei Nutzergruppen.<br />

Dafür mussten die <strong>Bäder</strong> umstrukturiert<br />

und Personal umgesetzt werden. „Wir<br />

wollten alle etwas bewegen und dafür<br />

mussten wir die Badleitungen ins Boot<br />

holen“, erklärt er. Die meisten Badleitungen<br />

hätten jedoch selber Veränderungen<br />

gewollt und seien offen für die Neuerungen<br />

gewesen.<br />

Nach Auflösung der Projektgruppe und<br />

Start der Anstalt öffentlichen Rechts<br />

blieben einige aus dem Projektteam<br />

bei den BBB. So auch Ines Blau, die<br />

nach wie vor in der Abteilung Recht und<br />

Grundstückswesen über die vertraglichen<br />

Angelegenheiten der BBB wacht, und<br />

Regionalleiter Hans-Joachim Sell, bis er<br />

Ende 2014 in Rente ging. Andere kehrten<br />

an ihre ursprünglichen Arbeitsstellen<br />

zurück. Das tat zunächst auch Dagmar<br />

Erbert. Sie kam über Umwege zurück zu<br />

den BBB: Ein Jahr nach ihrer Rückkehr<br />

wurde das Sporthotel geschlossen und<br />

sie wechselte zum SEZ, das 1999 bei<br />

den BBB eingegliedert wurde. So kam<br />

sie wieder als Mitarbeiterin in eine der<br />

Regionalleitungen, wo sie schon bei der<br />

Projektgruppe gearbeitet hatte.<br />

Alle drei erinnern sich gerne an die<br />

Aufbruchsstimmung in den Anfängen<br />

der BBB und freuen sich, dass sie daran<br />

mitwirken konnten.<br />

In der Regie der Bezirke: Das Stadtbad Schöneberg (eine Aufnahme aus den 1950ern)<br />

wurde viele <strong>Jahre</strong> lang vom Sport- und <strong>Bäder</strong>amt Schöneberg geführt.<br />

KLEINE VERWALTUNGSGESCHICHTE<br />

DER BERLINER BÄDER<br />

Mit den <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong>n sind die meisten öffentlichen <strong>Bäder</strong> der<br />

Stadt erstmals unter einem Dach organisiert. Ausnahmen gibt es noch heute:<br />

Die <strong>Bäder</strong> im Freizeit- und Erholungszentrum (FEZ) oder im Freizeitforum<br />

Marzahn sind zwar kommunal, gehören aber nicht zu den BBB.<br />

Mit Gründung Berlins im Jahr 1920 waren die Bezirke der Stadt für den Betrieb<br />

der <strong>Bäder</strong> zuständig. Ausnahme: Das Strandbad Wannsee wurde von<br />

einer städtischen GmbH gemanagt. Mit dem Stadtamt für Leibesübungen<br />

z. B. gab es zumindest zeitweilig noch eine Oberhoheit des Magistrats.<br />

Nach Krieg und Teilung der Stadt unterschied sich auch die Verwaltung der<br />

<strong>Bäder</strong>. Im Westen waren weiterhin die Bezirke verantwortlich (die Wannsee-<br />

GmbH gab es nicht mehr), im Osten der Sportstättenbetrieb Berlin. Nach dem<br />

Fall der Mauer und der Wiederherstellung der Einheit kamen die <strong>Bäder</strong> in der<br />

ganzen Stadt in die Verwaltung der Bezirke. Auch gab es Ausnahmen: Das<br />

SEZ wurde von einer separaten Betriebsgesellschaft geführt.<br />

Nach dem Vorbild von Hamburg und anderen Großstädten sollten die <strong>Berliner</strong><br />

<strong>Bäder</strong> schließlich in eine eigene Betriebsgesellschaft überführt werden, die<br />

die <strong>Bäder</strong> der ganzen Stadt zentral führt. Die Debatten im Abgeordnetenhaus<br />

begannen 1994 und dauerten fast zwei <strong>Jahre</strong>.<br />

Zwingend wurde die Gründung einer Landesgesellschaft für die <strong>Bäder</strong> aus<br />

Sicht des Senats auch durch die immer schwieriger werdende Haushaltslage<br />

Berlins. Der landeseigenen Gesellschaft <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong> wurde der<br />

Auftrag, vor allem die Betriebskosten zu senken, in die Wiege gelegt.<br />

Eine Liste von 77 <strong>Bäder</strong>n umfasste das <strong>Bäder</strong>-Anstaltsgesetz, das die Rechtsgrundlage<br />

der BBB darstellt, in seiner ersten Fassung. Einige davon waren<br />

schon damals nicht mehr in einem betriebsfähigen Zustand: die Stadtbäder<br />

Lichtenberg und Prenzlauer Berg zum Beispiel.<br />

Seite 7


Ohne Sie wären wir nicht(s) – Teil I<br />

STAMM-BAD, STAMM-BAHN UND STAMM-<br />

GARDEROBENSCHRANK: DIE STAMMGÄSTE SIND<br />

DAS RÜCKGRAT DER BERLINER BÄDER<br />

D<br />

ie Nutzerinnen und Nutzer der<br />

<strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong> lassen sich in drei<br />

Gruppen einteilen: Schulkinder,<br />

die wöchentlich zum Schwimmunterricht<br />

kommen; Vereinssportlerinnen<br />

und -sportler, die oft mehrmals<br />

wöchentlich in unseren Schwimmhallen<br />

trainieren, und die allgemeine Öffentlichkeit.<br />

Während die ersten beiden Gruppen<br />

die <strong>Bäder</strong> entgeltfrei nutzen können –<br />

das Land Berlin trägt die Kosten ihrer<br />

Nutzung zu 100 Prozent – ist die Öffentlichkeit<br />

sozusagen das Rückgrat der<br />

<strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong>. Ohne ihre Eintrittsgelder<br />

und Kursgebühren könnten die BBB<br />

nicht existieren.<br />

Die Gruppe der Öffentlichkeit ist nicht<br />

homogen. Viele Gäste wollen sportlich<br />

schwimmen, andere mit Kindern<br />

Seite 8<br />

planschen oder sich erholen und wieder<br />

andere gemütlich baden und mit ihren<br />

Bekannten eine gute Zeit verbringen. Alle<br />

Altersgruppen gehören dazu. Vor den Beschränkungen<br />

infolge der Corona-Pandemie<br />

zählten die <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong> pro Jahr<br />

mehr als vier Millionen Besuche durch<br />

die allgemeine Öffentlichkeit. Im ersten<br />

Corona-Jahr 2020 waren es 1,9 Millionen<br />

Besuche.<br />

Viele dieser Kundinnen und Kunden<br />

sind außerordentlich treu. Sie kommen<br />

mehrfach pro Woche – einige sogar<br />

täglich. Sie haben Lieblingsbäder, die sie<br />

seit vielen <strong>Jahre</strong>n kennen, und reagieren<br />

auf Veränderungen sehr aufmerksam<br />

und nicht selten sehr kritisch. Drei dieser<br />

Stammgäste stellen wir auf den folgenden<br />

Seiten vor.<br />

Die persönlichen Gegenstände der<br />

Gäste liegen bevorzugt auf Bänken<br />

am Rand des Schwimmbeckens,<br />

Schuhe bleiben am Beckenrand<br />

stehen.


Ein schöner Start<br />

in den Tag<br />

GÜNTER SCHNEIDER ist schon als<br />

Kind gern geschwommen. Heute ist er<br />

66 <strong>Jahre</strong> alt und schwimmt seit seinem<br />

Ruhestand fast täglich. Das Kombibad<br />

Mariendorf ist sein morgendliches Ziel<br />

– im Winter noch vor Sonnenaufgang.<br />

„Ich bin ohnehin Frühaufsteher, das ist<br />

doch ein schöner Tagesanfang“, findet er.<br />

Weit hat es Schneider nicht. Er wohnt in<br />

Alt-Mariendorf und fährt mit dem Fahrrad<br />

nur wenige Minuten bis zum Bad.<br />

Genau eine halbe Stunde zieht Schneider<br />

seine Bahnen im Hallenbad am Ankogelweg,<br />

etwa 1.100 Meter schafft er in der<br />

Zeit. „Ich setze mich nicht unter Druck,<br />

das Schwimmen soll ja Spaß machen.<br />

Ich schwimme Rücken, Brust und Kraul.<br />

Je nach Tagesform mal langsamer, mal<br />

kräftiger. Schwimmen ist entspannend,<br />

meditativ, die Gedanken können schweifen“,<br />

so Schneider.<br />

Der Wahl-<strong>Berliner</strong> ist 1973 wegen seiner<br />

Fotografen-Ausbildung von Niedersachsen<br />

in die Mauerstadt gezogen. Weil<br />

Schneider als freiberuflicher Fotograf<br />

während des Berufslebens viel unterwegs<br />

war, konnte er sein Hobby nicht immer<br />

so pflegen wie jetzt. Die Regelmäßigkeit<br />

begann jedoch 1991, als Schneider einen<br />

Bandscheibenvorfall hatte. Sein Arzt<br />

habe ihm damals den Rat gegeben, so<br />

oft wie möglich schwimmen zu gehen. Es<br />

gebe nichts Besseres, um den Rücken zu<br />

stärken.<br />

„Schwimmen ist entspannend,<br />

meditativ,<br />

die Gedanken können<br />

schweifen.“<br />

Dass die Schwimmhallen wegen der<br />

Corona-Pandemie im Winter 20 / 21<br />

geschlossen waren, traf den leidenschaftlichen<br />

Schwimmer hart. „Zum Ausgleich<br />

bin ich sehr viel Rad gefahren, und zur<br />

Freude meiner Frau sind wir auch öfter<br />

spazieren gegangen“, erinnert er sich.<br />

An der frischen Luft ist Günter Schneider<br />

ohnehin gerne. Sobald die ersten Sommerbäder<br />

im Frühjahr öffnen, wechselt er<br />

ins Freie. Meistens zunächst zum Kreuzberger<br />

Prinzenbad, weil das Bad eines ist,<br />

das mit als erstes öffnet. Die längere Radstrecke<br />

mit etwa acht Kilometern nimmt<br />

er gern in Kauf. Doch sobald das Freibad<br />

am Ankogelweg mit seinem 50-Meter-Becken<br />

öffnet, wechselt er dorthin. „Die Anlage<br />

ist doch traumhaft. Hoffentlich bleibt<br />

sie uns nach dem geplanten Neubau der<br />

Schwimmhalle erhalten“, schwärmt er. So<br />

spricht ein echter Fan.<br />

Seit einem Bandscheibenvorfall vor<br />

30 <strong>Jahre</strong>n geht Günter Schneider<br />

regelmäßig schwimmen. Im Sommer<br />

radelt er ins Sommerbad Kreuzberg.<br />

Seite 9


Am liebsten in geleinten Bahnen<br />

„Yoga allein reicht nicht<br />

zum Runterkommen,<br />

beim Schwimmen geht<br />

das wie von selbst.“<br />

Ihr Stammbad ist das Stadtbad Schöneberg<br />

„Hans Rosenthal“ an der Hauptstraße.<br />

Besonders angetan haben es ihr<br />

die hohe Halle, die Solebecken und der<br />

Außenbereich mit dem Strömungskanal.<br />

Gern schwimmt sie auch im Wellenbad<br />

am Spreewaldplatz in Kreuzberg, wo es –<br />

anders als in Schöneberg – geleinte Bahnen<br />

gibt. 40 Bahnen Brustschwimmen,<br />

also 1.000 Meter, sind für Anna Cafetzakis<br />

Pflichtprogramm, 35 bis 40 Minuten<br />

braucht sie dafür. „Ich habe mich schon<br />

verbessert, bin schneller geworden“, freut<br />

sie sich. Die <strong>Bäder</strong>Card, die <strong>Jahre</strong>skarte<br />

der BBB, motiviere sie zusätzlich, regelmäßig<br />

schwimmen zu gehen. „Bewegung<br />

brauche ich“, sagt sie, denn ihre Arbeit im<br />

Modeatelier verrichte sie ausschließlich<br />

im Sitzen oder im Stehen.<br />

Eltern, ein griechisches Gastarbeiter-<br />

Paar, haben sich in Berlin kennengelernt,<br />

obwohl sie beide aus Kreta stammen.<br />

„Meine Mutter lebte in Kreta im Westen,<br />

mein Vater im Osten. Wenn sie ihre Insel<br />

nicht verlassen hätten, würde es mich<br />

nicht geben“, lacht sie. Ihre Wasserverbundenheit<br />

ist ihr wohl in die Wiege<br />

gelegt – auch im Namen ihres Mode-<br />

Labels „annAmare“ ist ihre Liebe zum<br />

Meer erkennbar.<br />

ANNA CAFETZAKIS muss gut organisiert<br />

sein: Sie führt am Kreuzberger<br />

Mehringdamm ein eigenes Atelier. Sie<br />

entwirft Kollektionen, schneidert oder<br />

wertet Kleidungsstücke auf, indem sie<br />

sie umarbeitet. Dazu kommen Kind und<br />

ein ebenfalls selbstständiger Mann – das<br />

hält auf Trab und lässt wenig Zeit für<br />

andere Beschäftigungen. Eines aber lässt<br />

sich Anna Cafetzakis nicht nehmen: möglichst<br />

dreimal die Woche zu schwimmen.<br />

„Schwimmen ist zum Stressabbau optimal.<br />

Man konzentriert sich auf die Bahn,<br />

taucht innerlich ab, fokussiert sich“, sagt<br />

die 52-Jährige. „Yoga allein reicht bei mir<br />

nicht zum Runterkommen, aber beim<br />

Schwimmen geht das wie von selbst.“<br />

Mit dem Fahrrad kommt die Kreuzbergerin<br />

schnell vom Bergmannkiez zum Stadtbad<br />

an der Hauptstraße. Zu Schöneberg<br />

hat sie ohnehin eine enge Beziehung.<br />

Dort verlebte sie ihre ersten fünf Lebensjahre<br />

und machte beim Lette Verein ihre<br />

Ausbildung zur Modedesignerin. Ihre<br />

Schwimmen ist für sie Ausgleich<br />

und Stressabbau: Drei Mal pro<br />

Woche zieht Anna Cafetzakis ihre<br />

Bahnen, am liebsten im Stadtbad<br />

Schöneberg.<br />

Seite 10


Ein Kampf gegen den inneren Schweinehund<br />

THILO MISCHKE hat ein spannendes,<br />

aber auch stressiges Berufsleben. Als<br />

Journalist und Dokumentarfilmer ist er<br />

oft im Ausland unterwegs, berichtet unter<br />

anderem aus Kriegs- und Krisengebieten.<br />

Zum Runterkommen geht der 40-jährige<br />

<strong>Berliner</strong> deshalb seit vier <strong>Jahre</strong>n regelmäßig<br />

schwimmen, möglichst dreimal die<br />

Woche.<br />

Sein Lieblingsbad ist die Schwimm- und<br />

Sprunghalle im Europasportpark (SSE) in<br />

Prenzlauer Berg. „Ein richtig cooles Bad.<br />

Modern, sauber und vor allem: Das Publikum<br />

ist gemischt. Hier schwimmen alle<br />

von jung bis alt, vom Leistungssportler<br />

bis zur bleiernen Ente“, sagt Mischke. Er<br />

selbst schwimmt alle Stile außer Schmetterling,<br />

also Brust, Kraul und Rücken,<br />

und das auch so kraftvoll, dass er in 40<br />

Minuten etwa zwei Kilometer schafft.<br />

Doch die Anzahl der Bahnen ist nicht die<br />

Hauptsache. „Es soll doch auch Spaß<br />

machen“, so Mischkes Devise.<br />

Thilo Mischke, der sich mit seiner Firma<br />

in Prenzlauer Berg angesiedelt hat, gefällt<br />

besonders gut, dass die Schwimmer<br />

und Schwimmerinnen in der SSE einen<br />

rücksichtsvollen Umgang miteinander<br />

pflegen. Letztlich aber unterschieden<br />

sich Schwimmhallen und Schwimmerlebnisse<br />

auf der ganzen Welt nicht<br />

allzu sehr: „Die Schwimmer sind auf der<br />

Suche nach Ruhe, auch nach innerer<br />

Ruhe, schwimmen ist wie Meditation. Das<br />

wird auf der ganzen Welt ähnlich wahrgenommen.<br />

Deshalb ist Schwimmen so<br />

beliebt und hält einen auch geistig fit“, ist<br />

Mischke überzeugt. Das sei in Bagdad,<br />

Tokio und Mexiko-Stadt genauso wie in<br />

Berlin, Prenzlauer Berg.<br />

Früher empfand er Schwimmen als<br />

freudlos, heute ist er mit großem<br />

Eifer dabei: Thilo Mischke schwimmt<br />

gern in der SSE in Prenzlauer Berg.<br />

„Schwimmer sind auf<br />

der Suche nach Ruhe.<br />

Das wird auf der ganzen<br />

Welt ähnlich wahrgenommen.“<br />

Als Kind hat er Sport als ziemlich freudlose<br />

Angelegenheit erlebt. Sein Sportlehrer<br />

in der Lichtenberger Grundschule habe<br />

ihm damals Schwimmen empfohlen.<br />

Aber Leistungsschwimmer zu werden,<br />

habe er abgelehnt, erinnert sich Mischke.<br />

Manchmal müsse er sich noch immer<br />

zwingen, zum Schwimmen zu gehen –<br />

auch wenn er sich hinterher sehr gut<br />

fühle: „Der innere Schweinehund ist bei<br />

dieser Sportart doch besonders groß. Der<br />

Weg dorthin, das Umziehen...“, da helfe<br />

es ihm, dass ein alter Schulfreund zweimal<br />

die Woche mitmache.<br />

Seite 11


Echte Hingucker<br />

KEINE STADT HAT SO VIELE DENKMAL-<br />

GESCHÜTZTE BÄDER WIE BERLIN. ABER AUCH<br />

OHNE DIESES SIEGEL GIBT ES ECHTE PERLEN<br />

D<br />

ie <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong> sind<br />

Europas größter kommunaler<br />

Badbetreiber: 60 <strong>Bäder</strong> liegen in<br />

unserer Verantwortung, und der<br />

größte Teil von ihnen – genau<br />

37 – sind Hallenbäder. Das älteste dieser<br />

<strong>Bäder</strong> ist das STADTBAD CHARLOT-<br />

TENBURG, die Alte Halle, die bereits<br />

1899 ihren Betrieb aufnahm, also vor<br />

mehr als 120 <strong>Jahre</strong>n. Etliche andere Bä-<br />

der entstanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts,<br />

viele allerdings auch nach dem<br />

Zweiten Weltkrieg. Wer einen Blick hat<br />

für Architektur und für Stile, wer Details<br />

liebt und Einzigartiges, wird überall etwas<br />

Besonderes entdecken.<br />

Einige unserer <strong>Bäder</strong> sind echte Highlights:<br />

Auf den kommenden Seiten zeigen<br />

wir einige unserer schönsten.<br />

Seite 12


Schwimmhalle<br />

Finckensteinallee<br />

Die Elitäre<br />

Die SCHWIMMHALLE FINCKEN-<br />

STEINALLEE in Lichterfelde wurde<br />

1938 von den Nazis als modernstes<br />

Bad Europas gebaut: Während der<br />

NS-Zeit stand sie nur Hitlers Leibstandarte<br />

zur Verfügung. Nach dem<br />

Krieg nutzten die Amerikanischen<br />

Alliierten die Halle bis 1994, dann<br />

ging sie in den Besitz des Bezirks<br />

Steglitz über. Zunächst fand dort nur<br />

Schulschwimmen statt. Ab 2006<br />

wurde sie umfassend saniert, seit<br />

2014 ist sie für alle nutzbar.<br />

Seite 13


Schwimmhalle<br />

Buch<br />

Die Farbenfrohe<br />

Die SCHWIMMHALLE BUCH im<br />

Nordosten Berlins ist ein Paradebeispiel<br />

dafür, was eine Sanierung<br />

leisten kann: In nur 18 Monaten<br />

wurde 2019/20 aus einer kühl gestalteten<br />

DDR-Volksschwimmhalle<br />

ein farbenfroher Hingucker, der die<br />

Farben aus dem Fliesenmosaik in<br />

der Schwimmhalle aufgreift. Die<br />

Halle war die letzte, die noch in der<br />

DDR konzipiert und geplant wurde,<br />

sie war 1991 eröffnet worden – also<br />

nach der Deutschen Einheit.<br />

Seite 14


Stadtbad<br />

Mitte<br />

Das Große<br />

Erbaut bis 1930, zeugt das lichtdurchflutete<br />

STADTBAD MITTE<br />

mit seinem 50-Meter-Becken von<br />

den Bemühungen des damaligen<br />

<strong>Berliner</strong> Magistrats, etwas für die<br />

Gesundheit der <strong>Berliner</strong> zu tun. Trotz<br />

eines Bombenschadens konnte das<br />

Bad nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

schnell wieder öffnen; 1993 wurde<br />

es von Grund auf saniert. Der Namenszusatz<br />

James Simon erinnert<br />

an den <strong>Berliner</strong> Mäzen, der 1888<br />

den Vorgängerbau gestiftet hatte.<br />

Seite 15


Stadtbad<br />

Neukölln<br />

Das Antike<br />

Nach Geschlechtern getrennt badeten<br />

Männer und Frauen ab 1914<br />

im STADTBAD NEUKÖLLN. Die<br />

Architekten des neoklassizistischen<br />

Baus mit zwei opulenten Schwimmhallen<br />

hatten sich bei der Planung<br />

an römischen Thermen orientiert;<br />

noch heute ist das Bad mit seinen<br />

Wandelgängen, Säulen und Mosaiken<br />

eines der ungewöhnlichsten<br />

Deutschlands. 2009 wurde das Bad<br />

saniert und auch der Saunabereich<br />

instandgesetzt.<br />

Seite 16


Stadtbad<br />

Spandau Nord<br />

Das Kleine<br />

Mit 112 <strong>Jahre</strong>n ist das STADTBAD<br />

SPANDAU NORD nach dem Stadtbad<br />

Charlottenburg Berlins zweitältestes<br />

noch genutztes Hallenbad.<br />

Mit einer Besonderheit: Das Becken<br />

ist 27 Meter lang. Bei der Inbetriebnahme<br />

1910 war das allerdings<br />

nichts Ungewöhnliches. Damals gab<br />

es weder Streckenschwimmen noch<br />

einheitliche Schwimmbecken-Längen.<br />

Während andernorts bei Sanierungen<br />

das Maß angepasst wurde,<br />

geschah das in Spandau nicht.<br />

Seite 17


Seite 18


EINER VON UNS: FRANK FISCHER –<br />

TECHNIKER IM STADTBAD NEUKÖLLN<br />

SEIT 23 JAHREN<br />

WACHT ER HINTER<br />

DEN KULISSEN ÜBER<br />

DIE TECHNISCHEN<br />

ANLAGEN IN EINEM<br />

DER ÄLTESTEN BÄDER<br />

BERLINS<br />

F<br />

RANK FISCHER ist zurück von<br />

seinem morgendlichen Rundgang<br />

durch die Technik im Keller des<br />

Stadtbades Neukölln. Gerade hat<br />

er die Wasserwerte gemessen und<br />

stellt seine Lampe und seinen Messkoffer<br />

wieder in der Werkstatt ab.<br />

Wenn er Frühdienst hat, beginnt sein<br />

Dienst um 7 Uhr. Noch bevor die große<br />

Halle des Bades für das Schulschwimmen<br />

geöffnet wird und die ersten Schulklassen<br />

kommen, muss geprüft werden, ob alles im<br />

grünen Bereich ist. Als erstes werden an<br />

den jeweiligen Messstellen für die beiden<br />

Schwimmbecken und die Sauna im Keller<br />

der Chlor-, der pH- und der Ozonwert des<br />

Beckenwassers gemessen. Anschließend<br />

geht der Kontrollgang weiter durch die<br />

technischen Anlagen, um sicherzustellen,<br />

dass Lüftung, Umwälzung, Filteranlage<br />

und Heizung reibungslos funktionieren.<br />

Schließlich werden auch noch die beiden<br />

Schwimmhallen und die Sauna überprüft.<br />

„Mit dem kompletten Rundgang ist man<br />

morgens schon gut zwei Stunden beschäftigt“,<br />

sagt Frank Fischer.<br />

In seinem Büro steht auch ein Computer.<br />

„Das ist die computergesteuerte Gebäudeleittechnik“,<br />

erklärt er. „Auch hier kann<br />

ich die Werte im Auge behalten. Aber das<br />

System sei noch im Aufbau und noch<br />

sind die Rückmeldungen am Computer<br />

nicht immer verlässlich.<br />

Frank Fischer bei der Arbeit im Keller des Stadbades Neukölln.<br />

unterstand zu DDR-Zeiten als Elitesportstätte<br />

direkt dem Ministerium des Innern<br />

und suchte für die Besetzung freier Stellen<br />

nach Polizei- und Armeemitarbeitern.<br />

Zuvor hatte der gebürtige Stralsunder<br />

nach dem Abitur eine Ausbildung zum Instandhaltungsmechaniker<br />

für Land- und<br />

Baumaschinen absolviert. „Zu diesem<br />

Beruf bin ich gekommen wie die Jungfrau<br />

zum Kind“, erzählt Frank Fischer. Er<br />

wollte nach dem Abitur nicht studieren,<br />

sondern lieber einen Lehrberuf erlernen.<br />

„Da habe ich einfach das genommen,<br />

was gerade frei war“, sagt er.<br />

der Armeezeit waren die Berufsaussichten<br />

in Stralsund nicht so gut und so<br />

folgte er der Einladung nach Berlin, wo er<br />

1986 mit <strong>25</strong> <strong>Jahre</strong>n als Techniker in der<br />

Schwimmhalle des Sportforums Hohenschönhausen<br />

anfing.<br />

Mit der Überleitung der <strong>Bäder</strong> zu den<br />

<strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong>n 1996 wechselte<br />

Frank Fischer in das Sommerbad<br />

Neukölln. Und seit 1998 ist er zusammen<br />

mit zwei Kollegen sowohl für das Stadtbad<br />

als auch für das Sommerbad Neukölln<br />

zuständig. Die computergesteuerte<br />

„Das ist ein altes Schwimmbad, es wurde<br />

1914 gebaut. Hier ist in der Technik einiges<br />

sehr spezifisch und auch umständlicher als<br />

in moderneren <strong>Bäder</strong>n.“<br />

Frank Fischer arbeitet seit 1986 als<br />

Schwimmbadtechniker. Damals kam er<br />

nach seinem Dienst bei der Marine auf<br />

Einladung des Sportforums Hohenschönhausen<br />

nach Berlin. Das Sportforum<br />

Nach der Ausbildung ging er für vier <strong>Jahre</strong><br />

zur Marine. „Ich dachte, das kann ich<br />

eventuell als Sprungbrett zur Handelsmarine<br />

oder zur Fischereiflotte nutzen“,<br />

erinnert sich Frank Fischer. Doch nach<br />

Gebäudeleittechnik wurde 1998 / 1999<br />

eingebaut. Es war eine Maßnahme, um<br />

die Technik zu modernisieren und die Abläufe<br />

in den <strong>Bäder</strong>n zu vereinheitlichen.<br />

Vorher wurde alles komplett manuell<br />

Seite 19


gemacht. Frank Fischer macht es deshalb<br />

nichts aus, die technischen Anlagen<br />

täglich persönlich in seinen Rundgängen<br />

zu überprüfen.<br />

„Das wichtigste Gerät in meinem Büro<br />

ist das Chlorgas-Warngerät“, erklärt er.<br />

Die Chlorgaswerte müssen immer überwacht<br />

werden. Wenn hier zu hohe Werte<br />

angezeigt werden, bedeutet das, dass es<br />

irgendwo in der Anlage einen Defekt gibt<br />

und womöglich Chlorgas austritt. Dann<br />

muss die zuständige Dienstleistungsfirma<br />

geholt werden, die den Defekt repariert.<br />

Die Fachangestellten, die in der Schwimmhalle<br />

die Aufsicht führen, können im<br />

Schwimmmeisterraum die Chlorgaswerte<br />

ebenfalls auf einem Monitor beobachten,<br />

falls mal kein Techniker da ist.<br />

Auch die Ozonwerte<br />

müssen regelmäßig<br />

überprüft werden.<br />

In Zukunft sei ohnehin geplant, die<br />

Badtechnik ausschließlich über die<br />

Gebäudeleittechnik in einer Zentrale in<br />

der Technikabteilung der Verwaltung der<br />

BBB zu überprüfen, statt in jedem Bad<br />

eigene Techniker zu beschäftigen, erzählt<br />

Frank Fischer. Dafür werden die Fachangestellten<br />

für <strong>Bäder</strong>betriebe in ihrer Ausbildung<br />

auch in der Schwimmbadtechnik<br />

geschult, so dass sie die Kontrollen mit<br />

übernehmen könnten. Die Techniker und<br />

Technikerinnen sollen dann als Teams<br />

mehrere Standorte betreuen. „Wir Techniker,<br />

die fest in einem Bad arbeiten, sind<br />

also eine aussterbende Spezies“, sagt<br />

Frank Fischer etwas wehmütig.<br />

Aber noch gibt es im Stadtbad Neukölln<br />

drei Techniker, die in Schichten arbeiten,<br />

so dass während der Öffnungszeit von<br />

8 Uhr bis 22 Uhr immer ein Techniker<br />

vor Ort ist. „Das ist ja auch ein altes<br />

Schwimmbad, es wurde 1914 gebaut“,<br />

erzählt er. „Hier ist in der Technik einiges<br />

sehr spezifisch und auch umständlicher<br />

als in moderneren <strong>Bäder</strong>n.“ Aber das<br />

mache seine Arbeit abwechslungsreich.<br />

Auch im Keller, wo die technischen Anlagen<br />

sind, zeigt sich das Alter des Bades.<br />

Hier ist alles sehr eng und zum Teil so<br />

niedrig, dass Frank Fischer sich auf seinen<br />

Kontrollgängen bücken muss.<br />

Zu seiner Arbeit im Bad gehören auch<br />

kleinere Reparaturen. Für größere werden<br />

Fremdfirmen beauftragt. Seine Entscheidung,<br />

als Techniker im Schwimmbad zu<br />

arbeiten bereut er nicht. „Ich möchte<br />

nichts anderes mehr machen“, sagt er.<br />

In seiner Freizeit schwimmt er regelmäßig<br />

im Stadtbad oder im Sommerbad<br />

Neukölln „Ich schwimme dann so meine<br />

1.000 Meter, um mich auf das Sundschwimmen<br />

vorzubereiten“, verrät Frank<br />

Fischer. An dem jährlich im Juli stattfindenden<br />

Sundschwimmen, bei dem eine<br />

2,3 km lange Strecke von Rügen nach<br />

Stralsund geschwommen wird, habe er in<br />

jungen <strong>Jahre</strong>n schon mal teilgenommen.<br />

Vor sechs <strong>Jahre</strong>n habe seine Schwester<br />

dann die Teilnahme quasi als Familienevent<br />

wieder ins Leben gerufen. Seitdem<br />

schwimmt Frank Fischer zusammen<br />

mit seinen beiden Geschwistern wieder<br />

regelmäßig bei dieser Veranstaltung mit.<br />

Zum Teil sind die Gänge im Keller so niedrig, dass man sich bücken muss.<br />

Seite 20


Berlin macht sich frei<br />

REVOLUTIONÄR UND BIEDER, STEIF UND<br />

SPASSIG: DIE BÄDERGESCHICHTE BERLINS<br />

IST SO VIELFÄLTIG WIE DIE STADT SELBST<br />

A<br />

m Anfang waren Keime. „Unzählbare<br />

Keime von ungeahnter<br />

Bösartigkeit“, schrieb Oscar<br />

Lassar 1889. Sie „schmarotzen<br />

auf unserem eigenen Leibe.“ Der<br />

Hygieniker und Dermatologe arbeitete an<br />

der Charité. Und wie kein anderer seiner<br />

Zunft trat er für ein Gegenmittel ein, das<br />

den meisten Menschen damals verwehrt<br />

war: baden. „Jedem Deutschen wöchentlich<br />

ein Bad“, postulierte Lassar und<br />

machte sich mit dieser Losung zu einem<br />

Vorreiter des öffentlichen Badewesens.<br />

Der Erfinder des öffentlichen Badens<br />

war er natürlich nicht: Bereits zu Beginn<br />

des 19. Jahrhunderts begab sich Friedrich<br />

Karl Friesen mit seinen sportlichen<br />

Recken wagemutig in die Spree. Am<br />

Unterbaum, unweit der Stelle, an der<br />

heute der Reichstag steht, führte er<br />

etwas vor, dass sich „Wasserturnen“<br />

nannte. Heute heißt das Schwimmen.<br />

Damals war es zu exotisch für die breite<br />

Masse der Bevölkerung. Wenig später<br />

errichtete General Ernst von Pfuel 1817<br />

eine Militär-Schwimmanstalt in der<br />

Spree, damit seine Soldaten, allesamt<br />

Nichtschwimmer, nicht mehr jämmerlich<br />

im Kriegsgeschehen starben, nur weil sie<br />

einen Fluss durchqueren mussten und<br />

dabei ertranken.<br />

Aber auch die ein- oder andere Badegelegenheit,<br />

wie das Welpersche Badeschiff<br />

zum Beispiel, das seiner Kundschaft in<br />

der Innenstadt ein Bad im Fluss ermöglichte,<br />

konnten nicht darüber hinwegtäuschen:<br />

Berlin hatte die gleichen Probleme<br />

wie alle großen Städte am Ende des<br />

19. Jahrhunderts. Die Menschen litten<br />

unter der mangelnden Hygiene, vor allem<br />

Ganz oben: Faszination Freibad. Heinrich Zille<br />

malte diese Szene vom Strandbad Wannsee.<br />

Auf einmal war möglich, was bisher undenkbar<br />

war: Alle gehen gleichzeitig und gemeinsam<br />

baden.<br />

Oben: Oscar Lassar war nicht nur engagierter<br />

Dermatologe, sondern auch ein Pionier des<br />

Volksbadewesens.<br />

Seite 21


jene, die in ebenso ärmlichen wie engen<br />

Behausungen lebten: die Arbeiter und<br />

ihre Familien.<br />

Anders als andere Städte verstand Berlin<br />

das Baden lange nicht als kommunalen<br />

Versorgungsauftrag. Die Stadt überließ<br />

die Aufgabe den Besitzern privater<br />

Badeanstalten und Flussbädern, doch<br />

deren Dienstleistungen konnten sich nur<br />

wenige leisten. Oscar Lassar sah die Not<br />

und fand mit seinen Streitern im von ihm<br />

gegründeten „Verein für Volksbäder“ eine<br />

praktikable Lösung: das Volksbrausebad.<br />

Das war eine einfache Wellblechkonstruktion<br />

mit Douchen, wie Duschen<br />

damals geschrieben wurden. Die „Volksbrause“<br />

präsentierte Lassar auf der<br />

<strong>Berliner</strong> Hygieneausstellung 1883. Nach<br />

diesem Vorbild errichtete der Verein zwei<br />

weitere <strong>Bäder</strong> in massiver Bauweise.<br />

Eines davon entstand an der Gartenstraße<br />

in Mitte.<br />

1892 zog der <strong>Berliner</strong> Magistrat nach und<br />

baute seine ersten beiden Stadtbäder in<br />

Friedrichshain und Moabit. Mit Brauseund<br />

Wannenbädern, aber auch jeweils<br />

mit einem Schwimmbecken. So etablierte<br />

sich nach und nach neben der Hygiene<br />

ein zweiter Auftrag der städtischen <strong>Bäder</strong>:<br />

die sportliche Bewegung im Wasser,<br />

die die Gesundheit fördert. Parallel dazu<br />

entstanden zahlreiche Flussbäder in der<br />

Innenstadt.<br />

In einem Rutsch: Baden wurde in den 1920ern zum Volksvergnügen.<br />

Es ist also kein Wunder, dass der erste<br />

Schwimmverein Deutschlands in Berlin<br />

entstand. Auch die Dachorganisation, der<br />

Deutsche Schwimm-Verband, wurde hier<br />

aus der Taufe gehoben. Nach dem Volksbäder-Verein<br />

von Lassar wuchs so eine<br />

zweite Interessenorganisation für das<br />

öffentliche Schwimmbad heran.<br />

Weit über die Grenzen der Stadt bekannt<br />

wurden die <strong>Bäder</strong>bauten des unermüdlich<br />

arbeitenden und planenden Stadtbaurats<br />

Ludwig Hoffmann, mit prächtiger<br />

Fassade (wie in der Kreuzberger Baerwaldstraße)<br />

und kathedralenähnlicher<br />

Hallendecke (wie in der Oderberger<br />

Straße in Prenzlauer Berg). Auch die damals<br />

selbstständigen Städte im Umland<br />

standen dem nicht nach. Charlottenburgs<br />

Stadtbad öffnete 1899, das in Steglitz<br />

1908 und in Spandau 1911.<br />

Wie keine andere Stadt verstand jedoch<br />

Neukölln das öffentliche Schwimmbad<br />

als Aushängeschild. Ihr Stadtbad sollte<br />

Werbung sein und ebenso vermögende<br />

wie steuerzahlende Menschen bewegen,<br />

sich in Neukölln niederzulassen. Die<br />

Stadt war schon damals arm. Kommunale<br />

Steuern zahlten die wenigsten. Das 1914<br />

eröffnete Stadtbad in der Ganghoferstraße<br />

war das erste mit zwei Schwimmbecken<br />

im Großraum Berlin. Und eines,<br />

das mit seinen Säulen und Mosaiken<br />

schwelgerisch die römische Antike und<br />

ihre Badetradition zitiert.<br />

Wenn es aber darum ging, aus dem<br />

Baden eine Volksbewegung zu machen,<br />

brauchten die Menschen in und um Berlin<br />

schon damals kein großes Aufheben.<br />

Kleine Schilder mit der Aufschrift „Öffentliche<br />

Badestelle“ reichten im Mai 1907<br />

aus, um kurze Zeit später Zehntausende<br />

aus der Innenstadt an die Ufer des Wannsees<br />

zu locken. Dort war möglich, was<br />

bisher ein Skandal war: Baden in aller<br />

Öffentlichkeit und gemeinsam mit allen<br />

anderen – egal, aus welchen Schichten,<br />

Altersgruppen und Geschlechtern.<br />

Die Baderevolution am Wannsee begründete<br />

den Nimbus einer legendären<br />

Badestelle, aus der das Strandbad<br />

Wannsee erwuchs. Seinen Zeichnungen<br />

vom Badeleben widmete Heinrich<br />

Zille ein Buch, das zum Besteller wurde.<br />

„Rund um’s Freibad“ lautete der Titel<br />

und trug wesentlich zum Ruf des Malers<br />

bei. Zugleich wurde die bauliche Anlage<br />

des Strandbads Wannsee mit ihren<br />

kubischen Gebäuden und dem Wandelgang<br />

aus gelblichem Ziegel zu Ikonen der<br />

<strong>Bäder</strong>architektur.<br />

Es war das Jahr 1930, als Berlin, das<br />

einst dem öffentlichen Baden nicht<br />

viel Beachtung schenkte, national wie<br />

international Maßstäbe setzte für das<br />

<strong>Bäder</strong>wesen: nicht nur mit den in diesem<br />

Jahr eröffneten Gebäuden am Wannsee,<br />

sondern auch dem Stadtbad Schöneberg<br />

und vor allem dem Stadtbad Mitte.<br />

Letzteres entstand genau dort, wo knapp<br />

50 <strong>Jahre</strong> zuvor Oscar Lassars <strong>Bäder</strong>verein<br />

eine der ersten Volksbadeanstalten<br />

eröffnete.<br />

In den Zeiten der Weimarer Republik wurde<br />

das Schwimmen als obligatorisches<br />

Schulfach eingeführt. Zeit wurde es. Die<br />

preußische Regierung bezifferte die Zahl<br />

derer, die Schwimmen konnten, seinerzeit<br />

auf gerade einmal zwei Prozent.<br />

Jahr für Jahr ertranken damals 3.000<br />

Menschen.<br />

Die <strong>Bäder</strong>bauten, die im Nationalsozialismus<br />

entstanden, waren zwar die<br />

prächtigsten und aufwendigsten ihrer<br />

Art. Für die Allgemeinheit waren sie<br />

jedoch nicht gedacht. Im Sommerbad am<br />

Olympiastadion wurden die Wettbewerbe<br />

der Spiele von 1936 ausgetragen. Und<br />

die Schwimmhalle Finckensteinallee,<br />

die 1938 öffnete, wurde errichtet für die<br />

sogenannte Elite der Leibstandarte SS<br />

Adolf Hitler.<br />

Seite 22


Wasserlandschaft: Das Sommerbad Pankow wurde in den 1960ern zu der Schwimmbadadresse Ost-Berlins schlechthin.<br />

Dass dieses Bad nicht den Intentionen<br />

folgte, die beispielsweise der Volksbäder-<br />

Verein von Oscar Lassar postulierte, ist<br />

leicht an den monumentalen Figuren zu<br />

sehen, die bis heute die Eingänge der<br />

Schwimmhalle flankieren. Schwimmen<br />

sollte in der Ideologie dazu beitragen,<br />

Männer wehrfähig und Frauen gebärfähig<br />

zu machen. Im Nationalsozialismus<br />

war aus der Versorgungseinrichtung<br />

Schwimmbad eine Erziehungsanstalt<br />

geworden.<br />

Nach Krieg und Kapitulation baute Berlin<br />

erst einmal Sommerbäder. Sie waren<br />

vergleichsweise billig zu errichten, und<br />

der von den Nazis entfesselte Krieg hatte<br />

in der Stadt ja Platz genug geschaffen. In<br />

Wilmersdorf und Kreuzberg entstanden<br />

sie auf den Ruinen alter Gasanstalten,<br />

in Wedding im Volkspark Humboldthain<br />

und in Neukölln am Rand des Feldes<br />

vom Flughafen Tempelhof. Im Osten der<br />

geteilten Stadt entstand in Pankow eine<br />

Anlage, die Maßstäbe setzen sollte.<br />

Bei den Hallenbädern konzentrierte man<br />

sich auf das dezentrale Konzept einer<br />

wohnortnahen Versorgung – also viele,<br />

aber dafür kleinere <strong>Bäder</strong>. Zur Perfektion<br />

in Sachen Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit<br />

auf der einen Seite und zeitloser<br />

Sachlichkeit auf der anderen Seite brachten<br />

es die Volksschwimmhallen Ost-Berlins.<br />

Vor allem der „Typ Berlin C“, wie die<br />

Planer ihren Entwurf nannten. Es gibt<br />

sie bis heute, auf der Fischerinsel, am<br />

Anton-Saefkow-Platz und in der Thomas-<br />

Mann-Straße.<br />

Maßstäbe setzte Berlin in der Weiterentwicklung<br />

des Badewesens in<br />

Deutschland allerdings nicht mit<br />

einem Beschluss von Magistrat oder<br />

Senat, sondern auf einen gemeinsamen<br />

Beschluss des Zentralkomitees<br />

der SED und des Ministerrats<br />

der DDR. In Friedrichshain sollte<br />

ein Sport- und Erholungszentrum<br />

errichtet werden, kurz SEZ, das<br />

nachhaltig dazu beitragen sollte, so<br />

der ZK-Beschluss im Wortlaut, das<br />

„Streben der Bürger der Hauptstadt<br />

nach Gesundheit, Lebensfreude,<br />

Bildung, Erholung und Leistungsfähigkeit<br />

(...) durch die weitere<br />

Entwicklung von Körperkultur und<br />

Sport in allen Bereichen des gesellschaftlichen<br />

Lebens umfassend zu<br />

fördern.“<br />

Was steif klang, führte zu einem<br />

großen Wurf. Mit dem SEZ entstand an<br />

zentraler Stelle ein Vergnügungs- und<br />

Erholungstempel rund um das Thema<br />

Sport: Schwimmen, Baden, Saunieren,<br />

Eislaufen, Fitness, Kegeln, Volleyball...<br />

nichts war unmöglich im SEZ. Nachdem<br />

Erich Honecker den Bau 1981 eröffnete,<br />

entwickelte es sich in nullkommanichts<br />

zu dem Anlaufpunkt, der er auch sein<br />

sollte, mit jährlich mehreren hunderttausend<br />

Besuchern.<br />

Der letzte Neubau eines Schwimmbades<br />

in Berlin öffnete 1999. Am S-Bahnhof<br />

Landsberger Allee entstand die<br />

Schwimm- und Sprunghalle im Europasportpark<br />

(SSE), die der Senat plante für<br />

Schulschwimmen anno 1931: Diese Klasse<br />

erschien vollzählig zum Unterricht im damals<br />

neuen Stadtbad Mitte.<br />

die Bewerbung Berlins um die Ausrichtung<br />

der Olympischen Spiele im Jahr<br />

2000. Die Spiele fanden in Sydney statt,<br />

doch das Bad wurde – in kleinerer Form<br />

– weitgehend fertiggestellt. Heute ist es<br />

eines der beliebtesten der Stadt.<br />

Oscar Lassar hätte die Entwicklung des<br />

Badewesens gewiss bestaunt. Allein, er<br />

konnte die Geschichte nicht lange verfolgen.<br />

Er starb 1907 mit 58 <strong>Jahre</strong>n an den<br />

Folgen eines Autounfalls.<br />

Seite 23


Die BBB in Zahlen<br />

Die <strong>Bäder</strong> sind Berlin eine Menge wert. Und es steckt ein großer Aufwand dahinter, alles am Laufen zu<br />

halten. Das zeigen die nüchternen Zahlen. Das Prinzip lautet: Das Land trägt einen großen Teil der Kosten<br />

für die Nutzung. Um noch mehr Planungssicherheit zu schaffen, schließen das Land und das Unternehmen<br />

in Kürze den <strong>Bäder</strong>vertrag (siehe S. 30). Er sichert die Zukunft der <strong>Bäder</strong>landschaft und bringt ihren<br />

besonderen Wert für die Stadt zum Ausdruck. Hier sehen Sie einige der wichtigsten Unternehmensdaten<br />

der vergangenen <strong>25</strong> <strong>Jahre</strong>.<br />

Zuschuss<br />

Die Zuweisungen aus dem Landesetat zeigen, was das Land Berlin in den Betrieb der<br />

<strong>Bäder</strong> investiert. Im Gegenzug zahlen Schulen und Vereine keinen Eintritt, alle anderen<br />

freuen sich über sozial verträgliche Eintrittspreise.<br />

55,8<br />

Mio. <br />

39,5<br />

Mio. <br />

39,8<br />

Mio. <br />

50<br />

Mio. <br />

49<br />

Mio. <br />

64,7<br />

Mio. <br />

2000 2004 2008 2012<br />

2016<br />

2020<br />

Instandhaltung<br />

Diese Summen zeigen den<br />

Aufwand für die laufende<br />

Instandhaltung und<br />

allgemeine Investitionen in<br />

die <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>. Und sie<br />

zeigen: Es gibt immer etwas<br />

zu tun, denn die Mehrheit der<br />

<strong>Bäder</strong> ist älter als 50 <strong>Jahre</strong>.<br />

13,4 Mio. <br />

9,8 Mio. <br />

6,8 Mio. <br />

2000 2004 2008<br />

7,8 Mio. <br />

12,9 Mio. <br />

20,8 Mio. <br />

2012 2016<br />

2020<br />

Anzahl der <strong>Bäder</strong><br />

Seit 1996 hat sich die Zahl der <strong>Bäder</strong> um mehr als ein Viertel<br />

reduziert. Grund war die Schließung mehrerer Einrichtungen als<br />

Folge einer angespannten Haushaltslage und die hohe Anzahl<br />

maroder Stadtbäder, in die lange nicht investiert worden war.<br />

1996: 77<br />

2000: 83<br />

2004: 64<br />

2008: 63<br />

2012: 63<br />

2016: 62<br />

2020: 60<br />

Seite 24


Besucher<br />

Die Schließung von <strong>Bäder</strong>n im Jahr 2002 (s. Seite 68/69) schlägt<br />

sich deutlich im Rückgang der Besuchszahlen nieder. Seither sind<br />

die Zahlen im langjährigen Mittel stabil. Den größten Einbruch<br />

bedeutete die Corona-Pandemie im Jahr 2020.<br />

10 Mio.<br />

9 Mio.<br />

8 Mio.<br />

7 Mio.<br />

6 Mio.<br />

5 Mio.<br />

4 Mio.<br />

3 Mio.<br />

2 Mio.<br />

1 Mio.<br />

0<br />

2.7<br />

6.5<br />

Schulen und Vereine<br />

Öffentlicher Badebetrieb<br />

2.7<br />

4<br />

2.3 2.0 2.1<br />

3.8<br />

2000 2004 2008 2012 2016 2020<br />

BERICHTE AN DIE ÖFFENTLICHKEIT<br />

Als landeseigenes Unternehmen sind die <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong><br />

in ihrem Handeln und Tun sehr transparent. Sie haben die Pflicht,<br />

ihre WIRTSCHAFTLICHEN ERGEBNISSE einer interessierten<br />

Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Jahr für Jahr geschieht das durch<br />

einen GESCHÄFTSBERICHT, in dem Eckpunkte der <strong>Jahre</strong>sbilanz<br />

vermerkt sind. Die Zahl der Beschäftigten im Unternehmen gehört ebenso<br />

dazu wie Zuwendungen aus dem Landeshaushalt, Einnahmen durch<br />

die Verpachtung von <strong>Bäder</strong>n sowie die Ausgaben für Medien. Seit 2007<br />

können sämtliche Geschäftsberichte der BBB auch auf der Homepage<br />

nachgelesen werden unter www.berlinerbaeder.de.<br />

4.1<br />

Kosten für Strom, Heizung,<br />

Gas und Fernwärme<br />

3.9<br />

1.1<br />

1.9<br />

Seit vielen <strong>Jahre</strong>n investieren die<br />

BBB in die energetische Sanierung<br />

der <strong>Bäder</strong>. Das lässt sich an den<br />

Kosten für Strom, Wasser, Fernwärme<br />

und Gas ablesen. Trotz stark<br />

steigender Preise bleiben die Ausgaben<br />

annähernd gleich – zwischen<br />

11 und 12 Millionen Euro jährlich.<br />

Beschäftigte<br />

Auch bei der Zahl der Beschäftigten<br />

gibt es Bewegung: Vor allem<br />

in den Anfangsjahren mussten<br />

die BBB als Folge der <strong>Bäder</strong>schließungen<br />

die Personalkosten<br />

reduzieren. Betriebsbedingte<br />

Entlassungen gab es aber nie.<br />

1996:<br />

921<br />

2000:<br />

1.140<br />

2004:<br />

835<br />

2008:<br />

734<br />

2012:<br />

790<br />

2016:<br />

736<br />

2020:<br />

795<br />

Seite <strong>25</strong>


Seite 26


GROSSE<br />

ERWARTUNGEN<br />

WIE IST ES, CHEF<br />

DER BERLINER BÄDER-<br />

BETRIEBE ZU SEIN?<br />

ZWEI, DIE ES WISSEN,<br />

PLAUDERN DARÜBER<br />

S<br />

ie sprechen über den gleichen<br />

Job: Günter Kube war der erste,<br />

Dr. Johannes Kleinsorg ist der<br />

amtierende Vorstandsvorsitzende<br />

der <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong>.<br />

Anlässlich des Jubiläums trafen sich die<br />

beiden im Wellenbad am Spreewaldplatz,<br />

in Kreuzberg.<br />

JOHANNES KLEINSORG (JK):<br />

Willkommen in einem unserer größten<br />

Sanierungsprojekte. Das Wellenbad muss<br />

dringend instandgesetzt werden.<br />

GÜNTER KUBE (GK): Das Thema<br />

kommt mir bekannt vor. Als ich anfing,<br />

hatten wir jede Menge große Sanierungsprojekte.<br />

Aber das waren nicht die einzigen<br />

Baustellen.<br />

JK: Im übertragenen oder im wörtlichen<br />

Sinne?<br />

GK: Sowohl als auch. Die <strong>Bäder</strong>landschaft<br />

war auch vor <strong>25</strong> <strong>Jahre</strong>n schon<br />

überaltert, nicht die modernste und<br />

sanierungsbedürftig. Ich erinnere mich<br />

noch an meinen ersten Besuch im Stadtbad<br />

Prenzlauer Berg, an der Oderberger<br />

Straße. Die Schwimmhalle war ohnehin<br />

wegen Baufälligkeit nicht mehr in Betrieb;<br />

es gab nur noch die Reinigungsbäder<br />

und die Sauna. Im Keller traf ich<br />

Heizer an, die wie auf einer Dampflok<br />

Koks in Öfen schippten, damit es oben<br />

warm war...<br />

JK: Du liebe Zeit! Ich erinnere mich zwar<br />

an die vielen Wohnungen, die in den<br />

1990ern noch mit Kohle beheizt wurden.<br />

Man roch das vor allem im Winter in den<br />

Straßen von Wedding und anderen Altbauquartieren.<br />

Was haben Sie mit dem<br />

Bad gemacht?<br />

Planschen ist prima, so wie im Bild auf der linke Seite, die <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong> zu führen auch.<br />

Darin waren sich Dr. Johannes Kleinsorg (li.) und Günter Kube sofort einig.<br />

GK: Ich habe entschieden, dass wir<br />

es schließen. Na, da war ja vielleicht<br />

etwas los! Das Stadtbad war ja ein sehr<br />

geschichtsträchtiger Standort, denkmalgeschützt<br />

schon damals, aber völlig<br />

marode. Und dennoch hingen die Herzen<br />

der Menschen daran. Mir war jedoch<br />

sofort klar: In diesem Zustand können wir<br />

das nicht betreiben.<br />

JK: Ein heikler Punkt. Die Reaktionen<br />

sind ja auch verständlich, denn <strong>Bäder</strong><br />

sind ein sehr emotionales Thema. Vor<br />

allem, wenn sie schon so viele <strong>Jahre</strong> da<br />

sind. Da haben womöglich ganze Generationen<br />

das Schwimmen gelernt oder sich<br />

einmal die Woche gebadet und dann soll<br />

auf einmal Schluss sein. Es ist dann auch<br />

nicht wichtig, ob das Bad noch modern<br />

oder intakt ist; es sind traditionelle Orte,<br />

auf die niemand verzichten möchte.<br />

GK: Die erste Mammutaufgabe bestand<br />

jedoch darin, die <strong>Bäder</strong> aus den Bezirksverwaltungen<br />

herauszulösen. Wir hatten<br />

den Auftrag, aus den <strong>Bäder</strong>n ein Unternehmen<br />

zu machen. Das Ziel sollte sein,<br />

den Auftrag abzusichern, der sich aus der<br />

Daseinsvorsorge ableitet, und gleichzeitig<br />

den Landeshaushalt zu entlasten und vor<br />

allem andere Finanzierungsquellen zu<br />

erschließen.<br />

JK: Das ist heute im Prinzip immer noch<br />

so. Allerdings glaube ich, dass wir heute<br />

eine viel komfortablere Ausgangslage<br />

haben. Abgeordnetenhaus und Senat<br />

haben erkannt, dass es mehr Zuschüsse<br />

aus dem Landeshaushalt braucht, um die<br />

<strong>Bäder</strong>landschaft Berlins zu erhalten und<br />

moderat auszubauen.<br />

GK: Dieser Ansatz war in den 1990ern<br />

undenkbar. Berlin war klamm, es musste<br />

gespart werden. Und gleichzeitig war<br />

Berlin durch die Wiedervereinigung weltweit<br />

im Fokus. Wir hatten Investoren gefunden,<br />

die bereit waren, große Beträge<br />

in die Sanierung der <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong> zu<br />

stecken. Das wäre aber auf eine Art Private-Public-Partnership<br />

hinausgelaufen.<br />

Aber das war trotz schwieriger Haushaltslage<br />

unpopulär.<br />

JK: Wie passt das zusammen?<br />

GK: Aus meiner Sicht gar nicht. Und das<br />

habe ich damals auch gesagt. Damit<br />

machte man sich natürlich nicht unbedingt<br />

beliebt.<br />

JK: Ich würde immer erstmal ergebnisoffen<br />

sprechen und versuchen, Wege<br />

und Lösungen zu finden: Wenn Berlin<br />

private Investoren findet, die helfen, den<br />

Seite 27


Die <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong> werden mit<br />

einer Leistung beauftragt, für die sie auch<br />

bezahlt werden. Ich erhoffe mir unter<br />

anderem davon, dass diese stärker als<br />

leistungsfähiges Unternehmen denn als<br />

ein Subventionsempfänger wahrgenommen<br />

werden.<br />

Günter Kube: „Ich habe für den Job gebrannt,<br />

auch weil die Kolleginnen und Kollegen dafür<br />

brannten.“<br />

Zur Person<br />

GÜNTER KUBE, 71, arbeitete für<br />

die Kaufhauskonzerne Hertie und<br />

Karstadt u. a. als Personalleiter,<br />

als Organisationsleiter und war Geschäftsführer<br />

in unterschiedlichen<br />

Filialen – zuletzt bei Wertheim (heute:<br />

Karstadt) am Kurfürstendamm.<br />

Er engagierte sich im <strong>Berliner</strong> Fußballverband<br />

und war im Präsidium<br />

des Landessportbundes zuständig<br />

für die Sport-Infrastruktur und damit<br />

auch für die <strong>Bäder</strong> der Stadt. In dieser<br />

Funktion wurde er 1996 in den<br />

Aufsichtsrat der sich gründenden<br />

<strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong> berufen.<br />

Im Oktober 1996 wurde er ihr erster<br />

Vorstandsvorsitzender. Kube gelang<br />

es zusammen mit seinem etwas<br />

später berufenen Vorstandskollegen<br />

Dietmar Ranz u. a. mehr Aufmerksamkeit<br />

für die <strong>Bäder</strong> zu schaffen.<br />

So durch große Veranstaltungen am<br />

Wannsee oder das rituelle Anbaden<br />

mit prominenten Gästen im Kreuzberger<br />

Prinzenbad.<br />

Seite 28<br />

Auftrag der <strong>Bäder</strong> zur Daseinsvorsorge zu<br />

erfüllen, würde ich das zumindest prüfen<br />

wollen.<br />

GK: Die Startbedingungen der <strong>Berliner</strong><br />

<strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong> sind sehr typisch für die<br />

damalige Zeit. Der Koalition aus SPD und<br />

CDU war klar, dass man konsolidieren<br />

und die <strong>Bäder</strong> in einem Unternehmen<br />

zusammenführen muss, um Synergien zu<br />

nutzen, Angebote abzustimmen und zu<br />

erweitern, um am Ende auch die Kosten<br />

im Griff zu behalten. Die Bezirke gaben<br />

die <strong>Bäder</strong> jedoch nicht gerne her. Und<br />

die Opposition im Parlament nutzte jede<br />

Gelegenheit, um den Senat wegen seiner<br />

Entscheidung, die <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong> zu<br />

gründen, anzugreifen. Da ging es das einoder<br />

andere Mal hoch her im Parlament.<br />

JK: Das erlebe ich heute erfreulicherweise<br />

anders. Der Auftrag der <strong>Bäder</strong> wird<br />

über die Fraktionsgrenzen geteilt und<br />

auch, dass die <strong>Bäder</strong> Geld benötigen,<br />

um die Infrastruktur und ihre Angebote<br />

aufrecht zu erhalten. Das führte auch<br />

zu einer neuen Geschäftsgrundlage zwischen<br />

dem Land und dem Unternehmen:<br />

Wir werden hoffentlich bald den <strong>Bäder</strong>vertrag<br />

unterzeichnen.<br />

GK: Aha, klingt interessant. Was darf ich<br />

mir darunter vorstellen?<br />

JK: Der Vertrag basiert auf einer ähnlichen<br />

Idee wie der Verkehrsvertrag,<br />

den das Land mit der BVG abschließt.<br />

GK: Sehr interessant. Dass die <strong>Bäder</strong><br />

eine Dienstleistung erbringen, für die sie<br />

bezahlt werden, war auch schon unsere<br />

Denke. Wir haben die Öffnungszeiten erweitert<br />

und Veranstaltungen angeboten,<br />

immer mit dem Ziel, mehr Kundinnen<br />

und Kunden zu gewinnen. Toll war, dass<br />

die Kolleginnen und Kollegen mitgezogen<br />

haben. Der Gedanke, Dienstleister<br />

zu sein, war unter ihnen glücklicherweise<br />

schon weit verbreitet. Ich hatte<br />

einen sehr guten Draht zu allen in der<br />

Firma. Auch mit dem Personalrat und<br />

den Gewerkschaften kam ich gut aus;<br />

wir konnten über alles reden. Das war in<br />

dieser gewaltigen Umbruchsituation sehr<br />

wichtig.<br />

JK: Ohne das Engagement der Kolleginnen<br />

und Kollegen geht nichts. Ich bin froh,<br />

dass wir bei den <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong>n<br />

so viele hoch motivierte Menschen haben,<br />

die sich leidenschaftlich einbringen,<br />

auch, weil sie selber leidenschaftliche<br />

Nutzerinnen und Nutzer der <strong>Bäder</strong> sind.<br />

GK: Das kann ich von mir nicht gerade<br />

behaupten...<br />

JK: ...Sie auch nicht? Mir geht es so: Ich<br />

schwimme zwar ab und zu mal gerne,<br />

aber zu einer großen Leistung oder Leidenschaft<br />

hat es nie gereicht.<br />

GK: So ging es mir auch. Schwimmen<br />

ab und zu mal ja, aber kein persönlicher<br />

Ehrgeiz. Das war bei meiner Aufgabe als<br />

Vorstand hingegen anders. Ich habe für<br />

den Job gebrannt, weil auch die Kolleginnen<br />

und Kollegen dafür brannten. Das<br />

hat mich immer angetrieben und neu<br />

motiviert.<br />

JK: Wie kamen Sie dann zu diesem Job?<br />

GK: Ingrid Stahmer, die damalige<br />

Bildungssenatorin und Aufsichtsratsvorsitzende,<br />

hat mich irgendwann im<br />

Urlaub angerufen und gefragt, ob ich<br />

das machen würde. Ich war damals für<br />

den Landessportbund Mitglied des Aufsichtsrates<br />

der sich gründenden <strong>Berliner</strong><br />

<strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong>, daher kannten wir uns.


Zuvor hatte es zwar eine Ausschreibung<br />

für die Stelle gegeben, aber keiner der<br />

Bewerber hat den Job angenommen.<br />

JK: Das war bei mir etwas anders. Ich<br />

hatte mich in einem Bewerbungsverfahren<br />

durchgesetzt. Für mich sind<br />

die <strong>Bäder</strong> eine reizvolle Führungs- und<br />

Managementaufgabe, mit den gesetzten<br />

Rahmenbedingungen des Bestmögliche<br />

zu erreichen. Und vor allem, die Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter in einen Prozess<br />

für noch mehr und bessere Angebote<br />

für die Kundinnen und Kunden mitzunehmen.<br />

GK: So sind wir an die Aufgabe auch<br />

herangegangen. Wir haben nicht lange<br />

gefragt, sondern uns den Gestaltungsspielraum<br />

einfach genommen, denn den<br />

gab ja auch das <strong>Berliner</strong>-<strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong>-<br />

Gesetz her. Wir sollten die <strong>Bäder</strong> unter<br />

unternehmerischen Gesichtspunkten<br />

führen. Das Problem war nur: Diese<br />

Denke war für die Stadt total neu. Und es<br />

gab eine ganze Reihe Leute, die dachten,<br />

ich sei eher ein Verwalter als ein Gestalter.<br />

Aber da waren sie bei mir an der völlig<br />

falschen Adresse.<br />

JK: Ich bin auch nicht der Typ Bestandsverwalter.<br />

Und glücklicherweise ist die<br />

Auffassung in Bezug auf die <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong><br />

heute anders. Die Ziele sind immer<br />

noch dieselben, aber von der Führung<br />

des Unternehmens werden Ideen und<br />

Strategien erwartet, wie die <strong>Bäder</strong>landschaft<br />

in den nächsten <strong>Jahre</strong>n weiterentwickelt<br />

werden kann.<br />

GK: Und wie sieht diese Vision aus?<br />

JK: Wir haben dazu gerade ein Strategiekonzept<br />

fertiggestellt und Szenarien<br />

aufgemacht. Berlin wächst moderat und<br />

damit wir unseren gesetzlichen Auftrag<br />

auch in naher Zukunft voll erfüllen können,<br />

müssen wir nicht nur die bestehenden<br />

<strong>Bäder</strong> sanieren und modernisieren,<br />

sondern auch hier und da neu bauen, um<br />

zusätzliche Kapazitäten zu schaffen.<br />

GK: Das klingt, als wäre das sehr teuer...<br />

JK: Ja, wir reden von einem dreistelligen<br />

Millionenbetrag, der für Investitionen in<br />

den nächsten zehn <strong>Jahre</strong>n nötig ist.<br />

GK: Große Summen. Die wollten wir zusammen<br />

mit Investoren aufbringen und<br />

waren nach ersten Gesprächen auch gu-<br />

ter Dinge, dass das klappen könnte: Eine<br />

Fitnessstudiokette wollte in zahlreiche<br />

<strong>Bäder</strong>-Standorte investieren, oder ein<br />

kanadischer Investor, der große Wasserparks<br />

baut und betreibt, wollte unbedingt<br />

in Berlin bauen. Das war aber damals<br />

nicht durchzusetzen.<br />

JK: ... weil?<br />

GK: Weil die Auffassung in Berlin in Bezug<br />

auf die Schwimmbäder noch sehr stark<br />

geprägt war vom Versorgungsgedanken:<br />

von Badeanstalten aus der Kaiserzeit, in<br />

denen man seiner Körperhygiene nachkam.<br />

Das sollte und durfte nicht in Verbindung<br />

gebracht werden mit etwas, dass<br />

in irgendeiner Weise mit einem kommerziellen<br />

Angebot zu tun hatte.<br />

JK: Das ist nach wie vor ein schmaler<br />

Grat. Alle wissen, dass die sozialverträglichen<br />

Entgelte bei den Schwimmbädern<br />

in keiner Relation zu den tatsächlichen<br />

Kosten stehen. Aber schon wenn Sie versuchen,<br />

Gebühren für die Parkplätze vor<br />

den Schwimmbädern zu erheben, gibt es<br />

bis heute noch kritische Nachfragen in<br />

dem Tenor: Muss denn das sein?<br />

GK: Und trotzdem: es war eine spannende,<br />

lehrreiche und aufregende Zeit. Ich<br />

habe den Job sehr gerne gemacht.<br />

JK: Und ich bin gespannt darauf, wie es<br />

uns gelingt, die <strong>Bäder</strong>landschaft Berlin<br />

weiterzuentwickeln.<br />

Dr. Johannes Kleinsorg: „Ich bin froh, dass<br />

bei den <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong>n so viele<br />

hoch motivierte Menschen arbeiten.“<br />

Zur Person<br />

DR. JOHANNES KLEINSORG,<br />

59, ist seit 2019 Vorstandsvorsitzender<br />

der <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong>.<br />

Nach Management-Stationen, u. a.<br />

bei unterschiedlichen Energieversorgern<br />

und Stadtwerken, übernahm<br />

er diese Position. Aufmerksam<br />

gemacht auf diesen Job hat<br />

ihn ein Personalberater, der für den<br />

Senat beauftragt war, geeignete<br />

Personen zu finden, um diese Position<br />

zu besetzen. Kleinsorg schob<br />

Veränderungen bei den <strong>Berliner</strong><br />

<strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong>n in allen Teilen des<br />

Unternehmens an. Die Handlungsfelder<br />

des Programmes erfassen<br />

sowohl die Organisation wie die<br />

Strategie und die Unternehmenskultur.<br />

Zusammen mit dem <strong>Bäder</strong>vertrag<br />

soll es dazu beitragen, die<br />

BBB auf ein neues Fundament zu<br />

stellen. Mit den <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>n verband<br />

Kleinsorg bisher eher Privates:<br />

Seine beiden Söhne haben hier das<br />

Schwimmen gelernt.<br />

Seite 29


WÜNSCH-DIR-WAS WAR GESTERN<br />

MIT DEM BÄDERVERTRAG ÄNDERT SICH FÜR DIE BERLINER<br />

BÄDER-BETRIEBE VIEL; MANCHE SAGEN: FAST ALLES<br />

E<br />

in großer Entwicklungsschritt.<br />

Wenn so ein Fazit im Abgeordnetenhaus<br />

geäußert wird, muss<br />

sich etwas grundsätzlich geändert<br />

haben. Das hat es für die <strong>Berliner</strong><br />

<strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong> auch. Denn das Parlament<br />

hat den <strong>Bäder</strong>vertrag auf den Weg<br />

gebracht.<br />

Schon die parlamentarischen Beratungen<br />

zum Vertrag waren von einem breiten<br />

Konsens getragen und so sind sich fast<br />

alle Parteien – auch die der Opposition<br />

– weitgehend einig: der <strong>Bäder</strong>vertrag ist<br />

ein Paradigmenwechsel.<br />

Was ändert sich?<br />

Statt wie bisher dem Unternehmen<br />

<strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong> (BBB) eine<br />

Pauschalsumme aus dem Landeshaushalt<br />

zuzuweisen, werden mit dem Vertrag<br />

konkrete Leistungen beschrieben und<br />

Preise dafür festgelegt. Diese konkreten<br />

Leistungen werden künftig quasi bestellt<br />

und müssen im Anschluss auch entsprechend<br />

vergütet werden.<br />

Auch das Spaßbaden in den Sommerbädern<br />

soll nicht zu kurz kommen.<br />

Vereinstraining (wie hier von der SG Neukölln) ist eine wichtige Säule im <strong>Bäder</strong>vertrag.<br />

Das ist die Grundlage für eine ganz andere<br />

Sicht auf das Landesunternehmen.<br />

Statt wie bisher vor allem eine Zuschussempfängerin<br />

und ein Problemkind zu<br />

sehen, mausert sich die Firma durch den<br />

Vertrag zu einer Leistungserbringerin, die<br />

für ihre gute Arbeit auch angemessen<br />

bezahlt wird. Das ist eine wesentliche<br />

Kurskorrektur. So stellt das Parlament die<br />

BBB auf die gleiche Ebene wie BVG, BSR<br />

oder die Wasserbetriebe – alles selbstbewusste<br />

Leistungserbringerinnen, die<br />

wissen, was sie für das Leben in der Stadt<br />

tun und auch, was diese Leistung dem<br />

Land wert sein sollte.<br />

Noch ein Zitat aus den Parlamentsdebatten<br />

zum <strong>Bäder</strong>vertrag: „Wünschdir-was“<br />

ist nun vorbei. Diese Formel<br />

hat die Debatten über die BBB <strong>25</strong> <strong>Jahre</strong><br />

lang geprägt. Da eine konkrete Leistung<br />

der BBB nie beschrieben, aber eine –<br />

jedenfalls aus Sicht der Abgeordneten<br />

– vollumfängliche Finanzierung des<br />

Badebetriebs gewährleistet war, gab es<br />

immer Debatten, denn: Irgendwer beschwerte<br />

sich immer bei der Politik, wenn<br />

er mit der Leistung nicht einverstanden<br />

war. Und oft genug wurden diese Klagen<br />

pauschal als berechtigt angesehen.<br />

Mit dem <strong>Bäder</strong>vertrag sind im Supermarkt<br />

BBB nun jedoch dauerhaft die<br />

Kassen besetzt. Alle müssen für ihre<br />

Produkte, die sie sich in den Warenkorb<br />

gelegt haben, bezahlen. Die allgemeine<br />

Öffentlichkeit tut das sowieso über die<br />

Eintrittsgelder, die vom Land bezuschusst<br />

werden. Schulen und Vereine lösen an<br />

den Kassen – um im Bild zu bleiben –<br />

künftig eine virtuelle Eintrittskarte ein,<br />

die vom Land bezahlt wird. So bleibt das<br />

Unternehmen flüssig und die Regale im<br />

Supermarkt gefüllt.<br />

Der <strong>Bäder</strong>vertrag ist der Grundstein, damit<br />

aus den BBB ein Unternehmen wird,<br />

das seine Leistungen der Daseinsvorsorge<br />

gut und verlässlich erbringt. Und das<br />

Abgeordnetenhaus wird gebunden, die<br />

Leistungen, die es von den BBB verlangt,<br />

auch auskömmlich zu bezahlen. Diese<br />

Feststellung ist kein Passus aus dem<br />

Vertrag, sondern sie stammt von Dennis<br />

Buchner (SPD). Er ist nun Präsident des<br />

hohen Hauses.<br />

Seite 30


Ohne Sie wären wir nicht(s) – Teil II<br />

SIE KOMMEN IN GRUPPEN UND WERDEN MEIST MIT DEM BUS<br />

GEBRACHT: AUCH BERLINS SCHULKINDER GEHEN REGELMÄSSIG<br />

MIT IHREN KLASSEN SCHWIMMEN<br />

W<br />

ährend Tiere von Geburt an<br />

schwimmen können, ist das bei<br />

Menschen nicht so: Kein Wunder<br />

also, dass das Schwimmenlernen<br />

bei uns seit vielen <strong>Jahre</strong>n<br />

fester Bestandteil des Schulunterrichts<br />

ist. In Berlin steht das Fach spätestens<br />

in der 3. Klasse auf dem Stundenplan,<br />

in einigen Schulen sogar schon in der<br />

2. Klasse.<br />

In diesem Schuljahr erhalten rund<br />

30.000 Kinder in Berlin Schwimmunterricht.<br />

Ziel ist es, möglichst jedes Kind<br />

schwimmfähig zu machen. Das gelingt<br />

nur durch eine Vielzahl an Beteiligten –<br />

und durch die Kinder selbst. Auf den<br />

folgenden Seiten stellen wir drei Menschen<br />

vor, die stellvertretend für das<br />

Schulschwimmen stehen.<br />

In Berlin ist Schwimmunterricht spätestens in der 3. Klasse verpflichtend. Diese Kinder aus einer<br />

Grundschule in Friedrichshain nutzen die Schwimmhalle Fischerinsel.<br />

Seite 31


Abtauchen<br />

im Unterricht<br />

D<br />

er achtjährige FINN ist einer von<br />

34.000 Drittklässlern und hat<br />

Schwimmen als Schulfach.<br />

Mit voller Kraft stößt sich Finn<br />

vom Beckenrand ab und macht<br />

einen langen Schwimmzug. Vollständig<br />

verschwindet sein Kopf unter Wasser und<br />

taucht erst nach zwei Metern wieder auf.<br />

Finn nimmt einen tiefen Atemzug und<br />

taucht erneut unter. 16 Bahnen zieht er<br />

so an diesem Vormittag in der Schwimmhalle<br />

Fischerinsel – unter aufmerksamer<br />

Beobachtung seiner Lehrerin, die am<br />

Beckenrand steht. Finn ist Drittklässler,<br />

das Fach heißt Schwimmunterricht<br />

und steht immer donnerstags auf dem<br />

Stundenplan.<br />

„In der Schule ist<br />

Schwimmen mein<br />

Lieblingsfach.“<br />

Der Achtjährige ist eines von etwa 34.000<br />

<strong>Berliner</strong> Kindern, das in diesem Schuljahr<br />

mit seiner Klasse wöchentlich schwimmen<br />

geht. Finn, der mit seinen Eltern<br />

und seinem Bruder in Friedrichshain<br />

lebt, liebt schwimmen. „In der Schule ist<br />

das mein Lieblingsfach.“ Warum? Finn<br />

muss nicht lange nachdenken: „Weil<br />

man sich so schwerelos im Wasser fühlt.<br />

Aber nicht, wenn der Kopf noch rausguckt<br />

aus dem Wasser, dann zieht einen<br />

die Schwerkraft nach unten.“ Finn kann<br />

einen Kopfsprung, ist schon vom Drei-<br />

Meter-Brett gesprungen, und die zehn<br />

Meter Streckentauchen für das silberne<br />

Schwimmabzeichen hat er locker<br />

geschafft. Dass er so gut schwimmen<br />

kann, ist schnell erklärt: Seine Mutter<br />

hatte ihn noch vor Schulantritt bei einem<br />

Schwimmverein angemeldet, wie vorher<br />

den großen Bruder auch. „Ich wollte,<br />

dass die Kinder vor dem Schulanfang<br />

schwimmen können, das war mir wichtig“,<br />

sagt sie. So ist Finns Begeisterung<br />

fürs Wasser entstanden – und geblieben.<br />

Bis heute schwimmt er im Verein.<br />

Finn und seine Mitschüler werden –<br />

wie viele Drittklässler in Berlin – zur<br />

Schwimmhalle mit dem Bus gebracht.<br />

Fahrzeit insgesamt: fast eine Stunde.<br />

„Der Busfahrer ist sehr streng“, erzählt<br />

Finn, „und wir müssen uns auch immer<br />

anschnallen.“<br />

Oben: Finn ist acht <strong>Jahre</strong> alt und Schwimmunterricht<br />

ist sein Lieblingsfach.<br />

Rechts: Er hat vor drei <strong>Jahre</strong>n in einem Verein<br />

schwimmen gelernt. Dort ist er bis heute aktiv.<br />

Der Freude am Schulschwimmen tut das<br />

keinen Abbruch. „Schön finde ich, dass<br />

wir am Anfang der Stunde und am Ende<br />

der Doppelstunde immer zehn Minuten<br />

im Wasser spielen können“, sagt er. Nur<br />

eines fände er nicht so gut: „Dass die<br />

Lehrer nie mit im Wasser sind. Sonst<br />

könnten sie nämlich mal vormachen, was<br />

wir noch lernen sollen.“<br />

Seite 32


Unterricht<br />

in Badelatschen<br />

D<br />

as Schuljahr startet für JANA<br />

KRÜGER immer gleich: Sie wird<br />

heiser. „Ich muss die Kinder in<br />

der Schwimmhalle übertönen“,<br />

sagt die 54-Jährige. „Daran muss<br />

sich meine Stimme erst wieder gewöhnen.“<br />

Jana Krüger ist Schwimmlehrerin<br />

in Berlin-Pankow, 27 Unterrichtsstunden<br />

gibt sie derzeit pro Woche in drei verschiedenen<br />

Schwimmhallen. Dort gibt<br />

es fast immer fliegenden Wechsel: Eine<br />

Klasse verlässt das Wasser, die nächste<br />

geht rein, hin und wieder gibt’s eine Freistunde<br />

für die Lehrerin.<br />

„Wenn ein ängstliches<br />

Kind schwimmen gelernt<br />

hat, freut mich das.“<br />

An diesem Vormittag steht die 54-Jährige<br />

in der Schwimmhalle Thomas-Mann-<br />

Straße, vier Klassen sind nach ihrem<br />

Kenntnisstand aufgeteilt; Jana Krüger hat<br />

die Nichtschwimmer unter ihrer Obhut.<br />

Die Aufgabe: Hinein ins große Becken,<br />

am Rand festhalten und die <strong>25</strong> Meter<br />

bis zum<br />

Ausstieg<br />

entlanghangeln.<br />

„Wer<br />

nicht schwimmen<br />

kann, muss erstmal ein<br />

Gefühl für das tiefe Wasser<br />

bekommen “, erklärt sie.<br />

Wie alle 17 Schwimmlehrerinnen und<br />

-lehrer in Pankow ist Jana Krüger bei<br />

einer einzigen Schule angestellt – einzigartig<br />

für Berlin. Während in den anderen<br />

Bezirken jede Schule eigene Stundenpläne<br />

erstellt und in den Schwimmhallen<br />

bisweilen Bahnen frei bleiben, machen<br />

die Pankower einen Stundenplan für alle<br />

drei Hallen, sie können einander vertreten<br />

und Ausfälle kompensieren.<br />

Studiert hat Jana Krüger Oberstufenlehrerin<br />

für Sport und Geografie, doch in<br />

den 1990er-<strong>Jahre</strong>n wird sie gefragt, ob<br />

sie auch Schulschwimmen unterrichten<br />

würde. Schnell sagt sie ja: „Ich war früher<br />

im Schwimmverein, das lag mir.“ Bis<br />

heute liebt sie ihre Arbeit sehr. „Anders<br />

als in der Schule sehe ich den Erfolg viel<br />

besser. Und wenn ein ängstliches Kind<br />

schwimmen gelernt hat, freut mich das.“<br />

Schwimmen zu lernen sei allerdings<br />

fordernd: „Arme und Beine müssen<br />

verschiedene Bewegungen ausführen.“<br />

Hinzu komme die Wassertemperatur von<br />

26 Grad. „Es gibt Kinder, die so frieren,<br />

dass wir den Eltern empfehlen, für sie<br />

einen Neoprenanzug zu kaufen“, sagt die<br />

Lehrerin.<br />

Selbst im Wasser ist sie nur dann, wenn<br />

es Einzelförderung gibt. Ihr Platz ist der<br />

Beckenrand. „Ich muss ja alle Kinder<br />

sehen können.“<br />

Nicht ohne meine Nudel: Poolnudeln<br />

gehören zur Grundausstattung im<br />

Schwimmunterricht. Sie halten die<br />

Oberkörper der Kinder oben und<br />

ermöglichen es ihnen, sich auf die<br />

Beinbewegung zu konzentrieren.<br />

Seite 33


Tillman Wormuth hat selbst Schulschwimmen in der Schule gehabt und dort auch schwimmen gelernt.<br />

Herr des Schulschwimmens<br />

D<br />

en Schwimmunterricht an den<br />

<strong>Berliner</strong> Schulen zu organisieren,<br />

ist eine logistische Meisterleistung.<br />

Nicht genug, dass in<br />

diesem Schuljahr etwa 30.000<br />

Grundschulkinder in ihren schätzungsweise<br />

1.200 Klassen jede Woche auf<br />

rund 35 Hallenbäder verteilt werden<br />

müssen – die <strong>Bäder</strong> sind zudem für die<br />

Kinder selten fußläufig erreichbar. Daher<br />

pendeln jeden Tag, organisiert von den<br />

Bezirken, mehr als 100 Busse zwischen<br />

Schulen und Schwimmhallen. Allein das<br />

verursacht pro Jahr mehr als 1,5 Millionen<br />

Euro Kosten.<br />

Den Hut auf beim Schulschwimmen<br />

haben die Bezirke und die Senatsverwaltung<br />

für Bildung, Jugend und Familie.<br />

Logisch, denn Schulschwimmen ist Teil<br />

des Unterrichts. Aber noch gibt es Verbesserungsbedarf.<br />

„Um die Qualität des<br />

Unterrichts zu erhöhen, wurde 2017 das<br />

Seite 34<br />

Netzwerk Schulschwimmen ins Leben<br />

gerufen“, sagt TILLMAN WORMUTH,<br />

Leiter des Fachbereiches Schulsport und<br />

Bewegungserziehung bei der Bildungsverwaltung.<br />

Beteiligt an diesem Bündnis<br />

seien neben der Senatsverwaltung und<br />

Schulen auch die <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong> und<br />

Expertinnen und Experten des organisierten<br />

Sports. „Dabei werden neue Projekte<br />

entwickelt und auch erprobt“, sagt Wormuth.<br />

Ziel sei es, dass mehr Kinder sicher<br />

schwimmen lernen.<br />

Denn noch immer kann fast jedes fünfte<br />

<strong>Berliner</strong> Kind – rund 19 Prozent – auch<br />

nach dem Schwimmunterricht in der 3.<br />

Klasse nicht schwimmen. „Die Quote<br />

war bis zum Jahr 2019 auf 16 Prozent<br />

gesunken“, sagt Tillman Wormuth. Dann<br />

kam Corona, und als Folge sei sehr viel<br />

Unterricht ausgefallen. Daher habe das<br />

Land Berlin bereits mehrfach Intensivschwimmkurse<br />

in den Ferien angeboten.<br />

Doch nicht nur Corona erschwert die<br />

Bedingungen. „Es mangelt auch an Fachkräften,<br />

Wasserfläche und Geld.“ Schon<br />

länger bereitet Berlin daher den Aufbau<br />

bezirklicher Schulschwimmzentren vor,<br />

in denen Lehrkräfte Hand in Hand mit<br />

„Die Quote der Nichtschwimmer<br />

nach dem<br />

Schwimmunterricht war<br />

2019 auf 16 Prozent<br />

gesunken. Doch dann<br />

kam Corona.“<br />

Trainerinnen und Trainern des <strong>Berliner</strong><br />

Schwimmverbandes arbeiten und so<br />

den Schwimmunterricht verbessern. Im<br />

Bezirk Mitte ist dazu 2019 bereits ein<br />

Modellprojekt gestartet worden.


Nach dem Sommer ist vor dem Sommer<br />

VOR 19 JAHREN ÜBERNAHMEN<br />

ALEXANDRA BARNEWSKI UND<br />

IHR MANN DAS STRANDBAD<br />

ORANKESEE. MITTLERWEILE<br />

ARBEITET AUCH EIN SOHN HIER<br />

A<br />

m Ufer des Orankesees ist von<br />

der Großstadt wenig zu spüren.<br />

Der kleine See in Alt-Hohenschönhausen<br />

glitzert in der Morgensonne,<br />

ein Reiher schwebt auf<br />

weiten Schwingen heran und landet sanft<br />

im Wasser. Wie ein Teppich haben sich<br />

bunte Blätter über das kleine Strandbad<br />

gelegt, hinter den Bäumen am anderen<br />

Ufer des Sees lugen Dächer der umliegenden<br />

Villen hervor. Nur ein einsamer<br />

Laubbläser stört die Idylle. „Der gehört<br />

zu uns“, sagt ALEXANDRA BARNEW-<br />

SKI fast entschuldigend und nimmt die<br />

Sonnenbrille ab. Ihr Blick schweift über<br />

den <strong>25</strong>0 Meter breiten Sandstrand. Dann<br />

lächelt sie. „Ich mag diesen Ort. Der Anblick<br />

der Natur beruhigt.“<br />

Alexandra Barnewski, 61 <strong>Jahre</strong> alt und<br />

aufgewachsen in Köpenick, ist Pächterin<br />

des Strandbades, das eigentlich den<br />

<strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong>n gehört. Fast<br />

die Hälfte ihres Lebens schon ist sie mit<br />

dem Bad verbunden: 1993 übernahm<br />

Sie arbeiten, wenn<br />

andere sich erholen:<br />

Pächterin Alexandra<br />

Barnewski und Sohn<br />

Brian in „ihrem“ Bad.<br />

ihr Mann Bernd die Gastronomie im Bad,<br />

1998 stieg auch sie mit ein, 2002 wurden<br />

sie die Betreiber. Seitdem bestimmt das<br />

Strandbad Orankesee ihr Leben.<br />

Dass Freibäder der BBB überhaupt<br />

von Pächtern geführt werden, ist dem<br />

Kostendruck geschuldet, unter dem die<br />

<strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong> zu Beginn der Jahrtausendwende<br />

stehen. Um Personalkosten<br />

zu reduzieren, werden zehn Strandbäder<br />

in private Hände gegeben – bis auf das<br />

größte am Wannsee, das die BBB nach<br />

wie vor selbst betreiben.<br />

Alexandra Barnewski<br />

deutet<br />

mit der Hand<br />

auf ein kleines<br />

Schild, das an<br />

der Fassade des<br />

Hauptgebäudes<br />

hängt. „10,4 Grad“, hat jemand mit<br />

Kreide darauf geschrieben – ein Hinweis<br />

für die Vereinsmitglieder der „<strong>Berliner</strong><br />

Seehunde“, die das Bad zwischen September<br />

und April jeweils sonntags nutzen.<br />

„Die Mitglieder gehen auch ins Wasser,<br />

wenn eine Eisschicht drauf ist“, sagt die<br />

Pächterin. „Dann hacken sie ein Loch<br />

ins Eis und gehen baden. Für uns ist das<br />

gut, dadurch ist der See auch im Winter<br />

immer gut belüftet.“<br />

Als der Betrieb des Strandbades Orankesee<br />

im Jahr 2001 ausgeschrieben wird,<br />

überlegen die Barnewskis nicht lange.<br />

Zwar ist die Bewerbung „bürokratisch<br />

und kompliziert“, aber sie ist erfolgreich.<br />

Und so werden die Gastronomen plötzlich<br />

Badbetreiber. „Leicht war das nicht, eingearbeitet<br />

wurden wir ja nicht“, erinnert<br />

sich die Pächterin. „Aber wir haben<br />

Seite 35


einfach das gemacht, was wir uns vorher<br />

von den Angestellten im Bad abgeschaut<br />

hatten.“<br />

Mit dem Strandbad übernehmen die Barnewskis<br />

ein historisch interessantes Gelände.<br />

Die Gegend um den See, der in der<br />

Eiszeit entstand, wird erst um 1890 besiedelt;<br />

es entstehen vor allem Villen, und<br />

die Bewohner sind wohlhabend. Schnell<br />

gibt es einen Biergarten am Seeufer<br />

Oben: Diese kleinen Stiere aus Stein zieren<br />

die Liegewiese im Strandbad. Woher sie<br />

stammen, wissen die Barnewskis nicht.<br />

Unten: Den Steg gibt es seit der Eröffnung<br />

des Bades 1929. Hier sitzen im Sommer die<br />

Rettungsschwimmer und passen auf.<br />

und eine wilde Badestelle. Als in Berlin<br />

die ersten Strandbäder gebaut werden,<br />

wird auch in Alt-Hohenschönhausen der<br />

Ruf nach einem eigenen Freibad laut.<br />

150.000 Reichsmark werden damals für<br />

den Bau veranschlagt – aber so viel Geld<br />

hat der <strong>Berliner</strong> Magistrat nicht. Da bewirbt<br />

sich ein Weißenseer Theaterbetreiber<br />

für den Betrieb des Biergartens am<br />

See und verspricht im Gegenzug den Bau<br />

eines neuen Bades. Und so kommt es:<br />

1929 wird das Strandbad eröffnet – mit<br />

feinstem Sandstrand direkt von der Ostsee,<br />

wie gemunkelt wird. Die tatsächliche<br />

Herkunft ist nicht minder interessant: Er<br />

stammt aus einer Baugrube am Alexanderplatz.<br />

Natürlich liegt längst anderer Sand im<br />

Bad. „Wir kaufen regelmäßig neuen ein“<br />

sagt BRIAN BARNEWSKI, 33 <strong>Jahre</strong><br />

alt und Sohn von Pächterin Alexandra.<br />

„Unser Sand verschwindet nämlich regelmäßig.“<br />

Wohin? Brian Barnewski lacht.<br />

„Den tragen unsere Gäste nach Hause.“<br />

Etliches wehe auch der Wind davon oder<br />

werde von den Gästen ins Wasser getragen.<br />

Erst 2020 haben die Barnewskis<br />

neuen Sand gekauft; <strong>25</strong>0 Kubikmeter<br />

„Spielplatz-Qualität“, zehn Laster voll. „Es<br />

hat lange gedauert, das alles am Strand zu<br />

verteilen“, erinnert sich Brian Barnewski.<br />

Als Bernd und Alexandra Barnewski das<br />

Bad mit der Sommersaison 2002 übernehmen,<br />

ändert sich das Leben der Familie<br />

grundlegend: Um schneller vor Ort zu<br />

sein, suchen sie sich eine neue Wohnung<br />

fußläufig vom Strandbad entfernt,<br />

und Sohn Brian, damals 13, verbringt<br />

seine Freizeit oft im Bad. Von nun an<br />

gehört nicht mehr nur der Sommer dem<br />

Strandbad Orankesee, sondern irgendwie<br />

das ganze Jahr. „Vor dem Sommer<br />

ist nach dem Sommer“, sagt Alexandra<br />

Barnewski. Dabei haben sie Glück: Noch<br />

1993/94 hatte der Bezirk Hohenschönhausen<br />

870.000 Mark investiert, auch<br />

die 52 Meter lange Ringelrutsche „Elsa“<br />

stammt aus dieser Zeit.<br />

Gut zehn <strong>Jahre</strong> lang managen Bernd und<br />

Alexandra Barnewski „ihr“ Bad, dann<br />

stirbt Bernd Barnewski völlig überraschend<br />

im Winter 2012. Zum Glück ist<br />

das Bad gerade zu – das gibt seiner Frau<br />

die Möglichkeit, sich Zeit zu nehmen<br />

zum Trauern und für eine Entscheidung,<br />

wie es weitergehen könnte. „In der Zeit<br />

habe ich nur funktioniert“, erinnert sie<br />

sich. Dann beschließt sie, weiterzumachen<br />

– gemeinsam mit Sohn Brian, der<br />

mittlerweile Ingenieurswissenschaften<br />

studiert, und längst auch seinen Rettungsschwimmer-Schein<br />

hat. Heute sind<br />

Seite 36


Strandbad<br />

Jungfernheide<br />

Strandbad<br />

Tegeler See<br />

Strandbad<br />

Halensee<br />

Strandbad<br />

Lübars<br />

Strandbad<br />

Plötzensee<br />

Strandbad<br />

Weißensee<br />

Strandbad<br />

Orankesee<br />

Strandbad<br />

Friedrichshagen<br />

Strandbad<br />

Wendenschloß<br />

Strandbad<br />

Grünau<br />

VERPACHTETE<br />

STRANDBÄDER<br />

Von elf Strandbädern der BBB sind<br />

aktuell zehn an Pächter vergeben.<br />

Sie sind verpflichtet, zwischen<br />

dem 1. Mai und dem 31. August<br />

öffentliches Baden anzubieten;<br />

im Gegenzug dürfen sie die <strong>Bäder</strong><br />

während der anderen Zeit als Ort<br />

für Veranstaltungen nutzen, um<br />

zusätzliche Einnahmen zu generieren.<br />

Die Pächter gestalten die<br />

Eintrittspreise selbst.<br />

Mutter und Sohn auch Geschäftspartner:<br />

Der 33-Jährige ist der Geschäftsführer<br />

des Bades.<br />

Zwei Corona-Saisons liegen jetzt hinter<br />

ihnen; das hat noch mal geschlaucht.<br />

Vieles, das eingespielt ist, ist jetzt plötzlich<br />

anders – auch für die Gäste: Statt<br />

zwei Ein- und Ausgängen geht es bei dem<br />

einen nur rein und beim anderen nur<br />

raus; die Leute stehen lange an, bei einigen<br />

liegen die Nerven blank. „Da gab es<br />

schon Konfliktpotential, auch zwischen<br />

den Gästen“, sagt Brian. Mutter und Sohn<br />

hoffen sehr, dass es keine dritte Corona-<br />

Saison geben wird, auch aus wirtschaftlichen<br />

Erwägungen.<br />

Das Bad ist beliebt in der Gegend, es<br />

lebt von Stammkunden – viele 60+,<br />

aber auch Eltern mit Kindern, und nicht<br />

wenige kommen auch von weiter her.<br />

Alkohol wird grundsätzlich nicht verkauft<br />

im Bad, zum Schutz vor Rangeleien, aber<br />

auch, um Badeunfälle zu vermeiden.<br />

„Bis heute hatte wir nie Ausschreitungen<br />

bei uns“, sagt Brian Barnewski. 3.000<br />

Gäste kommen an guten Tagen, „und die<br />

brauchen wir auch“. Anders als andere<br />

Strandbäder in Berlin haben die Pächter<br />

am Orankesee keine Möglichkeit, ihre<br />

Einnahmen durch Veranstaltungen aufzubessern:<br />

Das Bad liegt direkt in einem<br />

Wohngebiet.<br />

Wenn der Sommer vorbei ist, das Bad zu<br />

und die Strandkörbe weggeräumt, macht<br />

der Herbst erstmal jede Menge Arbeit:<br />

Die Bäume, die dem Bad im Sommer<br />

sein unverwechselbares Aussehen<br />

geben und viele Instagram-Motive zieren,<br />

werfen ihre Blätter ab und bedecken<br />

Rasen, Sandstrand und Wege im Bad.<br />

„Das nimmt kein Ende“, sagt die Pächterin.<br />

„Der Sommer steckt uns noch in<br />

den Knochen – und dann das.“ Mehrmals<br />

pro Woche wird das Laub zusammengesammelt<br />

und verladen, nicht nur im<br />

Bad, sondern auch auf den Wegen rund<br />

herum. „Das Laub muss weg sein, bevor<br />

der Schnee kommt, sonst liegt es bis zum<br />

Frühjahr da“, sagt Alexandra Barnewski.<br />

Wenn der Winter endlich da ist und die<br />

Eisbader im See schwimmen, beginnt die<br />

ruhige Zeit für die Pächter – der eigene<br />

Urlaub. „Am liebsten am Wasser“, sagt<br />

Alexandra Barnewski und lächelt. „Aber<br />

weit weg und dort, wo es dann warm ist.“<br />

Ganz oben: Der erste Sand an dem <strong>25</strong>0<br />

Meter langen Strand stammte aus einer<br />

Baugrube am Alexanderplatz. Heute wird<br />

er eingekauft.<br />

Oben: Die Bäume und Büsche geben<br />

dem Strandbad sein unverwechselbares<br />

Aussehen und sorgen besonders im Herbst<br />

für Farbe.<br />

Seite 37


Richard von Weizsäcker, Bundespräsident a.D., startete im Frühjahr 2000 im Prinzenbad anlässlich der Eröffnung der Freibadsaison beim Wettschwimmen.<br />

Promis am Start<br />

GROSSER AUFTRITT GEFÄLLIG? BERLINS SCHWIMMBÄDER<br />

SIND DAFÜR PERFEKTE BÜHNEN<br />

B<br />

äder sind nicht nur Orte der Erholung,<br />

des Sports oder des Vergnügens,<br />

<strong>Bäder</strong> sind auch große<br />

Bühnen. Es ist also kein Wunder,<br />

wenn sich in Berlins Hallen- und<br />

Freibädern immer wieder prominente<br />

Gäste einfinden.<br />

Richard von Weizsäcker (1920 - 2015)<br />

zum Beispiel, einst Regierender Bürgermeister<br />

von Berlin und späterer Bundespräsident,<br />

war ein ausgewiesener<br />

Freibadfan. Ihn mussten die <strong>Berliner</strong><br />

<strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong> nicht lange bitten, um im<br />

Jahr 2000 beim Anbaden im Sommerbad<br />

Kreuzberg („Prinzenbad“) dabei zu sein.<br />

Der Frühstart, den er auslöste, hatte von<br />

Weizsäcker jedoch nichts genutzt. Das<br />

kleine Wettschwimmen gewann ein anderer<br />

prominenter Gast, der Kunstturner<br />

Andreas Wecker.<br />

Im Jahr 1999 war die<br />

erste Aufsichtsratsvorsitzende<br />

der BBB,<br />

Sportsenatorin Ingrid<br />

Stahmer, Promi-Gast<br />

beim Anbaden im<br />

Prinzenbad –<br />

gemeinsam mit<br />

BBB-Vorstand<br />

Dietmar Ranz.<br />

Seite 38


Die internationale Formation 12 Tenors posierte<br />

im Strandbad Wannsee.<br />

Schauspielerin Maren Kroymann planschte 2019 als<br />

Chef-Schwimmpatin im Wellenbad.<br />

Eine große Bühne bietet auch die<br />

Schwimm- und Sprunghalle am Europasportpark<br />

den zahlreichen Sport-Stars.<br />

Hier trainieren beispielsweise Kunst- und<br />

Turmspringer Patrick Hausding, gab einst<br />

Olympiasiegerin Britta Steffen den feierlichen<br />

Starschuss für ein 24-Stunden-<br />

Schwimmevent. Die SSE ist seit vielen<br />

<strong>Jahre</strong>n Austragungsort der Deutschen<br />

Meisterschaften im Schwimmen und des<br />

Weltcups vom internationalen Schwimmverband<br />

FINA.<br />

Seit einigen <strong>Jahre</strong>n werben <strong>Berliner</strong><br />

Prominente als Chef-Schwimmpatinnen<br />

oder -paten dafür, dass andere es ihnen<br />

gleichtun und Plätze in der Schwimmschule<br />

der <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong><br />

spendieren: die Schauspielerin Maren<br />

Kroymann oder Ulrich Matthes beispielsweise.<br />

Alle verbindet eine Leidenschaft; gemeint<br />

ist nicht die große Bühne; gemeint ist die<br />

Leidenschaft fürs Schwimmen.<br />

Schauspieler Ursli Pfister (aka Christoph Marti) poolnudelte<br />

2018 als Schwimmpate im Stadtbad Schöneberg.<br />

Schauspieler<br />

Ulrich Matthes,<br />

Schwimmpate<br />

2021, plauderte<br />

im Sommerbad<br />

Wilmersdorf.<br />

Schwimm-Olympiasiegerin Britta Steffen und der damalige<br />

Senator Ehrhart Körting gaben 2010 den Startschuss zum<br />

24-Stunden-Schwimmen in der SSE.<br />

Wasserspringer<br />

und Olympia-<br />

Medailliengewinner<br />

Patrick Hausding<br />

trainiert seit vielen<br />

<strong>Jahre</strong>n in der SSE.<br />

Show-Star Dagmar Frederic verausgabte sich 2000<br />

auf einem Wasserfahrrad in der Schwimmhalle<br />

Fischerinsel.<br />

Seite 39


„Handtücher und Badesachen sucht keiner“<br />

JEDEN TAG BLEIBT<br />

ETWAS IN DEN<br />

BÄDERN LIEGEN. EIN<br />

GESPRÄCH ÜBER<br />

GEBISSE, VERLORENE<br />

SCHLÜSSEL UND DAS<br />

BAUCHGEFÜHL<br />

Herr Czaya, was ist das Absurdeste,<br />

das Sie jemals in einem Bad gefunden<br />

haben?<br />

RENÉ CZAYA: Mal nachdenken ...<br />

Das war ein Gebiss – im Wasser. Mir ist<br />

bis heute schleierhaft, wie das verloren<br />

gehen konnte.<br />

So ein Verlust fällt doch auf. Können Sie<br />

sich erinnern, wie die Sache ausging?<br />

Nein. Aber wenn jemand noch im<br />

Schwimmbad merkt, dass etwas fehlt,<br />

werden wir angesprochen und können<br />

mitsuchen. Manchmal werden wir auch<br />

später angerufen.<br />

Was bleibt am häufigsten liegen?<br />

Klamotten aller Art: Handtücher, Badesachen<br />

– aber auch Regenschirme, Duschbäder<br />

und so. In den Sommerbädern<br />

kontrollieren wir an besucherstarken<br />

Tagen zwei Mal täglich die Wiese.<br />

Wie viele Leute melden sich, wenn sie<br />

was vergessen oder verloren haben?<br />

Ganz wenige. Bei Schlüsseln und Handys<br />

sind es 50 Prozent, aber Handtücher,<br />

Badelatschen, Badekappen – die sucht<br />

keiner.<br />

Was verlieren die Gäste in den Hallenund<br />

Freibädern?<br />

In den Freibädern bleibt vieles auf der<br />

Wiese liegen. Zum Beispiel Schlüssel aller<br />

Art – Autoschlüssel, Wohnungsschlüssel,<br />

Fahrradschlüssel.<br />

Weil Sie gerade Fahrradschlüssel sagten:<br />

Vergessen die Leute auch mal ein<br />

ganzes Rad?<br />

Sie meinen vor dem Bad? Ja, sowas<br />

kommt 3-4 Mal im Jahr vor. Problematischer<br />

sind Fälle, in denen jemand zu uns<br />

kommt mit der Ansage, dass der Schlüssel<br />

weg und wir sollen dann das Fahrradschloss<br />

knacken. Da verlasse ich mich<br />

auf mein Bauchgefühl, notfalls muss die<br />

Person einen Nachweis holen.<br />

Heben Sie alles auf, was liegen bleibt?<br />

Erstmal ja. Wir führen Buch darüber,<br />

wann was gefunden wurde. Es bleiben ja<br />

auch Reisepässe liegen oder Krankenkassen-Karten<br />

oder Führerscheine –<br />

sowas bringen wir am Ende der jeweiligen<br />

Saison zur Polizei.<br />

Warum bleibt überhaupt so viel liegen?<br />

Manches kann ich mir erklären: Wenn<br />

es plötzlich regnet und die Leute schnell<br />

aufbrechen – da kommt sowas vor. Bei<br />

anderen Sachen bin ich überfragt – bei<br />

Straßenschuhen zum Beispiel oder<br />

Hörgeräten. Bei einigen Leuten habe ich<br />

sogar den Eindruck, dass sie Handtücher<br />

oder Liegen absichtlich auf der Wiese<br />

zurücklassen, weil sie am nächsten Tag<br />

wiederkommen wollen. Aber wir sammeln<br />

alles ein. Auch in den Schwimmhallen<br />

gibt es extra Rundgänge.<br />

Zur Person<br />

Was machen Sie damit?<br />

Was nass ist, wird von uns gewaschen<br />

und getrocknet, Badelatschen werden<br />

desinfiziert. Dann heben wir die Sachen<br />

sechs Monate in extra Boxen auf. Einiges<br />

geben wir an Einrichtungen für Bedürftige<br />

ab, anderes wird in Sammelcontainern<br />

entsorgt. Das regelt jedes Bad selbst.<br />

Haben Sie selbst schon mal was bei<br />

einem Badbesuch vergessen?<br />

Was ich zum Baden mitnehme, kommt<br />

auch wieder mit nach Hause.<br />

RENÉ CZAYA ist 52 <strong>Jahre</strong> alt und seit 1994 bei den <strong>Bäder</strong>n beschäftigt. Gelernt<br />

hat er drei Berufe: Industrieschneider, Glas- und Gebäudereiniger und schließlich<br />

Schwimmmeister-Gehilfe – heute heißt diese Ausbildung Fachangestellter für<br />

<strong>Bäder</strong>betriebe. Als bei den BBB ein Lehrgang zum Ausbilder angeboten wird, absolviert<br />

er auch diesen – und kümmert sich nun insbesondere um die Betreuung<br />

der Azubis in „seiner“ Schwimmhalle in der Zingster Straße in Hohenschönhausen.<br />

René Czaja ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.<br />

Seite 40


Seite 41


Seite 42


Eine von uns:<br />

Auszubildende Julie Amari<br />

JULIE AMARI WOLLTE NUR URLAUB<br />

IN BERLIN MACHEN. HEUTE IST DIE<br />

43-JÄHRIGE FRANZÖSIN DIE ÄLTESTE<br />

AUSZUBILDENDE BEI DEN BBB<br />

E<br />

in bisschen unsicher war JULIE<br />

AMARI vor ihrer Bewerbung<br />

dann doch. „Ich habe extra angerufen,<br />

ob sie auch so alte Auszubildende<br />

nehmen“, erzählt sie<br />

lachend. „Sehr gern“, habe die Antwort<br />

gelautet und die gebürtige Französin in<br />

ihrem Wunsch bestärkt, noch einmal neu<br />

anzufangen und eine Ausbildung bei den<br />

BBB zu machen.<br />

Seit dem Sommer 2021 geht die 43-Jährige<br />

wieder zur Schule: Gemeinsam mit<br />

13 anderen Azubis, die mehrheitlich so<br />

alt sind wie ihr Sohn, lernt sie, was Fachangestellte<br />

für <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong> wissen<br />

müssen; drei Tage pro Woche ist sie in<br />

einer Schwimmhalle, an zwei Tagen wird<br />

im Klassenverband gelernt. Das Lernen<br />

selbst, erzählt die Germanistin, falle ihr<br />

nicht schwer. „Aber die technischen<br />

Sachen waren eine ganz neue Welt für<br />

mich.“<br />

Als Julie Amari 2016 mit ihrem Freund<br />

und dem damals 16 <strong>Jahre</strong> alten Sohn<br />

nach Berlin kam, sollten es nur drei Wochen<br />

Urlaub werden. Die kleine Familie,<br />

die damals im französischen Straßburg<br />

zu Hause war, lebte in einer Ferienwohnung,<br />

erkundete die Stadt – und verliebte<br />

sich prompt. Aus dem Flirt wurden<br />

Monate, und wie das so ist mit der Liebe,<br />

muss sie irgendwann auf ein festes<br />

Fundament gestellt werden – Julie Amari<br />

Verbindet das Hobby mit der<br />

Arbeit: Julie Amari ist leidenschaftliche<br />

Schwimmerin<br />

und seit dem Sommer 2021<br />

Auszubildende bei den BBB.<br />

brauchte eine Arbeit. Sie fing in einem<br />

Touristen-Shop an und überlegte parallel<br />

dazu, wie sie ihr Hobby – das Schwimmen<br />

– beruflich nutzen kann. „Also habe<br />

ich einen Rettungsschwimmerschein<br />

gemacht“, erzählt sie. Dann kam Corona,<br />

sämtliche Läden schließen. „Warum nicht<br />

Schwimmmeisterin werden?“, fragte sich<br />

Julie Amari. So entstand die Idee, eine<br />

Ausbildung bei den BBB zu machen.<br />

In ihrer Klasse ist Julie Amari die älteste<br />

– aber nicht die einzige ältere. Und auch<br />

„Früher bin ich vor oder nach der Arbeit schwimmen<br />

gegangen, jetzt gehört das zur Ausbildung dazu. Und<br />

ich bekomme sogar Geld dafür.“<br />

in anderen Jahrgängen finden sich immer<br />

wieder Männer und Frauen, die zuvor<br />

andere Berufe hatten. In den <strong>Bäder</strong>n sind<br />

sie gern gesehen. „Wir haben sehr gute<br />

Erfahrungen gemacht mit älteren Auszubildenden“,<br />

sagt Ali Obeid, kommissarischer<br />

Leiter des Kombibades Seestraße,<br />

wo Julie Amari zurzeit eingesetzt ist.<br />

„Man merkt, dass sie schon gearbeitet<br />

haben, und sie wissen auch die Ausbildung<br />

sehr zu schätzen.“<br />

So geht es auch der Französin. Sie sei<br />

sehr erleichtert, für die kommenden <strong>Jahre</strong><br />

eine Perspektive zu haben. „Ich freue<br />

mich, dass ich schwimmen kann, das<br />

macht mir am meisten Spaß.“ Früher sei<br />

sie vor oder nach der Arbeit schwimmen<br />

gegangen, jetzt gehöre das zur Ausbildung<br />

dazu. „Und ich bekomme sogar<br />

Geld dafür.“<br />

Im August 2024 wird Julie Amari ihre<br />

Ausbildung beenden und darf sich Fachangestellte<br />

für <strong>Bäder</strong>betriebe nennen.<br />

Sie freut sich darauf. „Gern würde ich der<br />

Schwimm- und Sprunghalle im Europasportpark<br />

arbeiten“, sagt sie. Im Sommer<br />

wird es ja ganz sicher ein Freibad.<br />

Welches, sei ihr egal – oder nein: „Ein<br />

50-Meter-Becken wäre schon toll.“<br />

Seite 43


Nicht kleckern – klotzen!<br />

WENN BÄDER SANIERT WERDEN, IST DAS<br />

LAUT UND STAUBIG. ABER OFT GENUG AUCH<br />

SEHR SPEKTAKULÄR<br />

W<br />

er in einem Zimmer die Decke<br />

streichen muss, nimmt eine Leiter<br />

und steigt hinauf. Wenn sich<br />

die Decke in einer Schwimmhalle<br />

befindet, reicht keine<br />

Leiter: Dann muss – wie hier im Stadtbad<br />

Neukölln (Foto oben) – zunächst ein<br />

Raumgerüst gebaut werden, um Zugang<br />

zur Schwimmhallendecke zu haben.<br />

Nicht selten muss das Becken erstmal<br />

komplett mit Holz ausgekleidet werden,<br />

damit das Baugerüst das Becken nicht<br />

beschädigt.<br />

Eine der größten technischen Herausforderungen<br />

bei <strong>Bäder</strong>n sind die hohen<br />

Temperaturschwankungen, denen die<br />

Gebäude ausgesetzt sind: Während im<br />

Inneren fast gleichbleibend etwa 27 Grad<br />

und hohe Feuchtigkeit herrschen, muss<br />

die Gebäudehülle zugleich dem Wandel<br />

der <strong>Jahre</strong>szeiten trotzen. Eine Faustregel<br />

sagt, dass die Bausubstanz im Schnitt 30<br />

<strong>Jahre</strong> hält, dann ist die nächste Komplettsanierung<br />

nötig.<br />

Kein Wunder, dass unsere Bauabteilung<br />

groß ist. 22 Männer und 5 Frauen – die<br />

meisten von ihnen in der Verwaltung angesiedelt<br />

– sind zurzeit für den technischen<br />

Betrieb und Instandsetzungen in<br />

den <strong>Bäder</strong>n verantwortlich. Einige von<br />

ihnen verantworten millionenschwere<br />

Bauvorhaben.<br />

<strong>Bäder</strong> zu sanieren, ist enorm aufwändig,<br />

macht außerdem viel Krach und wirbelt<br />

dazu noch ordentlich Staub auf – aber es<br />

sieht bisweilen auch beeindruckend aus,<br />

wie die folgenden Seiten belegen.<br />

Raumgreifende Gerüste sind oft nötig, um die<br />

Decke der Schwimmhalle zu sanieren (ganz<br />

oben) und sehr oft geht‘s den Becken an die<br />

Fliesen (unten).<br />

Seite 44


Alles muss raus: In Marzahn musste das<br />

große Schwimmbecken zurückgebaut<br />

werden (oben). An der Finckensteinallee<br />

in Lichterfelde konnte der Sprungturm<br />

nicht stehenbleiben und es mussten alle<br />

Sanitärobjekte ersetzt werden.<br />

Seite 45


Rückbau im großen Stil: Wenn die Hallenbäder im Inneren entkernt werden, ist der Aufwand riesig, wie die Beispiele von den Stadtbädern Schöneberg (oben)<br />

und Tiergarten (unten) zeigen. Ohne aufwändige Schutzanzüge kann in der Regel nicht gearbeitet werden.<br />

Seite 46


Im Paracelsus-Bad wurde das Schwimmbecken mit Holz geschützt, um die Edelstahlauskleidung des Schwimmbeckens nicht zu beschädigen (oben).<br />

In der Schwimmhalle Finckensteinallee wurde mit großen Baggern gearbeitet (unten).<br />

SANIERuNGSFÄLLE<br />

Berlins <strong>Bäder</strong> müssen dringend<br />

weiter saniert werden. Aktuell ist<br />

die Neue Halle des Stadtbades<br />

Charlottenburg geschlossen, weil<br />

die Bausubstanz mittlerweile zu<br />

marode ist.<br />

Eine Grundinstandsetzung eines<br />

knapp 50 <strong>Jahre</strong>n alten Hallenbades<br />

schlägt – je nach Aufwand –<br />

mit einem zweistelligen Millionenbetrag<br />

zu Buche.<br />

Seite 47


Hier sind wir<br />

Strandbad<br />

Lübars*<br />

Strandbad<br />

Tegel*<br />

Stadtbad<br />

Märkisches Viertel<br />

Paracelsus-Bad<br />

Sommerbad<br />

Pankow<br />

Sommerbad<br />

Staaken-West<br />

Kombibad<br />

Spandau Süd<br />

Stadtbad<br />

Spandau-Nord<br />

Forumbad<br />

Olympiastadion<br />

Sommerbad<br />

Olympiastadion<br />

Strandbad<br />

Halensee*<br />

Strandbad<br />

Jungfernheide*<br />

Strandbad<br />

Plötzensee*<br />

Stadtbad<br />

Charlottenburg<br />

(Alte Halle)<br />

Sommerbad<br />

Wilmersdorf<br />

Stadtbad<br />

Charlottenburg<br />

(Neue Halle)<br />

Stadtbad<br />

Wilmersdorf II<br />

Stadtbad<br />

Wilmersdorf I<br />

Stadtbad<br />

Tiergarten<br />

Kombibad<br />

Seestraße<br />

Sommerbad<br />

Humboldthain<br />

Schwimmhalle<br />

Fischerinsel<br />

Stadtbad<br />

Schöneberg<br />

Sport- und Lehrschwimmhalle<br />

Schöneberg<br />

Stadtbad<br />

Mitte<br />

Schw<br />

Thom<br />

Schwimmhalle<br />

Ernst-Thälmann-<br />

Park<br />

Schwimmhalle<br />

Kreuzberg<br />

Kindersommerbad<br />

Monbijou<br />

Sommerbad<br />

Kreuzberg<br />

Sommerbad<br />

Neukölln<br />

Schwimmhalle<br />

Hüttenweg<br />

Sommerbad<br />

Am Insulaner<br />

Stadtbad<br />

Tempelhof<br />

Strandbad<br />

Wannsee<br />

Schwimmhalle<br />

Finckensteinallee<br />

Sommerbad<br />

Lichterfelde<br />

Stadtbad<br />

Lankwitz<br />

Sommerbad<br />

Mariendorf<br />

Kombibad<br />

Mariendorf<br />

* diese Standorte gehören zu den <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong>n<br />

und sind verpachtet<br />

Seite 48


Stadtbad Charlottenburg<br />

Geschlossen, Grundsanierung notwendig<br />

Schwimmhalle<br />

Buch<br />

Schwimmhalle Ernst-Thälmann-Park<br />

Bauarbeiten<br />

Paracelsus-Bad<br />

Grundsanierung<br />

Stadtbad Tiergarten<br />

Grundsanierung<br />

Strandbad<br />

Weißensee*<br />

Schwimmhalle<br />

Zingster Straße<br />

immhalle<br />

as-Mann-<br />

Straße<br />

Strandbad<br />

Orankesee*<br />

Kindersommerbad<br />

Platsch<br />

Wellenbad am<br />

Spreewaldplatz<br />

Sportforum<br />

Berlin<br />

Schwimmhalle<br />

Anton-Saefkow-<br />

Schwimm- Platz<br />

und Sprunghalle<br />

Europasportpark<br />

Schwimmhalle<br />

Sewanstraße<br />

Schwimmhalle<br />

Helene-Weigel-Platz<br />

Schwimmhalle<br />

Kaulsdorf<br />

Stadtbad<br />

Neukölln<br />

Schwimmhalle<br />

Baumschulenweg<br />

Sommerbad<br />

Wuhlheide<br />

Kl. Schwimmhalle<br />

Wuhlheide<br />

Strandbad<br />

Friedrichshagen*<br />

Sportbad<br />

Britz<br />

Kombibad<br />

Gropiusstadt<br />

Schwimmhalle<br />

Allendeviertel<br />

Strandbad<br />

Wendenschloß*<br />

Strandbad<br />

Grünau*<br />

Seite 49


Eine von uns: SUSANNA ZISCHEK GIBT SEIT <strong>25</strong> JAHREN<br />

Aqua-Fitness-Kurse IM KOMBIBAD SPANDAU SÜD<br />

„MEIN ANLIEGEN IST ES, MIT DEN KURSEN LEUTE<br />

INS SCHWIMMBAD ZU BRINGEN, DIE NICHT<br />

UNBEDINGT GERNE SCHWIMMEN.“<br />

D<br />

ie Halle des Kombibades Spandau<br />

Süd ist erfüllt von lateinamerikanischen<br />

Rhythmen. Im Becken wogt<br />

das Wasser. Etwa 40 Personen, die<br />

meisten von ihnen Frauen im Rentenalter,<br />

blicken konzentriert zu Aqua-Fitness-Trainerin<br />

SUSANNA ZISCHEK, die<br />

am Beckenrand Bewegungen vormacht.<br />

Wie ein Spiegelbild werden die Bewegungen<br />

im Becken wiederholt, es wird viel<br />

gelacht. Offensichtlich sind hier alle mit<br />

großem Spaß bei der Sache.<br />

Für die Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer<br />

ist die Frau da vorn einfach<br />

nur „Susanna“ – doch für jene, die sich<br />

mit Aqua Fitness auskennen, ist sie<br />

schon fast eine Koryphäe: Die heute 62<br />

<strong>Jahre</strong> alte Susanna Zischek gibt nicht nur<br />

Kurse, sondern hat auch mehrere Trainingsgeräte<br />

für Aqua Fitness entwickelt.<br />

Zu den Geräten, die von einem Sportartikelhersteller<br />

serienmäßig produziert<br />

werden, gehören die Aqua Disks – Scheiben<br />

aus Kunststoff, die an den Händen<br />

getragen werden, den Wasserwiderstand<br />

erhöhen und somit die Muskulatur stärker<br />

beanspruchen. Erfunden hat sie auch<br />

Aqua Nordic Jets, die beim Aqua Nordic<br />

Walking oder als Hantel genutzt werden,<br />

und Aqua Twins, ein Auftriebsgerät, das<br />

an den Füßen getragen und beim Aqua<br />

Jogging eingesetzt wird.<br />

„Mein Anliegen war es immer, Leute<br />

ins Schwimmbad zu bringen, die nicht<br />

unbedingt gern schwimmen gehen“, sagt<br />

Susanna Zischek. Ihr Ziel sei es, bei den<br />

Kursen immer den ganzen Körper anzusprechen,<br />

damit die Frauen und Männer<br />

bis ins hohe Alter beweglich bleiben.<br />

Wichtig sei aber auch der soziale Aspekt.<br />

„Die gemeinsamen Kurse bringen die<br />

Leute ins Gespräch. Hier wurden schon<br />

einige Freundschaften gebildet“, erklärt<br />

sie und lacht.<br />

An ihren allerersten Kurs kann sie sich<br />

noch genau erinnern: Zur Schnupperstunde<br />

am 27. Mai 1997 kamen 20<br />

Leute, dann wurden es von Woche zu<br />

Woche mehr. „Damals schwappte gerade<br />

die Aqua-Fitness-Welle von Amerika nach<br />

Europa“, sagt Susanna Zischek. Da habe<br />

sie überlegt, ob so etwas auch in „ihrem“<br />

Bad möglich sei. Und sie war nicht die<br />

Einzige, die so dachte: Zwei Kolleginnen<br />

aus den Stadtbädern Charlottenburg und<br />

Wilmersdorf spezialisierten sich ebenfalls<br />

auf Aqua Fitness; schließlich stellten<br />

An ihren allerersten Kurs kann Susanna Zischek sich<br />

noch gut erinnern: Zur Schnupperstunde kamen<br />

20 Leute, dann wurden es von Woche zu Woche mehr.<br />

Seite 50


Jede der drei Aqua-Fitness-Pionierinnen<br />

der BBB hat sich mittlerweile spezialisiert:<br />

Während eine Kollegin vorrangig<br />

Kurse für Schwangere gibt, bildet die<br />

nächste die BBB-Azubis aus und bringt<br />

ihnen bei, wie man selbst Kurse leitet.<br />

„Und ich war immer die Bastlerin“, sagt<br />

Susanna Zischek. Zusammen mit einer<br />

Kollegin nahm sie mehrmals an Aqua-<br />

Fitness-Kongressen in Karlsruhe teil, sie<br />

vertraten dabei auch die <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<br />

<strong>Betriebe</strong> und gaben selber Workshops.<br />

„So konnten wir uns mit Aqua-Fitness-<br />

Profis aus der ganzen Welt austauschen“,<br />

erzählt Susanna Zischek stolz. „Das war<br />

eine spannende Zeit.“<br />

Nach vielen Fortbildungen besitzt Susanna<br />

Zischek mittlerweile mehrere Trainer-<br />

Lizenzen. „Ich wollte verstehen, welchen<br />

Effekt die Übungen auf den Körper<br />

haben, um einer bestimmten Zielgruppe<br />

ein passendes Training anzubieten“, erklärt<br />

sie.<br />

Gute Stimmung garantiert: Susanna Zischek macht ihren Job mit Leib und Seele.<br />

die BBB kurzerhand mehrere Aqua-Fitness-Trainer<br />

ein sowie einen Mitarbeiter,<br />

der das Kursprogramm für das gesamte<br />

Unternehmen koordinierte.<br />

Dabei hat die 62-jährige gebürtige Siebenbürgerin<br />

vergleichsweise spät zu ihrer<br />

Berufung gefunden: Erst mit 29 <strong>Jahre</strong>n<br />

hat sie schwimmen gelernt, im Stadtbad<br />

Spandau Nord. „In den Karpaten, wo ich<br />

aufgewachsen bin, hatte ich keine Möglichkeit<br />

zu schwimmen“, erzählt sie. Mit<br />

Anfang 30 bewarb sie sich als Kassiererin<br />

im Kombibad Spandau Süd; kurze Zeit<br />

später machte sie eine Ausbildung zur<br />

Rettungsschwimmerin.<br />

Die Kursgäste danken ihr das Engagement<br />

mit jahrelanger Treue: Einige der<br />

Teilnehmerinnen und Teilnehmer kommen<br />

schon seit dem ersten Kurstag vor<br />

fast <strong>25</strong> <strong>Jahre</strong>n in ihren Kurs. „Mir graut<br />

schon davor, wenn Susanna mal in Rente<br />

geht“, sagt eine langjährige Kursteilnehmerin.<br />

Kursleiterin Susanna Zischek hat<br />

mal nachgerechnet: Zwischen Mai 1997<br />

und November 2021 hat sie in ihren Kursen<br />

<strong>25</strong>0.118 Menschen unterrichtet. Im<br />

kommenden Jahr geht sie in Rente. Einen<br />

großen Wunsch hat sie noch bis dahin:<br />

„Ich hoffe, ich kann noch eine Nachfolgerin<br />

oder einen Nachfolger einarbeiten.“<br />

Seite 51


PARTY AM POOL<br />

BÄDER STEHEN FÜR SPORT UND ERHOLUNG.<br />

ABER MANCHMAL AUCH FÜR AUSGELASSENE FESTE<br />

D<br />

ie <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong> sind einmalige<br />

Veranstaltungsorte, nicht nur für<br />

den Spitzensport. In Schöneberg<br />

z. B. wird hochklassiger Wasserball<br />

geboten; die Schwimmund<br />

Sprunghalle (SSE) ist seit <strong>Jahre</strong>n<br />

Austragungsort Deutscher Schwimmmeisterschaften<br />

oder des Weltcups des<br />

Schwimm-Weltverbandes FINA.<br />

Aber auch das geben die <strong>Bäder</strong> her:<br />

Kino am Pool, Faschingevents, Konzerte,<br />

Buchlesungen, Partys oder auch das<br />

jährliche Betriebsfest. „Theoretisch<br />

stehen alle <strong>Bäder</strong> für Veranstaltungen zur<br />

Verfügung, aber unser Auftrag mit dem<br />

öffentlichen Schwimmen auch für die<br />

Schulen und Vereine darf natürlich nicht<br />

zu sehr beeinträchtigt werden“, erklärt<br />

André Thiesing, Teamleiter beim Marketing<br />

der <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong>.<br />

Spektakulär sind insbesondere die Großveranstaltungen<br />

im Strandbad Wannsee.<br />

Zum Jubiläum „50 <strong>Jahre</strong> Luftbrücke“<br />

im August 1998 verwandelte sich der<br />

Wannsee vor dem 1,2 Kilometer langen<br />

Sandstrand zu einem Landeplatz für Wasserflugzeuge.<br />

Mehr als 10.000 Besucher<br />

kamen am Veranstaltungswochenende<br />

zu „Seaport Wannsee“. Gleich 100.000<br />

Schaulustige bestaunten am 14. September<br />

2003 die waghalsige Flugshow<br />

beim 4. Red Bull Flugtag. Die Hobby-Piloten<br />

von 38 Teams stürzten sich in selbst<br />

gebastelten Fluggeräten von einer sechs<br />

Meter hohen Rampe ins Wasser. Den<br />

Wettbewerb um die weiteste Flugstrecke<br />

und das kreativste Fluggerät gewann am<br />

Ende ein Team aus Potsdam.<br />

2003 bis 2014 fand im Strandbad Wannsee<br />

im Sommer die Konzertreihe „Energy<br />

in the Park“ des Hörfunksenders Radio<br />

Energy Berlin statt: Auf einer schwimmenden<br />

Bühne vor rund 30.000 Besuchern<br />

traten nationale und internationale<br />

Popstars auf und sorgten für Party-Stimmung<br />

am Strand. Schließlich wurde das<br />

Strandbad auch Veranstaltungsort für<br />

zwei Opern-Events: Im Jahr 2011 inszenierte<br />

Katharina Thalbach mit großem<br />

Erfolg Mozarts Zauberflöte. 40.000<br />

Besucher kamen, obwohl die Bühne<br />

vom Wasser aufs Land verlegt werden<br />

musste. 2012 war es Volker Schlöndorff,<br />

der dort Bizets Oper Carmen inszenierte.<br />

Danach war allerdings Schluss mit den<br />

Seefestspielen. Weil es immer wieder<br />

Schwierigkeiten mit der Genehmigungsbehörde<br />

gab, verlegte Veranstalter Peter<br />

Schwenkow seine Opern-Aufführungen<br />

im dritten Jahr in die Waldbühne.<br />

In den beiden zurückliegenden <strong>Jahre</strong>n<br />

fielen die meisten Veranstaltungen, bedingt<br />

durch die Auswirkungen der Pandemie,<br />

leider aus. Das traf auch noch junge<br />

Traditionen, wie den „Queer Summer<br />

Splash“ im Kreuzberger Prinzenbad. Das<br />

wird sich hoffentlich wieder ändern, wenn<br />

die <strong>Bäder</strong> und damit die Veranstaltungen,<br />

wieder in den Normal-Modus zurückkehren<br />

können.<br />

Ein Wasserfeuerwerk guter Laune:<br />

Bei Partys im Freibad (wie hier im<br />

Sommerbad Wuhlheide) machen<br />

alle gerne mit.<br />

Seite 52


Große Kulisse: Das Strandbad Wannsee<br />

(oben) war immer schon Anziehungspunkt<br />

für verschiedene Veranstaltungsformate,<br />

darunter auch der Red-Bull-Flugtag, der<br />

mehrere Auflagen erlebte. Ende der 90er-<br />

<strong>Jahre</strong> startete dort auch BBB-Vorstand Günter<br />

Kube (rechts). Schnell ins Wasser wollten<br />

die Teilnehmer und Teilnehmerinnen des<br />

Triathlon-Wettbewerbs der Finals im Jahr<br />

2019 (unten).<br />

Seite 53


Seite 54<br />

Die Schwimm- und Sprunghalle im Europasportpark – kurz SSE – war oft Austragungsort besonderer<br />

Veranstaltungen. Volle Ränge bescherten ihr Großveranstaltungen, darunter die Deutschen Schwimmmeisterschaften<br />

oder der FINA Weltcup. Für Stimmung sorgten das BBB-Drachenbootrennen (oben)<br />

oder Kinoveranstaltungen (Mitte) und Show-Einlagen bei der Springergala (unten).


In Kreuzberg sind nicht nur die Nächte lang: Viel Zeit zum Feiern<br />

am Tage hatten Kinder im Wellenbad am Spreewaldplatz (oben);<br />

für Erwachsene stieg im Sommerbad Kreuzberg alljährlich der<br />

Queer-Summer-Splash (Mitte und rechts). Der kam im Sommerregen<br />

besonders gut an und nahm dann schon mal Woodstock-Charakter<br />

an (unten links).<br />

Seite 55


Seite 56


Eine von uns: Anke Höppner,<br />

Leiterin Kundenzentrum<br />

OHNE EMPATHIE GEHT<br />

ES NICHT, SAGT ANKE<br />

HÖPPNER. SIE HILFT<br />

KUNDINNEN UND<br />

KUNDEN BEI FRAGEN<br />

UND REKLAMATIONEN<br />

S<br />

chlechte Laune kennt ANKE<br />

HÖPPNER nicht – jedenfalls<br />

nicht, wenn sie ans Telefon geht.<br />

„<strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong>, das<br />

Kundenzentrum, Frau Höppner,<br />

wie kann ich Ihnen helfen?“, fragt sie<br />

jedes Mal ausnehmend freundlich, wenn<br />

sie einen Anruf entgegennimmt. Und<br />

das tut sie vielmals am Tag. Seit 2014<br />

ist die heute 62-Jährige die Leiterin<br />

des Kundenzentrums. Sie und ihr Team<br />

helfen, wenn Gäste Fragen haben, etwas<br />

reklamieren oder sich beschweren möchten.<br />

„Ich gehe gern zur Arbeit“, sagt sie<br />

und lächelt.<br />

Das Kundenzentrum der <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<br />

<strong>Betriebe</strong> hat seinen Sitz seit 2016 in einem<br />

separaten Bereich in der Schwimmhalle<br />

Fischerinsel in Berlin-Mitte; Anke<br />

Höppner sitzt sozusagen mittendrin im<br />

Geschehen: Das Fenster ihres Büros zeigt<br />

direkt auf den Gang, den die Badegäste<br />

auf dem Weg zu ihren Umkleiden passieren.<br />

Gerade läuft eine Schulklasse vorbei,<br />

Kinderlachen ist zu hören. Anke Höppner<br />

schaut aus dem Fenster. „Entweder liegt<br />

einem so eine Arbeit oder nicht“, sagt sie.<br />

„Natürlich gibt es in bestimmten Abläufen<br />

auch Routine, aber die Herausforderungen<br />

sind immer neu – auch durch die<br />

Veränderungen bei den BBB.“<br />

Seit 2016 hat das Kundenzentrum der <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong> seinen Sitz in der Schwimmhalle<br />

Fischerinsel. Drei Frauen und ein Mann gehören zum Team.<br />

Seit Beginn ihrer beruflichen Tätigkeit<br />

arbeitet Anke Höppner im Service: Im<br />

Interhotel am Alexanderplatz – einem<br />

Vorzeigehotel der DDR – lernte sie<br />

Kellnerin. Danach studierte sie Ökonomie<br />

für das Gaststätten- und Hotelwesen<br />

in Leipzig und arbeitete ab 1983 im<br />

Sport- und Erholungszentrum, kurz SEZ,<br />

dem damals modernsten Freizeitzentrum<br />

Europas. Zwölf <strong>Jahre</strong> lang, bis zur<br />

Schließung, leitete sie die Gastronomie<br />

im Haus mit ihren sechs Einrichtungen<br />

– darunter eine Bowling-Bahn, Restaurants<br />

und Cafés. „Das SEZ war wie eine<br />

kleine Stadt“, erinnert sie sich. Neben<br />

dem großen Schwimmbad mit Wellenbecken,<br />

Wasserkaskade und Außenbereich<br />

gab es unter anderem eine Eisbahn,<br />

Fitnessräume, eine Sporthalle, eine<br />

Sauna und sogar einen Sportkindergarten;<br />

es gab eigene Techniker, eine Veranstaltungsabteilung,<br />

Sportlehrer und<br />

eine Kantine für die Beschäftigten – und<br />

riesige Feiern für bis zu 15.000 Gäste.<br />

Die gastronomischen Einrichtungen<br />

versorgten aber auch externe Veranstaltungen<br />

mit bis zu 3.000 Personen. „Die<br />

Arbeit ging dann schon mal bis morgens<br />

um 6 Uhr“, sagt sie.<br />

Das SEZ übersteht sogar die Wende und<br />

die Wiedervereinigung, wird 1999 den<br />

<strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong>n angegliedert –<br />

„Zu unserer Arbeit gehört auch, Empathie zu<br />

zeigen. Das bedeutet aber nicht, jemandem<br />

automatisch recht zu geben.“<br />

und Ende 2002 vom Senat geschlossen.<br />

Anke Höppner landet im Überhang, sie<br />

ist sozusagen überflüssig. „Für mich und<br />

meine Kollegen war der Wechsel zur den<br />

Seite 57


BBB ein großes Glück“, sagt sie rückblickend.<br />

„Obwohl es unseren Betrieb nicht<br />

mehr gab, wurden wir nicht arbeitslos<br />

und die Dienstjahre anerkannt.“<br />

Schnell wird Anke Höppner bei den BBB<br />

in neuen Projekten beschäftigt – zuerst<br />

bei der Verpachtung von Freibädern,<br />

dann mit dem Aufbau eines einheitlichen<br />

Beschwerdemanagements. „Das gab es<br />

zu der Zeit nicht“, erinnert sie sich. „Anfragen<br />

von den Gästen wurden meist von<br />

den Regionalleitern beantwortet – und<br />

jeder hat das auf seine Weise gemacht.“<br />

Heute arbeiten im Kundenzentrum drei<br />

Frauen und ein Mann, und Anke Höppner<br />

ist des Lobes voll für ihr Team. „Alle sind<br />

engagiert und fleißig und suchen nach<br />

Lösungen für Probleme“, sagt sie. Für die<br />

Arbeit hat das Kundenzentrum ein Credo:<br />

„Wir versuchen immer, das Problem des<br />

Kunden zu lösen – und wenn wir das<br />

nicht können, muss der Kunde verstehen,<br />

warum.“ Wichtig sei auch, dass sich<br />

jene Person um das Anliegen kümmert,<br />

die es entgegengenommen hat. Es sei<br />

denn, das Verhältnis zum Gast sei extrem<br />

angespannt – dann werde es schon mal<br />

abgegeben.<br />

Durchschnittlich 600 bis 700 Anfragen,<br />

Beschwerden und Hinweise landen pro<br />

Quartal beim Kundenzentrum, das meiste<br />

davon per Mail. Seit Corona ist allerdings<br />

vieles anders. „Wir haben jetzt mehr<br />

Anfragen und weniger Beschwerden“,<br />

erzählt sie. Als die Pandemie losging<br />

und die <strong>Bäder</strong> nach dem 1.Lockdown<br />

mit ganz neuen Bedingungen wieder<br />

Anke Höppner<br />

weiß auch, wie mit<br />

komplizierten Fällen<br />

und Situationen<br />

umgegangen werden<br />

kann. In jedem Fall<br />

sei Empathie nötig,<br />

sagt sie.<br />

starteten, seien täglich bis zu 600 Emails<br />

eingegangen. Ursache waren die sich<br />

ändernden Regelungen. Aber längst nicht<br />

nur: „Anfragen kommen auch zum Ticketkauf,<br />

zum Preis, zu den Tests – aber<br />

auch, ob es Wickeltische in den <strong>Bäder</strong>n<br />

gibt oder wie warm das Wasser ist- alles<br />

querbeet.“ Es habe aber auch viel Lob<br />

für die Öffnung der Sommerbäder unter<br />

Pandemiebedingungen gegeben.<br />

Wer sich im Kundenzentrum beschwert,<br />

ist oft sauer, sagt die Leiterin. Sie findet<br />

das verständlich, und das auszuhalten<br />

gehöre zur Arbeit dazu. „Wer sich<br />

beschwert, ist ja nicht unbedingt ein<br />

unangenehmer Mensch“, sagt Anke<br />

Höppner. Und die Beschwerden seien<br />

zum Teil ja auch berechtigt. „Zu unserer<br />

Arbeit gehört auch, Empathie zu zeigen.<br />

Das bedeutet aber nicht, jemandem<br />

automatisch recht zu geben.“ Wichtig sei<br />

natürlich auch, dass sich etwas in den<br />

<strong>Bäder</strong>n ändert, wenn eine Beschwerde<br />

berechtigt war. „Darauf nehmen wir<br />

soweit es geht Einfluss.“<br />

Manchmal – selten – gibt es auch<br />

Kundinnen oder Kunden, die einfach nur<br />

recht haben wollen. Auch solche Fälle<br />

kennt Anke Höppner. Sie greift in solchen<br />

Momenten auf das Wissen aus einer<br />

Fortbildung zurück, die sie eigentlich<br />

BBB-intern gemacht hat: Sie ist „kollegiale<br />

Beraterin für Suchtfragen“. Da habe sie<br />

gelernt, auch mit „schwierigen Menschen<br />

in schwierigen Situationen“ zu kommunizieren.<br />

Und daher bittet sie bei Beschwerden<br />

auch darum, die Situation vor Ort im<br />

jeweiligen Bad zu beachten. „Viele Leute<br />

sehen nur ihr persönliches“, sagt sie.<br />

„Dabei habe jede Medaille zwei Seiten.“<br />

Seite 58


„Jeder Baum hat bei uns eine Nummer“<br />

IN DEN BÄDERN GIBT’S<br />

NICHT NUR WASSER,<br />

SONDERN AUCH VIELE<br />

PFLANZEN<br />

Im Freibad ist das Becken meist das auffälligste,<br />

es leuchtet ja so schön. Wohin<br />

schauen Sie als erstes?<br />

KATRIN SILBERBACH: Wohin ich<br />

schaue? ... Nach den Bäumen.<br />

Warum nach den Bäumen?<br />

Ich schaue, ob das Bad einladend wirkt.<br />

Und Bäume spielen dabei eine wichtige<br />

Rolle. Der Anteil der Sonnenanbeter ist<br />

gesunken, die Leute lieben den Schatten<br />

viel mehr als früher. Die Stadt erwärmt<br />

sich stärker, und wer sich im Sommer<br />

nach draußen begibt, sucht eher nach<br />

Schatten. Und deshalb sind auch in den<br />

<strong>Bäder</strong>n schattige Plätze mehr angesagt.<br />

Sie sind Angestellte bei den <strong>Bäder</strong>-<br />

<strong>Betriebe</strong>n. Was genau machen Sie?<br />

Gemeinsam mit einem Kollegen bin ich<br />

verantwortlich für alle Außenanlagen in<br />

den <strong>Bäder</strong>n – also Sträucher, Rasen,<br />

Spielplätze, Wege und Zäune. Und die<br />

Bäume natürlich.<br />

Wissen Sie, wie viele Bäume in den<br />

<strong>Bäder</strong>n stehen?<br />

Natürlich. Es sind mehr als 10.000,<br />

darunter so seltene wie Zedern, Amberund<br />

Mammutbäume. Allein im Strandbad<br />

Wannsee stehen 1.593 Bäume. Und wir<br />

kennen jeden; wir führen ein Kataster,<br />

in dem jeder Baum eine Nummer hat.<br />

In diesem Jahr haben wir sogar 45 neue<br />

Bäume gepflanzt, das freut mich ganz<br />

besonders.<br />

Machen die Bäume auch die meiste<br />

Arbeit?<br />

Nein. Das Zeitaufwändigste ist die Kontrolle<br />

der Pflegefirmen, die wir beschäftigen.<br />

Wir zupfen ja nicht selbst Unkraut<br />

oder mähen den Rasen, das machen<br />

Oben: Amberbäume färben sich im Herbst<br />

leuchtend rot, hier der im Sommerbad Kreuzberg.<br />

Unten: Das Sommerbad Wilmersdorf gehört zu<br />

den baumreichsten Freibädern Berlins.<br />

Seite 59


Grüne <strong>Bäder</strong>: Mehr als<br />

10.000 Bäume stehen in den<br />

<strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>n, unter ihnen<br />

auch zahlreiche Raritäten wie<br />

Flügelnuss (kleines Foto S. 60) und<br />

Mammutbaum (kleines Foto S. 61)<br />

Rechte Seite: Mit einem Kollegen<br />

ist Katrin Silberbach für sämtliche<br />

Außenanlagen in den <strong>Bäder</strong>n<br />

verantwortlich.<br />

Fremdfirmen. Wir sind in diesen Fällen<br />

die Überwacher und Verwalter. Das<br />

betrifft im Übrigen auch die Hallenbäder,<br />

da stehen ja auch Pflanzen, und<br />

Hecken oder Bäume müssen beschnitten<br />

werden. Wir haben Gutachter für<br />

Bäume und Gutachter für Spielgeräte.<br />

Wir entscheiden dann, was getan werden<br />

muss.<br />

Haben Sie ein Lieblingsbad?<br />

Ich finde an jedem Bad etwas schön. Die<br />

sind wirklich alle unterschiedlich ...<br />

Was mögen Sie zum Beispiel am Sommerbad<br />

Humboldthain?<br />

Es ist eingebettet in einen Park und<br />

glänzt durch die Wasserfläche. In allen<br />

Sichtachsen sieht man das Wasser. Im<br />

Sommerbad Pankow ist erstmal viel Wiese<br />

– und dann irgendwann kommt man<br />

zum Wasser. Das ist ein Park mit Wasserfläche<br />

und halbhistorischen, verfallenen<br />

Gebäuden. Das Sommerbad Olympiastadion<br />

wiederum ist eine Ruine mit Wasser<br />

– und altem Baumbestand. Da denkt<br />

man, hier beginnt gleich ein historischer<br />

Film. So ist jedes Bad anders.<br />

Bekommen Sie manchmal Rückmeldung<br />

von Badegästen?<br />

Nein, eher nicht. Aber manchmal werden<br />

Fragen an uns über das Kundenzentrum<br />

herangetragen. Als wir am Spreewaldbad<br />

Flächen gerodet haben, gab es zum<br />

Seite 60


Beispiel Fragen wegen der Spatzenpopulation.<br />

Spatzen? Ich dachte, Sie sind für die<br />

Pflanzen zuständig?<br />

Wenn es Probleme gibt, dann kümmern<br />

wir uns auch um Tiere. Im Sommerbad<br />

Pankow zum Beispiel lebt ein Fuchs, der<br />

klaut im Sommer ab und zu Schuhe von<br />

Badegästen. Verjagen dürfen wir den<br />

nicht, der soll ja nicht in seinem Lebensraum<br />

gestört werden.<br />

Und was machen Sie denn dann mit<br />

dem Fuchs?<br />

In Absprache mit dem Tierschutz dürfen<br />

wir Füchse vergrämen – also vergraulen.<br />

Wir hatten mal einen Fuchs, der hatte auf<br />

einem Spielplatz im Sandkasten einen<br />

Bau angelegt. Als die Jungtiere raus waren,<br />

haben wir den Bau zugeschüttet, um<br />

das Gelände für den Fuchs unattraktiv zu<br />

machen.<br />

Gibt es viele Tiere in den <strong>Bäder</strong>n?<br />

Ja, sehr sogar. Wir haben in mehreren<br />

Sommerbädern eine Kaninchenplage<br />

– im Sommerbad Wilmersdorf, auch im<br />

Prinzenbad und im Kinderbad Monbijou.<br />

Dort sind Teile der Liegewiese stark<br />

unterhöhlt, die besteht fast nur noch<br />

aus Gängen. Im Prinzenbad gibt es auch<br />

einen Fuchs, der aber keine Kaninchen<br />

jagt. Wir haben aber auch Mäusebussarde,<br />

Habichte und in zwei <strong>Bäder</strong>n sogar<br />

mehrere Waschbären. Im Sommerbad<br />

Humboldthain haben wir auch Wildbienen,<br />

das ist die größte Population in ganz<br />

Berlin-Mitte.<br />

Sie klingen ja so richtig begeistert! Was<br />

fasziniert Sie an Ihrer Arbeit?<br />

Meine Arbeit ist total abwechslungsreich.<br />

Und ich kann hoffentlich etwas Gutes tun<br />

und das Augenmerk auf die Pflanzen in<br />

den <strong>Bäder</strong>n lenken. Wir wässern ja den<br />

Boden in den <strong>Bäder</strong>n nicht nur um des<br />

Rasens willen. Wir wässern auch wegen<br />

der Bäume, denn die brauchen ebenfalls<br />

Wasser. Außerdem engagiere ich mich<br />

dafür, dass die Spiel-Angebote für die<br />

Kinder in den <strong>Bäder</strong>n besser werden. Wir<br />

müssen die <strong>Bäder</strong> attraktiver machen,<br />

das gehört für mich dazu – im Übrigen<br />

auch Blumen. 2020 haben wir mehr als<br />

8.000 Narzissen gepflanzt und mehr als<br />

10.000 Krokusse in den <strong>Bäder</strong>n.<br />

Merken Sie den Klimawandel an den<br />

Pflanzen?<br />

Ja, sehr stark. Die Pappeln schmeißen<br />

große Äste gab, und auch die Birken<br />

leiden. Wir mussten auch schon Bäume<br />

deswegen fällen. Mir tut das immer sehr<br />

leid. Leider müssen wir nur dann neue<br />

Bäume pflanzen, wenn gesunde Bäume<br />

wegen Bauarbeiten gefällt werden mussten.<br />

Wenn ein Baum krank war, ist das<br />

nicht vorgeschrieben. Wir müssten mehr<br />

Bäume pflanzen.<br />

Zur Person<br />

KATRIN SILBERBACH ist 57<br />

<strong>Jahre</strong> alt und seit zwei <strong>Jahre</strong>n bei<br />

den <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong>n beschäftigt.<br />

Zuvor war die studierte<br />

Landschaftsarchitektin mehr als 20<br />

<strong>Jahre</strong> lang selbstständig tätig und<br />

arbeitete unter anderem bei der<br />

Gestaltung von Wohnanlagen, Spielund<br />

Sportplätzen in Berlin und<br />

Brandenburg sowie bei Gewerbeflächen<br />

mit. Sie hat ihr Büro in der<br />

Verwaltung am Sachsendamm, ist<br />

aber fast täglich in den Frei- und<br />

Hallenbädern unterwegs. Katrin<br />

Silberbach ist verheiratet und hat<br />

einen erwachsenen Sohn.<br />

Seite 61


Lass uns was einkaufen<br />

Wer öfter zu Besuch im Schwimmbad ist, weiß genau: Um ein Bad zu betreiben, reicht Wasser allein nicht<br />

aus. Ob Chlorgas für die Wasseraufbereitung, Dienstkleidung für die Angestellten, Druckerpapier für<br />

Aushänge oder Strom für sämtliche Gebäude – lang ist die Liste der Dinge, die die <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong><br />

Jahr für Jahr benötigen und verbrauchen. Und fast alles wird von einer einzigen Abteilung bestellt: dem<br />

Einkauf. Nachfolgend eine Übersicht, was bei den BBB im Jahr 2020 im Schnitt eingekauft beziehungsweise<br />

verbraucht wurde.<br />

CO 2<br />

9.451 t CO 2<br />

Der Co 2<br />

-Ausstoß war 2020 eher<br />

gering, da die <strong>Bäder</strong> mehrere<br />

Monate geschlossen waren.<br />

Spitzenreiter bei den Werten<br />

ist aufgrund ihrer Größe stets<br />

die SSE – kein anderes Bad<br />

verbraucht so viel Energie.<br />

676.000 m 3<br />

Wasser<br />

Viele Becken, viel<br />

Wasser: Jeder Badegast<br />

verbraucht im Schnitt<br />

145 Liter Wasser pro<br />

Besuch. Da 2020 wegen<br />

Corona weniger Besucher<br />

kamen, war der Wasserverbrauch<br />

vergleichsweise<br />

gering. Er lag um fast<br />

50 Prozent unter dem<br />

Wert von 2019.<br />

26.779 MWh<br />

Strom<br />

Der Stromverbrauch bei<br />

den BBB ist erwartungsgemäß<br />

hoch – Strom wird<br />

unter anderem für die<br />

Wasseraufbereitung und<br />

die Beleuchtung in den<br />

<strong>Bäder</strong>n benötigt. Sämtliche<br />

Zählerstände in den<br />

<strong>Bäder</strong>n werden monatlich<br />

abgelesen und der<br />

Verwaltung gemeldet.<br />

Die Einkaufsabteilung<br />

Statistisch gesehen wurden bei den <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong>n AN JEDEM<br />

ARBEITSTAG DES JAHRES 2020 GENAU 18 MATERIAL-BESTELLUN-<br />

GEN AUFGEGEBEN mit jeweils vier Positionen – also vier verschiedenen<br />

Artikeln. Macht pro Arbeitstag 72 Positionen und 2020 insgesamt 4.646 Bestellungen<br />

mit 18.319 Positionen. GESAMTWERT: RUND 9,2 MILLIONEN<br />

EURO. Ein Jahr zuvor waren es 9,4 Millionen Euro. ZEHN MITARBEITERIN-<br />

NEN UND MITARBEITER hat die Einkaufsabteilung der BBB. Die Männer und<br />

Frauen kümmern sich um Einkäufe, aber auch um die Vergabe von Aufträgen für<br />

die Instandsetzung oder Sanierung von <strong>Bäder</strong>n. Die Einkaufsabteilung ist Teil der<br />

BBB-Verwaltung und hat ihren Sitz am Sachsendamm in Berlin-Schöneberg.<br />

4.530<br />

Bestellungen für Lieferungen und<br />

Leistungen<br />

3.429<br />

Bestellungen für Bau- und<br />

Planungsleistungen<br />

190<br />

Vergabeverfahren für Lieferungen/<br />

Leistungen sowie Bau- und<br />

Planungsleistungen<br />

Heizung<br />

63.000 MWh<br />

Mindestens 26 bis 28 Grad warm ist es<br />

in Hallenbädern. Der Bedarf an Heizwärme<br />

ist daher vergleichsweise hoch.<br />

22.000 MWh Gas<br />

Viele Becken werden mit Fernund<br />

Nahwärme erwärmt, einige<br />

aber auch mit Gas – im Stadtbad<br />

Mitte oder im Sommerbad<br />

Kreuzberg.<br />

247 Heiztage<br />

Um den Betrieb nach dem<br />

Lockdown möglichst zügig<br />

starten zu können, wurden die<br />

<strong>Bäder</strong> im Standby gehalten.<br />

Das erklärt die vielen Heiztage.<br />

Seite 62


Cl 500 kg<br />

140 Fässer<br />

Chlorgas<br />

Zur Desinfektion des Wassers<br />

wird Chlorgas zugesetzt. In<br />

Freibädern ist der Bedarf<br />

höher, da Chlor durch Sonneneinstrahlung<br />

abgebaut wird.<br />

Cl<br />

65<br />

kg<br />

457 Chlorgas-<br />

Flaschen<br />

Chlorgas-Flaschen werden<br />

vor allem in Schwimmhallen<br />

benötigt. Der typische<br />

Geruch entsteht übrigens<br />

erst durch Verunreinigung<br />

des Wassers.<br />

NaHCO₃<br />

Wer in einem Bad arbeitet,<br />

hat zu Beginn Anspruch<br />

auf eine Grundausstattung<br />

an Dienstbekleidung; alle<br />

18 Monate kann dann aus<br />

einem festgelegten Budget<br />

neue Kleidung ausgewählt<br />

werden. In jedem Bad gibt<br />

es die blauen Überziehschuhe;<br />

sie sind Pflicht<br />

für Besucher, damit diese<br />

nicht mit schmutzigen<br />

Straßenschuhen durch das<br />

Bad laufen.<br />

Cl<br />

15.120 kg<br />

Chlorbleichlauge ist<br />

flüssiges Chlorgas und<br />

wird dort benötigt, wo<br />

Wasser ohne Aufbereitungsanlage<br />

zugeführt<br />

wird – wie in kleinen<br />

Saunatauchbecken.<br />

114.390 kg<br />

Natronlauge<br />

Chlorgas macht aus Wasser eine<br />

säurehaltige Flüssigkeit – um den<br />

pH-Wert zu neutralisieren, muss<br />

Natronlauge zugesetzt werden.<br />

963 Stück<br />

A3<br />

1.821 Stück<br />

1.455 Stück<br />

Aktenordner<br />

Papierloses Büro: Der Verbrauch<br />

von Aktenordnern<br />

ist stark rückläufig, vor<br />

allem Bau- und Finanzabteilung<br />

benötigen sie noch.<br />

A4<br />

97.500 Blatt<br />

Recyclingkopierpapier<br />

A3<br />

Darf’s ein bisschen größer<br />

sein? – Aushänge für die<br />

Kundinnen und Kunden<br />

sowie Dienstpläne werden<br />

auf A3-Papier gedruckt<br />

oder kopiert.<br />

771 Stück<br />

16.600 Stück<br />

Büroklammern<br />

Wo ein Schreibtisch ist, sind<br />

Büroklammern nicht weit.<br />

Hier sinkt der Bedarf<br />

spürbar. Manchmal werden<br />

sie auch verbogen.<br />

770.000 Blatt Recyclingkopierpapier<br />

A4<br />

Der Bedarf an A4-Kopier-Papier ist in<br />

den vergangenen <strong>Jahre</strong>n spürbar gesunken<br />

– unter anderem, weil kaum<br />

noch Faxgeräte benutzt werden.<br />

574 Stück<br />

8.500 Stück<br />

Seite 63


Ohne Sie wären wir nicht(s) – Teil III<br />

SIE BIETEN HOCHLEISTUNGSSPORT, RETTEN LEBEN<br />

ODER BRINGEN ANDEREN DAS SCHWIMMEN BEI: DIE<br />

SCHWIMMVEREINE SIND SO VIELFÄLTIG WIE ZAHLREICH<br />

E<br />

twa 2.100 Sportvereine sind von<br />

der <strong>Berliner</strong> Senatsverwaltung<br />

für Inneres und Sport als förderungswürdig<br />

anerkannt – ihre<br />

Mitglieder dürfen <strong>Berliner</strong> Sportplätze,<br />

Turnhallen und <strong>Bäder</strong> kostenfrei<br />

nutzen. Etwa 220 Vereine mit mehreren<br />

tausend Mitgliedern trainieren derzeit<br />

in den <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>n. Darunter finden<br />

sich reine Schwimmvereine, aber auch<br />

Taucher, Wasserballer und Unterwassersportler.<br />

Sehr erfolgreich sind die WASSER-<br />

FREUNDE SPANDAU 04, die mehrfach<br />

Deutsche Wasserballmeister wurden<br />

und in der Lehrschwimmhalle Schöneberg<br />

trainieren. Auf den nachfolgenden<br />

Seiten stellen wir drei Vereine vor, die in<br />

den Schwimmhallen der BBB trainieren.<br />

Die Sport- und Lehrschwimmhalle<br />

Schöneberg am Sachsendamm ist<br />

die Heimstatt der Wasserfreunde<br />

Spandau 04.<br />

Allein 72 Vereine mit insgesamt fast<br />

<strong>25</strong>.000 Mitgliedern sind beim <strong>Berliner</strong><br />

Schwimm-Verband gemeldet. In den<br />

<strong>Bäder</strong>n trainieren aber auch die ehrenamtlich<br />

tätigen Rettungsschwimmer der<br />

gemeinnützigen Organisationen Arbeiter-Samariter-Bund<br />

(ASB), Deutsche-Lebens-Rettungs-Gesellschaft<br />

(DLRG) und<br />

Deutsches Rotes Kreuz (DRK) – allerdings<br />

nur während der kalten <strong>Jahre</strong>szeit.<br />

In den Sommermonaten sorgen sie an<br />

den <strong>Berliner</strong> Seen und Flüssen für die<br />

Sicherheit der Badenden.<br />

Seite 64


Urlaub für die Beine<br />

Einer der Tauchvereine, die in Berlins <strong>Bäder</strong>n<br />

üben, ist der 1. BERLINER INKLU-<br />

SIONS-TAUCHCLUB E. V., gegründet<br />

2015 von Alfred-Georg Anlauf. Als erster<br />

und bislang einziger Club ermöglicht<br />

er es Menschen mit Behinderungen zu<br />

tauchen. Trainiert wird immer samstags<br />

im Stadtbad Wilmersdorf II und dienstags<br />

im Kombibad Seestraße in Wedding.<br />

„Unter Wasser sieht man<br />

die Behinderung nicht.“<br />

Um das Zusammenspiel von Atmung, Bewegung<br />

und Technik zu erlernen, eignet<br />

sich das Becken besser als ein Freigewässer.<br />

Unterstützung benötigen die behinderten<br />

Mitglieder vor allem beim An- und<br />

Ausziehen der schweren Ausrüstung.<br />

Gerald Scholl (41), der nach einem Unfall<br />

seine Beine nicht mehr bewegen kann<br />

und im Rollstuhl sitzt, stieß im Internet auf<br />

den Verein. Ihm war sofort klar, dass das<br />

fehlende Gewicht im Wasser befreiend<br />

wirkt. Die Beine werden ohne besonderen<br />

Kraftaufwand hinterhergezogen, sie<br />

sind „wie auf Urlaub“. So beschreibt er<br />

das Gefühl, das er unter Wasser hat. Das<br />

bestätigt auch Andreas Pergande (65),<br />

der ebenfalls im Rollstuhl sitzt: „Man fühlt<br />

sich wie nicht behindert, weil man die Behinderung<br />

unter Wasser nicht sieht. Dort<br />

sind wir alle gleichberechtigt.“ Mit einem<br />

Tauchscooter, einem kleinen motorbetriebenen<br />

Unterwasserfahrzeug, mache<br />

Rechts: Im Wasser<br />

wirkt das fehlende<br />

Gewicht regelrecht<br />

befreiend auf den<br />

Querschnittsgelähmten.<br />

Unten: Der Inklusionstauchklub<br />

wurde 2015<br />

gegründet, trainiert<br />

wird im Stadtbad<br />

Wilmersdorf.<br />

es richtig Spaß, freut sich Gerald Scholl<br />

über die Neuanschaffung, die die „Aktion<br />

Mensch“ ermöglicht hat.<br />

Ein weiteres Vereinsmitglied ist die<br />

Internistin Yasmin-Isabelle Kelnar. Für<br />

die 49-jährige <strong>Berliner</strong>in ist das Tauchen<br />

nach ihrer stressigen Arbeit eine Art<br />

Tiefenentspannung, ihr Yoga. Nebenbei<br />

ist sie auch Tauchmedizinerin und Tauch-<br />

lehrerin, mit einer Zusatzausbildung für<br />

Kinder und Behinderte.<br />

Für Lydia Möller (56) war Inklusion ebenfalls<br />

ein Grund, sich dem Verein anzuschließen.<br />

Die Berufsschullehrerin für Agrarwissenschaft:<br />

„Wir sind alle ebenbürtig.<br />

Die Behinderung spielt beim Tauchen nur<br />

eine untergeordnete Rolle. Wir spielen<br />

unter Wasser sogar Frisbee oder Jenga.“<br />

Seite 65


Hohe Anforderung für Lebensretter<br />

Nach 1,5 Stunden im Wettkampfbecken<br />

der Schwimm- und Sprunghalle im Europasportpark<br />

(SSE) ist Doro Schürmann<br />

die Erleichterung anzumerken: „Ich hab’<br />

Tieftauchen geschafft und Strecke — die<br />

Welt ist in Ordnung.“ Zusammen mit zehn<br />

weiteren Schwimmerinnen und Schwimmern<br />

hat sie jetzt bereits einen Teil der<br />

für die Rettungsschwimmer-Prüfung vorgeschriebenen<br />

Aufgaben gemeistert. Nun<br />

kommen die Befreiungsgriffe an die Reihe.<br />

Rettungsschwimmer und Rettungsschwimmerinnen<br />

müssen nämlich nicht<br />

nur Kraul-, Brust- und Rückenschwimmen<br />

beherrschen, sondern sich auch<br />

mit Griffen aus einer Umklammerung<br />

befreien können. Ertrinkende klammern<br />

sich in Panik oft an ihre Rettenden oder<br />

würgen sie sogar. Trainiert werden auch<br />

das Schwimmen mit Kleidung sowie der<br />

„Kreuzhebegriff“, mit dem ein Mensch<br />

aus dem Becken gezogen werden kann.<br />

Ausbildungsleiter Mike Deckert, der an<br />

diesem Montagabend die Prüflinge betreut,<br />

verfolgt alle Übungen mit strengem<br />

Blick. „Am Ende sollen die Teilnehmenden<br />

Menschen aus brenzligen Situationen<br />

retten können. Da müssen auch<br />

die Befreiungsgriffe kraftvoll und sicher<br />

beherrscht werden“, erläutert er. Der<br />

38-jährige Wirtschaftsinformatiker kam<br />

schon als Jugendlicher zum ARBEITER-<br />

SAMARITER-BUND (ASB). Seit mehr<br />

als 23 <strong>Jahre</strong>n engagiert er sich dort als<br />

ehrenamtlicher Rettungsschwimmer. Seit<br />

2016 ist er auch Ausbilder beim ASB.<br />

„Am Ende sollen Menschen<br />

aus brenzligen<br />

Situationen gerettet<br />

werden können.“<br />

Wer Menschen retten<br />

will, muss üben:<br />

Dazu gehören die<br />

Herzdruckmassage<br />

(oben links), das<br />

Heraufholen schwerer<br />

Gegenstände<br />

(oben rechts) und<br />

der Kreuzhebegriff<br />

(unten).<br />

Jonathan Krainhöfner, Referendar mit<br />

den Fächern Sport und Physik an einem<br />

Gymnasium in Lichtenberg, schafft an<br />

diesem Abend sein Rettungsschwimmer-Abzeichen<br />

in Silber. Magdalena<br />

Freischlad hatte mit dem ersten Teil der<br />

Prüfung bereits im Jahr 2020 gestartet.<br />

Dann kam Corona dazwischen, und die<br />

<strong>Bäder</strong> waren monatelang geschlossen.<br />

Jetzt hat die Doktorandin die Prüfung<br />

komplett absolviert und ebenfalls ihren<br />

Rettungsschwimmpass mit dem Rettungsschwimmabzeichen<br />

Silber erhalten:<br />

„Wer viel Wassersport macht, sollte auch<br />

wissen, wie man Menschen im Notfall<br />

rettet“, sagt sie.<br />

Seite 66


Gutes Schwimmen will gelernt sein<br />

In der großen Halle des Stadtbades<br />

Neukölln läuft der Kurs Stilverbesserung.<br />

Daniela von Hoerschelmann steht am<br />

Beckenrand und dirigiert ihre Schützlinge<br />

im Wasser. Sie ist ehrenamtliche Trainerin<br />

der SCHWIMMGEMEINSCHAFT<br />

(SG) NEUKÖLLN. Mit schnellem Blick<br />

erkennt sie, wenn zum Beispiel beim<br />

Brustschwimmen die Beine zu weit unten<br />

sind oder der Kopf zu starr über dem<br />

Wasser gehalten wird. Lautstark und mit<br />

vollem Körpereinsatz zeigt sie, was die<br />

Teilnehmerinnen und Teilnehmer anders<br />

machen sollen. – Gutes Schwimmen will<br />

gelernt sein. Ziel ist es, mit möglichst<br />

wenig Kraftverlust schnell vorwärts zu<br />

kommen. „Mir ist vor allem wichtig, dass<br />

die Schwimmer nichts lernen, was ihrer<br />

Gesundheit schadet“, sagt die 54-jährige<br />

Trainerin. Einige hätten versucht, sich<br />

über YouTube-Videos das Kraulen beizubringen.<br />

Oft würden dabei aber falsche<br />

Bewegungsabläufe einstudiert.<br />

Für Martina Jacob hat das wöchentliche<br />

Üben schon viel gebracht: „Rückenschwimmen<br />

konnte ich vorher nur kaulquappenartig“,<br />

sagt die 61-Jährige. „Und<br />

beim Brustschwimmen habe ich gelernt,<br />

wie toll man im Wasser gleiten kann.“ Sie<br />

ist vor eineinhalb <strong>Jahre</strong>n der SG Neukölln<br />

beigetreten, dem mit mehr als 4.400 Mitgliedern<br />

größten Schwimmverein Berlins.<br />

Der Verein nutzt im Sommer das Sportbad<br />

Britz, im Winter wird hauptsächlich<br />

im Kombibad Gropiusstadt trainiert.<br />

Etwa drei Viertel der Vereinsmitglieder<br />

sind Breitensportler, ein Viertel Leistungssportler.<br />

Daniela von Hoerschelmann ist<br />

schon lange dabei. Die gebürtige Britzerin<br />

hat das Schwimmen bereits vor ihrer<br />

Schulzeit gelernt, damals im Stadtbad<br />

„Manche haben versucht,<br />

sich über YouTube-<br />

Videos das Kraulen<br />

beizubringen.“<br />

Neukölln und beim Verein für Körperkultur<br />

Berlin Südwest in Lichterfelde, wo<br />

ihr Vater Schwimmwart war. Heute hat sie<br />

allerdings nur noch wenig Zeit, selbst zu<br />

schwimmen. Neben den Kursen für den<br />

Verein unterstützt sie an zwei Tagen pro<br />

Woche das Schulschwimmen. Mit ihrem<br />

Verein „Neuköllner Schwimmbär“, einem<br />

Projekt zur Wassergewöhnung, nimmt<br />

sie seit 2014 vor allem Zweitklässlern die<br />

Angst vor dem Wasser und bereitet sie<br />

auf das Schulschwimmen in der 3. Klasse<br />

vor. Dadurch konnte die Nichtschwimmer-Quote<br />

an den Neuköllner Schulen<br />

deutlich gesenkt werden.<br />

Beim Kurs Stilverbesserung geht es<br />

um das richtige Schwimmen. Trainerin<br />

Daniela von Hoerschelmann zeigt, wie<br />

es gemacht wird.<br />

Seite 67


KLAMME KASSEN<br />

LIEB UND TEUER. DAS SAGT SICH SO LEICHT. BEI DEN BERLINER<br />

BÄDERN GING ES IMMER AUCH DARUM, WER AM ENDE DIE RECHNUNG<br />

BEZAHLT. 2002 KAM ES BESONDERS DICKE<br />

H<br />

aushaltsnotstand. Für das, was<br />

im Behördendeutsch schon unschön<br />

klingt, fand der damalige<br />

Regierende Bürgermeister Klaus<br />

Wowereit eine griffige Übersetzung:<br />

„Sparen, bis es quietscht.“ 2002<br />

verabschiedeten Senat und Abgeordnetenhaus<br />

das erste Gesetz zum Haushaltsnotstand.<br />

Das Ziel: Die leeren Kassen Berlins nicht<br />

noch leerer werden zu lassen durch<br />

immer höhere Ausgaben für Zinsen und<br />

Tilgung für die Schulden der Stadt. Denn<br />

diese Last drohte, Berlin zu erdrücken.<br />

Die Stadt hatte schwer zu kämpfen in<br />

den Nachwendejahren und sich an der<br />

eigenen Landesbank finanziell verhoben.<br />

Um die Jahrtausendwende war Berlin im<br />

Grunde genommen pleite. Die Folge war<br />

das Gesetz.<br />

Kaum ein Bereich in Berlin blieb verschont.<br />

Senat, Bezirke und auch die Landesunternehmen<br />

mussten ihre Beiträge<br />

leisten. Für die gerade einmal fünf <strong>Jahre</strong><br />

alten <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong> bedeutete<br />

es einen gravierenden Einschnitt. Elf <strong>Bäder</strong><br />

mussten schließen, vom Hallenbad in<br />

Adlershof bis zum Stadtbad Zehlendorf.<br />

Auch Traditionsstandorte, wie die Stadtbäder<br />

Steglitz, Wedding und Kreuzberg,<br />

fielen darunter. Und auch für das erste<br />

Sommerbad Berlins im Poststadion war<br />

die Zeit abgelaufen.<br />

Vier Messlatten in Frageform hatte das<br />

Unternehmen an alle <strong>Bäder</strong>standorte gelegt,<br />

um diejenigen herauszusuchen, die<br />

geschlossen werden mussten. Die Fragen<br />

lauteten:<br />

• Ist der Instandhaltungsstau größer als<br />

eine Million Euro?<br />

• Kann eine regionale Versorgung der<br />

Nutzungsgruppen gewährleistet<br />

werden?<br />

• Beliefen sich die zwischen 1996 und<br />

2000 getätigten Investitionen auf<br />

mehr als 200.000 Euro?<br />

• Gibt es liegenschaftsspezifische<br />

Kriterien, die einer Schließung entgegenstehen?<br />

Liegenschaftsspezifische Kriterien, die<br />

eine Schließung verhinderten, waren zum<br />

Beispiel so genannte Energie-Contracting-Verträge,<br />

die das Unternehmen an<br />

den jeweiligen Standort banden. Wurden<br />

die ersten beiden Fragen mit ja und die<br />

beiden anderen mit nein beantwortet,<br />

war der Schließungskandidat gefunden.<br />

Aus heutiger Sicht mutet dieser Katalog<br />

kurios an. Denn Kriterien wie Erreichbarkeit<br />

(also Lage) oder Entwicklungschancen<br />

spielten keine Rolle. Vermutlich hat<br />

vor dem Hintergrund der damaligen Kri-<br />

senlage Berlins niemand geglaubt, dass<br />

die <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong> auch eine Perspektive<br />

haben können, etwa, weil die Wirtschaft<br />

sich erholt oder die Einwohnerzahl steigt.<br />

So hinterließ die Schließung des Hallenbades<br />

an der Wolfshagener Straße,<br />

auf dem Gelände des Sommerbades<br />

Pankow, eine große Lücke: Zwischen der<br />

Schwimmhalle am Ernst-Thälmann-Park<br />

und der Schwimmhalle in Buch gab es<br />

plötzlich kein Hallenbad mehr. Nun soll<br />

die Lücke wieder geschlossen werden<br />

mit einem Schwimmbad-Neubau, größer<br />

und aufwendiger als es das alte Hallenbad<br />

war.<br />

Das Sommerbad Poststadion befand sich<br />

in direkter Nachbarschaft zum Stadtbad<br />

Tiergarten. Auf dem zentralen Standort<br />

in Laufweite zum Hauptbahnhof betreibt<br />

heute ein privater Thermenanbieter<br />

äußerst erfolgreich das Wellness-Dorado<br />

„Vabali Spa“. Dem Potenzial des verbliebenen<br />

Stadtbads Tiergarten trägt die<br />

aktuelle Sanierung des Bauwerks Rechnung.<br />

Es soll auch wieder ein Außenbecken<br />

erhalten.<br />

Anstelle des Stadtbads Zehlendorf<br />

entstand die „Zehlendorfer Welle“, ein<br />

Einkaufszentrum mit Fitness-Center und<br />

einem <strong>25</strong>-Meter-Schwimmbecken. Das<br />

Becken sollte unter der Woche zu den Ta-<br />

Blick in die historische Halle des Stadtbades Kreuzberg.<br />

Wurde geschlossen: das Stadtbad Zehlendorf.<br />

Seite 68


ifen der <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong> nutzbar<br />

sein. Zuletzt war das jedoch nicht mehr<br />

sichergestellt.<br />

Noch schwerwiegender für die BBB war<br />

die Schließung des Sport- und Erholungszentrum<br />

(SEZ), das zusätzlich zu den elf<br />

<strong>Bäder</strong>n seinen Betrieb einstellen musste.<br />

Im Sommer 2002 erfuhren die Beschäftigten<br />

und die <strong>Berliner</strong>innen und <strong>Berliner</strong>,<br />

dass das beliebte Freizeitzentrum zum<br />

31. Dezember seine Pforten schließen<br />

wird.<br />

Andererseits lagen <strong>Bäder</strong>schließungen,<br />

so schmerzhaft sie im Einzelfall waren,<br />

auch auf der Hand: Mit der 1999 eröffneten<br />

Schwimm- und Sprunghalle<br />

an der Landesberger Allee hatte Berlin<br />

in ein hochmodernes Sport-Schwimmbad<br />

investiert. Die Wasserfläche in dem<br />

Neubau ist so groß wie die in acht Volksschwimmhallen.<br />

Die in der Nachbarschaft<br />

gelegene Schwimmhalle Rudolf-<br />

Seiffert-Straße musste demzufolge den<br />

Betrieb einstellen.<br />

Öffnete 1928 als erstes Sommerbad in der Mitte Berlins: das Poststadion.<br />

Und auch das SEZ war für das Land Berlin<br />

zu einer damals schwer zu nehmenden<br />

Hürde geworden. Die Sanierungskosten<br />

wurden auf rund 35 Millionen DM (ca.<br />

18 Millionen Euro) taxiert und der Betrieb<br />

musste mit gut neun Millionen DM (ca.<br />

4,5 Millionen Euro) jährlich bezuschusst<br />

werden. Das war aufgrund der Kassenlage<br />

des Landes und aus Sicht der Haushaltspolitiker<br />

nicht mehr zu stemmen.<br />

Konsolidierung lautete die Formel für die<br />

<strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong> in dieser Situa-<br />

tion – mit weniger Standorten, aber auch<br />

weniger Besucherinnen und Besuchern.<br />

Weil gleichzeitig die Eintrittsentgelte um<br />

bis zu 41 Prozent angehoben wurden auf<br />

ein Niveau, das in etwa im Bundesdurchschnitt<br />

lag, hielt sich der Umsatzrückgang<br />

hingegen in Grenzen.<br />

Und dennoch: Es quietschte gewaltig bei<br />

den <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong>n, ganz so,<br />

wie von Klaus Wowereit angekündigt.<br />

Attraktion Wasserkaskade und gläserne Brücke: Schon kurz nach der Eröffnung 1981 war das SEZ ein Mekka der Freizeitgestaltung.<br />

Seite 69


Mit Tom Cruise im Stadtbad Neukölln<br />

SPIELFILM, WERBUNG, FERNSEHSHOW: FAST JEDEN TAG<br />

WERDEN BERLINER BÄDER ALS DREHKULISSE ANGEFRAGT –<br />

UND MANCHMAL SIND AUCH PROMIS DABEI<br />

W<br />

ie schön und außergewöhnlich<br />

die <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong> sind, wissen<br />

nicht nur unsere Badegäste,<br />

sondern auch die Locationscouts.<br />

So nennen sich jene<br />

Fachleute, die für Film und Fernsehen<br />

nach geeigneten Motiven und Drehorten<br />

suchen. Und eben jene Locationscouts<br />

wissen augenscheinlich auch, welch<br />

Juwel sich hinter den bisweilen recht<br />

unscheinbaren Fassaden der <strong>Berliner</strong><br />

Hallenbäder verbirgt: Durchschnittlich<br />

500 Mal pro Jahr werden die BBB<br />

angefragt, ob sie ein bestimmtes Hallenoder<br />

Freibad für Film-, Videoaufnahmen<br />

oder Fotoshootings zur Verfügung stellen<br />

können.<br />

Wenn Anfragen kommen, ob ein bestimmtes<br />

Bad für einen Film oder ein<br />

Foto als Kulisse gemietet werden kann,<br />

stellen wir zuerst die Gegenfrage: Was<br />

genau wird das? Worum geht es? – Mit<br />

diesen Fragen möchten wir sicherstellen,<br />

dass die <strong>Bäder</strong> nur für Motive verwendet<br />

werden, die mit unserer Unternehmenspolitik<br />

vereinbar sind. Meist ist das der<br />

Fall und auch schnell geklärt. Dann wird<br />

ein Vertrag geschlossen, nach dessen<br />

Unterzeichnung ein Filmteam, Fotografen<br />

oder andere Profis ins Bad dürfen. Im<br />

Gegenzug erhalten die BBB ein Entgelt<br />

von der Produktionsfirma, denn schließlich<br />

muss das Bad ja für diesen oder auch<br />

mehrere Tage geschlossen bleiben. Auch<br />

Strom- und andere Verbrauchskosten<br />

werden abgerechnet.<br />

im Gegenteil: Wir hatten Anfragen von<br />

Künstlern, die geschlossene <strong>Bäder</strong> als<br />

Teil einer Performance zeigen wollten; im<br />

Jahr 2020 drehte die Staatskapelle Berlin<br />

im Prinzenbad Teile ihres Jubiläumsfilms<br />

zum 450. Jahr ihres Bestehens, der Bezirk<br />

Steglitz-Zehlendorf nutzte Aufnahmen<br />

aus dem Strandbad Wannsee für<br />

einen Imagefilm – und eine Designerin<br />

setzte von ihr entworfene Möbel in einem<br />

Hallenbad in Szene.<br />

Ob als Motiv für Zeitschriften-Cover,<br />

Fernsehshows, Werbung oder auch<br />

internationale Filmproduktionen – es gibt<br />

kaum ein Bad, das nicht schon für Filmoder<br />

sonstige Aufnahmen genutzt wurde.<br />

Welche prominenten Schauspieler in<br />

welchem Bad gedreht haben, zeigen wir<br />

auf den nächsten Seiten.<br />

In den vergangenen <strong>Jahre</strong>n wurden zahlreiche<br />

Szenen für Kino- und Fernsehfilme<br />

in den <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>n gedreht – darunter<br />

prominent besetzte Produktionen<br />

wie Operation Walküre mit Tom Cruise<br />

in der Hauptrolle oder Colonia Dignidad,<br />

aber auch für deutschsprachige Kinofilme<br />

wie Kokowääh, Herr Lehmann oder<br />

Fack ju Göhte.<br />

Selbst Corona hat dem Run auf unsere<br />

<strong>Bäder</strong> keinen Abbruch getan, ganz<br />

Seite 70


Tom Cruise war der wohl bekannteste<br />

Schauspieler, der bei den BBB gedreht<br />

hat. Der Kinofilm Operation Walküre über<br />

das Hitler-Attentat entstand 2007 unter<br />

anderem im Stadtbad Neukölln.<br />

2005 wurde die SSE zum Austragungsort<br />

des TV Total Turmspringens (ProSieben)<br />

von und mit Stefan Raab, bei dem sich<br />

Prominente vom Sprungturm stürzten.<br />

Seite 71


Daniel Brühl und Emma<br />

Watson drehten 2015<br />

im Stadtbad Tiergarten<br />

Szenen des überfluteten<br />

Tunnels für den Kinofilm<br />

Colonia Dignidad, der<br />

von einer Sekte in Chile<br />

handelt.<br />

Mehr als sieben<br />

Millionen Kinobesucher<br />

hatte Fack ju Göhte, eine<br />

deutsche Produktion<br />

mit Karoline Herfurth<br />

und Elyas M’Barek,<br />

die unter anderem<br />

in der Sport- und<br />

Lehrschwimmhalle<br />

Schöneberg entstand.<br />

Heidi Klum und ihre Topmodel-Bewerberinnen<br />

liefen 2010 für die Sendung<br />

Germanys Next Topmodel auf dem<br />

Laufsteg, der extra über dem Becken im<br />

Stadtbad Neukölln errichtet worden war.<br />

Seite 72


Im Sommerbad<br />

Olympiastadion<br />

entstanden Szenen<br />

für die erfolgreiche<br />

Kinokomödie Kokowääh<br />

von und mit Till<br />

Schweiger, der 2011 zur<br />

Kinopremiere mit seiner<br />

damaligen Freundin<br />

Svenja Holtmann<br />

erschien.<br />

Christian Ulmen und Detlev Buck<br />

waren 2003 die Hauptdarsteller im<br />

Kinofilm Herr Lehmann, der nach<br />

dem gleichnamigen Roman von<br />

Sven Regener unter anderem im<br />

Sommerbad Kreuzberg gedreht wurde.<br />

Barbara Schöneberger<br />

hatte im Jahr 2021 ein<br />

Fotoshooting für ihre<br />

Zeitschrift Barbara im<br />

Strandbad Wannsee.<br />

Seite 73


GROSSE PROJEKTE, GROSSE IDEEN<br />

ABGEORDNETENHAUS UND SENAT STELLEN NUN MEHR GELD ZUR<br />

VERFÜGUNG FÜR DIE BERLINER BÄDER. DAMIT KÖNNEN GROSSE<br />

PROJEKTE REALISIERT WERDEN. VIER BEISPIELE<br />

INTERIMSBÄDER<br />

Die Traglufthalle an der Weddinger Seestraße<br />

(oben) überspannt zwei 50-Meter-Becken.<br />

Die Schwimmhalle Kreuzberg (unten) ist ein<br />

Interimsbauwerk, das irgendwann wieder<br />

zurückgebaut werden soll.<br />

In Wedding steht eine der größten Traglufthallen<br />

Deutschlands. Sie überspannt<br />

die beiden 50 Meter langen Schwimmbecken<br />

des Freibadteils im Kombibad<br />

an der Seestraße. So entsteht ein Ersatz<br />

für den Wegfall der Wasserflächen im<br />

benachbarten Paracelsus-Bad und im<br />

Stadtbad Tiergarten. Dort wird saniert<br />

und modernisiert, deshalb sind beide<br />

<strong>Bäder</strong> geschlossen.<br />

Auf dem Gelände des Sommerbades<br />

Kreuzberg ist ein deutschlandweites Novum<br />

entstanden: eine Interimsschwimmhalle.<br />

Die Leichtbauhalle mit einem<br />

Tragwerk aus Aluminium ist das erste<br />

Schwimmbad, das ohne eine einzige<br />

Fliese auskommt. Das Bad soll in einigen<br />

<strong>Jahre</strong>n wieder zurückgebaut werden,<br />

wenn das benachbarte Wellenbad saniert<br />

und die Schwimmhalle Holzmarktstraße<br />

durch einen Neubau ersetzt worden ist.<br />

Seite 74


SCHWIMMHALLE<br />

HOLZMARKTSTRASSE<br />

Noch ein Novum: An der Holzmarktstraße<br />

in Friedrichshain ist eine neue<br />

Schwimmhalle geplant. Aber nicht nur<br />

das. Auf demselben Grundstück entsteht<br />

über der Schwimmhalle ein großes Wohngebäude<br />

für Studierende sowie Gewerbeflächen<br />

und Platz für ein Café.<br />

Mit diesem hybriden Gebäude wird nicht<br />

nur die dringend benötigte Kapazität an<br />

Hallenbädern in der Innenstadt vergrößert<br />

(die Becken der neuen Schwimmhalle<br />

sind in etwa doppelt so groß wie in der<br />

alten, nicht mehr betriebsfähigen Halle).<br />

Es entsteht auch dringend benötigter<br />

Wohnraum zu bezahlbaren Preisen.<br />

Um dieses Projekt zu realisieren, sind die<br />

<strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong> eine Partnerschaft<br />

mit einem anderen Landesunternehmen<br />

eingegangen. Die Berlinovo hat<br />

unter anderem den Auftrag, Wohnraum<br />

für Studierende zu schaffen. Der zentral<br />

gelegene Neubau wird das größte Projekt<br />

dieser Art sein.<br />

Neue Landmarke an der<br />

Holzmarktstraße. Über<br />

der Schwimmhalle soll<br />

sich ein großer Wohnund<br />

Geschäftsbau<br />

erheben.<br />

Läuft alles nach Plan, werden die Kosten<br />

für den Neubau des Hallenbades ganz<br />

wesentlich getragen durch die gemeinsame<br />

Projektentwicklung von den <strong>Berliner</strong><br />

<strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong>n und Berlinovo. Derzeit<br />

wird das Baurecht geschaffen, damit die<br />

Arbeiten bald beginnen können.<br />

Seite 75


STADTBAD TIERGARTEN<br />

Es ist ein Standort mit großem Potenzial.<br />

Das Stadtbad Tiergarten steht in Laufweite<br />

zum Hauptbahnhof, rundherum<br />

entstehen neue Wohnquartiere. Und<br />

deshalb soll dieses Bad exemplarisch<br />

zeigen, was aus einem Typen-Schwimmbad<br />

der 1980er-<strong>Jahre</strong> alles gemacht<br />

werden kann.<br />

Das Hallenbad war ein dringender<br />

Kandidat für eine Grund-Instandsetzung.<br />

Die Arbeiten begannen 2019. Weil aber<br />

bei Sanierung und Modernisierung auch<br />

Potenziale der <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong> stärker<br />

berücksichtigt werden, wird umfassender<br />

gedacht, geplant und gebaut.<br />

Das Stadtbad Tiergarten wird bei der<br />

Wiedereröffnung deutlich attraktiver<br />

sein als vorher. Das fällt dann schon bei<br />

der Schwimmhalle auf, die eine große,<br />

wintergartenähnliche Aufweitung erhält.<br />

Das Besondere: Fenster und Türen lassen<br />

sich öffnen. So wird daraus ein Hallenbad<br />

mit Freibadfeeling. Und ein Außenbecken<br />

soll das Bad auch erhalten.<br />

Das Sprungbecken wird nicht nur<br />

instandgesetzt, sondern gleichzeitig mit<br />

einer Kletterwand ausgestattet. Diese<br />

Idee ist neu für die <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong> und<br />

steigert den Nutzwert vor allem für jüngere<br />

Gäste.<br />

Für die jüngsten Badegäste wird ebenfalls<br />

gesorgt, durch ein deutlich schöneres<br />

Kleinkindbecken und einen Extrabereich<br />

in der Schwimmbadgastronomie. Hier<br />

wird Platz geschaffen für ausgelassene<br />

Kindergeburtstage und andere Feste.<br />

Liegestühle und<br />

ein Wintergarten<br />

(oben) ergänzen<br />

die Schwimmhalle.<br />

Das Sprungbecken<br />

(links) erhält eine<br />

Kletterwand für<br />

mehr Spaß im<br />

Stadtbad.<br />

Seite 76


WELLENBAD AM SPREEWALDPLATZ<br />

Ein Unikum ist es schon jetzt, und das<br />

nicht nur wegen seiner Lage in Kreuzberg<br />

am ehemaligen Görlitzer Bahnhof. Einzigartig<br />

ist das Bad am Spreewaldplatz, weil<br />

es das mit dem einzigen Wellenbecken<br />

Berlins ist. So bildet das Wellenbad wie<br />

kein zweites das Segment des Freizeitbadens<br />

unter den <strong>Berliner</strong> Hallenbädern ab.<br />

Ein Unikum soll es bleiben. Auch wenn<br />

die Fotos anderes suggerieren: das Bad<br />

ist ein schwerer Sanierungsfall. Seit 1987<br />

ist es ununterbrochen in Betrieb. Es muss<br />

dringend baulich und technisch instandgesetzt<br />

werden, damit es weiter betrieben<br />

werden kann. Das gilt vor allem für<br />

die Abdichtung des Gebäudes, die Badewassertechnik,<br />

die Lüftung und Heizung<br />

– kurz für das gesamte Bauwerk. Auch<br />

die Spiel- und Spaßattraktionen sollen<br />

moderner und zeitgemäßer werden.<br />

Ein Unikum ist die Architektur des<br />

Schwimmbades, das teilweise mit dem<br />

zu einem Hügel aufgetürmten Erdreich<br />

des benachbarten Parks eine Einheit<br />

bildet und so auch architektonisch eine<br />

Verbindung zwischen natürlichem und<br />

gebautem Raum darstellen soll. Die Bauarbeiten<br />

sollen 2022 beginnen und werden<br />

mindestens drei <strong>Jahre</strong> dauern. Ein<br />

Unikum komplett zu sanieren, braucht<br />

eben auch Zeit.<br />

Volles Haus. Damit das Wellenbad so<br />

beliebt bleibt wie auf diesen Fotos,<br />

muss es dringend grundsaniert und<br />

modernisiert werden.<br />

Seite 77


VISIONEN FÜR DIE NÄCHSTEN <strong>25</strong> JAHRE<br />

DA STECKT VIEL DRIN: MIT IHRER STRATEGIE ENTWERFEN<br />

DIE BERLINER BÄDER-BETRIEBE EINEN WEG FÜR DIE<br />

BÄDERLANDSCHAFT DER ZUKUNFT<br />

W<br />

ie keine andere Stadt in<br />

Deutschland entwickelt sich<br />

Berlin dynamisch. In den<br />

Nachwendejahren zeigte die<br />

Kurve nach unten – weniger<br />

Einwohner, weniger Arbeitsplätze,<br />

schwierige Haushaltslage. Seit einigen<br />

<strong>Jahre</strong>n hat sich der Trend völlig umgekehrt<br />

– es ziehen mehr Menschen<br />

zu, Arbeitsplätze entstehen in zukunftsfähigen<br />

Branchen und die Stadt braucht<br />

Perspektiven: nicht nur visionär, sondern<br />

auch infrastrukturell. Das bezieht auch<br />

die <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong> ein.<br />

Landauf, landab haben deutsche Städte<br />

spätestens in den 1950er-<strong>Jahre</strong>n damit<br />

begonnen, sogenannte <strong>Bäder</strong>pläne zu<br />

entwerfen bzw. fortzuschreiben: Wo<br />

entsteht zusätzlicher Bedarf? Wo ist die<br />

Verkehrsanbindung besonders günstig,<br />

um <strong>Bäder</strong> auszubauen oder neu zu errichten?<br />

In Berlin gab es einen solchen <strong>Bäder</strong>plan<br />

für die gesamte Stadt nicht. Das ist eine<br />

Seite 78<br />

logische Folge der Teilung, aber auch<br />

der Tatsache geschuldet, dass für die<br />

<strong>Bäder</strong> im Westteil der Stadt die Bezirke<br />

verantwortlich zeichneten. Diese planten<br />

die Versorgung innerhalb ihrer Bezirksgrenzen<br />

und meldeten ihren Bedarf für<br />

die Investitionsplanung des Landes an.<br />

Seit der Gründung der <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong><br />

ist wieder eine gesamtstädtische<br />

Sicht auf die <strong>Bäder</strong>entwicklung gesichert.<br />

2015 erstellten die BBB unter der Überschrift<br />

„<strong>Bäder</strong>konzept 20<strong>25</strong>“ erstmals<br />

eine Vision für eine verbesserte Versorgung<br />

durch moderaten Neubau von<br />

<strong>Bäder</strong>n und verfolgten dafür das Konzept<br />

sogenannter Multifunktionsbäder.<br />

Jetzt haben die BBB dieses Konzept<br />

weiterentwickelt und eine Strategie für<br />

die <strong>Bäder</strong> entworfen. Das ist nötig, um<br />

das Unternehmen organisatorisch auszurichten<br />

und um die skizzierte Entwicklung<br />

auch stemmen zu können. Außerdem ist<br />

die Strategie nötig, damit die BBB ihrem<br />

Versorgungsauftrag auch in Zukunft ge-<br />

Oben: In Spandau ist die Erweiterung des<br />

Kombibades um eine wasserballtaugliche<br />

Mehrzweck-Schwimmhalle geplant.<br />

Unten: Das Kinderbad Platsch in Marzahn<br />

soll nicht mehr das einzige Freibad in dem<br />

Bezirk bleiben.


echt werden können. Denn: die Unternehmensstrategie<br />

hat gezeigt: Ohne eine<br />

Weiterentwicklung der <strong>Bäder</strong>landschaft<br />

Berlins ist dieser Versorgungsauftrag<br />

in Gefahr. Und mögliche Potenziale für<br />

das Unternehmen können nicht ausgeschöpft<br />

werden.<br />

Ein Beispiel: Die Zahl der Kundinnen<br />

und Kunden, die ihren Eintritt bezahlen,<br />

stagniert seit einigen <strong>Jahre</strong>n bei etwa<br />

vier Millionen pro Jahr. Möglich und<br />

realistisch sind aber sechs Millionen. Das<br />

haben Marktforschungen im Auftrag der<br />

BBB ergeben. Die Weiterentwicklung<br />

der <strong>Bäder</strong>landschaft ist also nötig und<br />

wichtig. Das sieht auch die Landespolitik<br />

so und unterstützt diesen Kurs. Die neue<br />

Koalition bekennt sich in ihrem Koalitionsvertrag<br />

zu den Zielen der Strategie<br />

und damit zum Ausbau der <strong>Bäder</strong>.<br />

Eckpunkte der Strategie lassen erkennen:<br />

Die BBB haben noch viel vor. In Pankow<br />

und Mariendorf sollen die geplanten Multifunktionsbäder<br />

vorangetrieben werden.<br />

Das sind <strong>Bäder</strong>, die nach dem Prinzip<br />

funktionieren: unterschiedliche Becken<br />

für unterschiedliche Nutzungen. Statt<br />

also eines großen Schwimmbeckens für<br />

alle, wird es mehrere geben: für Schwimmerinnen<br />

und Schwimmer; für fröhliches<br />

Familienbaden; für Gäste, die an einem<br />

Das Kombibad Mariendorf soll durch den Neubau eines Multifunktionsbades ersetzt werden.<br />

Kurs teilnehmen etc. Das Prinzip Multifunktionsbad<br />

sichert eine höhere Zufriedenheit<br />

der Kundinnen und Kunden, weil<br />

alle ihren Platz im Bad finden, ohne sich<br />

von anderen gestört zu fühlen.<br />

Perspektivisch soll es auch eine Erweiterung<br />

des Kombibades Spandau-Süd<br />

geben. Hier entsteht eine Schwimmhalle,<br />

die auch für Profi-Wasserballspiele<br />

geeignet ist und neue Heimstatt für die<br />

„Wasserfreunde Spandau 04“ sein wird.<br />

Und in Hellersdorf, am Kienberg, ist<br />

ebenfalls ein Kombibad, bzw. ein Multifunktionsbad<br />

geplant. Damit soll nicht<br />

nur dem Wunsch der Menschen in Marzahn<br />

und Hellersdorf nach einem Freibad<br />

entsprochen werden, sondern auch die<br />

Synergieeffekte zu der Seilbahn und den<br />

Anlagen der benachbarten Gärten der<br />

Welt nutzen.<br />

Der Kurs ist klar: Nach den <strong>Jahre</strong>n der<br />

Konsolidierung sollen die <strong>Bäder</strong> sich<br />

Stück für Stück weiterentwickeln. Zum<br />

ersten Mal seit der Gründung der BBB<br />

gibt es eine Vision für die <strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>,<br />

die weit trägt; mindestens noch einmal<br />

<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong>.<br />

Ein zweites Multifunktionsbad ist als Erweiterung des Angebots im Sommerbad Pankow vorgesehen.<br />

Seite 79


IMPRESSUM<br />

Hausgeberin:<br />

<strong>Berliner</strong> <strong>Bäder</strong>-<strong>Betriebe</strong><br />

Anstalt öffentlichen Rechts<br />

Sachsendamm 2-4<br />

10829 Berlin<br />

www.berlinerbaeder.de<br />

V.i.S.d.P.:<br />

Dr. Matthias Oloew<br />

Redaktion:<br />

Claudia Blankennagel<br />

Martina van der Wehr<br />

Layout und Grafik:<br />

Goscha Nowak<br />

Texte:<br />

Claudia Blankennagel<br />

Matthias Oloew<br />

Brigitte Schmiemann<br />

Martina van der Wehr<br />

Seite 80<br />

Korrektorat:<br />

Kristina Pomplun<br />

Karin Reinemann<br />

Fotonachweise:<br />

Adobe Stock, Spectral-Design: S. 70<br />

Alamy Stock Foto: Frank Hempel<br />

(S. 71 unten); All Star Picture Library<br />

(S. 71 oben); Majestic/Iris Productions<br />

(S. 72 oben), Mathias Bothor Assmann<br />

(S. 72 Mitte), WENN (S. 72 unten), Peter<br />

Röther (S. 73 oben), Archives du 7e Art<br />

Collection (S. 73 Mitte), Peter Röther<br />

(S. 73 unten<br />

Andreas Labes: Cover, S. 2, 3, 4, 5,<br />

8, 9, 10, 11, 18, 19, 20, 27, 28, 29, 30<br />

oben, 31, 32, 33, 34, 35, 36, 37, 40 41,<br />

42, 43, 50, 51, 56, 57, 58, 59, 60, 61,<br />

65, 66, 67<br />

BBB: S. 7, 23, 38 unten, 39 ganz unten<br />

rechts, 45 oben, 45 unten rechts, 46<br />

unten rechts, 53 oben, 53 Mitte, 68<br />

rechts, 69 oben<br />

bpk/Lutz Braun S. 21 oben<br />

Bundesarchiv, 183-Z0318-032, Zentralbild:<br />

S. 69 unten<br />

David Heerde: S. 39 unten links, 46<br />

oben, 46 unten links, 54 Mitte<br />

Elke Jung-Wolff: S. 6, 12, 13, 14, 15,<br />

16, 17, 26, 30 unten, 39 unten rechts,<br />

39 ganz unten links, 44, 45 unten links,<br />

47, 52, 53 unten, 54 Mitte, 55 oben, 55<br />

unten, 55 links, <strong>Bäder</strong>motive S. 71-73,<br />

74, 77, 78 unten, 79<br />

Eller+Eller Architekten: S. 75<br />

Heimatmuseum Zehlendorf: S. 22<br />

Imago Images/Camera 4: S. 38 oben<br />

Jackie Baier: S. 55 Mitte<br />

Oliver Wolff: S. 1, 39 ganz oben rechts,<br />

39 oben, 54 Mitte<br />

Planteam Ruhr: S. 78 oben<br />

Studio Gollwitzer Architekten: S. 76<br />

Tipi am Kanzleramt: S. 39 ganz oben<br />

links<br />

Wasserfreunde Spandau 04: S. 64<br />

Wikipedia: S. 21 unten<br />

Wikipedia/Klamueller: S. 68 links

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