24.12.2012 Aufrufe

schwarze Szene - LOGO Jugendmanagement Steiermark

schwarze Szene - LOGO Jugendmanagement Steiermark

schwarze Szene - LOGO Jugendmanagement Steiermark

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Die Verfasser sehen sich aufgrund einiger Tendenzen in der ‚scientific community’ genötigt, entgegen<br />

der allgemeinen Praxis ausschließlich das grammatikalisch richtige generische Maskulinum zu<br />

verwenden. Auch wenn dies der allgemeinen Aufffassung von ‚political correctness’ nicht entsprechen<br />

sollte sind die Verfasser dennoch der Meinung, dass es der Wissenschaftlichkeit ihrer Arbeit keinen<br />

Abbruch tut und die Lesbarkeit stark erleichtert. Die Verfasser verwehren sich jedoch gegen den Vorwurf<br />

des Sexismus und bitten die Leser, das weibliche Geschlecht immer mitzudenken.<br />

Siehe dazu:<br />

Brühlmeier, Arthur (2007): Sprachzerstörung aus Konzilianz - Eine Umkehr ist fällig. Zuletzt bearbeitet<br />

im April 2007. In: http://www.bruehlmeier.info/sprachfeminismus.htm. Zugriffsdatum: 28.11.2007.<br />

bzw.:<br />

Brühlmeier, Arthur (2010): Sprachfeminismus in der Sackgasse. Zuletzt bearbeitet im September 2010.<br />

http://www.bruehlmeier.info/sprachfeminismus.htm.<br />

2


Vorwort der Landesrätin Mag. a Elisabeth Grossmann ..................... 4<br />

Vorwort der Leiterin der FA6A, HR. in Mag. a Alexandra Nagl ........... 5<br />

ÜBER DIE DYNAMIK EINER FACHBROSCHÜRE .................................. 6<br />

1 DIE SCHWARZE SZENE .................................................................. 11<br />

2 HEADBANGER SCHOCKEN DAS SYSTEM: METAL .......................... 14<br />

2.1 Der Begriff (Heavy) Metal ..................................................... 15<br />

2.2 Geschichte und Strömungen des Metal ............................... 17<br />

2.3 Erscheinungsbild und Ausdrucksformen .............................. 47<br />

2.4 Verbreitung des Metal - Zusammensetzung der Musiker<br />

und Fans ................................................................................. 64<br />

2.5 Frauen im Metal ..................................................................... 69<br />

2.6 Kritiker des Metal .................................................................. 72<br />

2.6.1 Satan im Metal .................................................................. 76<br />

2.6.2 Nationalsozialismus und Metal ......................................... 82<br />

2.6.3 Widerstand gegen NSBM ................................................. 124<br />

3 DIE SCHWARZE ROMANTIK: GOTHIC ........................................ 134<br />

3.1 Geschichte der Gothic-Bewegung ...................................... 135<br />

3.2 Die Welt des Gothic ............................................................. 141<br />

3.2.1 Das Outfit der Goths ........................................................ 141<br />

3.2.2 Weltbild der Gothic-<strong>Szene</strong>............................................... 144<br />

3.3 Vorwürfe an die Gothic-Bewegung ................................... 150<br />

3.3.1 Der Vorwurf des Satanismus ........................................... 151<br />

3.3.2 Der rechte Rand ................................................................ 152<br />

3.4 Widerstand ........................................................................... 160<br />

3.5 Zusammenfassung ............................................................... 161<br />

3.6 Exkurs: Laibach .................................................................... 163<br />

3.7 Emotional Hardcore (Emo)…..……....……………………….……...165<br />

4 LA VEYS SATANISMUS ................................................................ 168<br />

5 EXKURS: VAMPIRISMUS ............................................................. 178<br />

6 DIE SZENE SIND WIR – DAS JUGENDKULTURZENTRUM eXplOsiV. 196<br />

7 FÜR EINE OFFENE DISKUSSION ................................................. 198<br />

8 Quellenverzeichnis .................................................................... 202<br />

9 Weiterführende Medien ............................................................. 214<br />

10 Abbildungsverzeichnis ............................................................. 219<br />

11 Autorenbiographie ................................................................... 221<br />

12 Impressum ................................................................................ 223<br />

13 Medien der <strong>LOGO</strong> ESO.INFO ................................................... 224<br />

3


Vorwort der Landesrätin Mag. a Elisabeth Grossmann<br />

Jugendbewegungen haben in der Vergangenheit Geschichte geprägt<br />

und schreiben sie auch heute maßgeblich mit. Gerade innovative<br />

Bewegungen, die sich vom Mainstream der Gesellschaft distanzieren,<br />

schockieren dabei oft durch ihr Aussehen oder radikale inhaltliche<br />

Positionen. In unserer Gegenwart ist es die <strong>schwarze</strong> <strong>Szene</strong>, die<br />

Jugendkulturen wie Metal, Gothic oder auch den Jugendsatanismus<br />

umfasst, die durch ihr Outfit – vielfach <strong>schwarze</strong> Kleidung und<br />

ungewöhnliche Formen des Schminkens – für Aufsehen und<br />

Ablehnung bei manchen MitbürgerInnen sorgt.<br />

Aufgabe der Politik, wie ich sie sehe, ist es, auch Raum für ungewohnte, subkulturelle<br />

Strömungen zu sichern, so fern diese im Rahmen der Gesetze agieren.<br />

Die vorliegende <strong>LOGO</strong>- Fachbroschüre, in einem langen, konstruktiven Prozess unter der<br />

wissenschaftlichen Leitung von Dr. Roman Schweidlenka, unterstützt von freiwillig<br />

mitarbeitenden InsiderInnen, erstellt, geht auf Inhalte und Entwicklungen der verschiedenen<br />

Strömungen der <strong>schwarze</strong>n <strong>Szene</strong> ein, die wir ja auch in der <strong>Steiermark</strong> kennen. Dabei<br />

werden viele Vorurteile ausgeräumt, die einzelnen Strömungen können auch vom<br />

Außenstehenden verstanden und eingeschätzt werden. Wenn damit auch mehr Toleranz und<br />

Sympathie für die in der <strong>Szene</strong> Tätigen geweckt wird, kommt die kritische Auseinandersetzung,<br />

vor allem mit Rechtsextremismus und Satanismus, nicht zu kurz. In diesem Zusammenhang ist<br />

es erfreulich zu lesen, dass sich die Grazer Metalszene erfolgreich gegen rechtsextreme<br />

Vereinnahmungsversuche gewehrt hat.<br />

Ihre<br />

Mag. a Elisabeth Grossmann<br />

Landesrätin für Bildung, Familie, Frauen und Jugend<br />

4


Vorwort der Leiterin der FA6A, HR. in Mag. a Alexandra Nagl<br />

Jugend bewegt. Sie erprobt neue Ausdrucksformen,<br />

entwickelt neue Lebensstile, reagiert auf die kulturellen und<br />

politischen Anforderungen ihrer Zeit. Manchmal gehen<br />

Jugendkulturen dabei ausgefallene Wege. Die <strong>schwarze</strong><br />

<strong>Szene</strong>, zu der WissenschaftlerInnen Metal, Gothic und<br />

Satanismus zählen, fordert die Gesellschaft immer wieder<br />

heraus.<br />

Das Outfit der <strong>Szene</strong>vertreter, meist <strong>schwarze</strong> Kleidung und ungewöhnliche Frisuren, ruft oft<br />

Misstrauen, sogar Aggressionen hervor. Die intensive Beschäftigung mit nicht christlichen<br />

religiösen Weltanschauungen, die vor allem den Bereich des neuen Heidentums betreffen,<br />

provozierte schon manche ideelle Auseinandersetzung. Nicht zuletzt führten rechtsextreme<br />

Unterwanderungsversuche der betreffenden Jugendszenen zu medialen Schlagzeilen.<br />

Unter der wissenschaftlichen Leitung von Dr. Roman Schweidlenka hat ein engagiertes Team<br />

jugendlicher MitarbeiterInnen eine zweite, völlig neu überarbeitete und erweiterte <strong>LOGO</strong>-<br />

Fachbroschüre zur <strong>schwarze</strong>n <strong>Szene</strong> entwickelt. Die vielfältigen Beiträge, die unterschiedliche<br />

Perspektiven beinhalten, garantieren ein Werk von hoher Qualität. Die Darstellung von<br />

Inhalten und Entwicklungen, die die angesprochenen Jugendkulturen prägen, bringen die<br />

Diskussion auf eine sachliche Ebene und entschärfen viele Sorgen und Ängste, die etliche<br />

Mütter und Väter haben, deren Kinder in der <strong>schwarze</strong>n <strong>Szene</strong> unterwegs sind. Gleichzeitig<br />

stellt die Fachbroschüre klar, dass – zumindest an den Rändern – auch antidemokratische<br />

Kräfte bemüht sind, die Jugendlichen über das Medium Musik für ihre eigenen Interessen zu<br />

vereinnahmen.<br />

Jugend lebt. Die Lektüre der vorliegenden Fachbroschüre führt das anschaulich vor Augen.<br />

Für diese vitale jugendliche Entwicklung, die nicht ohne Einflüsse auf die Erwachsenenwelt<br />

bleibt, sollen die notwendigen Rahmenbedingungen gesichert sein. Denn unsere Jugend ist<br />

unsere Zukunft.<br />

Ihre<br />

HR. in Mag. a Alexandra NAGL<br />

Leiterin der Fachabteilung 6A Gesellschaft und Generationen<br />

5


Über die Dynamik einer Fachbroschüre<br />

6<br />

Roman Schweidlenka<br />

Die <strong>schwarze</strong> <strong>Szene</strong>, ein Begriff, der Jugendkulturen wie Metal, Gothic, Jugend-Satanismus<br />

und ihre weit ausladenden, dynamischen Weiter- und Nebenentwicklungen umfasst, begleitete<br />

meine Arbeit im Rahmen der <strong>LOGO</strong> ESO.INFO bereits seit Mitte der neunziger Jahre. Aus<br />

Texten, die ich von Zeit zu Zeit zu dieser Thematik entwarf entstand allmählich eine<br />

beachtliche Sammlung. Die Religionswissenschaftlerin Simone Philipp konnte im Rahmen<br />

eines geförderten Projekts weitere Recherchen durchführen und einen Teil meiner Studien<br />

aktualisieren. So konnten wir 2004 die <strong>LOGO</strong>-Fachbroschüre „Die <strong>schwarze</strong> <strong>Szene</strong>“ der<br />

Öffentlichkeit präsentieren. Bereits damals halfen uns einige <strong>Szene</strong>ninsider bei der<br />

manchmal schwierig zu treffenden Einordnung verschiedener Trends und Bands. Was ich<br />

schnell erkannte: Auch bei den in der <strong>Szene</strong> Beheimateten gehen Einschätzungen und<br />

Perspektiven oft weit auseinander, was durchaus als gelebte Demokratie bewertet werden<br />

kann. Bald erreichten mich dann Statements zur Broschüre: Viele Zustimmende, auch solche<br />

mit konstruktiver Kritik.<br />

Nun ist die <strong>schwarze</strong> <strong>Szene</strong>, neben Goa, vermutlich die kreativste, die stärksten kulturellen<br />

Impulse vermittelnde, Jugendkultur unserer Gegenwart und daher in stetem Wandel. Das<br />

führte zur Erkenntnis, eine völlig überarbeitete, erweiterte Neuauflage in Angriff zu nehmen.<br />

Während ich die wissenschaftliche Leitung übernahm, leistete Veronika Strausz umfassende<br />

wissenschaftliche und organisatorische Arbeit, um die Broschüre zu einem fundierten Werk<br />

von, wie ich hoffe, hoher Qualität zu machen. Neben ausführlicher Recherche-, Analyse- und<br />

Schreibartbeit organisierte sie die Beiträge unserer ehrenamtlich arbeitenden Gastautoren und<br />

eine ganztätgige Arbeitsklausur mit hochkarätigen <strong>Szene</strong>ninsidern die vielfältige Erkenntnisse<br />

hervor brachte. René Molnar schließlich stellte uns gegen Ende der Arbeit an der Broschüre<br />

seine Fachstudie „Hitler´s Headbanger?“ selbstlos zur Verfügung, die die Grazer Metalszene<br />

analysierte.<br />

So danke ich neben den bereits erwähnten Kollegen Veronika Strausz, René Molnar und<br />

Simone Philipp unseren ehrenamtlich Mitarbeitenden Roland Filzwieser, Katharina<br />

Ganster, Benjamin Grilj, Alex Mikusch, Alexandra Koch (Textbeiträge); Frank Kumnig<br />

und Susanne Sackl (Anmerkungen) die sich aus Idealismus am Projekt beteiligten. Detailierte<br />

Autorenbiografien finden Sie im Anhang.


Ich hoffe, mit dieser Fachbroschüre dazu beizutragen, Klischees und Ängste über die<br />

behandelten markanten Jugendkulturen abzubauen, gleichzeitig aber auch den kritischen<br />

Finger auf problematische Randerscheinungen und Teilbereiche zu legen. Eine Anmerkung sei<br />

abschließend gestattet: In der <strong>Szene</strong>, auch in der medialen Welt, wird oft der Begriff „rechts“<br />

für rechtsextreme Gruppen und Ideologien verwendet. So haben sich „rechte Bands“, die<br />

eigentlich rechtsextrem sind, in der Literatur eingenistet. Wir konnten uns nicht völlig von<br />

dieser üblich gewordenen Begriffsverwendung frei machen. Um der Fairness und<br />

wissenschaftlichen Redlichkeit die erforderliche Ehre zu erweisen, möchte ich klar stellen, dass<br />

„rechts“ eine legitime politische Ideologie und Praxis der Demokratie darstellt, während<br />

„rechtsextrem“ meist mit antidemokratischen Einstellungen verbunden ist.<br />

Ich wünsche unserer <strong>LOGO</strong>-Fachbroschüre eine weite Verbreitung und interessierte<br />

Leserinnenschaft!<br />

Dr. Roman Schweidlenka<br />

Leiter der <strong>LOGO</strong> ESO.INFO<br />

7


Begriffsdefinitionen<br />

Rassismus:<br />

8<br />

Roman Schweidlenka<br />

Prozess, durch den soziale Gruppen auf Grund physischer, kultureller oder<br />

sozioökonomischer Merkmale oder Staatsangehörigkeit andere Gruppen als<br />

unterschiedlich wertig, beziehungsweise minderwertig, kategorisieren. Rassistisches<br />

Denken geht von der unabänderlichen Zugehörigkeit des einzelnen Menschen zu<br />

einer Volksgruppe aus. Dieser werden allgemeingültige Charakterzüge unterstellt, die<br />

dann auf alle Gruppenmitglieder projiziert werden. Es wird die natürliche<br />

Überlegenheit der eigenen Gruppe behauptet und dadurch das Recht zur<br />

Benachteiligung anderer Gruppen abgeleitet.<br />

Nationalismus:<br />

Selbst in einschlägigen Lexika findet man zu diesem Begriff keine einheitliche<br />

Definition. Am ehesten lässt sich Nationalismus als Forderung und Streben nach<br />

Schaffung und Sicherung eines Nationalstaates darstellen. Weiters ist er auch als<br />

aggressive Äußerung eines übersteigerten Nationalgefühls auf Kosten anderer<br />

Nationen und Nationalitäten verstehbar. Völkischer Nationalismus wird charakterisiert<br />

durch die Idee einer ethnisch reinen Nation, die auf genetischer Abstammung basiert.<br />

Rechtspopulismus:<br />

Ist eine Strömung, die seit Anfang der 1980er Jahre exisitert mittlerweile aber in ganz<br />

Europa verbreitet ist. Hier werden populäre Meinungen des Volkes oft widersprüchlich<br />

vertreten. Die Anhänger sehen sich als Vertreter von traditionellen, „echten“ Werten.<br />

Oft werden einfache Lösungen für komplexe Probleme angeboten. Rechtspopulismus<br />

zeigt sich auch in der Intoleranz gegenüber „Anderen“ und „Fremden“. Als Feindbilder<br />

gelten vor allem Ausländer, linke Demonstranten und „ausgeflippte“ oder nicht der<br />

bürgerlichen Norm angepasste Jugendliche.


Rechtsradikalismus:<br />

Um die nicht immer leicht zu bestimmende Grenzlinie zwischen Demokratie und<br />

Extremismus besser ziehen zu können, wurde der Begriff Rechtsradikalismus<br />

eingeführt. Gemeinsam mit dem Linksradikalismus bildet er die entgegengesetzten<br />

Eckpunkte eines Kontinuums, dessen Zentrum vom demokratischen Sektor gebildet<br />

wird.<br />

Rechtsextremismus:<br />

Gesamtheit von Einstellungen, Verhaltensweisen und Aktionen die von der rassisch<br />

oder ethnisch bedingten sozialen Ungleichheit der Menschen ausgehen, nach<br />

ethnischer Homogenität von Völkern verlangen und das Gleichheitsgebot der<br />

Menschenrechts-Deklaration ablehnen. Im Zusammenhang damit werden Demokratie<br />

und Multikulturalismus abgelehnt und bekämpft.<br />

Rechtsextremismus schließt folgende Anschauungen ein:<br />

Ablehnung des Prinzips der Gleichheit<br />

Ausländerfeindlichkeit<br />

Antisemitismus<br />

Ablehnung von Demokratie<br />

Gewaltakzeptanz und –bereitschaft<br />

Wunsch nach einem starken Führer<br />

Schwarz-Weiss-Malerei<br />

Glaube an Weltverschwörungstheorien<br />

Als Neonazistisch / Neofaschistisch<br />

bezeichnet man nur Organisationen, Parteien und Personen, die sich auf den 1922 in<br />

Italien unter Mussolini oder den 1933 in Deutschland unter Hitler zur Macht gelangten<br />

Faschismus beziehungsweise Nationalsozialismus berufen. Neonazismus ist ein<br />

radikalisierter und gewaltbereiter Rechtsextremismus. So ist jeder Neonazi ein<br />

Rechtsextremist, aber keineswegs jeder Rechtsextremist ein Neonazi.<br />

Wichtig: die Grenze zwischen den Strömungen verläuft oft fließend!<br />

9


DIE SCHWARZE SZENE<br />

Unter diesem Begriff werden heute für<br />

gewöhnlich subkulturelle Strömungen<br />

zusammengefasst, die auf Grund ihres<br />

optischen und akustischen Profils für<br />

Aussenstehende eine homogene Gruppe<br />

bilden, deren tatsächliche Schnittmenge<br />

sich aber lediglich durch ähnliche<br />

Vorlieben hinsichtlich Musik, Kunst,<br />

Mode und oft auch Ansichten bzgl. der<br />

gesellschaftlichen Situation bildet.<br />

Abb. 1<br />

Veronika Strauß<br />

„Die klassische Schwarze <strong>Szene</strong> wurde in den 1980ern und in der ersten Hälfte der<br />

1990er Jahre zunächst aus der Dark-Wave-Bewegung gebildet, deren Mitglieder<br />

ursprünglich in Jugendkulturen wie Punk, New Wave, Gothic, New Romantic<br />

oder im Post-Industrial-Umfeld verankert waren.“ 1 Ab Mitte der Neunziger Jahre<br />

wurden die Grenzen zwischen den <strong>Szene</strong>n immer diffuser. Dark Wave und<br />

Metalszene, sowie Mittelalter-, Neofolk- & Neuheidenszene rückten enger<br />

zusammen bzw. bedienten sich gegenseitig an den Stileigenheiten der anderen<br />

Genres. Dasselbe gilt für Teile der Electroszene. „Die Schwarze <strong>Szene</strong> präsentiert<br />

sich heute als eine [...] alternative Bewegung junger (und nicht mehr ganz so junger)<br />

Menschen, deren Erscheinungsbild von einer bemerkenswerten Vielfalt ist.<br />

Symptomatisch für diese Vielfalt ist auch die Schwierigkeit, einen geeigneten<br />

Oberbegriff für diese <strong>Szene</strong> zu finden.“ 2<br />

1 http://de.wikipedia.org/wiki/Schwarze_<strong>Szene</strong>, 2011.<br />

2 Farin, 2001, S. 147.<br />

11


Die Vielfalt, die durch die Vermischung dieser <strong>Szene</strong>n entstanden ist, bringt aber<br />

nicht nur kreatives Potential mit sich. Vielfach tauchen Vorwürfe der „Verwässerung“<br />

und Kommerzialisierung auf, was gegen die Grundideen vieler Basisströmungen<br />

verstoßen würde. 3 Die Befürchtung des „Ausverkaufes“ ist naheliegend, sieht man sich<br />

die mitlerweile ins uferlose expandierenden (ehemaligen) <strong>Szene</strong>- bzw. Underground<br />

Festivals, Lokale, Verkaufsläden und Versandhandelvertriebe an.<br />

Die Frage, welche Gruppierungen nun genau unter den Begriff „Schwarze <strong>Szene</strong>“<br />

fallen, ist nicht einmal von <strong>Szene</strong>vertretern eindeutig zu beantworten. Obwohl<br />

sicherlich größtenteils ein Gefühl der Solidarität entstehen kann, wenn Teile der<br />

<strong>Szene</strong> öffentlichen Angriffen ausgesetzt werden, so gilt in „friedlichen Zeiten“<br />

untereinander wohl eher der Spruch „Familie kann man sich nicht aussuchen“.<br />

Im Umfang dieser Broschüre werden im speziellen die Metal- und Gothic <strong>Szene</strong><br />

beachtet, in ihren Grundlagen erklärt und hinsichtlich ihrer Einflüsse<br />

antidemokratischer, satanistischer, okkultistischer und esoterischer Art beleuchtet.<br />

Jedoch sehen die Verfasser die hier nur am Rande erwähnten <strong>Szene</strong>n Dark Wave,<br />

Neofolk, Industrial, Medivial und Electro genau so zugehörig zur großen „Familie“ der<br />

„Schwarze <strong>Szene</strong>“.<br />

3 Vgl. dazu: Fiebag, 2006, S. 80, und http://de.wikipedia.org/wiki/Schwarze_<strong>Szene</strong>, 2011.<br />

12


HEADBANGER SCHOCKEN DAS SYSTEM: METAL<br />

14<br />

Roman Schweidlenka / Veronika Strauß<br />

Da der ursprünglich für die gesamte <strong>Szene</strong> verwendete Begriff „Heavy Metal“<br />

inzwischen nurmehr ein bestimmtes Subgenre bezeichnet, wird in der Broschüre der<br />

Überbegriff „Metal“ für die Gesamtheit der Strömungen verwendet.<br />

Metal war in den späten achtziger und frühen neunziger Jahren eine der beliebtesten<br />

und zugleich von konservativen Moralhütern am meisten gefürchtetsten<br />

Musikrichtungen. 1984 brachte der so genannte „Heavy Metal“ bereits 10% des<br />

Gesamtumsatzes der Musikindustrie ein, ab 1987 war trotz massiver Widerstände von<br />

Metalgegnern ein „Peak“ erreicht. Nach einer Krise, in der das Interesse sowohl an<br />

der Musik, als auch an der Subkultur massiv zurück ging, breitete sich spätestens ab<br />

Mitte der neunziger Jahre eine rundum erneuerte Metalbewegung aus, die sowohl<br />

die „Urformen“ zuließ, als auch Anleihen bei anderen Musikstilen nahm. Metal<br />

entwickelte sich zu einer gesellschaftlich relevanten <strong>Szene</strong> und damit zu einem<br />

kontinuierlich wachsenden Wirtschaftsfeld. Die Musik, die Künstler und die Anhänger<br />

des Metal werden häufig als musikalisch, kulturell und sogar intellektuell oberflächlich<br />

angesehen. Tatsächlich hat Metal die Konturen der Rockmusikgeschichte neu<br />

geschärft und damit einhergehend auch die Sexualpolitik, kulturelle und ästhetische<br />

Normen und sogar die Musikindustrie in den Vereinigten Staaten, Europa und<br />

anderen fortgeschrittenen Demokratien neu mitgeprägt. 4<br />

Trotz des hohen Erfolgskurses hat Metal fast ebensoviele Gegner wie Fans. So fordern<br />

zahlreiche „Experten“ seit Beginn der achtziger Jahre ein Verbot des Metal. Der<br />

Hauptvorwurf lautet: Verbreitung von satanistischen Ideologien und Anstiftung zu<br />

ebensolchen Praktiken. Auch Drogeneinnahme, Sexismus, „Unzucht“, Gewalttätigkeit<br />

und Selbstmord sowie antidemokratische und neonazistische Betätigung sollen mit<br />

dem Metal einher gehen.<br />

4 LeVine, 2010, S. 11.


Bettina Roccor beschreibt die Problematik der selbsternannten Experten in ihrem<br />

Buch „Heavy Metal – Die Bands, die Fans, die Gegner“ vortrefflich, indem sie<br />

anmerkt: „Es sind in der Regel Menschen mit Hochschulabschluss, die ihre Ansichten<br />

über Heavy Metal in der Öffentlichkeit äußern dürfen – der Titel verleiht ihnen eine<br />

Autorität, die den meisten Fans fehlt. Der Normalbürger ohne nähere<br />

Hintergrundinformation schenkt automatisch eher dem Herrn in Anzug und Krawatte<br />

Glauben als dem nietenbewehrten, tätowierten, mit Schmuck behängten<br />

Langhaarigen in schmuddeligen Jeans und Lederweste.“ 5<br />

Was ist eigentlich Metal? Auf welchen (musik)historischen Hintergrund baut diese<br />

<strong>Szene</strong> auf? Und was ist dran an den Vorwürfen der Kritiker? Die vorliegende<br />

Broschüre hofft, ein weiteres kleines Stück dieses großen, problembehafteten Feldes<br />

zurück in die lebendige Diskussion bringen und angemessen beleuchten zu können.<br />

2.1 Der Begriff (Heavy) Metal<br />

Um den später für etliche, sich aus Hard/Heavy Rock entwickelnde Gruppen<br />

verwendeten Begriff des „Heavy Metal“ ranken sich zahlreiche Entstehungs- bzw.<br />

Einführungsmythen.<br />

„The Soft Machine“, der 1962 veröffentlichte Roman von William Burroughs<br />

beinhaltet die Figur des „Uranian Willy, the Heavy Metal Kid“. Wikipedia spricht<br />

dabei von einer „frühe[n] Verwendung [des Begriffes] im populärkulturellen Kontext“ 6 .<br />

Weiters wird darauf verwiesen, dass die Veröffentlichung seiner Werke die spätere<br />

Begriffsentwicklung der <strong>Szene</strong>- und Stilbezeichnung vermutlich beeiflußt hat.<br />

Steppenwolf sang 1968 im Klassiker „Born to be wild“ von „heavy metal<br />

thunder“.<br />

5 Roccor, 1998, S. 15.<br />

6 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Heavy_Metal, 2011.<br />

15


16<br />

„I like smoke and lightning<br />

Heavy metal thunder<br />

Racin’ with the wind<br />

And the feelin' that I’m under“<br />

Steppenwolf, Born to be Wild, 1968<br />

Daneben gibt es die militärische Bezeichnung „heavy metal“ für schwere Waffen und<br />

den chemischen Begriff des „heavy metal“ für Schwermetall. Unleugbar<br />

dokumentiert ist die Anwendung des Begriffes „Heavy Metal“ auf die Musikszene in<br />

einer 1971 erschienen Ausgabe der Zeitschrift „Creem“, in der es in einem Review 7<br />

heißt:<br />

„All you true blue Heavy fans, take heart. This album is a crusher. […] Sir Lord<br />

Baltimore seems to have down pat most all the best heavy metal tricks in the<br />

book.“ 8<br />

Die Bezeichnung wurde auch für die Musik von Led Zeppelin und Black Sabbath<br />

verwendet, wobei sich der Begriff zuerst in den USA und ab ca. 1979 in Europa<br />

durchsetzte.<br />

„(Heavy) Metal“ stand und steht für Härte und Unverwüstlichkeit. In ebendieser<br />

Tradition wirbt zum Beispiel das weltgrößte Metal Festival „Wacken Open Air“ 9 mit<br />

den Slogans „Faster, Harder, Louder“ 10 und „Louder Than Hell“. Auch die im<br />

englischen und deutschen Sprachraum sehr verbreitete Redewendung: „Ist es zu<br />

7<br />

Die Kritik bezieht sich auf das Album „Kingdome Come“ der amerikanischen Band „Sir Lord<br />

Baltimore“.<br />

8<br />

http://www.creemmagazine.com/_site/BeatGoesOn/SirLordBaltimore/KingdomCome001.html,<br />

2011.<br />

9<br />

www.wacken.com<br />

10<br />

Woher der Slogan, der 1994 von der österreichischen Hard Rock und Heavy Metal Band „Alkbottle“<br />

zu „Blader, fetter, lauter & a bissl mehr“ persifliert wird, originär stammt, ist leider nicht<br />

nachvollziehbar.


laut, bist du zu alt! / If it’s too loud, you’re too old!“ 11 lässt sich hier einbinden,<br />

wobei in letzterer Wendung auch noch der Bezug zur ausdrücklichen Jugendszene<br />

hinzu kommt. So wesentlich die jugendlich-revolutionäre Prägung des Metal in seinem<br />

Ursprung war – in den letzten Jahren und Jahrzenten hat sich auch hinsichtlich des<br />

Alters der Mitglieder in dieser <strong>Szene</strong> einiges verändert.<br />

<strong>Szene</strong>-Insider wie René Molnar 12 weisen, wie am Anfang des Kapitels angemerkt,<br />

darauf hin, dass als Überbegriff heute nur noch „Metal“ legitim sei, da sich neben der<br />

Spielart, welche als „Heavy Metal“ bezeichnet wird, noch eine Vielzahl anderer<br />

„Metal“-Stilrichtungen entwickelt haben. In der öffentlichen Diskussion hat sich der<br />

Begriff „Heavy Metal“ aber derart verankert, dass eine Korrektur nur schwer möglich<br />

ist.<br />

2.2 Geschichte und Strömungen des Metal<br />

Die Wurzeln dieser Musikrichtung reichen bis in die sechziger Jahre zurück, konkret<br />

in die englische Arbeiterklasse mit ihrer damals noch relativ ungebrochenen<br />

Arbeiterkultur, die Rocker und Skins prägten. Dieser Arbeiterkultur werden von<br />

Soziologen die Eigenschaften hierarchisch, territorial und maskulin zugeordnet.<br />

Körperliche Kraft stand hoch im Kurs.<br />

In ebendiesem Umfeld wuchs der 1948 geborene Ozzy Osbourne 13 als „Spinner“,<br />

Querdenker und Rebell auf. Nach zahlreichen Gelegenheitsjobs und einer<br />

Gefängnisstrafe, die er auf Grund einiger Einbrüche absaß, gründete er 1968 mit<br />

einigen Schulfreunden die Polka Tulk Blues Band. Als zwei Mitglieder die Gruppe<br />

verließen, erfolgte die Umbenennung in Earth. Musikalisch waren v. a. Jazz und Blues<br />

dominant. Im Gegensatz zur anlaufenden Love & Peace-Bewegung waren die Songs<br />

von Earth „böse“ und beschäftigten sich mit Hass, Unrecht, Gewalt, Repression und<br />

11<br />

Mancherorts wird behauptet, die Wendung sei von Ted Nugent, einem US-amerikanischen<br />

Rockmusiker geprägt worden.<br />

12<br />

Geschäftsführer des Jugendkulturzentrums Explosiv, Metal-Musiker, siehe Autorenbiographie.<br />

13<br />

Bürgerlicher Name: John Michael Osbourne.<br />

17


Verzweiflung. Um Verwechslungen mit einer gleichnamigen Band zu vermeiden wurde<br />

die Band 1969 nach einem von Geeze Butler, dem Bassisten der Band geschriebenen<br />

Song, Black Sabbath 14 benannt. Gleichzeitig erfolgte ein Stilwechsel – tiefer<br />

gestimmte Gitarren unterstützten die besondere Düsterheit der von virtuosen Soli<br />

durchzogenen Musik.<br />

Ihre Bühnenshow wurde zunehmend okkulter und beinhaltete Utensilien wie<br />

Grabkreuze und <strong>schwarze</strong> Kerzen. Mit Aktionen wie symbolischen Menschen-,<br />

Mädchenopferungen machten Black Sabbath besonders schnell von sich reden. Die<br />

Fans fanden sich auf den Konzerten in einer Welt der Dunkelheit wieder, die Band<br />

zelebrierte nach Selbsteinschätzung symbolisch die „Austreibung“ des Bösen.<br />

Der Aufstieg von Black Sabbath war auch die Zeit, in der in Künstlerkreisen der<br />

Satanismus Anton Szandor LaVeys 15 populär wurde. Die entsetzten Reaktionen, die<br />

Boykotte durch die Fachpresse und Radiosender waren für Black Sabbath die beste<br />

Werbung. Die Band setzte bewusst auf den inszenierten Okkultismus, begleitet von der<br />

Sensationspresse, die über <strong>schwarze</strong> Messen, Entjungferungs- und Tieropferrituale auf<br />

der Bühne berichtete. Wegen seiner extremen Drogen- und Alkoholexzesse trennte<br />

sich Black Sabbath 1981 von „Madman“ Ozzy Osbourne, der nach Entziehungskuren<br />

erfolgreich als Solokünstler weitermachte und bis heute für volle Konzerthallen und<br />

Festivalwiesen sorgt.<br />

Neben Black Sabbath zählen Deep Purple 16 und Led Zeppelin 17 , die kommerziell<br />

erfolgreichste der drei Bands, zu den „Vätern“ des Hard bzw. Heavy Rock auf deren<br />

Basis sich der Metal erst entwickeln konnte.<br />

Frontman Jimmy Page 18 von Led Zeppelin (gegründet 1968) bekannte sich zu<br />

schwarzmagischen Praktiken und eröffnete einen Buchladen für okkulte Literatur. Des<br />

14<br />

Anspielung auf den gleichnamigen italienischen Horrorfilm von Mario Bava,1963.<br />

15<br />

siehe dazu Kapitel „LaVeys Satanismus“.<br />

16<br />

www.deeppurple.com, 2011.<br />

17<br />

www.ledzeppelin.com, 2011.<br />

18


Weiteren kaufte er das ehemals von Aleister Crowley 19 bewohnte Boleskine-Haus<br />

am Ufer des Loch Ness in Schottland, in dem 1980 der Schlagzeuger der Band an<br />

seinem Erbrochenen erstickte. Dieses Ereignis schien in manchen Augen den „Beweis“<br />

für den ledzeppelinschen Teufels-Pakt zu erbringen.<br />

Dem Heavy Rock kann zwar durchaus nachgesagt werden, emotionalen Entladungen<br />

zu dienen und Möglichkeit zum „Heraussschreien“ des Alltagsfrusts zu bieten, sie kann<br />

aber nicht, wie lange tradiert, nur als aggressives Geschrei 20 per se abgetan werden.<br />

„Die Formen des Schreiens in Stilen wie Hard Rock oder Heavy Metal sind weniger als<br />

einfaches Geschrei zu bezeichnen, sondern einer besondere Form des gesanglichen<br />

Ausdrucks, der ebenso wie ein Belcanto 21 erlernt werden muss.“ 22 Als stiltypisch<br />

erklärte Vorurteile vereinfachen und verzerren das Verständnis des Genres stark. 23<br />

Trotzdem ist festzustellen, dass in den Urspüngen der Heavy Rock Musik, Musiker und<br />

Publikum meist aus derselben benachteiligten Unterschicht stammten. So waren die<br />

Texte extrem hart, laut und unbequem. Sie hatten nicht die Love & Peace-Freiräume<br />

der Hippies zum Thema, sondern Preßlufthämmer, Straßenlärm, Kreissägen und<br />

Maschinengewehre; extreme Gesellschaftskritik. Die kritischen Töne, zugegeben nicht<br />

immer einfach zu erahnen, wurden von der Öffentlichkeit oft vollständig ignoriert. Die<br />

offizielle Elite des Rock und die dazugehörenden Medien wollten sich mit diesem<br />

proletarischen Auswuchs nicht weiter beschäftigen. Eine eher musiktheorethisch<br />

ausgerichtete Betrachtung macht den Unterschied zwischen Hard Rock und Heavy<br />

Metal wie folgt fest: „Für die Begleitgitarre im Hard Rock sind Quintakkorde auf<br />

Grund ihres besonders im Verbindung mit Verzerrung harten Klanges typisch,<br />

während im Heavy Metal eher der Gebrauch von Quartakkorden vorgesehen ist.“ 24<br />

18<br />

Bürgerlicher Name: James Patrick Page.<br />

19<br />

Okkultist, Kabbalist, Magier, Mystiker, Poet und Verleger, 1875-1947.<br />

20<br />

Vgl. Kemmelmeyer, 2006, S. 189.<br />

21<br />

Ital. „schöner Gesang“.<br />

22<br />

Finkl, 2009, S. 28.<br />

23<br />

Vgl. ebda.<br />

24<br />

www.radical-music.com/genres_de/rock/hard_rock.html, 2011.<br />

19


In Kanada punktete in den siebziger Jahren die Heavy Rock-Band Rush 25 und in<br />

Australien gründeten sich AC/DC 26 , die als eine der beliebtesten und langlebigsten<br />

Formationen dieser Art bezeichnet werden kann. In Deutschland etablierten sich zur<br />

selben Zeit die Scorpions 27 . Rund um den Globus bildeten sich „Heavy“-Bands – die<br />

„<strong>Szene</strong>“ begann sich in größerem Ausmaß zu bilden.<br />

Zu den Pionieren der in den späten Siebziger bzw. frühen achtziger Jahren neuen<br />

Musikrichtung Heavy Metal zählt die Band Judas Priest 28 (gegründet 1969), deren<br />

Mitglieder aus der englischen Arbeiterstadt Birmingham stammen. In der Anfangszeit<br />

wechselten sich noch Jobs am Bau mit diversen Musikauftritten ab. Judas Priest hatten<br />

schließlich mit einem neuen Outfit Erfolg: hautenges, <strong>schwarze</strong>s Leder, Nieten und<br />

Ketten. Dieses gern als „Machokluft“ gesehene Outfit wurde im Lauf der Zeit<br />

kennzeichnend für die Heavy Metal-<strong>Szene</strong>. Zu Beginn eines Konzerts erschienen die<br />

Bandmitglieder auch gerne mit einen Motorrad, üblicher Weise einer Harley Davidson<br />

auf der Bühne – einem Symbol für Freiheit und Abenteuer. Gerade vor dem<br />

Hintergrund des damals so exzessiv männliche Macht und Potenz demonstrierenden<br />

<strong>Szene</strong>-Umfelds ist es interessant, dass Judas Priest-Sänger Rob Halford 29 der erste<br />

Metal-Sänger war, der sich öffentlich zu seiner Homosexualität bekannte – allerdings<br />

erst 1998. Die Band ist auch heute noch sehr erfolgreich.<br />

Den ersten großen Generationswechsel innerhalb des Metal, der zu Beginn der<br />

achtziger Jahre stattfand, kennzeichnet der Begriff „New Wave of British Heavy<br />

Metal“ (NWoBHM).<br />

Das Aufkommen der NWoBHM signalisierte die Rebellion gegen die kommerzielle<br />

Zähmung des Rock, gegen den Kapitalismus, gegen die Unterhaltungsindustrie und<br />

für die künstlerische Autonomie und Authentizität der Musikgruppen. Scharen von<br />

Fans, als „neue Wilde“ bezeichnet, füllten die Pubs an speziellen Metal-Clubabenden.<br />

25 www.rush.com, 2011.<br />

26 www.acdc.com, 2011.<br />

27 www.the-scorpions.com, 2011.<br />

28 www.judaspriest.com, 2011.<br />

29 *1951, Sutton Coldfield, Warwickshire, England.<br />

20


Neben dem üblichen <strong>schwarze</strong>n Lederoutfit gab es die „Kutte“, üblicher Weise eine<br />

ärmellose Jeans- oder Lederweste mit Aufnähern („patches“) der verschiedenen<br />

Lieblingsbands. 30 Die Eigenständigkeit dauerte so lange, bis die großen Plattenfirmen<br />

die bis dahin verpönte Musikrichtung entdeckten und vermarkteten.<br />

Mit der NWoBHM begann auch die Aufsplitterung des Genres.<br />

Zu den Bands dieser Zeit zählten neben Judas Priest unter anderem Girlschool, Iron<br />

Maiden, Motörhead und Saxon. Die Bands der NWoBHM werden heute oft unter dem<br />

Subgenre-Begriff Heavy Metal zusammengefasst.<br />

Zeitgleich mit der Revolution des Punkrock veröffentlichte die Band Motörhead 31 ihre<br />

ersten erfolgreichen Alben. Der ehemalige „Jimi Hendrix Experience“–Roadie und<br />

Frontman der Band Ian „Lemmy“ Kilmister 32 bildete optisch und künstlerisch einen<br />

Kontrast zu den etablierten „hübschen Rockstarjungs“ 33 . „Er war ein schlagfertiges und<br />

charismatisches Argument für ein gefährliches Leben und wurde zum Großherzog der<br />

dreckigen Gleichgültigkeit; Fans imitierten seine Outlawkleidung aus Patronengürteln,<br />

Jeansweste, Cowboyhemden und Motörhead-Aufnähern. […] Black Sabbath hatten<br />

den Heavy Metal eingeführt, Judas Priest verliehen im Glanz, und Motörhead<br />

stabilisierten ihn mit neuem Mumm. Heavy Metal schluckte den Punkrock und drängte<br />

weiter voran.“ 34<br />

1981 erschien erstmals Kerrang! 35 – ursprüglich eine<br />

Beilage zum britischen Musikmagazin Sounds. Dieses<br />

„Nebenprodukt“ wurde zu einem wichtigen Medium der<br />

NWoBHM und verdrängte schließlich sein<br />

Herkunftsmagazin vom Markt. Die Titelseite der<br />

Erstausgabe zierte Angus Young von AC/DC.<br />

30<br />

Zahlreiche Beispiele für „Kutten“ gibt in der der „Kuttengalerie“ von igelmetal.de:<br />

http://www.igelmetal.de/uploads/oldschool/kutten/kutten.htm, 2011.<br />

31<br />

Gegründet 1975, Großbritannien, www.imotorhead.com, 2011.<br />

32<br />

* 1945, in Stoke-on-Trent, Staffordshire, England.<br />

33<br />

Christe, 2004, S. 42.<br />

34<br />

Ebda.<br />

35<br />

www.kerrang.com, 2011.<br />

Erstausgabe „Kerrang“<br />

Abb. 2<br />

21


„1980 stand die Bewegung in voller Blüte […]. Obwohl es sich hauptsächlich um<br />

aufstrebende Londoner Bands handelte, dominierten sie mit ihren überzeugenden<br />

Liveauftritten den Heavy Metal des kommenden Jahrzehntes.“ 36 Im selben Jahr<br />

erschien das gleichnamige Debüt-Album der Band „Iron Maiden“ 37 , die hinsichtlich<br />

der stilistischen Entwicklung des Heavy Metal eine zentrale Rolle spielte. Der von<br />

Steve Harris 38 etablierte Bandname dürfte auf das mittelalterliche Foltergerät, die<br />

„Eiserne Jungfrau“ zurückzuführen sein. Eine weitere Dimension erhielt der Name<br />

durch die Anspielungen auf die damalige Parteivorsitzende der britischen<br />

Konservativen, Margaret Thatcher (die sich selbst als „Iron Lady“ bezeichnete), deren<br />

Konterfei die Cover der Singles „Women in Uniform“ und „Sanctuary“ ziert. Auf<br />

erstgenanntem lauert sie dem Bandmaskottchen „Eddie“ mit einem Maschinengewehr<br />

auf, auf dem zweiten wird sie bei dem Versuch ein Konzertplakat von „Iron Maiden“<br />

herunterzureißen von „Eddie“ getötet. „Die britische Regierung reagierte auf die<br />

Beliebtheit der Platte mit Zensur […]“ 39 und ließ Teile des Gesichtes von Thatcher<br />

verdecken.<br />

36 Christe, 2004, S. 53.<br />

37 Gegründet 1975, Großbritannien, www.ironmaiden.com, 2011.<br />

38 Stephen P. Harris, *1956 in London, England. Bassist und Songwriter der Band „Iron Maiden”.<br />

39 Christe, 2004, S. 48.<br />

22<br />

Women in Uniform Sanctuary<br />

Abb. 3 Abb. 4


Obwohl bereits 1975 gegründet, stellten sich die ersten musikalischen Erfolge der<br />

Gruppe erst zu Beginn der 80er Jahre ein. „Mit der Single Running Free traten Iron<br />

Maiden bei BBCs Top of the Pops auf und spielten dort als erste Band seit The Who<br />

ohne Playback. Damit wurden sie ebenso außerhalb der Umgebung Londons<br />

bekannt. Es folgte eine ausgedehnte Großbritannien-Tournee als Vorband von Judas<br />

Priest, eine Europatournee mit den US-Hardrockern KISS 40 und ein Auftritt im<br />

Vorprogramm von UFO 41 im Rahmen des Reading-Festivals.“ 42<br />

Iron Maiden verstanden es, inhaltlich Arbeiter-Ethos, (öko-)politische Themen und<br />

Horror zu abenteuerlichen Geschichten zu verbinden und musikalisch fundiert auf die<br />

Bühne zu bringen. Der Einsatz einer zweiten Leadgitarre gilt unter vielen Fans als einer<br />

der Schlüssel zu ihrer musikalischen Durchsetzungskraft. Das Album „Killers“ steigerte<br />

ihre internationale Popularität was zu Spannungen 43 mit dem Sänger Paul Di’Anno 44<br />

und schließlich zu dessen Rausschmiss führte. Der Einstieg von Bruce Dickinson 45 als<br />

neuer Frontman von Iron Maiden erwies sich als äußerst fruchtbar.<br />

„Im August 1980 präsentierte Sounds 46 ein Konzert mit dem Titel Monsters of Rock,<br />

bei dem Judas Prist, Saxon, die Scorpions, Rainbow, Riot, April Wine und<br />

sechzigtausend Fans auf dem Gelände von Castle Donington zum ersten reinen<br />

Heavy-Metal-Festival zusammenkamen.“ 47 Rückbetrachtet war die wichtigste<br />

Dimension dieser Zusammenkunft war laut Ian Christe, „dass die loyalen Heavy-<br />

Metal-Fans in Massen herbeiströmten, sobald sie zeigen durften, wie zahlreich sie<br />

waren.“<br />

40<br />

Gegründet 1973, New York City, New York, USA, www.kissonline.com, 2011.<br />

41<br />

Gegründet 1969, London, England, www.ufo-music.info, 2011.<br />

42<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Iron_Maiden, 2011.<br />

43<br />

Vgl. Christe, 2004, S. 58.<br />

44<br />

Bürgerlicher Name: Paul Andrews, *1958 in Chingford, England. 1977-1981 Sänger von Iron<br />

Maiden.<br />

45<br />

Bürgerlicher Name: Paul Bruce Dickinson, *1958 in Worksop, Nottinghamshire, England. 1981-<br />

1993 und gegenwärtig seit 1999 Sänger von Iron Maiden.<br />

46<br />

Britisches Musikmagazin, das vom Spin-Off „Kerrang!“ (ursprünglich als Beilage von Sounds<br />

erschienen) abgelöst wurde. Siehe S. 27.<br />

47<br />

Christe, 2004, S. 49.<br />

23


Das Monsters of Rock entwickelte sich zum bedeutendsten Heavy-Metal-Festival der<br />

80er und frühen 90er Jahre. Auch Iron Maiden traten mehrmals in Donington auf. 48<br />

Ebenfalls aus dem NWoBHM Umfeld stammt die heute dem „Black Metal“<br />

zugeordnete Formation Venom 49 . Ihre erste Single „In League with Satan / Live Like<br />

an Angel” erregte auf Grund ihrer antichristlichen Aussagen Aufmerksamkeit. Ian<br />

Christe wirft (und das sicher nicht als Einziger) der Band musikalisches Unvermögen<br />

vor, gesteht ihren aber durchaus künstlerische Qualitäten zu. „Venom brachen mit der<br />

Vorstellung von Sorgfalt und künstlerischer Rafinesse und ersetzten sie durch einen<br />

aufregenden chaotischen Strudel.“ 50 Das zweite Album trug den Titel „Black Metal“<br />

und wurde so zum Namensgeber für ein ganzes Subgenre. 51 Musikalisch beeiflussten<br />

Venom auch die Richtungen Speed Metal, Thrash Metal und Death Metal. Sie<br />

genießen in der <strong>Szene</strong> Kultstatus.<br />

Metal traf in den Vereinigten Staaten von Amerika direkt auf das abebbende<br />

Diskofieber und die Überbleibsel der Punkbewegung. Nur allmählich entwickelte sich<br />

auch hier eine zusammenhängende <strong>Szene</strong>. Durch das Tauschen von Musikkassetten<br />

und <strong>Szene</strong>magazinen versuchten die Fans an Neuigkeiten über Bands und Konzerte<br />

heran zu kommen. „Als Metalhead musste man aussergewöhnlich engagiert sein, um<br />

an neue Musik zu kommen“. 52 Amerikanische Metal-Magazine gab es vorerst nicht,<br />

sehr wohl aber aufstrebende Metal-Bands.<br />

Als Wegbereiter des US-amerikanischen Metal gelten vorallem (Hard) Rock-<br />

Formationen wie Van Halen 53 (Westküste) und Kiss (Ostküste). „Die Musik von Kiss<br />

war eine kommerziell funktionierende Mischung aus hymnischem, gitarrengeprägtem<br />

48<br />

Nach Höhenflügen in den 80er und frühen Jahren bargen die späten 90er einige Krisen. Bruce<br />

Dickinson und Adrian Smith (Gitarre) verließen die Band, kehrten aber beide 1999 wieder zurück. Iron<br />

Maiden erlebten – püktlich zur „Wiederauferstehung des Metal“ ein Comeback der Sonderklasse. Die<br />

ansonsten ansich sehr stiltreu operierende Gruppierung vollzog 2006 einen deutlichen Schwenk hin zu<br />

einer progressiven Spielweise.<br />

49<br />

Gegründet 1979, Newcastle, England, www.venomslegions.com, 2011.<br />

50<br />

Christe, 2004, S. 54.<br />

51<br />

Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Venom_(Band), 2011.<br />

52<br />

Christe, 2004, S. 62.<br />

53<br />

Gegründet 1974, Pasadena, Kalifornien, USA, www.van-halen.com, 2011<br />

24


Hard Rock und Balladen, bei denen die Gitarren dann wegflossen. Das war der<br />

Sound, der den „Stadion-Rock“ und das „Pop-Metal“ ermöglichten, die später in den<br />

1980er Jahren die Rockmusik beherrschten.“ 54 Van Halen wird von Christe als DER<br />

musikalische Vorreiter des Metal genannt. „Spielte man 1980 in Los Angeles etwas,<br />

das auch nur entfernt nach Heavy Metal klang, ohne Van Halen zu sein… galt man<br />

als Idiot.“ 55 Auch Alice Cooper 56 , der mit Horror-Schock-Effekten seine Kritik an der<br />

bürgerlichen Doppelmoral auszurücken suchte, kann dazu gezählt werden. „Ozzy<br />

Osbourne“ 57 , der in Los Angeles wohnte, seit er mit Black Sabbath 1976 dort hin<br />

übersiedelt war, schaffte den Brückenschlag zwischen den europäischen und<br />

amerikanischen Einflüssen.“ 58<br />

Der amerikanische Metal war in seinen Anfängen düster und aufgeladen mit<br />

Showeffekten. Es entwickelten sich zahlreiche neue Stilrichtungen. „Den ursprünglichen<br />

Heavy Metal an Geschwindigkeit und Aggressivität übertreffend, entwickelten sich so<br />

in den USA der vom Hardcore-Punk beeinflusste Thrash Metal und der Speed Metal<br />

[…].“ 59 Parallel dazu etablierte sich Glam Metal. Auch in Europa erfolgten<br />

Weiterentwicklungen.<br />

Als die Hard’n’ Heavy Welle nach Österreich kam geschah dies im Underground<br />

und unter starker Einflussnahme der deutsche Nachbaren. Einige lokale Bands waren<br />

aber durchaus bekannt: „[…] U8, No Bros, Blind Petitition, Cat Walk, Sextiger,<br />

Ballroom Blitz. Was sich konkret im österreichische Underground tat, ist nicht<br />

überprüfbar, da es keine gesicherte Dokumentation des Geschehens gibt.“ 60 Auch<br />

über die Entwicklung der eigentlichen Metal <strong>Szene</strong> ist wenig bekannt. Sicher ist, dass<br />

provokante Vorarbeiter wie Drahdiwaberl 61 den kritischen Umgang mit politischen<br />

Themen und das Aufzeigen sowohl von gesellschaftlich tolerierten menschlichen<br />

54 Erlewine, 1995.<br />

55 Christe, 2004, S. 62.<br />

56 *1948 in Detroit, Michigan, USA, bürgerlicher Name: Vincent Damon Furnier, www.alicecooper.com,<br />

2011.<br />

57 *1948 in Aston, Birmingham, England, www.ozzy.com, 2011.<br />

58 Christe, 2004, S. 63.<br />

59 http://de.wikipedia.org/wiki/Metal, 2011.<br />

60 Anastasiadis, 2000, S. 171.<br />

61 Gegründet 1969, Österreich, www.drahdiwaberl.at, 2011, Hardrock / Heavy Metal / Punk.<br />

25


Grausamkeiten, als auch tabuisierten „Grauslichkeiten“ einen Platz auf der Bühne des<br />

Metal sicherten. Aber auch die okkulten und rechts bis rechtsextrem orientierten<br />

Strömungen scheinen durchaus auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein.<br />

Bedeutsam waren in den ersten Jahren auch die Formation No Bros 62 , deren Hit<br />

„Heavy Metal Party“ Geschichte geschrieben hat und Liquid Gallon, die allerdings<br />

nie einen Plattenvertrag bekamen.<br />

Auf Grund der chronologischen Gleichzeitigkeit und wechselweisen<br />

Beeinflussung sind nachfolgend ohne zeitliche oder geographische<br />

Reihung einige Subgenres beschrieben.<br />

Lite Metal<br />

Musikalisch bereits in den siebziger Jahren durch US-amerikanische Hard Rock Bands<br />

wie KISS oder Aerosmith 63 vorbereitet, wurde die Genrebezeichnung später auf<br />

Gruppen wie Van Halen oder Bon Jovi 64 übertragen. Die Texte des Lite Metal<br />

behandeln gern tabuisierte Themen wie Sexualität und Lust. Der Begriff „Lite Metal“ ist<br />

allerdings umstritten. Sam Dunn rechnet z.B. Van Halen und Guns’n’Roses 65 der<br />

Kategorie Pop Metal 66 zu, die aber (zumindest in Europa noch) nicht als geläufige<br />

Bezeichnung gesehen werden kann. Gerade die Zuordnung von Bands in diesem<br />

speziellen Bereich des Metal erweist sich als schwierig und uneinheitlich. So kann es<br />

geschehen, dass dieselben Bands als dem Lite, dem Glam, dem Hair und dem Power<br />

Metal zugehörig beschrieben werden. Bettina Roccor 67 blendet z.B. die Bezeichnung<br />

Lite Metal völlig aus und führt die hier unterschiedlich kategorisierten Gruppen alle<br />

unter Glam Metal.<br />

62<br />

Gegründet 1974, Österreich, www.nobros.com, 2011, Hard Rock / NWoBHM.<br />

63<br />

Gegründet 1969, Sunapee, New Hampshire, USA, www.aerosmith.com, 2011.<br />

64<br />

Gegründet 1983, New Jersey, USA, www.bonjovi.com, 2011.<br />

65<br />

Gegründet 1985, Lod Angeles, Kalifornien, USA, www.gunsnroses.com, 2011.<br />

66<br />

Vgl. Dunn/McFayden, 2005.<br />

67<br />

Vgl. Roccor, 1998, S. 117.<br />

26


Glam Metal (Hair Metal)<br />

Der Glam Metal hat seine Wurzeln im Glam Rock, einer Anfang der 1970er Jahre<br />

v.a. im britischen Raum populären Spielart des Rock. Der Stil des Glam Metal ist<br />

geprägt von seiner Vorliebe für Lidschatten, Lippenstift und feminine Kleidung. Daher<br />

wurde er von anderen Metal-Richtungen als „Schwulenmusik“ diffamiert. Die Musik ist<br />

einfach und für Metal relativ melodisch. Glam Metal erweiterte das Spektrum der<br />

Hörerschaft. Vertreter sind z.B. Poison 68 , Mötley Crüe 69 , Twisted Sister 70 ,<br />

W.A.S.P. 71 , Ratt 72 und Cinderella 73 .<br />

Sleaze Metal<br />

Ähnlich problematisch wie schon beim Speed Metal ist die Bestimmung des Subgenres<br />

Sleaze Metal. Die Bezeichnung taucht in Schriftstücken zwar auf, allerdings nur selten<br />

und wenn, dann v.a in Verbindung mit Hair und Glam Metal. Häufiger ist die Rede<br />

von Sleaze Rock 74 . „Sleaze-Rocker pflegten eine Underdog-Mentalität, sahen sich als<br />

die Ausgestoßenen der Gesellschaft und unterstrichen ihre Rebellen-Attitüde mit<br />

entsprechenden optischen Merkmalen und Kleidungsvorlieben: Toupierte Haarpracht<br />

war passé, dafür diente nun nicht selten ein möglichst breites Stirnband als<br />

Kopfschmuck; Tattoos als Hautverzierung und zerrissene Jeans als Standard-Beinkleid<br />

waren obligatorisch, Westernboots unterstrichen die Outlaw-Mentalität.“ 75 Die Texte<br />

weisen oft auch rassistische und homophobe Elemente auf. Vertreter sind unter<br />

anderem Guns’n´Roses 76 , Skid Row 77 und The 69 Eyes 78<br />

Doom Metal<br />

Als Doom Metal wird eine kontemplative Richtung im Metal bezeichnet, als deren<br />

Wurzel gerne Black Sabbath angenommen wird. Kennzeichnend sind langsame,<br />

68 Gegründet 1983, Harrisburg, Pennsylvania, USA, www.poisonweb.com, 2011.<br />

69 Gegründet 1981, Los Angeles, Kalifornien, USA, www.motley.com, 2011.<br />

70 Gegründet 1973, New York City, New York USA, www.twistedsister.com, 2011.<br />

71 Gegründet 1982, Los Angeles, Kalifornien, USA, www.waspnation.com, 2011.<br />

72 Gegründet 1979, San Diego, Kalifornien, USA, www.therattpack.com, 2011.<br />

73 Gegründet 1982, Philadelphia, Pennsylvania, USA, www.cinderella.net, 2011.<br />

74 Siehe dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Sleaze_Rock, 2010.<br />

75 www.breakoutmagazin.de/archiv/aglam3.html, 2011.<br />

76 Gegründet 1985, Los Angeles, Kalifornien, USA, www.gunsnroses.com, 2011.<br />

77 Gegründet 1987, New Jersey, USA, www.skidrow.com, 2011.<br />

78 Gegründet 1990, Helsinki, Finnland, www.69eyes.com, 2011.<br />

27


schwere Gitarrenriffs und eine allgemein düstere Stimmung. Melancholie, Trauer,<br />

Endzeitstimmung, Sehnsucht, Verzweiflung und Tod gehören zu den klassischen<br />

Inhalten der Songs. 79<br />

Vertreter sind z.B. Cathedral 80 , Jack Frost 81 , My Dying Bride 82 , Empyrium 83 ,<br />

Type O Negative 84 .<br />

Power Metal<br />

Markige Texte, die heroische Zeiten und Fantasyereignisse behandeln gehören wohl<br />

zu den hervorstechendsten Merkmalen auf inhaltlicher Seite. Kriegslüsterne Heiden<br />

oder mittelalterliches Schlachtgetümmel stehen im Mittelpunkt. Die Melodien sind<br />

eingängig und, bis auf die häufig anzutreffenden Balladen, in relativ hohem Tempo<br />

gespielt, was dem europäischen Zweig dieser Kategorie unter anderem auch den<br />

Namen Melodic Speed Metal eingetragen hat.<br />

Vertreter sind z.B. Virgin Steele 85 , Fates Warning 86 , Manowar 87 , Rhapsody of<br />

Fire 88 , Hammerfall 89 .<br />

Symphonic Metal<br />

Ursprünglich wurde diese Bezeichnung v.a. auf Gruppierungen angewandt, die sich<br />

besonders durch pompöse Arrangements mit symphonischen Elementen<br />

auszeichneten. Symphonische Elemente der klassischen Musik verschmolzen mit<br />

stilistischen Eigenheiten des Metal. Es ist dies eines der Subgenres, das sich stilistisch<br />

bei derart vielen anderen Bedient, dass kaum festgelegt werden kann, welchem<br />

Hauptgenre es zuzuordnen ist. Sowohl Progressive, als auch Power Metal und Gothic<br />

Metal sind stilistisch spürbar.<br />

79 Vgl. www.doom-metal.com/whatisdoom.html, 2010.<br />

80 Gegründet 1990, England, www.cathedralcoven.com, 2011; nicht zu verwechseln mit der<br />

gleichnamigen US-amerikanischen Progressive Rock Band www.cathedralprogrock.com, 2011.<br />

81 Gegründet 1993, Linz, Österreich, www.jackfrost.at, 2011.<br />

82 Gegründet 1990, Halifax, England, www.mydyingbride.org, 2011.<br />

83 Gegründet 1994, Hendungen, Deutschland, www.empyrium.de, 2011.<br />

84 Gegründet 1989/90, New York City, New York, USA, www.typeonegative.net, 2011.<br />

85 Gegründet 1981, New York City, New York, USA, www.virgin-steele.com, 2011.<br />

86 Gegründet 1983, Conneticut, USA, www.fateswarning.com, 2011.<br />

87 Gegründet 1980, Auburn, New York, www.manowar.com, 2011.<br />

88 Gegründet 1993 (urspr. „Rhapsody“), Triest, Italien, www.rhapsodyoffire.com, 2011.<br />

89 Gegründet 1993, Göteborg, Schweden, www.hammerfall.net, 2011.<br />

28


Als Verteter dieses Genres können z.B Blind Guardian 90 , Haggard 91 , Nightwish 92 ,<br />

Within Temptation 93 , After Forever 94 , Sonata Arctica 95 und Therion genannt<br />

werden. Für die mystischen Texte Therions zeichnet Thomas Karlsson verantwortlich,<br />

der Gründer der inzwischen internationalen esoterischen Loge „Dragon Rouge“ 96 .<br />

Classic Metal<br />

Unter disem Begriff wird zu viel grundlegend Verschiedenes verstanden, als dass er<br />

hier tatsächlich definiert werden kann. Einerseits wird er bezüglich des „klassischen“<br />

Heavy Metal der 80er Jahre 97 (NWoBHM;…) verwendet, andererseits wird „classic“<br />

auch als Bezug zur „klassischen Musik“ 98 gewertet, was dem Symphonic Metal<br />

entspräche.<br />

Progressive Metal<br />

„Progressive Metal ist eine stilistische Synthese aus den Musikrichtungen Heavy Metal,<br />

Progressive Rock und Psychedelic Rock, die seit den 1990er Jahren zu großer<br />

Popularität gelangte.“ 99 Auch Elemente aus Jazz und Klassik spielen eine wesentliche<br />

Rolle. Dadurch finden sich unter den Fans dieses Subgenres auch oft „Nicht-Metaller“.<br />

Die Musik ist von kompositorischer Vielfalt geprägt und technisch anspruchsvoll.<br />

Neben der klassischen Band-Besetzung (Gitarren, Schlagzeug, Gesang) werden<br />

häufig auch Synthesizer sowie Streich- und Blasinstrumente miteinbezogen. Vertreter<br />

sind z.B. Fates Warning 100 , Psychotic Waltz 101 , Dream Theater 102 ,<br />

Queensryche 103 , Tool 104 und Pain of Salvation 105 .<br />

90<br />

Gegründet 1984, Krefled/Meerbusch, Deutschland, www.blind-guardian.com, 2011.<br />

91<br />

Gegründet 1989, München, Deutschland, www.haggard.de, 2011.<br />

92<br />

Gegründet 1996, Kitee, Finnland, www.nightwish.com, 2011.<br />

93<br />

Gegründet 1996, Niederlande, www.within-temptation.com, 2011.<br />

94<br />

Gegründet 1995, Niederlande, www.afterforever.com, 2011.<br />

95<br />

Gegründet 1996, Finnland, www.sonataarctica.info, 2011.<br />

96<br />

www.dragonrouge.net, 2010.<br />

97<br />

Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Heavy_Metal, 11.04.2011.<br />

98<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Klassische_Musik, 11.04.2011.<br />

99<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Progressive_Metal, 11.04.2011.<br />

100<br />

Gegründet 1983, Conneticut, USA, www.fateswarning.com, 2011.<br />

101<br />

Gegründet 1988, El Cajon, San Diego, www.psychoticwaltz.com. 2011.<br />

102<br />

Gegründet 1985 (urspr. als „Majesty“), New York City, New York, www.dreamtheater.net, 2011.<br />

103<br />

Gegründet 1981, Seattle, Washington, USA, www.queensryche.com, 2011.<br />

104<br />

Gegründet 1990, Los Angeles, Kalifornien, USA, www.toolband.com. 2011.<br />

29


Extreme Metal<br />

Black, Death und Thrashmetal können unter dem Oberbegriff Extreme Metal<br />

zusammengefasst werden. „Der Name suggeriert bereits die wichtigsten musikalischen<br />

Parameter: Schnelle Tempi sowie vielfältige Tempowechsel und extreme Kakophonie<br />

u.ä. sind für jene Substile charakteristisch. Auf textueller Ebene finden sich oftmals<br />

ebenfalls extreme Elemente und Thematiken, wie etwa die explizite Darstellung von<br />

Gewalt, Misanthropie oder extremistische politische Ansichten.“ 106 Ausführliche Infos<br />

zu Extreme Metal liefert das 2007 erschienene Buch „Extreme Metal“ 107 von Keith<br />

Kahn-Harris.<br />

Die Stilrichtungen des Extreme Metal sind für diese Broschüren besonders<br />

relevant und deshalb etwas ausfühlicher beschrieben als andere.<br />

Thrash Metal<br />

Häufig wird der Name des Subgenres falsch ausgesprochen und so vom Thrash (von<br />

engl. to thrash: dreschen/prügeln) zum Trash (engl. „Müll“) Metal. „Der ursprüngliche<br />

Thrash Metal zeichnet sich vor allem durch schnelles und präzises Riffing aus. […]<br />

Thrash Metal wird allgemein als Ausgangspunkt für die extremen Metal-Stile<br />

angesehen. Typisch für die Texte von Thrash-Metal-Bands sind die Thematisierung von<br />

Gewalt oder politische Themen. Einige der frühen Bands spielten mit satanistischen<br />

Themen, die aber oft mit Schilderungen von Krieg und sozialen Missständen vermischt<br />

wurden oder später durch diese ersetzt wurden.“ 108<br />

Drei für die gesamte Musikgeschichte des Metal wichtige Zentren, abgesehen von<br />

England und Skandinavien, sind auch in der Entstehungsgeschichte des Thrash im<br />

Focus:<br />

30<br />

- San Francisco Bay Area (US Westküste)<br />

- New York (US Ostküste)<br />

- Ruhrgebiet (Deutschland)<br />

105<br />

Gegründet 1984 (urspr. als „Reality“), Eskilstuna, Schweden, www.painofsalvation.com, 2011.<br />

106<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Extreme_Metal, 2010.<br />

107<br />

Kahn-Harris, 2007.<br />

108<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Thrash_Metal, 11.04.2011.


Metallica 109 , Exodus 110 , und Kreator 111 gelten neben Slayer 112 , Anthrax 113 und<br />

Megadeth 114 als früheste Thrasher. Slayer, deren Markenzeichen Geschwindigkeit,<br />

Brachialität und sprachliche Aggression sind, gerieten später durch ihr nicht<br />

unproblematisches Spiel mit Satanismus und neofaschistischem Gedankengut in den<br />

Blickpunkt der Kritik. Einige der folgenden Kapitel beschäftigen sich damit im Detail.<br />

In der <strong>Szene</strong> wurde zur damaligen Zeit allerdings streng zwischen künstlerischer und<br />

privater/gesellschaftlicher Ebene getrennt. Auf der künstlerischen Ebene war alles<br />

erlaubt, was als Fiktion und Kritik realer Vorkommnisse interpretiert werden konnte. So<br />

erhielten z.B. Horrortexte und satanistische Elemente ihre Legitimität. Auf privater<br />

Ebene sollten die Musiker sich nicht zu rassistischen, rechtsextremen oder sexistischen<br />

Statements bekennen. Die Übertragung von z.B. gewalttätigen Phantasien in die<br />

gesellschaftliche Realität war tabu. Dieser Ehrenkodex, der bis zum Auftreten<br />

neonazistischer Black Metal-Bands eingehalten wurde, ist zum Verständnis<br />

der Metal-<strong>Szene</strong> wichtig. Unterschätzt wurde die metapolitische Bedeutung<br />

derartiger künstlerischer „Visionen“: Was auf der Ebene der Kunst und der Ideen<br />

dargestellt wird, kann nur allzu leicht in die gesellschaftliche Realität hinein kippen<br />

und sich auch realpolitisch manifestieren.<br />

Speed-Metal<br />

Es ist umstritten, ob Speed-Metal als eigenständiges Genre bezeichnet werden kann<br />

oder eine frühe Unterkategorie des Thrash-Metal darstellt. Die meisten Bands, die<br />

stilistisch Speed-Metal Elemente verwenden, sind nicht ausschließlich diesem Subgenre<br />

zuordenbar. Als Vorreiter dieses „Zwischen-Genres“ gilt die kanadische Band Anvil 115 .<br />

Als weitere Vertreter können (partiell) Motörhead und Exciter 116 gesehen werden. 117<br />

109 Gegründet 1981, Los Angeles, Kalifornien, USA, www.metallica.com, 2011.<br />

110 Gegründet 1982, Bay Area, Kalifornien, USA, www.exodusattack.com, 2011.<br />

111 Gegründet 1982, Essen, Deutschland, www.kreator-terrorzone.de. 2011.<br />

112 Gegründet 1981, Huntington Park, Kalifornien, USA, www.slayer.net, 2011.<br />

113 Gegründet 1981, New York City, New York, USA, www.anthrax.com, 2011.<br />

114 Gegründet 1983, USA, www.megadeath.com, 2011.<br />

115 Gegründet 1978, Kanada, www.anvilmetal.com, 2011. Sehenswert ist der 2010 erschienene<br />

Film„Anvil! The Story of Anvil“, der den kurzen weltweiten Erfolg und das Versinken in der<br />

Vergessenheit der Band Anvil dokumentiert. Siehe www.anvilthemovie.com, 2011.<br />

116 Gegründet 1978, Kanada, www.hemidata.se/exciter, 2011.<br />

31


Black Metal<br />

Der Black Metal erhielt seinen Genre-Namen durch den Titel der 1982 erschienenen<br />

zweiten Platte der Gruppe Venom 118 , die aber musikalisch eher dem Thrash Metal<br />

zuzuordnen ist. Inhaltlich befassten sich die Texte von Venom, wie auch die der frühen<br />

Black Metal Bands, bevorzugt mit Satanismus. Die Beinamen der Bandmitglieder<br />

sollten das Image noch unterstreichen. So nannte sich der Sänger und Bassist von<br />

Venom, Conrad Lant „Cronos“ 119 und der Schlagzeiger Anthony Bray „Abbadon“ 120 .<br />

Das Verwenden von Beinamen oder Pseudonymen ist in diesem Genre häufig zu<br />

beobachten.<br />

Black Metal hantiert eindeutig mit satanistischen und okkulten Texten und Symbolen<br />

und es fällt schwer, Show-Satanismus von tatsächlichem Satanismus zu unterscheiden.<br />

Offen angegriffen wird generell die (christliche) Kirche als Institution, wohingegen<br />

Glaube und/oder Religion an sich oft als zumindest neutral gewertet werden.<br />

Besonders bei der Betrachtung amerikanischer Black Metal Bands muss das Handeln<br />

einiger konservativer, oft als doppelmoralisch empfundener christlich-<br />

fundamentalistischer Kirchen mitgedacht werden, deren Einfluß auf Gesellschaft und<br />

Politik in den USA sehr groß ist. Die Auseinandersetzung zwischen Musik und Kirche<br />

hat (nicht nur in den USA) bereits lange Tradition. Blues, Rock’n’Roll, Rock und Metal<br />

wurde (und wird teilweise noch) nachgesagt, ein Medium des Teufels zu sein, um<br />

junge Menschen vom Glauben bzw. „dem rechten Weg“ abzubringen. Black Metal<br />

bemüht sich so gesehen in erster Linie um Abgrenzung zur herrschenden bürgerlichen<br />

Religiosität. Der Satanismus ist hierbei als die größtmögliche Provokation für Kirche<br />

und Bürgertum zu verstehen.<br />

Skandinavien gilt als Wiege des Black Metal. Musikalische Vorreiter sind unter<br />

anderem King Diamond 121 bzw. dessen Band Mercyful Fate 122 . King Diamond<br />

brachte u.a. eine Vorform des später für den Black Metal so typischen Corpse Paint<br />

117<br />

Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Speed_Metal, 2011.<br />

118<br />

Newcastle, England.<br />

119<br />

Figur aus der griechischen Mythologie, Vater des Zeus, Anführer der Titanen.<br />

120<br />

Biblische Figur; Name abgeleitet von hebräisch abad „Untergang, Vertilgung, Abgrund“.<br />

121<br />

Bürgerlicher Name: Kim Bendix Petersen, *1956 in Kopenhagen.<br />

122<br />

Gegründet 1981, Dänemark, Heavy-Metal, www.covenworldwide.org, 2011.<br />

32


auf die Bühne. Die Ausbreitung des Black Metal erfolgte in drei Wellen, wobei die<br />

erste etwa Mitte der 80er Jahre abebbte. Bands wie Celtic Frost 123 , Darkthrone 124 ,<br />

Hellhammer 125 und Mayhem 126 waren bis dahin prägend. „1984 veröffentlichte die<br />

schwedische Band Bathory 127 (die musikalisch eher dem Thrash und Viking Metal<br />

zugeordnet wird) ihr […] Debüt-Album, mit dem der typische Krächzgesang aufkam<br />

und dessen roher Proberaum-Klang den Standard des „schmutzigen“ Klangs setzte,<br />

der dem Black Metal seither eigen ist.“ 128<br />

Die zweite Welle rollte in den frühen 90ern los. Maßgeblich an der Ausformung<br />

beteiligt ist der Mayhem-Gitarrist „Euronymous“. Varg Vikernes 129 , ein Freund<br />

und der spätere Mörder von Euronymous, der sich auch „Count Grishnackh“ nannte,<br />

gründete das Black Metal/Ambient Projekt Burzum 130 . Vikernes verband satanistische<br />

Vorstellungen mit neonazistischen Agitationen (siehe Ausführungen zum NS-Kult im<br />

Heavy Metal). Emperor 131 , Darkthrone und Immortal 132 vollzogen Stilwechsel und<br />

passten sich dem neuen Bild des Black Metal an. Grundsätzlich ging es um die klare<br />

Abgrenzung vom als zu massentauglich empfundenen Death Metal. 133 „Durch ein<br />

Interview, das Varg Vikernes einer norwegischen Tageszeitung gab und in dem er die<br />

Black-Metal-<strong>Szene</strong> mit den Kirchenbränden 134 in Verbindung brachte, und einen kurz<br />

darauf veröffentlichten, reißerischen Artikel über die Vorgänge innerhalb der<br />

norwegischen Black-Metal-<strong>Szene</strong> im britischen Magazin Kerrang! geriet die <strong>Szene</strong><br />

1993 ins Blickfeld einer breiteren Öffentlichkeit. Musiker von Bands wie Satyricon 135 ,<br />

Marduk 136 , Emperor, Burzum, Dimmu Borgir 137 und Darkthrone gaben in<br />

123 Gegründet 1984, Schweiz, www.celticfrost.com, 2011.<br />

124 Gegründet 1986, Norwegen, www.darkthrone.no, 2011.<br />

125 Gegründet 1982, Nürensdorf, Schweiz, www.hellhammer.org, 2011.<br />

126 Gegründet 1984, Norwegen, www.thetruemayhem.com, 2011.<br />

127 Gegründet 1983, Schweden, www.bathory.se, 2011.<br />

128 http://de.wikipedia.org/wiki/Black_Metal, 2011.<br />

129 1994 wegen Mordes und Brandstiftung zu 21 Jahren Haft veruteilt. 2009 auf Bewährung entlassen.<br />

130 Gegründet 1991, Norwegen, www.burzum.org, 2011.<br />

131 Gegründet 1991, Norwegen, www.emperorhorde.com, 2011.<br />

132 Gegründet 1990 (urspr. als „Amputation“), Norwegen, www.immortalofficial.com, 2011.<br />

133 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Black_Metal, 2011.<br />

134 Es gab in Norwegen zahlreiche Brandstiftungen, die mit der Black-Metal <strong>Szene</strong> in Verbindung<br />

gebracht wurden. Burzum vermarktet sogar eine Art Kirchenbrand-Tourshirt. Vgl. Abb. 5 und 6.<br />

135 Gegründet 1990 (urspr. als „Eczema“), Norwegen, www.satyricon.no, 2011.<br />

136 Gegründet 1990, Norrköping, Schweden, www.marduk.nu, 2011.<br />

33


Interviews neben gewaltverherrlichenden Aussagen auch solche von sich, in denen sie<br />

mit Rassismus und Rechtsextremismus kokettierten und so für den Boykott des Black<br />

Metal durch zahlreiche Medien sorgten.“ 138<br />

Die dritte Welle, etwa ab Mitte der 90er, spaltete die „<strong>Szene</strong>“. Einerseits erfolgt eine<br />

Hereinnahme von musikalischen Einflüssen anderer Genres, wie z.B. der klassischen<br />

und der elektronischen 139 Musik, andererseits bemühten sich die – aus ihrer Sicht –<br />

einzig „wahren“ Black Metal Bands um härtere Ausdrucksformen und die<br />

intensivstmögliche Abgrenzung gegenüber „Kommerz“ und Massentauglichkeit.<br />

Weltweit setzte ein Nachahmungsprozeß des nordischen Back Metal ein, den Mortiis 140<br />

schlichtweg als „peinlich“ bezeichnete: „Wenn sich ein Typ aus Griechenland an Thors<br />

Hammer festhält, wozu soll das gut sein? Er soll ein Symbol für Zeus oder Kronos<br />

nehmen und wenigstens seinen eigenen mythologischen Göttern Respekt<br />

entgegenbringen!“ 141 Nicht nur die Musik, auch das aggressive Verhalten wurde als<br />

„dazugehörig“ kopiert – es kam zu zahlreichen Friedhofsschändungen und<br />

Kirchenbränden. „Von der Black-Metal-Welle peinlich berührt, versuchte eine<br />

engagierte Fraktion an möglichst rohen, einfachen Sounds festzuhalten und echtem<br />

137 Gegründet 1993, Norwegen, www.dimmu-borgir.com, 2011.<br />

138 http://de.wikipedia.org/wiki/Black_Metal, 2011.<br />

139 Verbindung zu Industrial/Black/Dark Ambient<br />

140 Gründungsmitglied von Emperor, später bekannt für seine Dark Ambient Solo-Projekte.<br />

141 Christe, 2004, S. 296.<br />

34<br />

Abb. 5 Abb. 6


Gefühl den Vorzug vor greller Symbolik zu geben.“ 142 Dazu gehörten Bands wie<br />

Darkthrone, Carpathian Forest 143 , Havohej 144 und Hemlock 145 .<br />

Christe führt in seinem erstmals 2003 erschienen Buch „Höllenlärm“ aus, dass sich<br />

das „Extreme in Norwegen in die soziale Akzeptanz ergeben“ hat, „da die Bands jetzt<br />

unverständlicher Weise Zuspruch dafür erhielten, dem Land eine musikalische Identität<br />

verschafft zu haben.“ 146 Bands wie Cradle of Filth 147 und Dimmu Borgir verliehen<br />

den nicht im Untergrund verwurzelten Teilen der <strong>Szene</strong> neuen Glanz. Was Christe<br />

nicht erwähnt, aber der Wahrnehmung bei Konzerten, Festivals und in einschlägigen<br />

Kneipen entspricht: Der „Underground“ existiert weiterhin. Jene, die die Inhalte des<br />

Black Metal so ernst meinen, dass jede Art von finanziellem Profit zu einer Beleidigung<br />

der Idee würde, scheren sich natürlich nicht um Breitenwirksamkeit und öffentliches<br />

Aufsehen.<br />

Der Politologe Dr. Rainer Fromm bezeichnet in einem Gutachten für die BPiM 148 den<br />

Black Metal als „eine Subkultur der Widersprüche, die Blut, Gewalt und Stärke<br />

glorifiziert und gleichzeitig ihren Frieden mit der oftmals schockierenden Umwelt<br />

sucht.“ 149<br />

2009 erschien der nicht unumstrittene Dokumentarfilm „Until The Light Takes<br />

Us“ 150 , der sich der norwegischen Black Metal <strong>Szene</strong> widmet.<br />

Death Metal<br />

Als die erste Welle des Black Metal abebbte, gewannen Death Metal und etwas später<br />

auch Viking Metal an Bedeutung. 1985 nimmt die Formation Death 151 die Demo<br />

„Infernal Death“ in Florida auf. Chuck Schuldiner 152 , der Sänger von Death, gilt als<br />

142<br />

Ebda.<br />

143<br />

Gegründet 1990, Sandens, Norwegen, www.tnbm.no, 2011.<br />

144<br />

Gegründet 1993, New York City, New York, USA, keine Website auffindbar.<br />

145<br />

Gegründet 1992, New York City, New York, USA, keine Website, Fansite:<br />

www.myspace.com/hemlockworship, 2011.<br />

146<br />

Christe, 2004, S. 296.; Man denke an Metal-Bands beim Euro-Visions-Songcontest, in Werbungen<br />

etc.<br />

147<br />

Gegründet 1991, Suffolk, England, www.cradleoffilth.com, 2011.<br />

148<br />

Bundesprüfstelle für jugendgefärdende Medien, Deutschland.<br />

149<br />

Genese der Black Metal-Subkultur und des Neosatanismus in der Rockmusik,<br />

www.bundespruefstelle.de, 2011.<br />

150<br />

Aites, Aaron, Ewell, Audrey: „Until The Light Takes Us“, Variance Films, 2009.<br />

151<br />

Gegründet 1983 (urspr. als „Mantas“), Tampa, Florida, USA, www.emptywords.org, 2011.<br />

152<br />

*1967 in Long Island, New York, USA.<br />

35


Begründer des Death Metal. Im Unterschied zum schrillen, hohen „Gekreische“ das im<br />

Black Metal üblich ist, sind hier tiefe dunkle „Growls“ ein wesentliches Stilelement. Als<br />

wichtiger Vorarbeiter des Death Metal gilt die ebenfalls kalifornische Thrash-Metal<br />

Gruppe Slayer. Possessed 153 , auch aus der Bay Area stammend, gelten als eine der<br />

ersten tatsächlichen Death Metal Formationen. „Durch das rasende, vernichtende<br />

Tempo des Grindcore 154 entzündet, machte die massive Feuersbrunst des Death Metal<br />

alles andere vergesssen. Die letzten Spuren von traditionellem Rock’n’Roll wurden von<br />

den neuen Gebietern – dem Triumvirat Death, Morbid Angel 155 und Deicide 156 –<br />

endgültig verwischt.“ 157 Deicide gelten als die bekannteste Death Metal-Formation.<br />

Der Sänger und Bassist von Deicide, Glen Benton 158 ließ sich ein umgedrehtes Kreuz<br />

in die Stirn einbrennen 159 , bezeichnete sich selbst wie auch die übrigen Bandmitglieder<br />

als von Dämonen besessen und tätigte ferner die Aussage, dass „Death Metal und<br />

Satanismus Hand in Hand zu gehen hätte[n].“ 160 Zu den einflussreichsten vertretern<br />

des Florida Death Metal 161 zählen auch Obituary 162 und Brutality 163 .<br />

Inhaltlich liegt dem Death Metal eine zutiefst pessimistische Weltsicht zu Grunde. Der<br />

Tod an sich ist Angelpunkt und Richtung. Weiters handeln die Texte vom Horror der<br />

Gentechnik, von Aufrüstung und Umweltzerstörung, sozialem Leid und<br />

Massenvernichtung. Die Bühnenshows dürften vor allem von sogenannten Splatter 164 -<br />

Filmen inspiriert worden sein. Die Sexualität, sofern sie besungen wird, ist manchmal<br />

ebenfalls auf den Nach-Todesbereich (Nekrophilie) verschoben, etwa bei zahlreichen<br />

Texten der Formation Cannibal Corpse 165 . Der Death Metal verherrlicht allerdings<br />

nicht die Freude an dieser dargestellten Welt, sondern besingt die Angst davor. Die<br />

menschliche Existenz gilt ihm als ständig von Tod und/oder Irrsinn bedroht.<br />

153<br />

Gegründet 1983, San Francisco, Kalifornien, USA, www.myspace.com/666possessed, 2011.<br />

154<br />

Im Hardcore-Punk wurzelnder Musik-Stil.<br />

155<br />

Gegründet 1984, Tampa, Florida, USA, www.morbidangel.com, 2011.<br />

156<br />

Gegründet 1987 (urspr. als „Amon“), Florida, USA, www.deicide.com, 2011.<br />

157<br />

Christe, 2004, S.250.<br />

158<br />

*1967 in den USA.<br />

159<br />

Vgl. Abb. 24.<br />

160<br />

Dornbusch/Killguss, 2005, S.227.<br />

161<br />

Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Florida_Death_Metal, 2011.<br />

162<br />

Gegründet 1984 (urspr. als „Executioner“), Tampa, Florida, USA, www.obituary.cc, 2011.<br />

163<br />

Gegründet 1986, Tampa, Florida, USA, http://originalbrutality.tripod.com, 2011.<br />

164<br />

„Splatter“ setzt sich aus den engl. Worten „splash“ und „to spatter“ zusammen – beide bedeuten<br />

„spritzen“, hier v.a. das herumspritzen des Blutes.<br />

165<br />

Gegründet 1988, Buffalo, New York, USA, www.cannibalcorpse.net, 2011.<br />

36


„Während England das Heimatland des Heavy Metal gewesen war und das Herz des<br />

Thrash in San Francisco pochte [wie das des Black Metal in Skandinavien], gedieh<br />

Death Metal auf der ganzen Welt.“ 166 Neben der bedeutenden US-amerikanischen<br />

<strong>Szene</strong> begann sich zu Anfang der 90er Jahre auch im skandinavischen Raum eine<br />

<strong>Szene</strong> zu entwickeln, die im sogenannten Melodic Death Metal (auch New Wave of<br />

Swedish Death Metal, NWoSDM) gipfelte 167 : „Entombed 168 , Dismember 169 , At the<br />

Gates 170 , Grave 171 , Dissection 172 , In Flames 173 – diese energiegeladenen Verwalter<br />

des schwedischen Göteborg-Sounds betonten Power neben Groteskem und lockten<br />

viele bereitwillige Mainstream-Rockfans in die Tiefen des Death Metal.“ 174<br />

Der Bezug zu okkulten und satanistischen Themen ist nicht von der Hand zu weisen.<br />

„Metallica, Megadeth und Anthrax hatten dem Satanismus bereits zu Beginn ihrer<br />

Laufbahn abgeschworen, Death Metal aber stellte die mythische Auslegung wieder in<br />

den Vordergrund.“ 175 Es wird immer wieder versucht, die Bands des Black und Death<br />

Metal zu unterteilen nach jenen die tatsächlichen Satanismus praktizieren und<br />

propagieren (hier werden oft Deicide, Mayhem, Dark Funeral und Marduk<br />

genannt), und jenen, die Protest- bzw. Show-Satanismus betreiben (wie Possessed,<br />

Dimmu Borgir und Cradle of Filth). Show-Satanismus äussert sich durch ein betont<br />

dämonisches Image der Musiker und eine entsprechende Aura, die durch haßerfüllte,<br />

verbitterte Bühnenshows mit Kunst-Blut und Tierkadavern verstärkt wird. 176<br />

166<br />

Christe, 2004, S. 251.<br />

167<br />

Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Melodic_Death_Metal, 2011.<br />

168<br />

Gegründet 1989, Stockholm, Schweden, www.entombed.org, 2011.<br />

169<br />

Gegründet 1988, Stockholm, Schweden, www.dismember.se, 2011.<br />

170<br />

Gegründet 1990, Göteborg, Schweden, www.atthegates.se, 2011.<br />

171<br />

Gegründet 1988, Visby, Schweden, www.grave.se, 2011.<br />

172<br />

Gegründet 1989, Strömstad, Schweden, www.dissection.se, 2011.<br />

173<br />

Gegründet 1990, Göteborg, Schweden, www.inflames.com, 2011.<br />

174<br />

Christe, 2004, S. 262.<br />

175<br />

Ebda. S. 254.<br />

176<br />

Vgl. Schweidlenka: Satanismus, 2010.<br />

37


White Metal und Unblack Metal<br />

Beides sind Untergenres des so genannten Christlichen Metal die sich ausschließlich<br />

mit christlichen Inhalten befassen. 177 Diese Strömungen stellten eine Gegenreaktion<br />

auf die satanistische Welt des Black Metal dar und entstanden in den USA ab ca.<br />

1985. Die Gruppen dieser Richtungen vertreten meist ein strenges „Recht- und<br />

Ordnung“-Christentum mit reaktionären, fundamentalistischen Inhalten. Armut,<br />

Hunger oder AIDS werden z.B. als Strafen Gottes für vorehelichen Geschlechtsverkehr<br />

gesehen und auch antisemitische Weltverschwörungstheorien sind aus diesen<br />

Musikerkreisen bekannt. „Im Gegensatz zum später entstandenen Unblack Metal<br />

wirken die Texte [des White Metal] positiv, direkt und plakativ und sind stark von<br />

reformatorischen und evangelikalen Einflüssen geprägt. Die Band Stryper verband ihr<br />

musikalisches Schaffen zudem mit offensiver Evangelisation, etwa durch das<br />

Verschenken von tausenden kostenloser Bibeln während ihrer Konzerte. […] Im<br />

Unblack Metal werden primär negative Aspekte des Lebens wie Melancholie, Trauer<br />

und innere Verzweiflung, die mühsame Suche nach Gott oder Hass und Wut<br />

beleuchtet.“ 178<br />

Vertreter sind z.B Stryper 179 , Bloodgood 180 , 7th Angel 181 und Horde 182 . Auch in<br />

anderen Metal Subgenres wie z.B. dem Heavy, Power, Death, Doom und Gothic Metal<br />

sind Bands mit christlichen Inhalten vertreten. 183<br />

Crossover - die Verschmelzung musikalischer Stile mit Metal<br />

Der ursprünglich Mitte der siebziger Jahre aufgekommene Begriff des „Crossover“<br />

erlebte Ende der achtziger bzw. zu Beginn der neunziger Jahre eine Renaissance, als<br />

Vermischungen zwischen Metal, HipHop, Alternative Rock, Rap, Punk und Funk<br />

versucht wurden. „Den Startschuss gab wahrscheinlich 1992 das Debütalbum von<br />

Rage Against The Machine 184 , obwohl schon Jahre vorher Gruppen wie Fugazi, 185<br />

177<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Christlicher_Metal, 2010.<br />

178<br />

Ebda, 2011.<br />

179<br />

Gegründet 1983, Orange County, Kalifornien, USA, www.stryper.com, 2011.<br />

180<br />

Gegründet 1984, Seattle, Washington, USA, www.bloodgoodband.com, 2011.<br />

181<br />

Gründungsjahr unbekannt, USA, keine Website auffindbar.<br />

182<br />

Gegründet 1994, Austrailien, keine Website auffindbar, Fansite: www.thanatosmetal.com/horde,<br />

2011.<br />

183<br />

Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Christlicher_Metal, 2010.<br />

184<br />

Gegründet 1991, Los Angeles, Kalifornien, USA, www.ratm.com, 2011.<br />

38


White Zombie 186 , aber auch Rapper wie Run DMC 187 damit begonnen hatten, die<br />

bis dahin als unvereinbar geltenden stilistischen Grenzen bis zur Unkenntlichkeit zu<br />

verwischen.“ 188 Die stilistische Öffnung führte auch zu einer Erweiterung des<br />

Hörerkreises.<br />

Der Rap war, neben dem Punk, eine der ersten Musikrichtungen, die für die<br />

„Metalvariante“ des Crossover bedeutend wurden. Metal galt lange Zeit als Musik der<br />

weißen Unterschicht, die gegen das wohlhabende Bürgertum rebellierte, doch<br />

spätestens diese Fusion machte die Musik und <strong>Szene</strong> auch für <strong>schwarze</strong> Fans<br />

zugänglich und interessant. Auch oder gerade die Fachliteratur 189 definierte den<br />

„Metalfan“ lange als männlichen, weißen, sozial unterprivilegierten Arbeiter in den<br />

mittleren Zwanzigern. Mittlerweile widersprechen viele Autoren dieser Annahme<br />

deutlich und bestreiten – zumindest seit der „Gattungsaufweichung und den daraus<br />

resultierenden Stilbastarden“ 190 – die Gegebenheit dieses homogenen <strong>Szene</strong>bildes.<br />

Zwar gab es auch rassistische Färbungen, verbale Rassismen wie „Speak English or<br />

die“ von M.O.D. 191 (Method of Destruction). Sozial-darwinistische Texte wie „Der<br />

Untermensch“ von Type o Negative 192 blieben aber Ausnahmen. Mit der<br />

zunehmenden Politisierung der Metal-<strong>Szene</strong> entdeckten „Metalintellektuelle“<br />

Gemeinsamkeiten von Fans aller Hautfarben und Schichten: Das gesellschaftliche<br />

Außenseitertum, der Hass auf das System und die Wünsche nach Sozialreformen. Es<br />

kam zu einigen Allianzen, bei denen <strong>schwarze</strong> Anliegen in die Metal-<strong>Szene</strong><br />

hineingetragen wurden (Run DMC, Beastie Boys,…).<br />

Bekannte Bands, die sich des Crossover bedienen sind z.B. Biohazard 193 , Body<br />

Count 194 , Clawfinger 195 , Dirty Rotten Imbeciles 196 , Dog eat Dog 197 , Faith No<br />

More 198 , Living Colour 199 , und Suicidal Tendencies 200 .<br />

185<br />

Gegründet 1987, Washington D.C., USA, Post-Hardcore / Indie-Rock / Art-Punk, www.southern.net,<br />

2011.<br />

186<br />

Gegründet 1985, USA, www.zombiefaq.com, 2011.<br />

187<br />

Gegründet 1982, New York City, New York, USA, www.rundmc.com, 2011.<br />

188<br />

Graf, 2001, S. 5.<br />

189<br />

Siehe dazu: Roccor, 1998; Kemper/Langhoff/Sonnenschein, 1998, S. 244-259.<br />

190<br />

Schäfer, 2002.<br />

191<br />

Gegründet 1986, New York City, New York USA, www.billymilano.com, 2011.<br />

192<br />

Gegründet 1989/90, New York City, New York, USA, www.typeonegative.net, 2011.<br />

193<br />

Gegründet 1987, New York City, New York, USA, www.biohazard.com, 2011.<br />

39


Nu Metal / New Metal<br />

Hier werden vornehmlich Elemente des Thrash Metal, Harcore, Grunge, Industrial,<br />

Punk und Rap kombiniert, wobei der Unterschied zum Crossover in der härteren<br />

Spielart, tiefer gestimmten Gitarren und dem eher spärlichen Einsatz von Rap-<br />

Passagen 201 liegt. Graf 202 bezeichnet den Nu Metal als „populäre Schnittstelle“<br />

zwischen den oben genannten Musikgenres und schreibt die Etablierung des Begriffes<br />

den medialen Erfolgen der Bands Korn (bzw. KoЯn ) 203 , Slipknot 204 und Papa<br />

Roach 205 zu.<br />

Weitere bekannte Bands sind z.B. Coal Chamber 206 , Limp Bizkit 207 , Linkin Park 208 ,<br />

Ill Niño 209 .<br />

Metalcore<br />

Aus Elementen von Heavy, Threash und Melodic Death Metal sowie des Harcore Punk<br />

entwickelte sich der Metalcore, in Anspielung auf die NWoBHM auch „New Wave of<br />

American Heavy Metal“ genannt. Aus dem Metalcore entwickelte sich der schnellere<br />

und aggressiver gespielte Death Core. Musikalisch orientiert sich dieses Genre<br />

mehrheitlich am Metal, inhaltlich jedoch mehrheitlich am Hardcore. Gesellschaftliche<br />

und politische Themen und ein starker Jugendbezug stehen im Vordergrund. 210<br />

194 Gegründet 1989, USA, keine Website auffindbar.<br />

195 Gegründet 1991, Schweden/Norwegen, www.clawfinger.net, 2011.<br />

196 Gegründet 1982(urspr. als „US-Dirty Rotten Imbeciles“), Houston, Texas, USA,<br />

www.dirtyrottenimbeciles.com, 2011.<br />

197 Gegründet 1991, New Jersey, USA, www.dogeatdog.nl, 2011.<br />

198 Gegründet 1982, San Francisco, Kalifornien, USA, www.fnm.com, 2011.<br />

199 Gegründet 1984, New York City, New York, USA, www.myspace.com/livingcolourmusic, 2011.<br />

200 Gegründet 1982, Los Angeles, Kalifornien, USA, www.suicidaltendencies.com, 2011.<br />

201 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Nu_Metal, 2010.<br />

202 Graf, 2001, S. 202.<br />

203 Gegründet 1993, Bakersfield, Kaliefornien, USA, www.korn.com, 2011.<br />

204 Gegründet 1995, Des Moines, Iowa, USA, www.slipknot1.com, 2011.<br />

205 Gegründet 1993, Vacaville, kalifornien, USA, www.paparoach.com, 2011.<br />

206 Gegründet 1994, Los Angeles, Kalifornien, USA, www.myspace.com/coalchambermusic, 2011.<br />

207 Gegründet 1994, Jacksonville, Florida, USA, www.limpbizkit.com, 2011.<br />

208 Gegründet 1996 (urspr. als „Xero“ bzw. „Hybrid Theory“), Los Angeles, Kalifornien, USA,<br />

www.linkinpark.com, 2011.<br />

209 Gegründet 1999, New Jersey, USA, www.illnino.com, 2011.<br />

210 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Metalcore, 2010.<br />

40


Vertreter sind z.B. As I Lay Dying 211 , Caliban 212 , Chimaira 213 , Heaven Shall<br />

Burn 214 , Bullet for My Valentine 215 und Killswitch Engage 216 .<br />

Als Subgenre des Hardcore, nicht des Metal, gilt der Hatecore 217 , eine Stömung,<br />

deren Texte sich duch besonders aggressive und hasserfüllte Texte auszeichnen.<br />

„Heute wird der Begriff oft mit Gruppen in Verbindung gebracht, die dem<br />

Rechtsextremismus, Neonazismus, Rassismus und der White-Supremacy-Ideologie<br />

anhängen oder nahe stehen, weshalb dieses Subgenre hier Erwähnung findet.“ 218<br />

� Weitere Informationen dazu finden Sie in der Fachbroschüre „Wer fürchtet sich<br />

vorm weißen Mann?!“ erhältlich unter www.logo.at.<br />

Gothic Metal<br />

In den frühen 90er Jahren begannen Bands wie Paradise Lost 219 , Tiamat 220 und My<br />

Dying Bride 221 damit, typische Elemente des Gothic mit Metal zu verbinden. „1995<br />

brachte die norwegische Band Theatre of Tragedy 222 , mit ihrem ersten Album das<br />

markanteste Merkmal für den typischen Gothic Metal mit ein, und zwar den<br />

Wechselgesang zwischen Mann (Growls, Grunts) und Frau.“ 223 In diesem Genre sind<br />

Überschneidungen mit Doom und Symphonic Metal häufig zu beobachten. Der Song<br />

„Black No. 1“ von Type O Negative (die allerdings v.a. dem Doom Metal<br />

zugeordnet werden) verhalf dem Stil, zumindest vorübergehend, zu großer Popularität.<br />

Gerade diesem Genre werden auf Grund eines düsteren Erscheinungsbildes viele<br />

211<br />

Gegründet 2001, San Diego, Kalifornien, www.asilaydying.com, 2011.<br />

212<br />

Gegründet 1997, Hattingen, Deutschland, www.calibanmetal.com, 2011.<br />

213<br />

Gegründer 1998, Cleveland, Ohio, USA, www.chimaira.com, 2011.<br />

214<br />

Gegründet 1996 (urspr. als „Before the Fall“), Saalfeld an der Saale, Deutschland,<br />

www.heavenshallburn.com, 2011.<br />

215<br />

Gegründet 1999, Wales, Großbritannien, www.bulletformyvalentine.com, 2011.<br />

216<br />

Gegründet 1999, Westfield, Massachusetts, USA, www.killswitchengage.com, 2011.<br />

217<br />

Siehe dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Hatecore, 2011.<br />

218<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Hatecore, 2010.<br />

219<br />

Gegründet 1988, Halifax, England, www.paradiselost.co.uk, 2011.<br />

220<br />

Gegründet 1988, Schweden, anfangs Black / Death Metal, gelten später als Begründer des Gothic<br />

Metal, www.churchoftiamat.com, 2011.<br />

221<br />

Gegründet 1990, Halifax, England, www.mydyingbride.org, 2011.<br />

222<br />

Gegründet 1993, Stavanger, Norwegen, www.theatreoftragedy.com, 2011.<br />

223<br />

http://www.metalstile.de/gothic-metal.html, 2011.<br />

41


Bands fälschlicher Weise zugeordnet (Oomph!, Rammstein, HIM, Lacrimas<br />

Profundere, Cradle of Filth, etc.). 224<br />

In den achtziger Jahren wäre eine Annäherung von Metal und Gothic schwer möglich<br />

gewesen. Die Welt der eher feminin anmutenden Goths schien mit der rauhen Metal-<br />

Macho-Männlichkeit unvereinbar. Auf beiden Seiten war aber das Interesse an<br />

okkultistischen Themen vorhanden. Im Gothic Metal trafen sich nun die okkulten<br />

Interessen der beiden Strömungen. Weitere Merkmale, die eine Annäherung der<br />

beiden <strong>Szene</strong>n erleichterten, waren der Hang zu extremen Outfits und – für die<br />

bürgerliche „Normalgesellschaft“ – extremen Lebenseinstellungen, Nichtanpassung,<br />

Widerstand gegen Gleichschaltung und Normierung im Sinne des Mainstream. Von<br />

Bedeutung ist ferner der Gothic Rock, worauf im Kapitel über die Gothic <strong>Szene</strong> näher<br />

eingegangen wird.<br />

Industrial<br />

Industrial entwickelte sich Mitte der 1970er Jahre in England und den USA.<br />

42<br />

Alex Mikusch<br />

Stilprägend war die Band Throbbing Gristle 225 aus England mit ihrem Label<br />

„Industrial Records“. Hier wird Provokation als Kunstform eingesetzt. Dabei ist die<br />

Provokation jedoch kein Selbstzweck, sondern beabsichtigt eine Verstörung des<br />

Hörers, die ein Reflektieren seines eigenen Handelns bewirken soll. Die Vertreter<br />

entstammten anfangs Kunsthochschulen. Ähnlich wie beim Wiener Aktionismus<br />

wollten die Industrial-Vertreter durch Provokation die Wurzeln von Faschismus und<br />

Unterdrückung aufzeigen. Die Künstler versuchen durch bewusste Provokation die<br />

Doppelmoral der Gesellschaft sichtbar zu machen. Die Musikrichtung Industrial brach<br />

mit herkömmlichen Vorstellungen von Musik. Mit Synthesizern, Alltagsgeräuschen und<br />

Sprach-Samples wurden teils ruhige, teils orkanartige Klangbilder erzeugt. Mit dem<br />

Gesamtkonzept wollte man die hoch technisierte Industriegesellschaft und deren<br />

224 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Gothic_Metal, 2011.<br />

225 Gegründet 1976, England, www.throbbing-gristle.com, 2011.


Medien kritisieren, in welchen man die Ursachen für pervertiertes menschliches<br />

Verhalten sah. Ursprünglich verstand sich Industrial als ganzheitliches<br />

avantgardistisches Musikkonzept das mit sämtlichen Elementen von Schock und<br />

Provokation Tabus brechen wollte. Der Industrial wollte durch extreme Darstellungen<br />

von Krieg, Faschismus, Nationalsozialismus, Sexualität und Tod irritieren und<br />

wachrütteln. Diese Kunstform ist stark anfällig für Fehlinterpretationen, zum<br />

Verständnis dieser Inszenierungen gehört eine große Portion an<br />

Reflektionsbereitschaft.<br />

Im Laufe der 1980er vermischte sich die Industrial <strong>Szene</strong> mit anderen Stilrichtungen:<br />

Gothic, Dark Wave, Neofolk, Metalusw.<br />

„Mitte der 1980er lösten sich die meisten Industrialbands der ersten Stunde auf, da<br />

der anfangs so innovative Impuls verfiel und das ursprünglich komplexe Geflecht aus<br />

Kunst, Medientheorie und Provokation zu einem Stereotyp degenerierte.“ 226<br />

In den 1990ern sind etliche Bands mit dem Industrial Etikett versehen worden, die<br />

jedoch mit dem ursprünglichen Konzept nur mehr wenig zu tun hatten und haben:<br />

Nine Inch Nails 227 , Ministry 228 , Marilyn Manson 229 usw.<br />

Der heutige Industrial teilt sich musikalisch in eine an den Ursprüngen der Musik<br />

orientierte Stilrichtung, sowie in eine mehr dem Techno verpflichtete<br />

Weiterentwicklung.<br />

Inhaltlich schrecken einige dieser Bands nicht davor zurück, Tabubrüche noch weiter<br />

zu überspitzen. Diese werden oft nicht mehr in einen kritischen Diskurs gestellt,<br />

sondern offen ausgelebt. Im Laufe der Zeit wurde aus einer Bewegung mit einem eher<br />

linken Background eine, die sich mittlerweile in weiten Teilen offen der rechten<br />

Ideologie verschreibt. Teilweise mit einem Hang zur Nazi-Esoterik, wie etwa bei<br />

226 Dornbusch, 2002, S. 288.<br />

227 Gegründet 1988, Cleveland, Ohio, USA, www.nin.com, 2011.<br />

228 Gegründet 1981, Chicago, Illinois, USA, www.ministrymusic.org, 2011.<br />

229 Gegründet 1989, Tampa, Florida, www.marilynmanson.com, 2011.<br />

43


Death in June 230 , oder dem Musiker Boyd Rice, der rassistische und<br />

sozialdarwinistische Thesen propagiert.<br />

Die 1980 gegründete slowenische Band Laibach 231 gilt als „Kult“ und steht<br />

beispielhaft für die kontroverse Art des Industrials. Bei Laibach verschmelzen viele<br />

Musikstile zu einer neuen Einheit und einer in dieser Form einzigartigen Klangcollage.<br />

In dieser spiegelt sich die Denkweise der Band wider. Laibach arbeiten mit dem<br />

Stilmittel der Überidentifizierung von totalitärer Ideologie. So bestehen ihre Konzerte<br />

aus multimedialen Performances bei denen sie Uniformen tragen und ihr Sänger als<br />

Erlöserfigur erscheint.<br />

Der eindringlich beschwörende Gesang des Sängers Milan Fras gilt als gewaltiger<br />

Einfluss auf den Sänger Till Lindemann, der seit Mitte der 1990er mit der erfolgreichen<br />

deutschen Band Rammstein ausgehend von Ostberlin die Welt musikalisch erobert.<br />

Folk Metal<br />

Diese Stilrichtung mischt, sowohl hinsichtlich der Spielweise, als auch der<br />

instrumentellen Besetzung, Metal mit folkloristischen Elementen aller Art. Als<br />

Wegbereiter gilt die Band Skyclad 232 , die erstmals 1991 englische Folklore in ihre<br />

Musik einbrachte. Die Abgrenzung zu Pagan-, Viking-, und Mittelaltermetal ist nicht<br />

immer klar. So werden z.B. dem entsprechenden Artikel 233 der Seite www.laut.de<br />

folgend auch mancherorts Bathory 234 , die von Wikipedia 235 ganz klar dem<br />

Vikingmetal zugeordnet werden, als „Erfinder“ des Folkmetal gesehen. Die Gruppe In<br />

Extremo 236 , ebenfalls gerne als Folk Metal bezeichnet, fällt eher in den Bereich<br />

Mittelalter Metal. Das Feld des Folk Metal beschränkt sich nicht auf den<br />

europäischen Raum, sondern hat sich vielmehr explosionsartig weltweit<br />

(weiter)entwickelt. Elemente aus beinah allen Ethnien finden ihren Widerhall. Und es<br />

muss nicht zwingend der eigene Kulturkreis vertreten werden, wie die Celtic-Folk-Metal<br />

230 Gegründet 1981, Großbritannien, www.deathinjune.net, 2011.<br />

231 Gegründet 1980, Trbovlje, Slowenien, www.laibach.nsk.si, 2011.<br />

232 Gegründet 1990, Newcastle upon Tyne, England, www.skycladmusic.co.uk, 2011<br />

233 www.laut.de/Folk-Metal-(Genre), 2010.<br />

234 Gegründet 1983, Schweden, www.bathory.se, 2011.<br />

235 http://de.wikipedia.org/wiki/Folk_Metal, 2010.<br />

236 Gegründet 1995, Siegen, Deutschland, ww.inextremo.de, 2011.<br />

44


Band Tuatha de Danann 237 aus Brasilien beweist. Einen guten Überblick über die<br />

Vielfalt dieser <strong>Szene</strong> bietet der Wikipediaartikel „Folk-Metal“, in dem über fünfzig<br />

Gruppen aus Kulturkreisen beinah aller Kontinente gelistet werden. Auffallend ist die<br />

überwiegende Hinwendung zu frühgeschichtlichen Kulturen und deren Mythologien.<br />

Vertreter des Folk Metal sind zum Beispiel: Chthonic 238 , Eluveitie 239 , Finntroll 240 ,<br />

Korpiklaani 241 , Mägo de Oz 242 , Orphaned Land 243 , Tuatha de Danann.<br />

Mittelalter Metal/ Mittelalter Rock<br />

Auch die Bezeichnung Medieval Folk Metal ist zu finden, wonach der Mittelalter<br />

Metal/Rock ein Subgenre des zuvor genannten Folk Metal wäre. 244 Gemeint ist<br />

jedenfalls die Verbindung von modernen, historisch inspirierten Instrumenten, „wie<br />

beispielsweise Sackpfeife, Harfe, Drehleier, Schalmei, Blockflöte und/oder<br />

mittelalterlichen Texten mit Elementen moderner Rock- und Metal-Musik wie E-Gitarre,<br />

E-Bass, Schlagzeug oder Elektronik.“ 245 Stilprägend für den deutschen Raum waren<br />

vor allem die Gruppen In Extremo, Subway to Sally 246 und Corvus Corax 247 .<br />

Weitere Vertreter dieser Stilrichtung sind zum Beispiel Haggard 248 und<br />

Schandmaul 249 . Der Versuch nicht-deutschsprachige Bands diesem Begriff<br />

zuzuordnen erwies sich als äusserst schwierig, da die meisten (z.B. die finnische Band<br />

Waltari 250 ) im Laufe ihres Bestehens vielen verschiedenen Stilen zugeordet werden<br />

können und die Phase des Mittelalter Metal nicht im Vordergrund steht. Eine gute<br />

Recherchehilfe bietet hier der Artikel „Neo-Medieval-Music“ 251 der englischsprachigen<br />

237 Gegründet 1995, Varginha, Brasilien, www.myspace.com/tuathadedanann, 2011.<br />

238 Gegründet 1995, Taipei, Taiwan, www.chthonic.tw, 2011.<br />

239 Gegründet 2002, Winterthur, Schweiz, www.eluveitie.ch, 2011.<br />

240 Gegründet 1997, Helsinki, Finnland, www.finntroll.net, 2011.<br />

241 Gegründet 2003, Lathi, Finnland, www.korpiklaani.com, 2011.<br />

242 Gegründet 1988/89, Spanien, www.magodeoz.com, 2011.<br />

243 Gegründet 1991, Israel, www.orphaned-land.com, 2011. Arbeitet mit vielfältigen folkloristischen<br />

Anleihen, wird allgemein aber eher zum Death, Doom u./o. Progressive Metal gezählt.<br />

244 Vgl. http://rateyourmusic.com/genre/Medieval+Folk+Metal, 2011.<br />

245 http://de.wikipedia.org/wiki/Mittelalter-Rock, 2010.<br />

246 Gegründet 1992, Potsdam, Deutschland, www.subwaytosally.com, 2011.<br />

247 Gegründet 1989, DDR, www.corvuscorax.de, 2011.<br />

248 Gegründet 1989, München, Deutschland, www.haggard.de, 2011.<br />

249 Gegründet 1998, München, Deutschland, www.schandmaul.de. 2011.<br />

250 Gegründet 1986, Helsinki, Finnland, www.waltarimusic.com, 2011.<br />

251 http://en.wikipedia.org/wiki/Neo-Medieval_music, 2010.<br />

45


Wikipedia Seite. Bezeichnender Weise wurde der deutschsprachige Artikel „Mittelalter<br />

Metal“ im April 2011 gelöscht bzw. zu „Mittelalter Rock“ 252 verschoben.<br />

Viking Metal<br />

46<br />

Roland Filzwieser<br />

Umstritten bleibt sicherlich, wo die genaue Grenze zwischen Viking Metal und<br />

Viking Black Metal zu ziehen ist. Zählen für die einen alle Bands, deren Texte und<br />

Artwork sich mit der Wikingerzeit und der nordischen Mythologie befassen, selbst<br />

wenn sie musikalisch eher im Black Metal (seltener auch im Death Metal) beheimatet<br />

sind als Viking Metal Bands, so verstehen die anderen unter Viking Metal nur jene<br />

Musik, welche eben erwähnte Thematik mit einer Mischung aus recht frei<br />

kombinierbaren Elementen des Black Metal und des Folk allgemein sowie<br />

skandinavischer Volksmusik im Speziellen, vertonen. Vom Viking Metal zu<br />

unterscheiden ist im Übrigen der Pagan Metal welcher sich mit dem Heidentum und<br />

der Mythologie außerhalb Skandinaviens befasst, wobei es naturgemäß natürlich auch<br />

häufig zu Überschneidungen kommen kann. Ein früher Vorreiter des Genres ist<br />

sicherlich die Band Manowar, die 1983 mit dem Lied „Gates of Valhalla“ auf dem<br />

Album „Into Glory Ride“ begann, immer wieder Themen der skandinavischen<br />

Mythologie und Geschichte aufzugreifen. Einen nächsten großen Schritt für den Viking<br />

Metal machte 1988 die schwedische Band Bathory mit dem Album „Blood Fire<br />

Death“, welche sich diesem Thema als erste skandinavische Band, und darüber<br />

hinaus als Gesamtkonzept annahm. Als Urheber des Begriffes „Viking Metal“ wird oft<br />

die norwegische Band Enslaved genannt, die diesen 1994 im Booklet ihres Albums<br />

„Frost“ als Untertitel abdrucken ließ. Ein weiteres Charakteristikum, welches allerdings<br />

bei Weitem nicht nur auf Viking Metal zutrifft, ist, dass viele Bands neben Englisch<br />

auch in einer skandinavischen Sprache bzw. ihrer Landessprache singen. So haben<br />

etwa Enslaved, Einherjer 253 , Windir 254 , Himinbjørg 255 und Helheim 256 Lieder auf<br />

252 http://de.wikipedia.org/wiki/Mittelalter-Rock, 2011.<br />

253 Gegründet 1993, Haugesund, Norwegen, www.einherjer.com, 2011.


Norwegisch, Thyrfing 257 , Månegarm 258 , Odhinn 259 und Mithotyn 260 auf<br />

Schwedisch, Falkenbach 261 und Sólstafir 262 auf Isländisch sowie Týr 263 auf Färöisch,<br />

um hier exemplarisch nur einige wichtige Bands zu nennen.<br />

Neben den obgenannten Stilrichtungen existiert noch eine Vielzahl<br />

weiterer die sich oftmals überschneiden! Es soll hier aber nur um eine<br />

grobe Einteilung und die grundlegende Erklärung einiger Subströmungen<br />

gehen um ein Grundverständis der Vielfalt der <strong>Szene</strong> zu bekommen.<br />

2.3 Erscheinungsbild und Ausdrucksformen<br />

Text und Bild<br />

„Es ist überraschend und bezeichnend zugleich, dass bisher [1998] nur wenige<br />

brauchbare wissenschaftliche Arbeiten über Texte und Musik des Heavy Rock<br />

veröffentlicht wurden. Die wenigen schriftlichen Zeugnisse der Auseinandersetzung mit<br />

diesem Genre sind meist von zwei Sachverhalten gekennzeichnet: Entweder werden<br />

die Texte sowie die dazugehörige Musik nicht als künstlerischer Ausdruck oder gar als<br />

Auseinandersetzung mit sozialen Verhältnissen ernst genommen, oder die<br />

entsprechenden Autoren verfolgen mit ihren Veröffentlichungen gesellschaftspolitische<br />

Ziele.“ 264 Die Vielfalt der wissenschaftlichen Werke, die sich explizit auf die Analyse der<br />

Bild- und Textbotschaften des Metal beziehen, ist nach wie vor nicht überwältigend.<br />

Sieht man sich jedoch die wissenschafttliche Arbeiten (im besonderen Diplomarbeiten<br />

254<br />

Gegründet 1994, Sogndal, Norwegen, www.windir.no, 2011.<br />

255<br />

Gegründet 1996, Chambéry, Frankreich, www.himinbjorg.fr, 2011.<br />

256<br />

Gegründet 1992, Bergen, Norwegen, www.helheim.com, 2011. Nicht zu verwechseln mit der<br />

gleichnamigen NSBM/Industrial Band.<br />

257<br />

Gegründet 1995, Stockholm, Schweden, www.thyrfing.com, 2011.<br />

258<br />

Gegründet 1995 (urspr. als „Antikrist“), Norrtälje, Schweden, www.manegarmsweden.com, 2011.<br />

259<br />

Gegründet 1995, Sundsvall, Schweden, www.myspace.com/trueodhinn, 2011.<br />

260<br />

Gegründet 1993, Mjölby, Schweden, http://www.myspace.com/mithotyn, 2011.<br />

261<br />

Gegründet 1989, Island, www.facebook.com/OfficialFalkenbach, 2011.<br />

262<br />

Gegründet 1994, Reykjavík, Island, www.solstafir.net, 2011.<br />

263<br />

Gegründet 1998, Kopenhagen, Dänemark, www.myspace.com/tyr1, 2011.<br />

264 Becker,1998, S. 3f.<br />

47


und Dissertationen) der letzten Jahre an, wird deutlich, dass Metal öfter als<br />

Untersuchungsgegenstand auftaucht und vor allem wesentlich differenzierter<br />

wahrgenommen wird, was daran liegen könnte, dass viele der Autoren selbst ein<br />

Naheverhältnis zu dieser Musikszene haben. „Metal goes science“, sozusagen.<br />

Besonders interessant im Zusammenhang mit Texten und sprachlichem Ausdruck ist<br />

die Website der Forschungsgruppe der Linguistik an der Bergischen Universität<br />

Wuppertal, die sich mit der Soziosemiotik im Heavy Metal auseinandersetzt, zu<br />

finden unter http://wupperhead.wordpress.com.<br />

Waren in der Anfangszeit (Heavy) Metal Cover vor allem geprägt von heroischen<br />

Darstellungen, Horrorgestalten (z.B. das Maskottchen „Eddie“ von Iron Maiden) und<br />

okkulten Symbolen, so hat sich inzwischen, entsprechend der Erweiterung und<br />

Entfaltung der musikalischen Landschaft, auch hinsichtlich der Bildbotschaften einiges<br />

getan. Jedes Subgenre hat auch in diesem Punkt seine stilistischen Eigenheiten und so<br />

ist inzwischen die gesamte Bandbreite grafischer Kunst auf Metal Covern zu finden.<br />

Bei einem großen Teil der vertriebenen Medien ist, wenig verwunderlich, nach wie vor<br />

der Hang zu düsteren oder/und martialischen Motiven deutlich spürbar. In der<br />

Metalszene erlebt das Vinyl erneut Aufschwung – nicht zuletzt auf Grund der<br />

ausdrucksstark gestalteten Plattenhüllen, die in diesem Format besser betrachtbar sind<br />

als die „Miniaturen“ die CDs zieren. „Das lebhafte Interesse der Metalmusiker an<br />

tabuisierten Themen verschafft ihnen eine gewisse Aufmerksamkeit im<br />

gesellschaftlichen Diskurs, führt jedoch in Fällen der Zensur häufig zur<br />

Marginalisierung und Ausgrenzung.“ 265<br />

Eine interessante Entwicklung ist die unterschiedliche Gestaltung von Covern für den<br />

deutschen und den internationalen Markt. 266 Zumeist waren nicht kreative<br />

Überlegungen oder Marketing-Aspekte der Ursprung, sondern Zensur und Indizierung<br />

die dem Jugendschutz dienlich sein sollten. Die Diskussionen über deren Sinnhaftigkeit<br />

sind bis heute nicht abgeebbt und werden vermutlich auch niemals einschlafen.<br />

265 www.textem.de/2050.0.html, 2011.<br />

266 Vgl. Abb. 9-12.<br />

48


Cannibal Corpse – Gallery Of Suicide<br />

Originalversion Version für den deutschen Markt<br />

Abb. 9 Abb. 10<br />

Sorpions – Virgin Killer<br />

Originalversion Version für den deutschen Markt<br />

Abb. 11 Abb. 12<br />

49


Bei der Indizierung von Metal Cover stehen politische Gründe hinter Erotik und<br />

Gewalt zurück. „Deren mitunter sexistische Motive huldigen machohaften Idealen von<br />

starken, heldenhaften Männern und spärlich bekleideten Frauen als verfügbare<br />

Lustobjekte einer Männerphantasie, beispielweise das W.A.S.P.-Cover von „Animal –<br />

f..k like a beast“, das T.N.T.-Cover von „Deflorator“ oder „Club Mondo Bizarre“ von<br />

Pungent Stench. Auch eher harmlos anmutende Motive, wie das der LP „Condition<br />

Critical“ der Band Quiet Riot, auf dem sechs Hände ins Bild ragen, die einem auf<br />

einer Krankenbahre festgeschnallten Mann eine Metallmaske anlegen – während ihre<br />

Platte „Metal Health“ kein Ärgernis erregte – stehen, wie die LP „Let them eat metal“<br />

der Band „The Rods“, wo eine Frau in weißen Dessous eine geschälte Banane, in der<br />

sich ein Metalldildo befindet, an ihre Brust drückt, seit Mitte der 1980er Jahre auf dem<br />

Index.“ 267<br />

Aus welchen Gründen optische Schockeffekte eingesetzt werden ist nur anhand der<br />

jeweiligen Bands bzw. Cover diskutier- und analysierbar.<br />

Ähnlich wie bei der Covergestaltung verhält es sich bei den Texten. Sie konkretisieren<br />

die Emotionen der Musik und liefern Beispiele für das zu vermittelnde Lebensgefühl. 268<br />

Nihilistische und hedonistische Grundthemen, Wut über die gedankenlose<br />

Konsumgesellschaft, den „Mainstream“ oder das epische Glorifizieren heroischer<br />

Heldentaten – all das können Zutaten von Metal-Lyrics sein. Wieder ist die<br />

Ausgestaltung stark abhängig vom Subgenre. Patrick Hahn sieht im Aufruf „sich neu<br />

aufzurichten und trotz aller Widerstände gegen das Böse zu kämpfen“ 269 ein Leitmotiv<br />

im (Heavy) Metal der ersten Stunde. „Gegen Frauenbewegung, Pille und die Schlappe<br />

in Vietnam half offenbar die ostentativ zur Schau getragene maskuline Vitalität, die<br />

ihren Ausdruck z.B. in tiefen Stimmen, blanken, muskulösen Oberkörpern und<br />

größtmöglicher Potenz, also Lautstärke, findet.“ 270 Einige Gruppen singen z.B. sozial<br />

oder ökologisch engagierte Texte: Die Band Iron Maiden brachte mit „The<br />

267<br />

Pieper 2000, S. 4, www.telos-verlag.de/seiten/musikzensur.pdf, 2010.<br />

268<br />

Vgl.Feser/Hillebrand, 1998, S. 64.<br />

269<br />

www.nmz.de/online/diva-satanica-eine-konferenz-ueber-heavy-metal-and-gender-an-der-koelnermusikhochschule,<br />

2010.<br />

270<br />

Ebda.<br />

50


Trooper“ einen Antikriegssong, mit „2 Minutes to Midnight“ die Schilderung eines<br />

nuklearen Holocausts und mit „Run to the Hills“ eine Absage an den Völkermord an<br />

den Indianern Nordamerikas auf den Markt. Die Gruppe Nevermore 271 produzierte<br />

Gesellschaftskritisches wie den Song „Medicated Nation“, der die Methoden der<br />

Pharmaindustrie kritisiert oder die Platte „Enemies of Reality“, deren Texte vom Verfall<br />

der Gesellschaft, vom Streben nach Ruhm, von korrupten Religionen und Eitelkeit<br />

handeln.<br />

Florian Heesch glaubt, dass die Agression in Metaltexten zu selten hinterfragt wird.<br />

„Die abstoßenden Texte, die es da gibt, und die düstere Bildlichkeit sind ja eine<br />

Fiktion, die nicht mir der Wirklichkeit verwechselt werden darf.“ 272 Auch die Autoren<br />

von „Musik- und Sprachstile“ 273 sprechen sich für die Verortung der textlichen Inhalte<br />

jenseits einer realen Welt aus. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sind<br />

nicht alle Texte als reine Fiktion anzusehen. Für einen großen Teil der Lyrics dürfte die<br />

Aussage Heeschs aber zutreffen. Vieles in den Texten ist ironisch, sarkastisch und mit<br />

derbem Humor angereichert. Außenstehende sind schockiert, da gerne alles für bare<br />

Münze genommen wird. Eigentlich ist es bei den Texten noch viel unmöglicher eine<br />

allgemeine Aussage zu treffen, als bei Covergestaltungen, da die Bandbreite der<br />

Inhalte und Ausdrucksformen genau so reichhaltig und vielfältig ist, wie das gesamte<br />

musikalische Feld zwischen Schlagermusik und Free-Jazz.<br />

Das Kapitel „Musik- und Sprachstile. HipHop, Heavy Metal und Hard Rock“ der bereits<br />

erwähnten Studie 274 analysiert unter anderem Texte der lokalen Gothic Metal Band<br />

Nekros 275 und der Band Lithium 276 und kommt dabei zu dem Schluss, dass die<br />

alleinige Interpretation des Inhaltes mittels der akustischen Botschaft zu einer<br />

grundlegende Fehldeutung führen kann. Raue Sounds können auch für positive<br />

Gefühle und Aussagen stehen und sind nur durch das Zusammenspiel mit dem Text<br />

erschließbar. Weiters ist eine Diskrepanz zwischen „künstlerischer Aussage“ und dem<br />

271<br />

Gegründet 1991, Seattle, Washington, USA, www.myspace.com/nevermorefans, 2011.<br />

272<br />

www.zeit.de/kultur/musik/2009-10/metal-gender-kongress, 2010.<br />

273<br />

Vgl. Feser/Hillebrand, S. 80.<br />

274<br />

Vgl. Feser/Hillbrand u.a.<br />

275<br />

Keine Detailinformation, keine Website auffindbar.<br />

276<br />

Keine Detailinformation, keine Website auffindbar.<br />

51


tatsächlichen Umsetzen der Botschaften im eigenen Leben durchaus gegeben. Die<br />

Aufgrund der behandelten Inhalte der Band Nekros durchwegs morbid erscheinende<br />

Sichtweise des Lebens kann keinesfalls auf den Alltag der Bandmitglieder übertragen<br />

werden.<br />

Die Schmerzgrenze dessen, was als schockierend oder anrüchig empfunden wird, hat<br />

sich definitiv verändert. Neben „normalen“ Bühnenshows mit den üblichen<br />

szeneeigenen Stilmitteln (oft pyrotechnisch aufwendig gestaltet mit einem<br />

ausgeklügelten Bühnenbild und energiegelandenen „Choreografien“) sind in einigen<br />

Spielrichtungen des Metal auch Themen wie konkret angewandte physische und<br />

psychische Gewalt sowie Satanismus zu finden. Das Verspritzen von<br />

Körperflüssigkeiten von Tier und Mensch oder das Tragen von so genannter corpse<br />

paint („Leichenbemalung“) ist vor allem in der Black Metal <strong>Szene</strong> beliebt. In den<br />

frühen Neunzigern wurde corpse paint im Black Metal auch vor allem zur Abgrenzung<br />

vom Death-Metal Trend eingesetzt. Außerdem verstärkt die Schminke die<br />

Todesthematik. „Heute sehen viele Corpsepaint zu unreifem Kitsch entartet; so<br />

beschweren sich in jüngerer Zeit einige „Puristen“ der <strong>Szene</strong>, Corpsepaint büße seinen<br />

früheren Wert ein, da es immer mehr zur Mode verkomme; so merkt Azter von der<br />

dänischen Band Denial of God 277 an, zu viele Musiker würden es verwenden, ohne<br />

zu wissen warum und dass sie es nicht als Corpsepaint bezeichnen sollten, wenn sie<br />

damit nicht wie Leichen aussehen.“ 278<br />

Mayhem und Gwar 279 machten sich mit der Präsentation von Tierkadavern und dem<br />

Verschütten von (künstlichem) Blut einen Namen. Die Gewalt wird dargestellt, sie soll<br />

allerdings als Provokation verstanden und nicht als Aufforderung zu entsprechenden<br />

Aktionen gedeutet werden. Auch die Musikinstrumente werden im Metal, ähnlich wie<br />

in anderen Musikrichtungen, in die Bühnenshows mit ihrer eigenen Bedeutung<br />

miteinbezogen, als mystische Heilsbringer, magische Zauberschwerter und auch als<br />

phallische Symbole.<br />

277 Gegründet 1991, Dänemark, www.denialofgod.net, 2011.<br />

278 http://de.wikipedia.org/wiki/Corpsepaint, 2010.<br />

279 Gegründet 1985, USA, www.gwar.net, 2010.<br />

52


Die Adaption von Symbolen verschiedenster Kulturkreise ist im Metal beliebt. Aufgrund<br />

der inhaltlichen Auseinandersetzung des jeweiligen Subgenres bzw. deren Herkunft<br />

sind folgende als besonders relevant anzusehen:<br />

Pentagramm<br />

Dieser inzwischen wohl, buchstäblich wie wortwörtlich, jedem Kind bekannte<br />

fünfzackige (pentá: griechisch für „fünf“; gramma: Strich/Linie) Stern gehört zu den<br />

ältesten in der Metalwelt inflationär verbreiteten Symbolen, was, hat man das Kapitel<br />

über die Wurzeln und Entstehungsgeschichte aufmerksam gelesen, kaum verwundert.<br />

Das Pentagramm ist ein altes, kulturgeschichtlich vielschichtig verwurzeltes Zeichen,<br />

das zumeist dem Schutz seines Trägers bzw. seines unmittelbaren Umfeldes dient.<br />

Sieht man etwas genauer hin, fällt auf, dass es sich bei dem in der Schwarzen <strong>Szene</strong><br />

verwendeten Zeichen zumeist um ein umgekehrtes Pentagramm, auch als Drudenfuß<br />

oder Alpfuß bezeichnet, handelt.<br />

Auch diese Version des Pentagramms symbolisiert an sich Schutz. Der Okkultismus<br />

vereinnahmte das invertierte Pentagramm als Zeichen des Satan. Als „Siegel des<br />

Baphomet“ wird der mit einem Ziegenkopf ausgefüllte und von hebräischen Lettern<br />

umgebene Drudenfuß von LaVey als Zeichen der Church of Satan 280<br />

übernommen. 281<br />

Pentagramm/Drudenfuß Logo der Church of Satan<br />

Abb. 13-16<br />

280 Siehe dazu Kapitel „LaVeys Satanismus“.<br />

281 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Drudenfuß_(Symbol), 2011.<br />

53


In szeneeigenen Internetforen erwachsen immer wieder brennende und oft<br />

haarsträubende Diskussionen darum, welche Zeichen denn nun tatsächlich die<br />

guten/bösen, hellen/dunklen, abwehrenden/anrufenden, linksdrehend/rechtsdrehend,<br />

etc. sind.<br />

Mjölnir<br />

Der Hammer „Mjölnir“ ist die magische Waffe<br />

des germanischen Gottes Thor. Seine Geschichte<br />

wird in der Edda 282 beschrieben. Es werden<br />

sowohl kunstvolle Repliken, als auch moderne<br />

Neugestaltungen des Thorshammers getragen.<br />

Dieses Symbol erfreut sich in der gesamten<br />

Schwarzen <strong>Szene</strong> größter Beliebtheit und steht für<br />

Stärke und Tatkraft. 283 „Zahlreiche Menschen,<br />

54<br />

Abb. 17<br />

insbesondere in Skandinavien und Norddeutschland, tragen Thorshämmer allerdings<br />

auch als reinen Schmuck ohne religiösen oder ideologischen Symbolgehalt,<br />

abgesehen von einer Verbundenheit mit nordischer bzw. skandinavischer Kultur und<br />

Geschichte und Interesse an der Wikingerzeit. […] Als legal verwendbares<br />

„germanisches“ Symbol hat in jüngerer Zeit auch die rechtsextreme <strong>Szene</strong> den<br />

Thorshammer für sich entdeckt. Aus diesem Grunde wird er immer häufiger auch in<br />

Listen rechtsextremer Symbole und Zeichen geführt.“ 284<br />

Weiters werden gerne verschiedene Runen (germanische Schriftzeichen) getragen<br />

bzw. als Artwork auf Covern und Textilien verwendet.<br />

Es ist zu beachten, dass gerade das Pentagramm und „Thors Hammer“ inzwischen<br />

teilweise als (bedeutungsarmer) Modeschmuck getragen werden. Im Sonderdruck der<br />

282 Als Edda werden zwei verschiedene auf Altisländisch verfasste literarische Werke bezeichnet, Siehe<br />

dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Edda, 2011.<br />

283 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Mjölnir, 19.04.2011.<br />

284 Ebda.


<strong>LOGO</strong> ESO.INFO „Rechte Symbole, Codes, Slogans und Kleidung“ 285 werden eine<br />

Vielzahl von Symbolen erläutert, die dem politisch äußerst rechten Rand der Rock- und<br />

Metal <strong>Szene</strong> zugeordnet werden können. Interessant zum Nachschlagen ist auch die<br />

Broschüre „Das Versteckspiel“ 286 , die sowohl als Druckausgabe 287 bestellt, als auch<br />

online gelesen werden kann.<br />

Outfit und Accessoires<br />

� „Rechte Symbole, Codes, Slogans und Kleidung“<br />

erhältlich auf www.logo.at.<br />

Das (Klischee-)Bild des 80er-Jahre Metalfans (männlich, weiß, Arbeiter) manifestierte<br />

sich auch in der Kleidung der Musiker und ihrer Anhänger. Die Anhänger des Metal<br />

waren in den Anfangszeiten „rein optisch sehr deutlich im Straßenbild erkennbar.<br />

Nach außen hin wurde ein visuell stark ausgeprägtes Image gepflegt.“ 288 Während es<br />

in der Anfangszeit des Metal keine spezielle „Tracht“ gab und verschiedene Stile<br />

möglich waren, wenn auch Black Sabbath bereits ganz in Schwarz auftraten – so kam<br />

Ende der siebziger Jahre, im Gefolge von Judas Priest, dann das <strong>schwarze</strong> Leder als<br />

Symbol von männlichem Körperkult, Härte und musikalischer Kompromisslosigkeit<br />

auf. Dazu wurden die langen Haare praktisch verpflichtend. Einzelne Bandmitglieder<br />

trugen T-Shirts anderer Bands, um so den solidarischen Geist der Metal-Community<br />

zu zeigen. „Heavy Metal plakatiert seine Zugehörigkeit zur Sphäre der Subkulturen,<br />

der club cultures. 289 Pathos und Provokation, Pole übersteigerten Ausdrucks einer<br />

Abweichung vom goldenen Mittelmaß, einer imaginierten gesellschaftlichen Mitte.“ 290<br />

Die vielzitierte Kutte (vermutlich herrührend vom engl. „cut-off“, was sich auf die<br />

abgeschnittenen Ärmel bezieht) ist wohl ein Kleidungsstück der Metaller (aber nicht<br />

285 Mikusch/Schweidlenka, Rechte Symbole, 2011.<br />

286 www.dasversteckspiel.de<br />

287 www.dasversteckspiel.de/Broschuere.html, 2011.<br />

288 www.textem.de/2050.0.html, 2011.<br />

289 Siehe dazu: Thornton, 1996.<br />

290 www.textem.de/2050.0.html, 2011.<br />

55


nur!) der allerersten Stunde und dürfte aus der Biker- bzw. Rocker-<strong>Szene</strong> übernommen<br />

worden sein. Darunter versteht man für gewöhnlich eine Jeans- oder Lederweste die<br />

mit Aufnähern (Patches) verziert ist. Patches gibt es vom kunstvoll gestickten<br />

Einzelstück bis hin zur gedruckten Massenware. Für einige ist die Kutte eine mit<br />

Respekt zu behandelnde, die persönliche (Fan)-Geschichte erzählende „Reliquie“, die<br />

z.B. nicht gewaschen werden darf oder von der niemals Aufnäher entfernt werden<br />

dürfen. Dieses Ausstattungsstück wird nicht (mehr) in der gesamten <strong>Szene</strong> verwendet.<br />

Ende der achtziger Jahre brachen US-Metal-Bands das <strong>schwarze</strong> Kleidungsmonopol.<br />

Sie griffen die Showtraditionen mit dem dazugehörigen Glitter auf. In den neunziger<br />

Jahren, mit dem Crossover, weichten die Stile vollständig auf. Outfit-Mischformen<br />

erschienen, produziert von einer regen Modeindustrie. Symbole und Slogans vieler<br />

rebellierender Jugendkulturen seit 1945 sind seitdem am Markt erhältlich und werden<br />

gerne gekauft.<br />

Ein tendenzieller Hang zu <strong>schwarze</strong>r Kleidung ist nach wie vor nicht abzustreiten,<br />

deshalb aber noch lange nicht „verpflichtend“. Alle „traditionellen“ Accessoires und<br />

Styles der ersten Stunde, egal ob Lederkluften, Nieten oder Patronengurte, alles<br />

existiert noch in dem einen oder andern Genre. Gerne getragen werden auch Textilien<br />

und Schuhe im Military Look – Camouflage-Hosen, Militärstiefel und diverse<br />

Ausrüstungsgegenstände, was vor allem auf Festivals durchaus auch praktischen<br />

Erwägungen entspringen kann.<br />

T-Shirts, Longsleeves und Kapuzenpullover – mit Band-Motiv, (Celtic)<br />

Knotwork oder Tribal werden gerne und oft getragen.<br />

Neben all diesen möglichen „Erkennungszeichen“ gibt es aber eine große Anzahl von<br />

Metalfans, die jegliche Form der Uniformierung ablehnen. Die Motivationen dafür<br />

sind unterschiedlich.<br />

56


Zu Beginn wie heute sorgen Magazine (z.B. DarkScene 291 , Metal Hammer 292 , Rock<br />

Hard 293 , Schwermetall 294 , Stormbringer 295 ) für <strong>Szene</strong>-Information und Community-<br />

Feeling. Nicht unterschätzt werden darf auch die Wertigkeit von einschlägigen<br />

Festivals, die nicht selten Wochenend- und Urlaubsplanung der Fans dominieren.<br />

Immer wieder spannend zu lesen und ein deutliches Zeichen dafür, dass einen<br />

Metalhead mehr ausmacht, als sich die „richtigen“ Klamotten zu kaufen sind<br />

Diskussionen die seit geraumer Zeit in Internetforen geführt werden. Beispielhalber<br />

werden nachfolgend Diskussionsausschnitte aus dem Online-Forum eines<br />

deutschen Metal Magazins und einer populären „Frage- & Antwort-Seite“ 296<br />

abgebildet. Bezeichnend ist in beiden Fällen, dass eine vermutlich sehr junge<br />

szenefremde Person versucht, quasi „Mitglied“ der Metal <strong>Szene</strong> zu werden, in dem sie<br />

sich „entsprechend“ kleidet. In beiden Foren folgen, neben ironischen Kommentaren<br />

in Wort und Bild, in erster Linie Ratschläge zu sich selbst zu stehen und die Musik und<br />

nicht „Outfitklischees“ als wesentlich zu betrachten, als Reaktion (siehe nächste Seiten).<br />

291 www.darkscene.at, 2011.<br />

292 www.metal-hammer.de, 2011.<br />

293 www.rockhard.de, 2011.<br />

294 www.schwermetall.ch, 2011.<br />

295 www.stormbringer.at, 2011.<br />

296 www.gutefrage.net, 2011.<br />

57


MetalHammer-Forum:<br />

58


Gutefrage.net<br />

60


Der Körper als Ausdrucksmittel<br />

Ronnie James Dio 297 , 1979–1983 und 1991–1992 Sänger von Black Sabbath,<br />

nahm für sich in Anspruch, den unter Metalheads weit verbreiteten Teufelsgruß 298 ,<br />

mit abgespreizten Daumen, Zeige- und kleinem Finger, in die <strong>Szene</strong> eingebracht zu<br />

haben. Er soll das Zeichen von seiner Großmutter übernommen haben. Als „Erfinder“<br />

sah sich fast zeitgleich auch Gene Simmons 299 , Bassist der Band Kiss. Tatsächlich<br />

dürfte es sich ursprünglich (unter Anderem!) um eine Geste gegen den bösen Blick 300<br />

gehandelt haben. Die älteste bekannte Darstellung wurde auf etruskischen<br />

Grabsteinen gefunden. 301 Wer dieses, in Deutschland auch liebevoll als<br />

„Pommesgabel“ bezeichnete, „Erkennungszeichen“ tatsächlich in die <strong>Szene</strong><br />

eingebracht hat, ist wohl nicht mehr eindeutig nachvollziehbar.<br />

Große Verwechslungsgefahr besteht mit dem Zeichen der amerikanischen<br />

Gebärdensprache für „I love you“ und dem Handzeichen der grauen Wölfe 302 ,<br />

das durch vorgestreckten Zeige- und kleinen Finger die Ohren und mit den übrigen<br />

Fingern die Schnauze eines Wolfes symbolisieren soll.<br />

Mano Cornuta „I L Y“ – I love you<br />

Abb. 18 Abb. 19<br />

297 *1942 in New Hampshire; bürgerlicher Name: Ronald James Padavona.<br />

298 Auch Mano Cornuta (ital. „gehörnte Hand“), Devils horns, Metal Fork.<br />

299 *1949 in Haifa, Israel, bürgerlicher Name: Chaim Witz.<br />

300 Zu den vielfältigen Bedeutungs- und Verwendungsmöglichkeiten der „Mano Cornuta“ siehe:<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Mano_cornuta, 2010.<br />

301 Hall,1997, S. 359.<br />

302 Mitglieder der rechtsextremen türkischen Partei der Nationalistischen Bewegung.<br />

61


Als szenetypisch gilt das sogenannte<br />

headbangen, ursprünglich wohl eine Art<br />

unbewusste Trancetechnik, die bereits in<br />

amsterdamer Hippiekreisen der späten<br />

sechziger Jahre praktiziert wurde. Der Kopf<br />

wird im Takt der Musik schnell<br />

vorwärts/rückwärts bzw. seitwärts oder in<br />

Kreis- und Achterform bewegt, wofür es<br />

regional unterschiedlich eigene Bezeichnungen<br />

gibt.<br />

62<br />

Abb. 20<br />

Um einiges riskanter ist das sogenannte stagediven, das auch in vielen anderen<br />

Musikrichtungen üblich ist. Dabei springen Personen von der Bühne ins Publikum, was<br />

zumeist im crowdsurfen 303 , also dem überkopf von der Menge vor der Bühne<br />

weitergereicht werden, mündet. Stagediven und crowdsurfen ist bei vielen Konzerten<br />

und Festivals aus Sicherheitsgründen verboten.<br />

Eine weitere Variante des körperlichen Ausdrucks<br />

vor der Bühne ist der moshpit. Die im Regelfall<br />

nahe vor der Bühne stehenden Fans bilden<br />

spontan einen „pit“ (Kessel, Grube) in dem in<br />

enger Formation vehement „gemosht“ wird.<br />

„Beim Moshen bilden die Tänzer einen Pulk und<br />

schubsen sich gegenseitig durch die Gegend,<br />

wobei sich die Tänzer jedoch nur an Armen und<br />

Schultern gegenseitig abstoßen und üblicherweise<br />

nicht hart zuschlagen.“ 304 Variationen davon sind<br />

der circle pit, bei dem im Kreis gelaufen wird,<br />

und die wall of death, die meist von den<br />

303 Siehe dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Crowd_surfing, 2010.<br />

304 http://de.wikipedia.org/wiki/Moshen, 2011.<br />

circle pit<br />

Abb. 21


Musikern der spielenden Band angesagt wird. Hierbei stehen sich zwei Gruppen des<br />

Publikums gegenüber und stürmen auf ein Signal hin aufeinander los.<br />

Über die genauen Unterschiede zwischen bangen, moshen, pogen, wrecken und<br />

dergleichen wird laufend diskutiert.<br />

Obgleich diese „Tanzformen“ gewalttätig wirken, kommt es nur in Ausnahmefällen zu<br />

ernsthaften Verletzungen. Auf Schwächere wird Rücksicht genommen, ist jemand<br />

gestürzt, hilft man dieser Person sofort auf und schafft sie aus der „Gefahrenzone“.<br />

So führt die Musik in Zusammenhang mit der körperlichen Bewegung zur Befreiung<br />

aufgestauter Wut und Aggression, die Fans geraten in einen Zustand jenseits von<br />

Schmerz oder Erschöpfung, sie gehen in der Massenekstase auf und transzendieren<br />

zeitweise ihr Ich; ein von Rockkonzerten gut bekanntes Phänomen, das zumindest<br />

ansatzweise mit schamanistischen Ekstasepraktiken und -zuständen verglichen werden<br />

kann. Die Sehnsucht nach einer „unio mystica“ 305 ist tief im Menschen verwurzelt und<br />

hat Aufklärung und Industrialisierung offenbar heil überstanden, wenngleich der<br />

Mystiker der Vergangenheit und der headbanger des Metal in verschiedenen<br />

kulturellen Zusammenhängen stehen. Nur wenige Metal-Musiker und -Fans<br />

konsumieren harte Drogen, um das Metalerleben noch zu steigern, eine zunehmende<br />

Zahl von Metalheads lehnt Drogen jeder Art ab.<br />

Die fortschreitende Industrialisierung, Durchrationalisierung und<br />

Kommerzialisierung aller Lebensbereiche führt zu einem Verlangen nach einer<br />

„starken“ Musik, die man körperlich spüren kann, bei der Aggressionen, Frustrationen<br />

und das Gefühl des Eingekerkertseins in triste, unveränderbare Arbeitsverhältnisse<br />

abgebaut werden können. Metal war in den Anfängen eine Musik für Rebellen, die<br />

von parteipolitischem Engagement oder dem Hippieaussteigertum wenig hielten. Ihr<br />

Frust wurde bei Konzerten abgebaut, gleichzeitig erfolgte ein Sicherheitsgefühl, das<br />

die „Community“ gewährte. Insider betonten, dass die zwanghafte Normalität unserer<br />

neoliberalistischen Arbeitswelt in Wirklichkeit den Horrorszenarien der Metaltexte<br />

gleichzusetzen sei. Werwolf und Vampir würden zu Chefs, Politkern, Lehrern etc. In<br />

305 Eigentlich ein Begriff der (christlichen) Mystik; „Einswerdung“ (mit Gott).<br />

63


Musik und Texten wird der alltägliche Horror in eine magisch-phantasievolle Kunstwelt<br />

übertragen und dort in Form szeneeigener Rituale verarbeitet und abreagiert. Das<br />

Eintauchen in Todesangst und Horror verschaffe so nebenbei auch den heiß<br />

begehrten „Adrenalinkick“. Provokation und Kritik sollen die strukturelle Gewalt<br />

unserer neoliberalen Gesellschaft bewusst machen. Musiker und Fans sprechen<br />

hierbei oft von einem kathartischen Erleben. Daher ist es auch durchaus verständlich<br />

und einleuchtend, dass sich der Großteil der Metal-Fans im Kontrast zu den<br />

gesungenen Texten und den Bühnenshows für Frieden, soziale Gerechtigkeit und<br />

Gewaltfreiheit ausspricht. „Heavy Metal ist ein kulturelles Phänomen der<br />

technischen Welt, er reflektiert das Maschinenzeitalter, die unerbittliche Rhythmik und<br />

Lautstärke, der die Menschen in ihrer Umwelt ausgeliefert sind. Heavy Metal ist<br />

zugleich eine emotionale, kraftvolle Musik, der ein gutes Stück Rebellion innewohnt. 306<br />

Werden als Möglichkeit der individuellen Abgrenzung erdachte Systeme<br />

polularisiert wie es mit einigen zum Mainstream erhobenen Bands und Strömungen im<br />

Metal passiert ist, „setzt sich ein Verfremdungsprozeß in Gang. Historisch schlug sich<br />

das im Heavy Metal meist in der zunehmenden akustischen wie auch ideologischen<br />

Radikalisierung nieder.“ 307<br />

2.4 Verbreitung des Metal - Zusammensetzung der Musiker und<br />

Fans<br />

Wie im musikgeschichtlichen Kapitel ausgeführt, hat die <strong>Szene</strong> ihre Ursprünge in den<br />

USA und Mittel- bzw. Nordeuropa. Wesentliche Einflüsse kamen später auch aus<br />

Südamerika und Asien (vor allem Japan). Inzwischen ist Metal eine weltweit<br />

wirkende kulturelle Bewegung, die sich fortlaufend in Wachstum und<br />

Weiterentwicklung befindet.<br />

306 Bettina Roccor, 1998, S. 136.<br />

307 www.textem.de/2050.0.html#c3118, 2011.<br />

64


Für die Fans gibt es zwei wichtige Komponenten: An allererster Stelle steht<br />

unverrückbar die Musik. An zweiter die Gemeinschaft. Die Vernetzung der Fans<br />

funktioniert, abgesehen vom Kontakt bei Konzerten, Festivals und Plattenbörsen vor<br />

allem über Internet-Foren. Für den metallischen Reisenden gibt es Websites mit<br />

Hinweisen auf einschlägige Bars und Geschäfte, wie z.B. den „Metal Travel Guide“ 308 .<br />

Wie die meisten Services in der Welt des Metal, ist auch dieses durch Fan-Initiative<br />

entstanden und nicht kommerziell orientiert.<br />

Nicht nur die berühmten internationalen Musikgruppen sind wichtig. Gerade Metal<br />

lebt vor allem auch durch regionale Bands, denen in Jugendzentren und ähnlichen<br />

Einrichtungen eine Chance gegeben wird aufzutreten. Wichtig ist den (meisten) Fans,<br />

dass die Musiker „echt“ sind. Das heißt, dass sie sich nicht (vorrangig) nach<br />

kommerziellen Vorgaben des kapitalistischen Musikbusiness richten, ihre Musik leben<br />

und die <strong>Szene</strong> (die Fans) wertschätzen. Zum Ehrenkodex der Musikgruppen gehört es,<br />

mit dem gleichen Einsatz sowohl für 20 als auch für 20.000 Fans zu spielen.<br />

„You can't be something you're not!”<br />

Pantera/Walk<br />

Durch eigene Contests für Nachwuchsbands (in Österreich z.B. „WOA-Metal-<br />

Battle“ 309 , „Metalchamp“ 310 und „Rock the Nation Award“ 311 ) ist es vielen kleinen<br />

308 www.metaltravelguide.com<br />

309 www.metal-battle.com<br />

310 www.metalchamp.com<br />

311 www.myspace.com/RTNAWARD<br />

Abb. 22<br />

65


Formationen möglich auf großen Festivals vor einem internationalen Publikum zu<br />

spielen.<br />

Metal ist die Musikrichtung einer Minderheit, die diese auch sein will. Es findet aber<br />

seit ca. Ende der 90er Jahre erneut 312 eine nicht überall in der <strong>Szene</strong> gern gesehene<br />

Öffnung zum Mainstream statt, die enormen Zulauf, v.a. bei jungen Hörern<br />

verzeichnet. Anschauliche Belege dafür sind Line Up und Besucherzahlen großer<br />

Musikfestivals (in Österreich z.B. „Nova Rock“, Deutschland z.B. „Rock am<br />

Ring/Rock im Park“) auf denen immer mehr „metallisches“ verschiedenster Couleur<br />

einzug hält.<br />

Ursprünglich war Metal für eine weiße, aus der Unterschicht stammende männliche<br />

Hörerschaft konzipiert. Das bedeutet allerdings nicht, dass der Metal an sich<br />

rassistisch geprägt ist. Inzwischen gestaltet sich die <strong>Szene</strong> – natürlich je nach Subgenre<br />

– vielschichtig und offen. Sowohl unter den Musikern, als auch den Fans sind<br />

Menschen aller Nationen und sozialen Schichten vertreten. Beispiele dafür sind Bands<br />

wie Abaddon 313 , Blasphemy 314 , Chthonic 315 , District Unknown 316 , Killswitch<br />

Engage 317 , Nevercell 318 und Suffocation (USA, afro-amerikanischer Schlagzeuger).<br />

Ein gutes Bild der weltweiten Verbreitung und kulturellen Wandlung des Metal zeichnet<br />

„Global Metal“ 319 , eine bereits erwähnte Dokumentation des kanadischen<br />

Kulturanthropologen Sam Dunn und des Filmreporters Scot McFayden. Metal hat sich<br />

inzwischen weltweit verbreitet und ist von den unterschiedlichsten Kulturräumen<br />

geprägt, bereichert und erweitert worden. Neben Global Metal beschäftigt sich eine<br />

inzwischen beachtliche Zahl filmischer Aufarbeitungen wie „Heavy Metal in<br />

312<br />

Die erste „Kommerzwelle” erfaßte den Metal laut Kommentaren in einschlägigen Online Foren<br />

bereits Mitte der 80er Jahre. Dann war die <strong>Szene</strong> für einige Zeit totgesagt.<br />

313<br />

Gegründet 2004, Chaguanas, Trinidad and Tobago, www.myspace.com/abaddontt, 2011. Nicht zu<br />

verwechseln mit „Abbadon” aus Deutschland.<br />

314<br />

Gegründet 1984, Burnaby, Kanada, keine Website auffindbar. Afro-kanadischer Gitarrist.<br />

315<br />

Gegründet 1995, Taipei, Taiwan, www.chthonic.tw, 2011.<br />

316<br />

Afghanistan, erste afghanische Metal Band! Keine weiteren Infos auffindbar. Siehe dazu:<br />

http://news.orf.at/stories/2003561/2003587, 2011.<br />

317<br />

Gegründet 1999, Westfield, Massachusetts, USA, www.killswitchengage.com, 2011. Afroamerikanischer<br />

Sänger.<br />

318<br />

Gegründet 2000, Dubai, Vereinigten Arabischen Emirate, www.nervecell.net, 2011.<br />

319<br />

Dunn / McFayden: Global Metal, Universal Pictures Germany GmbH, 2007.<br />

66


Baghdad“ 320 und „Heavy Metal. Louder than Life“ 321 mit den Konsequenzen<br />

dieser Entwicklung. „Heavy Metal ist eine internationale musikzentrierte Teilkultur“ 322<br />

aber auch eine dezitierte „Außenseiterkultur, was zu einem engeren Zusammenschluß<br />

der Fans untereinander führt“ 323 als dies in vielen musikbeeinflußten <strong>Szene</strong>n üblich<br />

ist. 324<br />

„From Brazil to Ghana, and in upwards of 150 countries in between, the music<br />

has grown continuously during the last twenty years, adding local musical, lyrical<br />

and fashion elements while remaining true to the hardcore, anti-authoritarian,<br />

do-it-yourself attitude that first made it popular in the United Kingdom and the<br />

United States almost two generations ago.” 325<br />

Zensur ist im Metal seit seinen Ursprüngen ein wichtiges Thema. Äusserst interessant<br />

ist die Aufarbeitung von Mark Levin „Headbanging against repressive regimes.<br />

Heavy metal in the Middle East, North Africa, Southeast Asia and China“ 326 die über<br />

das Portal Freemuse 327 kostenlos verfügbar ist. Im Mittleren Osten und Nordafrika<br />

zum Beispiel haben Anhänger des Metal kaum eine Chance sich gegen die<br />

repressiven Vorstellungen von Liberalisieung und Demokratisierung durchzusetzen. 328<br />

Setzten sich die Fans des Heavy Metal früher vornehmlich aus Mitgliedern der<br />

Arbeiterklasse zusammen, gibt es heute kaum eine soziale Schicht oder<br />

Bildungsstufe in der keine Metalheads zu finden sind. Gerade in Ländern, in denen<br />

um Demokratie und (künstlerische) Freiheit gerungen werden muss, finden sich die<br />

Metal Musiker und eine große Zahl der Metalfans in Akademikerkreisen.<br />

320<br />

Alvi / Moretti: Heavy Metal in Baghdad, Vbs Iptv LLC, 2007.<br />

321<br />

Carruthers: Heavy Metal: Louder Than Life, Metropolis, 2006.<br />

322<br />

Roccor, 1998, S. 135.<br />

323<br />

Roccor, 1998, S. 136.<br />

324<br />

Im Anhang unter „Weiterführende Medien“ befindet sich eine ausführliche Auflistung von<br />

verschiedensten Film-Dokumentationen zum Thema!<br />

325<br />

LeVine, 2010. S. 9.<br />

326<br />

www.freemuse.org/sw36408.asp, 2011.<br />

327<br />

www.freemuse.org, 2011.<br />

328<br />

Vgl. Levin, 2010, S. 17.<br />

67


68<br />

„In many cultures, members of the metal and related scenes – and especially<br />

musicians – function as “organic intellectuals;” their comparatively high level of<br />

education and political awareness – a large share of artists and fans are college<br />

students or graduates, many artists have backgrounds as doctors, lawyers, MBAs<br />

or PhDs – provide them with the skills not merely to express the frustrations of the<br />

larger mass of their societies, but to offer examples of how to resist, however<br />

surreptitiously, government and corporate control.” 329<br />

Es gibt keine gemeinsame politische Ideologie. Florian Heersch wirft in einem<br />

Interview mit der „Zeit“ auf, dass in der internationalen <strong>Szene</strong> politische Inhalte<br />

wesentlich öfter anzutreffen sind, als in der deutschen. „Hier geht es allein um Musik,<br />

wer politische Inhalte gleich welcher Richtung transportieren will, bekommt<br />

Schwierigkeiten.“ 330<br />

Im Rahmen dieser Broschüre wird im Kapitel „Zum Nazivorwurf und zum NS-Kult im<br />

Metal“ im speziellen auf die Gefahren der Unterwanderung durch rechtsradikale<br />

Interessensgemeinschaften eingegangen.<br />

� In diesem Zusammenhang lesenswert ist auch die Fachbroschüre „Wer fürchtet<br />

sich vorm weißen Mann?!“ erhältlich auf www.logo.at.<br />

Das körperliche Erscheinungsbild der Fans spielt in Metal-Kreisen im Großen und<br />

Ganzen insofern kaum eine Rolle, als dass Menschen mit Behinderung oder stark<br />

übergewichtige Personen weder ausgegrenzt noch gemobbt werden.<br />

329 LeVin, 2010, S.19.<br />

330 www.zeit.de/kultur/musik/2009-10/metal-gender-kongress, 2010.


2.5 Frauen im Metal<br />

Die Position der Frau im Metal hat sich ab Anfag der neunziger Jahre stark gewandelt.<br />

In der Fangemeinde wie auf der Bühne scheinen zwar nach wie vor die Männer das<br />

Feld zu dominieren, der Anteil an Frauen ist aber in den letzten Jahren – sowohl auf<br />

ausübender als auch auf konsumierender Seite – markant gestiegen. Unter den<br />

Musikern ist das Vordringen in bis dato klar männliche Domänen (Gitarren,<br />

Schlagzeug) für Frauen immer noch untypisch; „ihre Rolle beschränkt sich [dann] in<br />

der Regel auf den Gesang.“ 331<br />

Das Thema „Frauen im Metal“ bzw. „Gender und Metal“ ist immer öfter auch im<br />

Fokus wissenschaftlicher Diskurse. Im Oktober 2009 fand beispielsweise ein<br />

vielbeachteter internationaler Kongress zum Thema „Heavy Metal und Gender“ in<br />

Köln statt, der von Deena Weinstein, die 1991 mit ihrer „Kultursoziologie des Heavy<br />

Metal“ eines der ersten wissenschaftlichen Bücher zum Thema verfasst hat, eröffnet<br />

wurde.<br />

Weinstein zufolge erklärt sich der ursprünglich vorherrschende „Männlichkeitskult“ im<br />

Metal durch einen Versuch der Kompensation des männlichen Machtverlustes z.B.<br />

angesichts der Frauenbewegung und ihrer „Begleiterscheinungen“. René Molnar,<br />

der Leiter des Grazer Jugendkulturzentrums Explosiv, führt die ursprüngliche<br />

Mehrheit männlicher Hörer und Musiker darauf zurück, dass Metal sehr viel mit<br />

Rebellion zu tun hat. Frauen wären nicht aktiv ausgegrenzt worden, das offene<br />

Rebellieren sei den „Mädels“ in dieser Zeit weniger eigen gewesen, weswegen viele<br />

eher zu Disco 332 als zu Metal tendierten. Molnar macht die konservative Erziehung und<br />

den Zeigeist für die ursprüngliche Unterrepräsentanz der Frauen im Metal<br />

verantwortlich. Heute sind laut MMag. a Susanne Sackl, die an der Fertigstellung<br />

ihres Dissertationsprojektes zum Thema Geschlechterbilder im Heavy Metal arbeitet,<br />

bei vielen Bands Männer und Frauen im Publikum annähernd gleich verteilt.<br />

331 Altrogge, 2001.<br />

332 Stilrichtung der Popmusik, die Mitte der 70er Jahre zu einem eigenen Genre wurde.<br />

69


Die Musikwissenschaftlerin Sarah Chaker 333 schätzt laut UNISpiegel in ihrer<br />

Dissertation „Black und Death Metal. Der Sound. Der Markt. Die <strong>Szene</strong>.“ den Anteil<br />

weiblicher Fans in den genannten Subgenres auf ca. 15%. Ihnen würden hier die<br />

Identifikationsfiguren fehlen. 334<br />

Aus einem Bericht zum eingangs erwähnten Kongress „Heavy Metal and Gender“ geht<br />

hervor, dass die unterschiedlichen Berachtungsweisen sehr stark vom Genre bzw. dem<br />

geographischen Gebiet und dessen gesellschaftlichen Struktur abhängig sind. So gibt<br />

es z.B. gerade in der Türkei eine hohe Anzahl weiblicher Metal Musiker und Dr. Pierre<br />

Hecker, wissenschaftlicher Mitarbeiter am „Centrum für Nah- und Mittelost-Studien<br />

der Philipps-Universität Marburg“, sieht „die türkische Metal-<strong>Szene</strong> bei aller<br />

patriarchalen Widersprüchlichkeit als einen möglichen Fluchtort säkularer Frauen“. 335<br />

Inhaltlich sind Frauenfiguren im Metal häufiger anzutreffen. Ob posierend auf<br />

Plattencovern oder als zu rettende Maid in Songtexten – das zu Beginn der<br />

Bewegung kolportiere Frauenbild dürfte ebenfalls mit der von Weinstein<br />

beschriebenen Kompensationsbedürftigkeit zusammenhängen. Inzwischen scheint sich<br />

aber, natürlich je nach Genre, auch das relativiert zu haben. „Es kursieren diverse<br />

Frauenbilder im Metal, die erst nach und nach eine Reevaluation erfahren.“ 336 Im<br />

Vortrag „Women and Moral Degradation in Jamrud’s Songs” sprach Muria Endah<br />

Sokowati aus Indonesien über die ebenfalls indonesische Metalformation Jamrud 337 ,<br />

die das Übernehmen des westlichen, nicht ihrer Tradition entsprechenden,<br />

Frauenbildes in die indonesische Kultur als moralischen Werteverfall kategorisieren. 338<br />

333<br />

Sie trägt den klingenden Spitznamen „Frau Doktor Death Metal“.<br />

334<br />

vgl. www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,608101-2,00.html, 2010.<br />

335<br />

Elflein, 2009, S. 2.<br />

336<br />

http://www.textem.de/2050.0.html, 2011.<br />

337<br />

Gegründet 1989 (urspr. als „Jam Rock“), Cimahi, West Java, Indonesien. Keine Website auffindbar.<br />

338 Elflein, 2009, S. 3.<br />

70


(Hard)Rock und Metalbands in denen Frauen bedeutend sind/waren:<br />

Name Frauenanteil Gründung Land Stil<br />

Arch Enemy Sängerin 1996 Schweden Melodic Death M.<br />

Arkona Sängerin 2002 Russland Folk/Pagan Metal<br />

Draim STH alle 1993 Schweden Grunge/Heavy Metal<br />

Girlschool alle 1978 GB NWoBHM<br />

Holy Moses Sängerin 1980 Deutschland Thrash Metal<br />

Ice Age alle 1985 Schweden Thrash Metal<br />

Kittie alle 1996 Kanada Nu Metal<br />

Nightwish Sängerin 1996 Finland Symphonic Metal<br />

Phantom Blue Sängerin 1987 USA Heavy Metal<br />

Rockbitch mehrheitlich 1996 USA Crossover<br />

Rock Goddess alle 1977 GB NWoBHM<br />

Warlock Sängerin 1982 Deutschland Heavy Metal<br />

Vixen alle 1980 USA Hard Rock<br />

The Donnas alle 1993 USA Rock/Punk Rock<br />

The Gathering Sängerin 1989 Niederland<br />

The Great Kat Söngerin/Gitarristi<br />

n<br />

e<br />

Death/Doom M.<br />

1986 USA Speed Metal<br />

The Runnaways alle 1975 USA Hard Rock/Punk<br />

shEver alle 2004 Schweiz Doom Metal<br />

Die Webseite www.metaladies.com listet ausschließlich Frauen Metalbands und<br />

www.metalmaidens.com ist „the online zine dedicated to women in metal & rock“.<br />

In Belgien findet 2011 zum neunten Mal das „Metal Female Voice Festival“ 339<br />

statt, bei dem ausschließlich „female fronted“ Bands auftreten. Ihnen ist auch die Seite<br />

www.femalemetal.com gewidmet.<br />

339 www.metalfemalevoicesfest.be, 2011.<br />

71


2.6 Kritiker des Metal<br />

Musik ist eine Geschmacksfrage worüber sich sprichwörtlich nicht streiten lässt. Die<br />

Themen, mit denen sich Metal befasst und die Motivationen, die hinter dieser Musik<br />

stehen bzw. stehen könnten bescheren allerdings reichlich Material für Diskussionen.<br />

Heute ist Metal ein globales Phänomen das gleichermaßen Fans wie Gegner<br />

mobilisiert hat. Die „long haired music“, wie Metal in Malaysia und China beschrieben<br />

wurde, wurde von den Regierungen beider Staaten verboten. In zahlreichen Ländern<br />

des Mittleren Ostens wurden und werden Musiker und Fans verhaftet und ihnen wird<br />

Teufelsanbetung vorgeworfen. 340 In den historischen Ursprungsländern des Heavy<br />

Metal konzentrieren sich die Vorwürfe neben der Nähe zum Satanismus auf die<br />

Verleitung zum Suizid und das Verbreiten von antidemokratischen, meist<br />

rechtsextremen Ansichten.<br />

1984 erschien das Buch „Wir wollen nur Deine Seele - Rockszene und<br />

Okkultismus. Daten, Fakten, Hintergründe“, verfasst vom evangelischen<br />

Theologen Hans-Ulrich Bäumer. Es hat im deutschen Sprachraum zahreiche<br />

Neuauflagen erreicht und wurde kostenlos in Schulen verteilt. In einem großen<br />

Rundumschlag betrachtet Bäumer die Rockszene und zeigt viele angebliche oder<br />

tatsächliche Verbindungen einzelner Musiker mit dem okkulten Bereich auf. Seiner<br />

Meinung nach verführe die Musik zu Teufelsanbetung, Drogenmissbrauch,<br />

Gewalttätigkeit und Selbstmord.<br />

Ein weiterer fanatischer Gegner ist der spanische Jesuit Fernando Salazar Bañol. In<br />

seinem Buch „Die okkulte Seite des Rock“ von 1987 macht er die gesamte<br />

Rockmusik inklusive Elvis Presley für alle Probleme des Planeten verantwortlich. Dazu<br />

gehören neben Satanismus, freier Liebe, Lust an der Sexualität, Homosexualität,<br />

340 Vgl: LeVine, 2010. S. 7.<br />

72


Kriminalität, Rebellion, Anarchie und Ketzerei auch die Verstümmelung von<br />

ungeborenen Kindern im Mutterleib und sogar das Sterben von Zimmerpflanzen.<br />

Übereinstimmend beurteilen diese Bücher die Musik des Metal als einzigen<br />

Negativfaktor in einer ansonsten gesunden Gesellschaft. Die Jugend gilt in ihren<br />

Augen als schwach und leicht verführbar. Nun kann also der Satan, indem er sich der<br />

Metal-Musik bedient, ohne weiteres die leicht verführbare Jugend verderben. Reto<br />

Wehrli, der sich in seiner 2001 erschienen Arbeit „Verteufelter Heavy Metal“ auf<br />

wissenschaftlichem Niveau mit dem Phänomen des Metal befasst, behauptet, dass<br />

dieser in zwei Bereiche einzuteilen sei, in den dionysischen und den chaotischen.<br />

Ersterer stellt die lustvolle Seite des Lebens dar und beschäftigt sich vor allem mit leicht<br />

anrüchigen Themen aus dem sexuell-erotischen Bereich. Der letztere zeigt die harte<br />

Realität des Lebens bis ins Extrem der Ausweglosigkeit und handelt von Wahnsinn,<br />

Lärm, Haß, Gewalt und Tod. Beide Bereiche werden von den Gegnern als vom Teufel<br />

geschickt angesehen.<br />

Zu diesen „wissenschaftlichen“ Werken von Gegnern des Metal kommen<br />

Bestsellerromane wie z.B. „Rock im Rückwärtsgang“ von Michael Buschmann<br />

(1987) oder „The God of Rock“ von Michael K. Haynes (1982).<br />

Des Weiteren organisieren sich Bürgerinitiativen, die gegen Metal demonstrieren.<br />

1980 kam es zu einer ersten öffentlichen CD-Verbrennung in Iowa, USA und<br />

bereits 1981 zur zweiten. Im vom evangelischen Fundamentalisten Preston Fletcher<br />

geleiteten „Freedom Village“ 341 (USA) können verschreckte Eltern ihre Metal-Fan-<br />

Kids zwangstherapieren lassen. Hier werden diese religiösen Fanatiker durchaus ernst<br />

genommen.<br />

Eine Behauptung der Gegner betrifft die angeblich versteckten<br />

Rückwärtsbotschaften 342 (backward masking), durch die die Metalhörer zu<br />

satanistischer Praxis angeregt würden. Satan habe sich so zum Herrn der Rockmusik<br />

341 www.freedomvillageusa.com, 2011.<br />

342 Siehe dazu http://de.wikipedia.org/wiki/Rückwärtsbotschaft, 2010.<br />

73


gemacht, mit der er Millionen von Jugendlichen verdirbt. Die Musiker seien nur noch<br />

willenlose Opfer der Hölle, der sie ihre Seelen versprochen haben und dafür im<br />

irdischern Leben Erfolg und Reichtum ernten, was sich derartige Kritiker unter<br />

normalen Umständen bei „dieser Musik“ nicht vorstellen können.<br />

Diese angeblichen Rückwärtsbotschaften werden im Abschnitt „Satan im Metal“ näher<br />

beleuchtet.<br />

Auch mit Prozessen machen die Gegner mobil: Immer wieder lautet die Anklage auf<br />

Mitschuld am Selbstmord von Jugendlichen durch direkte oder versteckte<br />

Aufforderungen dazu.<br />

Ozzy Osbourne stand dreimal wegen seines Songs „Suicide Solution“ vor Gericht,<br />

den drei Jugendliche bei ihrem Selbstmord (zwischen 1984-88) aufgelegt hatten. Das<br />

Lied war ursprünglich für den AC/DC Sänger Bon Scott geschrieben worden, der<br />

1980 an den Folgen seines Alkoholismus verstarb. Osbourne selbst versteht das Lied<br />

als Warnung vor dem langsamen Suizid durch Alkohol und wurde in den oben<br />

genannten Prozessen auf Grund psychiatrischer Gutachten freigesprochen.<br />

1990 wurde die Band Judas Priest angeklagt. Ihr Song „Better by You, better<br />

than Me“ wurde für den Selbstmord zweier Jugendlicher verantwortlich gemacht. Die<br />

angebliche versteckte Botschaft (Do it!) wurde durch ein Gutachten als<br />

atemtechnischer Seufzer entlarvt. So erfolgte auch in diesem Fall ein Freispruch.<br />

Trotz dieser und weiterer haltloser Vorwürfe an die Musik des Metal wurden und<br />

werden schwarzgekleidete Jugendliche, die diese Musik lieben und entsprechende T-<br />

Shirts ihrer Idole tragen, immer wieder ohne Überprüfung der Hintergründe als<br />

Satanisten, manchmal auch als Neonazis diskriminiert. 343 Durch solch unqualifizierte<br />

Beschuldigungen können die Jugendlichen aber erst recht zu einer satanistischen<br />

Betätigung getrieben werden.<br />

343 Diese Aussage stützt sich auf Erfahrungswerte aus der Beratungstätigkeit der ESO.INFO.<br />

74


Auch ganze Staaten machten immer wieder gegen die Metalheads mobil. Im<br />

ehemaligen real existierenden Sozialismus galt Metal als subversiv, ja sogar generell<br />

als faschistoid. In Singapur wurden Metal-Fans gezwungen, sich die Haare<br />

abzuschneiden oder bekamen Einreiseverbot. In einigen islamischen Staaten gibt es<br />

für Metalheads ein religiös bedingtes Tätowierungsverbot. Weltweit werden sie in der<br />

bürgerlichen bzw. Boulevard-Presse als arbeitsscheu, gewalttätig und asozial<br />

beschrieben. Sie gelten als geistig etwas minderbemittelt, sollen saufend, grölend und<br />

raufend in Langhaarhorden durch die Städte ziehen und „unschuldige“ Bürger<br />

verschrecken.<br />

Ebenso rümpfte in den Anfängen des Metal die alte Rock-Garde der Woodstock-<br />

Generation und die mit ihr verbündeten Magazine verachtungsvoll die Nasen über<br />

Metal. In ihren Augen war er zu proletarisch, zu brutal und wurde als kultureller<br />

„bullshit“, der nichts von political correctness hält, abgetan. Aber auch dieses<br />

vernichtende Urteil konnte den Siegeszug des Metal nicht verhindern. Die TV-Musik-<br />

Sender scheuten zunächst aus Angst um ihren (angeblichen) guten Ruf die<br />

Ausstrahlung von Metal-Clips. Spätestens der kommerzialisierte „Nu Metal“ (auch<br />

„New Metal“) sorgte für eine Trendwende. Neben dem zu dieser Zeit bereits gut<br />

etablierten Format „Headbangers Ball“ auf MTV wurden auch in Programmen des<br />

Masssen-TV-Musiksender „Viva“ metallische Beiträge gebracht.<br />

So wie die Gegner einseitig die negative Seite des Metal darstellen, so tun<br />

es die Befürworter mit der positiven und spiegeln damit manchmal die<br />

schwarz-weiß-Malerei ihrer Kritiker. Sämtliche Strömungen des Metal werden<br />

nur positiv betrachtet, Kritik wird als „spießig“ oder „uninformiert“ ausgeblendet oder<br />

abgekanzelt. So weisen junge Verteidiger der <strong>Szene</strong> immer wieder eine<br />

Verharmlosung des Satanismus auf. Sie verherrlichen die Thesen von Anton Szandor<br />

LaVey und Aleister Crowley, was teilweise als Reaktion auf die "bürgerliche" Kritik<br />

verstanden werden kann.<br />

75


Ein typisches Anti-Kritiker-Zitat aus der <strong>Szene</strong>: „Der Hang zu düsteren Themen und<br />

das Schreiben derartiger Texte, auch aus dem okkulten Bereich, waren schon immer<br />

Kritikpunkte der Gesellschaft gegenüber der Metal- und der Gothic-<strong>Szene</strong>. Schnell<br />

kommt man in den Ruf, Satanist, Kinderschlächter und Friedhofsschänder in einer<br />

Person zu sein. Andererseits sind für diese Gesellschaft Massentierhaltung,<br />

Tierversuche oder Massenabschlachtung und Bombardements Tausender von<br />

Menschen am Fernsehbildschirm total normal.“ 344<br />

Es gibt aber innerhalb der <strong>Szene</strong> auch viele kritikfähige Anhänger, die z.B. vehement<br />

gegen die neonazistischen Unterwanderungsversuche vorgehen.<br />

2.6.1 Satan im Metal<br />

Bettina Roccor unterteilt die satanistischen Bezugnahmen im Metal in drei Gruppen:<br />

Dem „Satano Poser“ 345 geht es um den Coolness-Faktor und das Schockieren seines<br />

(bürgerlich-konservativen) Umfeldes. Das Tragen von Symbolen wie umgekehrten<br />

Kreuzen und dem Drudenfuß ist, oft inhaltlich unreflektiert, Mittel zu Abgrenzung.<br />

Diese „Mode-Satanisten“ bilden die größte Gruppe.<br />

Die zweite Gruppe bilden die gewaltbereiten Satanisten. Hass und Verachtung,<br />

die Gesellschaft und das Christentum betreffend und das Streben nach Macht stehen<br />

im Vordergrund. In Norwegen wurden von fanatischen Black Metal Anhängern<br />

zahlreiche Kirchenbrände gelegt. Die Bestrebung, die (Black) Metal <strong>Szene</strong> von<br />

unwürdigen „Verrätern“ zu säubern wird in Taten von Varg Vikernes bzw. seinen<br />

Anhängern deutlich, die u.a. den Tourbus der Band Paradise Lost und die Haustüre<br />

von Therion-Miglied Christoffer Johnsson in Brand setzte(n). 346 Der Großteil der Metal<br />

<strong>Szene</strong> lehnt diese Art des Fanatismus grundlegend ab. 347<br />

344<br />

Matzke/Seeliger, 2002, S. 89 (Zitat Alexander Krull von „Atrocity“).<br />

345<br />

Vgl. Roccor, 1996, S. 279.<br />

346<br />

Vgl. Roccor, 1996, S. 279.<br />

347<br />

Vgl. Wetzel, 2002, S. 8.<br />

76


Die intellektuellen Satanisten setzen sich tatsächlich mit der Philosophie des<br />

Satanismus auseinander. Ihnen geht es um „das höchste Mass an individueller<br />

Selbstentfaltung“ 348 . Viele berufen sich auf die von Anton Szandor LaVey gegründete<br />

Curch of Satan.<br />

Die Auseinandersetzung und das Spiel mit dem Satanismus wird von etlichen Metal-<br />

Bands gerne als Mittel des Protestes, zur Provokation und der „Erhöhung<br />

öffentlichen Interesses“ genutzt. Das Landeskriminalamt Brandenburg spricht in<br />

diesem Zusammenhang von Kultursatanismus. 349<br />

Possessed, eine der ersten Black Metal Bands, kommentierte die starke Bezugnahme<br />

des Genres auf Satanismus mit einem lapidaren: „It’s just an image. It sells.“ 350 Auch<br />

der kritische Umgang mit Okkultismus und Satanismus wird besungen wie z.B. in The<br />

Number of the Beast (Iron Maiden, 1982). AC/DC wiederum geht es in Highway<br />

to Hell um die frei und ohne Rücksicht auf Gesetze und Moral genossene Lebenslust.<br />

Auf einzelnen Covers von Black Metal CDs wird zum Kampf gegen das Christentum<br />

aufgerufen und damit subtil für Gewalt geworben (etwa auf einem Cover der Band<br />

Rebaelliun 351 , auf dem brennende Kirchen zu sehen sind). Der Satanismus wird<br />

dabei als künstlerische Provokation begrüßt und soll als Protest gegen die christliche<br />

Kirche und ihre Vertreter verstanden werden. In zahlreichen Song Texten werden<br />

Kreuzzüge, Hexen- und Ketzerverfolgungen und die Inquisition scharf kritisiert und<br />

verurteilt. Die Metal-Community wendet sich dabei vor allem gegen die<br />

Scheinheiligkeit einiger – besonders in den USA mächtiger – Subströmungen des<br />

Christentums, die „das eine predigen und das andere tun“. Da der Satanismus sich<br />

demgegenüber ähnlich verhält, wird er oft als „Verbündeter im Kampf“<br />

herangezogen. Dabei passiert es auch oft, dass Vordenker des modernen Satanismus<br />

348 Roccor, 1998, S. 171.<br />

349 Landeskriminalamt Brandenburg, 2000, S. 4.<br />

350 Roccor, 1998, S. 271.<br />

351 Gegründet 1998, Brasilien, www.myspace.com/rebaelliun, 2011.<br />

77


wie Crowley oder LaVey (siehe weiter unten) verharmlost oder als „rebellische gute<br />

Onkel“ dargestellt werden.<br />

Zu den Vertretern der dritten Gruppe, die also tatsächlich an die satanistische<br />

Philosophie glauben, zählen z.B. Mercyful Fate 352 mit ihrem Leader King<br />

Diamond 353 , einem Anhänger der Church of Satan, Morbid Angel 354 , die ein<br />

umfassendes okkultes Weltbild mit vielen Anleihen aus verschiedenen Mythologien<br />

vertreten oder Deicide 355 , eine radikale satanistische Band<br />

(„Fundamentalsatanismus“), deren Sänger Glen Benton 356 sich ein auf dem Kopf<br />

stehendes Kreuz in die Stirn einbrennen ließ und sich zu Tieropfern bekannte. 357 Er rief<br />

zu politischen Engagement auf, um den Einfluss des Christentums auf Kinder und<br />

Jugendliche zurückzudrängen und plädierte für die Freiheit, eine satanistische<br />

Religionspraxis ausüben zu können. Der Satanismus, den Glen Benton vertritt, kann<br />

Anton LaVeys Prinzipien (siehe Kapitel LaVeys Satanismus) zugeordnet werden.<br />

352<br />

Gegründet 1981, Kopenhagen, Dänemark, www.covenworldwide.org, 2011. (Heavy) Metal.<br />

353<br />

*1956, Kopenhagen, Dänemark, www.covenworldwide.org, 2011.<br />

354<br />

www.morbidangel.com, 2010.<br />

355<br />

www.deicide.com, 2010.<br />

356<br />

*1967, USA, siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Glen_Benton, 2011.<br />

357<br />

Siehe seine Ausführungen unter www.reocities.com/SunsetStrip/Stadium/6078/deicideint.html,<br />

2010.<br />

78<br />

King Diamond Glen Benton<br />

Abb. 23 Abb. 24


Deicide schaffte es, zahlreiche aktive Fans zu werben, schuf sich aber ebenso einen<br />

festen Stamm an aktiven Gegnern. 1993 unternahm die Band mit Gorefest 358 und<br />

Atrocity 359 eine Europatournee. Begleitet wurde diese von etlichen<br />

Bombendrohungen, deren Urheber radikale christlich-fundamentalistische Gruppen<br />

und extreme Tierschützer waren. Weiters war die Band in einen Prozess verwickelt,<br />

nachdem vier Jugendliche einen Überfall begangen hatten und sich dazu auf Deicide<br />

als Anstifter beriefen. 360<br />

Immer wieder mussten sich Musiker vor Gericht verantworten: Ihnen bzw. ihrer Musik<br />

wurde vorgeworfen durch satanistische, gewaltverherrlichenden Botschaften die Basis<br />

für (Ritual-)Morde zu schaffen. 2001 wurde Slayer 361 für den Mord an der<br />

15jährigen Elyse Pahler mitverantwortlich gemacht. Drei Jugendliche hatten unter<br />

Drogeneinfluß das Mädchen getötet um es ihrer Aussage nach Satan dazubieten. Das<br />

Opfer sollte ihnen Erfolg mit der eigenen Band bescheren. Vor Gericht sagten die<br />

Täter aus, die Musik von Slayer habe sie hierzu inspiriert, vor allem die Songtexte zu<br />

Postmortem und Dead Skin Mask. Aufgrund der mangelhaften Beweise wurden<br />

Slayer allerdings von dem Vorwurf der Mitschuld freigesprochen. 362<br />

Großte Medienwirksamkeit bewies auch die mehrmalige Anklage von Ozzy<br />

Osbourne dessen Lied Suicide Solution 363 Jugendliche zum Selbstmord verleitet<br />

haben soll. Angeblich sei eine Botschaft mitaufgenommen worden, die auf das<br />

Unterbewusstsein wirkt. Das Lied behandelt laut Osbourne den langsamen Verfall<br />

(also eine Art Selbsttötung) durch Alkoholmissbrauch.<br />

1999 wurde von den amerikanischen Medien der Amoklauf an der Columbine<br />

Highschool (oft als das „Schulmassaker von Littleton“ bezeichnet) mit Marylin<br />

358<br />

Gegründet 1989, Niederlande, www.gorefest.nl, 2011, Death-Metal.<br />

359<br />

Gegründet 1985 (urspr. „Instigator“), Ludwigsburg, Deutschland, www.atrocity.de, 2011. (Death-)<br />

Metal.<br />

360<br />

Vgl. Wehrli, 2001, S. 8.<br />

361<br />

Gegründet 1981, Huntington Park, Kalifornien, USA, www.slayer.net, 2011.Thrash Metal.<br />

362<br />

Siehe hierzu: www.laut.de/vorlaut/news/2001/01/24/01404, 2010.<br />

363<br />

Erschienen auf seinem ersten Solo-Album, Blizzard of Ozz, 1980.<br />

79


Manson 364 in Verbindung gebracht. Allerdings stellte sich heraus, dass die Täter keine<br />

Fans von Manson waren. Trotzdem mussten einige Konzerte abgesagt werden und die<br />

Band zog sich für drei Monate zurück. 365 Der Film Bowling für Columbine 366 , in<br />

dem auch ein Interview mit Manson-Frontman Brian Warner gezeigt wird, versucht<br />

unter anderem die tatsächlichen Hintergründe des Amoklaufes zu beleuchten.<br />

Black Metal ist jenes Subgenre, das sich gezielt mit satanistischen Inhalten<br />

auseinandersetzt. „Anders als bei den traditionellen Bands die den Teufel gelegentlich<br />

als Sinnbild für das Böse bzw. für uneingeschränktes Vergnügen verwendeten,<br />

beschrieben diese Bands satanistische Rituale, Dämonenbeschwörungen,<br />

Hexensabbate und höllische Szenarien.“ 367 Die zweite Welle des Black Metal 368<br />

bescherte dem Subgenre neuen Schwung. Bands wie Mayham, Emperor und Burzum<br />

schockierten durch bis dato noch nicht dagewesene extreme Härte. „Mit dem<br />

Aufgreifen all dessen, was als evil (böse) definiert wurde, wollte sich die <strong>Szene</strong> als<br />

absoluten Gegenpol zu einer christlich-humanistischen Gesellschaft und ihrem<br />

Wertekanon positionieren. Das implizierte die Ablehnung des „Guten” nach<br />

christlicher Definition, vor allem der Ideale der Nächstenliebe, der Gnade und der<br />

Vergebung. Mit der Integration satanistischer und nazistischer Elementen wollte man<br />

sich kompromisslos gegen die Gesellschaft und in musikalischer Hinsicht abseits des<br />

kommerziellen Mainstreams stellen.“ 369<br />

backward masking<br />

Für die Gegner des Heavy Metal ist eine Tatsache klar: der Teufel beeinflusst durch<br />

verschiedene Methoden diese Art der Musik. Die Krönung des Wirkens Satans sollen<br />

die sogenannten Rückwärtsbotschaften sein, die sich angeblich nahezu auf jeder<br />

Metal Schallplatte finden. Spielte man die Platten vorwärts ab, seien die sublimen<br />

Botschaften gar nicht oder nur kaum hörbar, für das Unterbewusste dagegen sehr<br />

364<br />

Gegründet 1989, USA; Rock/Alternative Metal, gleichzeitig Künstlername des Frontman Brian Hugh<br />

Warner.<br />

365<br />

Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Marilyn_Manson, 2011.<br />

366<br />

Michael Moore, 2002; gewann einen Oscar.<br />

367<br />

Roccor, 1998, S.269.<br />

368<br />

Etwa zu Beginn der 1990er Jahre, vgl. „Headbanger schocken das System“, Abschnitt Black Metal.<br />

369<br />

Lohmann, www.turnitdown.de/526.html, 2011.<br />

80


wohl verständlich. Der erste, der diese These in Umlauf brachte, war David A.<br />

Noebel 370 . In seinem 1965 erschienen Buch „Communism, hypnotism and the<br />

Beatles: An analysis of the Communist use of music, the Communist master<br />

music plan“ wird behauptet, dass die kapitalistische Ordnung durch unterschwellige<br />

Botschaften in Rocksongs unterminiert werde. Die Liste der Bands, denen angebliche<br />

Rückwärtsbotschaften in irgendeiner Hinsicht unterstellt wurden, ist sehr lang und<br />

beginnt bei den Beatles. Größter Beliebtheit bezüglich backward masking erfreute<br />

sich die Ballade Stairway to Heaven von Led Zeppelin, in der sich, spielte man sie<br />

rückwärts ab, ein satanistisches „Glaubensbekenntnis“ befände. Der angebliche Text<br />

lautet:<br />

„ Listen! We have been there […]<br />

I will sing because I live with Satan [...]<br />

Serve me! [...]<br />

There is no escaping it [...] with Satan.<br />

If we´ve got to life with Satan [...]<br />

Master Satan [...]” 371<br />

Trotz der Masse an „wissenschaftlichen“ Abhandlungen zu diesem Thema, konnte der<br />

Vorwurf der sublimen Botschaften nicht bestätigt werden. Doch haben im Zuge der<br />

folgenden öffentlichen Diskussion einzelne Bands zur Provokation tatsächlich<br />

absichtlich Rückwärtsbotschaften auf ihre Platten montiert, so etwa Venom in ihrem<br />

Song „At War with Satan“ (Rückwärtstext: „I will return“) oder „In League with<br />

Satan“ (Text: „Praise to hell! I´m gonna burn your soul, crush your bones, make you<br />

bleed. You´re gonna bleed for me!”). Diese Botschaften sind allerdings bereits beim<br />

normalen Abspielen deutlich als Montagen zu erkennen.<br />

Auf einigen Platten finden sich auch Stellungnahmen gegen das backward masking<br />

oder abgrenzende Rechtfertigungen. Aber auch diese absichtlichen und oft in<br />

370 *1937, USA, religiöser Führer, siehe dazu: http://en.wikipedia.org/wiki/David_A._Noebel.<br />

371 Bäumer, 8. Auflage 1991, S. 26. Das Abhörergebnis von Wehrli fällt leicht unterschiedlich aus.<br />

81


höchstem Maße ironischen Einspielungen wurden in die Liste der<br />

ernstzunehmenden Manipulationen eingereiht.<br />

Zusammenfassend ist anzumerken, dass es keine Rückwärtsbotschaften auf Platten<br />

gibt, die mit dem Ziel der sublimen Beeinflussung ihrer Hörerschaft aufgenommen<br />

wurden. Es gibt lediglich Bands, die im Anschluss an die bereits in Gang gekommene<br />

Diskussion absichtlich Rückwärtsbotschaften als Provokation aufnahmen.<br />

Wetzel zitiert in seiner Arbeit Thomas Hermanns 372 , der gesagt haben soll: „Ich hab’<br />

mir neulich ‘ne Heavy Metal-Platte gekauft und dann rückwärts abgespielt, um zu<br />

hören, ob da satanische Botschaften drauf sind. Tatsächlich ertönte eine Stimme und<br />

sagte: Falsche Richtung, du Trottel!“ 373<br />

Wie Wehrli folgert hätte es, wären tatsächlich auf das Unterbewusstsein wirkende, zu<br />

Gewalt, Mord und Selbstmord aufrufende Botschaften auf den Platten zu hören,<br />

angesichts der Verkaufszahlen weltweit zu „infernalischen Auswüchsen“ kommen<br />

müssen. 374<br />

2.6.2 Nationalsozialismus und Metal<br />

„Gerade das Absetzen von der ersten, eher kommerziell ausgerichteten Black Metal-<br />

Generation, ließ den Begriff des Real Underground entstehen.“ 375 Zu satanistischen<br />

Symbolen gesellen sich immer öfter neonazistische, was auch zu<br />

Auseinandersetzungen innerhalb der <strong>Szene</strong>(n) führte. Bei Konzerten in Europa und in<br />

den USA agitieren Neonazis, über das Internet werden Black Metal-Fans mit<br />

neonazistischer Ideologie beworben und zur politischen Solidarität mit der<br />

jugendlichen Neonaziszene aufgerufen. Vor allem in Kleinstädten der USA hat dies<br />

bereits zu ernsthaften Problemen geführt. Black Metal und neonazistische Ideologie<br />

372<br />

Deutscher Moderator, Komiker, Drehbuchautor und Regisseur, *1963.<br />

373<br />

Wetzel, 2002, S. 7.<br />

374<br />

Vgl. Wehrli, S. 129.<br />

375<br />

Fromm, 2003, S. 9.<br />

82


und Agitation gehen immer mehr Hand in Hand. Die Anhänger dieser Musikrichtung<br />

sollen sich vom Mainstream der Gesellschaft absondern und Stämme bilden, so dass<br />

die Völker unvermischt bleiben und nicht vermarktet werden können 376 .<br />

Stammesutopien der linksliberalen Alternativbewegung der siebziger und achtziger<br />

Jahre tauchen seit einigen Jahren am rechten Rand wieder auf. Das multikulturelle<br />

Credo wich dabei einer völkischen Ideologie, die wieder auf die sogenannte<br />

„Rassenreinheit“ abzielt.<br />

Abgesehen von verschiedenen Bands, die tatsächlich der neurechten Bewegung<br />

zugeordnet werden können, gibt es aber auch eine nicht unbedeutende Anzahl von<br />

Bands, denen der Vorwurf des NS-Gedankengutes zu Unrecht gemacht wurde.<br />

Dies wiederfuhr zum Beispiel der Band KISS, deren zwei „S“ im Logo die Sigrune zum<br />

Vorbild hätten. Dies ist allerdings nicht der Fall, denn sie leiten sich von dem US-<br />

Warnschild für elektrische Hochspannung her. Gene Simmons (Bassist von KISS)<br />

bekräftigt die Tatsache nichts mit Naziideologie zu tun zu haben später mit dem<br />

Hinweis auf seine eigene jüdische Herkunft und seinen Migrationshintergrund 377 . Das<br />

selbe Symbol findet man als Schrägstrich des Bandlogos der Formation AC/DC. Jene<br />

Formation hatte auch noch zusätzlich das Problem, dass ihr Name als Anti-Christliche<br />

Botschaft (AntiChrist/Death To Christ bzw. AntiChrist/Devils Corporation) gelesen<br />

wurde statt als (gängige) englische Abkürzung für Wechselstrom/Gleichstrom<br />

(alternating current/direct current). Die Vorwürfe konnten nicht bestätigt werden.<br />

Abb. 25 Abb. 26<br />

376 Vgl. Einführungstext von www.nsbm.org.<br />

377 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Kiss_(Band), 2010.<br />

83


Als Quellen des Neonazismus werden in Gedankengut und Texten der einzelnen<br />

Bands zahlreiche Größen der <strong>Szene</strong> herangezogen, so Adolf Hitler 378 , Benito<br />

Mussolini 379 oder der italenische Neofaschist Julius Evola 380 .<br />

Aber auch heute noch lebende und aktive Neonazis oder Rechtsextremisten werden<br />

gerne und oft rezipiert, so Michael Moynihan 381 , Jan van Helsing 382 oder Varg<br />

Vikernes 383 .<br />

Vikernes sagte im Interview mit dem Black Metal Magazin Infernus: „Ich unterstütze<br />

alle Diktaturen, Hitler, Stalin, Ceauşescu… Und ich will selbst Diktator von<br />

Skandinavien werden. Make war, not love! […] Ich bin stolz, ein norwegischer<br />

Wikinger und arischer Mensch zu sein. Heil Hitler! Black Metal for White People!“ 384<br />

„Damit war eine neue Qualität erreicht. Für Count Crishnackh und seine Jünger hieß<br />

die Steigerung von Satanismus offenbar: Faschismus.“ 385<br />

Michael Moynihan<br />

84<br />

Katharina Ganster<br />

Der provokative Künstler, Journalist, Schriftsteller, Verleger und Musiker Michael<br />

Moynihan hat einen extrem kontroversiellen Ruf. Er wird abwechselnd als rechts-<br />

oder linksextrem, als Faschist oder Anarchist bezeichnet, und scheint selbst mit<br />

diesen Zuschreibungen zu spielen und zu provozieren. So bezeichnete er sich Anfang<br />

der neunziger Jahre als Faschist, hat das aber mittlerweile zurückgezogen da er<br />

eingesehen habe, dass die Öffentlichkeit diesen Begriff in einer anderen Weise deutet<br />

als er es tut. Er sehe sich eher als „jenseits von Gut und Böse“ und ist der<br />

Überzeugung, dass die traditionellen Begriffe von politisch „rechts“ und „links“<br />

378<br />

*1889 in Braunau am Inn, Österreich, Staatsoberhaupt des Deutschen Reiches.<br />

379<br />

*1883 in Dovia, Italien, Italienischer Diktator.<br />

380<br />

*1898 in Rom, Italien, Philosoph, Esoteriker.<br />

381<br />

*1969 in Boston, Massachusetts, USA, US-amerikanischer Musiker, Verleger und Journalist.<br />

382<br />

*1967 in Dinkelsbühl, Deutschland, Autor. Bürgerlicher Name: Jan Udo Holey.<br />

383<br />

*1973 in Bergen, Norwegen, Musiker, Autor und Aktivist. Bürgerlicher Name: Kristian Larsson<br />

Vikernes.<br />

384<br />

Vgl. Der Spiegel, 1994, S. 91f.<br />

385<br />

Billerbeck,1994, S. 275.


heutzutage an Bedeutung verloren hätten und man sich selbst und andere neu<br />

definieren müsse. Ende der Neunziger veröffentlichte er Statements gegen das<br />

Herrenrassendenken der amerikanischen „White Supremacists“ und gegen den<br />

Hitlerkult.<br />

Was man deutlich bei ihm feststellen kann ist ein provokantes Verhalten seit den<br />

frühen Neunzigern, ein Hochstilisieren seiner Person durch Mythologisierung,<br />

Provokation und Okkultisierung, ein Favorisieren von totalitären oder in einer<br />

anderen Weise extremen Ideologien und eine relativ deutlich ausgeprägte<br />

Vergangenheitssehnsucht, wobei das imaginierte, bessere „Damals“ – als<br />

Gegenbewegung zu Spaß- und Konsumgesellschaft – von Einfachheit, Disziplin und<br />

Naturrecht geprägt ist. Deshalb überrascht es nicht, dass er mit Vordenkern des<br />

Dritten Reichs wie Julius Evola, Jörg Lanz von Liebenfels, Friedrich Nietzsche<br />

oder Karl Maria Wiligut sympathisiert und Mitglied in eher rechten<br />

neuheidnischen Gruppen ist. Er hat außerdem enge Kontakte zu verschiedenen<br />

rechten und linken Organisationen, der Church of Satan und vielen anderen,<br />

extremen Künstlern, vor allem im Industrial-Bereich, in dem er selbst musikalisch aktiv<br />

ist.<br />

Der schwedische Professor und Autor (Gods of the Blood) Matthias Gardell schreibt<br />

über ihn, er würde am besten beschrieben als „heidnischer Anarchofaschist, mit allen<br />

Paradoxien und Zweideutigkeiten, die in dieser Kategorisierung enthalten sind“.<br />

Das 1998 erschienene Buch Lords of Chaos, das er mit dem Norweger Didrik<br />

Søderlind zusammen recherchiert und verfasst hat, scheint jedoch – trotz Unkenrufen<br />

von Sensationsjournalisten – relativ objektiv zu beschreiben, was in den frühen<br />

neunziger Jahren in der skandinavischen Metalszene geschah und warum. Es hat<br />

dafür außerdem den 1998 Firecracker Alternative Press Award gewonnen. Kritiker<br />

bemängeln jedoch, dass zu wenig Distanz zwischen Autor und Thema<br />

erkennbar sei, und dass es den rechten Ideologien – vor allem von Varg Vikernes –<br />

ein zu unkommentiertes Forum bietet. Interessanterweise ist aber gerade Vikernes<br />

einer der schärfsten Kritiker dieses Buches und behauptet, die Autoren hätten keine<br />

Ahnung von der Thematik, stellten sie falsch dar und hätten „die Köpfe einer<br />

85


Generation von Metalfans mit Lügen gefüllt” 386 . Dass er damit nicht aussagen will,<br />

dass das Buch zu rechtslastig wäre, wird im Abschnitt über Vikernes selbst klar<br />

werden.<br />

Quellen:<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Moynihan<br />

http://en.wikipedia.org/wiki/Michael_Moynihan_%28journalist%29<br />

Coogan, Kevin (1999), "How Black Is Black Metal?", Hitlist,<br />

http://oraclesyndicate.twoday.net/stories/605560/<br />

Gardell, Mattias. Gods of the Blood: The Pagan Revival and White Separatism (2003)<br />

Duke publishing press ISBN 0822330717 Portion of section regarding Moynihan<br />

available online:<br />

http://books.google.com/books?id=FIwwWSSL5JIC&pg=PA302&dq=michael+moyn<br />

ihan+gardell&sig=VauoHVgO1PGzRFLUXxNhkkAeKxU<br />

http://en.wikipedia.org/wiki/Lords_of_Chaos_%28book%29<br />

Sünner, Rüdiger: Schwarze Sonne. Entfesselung und Mißbrauch in Nationalsozialismus<br />

und rechter Esoterik. Freiburg/Basel/Wien: Herder/Spektrum, 1999.<br />

National Socialist Black Metal (NSBM)<br />

86<br />

„NSBM is a type of ‘modern’ black metal, coming from the movement that arose<br />

in Scandinavia during the early 1990s. Many of the bands which initiated this<br />

genre, including Burzum, Darkthrone, Mayhem, and Impaled Nazarene, have<br />

cited or alluded to National Socialism and its imagery and ethos as part of the<br />

inspiration toward their music. Although black metal varies in sound and ideal, it<br />

shares across its genre an obsession with darkness and destruction of the Judeo-<br />

Christian social ideal, as well as a blistering sound of rasping vocals and<br />

distorted, chaotic guitars over droning percussion.“ Selbstdarstellung 387<br />

Der Begriff National Socialist Black Metal (NSBM) bezeichnet die neonazistische<br />

Strömung innerhalb des Black Metal. Es handelt sich hierbei nicht um eine<br />

gänzlich neue Erscheinung – „neonazistische und antisemitische Gruppierungen<br />

386 www.burzum.org/eng/library/lords_of_chaos_review.shtml, 2010.<br />

387 www.nsbm.org, September 2010.


[waren] schon immer in dieser Subkultur vorhanden“ 388 und griffen zu<br />

Provotionszwecken darauf zurück.<br />

Varg Vikernes gilt als einer der wichtigsten Wegbereiter. Einschlägige Magazine gab<br />

es in den USA bereits in den neunziger Jahren, das Medium Internet verhalf in Folge<br />

zu einer raschen globalen Verbreitung. Die Website www.nsbm.org gibt sich<br />

exklusiv und rebellisch. Eine Zeit, so ist auf der mit Hakenkreuzen versehenen Start-<br />

Seite zu lesen, in der die Erde vergiftet, alte Rassen und Kulturen vernichtet und in der<br />

viele Menschen zu Sklaven der Konsumgesellschaft geworden sind, verlangt nach<br />

extremen Musikstilen und Ideologien. Ferner bekennen sich die Verfasser der Seite<br />

dazu, dass NSBM eine hasserfüllte Musik ist, die die Zuhörer kleiner werden lässt und<br />

sie mit uralten mystischen Glaubensrichtungen durchdringt.<br />

„Black Metal ist die Musik unseres Widerstands und Protests gegen ein System, das<br />

unsere heidnische Identität, die Identität der weißen Völker, beschränkt und zerstört“,<br />

erklärt Rob Darken 389 von der polnischen Band Graveland 390 im Kommentar zum<br />

1997 erschienenen Album „Following The Voice Of Blood“:<br />

„We dedicate this album to all people who are still faithful to true spirit and ideas<br />

of Black Metal, particularly to Black Metal underground... Do not forget that true<br />

Black Metal is intrasignence and inflexibility, resistance and persistence, rage and<br />

hatred, severity and retribution...” 391<br />

Darken dementiert – bezugnehmend auf einen im <strong>Szene</strong>-Magazin Rock Hard 392<br />

erschienen Artikel – dass Graveland dem NSBM zuzuordnen ist. Das Dementi erfolgte<br />

als offener Brief auf der Website der Band und ist zu finden unter „Interviews“. Unter<br />

„Bilder“ ist auf derselben Seite der abfotografierte Rock Hard Artikel abrufbar.<br />

388<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/NSBM, 2011.<br />

389<br />

Bürgerlicher Name: Robert Fudali, Pseudonym: Lord Wind.<br />

390<br />

Gegründet 1992, Breslau/Warschau/Polen, www.graveland.org, 2011. Black Metal, später Pagan<br />

Metal.<br />

391<br />

Vgl. www.darklyrics.com/lyrics/graveland/followingthevoiceofblood.html, 2011.<br />

392<br />

Mühlmann, 2007, S. 58-61.<br />

87


Der Nationalsozialismus wird laut nsbm.org als logische Konsequenz aus der<br />

Weltanschauung des Black Metal angesehen. Nach Jahren der Wut und des<br />

Widerstands habe sich Black Metal nunmehr gegen den Materialismus gewandt und<br />

damit – angeblich logischerweise – seine Erfüllung im NSBM gefunden. Es gehe gegen<br />

Konformität und alte Denkstrukturen. Ausgehend von den okkulten Botschaften der<br />

Gruppe Black Sabbath sei es zu einer spirituellen Ablösung von der jüdisch-<br />

christlichen Religion und dem damit verbundenen sozialen Empfinden gekommen.<br />

Der Satanismus im Black Metal habe schließlich zu einer Neubesinnung auf alte<br />

heidnische Religionen und Kulte geführt, zu einer spirituellen Veränderung des<br />

Bewusstseins. Eine der daraus abgeleiteten Forderungen: Eine eigenständige<br />

indoarische Kultur mit den gleichen Rechten, die von den Liberalen und Vertretern der<br />

political correctness auch für Farbige und Indianer gefordert werden. Teile aus Hitler´s<br />

„Mein Kampf“, seine Korrespondenz mit Goebbels, Nietzsche und – das ist keine<br />

humoristische Einlage! – „Das Kapital“ von Karl Marx, werden als wichtige<br />

ideologische Schriften für NSBM angegeben. 393<br />

Darüber hinaus werden Savitri Devi 394 und Helena Petrovna Blavatsky 395 als<br />

Quellen des NSBM angegeben. 396 „Das Recht des Stärkeren ist Gesetz!“ lautet eine<br />

der Stellungnahmen oder: „In 500 Jahren werden wir sehen, wer Affe ist und wer<br />

Mensch. Totalen Tod den Schwachen!“ 397 Durch die Ausrottung der Schwachen und<br />

Förderung der Starken werde im Sinne der Evolution eine schönere Welt geschaffen.<br />

Menschen mit angeblich niederem Bewusstsein werden von jüdisch-christlichen und<br />

kapitalistischen Politikern manipuliert, um heidnische, nordische, gnostische oder<br />

arische Glaubenssysteme zu zerstören. „Wenn du Black Metal kennst, weißt du, dass<br />

Christen und Juden von uns nicht willkommen geheißen werden... Ihr müsst<br />

sterben!!“ 398 Damit sind weiters auch Farbige, „Zigeuner“ und Slawen gemeint. Ziel ist<br />

393<br />

Vgl. www.nsbm.org, 2011.<br />

394<br />

*1905 in Lyon, Frankreich, bürgerlicher Name: Maximine Portaz, Schriftstellerin, Idol der Neonazi-<br />

<strong>Szene</strong>.<br />

395<br />

*1831 in Dnipropetrowsk, Ukraine. Schriftstellerin, Okkultistin.<br />

396<br />

Weitere Informationen zu diesen „Ikonen“ des NSBM gibt es in der Fachbroschüre „Braune Esoterik“<br />

der <strong>LOGO</strong> ESO.INFO.<br />

397<br />

Vgl. www.nsbm.org, 2011.<br />

398 Ebda.<br />

88


die Wiederherstellung angeblich weißer Heimatländer. Judentum und Christentum<br />

werden mit Rache, Sado-Masochismus, Fetischismus, Grausamkeit etc. gleichgesetzt.<br />

Seitenabrufe von 2001 zeigten derartige Äußerungen gerne mit „Heil Hitler!“ und<br />

„Joerg Haider World Consulate 2004!! Yes!!“ bekräftigt 399 . Inzwischen wurden diese<br />

Aussagen von der Website entfernt.<br />

„Although there is wide diversity (snicker, snicker) among the beliefs of the<br />

members of the NSBM movement, most espouse some variants of the philosophy<br />

and political ideality put forth by Adolf Hitler and the NSDAP in 1930s Germany;<br />

many are also inspired by Benito Mussolini, Julius Evola, Savitri Devi and H.P.<br />

Blavatsky's Theosophy. Most accept to some degree all of the major beliefs of<br />

National Socialism, including ethnic nationalism, a rigid ethos of honor,<br />

environmentalism and anti-Semitism.“ Selbstdarstellung 400<br />

Das Judeo-Christentum ist der Feind Nr. 1, da es die alte einheimische Kultur zerstört<br />

hat. So muss laut NSBM darauf geachtet werden, dass sich die Rassen nicht<br />

vermischen. Jede Kultur soll für sich alleine stehen, das hat oberste Priorität.<br />

Auf der NSBM-Website sind folgende Bands als NSBM Bands aufgelistet: Absurd,<br />

Burzum, Gontyna Kry, Graveland, Infernum, Infester, I Shalt Become,<br />

Kataxu, Legion of Doom, Lord Wind, Ohtar, Thor´s Hammer, Thunderbolt,<br />

Veles, Winter Funeral.<br />

Weiterhin werden folgende Bands als NSBM-beeinflusst bezeichnet: Angelcorpse,<br />

Bathory, Beherit, Blasphemy, Darkthrone, Impaled Nazarene, Marduk,<br />

Mayhem, Zyklon-B und die folgenden als nationalsozialistisch geprägt:<br />

Motörhead, Repulsion, Slayer.<br />

Diese Auflistung, darauf sei noch einmal ausdrücklich hingewiesen,<br />

erfolgte von www.nsbm.org und darf daher keineswegs als repräsentativ<br />

angesehen werden.<br />

399 Vgl. ebda.<br />

400 www.nsbm.org, September 2010.<br />

89


Auf der NSBM-Website finden sich auch Links zu nationalsozialistischen oder dem<br />

Gedankengut nahe stehenden Organisationen, z.B. zur National Alliance 401 zur<br />

Libertarian National Socialist Green Party 402 oder zum Earth First! (EF!)<br />

Journal 403 . EF! 404 ist ein internationales Netzwerk von radikalen Umweltgruppen.<br />

Weiters wird das Hitler Historical Museum 405 diverse Bands, im speziellen<br />

Burzum 406 und die Befreiung von Hendrik Möbus 407 propagiert.<br />

Der NSBM ist auch in den USA eng mit der rechtsextremen Neuheidenszene<br />

verbunden. So mit der Pagan Front, die als Koalition von Music Labels, Bands,<br />

Organisationen und rechtsextremen Einzelkämpfern weltweit verbreitet ist, ihren Sitz<br />

aber in den USA hat. Zu dem Mitgliedern zählen u.a. Dungeons of Darkness 408<br />

Records die eine enge Verbindung zu den deutschen Label Darker Than Black<br />

Records aufweisen, das wiederum vom satanistischen Neonazi und Mörder Hendrik<br />

Möbus 409 und seinem Bruder gegründet bzw. geführt wurde. 410<br />

401 www.natvan.com, 2011.<br />

402 www.nazi.org, 2011.<br />

403 www.earthfirstjournal.org<br />

404 www.earthfirst.org, 2011.<br />

405 www.hitler.org, 2011.<br />

406 www.burzum.com, 2011.<br />

407 www.nsbm.org/pub/hendrik, 2011.<br />

408 „Dungeons of Darkness“ ist auch ein Song-Titel auf dem Debut-Album von Burzum.<br />

409 *1976 in Sondershausen, Deutschland, Musiker.<br />

410 Vgl. www.nsbm.org/media/splc_report.html, 2011.<br />

90<br />

Abb. 27-29


Einzelne Gruppen, wie die bereits erwähnte Pagan Front 411 , versuchen sich im<br />

Internet als interessant für jugendlichen Entdeckermut darzustellen. Eine Recherche<br />

von 2001 brachte jenes, von Simone Phillip übersetze Statement zu Tage: „Bevor du<br />

weiterklickst, lies bitte das folgende Statement sorgfältig. Wenn du dich angegriffen<br />

fühlst durch den radikalen Stolz weißer Leute, den heidnischen Glauben und die<br />

starke antichristliche Ausrichtung, dann empfehlen wir, dass du diese Webseite nicht<br />

aufsuchst. Wenn doch, dann tust du das auf deine eigene Verantwortung und gib<br />

niemand außer dir selbst die Schuld, dass du deine geistige Gesundheit riskierst.“ 412<br />

Das kann natürlich auf der Suche nach einem „Kick“ interessant sein... Wie viele<br />

Beiträge ist auch dieser inzwischen nicht mehr auffindbar.<br />

Bands, die über Pagan Front promotet werden sind z.B.:<br />

Absurd 413 , Dark Thule 414 , Graveland, Pantheon 415 , Der Stürmer 416 , Sunwheel,<br />

Temnozor 417 und Wodulf 418 .<br />

Abb. 30<br />

411<br />

www.thepaganfront.com, 2011.<br />

412<br />

http://heathenfront.org, 2001; diese Seite ist nicht mehr existent.<br />

413<br />

Gegründet 1992, Sondershausen, Deutschland, www.hordeabsurd.com, 2011. Black / Pagan<br />

Metal.<br />

414<br />

Gegründet 2002, Ioannia, Grichenland, www.thepaganfront.com/darkthule, 2011.<br />

415<br />

Gegründet 1993, Tucson, Arizona, www.thepaganfront.com/pantheon, 2011.<br />

416<br />

Gegründet 1998, Athen, Griechenland, www.thepaganfront.com/dersturmer, 2011.<br />

417<br />

Gegründet 1996, Obninsk, Russland, www.thepaganfront.com/temnozor, 2011.<br />

418<br />

Gegründet 2002, Athen, Griechenland, keine Website auffindbar.<br />

91


Labels, die über Pagan Front promotet werden sind z.B.:<br />

Old Legend Productions, Dark Hidden, Deathabyss Productions, Werewolf<br />

Promotions, Lower Silesian Stronghold.<br />

Weiters ist die Heathen Front 419 (Allgermanische Heidnische Front – AHF 420 bzw.<br />

Deutsche heidnische Front - DHF 421 , gegründet 1998) von Bedeutung. Diese<br />

internationale Vereinigung, in der Vikernes eine große Rolle spielt und in der u.a. sein<br />

antisemitisches Buch Vargsmål vertrieben wird, wurde in den USA von James<br />

Mason 422 geleitet. Dieser war als Jugendlicher Mitglied der American Nazi Party 423<br />

(ANP) und Chef der National Socialist Liberation Front 424 (NSLF). Laut nsbm.org<br />

ist er gegenwärtig der Führer des Universal Order, einer okkulten Formation, die<br />

auf den Zusammenbruch des Systems wartet und Charles Manson 425 , den Anstifter<br />

zu dem satanistischen Mord an der Schauspielerin Sharon Tate und heutigen<br />

Neonazisprücheklopfer, als zweiten Hitler verehrt. Mason hat auch ein Buch über den<br />

Manson geschrieben, das unter dem Titel Siege im Storm-Verlag von Michael<br />

Moynihan veröffentlicht wurde, und steht mit ihm in regem Kontakt. 426<br />

Auch das rumänische Label Tellurian Battleground Productions, die von „Orcrist,<br />

dem Judenschlächter“ geleitet werden, ebenso wie die Breath of Night Records<br />

stehen dem Faschismus und dem NSBM nahe. 427<br />

„Reverend“ Thomas Thorn von der 1991 gegründeten Industrial Rock Band The<br />

Electric Hellfire Club 428 sprach sich für Kirchenverbrennungen aus.<br />

419<br />

http://heathenfront.webs.com, 2011.<br />

420<br />

Siehe dazu http://de.wikipedia.org/wiki/Allgermanische_Heidnische_Front, 2011.<br />

421<br />

Siehe dazu http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Heidnische_Front, 2011.<br />

422<br />

Ausführliche Biographie unter http://thescorp.multics.org/18siege.html, 2011.<br />

423<br />

www.americannaziparty.com, 2011.<br />

424<br />

Keine Website auffindbar.<br />

425<br />

*1934 in Cincinnati, Ohio, USA.<br />

426<br />

Vgl. www.nsbm.org/media/splc_report.html, 2011.<br />

427<br />

Vgl. www.nsbm.org/media/splc_report.html, 2011.<br />

428<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/The_Electric_Hellfire_Club, 2011.<br />

92


NS-Gedankengut im Metal - Länderbeispiele:<br />

Vereinigte Staaten von Amerika<br />

Eine Musikgruppe aus den USA, die sehr in den Blickpunkt der Diskussion geraten ist,<br />

ist die Formation Slayer 429 . Vor allem ihr Song Angel of Death, der die Experimente<br />

von Josef Mengele im Konzentrationslager Auschwitz beschreibt, bildete einen Stein<br />

des Anstoßes. Die Grenze zwischen reiner „Darstellung“ und Verherrlichung ist hier<br />

schwer erkennbar. „Tom Araya selbst äußerte im ‚Sounds’-Magazin (zit. nach „US<br />

Metal Vol. 1, a.a.O.): ‚Wir sagen nicht, daß Mengele Gott ist. Wir sagen nur: das ist<br />

Mengele, das hat er getan, und hier ist ein Song über ihn.“ 430<br />

Im Anschluss an die entstandene öffentliche Diskussion bekannte sich Bandmitglied<br />

Jeff Hanneman sogar dazu und klebte Hakenkreuze und Waffen-SS-Symbole auf<br />

seine Gitarre und seine Jacke. Es ist jedoch nicht auszumachen, ob dies als<br />

Provokation gedeutet werden kann oder nicht. Der Chilene Tom Araya sprach sich in<br />

einem Interview mit dem <strong>Szene</strong>-Magazin Rock Hard sinngemäß für die faschistische<br />

Diktatur in Chile unter Pinochet aus. 431 Der offizielle Fan Club der Band trägt den<br />

Namen Slaytanic Wehrmacht 432 . Bei Konzerten soll es immer wieder zu<br />

Auseinandersetzungen zwischen linken und rechten Slayerfans gekommen sein.<br />

Tatsache ist, dass die Band recht leichtsinnig mit den von ihnen verwendeten<br />

Symbolen aus der Zeit des Dritten Reiches umgeht (Sig-Rune im Band-Logo etc.).<br />

In dem, zumindest im Internet nicht mehr nachvollziehbar existenten, Musikmagazin<br />

Pit (Colorado) scheinen Musiker aus dem Dunstkreis des NSBM angeblich unkritisiert<br />

zur blutigen Gewaltanwendung gegen katholische Kirchen und Farbige und zur<br />

Neueröffnung von Konzentrationslagern aufzurufen.<br />

429 www.slayer.net, 2011.<br />

430 www.crossover-agm.de/thema_haarus10.htm, 2011.<br />

431 Vgl. www.crossover-agm.de/thema_haarus10.htm, 2011.<br />

432 www.slatanicwehrmacht.com<br />

93


Eine weitere Person, die in diesem Umfeld in den USA eine bedeutende Rolle spielt ist<br />

der bereits im vorangegangenen Kapitel erwähnte Michael J. Moynihan. Seine erste<br />

Ein-Mann-Band Coup De Grace 433 , die dem Industrial zuzurechnen ist, wurde in den<br />

späten siebziger Jahren von der englischen Band Throbbing Gristle 434 beeinflusst,<br />

die durch Neonazioutfit und entsprechende Songtextinhalte auffiel. Sie wurden auch<br />

als death art fascists oder „gegenkultureller Faschismus“ bezeichnet.<br />

Auseinandersetzungen gab es mit Bands, die zum Rock against Racism 435<br />

gehörten. Nach der Auflösung traten einige Mitglieder von Throbbing Gristle dem<br />

Orden Thee Temple ov Psychick Youth 436 bei.<br />

Nach der Auflösung von Throbbing Gristle sprang die Industrial Band Whitehouse 437<br />

als rechtsextremer Nachwuchs ein. Verehrung fanden hier vor allem die SS und eine<br />

Ideologie, nach der die wahren freien Menschen über Gut und Böse stehen und so<br />

auch die Freiheit haben, ein Kind zu Tode zu quälen. Nach dem sich Whitehouse<br />

1985 aufgelöst hatten, kam es 1990 zu einem Neustart, bei dem auch der<br />

Moynihanfreund Peter Sotos 438 , ein ehemaliger Punk, beteiligt gewesen war. Sotos ist<br />

bekennender Sadist. 1986 wurde er wegen des Besitzes von Kinderpornogrpahie<br />

verhaftet. Zur damaligen Zeit gab er das Magazin Pure heraus, das detaillierte<br />

Schilderungen von Kinderfolterungen beinhaltete und außerdem sadistische Mörder<br />

verherrlichte, ebenso wie den Holocaust und die Nazis.<br />

Moynihan pflegte auch enge Kontakte zu James Mason und Charles Manson und<br />

dessen inzwischen nicht mehr existenten Family 439 . Über seinen Verlag Storm<br />

Books 440 veröffentlichte Moynihan 1992 das Buch Siege, das Mason über Manson<br />

geschrieben hat. In einem späteren Interview gibt sich Moynihan immer noch fasziniert<br />

433<br />

Bedeutet „Gnadenstoß“ oder auch „Gnadenschuß“, von 1984-1989.<br />

434<br />

Gegründet 1976, England, www.throbbing-gristle.com, 2011.<br />

435<br />

Siehe dazu: http://en.wikipedia.org/wiki/Rock_Against_Racism<br />

436<br />

www.topy.net<br />

437<br />

Siehe dazu: http://en.wikipedia.org/wiki/Whitehouse_(band)<br />

438<br />

*1960 in Chicago, Illinois, USA, Musiker, Autor.<br />

439<br />

Die Charles Manson Family bzw. später The Family war eine Hippie-Sekte die v.a. durch Überfälle,<br />

Morde und Drogenmißrauch auf sich aufmerksam machte.<br />

440<br />

zu finden über die Seite www.welcome.to/bloodaxis, 2011.<br />

94


von der Persönlichkeit Mansons. 441 Ferner bestand ein Kontakt zu Anton LaVey, dem<br />

Gründer der Church of Satan. Moynihan traf LaVey 1989 und outete sich als dessen<br />

begeisteter Fan. Angeblich fanden sie ihre Gemeinsamkeit darin, dass sie beide<br />

gegen die „Sklavenmentalität“ seien. Das Buch Lords of Chaos ist der satanistischen<br />

Black Metal-<strong>Szene</strong> in Norwegen gewidmet. Es wird fälschlicherweise immer wieder,<br />

auch unter interessierten Jugendlichen in Österreich, als „objektive“ Information<br />

bezüglich der satanistisch-rechtsextremen norwegischen Black Metal-<strong>Szene</strong> gehandelt.<br />

442<br />

Moynihan erweist sich allerdings bei genauerem Hinsehen als Holocaustleugner und<br />

Freund des Faschismus und kann auf eine große Neonazifangemeinde<br />

zurückgreifen. Er schreibt für Neonazi- und rechtsextreme Zeitschriften, z.B. das<br />

französische Blatt Filosofem 443 , und gehört zur neuheidnischen Gruppe Tribe of the<br />

Wulfings, einer Unterorganisation der Asatru Alliance 444 , bei der er führendes<br />

Mitglied ist. Ihren Sitz hat die Organisation in Arizona und ihr Führer Michael<br />

Murray war Mitglied der ANP.<br />

Moynihan war auch Mitglied der von Boyd Rice 445 und Nicolas Schreck 446<br />

gegründeten Abraxas Foundation 447 , einer okkult-faschistischen Denkfabrik, die<br />

eng in Verbindung mit der Church of Satan steht. Aus dieser <strong>Szene</strong> heraus entwickelte<br />

Moynihan 1989 seine Band Blood Axis 448 . Blood Axis veröffentlichte<br />

Redefragmente Adolf Hitlers, des rumänischen Faschisten Corneliu Codreanu, des<br />

Lyrikers Ezra Pound und auch von Charles Manson. Die CDs weisen das Krückenkreuz<br />

441 Coogan, S. 52<br />

442 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Moynihan, 2011.<br />

443 http://laserareas.tripod.com/bklist/filosofem.htm.<br />

444 www.asatru.org; Asatru zu sein bedeutet nicht gleichzeitig politisch rechter oder rechtsextremer<br />

Gesinnung zu sein. „Asengläubige“ sind sehr wohl auch in andereren politischen Lagern bzw. sehr<br />

häufig in „neutralem Gebiet“ zu finden. In Skandinavien ist Asatru offiziell als Religion anerkannt.<br />

445 Elektro- bzw. Industrial Musiker, Mitglied der Church of Satan, www.boydrice.com.<br />

446 Sänger der 1992 aufgelösten Band Radio Werewolf.<br />

447 http://www.boydrice.com/interviews/fifthpath.html, 2011<br />

448 www.welcome.to/bloodaxis, 2011.<br />

95


auf, das manchmal mit dem Ku Klux Klan in Zusammenhang gebracht wird. Eine der<br />

umstrittensten CDs heißt The Gospel of Inhumanity. 449<br />

In den USA wurde die Band Zielscheibe antirassistischen Protests, u.a. in San<br />

Francisco. In der BRD wurden ihre Platten über das Label Cthulhu (bestand von<br />

1981-1999) vertrieben. 1998 gab es eine Europatournee, die 16 Konzerte in 11<br />

Staaten umfaßte, bei denen es allerdings fast keinen Protest gab.<br />

Moynihans Verbindungen führen auch nach Österreich, konkret zum Wiener Musiker<br />

Kadmon, dessen Band Allerseelen und der Schriftenreihe Aorta. Gemeinsam mit<br />

Kadmon nahm Blood Axis eine CD auf. Kadmon, der bereits Texte von Evola auf einer<br />

CD veröffentlichte, ist ein politischer Unterstützer des Mörders Vikernes, der seiner<br />

Meinung nach wegen seiner „Wikingerethik“ im Gefängnis sitze.<br />

Kontakte bestehen auch zum rechtsextremen neuseeländischen Satanisten Kerry<br />

Bolton, der den Faschismus in die dortige Musikszene einschleussen möchte. Dazu<br />

werden u.a. Texte von Boyd Rice (siehe unten) und Kadmon publiziert. Bolton war<br />

449 Schröder, 2000, S. 82.<br />

96<br />

Blod Axis - The Gospel of Inhumanity<br />

Abb. 31


Mitglied in der faschistisch-magischen Gruppe Black Order of the Trapezoid 450 ,<br />

einer Vorläufergruppe des Schwarzen Orden von Luzifer 451 , die als Ableger der<br />

Church of Satan bezeichnet werden kann. Inzwischen scheint der Black Order of the<br />

Trapezoid wieder aktiv geworden zu sein. Es gibt eine neugestaltete Website mit<br />

vielfältiger Information und natürlich der Möglichkeit mit einem „Marshall“ des<br />

Ordens Kontakt aufzunehmen.<br />

Es bestehen auch Verbindungen zu Christian Bouchet, einem rechtsextremen<br />

französischen OTO 452 -Führer, der mit der okkulten Gruppe Thelema 453 verbunden<br />

ist, welche wiederum mit der neurechten Gruppe Nouvelle Résistance 454 verknüpft<br />

ist. Bouchet ist ein Grenzgänger: Er möchte Linksextreme und Rechtsextreme vereinen<br />

und präsentiert sich als Fan von Ulrike Meinhof und der RAF (Rote Armee Fraktion). Er<br />

steht auch hinter der Musikzeitschrift Napalm Rock 455 , die im Unterstützungsnetzwerk<br />

für Vikernes aktiv ist 456 .<br />

„In fact I think highly of Varg Vikernes - he is a courageous and brave Norseman. [...]<br />

I understand his actions (church arsons and the murder of the traitor<br />

EURONYMOUS).” 457<br />

Gungnir (Editor of Napalm Rock)<br />

An dieser Stelle muss auch die Band Rahowa 458 (Akronym füt „Racial Holy War“)<br />

erwähnung finden. Deren Gründer George Burdi ist gleichzeitig der Inhaber von<br />

Resistance Records, dem größten neonazistischen Versand der USA.<br />

450<br />

www.trapezoid.org<br />

451<br />

www.myspace.com/<strong>schwarze</strong>rordenvonluzifer<br />

452<br />

Ordo Templi Orientis, www.oto.org<br />

453<br />

www.thelema-93.info<br />

454<br />

Derzeit keine eigene Website auffindbar, es empfiehlt sich aber den Artikel “‘National revolutionary’<br />

groupuscules and the resurgence of ‘left-wing’ fascism: the case of France’s Nouvelle Résistance.“ von<br />

Jeffrey Bale zu diesem Thema zu lessen. Siehe<br />

www.miis.edu/media/view/18971/original/balenouvelleresarticle.pdf, 2011.<br />

455<br />

Keine Website auffindbar.<br />

456<br />

Vgl. www.oraclesyndicate.org/pub_e/k.coo_e/publ_08-02_2.htm, 2004.<br />

457<br />

Moynihan/Søderlind, 1998 , S. 310.<br />

458<br />

Gegründet 1990, Kanada, Keine Website auffindbar.<br />

97


Norwegen<br />

98<br />

Katharina Ganster<br />

Seit den frühen neunziger Jahren kann man in der norwegischen Black Metal <strong>Szene</strong><br />

eine Vermischung von satanistischem und neonazistischem Gedankengut feststellen,<br />

seit den späten neunziger Jahren werden immer häufiger satanistische Symbole durch<br />

nordisch-heidnische ersetzt (z.B. im Logo der Band Enslaved, das zuvor ein verkehrtes<br />

Kreuz zeigte, jetzt einen Thorshammer präsentiert). Als Vorreiter dafür gilt die Band<br />

Bathory, die schon auf ihrem 1988 erschienenem Album Blood Fire Death den<br />

satanistisch geprägten Bereich des „Okkult-Rock“ verließen und über germanische<br />

Mythologie sangen. Gemeinsam ist beiden Bereichen, dass das Christentum als<br />

aufgesetzte Religion verstanden wird, die sowohl die ursprüngliche Bevölkerung als<br />

auch die ursprüngliche Religion gewaltsam überlagert hätte. In diesem und weiteren<br />

Alben von Bathory werden nordische Helden und Götter verehrt und skandinavische<br />

Freiwillige in der Waffen-SS gelobt. Moynihan nennt das ein „absichtliches Flirten mit<br />

der Ikonographie von Faschismus und Nationalsozialismus“ 459 .<br />

Anlässlich des Mordes von Varg („Count Grishnackh“ „Greven“) Vikernes (Band<br />

Burzum) an Øystein („Euronymous“) Aarseth (Band Mayhem) wurde, auch durch das<br />

Buch Lords of Chaos von Michael Moynihan, mehr aus dieser skandinavischen<br />

<strong>Szene</strong> bekannt.<br />

Statt dem damals üblichen Kokettieren mit satanistischen oder heidnischen Motiven als<br />

Provokation, die selten ernst genommen wurde, entstand in Skandinavien eine neue,<br />

um vieles härtere und brutalere <strong>Szene</strong>.<br />

Insbesondere Mayhem arbeiteten schon in den späten achtziger Jahren an einem<br />

Image, das auch heute noch von vielen Fans des Genres als „true“ angesehen wird.<br />

Bühnenshows mit verwesten Tierkadavern und Selbstverstümmelung, Aufrufe zu Mord<br />

und Selbstmord, und zu Krieg gegen alle „Poser“ und „Pseudos“. Es wird oft<br />

spekuliert, dass gerade bzw. nur in einem Land wie Norwegen, in dem die Sonne im<br />

459 Moynihan/Søderlind,1998, S. 22.


Winter einige Zeit komplett verschwindet, und die Selbstmord- und Depressionsrate<br />

sehr hoch ist, dieser Musikstil so richtig blühen konnte. Das scheint eine plausible<br />

Erklärung für die Vorgänge im Skandinavien der Neunziger zu sein, Verständnis dafür<br />

aufzubringen fällt jedoch trotzdem schwer.<br />

Ein Anfang der Ereignisse wird oft im Selbstmord von Per „Dead“ Ohlin, dem<br />

Sänger von Mayhem, gesehen. Sein Bandkollege Euronymous verbreitete danach<br />

Mythen über diese Tat, behauptete, Teile von Deads Hirn gegessen zu haben und<br />

Teile seines Schädels als Anhänger zu tragen. Außerdem fotografierte er ihn und<br />

verwendete das Bild des Toten als Albumcover.<br />

Euronymous gründete das Label Deathlike Silence Productions und eröffnete<br />

1991 einen Plattenladen in Oslo, den er Helvete („Hölle“) nannte. Dort traf sich die<br />

norwegische Black Metal-<strong>Szene</strong> und tauschte sich aus, Euronymous sah sich als ihr<br />

Anführer und Trendsetter. Diesen inneren Kreis von Freunden und Bands nannte er<br />

später Norwegian Black Circle und es scheint, als hätten die damaligen Besucher<br />

des Ladens sich auch um Euronymous' Gunst bemüht.<br />

Auch Vikernes kam öfter in Euronymous' Geschäft, und sein Ein-Mann-Projekt Burzum<br />

wurde von Euronymous' Label unter Vertrag genommen. Die beiden wurden schnell<br />

Freunde, da Euronymous der festen Überzeugung war, dass Burzum in sein Konzept<br />

von truly evil music passte. Außerdem kam Vikernes aus Bergen, sechs Stunden<br />

Fahrt von Oslo entfernt, und übernachtete deswegenöfter im Keller von „Helvete“. 460<br />

Der „Norwegian Black Circle“ scheint damals nur ein unorganisierter Haufen von<br />

Leuten gewesen zu sein, die sich in Euronymous' Geschäft trafen, er entwickelte jedoch<br />

eine gefährliche Eigendynamik und war verantwortlich für viele Straftaten. 1991 kam<br />

es zu ersten Kircheneinbrüchen (Euronymous dekorierte seinen Laden mit den<br />

gestohlenen Dingen), Friedhofsschändungen und Morddrohungen – die Medien<br />

460 Moynihan/Søderlind,1998, S. 65.<br />

99


stürzten sich darauf und erklärten den „Circle“ zu einer geheimen, durchorganisierten<br />

Vereinigung.<br />

In öffentlichen Interviews – teilweise europa- oder weltweit publiziert – fingen<br />

Euronymous und Vikernes an, extremste Ansichten über die Black Metal-<strong>Szene</strong> zu<br />

propagieren, und jeder von beiden wollte sich als ideologischer Kopf herausstreichen.<br />

Beide erkannten jedoch, dass es für die teils weit entfernten Fans als lächerlich und<br />

wie leere Worte erscheinen musste. So geschah es, dass Vikernes anfing, Stabkirchen<br />

anzuzünden (ob er in Bergen die berühmte Stabkirche von Fantoft anzündete wie er<br />

behauptet ist nicht geklärt und er wurde dafür nicht verurteilt), um seinen Reden über<br />

den Kampf gegen das Christentum auch entsprechende Taten folgen zu lassen,<br />

die ihm von der Black Metal-Gemeinschaft weltweit Anerkennung einbringen sollte.<br />

Und wirklich scheint die <strong>Szene</strong> die Botschaft positiv aufgenommen zu haben, denn<br />

etwa 45-60 Feuer oder versuchte Brandstiftungen an norwegischen Kirchen sind<br />

dokumentiert, davon mindestens ein Drittel mit deutlichen Verbindungen zum<br />

„Norwegian Black Circle“ 461 .<br />

Nach Aussagen von Vikernes' damaligen Freunden war er zu dieser Zeit ein<br />

Teufelsanbeter und trat gegen Nazis auf, erst nach seiner Verhaftung 1993 hätte er<br />

mit nazionalsozialistischer Ideologie sympathisiert. 462 Heute leugnet er all das<br />

und meint, er sei schon mit 15 „Skinhead“ gewesen (nicht im rassistischen Sinn<br />

sondern als Gegenbewegung zu den Punks in Bergen) und habe Satan immer nur als<br />

Symbol für Odin verwendet. 463<br />

Vikernes, der nun auch von seiner Mutter Varg genannt wird 464 (er hat den Namen<br />

mit 20 offiziell ändern lassen), wuchs mit einem sehr autoritären Vater auf und<br />

verbrachte im Alter von sechs Jahren ein Jahr im Irak wo er – laut seiner Mutter –<br />

einige seiner Ansichten entwickelt haben könnte. Überall wurde er bevorzugt<br />

461 Moynihan/Søderlind,1998, S. 79.<br />

462 Moynihan/Søderlind,1998, S. 67.<br />

463 Moynihan/Søderlind,1998, S.148., Wikipedia.<br />

464 Moynihan/Søderlind,1998, S.142.<br />

100


ehandelt weil er blond und hellhäutig war, und er habe das als grobe<br />

Ungerechtigkeit empfunden. 465<br />

Warum er wirklich seinen ehemaligen Freund Euronymous umgebracht hat, liegt<br />

immer noch im Dunkeln, und es gibt sowohl von ihm selbst als auch von der<br />

„Gegenseite“ legendenhafte Darstellungen darüber. Klar ist nur, dass er am 16. Mai<br />

1994 zu 21 Jahren Haft verurteilt wurde. Die Anschuldigungen waren der Mord an<br />

Øystein Aarseth, das Anzünden der Åsanekirche in Bergen, der Skjoldkirche in<br />

Vindafjord und der Holmenkollenkapelle in Oslo, und der versuchten Brandstiftung<br />

der Storteveitkirche in Oslo. 466<br />

Seit seinem Aufenthalt im Gefängnis veröffentlichte er Bücher und Tonträger, die<br />

immer extremer seinen ideologischen Standpunkt vertreten: Skandinavier seien die<br />

wahren Arier, müssten zu ihrer „natürlichen Ur-Demokratie“ zurückkehren und die<br />

„Fesseln“ des Christentums abwerfen. Alles „nicht-Arische“ sei für diese<br />

„Herrenmenschen“ zu meiden. Mittlerweile wurde er 2009 aus dem Gefängnis<br />

entlassen und lebt mit seiner Familie in Telemark, verbreitet seine Ideen jedoch immer<br />

noch zumindest über das Internet.<br />

Quellen:<br />

http://www.dagbladet.no/2009/03/10/nyheter/innenriks/fengsel/5216306<br />

http://en.wikipedia.org/wiki/Varg_Vikernes<br />

http://www.burzum.org/<br />

http://ru.wikipedia.org/wiki/%D0%92%D0%B8%D0%BA%D0%B5%D1%80%D0%BD%<br />

D0%B5%D1%81,_%D0%92%D0%B0%D1%80%D0%B3<br />

(http://ru.wikipedia.org/wiki/Викернес, Варг)<br />

Moynihan, Michael; Søderlind, Didrik: Lords of Chaos. The Bloody Rise of the Satanic<br />

Metal Underground. Venice: Feral House, 1998.<br />

465 Moynihan/Søderlind,1998, S.142 und S. 147.<br />

466 www.dagbladet.no/2009/03/10/nyheter/innenriks/fengsel/5216306, 2010.<br />

101


Schweden<br />

Für die schwedische <strong>Szene</strong> von größter Bedeutung ist die Black Metal Band Bathory.<br />

Ihr erste Alben „The Return“ und „Under the Sign of the Black Mark” die zwischen<br />

1984 und 1987 veröffentlicht wurden, verhalfen dem Schwedischen Metal sich eine<br />

neue, extremere Identität zu schaffen. 467 Bathory kann als Vorläufer der neuen<br />

ariergläubigen Black Metal-Gemeinde angesehen werden. Die Verbindungen zur<br />

norwegischen <strong>Szene</strong> sind nach wie vor eng.<br />

Nefandus 468 erregten öffentliches Interesse, nachdem das Bandmitglied Michayah<br />

Belfagor mit zwei Kumpanen Jagd auf einen Farbigen veranstaltet hatte. 469 Die<br />

Gruppe bekennt sich öffentlich zum Satanismus und gibt auch zu, dem Faschismus<br />

nicht fern zu sein, ihn zumindest ideologisch zu unterstützen. 470 Eine weitere Band von<br />

Belfagor ist Ofermod 471 . Er gibt an, zum Schreiben der Texte durch seine Erfahrungen<br />

mit Meditation und Astralreisen inspiriert zu werden. Bei der Gründung 1998<br />

bezeichnete die Band ihre Musik als „Orthodox Black Metal“, verlagerte sich später<br />

allerdings auf „Orthodox Death Metal“ 472 , „da sie das Wort Satan nicht mehr<br />

verwandte, sondern seine heiligste Essenz unbenannt belassen wollte, die noch vor<br />

dem Kosmos existiert habe. Aufgrund seiner okkulten Erfahrungen kam Belfagor vor<br />

den anderen Mitgliedern zu dieser Sichtweise, während diese 2004 noch religiöse<br />

Teufelsanbeter waren.“ 473<br />

Der Sänger der Gruppe Dissection 474 , Jon Nödtveidt 475 wurde „wegen Beihilfe zum<br />

Mord an […] einem 38jährigen homosexuellen Algerier, sowie illegalen<br />

Waffenbesitzes zu zehn Jahren Haft verurteilt; als Haupttäter wurde Vlad, Mitglied und<br />

467 Vgl. Scott / Van Helden, S. 180.<br />

468 www.nefandus.org, 2010.<br />

469 Vgl. Moynihan / Søderlind, S. 331.<br />

470 Siehe: www.angelfire.com/ak/tiagoblackmetal/nefandus.html, 2010.<br />

471 Gegr.1996, Nörrköping, Schweden, www.myspace.com/ofermodrapetheworld, 2011. Black Metal.<br />

472 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Ofermod, 2011.<br />

473 http://de.wikipedia.org/wiki/Ofermod,2011.<br />

474 Gegründet 1989, Strömstad, Schweden, www.dissection.se, 2011, Melodic Black Metal / Melodic<br />

Death Metal.<br />

475 Nahm sich 2006 durch einen Kopfschuß das Leben. Seine Leiche wurde in einem satanistisch<br />

anmutenden Szenario aufgefunden.<br />

102


Kopf des „Misanthropic Luciferian Order“, dem Nödtveidt ebenfalls angehörte,<br />

verurteilt. Während seiner Inhaftierung arbeitete Nödtveidt an neuen Dissection-<br />

Titeln.“ 476 Auf das Konto der Bandmitglieder sollen ausserdem einige<br />

Kirchenbrandstiftungen und Grabschändungen gehen.<br />

Der Sänger der Gruppe Algaion 477 , Märten Björkman, wurde wegen Brandstiftung<br />

an einem alten Gebäude zu einer einmonatigen Haftstrafe verurteilt 478 , aber auch<br />

verschiedene Stellungnahmen gegen das Christentum und für den Satanismus ließen<br />

sich in Interviews einer inzwischen aus dem Netz genommenen Website nachlesen. 479<br />

So vermischen sich in der schwedischen Black Metal-<strong>Szene</strong> Arierverherrlichung,<br />

Antisemitismus, Rassismus, Gewalt und Satanismus. All das wird als politische<br />

Methode Teil dieses bizarren neonazistischen Black Metal-Teufelkultes.<br />

Deutschland<br />

Nach der deutschen Wiedervereinigung schlossen sich viele Metalheads der in<br />

rechtsextreme Richtung abgedrifteten Skinheadszene an. Einige deutsche Bands<br />

überschritten dann auch die Grenze der vorher nur formal vorhandenen Ablehnung<br />

gegenüber Ausländern.<br />

Der bekannteste Fall in Deutschland ist der als „Satansmord von Sondershausen“<br />

bekannt gewordene Mord am Schüler Sandro Beyer, der von Mitgliedern der Band<br />

Absurd 480 verübt wurde. Der Band-Leader Hendrik Möbus verbüßte eine mehrjährige<br />

Haftstrafe. Satanistische Züge mögen zwar in der Presse breitgetreten worden sein,<br />

langfristig wesentlicher war aber wohl die rechtsradikale, sadistische Motivation hinter<br />

der Tat. Absurd gelten als vom Inner Circle beeinflusst. Sandro Beyers Grabstein<br />

zierte das Cover der 1995 veröffentlichten Aufnahme „Thuringian Pagan Madness“. 481<br />

476<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Dissection, 2011.<br />

477<br />

Gegr.1993, Åtvidaberg, Schweden, www.myspace.com/algaion, 2011, Atmospheric Black Metal.<br />

478<br />

Moynihan / Søderlind, S. 330.<br />

479<br />

www.lysator.liu.se/~marten/Algaion/index1htm, 2003.<br />

480<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Absurd_(Band), 2010.<br />

481<br />

Davisson, 2010, S. 194.<br />

103


Hendrik Möbus wuchs als Kind protestantischer Eltern im thüringischen Sondershausen<br />

auf. Nach dem Fall der Mauer wurde er zum linksradikalen Punk, später gründete er<br />

die Black Metal-Band Absurd. Die jungen Musiker trafen sich auf Friedhöfen und<br />

propagierten eine Mischung aus Neosatanismus und neuheidnischer Mythen mit<br />

Arierverherrlichung. Von den anderen Jugendlichen des Ortes wurde die Gruppe eher<br />

gemieden, nur der etwas jüngere Sandro Beyer, ebenfalls ein Außenseiter, suchte<br />

Anschluss, wurde von den Absurd-Mitgliedern aber abgelehnt. 1993 kam es dann<br />

zum Mord an dem damals 15jährigen Sandro Beyer durch Möbus gemeinsam mit<br />

zwei seiner Kollegen, da dieser sich aufgrund der anhaltenden Ablehnung über<br />

Möbus` Clique Kinder des Satans lustig gemacht hatte. Seither boomt laut dem<br />

heimischen Pfarrer Hauskellner die örtliche Satanistenszene, die sich auch logenartig<br />

organisiere.<br />

Im Gefängnis studierte Möbus die Schriften des Nationalsozialismus und alte<br />

heidnische Religionen. Ebenso wie Vikernes, zu dem er sich hingezogen fühlte, kam er<br />

hinter Gittern in immer stärkeren Kontakt mit dem Faschismus. Obwohl der Mord an<br />

Sandro Beyer immer wieder mit dem Satanismus der Gruppe Absurd in Verbindung<br />

gebracht wird, handelt es sich dabei nicht um ein bewußtes Opfer an Satan, die Tat<br />

kann eher im Feld des Neofaschismus gesehen werden, da die Gruppe, wie Möbus<br />

später in verschiedenen Interviews 482 äußerte, nur einen Volksschädling beseitigen<br />

wollte. 1998 wurde Möbus auf Bewährung entlassen. Er floh allerdings nach einem<br />

Konzert, für das ihm NS-Wiederbetätigung (Zeigen des Hiltlergrußes) zur Last gelegt<br />

wurde, nach Seattle/USA: Zunächst nahm ihn der rechtsextreme heidnische White<br />

Order of Thule 483 auf, nach einem Streit über den Aufbau einer Black Metal-Firma<br />

floh Möbus jedoch weiter zum faschistischen Skinmusikmagazin Resistance-<br />

Record 484 und der National Alliance 485 mit ihrem Chef William Pierce, der als<br />

mächtigster US-Neonazi galt. Dieser gab ihm Asyl als „politischem Flüchtling“, der in<br />

Deutschland aufgrund seiner Gesinnung verfolgt werde.<br />

482<br />

dpa 30.07.2001.<br />

483<br />

http://en.wikipedia.org/wiki/White_Order_of_Thule, 2010.<br />

484<br />

www.resistance.com, 2010.<br />

485<br />

www.natvan.com, 2011.<br />

104


Wörtlich sagte Möbus: „Ich betrachte den deutschen Nationalsozialismus als die<br />

perfekte Synthese aus dem satanisch/luziferischen Willen zur Macht, dem elitären<br />

Sozialdarwinismus und dem arisch-germanischen Heidentum.“ Wichtig ist für ihn ein<br />

Leitsatz der SS: „Den Tod zu geben und den Tod zu empfangen.“ 486<br />

Über seine NPD-Kontakte versuchte Pierce, mehr Einfluß in Deutschland zu gewinnen.<br />

Möbus sollte ihm dabei helfen und Jugendliche rekrutieren. Immerhin kannte der<br />

„Satansmörder“, wie ihn die Presse gerne nennt, die rechtsextreme europäische<br />

Musikszene und er hatte Erfahrungen darin, wie man jugendliche Goths und Black<br />

Metal-Fans für rechtsextreme Anliegen instrumentalisiert. Gemeinsam mit seinem<br />

älteren Bruder Ronald leitet Möbus das deutsche Label Darker Than Black 487 , zu<br />

dem polnischen Rechtsaußenlabel Pagan Front 488 bestehen gute Kontakte. Ronald<br />

(Hellstrum) Möbus gab außerdem das Magazin Infernus 489 heraus.<br />

Heute verbreitet Roland Möbus National Socialist Black Metal (siehe oben) und<br />

verlegt Neonazibands. Bands, die in diese Richtung wirkten, waren Impaled<br />

Nazarene, Dark Throne, Mayhem, Burzum, Abysmal, Unholy, Barad Dúr,<br />

Asatru und die polnische Gruppe Graveland.<br />

Nach der Verhaftung von Hendrik Möbus in den USA im August 2000 und seiner<br />

Überstellung nach Deutschland wurde er von Pierce zum Märtyrer der ariergläubigen<br />

White Power Bewegung 490 hochstilisiert. Heute lassen sich im Internet zahlreiche<br />

Seiten zu Möbus finden 491 , die sich um eine angeblich genauere Darstellung des Falls<br />

bemühen und sich für den aus „politischen Gründen“ Gefangenen einsetzen und um<br />

seine Haftentlassung kämpfen.<br />

Auf Grund ihrer Popularität soll auch die der Neuen deutsche Härte zugeordnete<br />

Ostberliner Formation Rammstein 492 genannt werden. In ihren Videoclip zu<br />

486 Vgl. Thielke, 2000, S. 134f.<br />

487 www.darker-than-black.com, 2010.<br />

488 www.thepaganfront.com, 2010.<br />

489 Vgl. Der Spiegel, 1994, S. 91f.<br />

490 http://de.wikipedia.org/wiki/White_Power, 2011.<br />

491 Siehe z.B. http://nsbm.org/pub/hendrik und www.mourningtheancient.com/evelyn.htm, 2011.<br />

492 Gegründet 1994, Berlin, Deutschland, www.rammstein.de, 2011, Neue deutsche Härte.<br />

105


Stripped 493 wurden Ausschnitte aus Leni Riefenstahls Film Triumph des Willens 494<br />

einfügten. Vor allem in den USA und in England führte dies zu einem<br />

Ausstrahlungsverbot des Liedes. In Deutschland durfte das Video nur nach 22 Uhr<br />

gezeigt werden. Auch das Massaker von Littleton im Jahr 1999 wurde mit der<br />

Gruppe in Verbindung gebracht. Die Tätern wurde unter anderem nachgesagt, neben<br />

der Musik von Marilyn Manson auch die der Band Rammstein zu hören 495 .<br />

Die Gruppe wehrte sich gegen die Vorwürfe rechtsextreme Ideologien zu propagieren.<br />

Mit dem Song Links 234 wollten sie auch musikalisch ein Zeichen setzen, das ihre<br />

Position klarstellte. In einem im Breakout Magazin erschienen Interview sagt ein<br />

Mitglied der Band: „Da haben wir uns gedacht, gut, wir sagen was Klares. Wir haben<br />

auch ein extrahartes Lied gemacht, um zu zeigen, daß gerade eine linke Band auch<br />

harte und böse Musik machen kann. Wir sind natürlich böse, wollen es auch sein; wir<br />

wollen, daß die Jugendlichen mit der Musik ihre Eltern ärgern. Daß die Eltern sagen:<br />

Mach aus, den Dreck! - Dafür ist Rockmusik da! Aber irgendwann ist halt mal böse<br />

und rechts in einen Topf geschmissen worden, und mit dem Vorurteil wollen wir<br />

aufräumen. Wir marschieren, aber wir sind links, absolut klar bekennend links.“ 496<br />

Auf Gund der Relevanz für die deutsche <strong>Szene</strong> muss hier auch das französische<br />

Magazin Deo Occidi genannt werden, war es doch die erste relevante<br />

Propagandafläche „des Neonazizweiges der deutschen Schwarz-Metaller.“ 497 Ein<br />

Mitglied der bayrischen Black Metal Band Slice 498 erklärte darin seinen Gebrauch des<br />

Hakenkreuzes damit, dass er die Leute wissen lassen möchte, dass er Arier und<br />

Deutscher sei. Ausserdem drücke es seinen Hass auf Moslems und Juden aus. 499<br />

Ähnliche Statements sind in diesem Magazin von der Formation Mayhemic Truth 500<br />

zu lesen. Die Band gilt als Wegbereiter für den deutschen Black Metal. 501<br />

493<br />

Cover Version eines Stückes von Depeche Mode.<br />

494<br />

NS-Propagandafilm über den Reichsparteitag der NSDAP 1934 in Nürnberg.<br />

495<br />

www.arte-tv.com/tracks/20001110/dtext/manson.htm, 2010<br />

496<br />

http://www.breakoutmagazin.de/archiv/aram11.html, 2011.<br />

497<br />

Fromm, 2003, S. 9.<br />

498<br />

Keine Website auffindbar.<br />

499<br />

Vgl. Fromm, 2003, S. 9<br />

500<br />

Bestand von 1992-1998. Zwei Mitglieder machen unter dem Namen „Morrigan“ weiterhin Musik.<br />

501<br />

Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Mayhemic_Truth, 2011.<br />

106


Schweiz<br />

Im Juli 2001 kam es nach einem Death Metal-Konzert im Luzerner Friedenstal zu<br />

einer Friedhofsschändung durch sieben jugendliche Metal-Fans. Laut<br />

Polizeiaussagen hatten sich die Jugendlichen, von Alkohol und (Black Metal-)Musik<br />

berauscht, zu den Vandalenakten hinreißen lassen, mit Satanismus habe die Tat aber<br />

angeblich überhaupt nichts zu tun. 502 Der Death Metal-Musiker und rechtsextreme<br />

Satanspriester Satorius hatte dort den Schwarzen Orden von Lucifer 503<br />

gegründet. In einem Interview 504 bekennt sich Satorius zum Satanismus in der von<br />

LaVey propagierten Form und weist eine gedankliche Nähe zu gewissen Ansichten<br />

und Theoretikern des Dritten Reiches, wie etwa Karl Maria Wiligut, nicht von sich.<br />

Menegroth steuerte einen Song zum Julius Evola Tribute Album „The Spirit of<br />

Europe“ bei. 505 Weiters beruft sich die Band auf Filippo Tommaso Marinetti und<br />

vermengt ihre Songtexte mit Verschwörungstheorien des Dritten Reiches. 506<br />

Die Metal und Crossover Band Samael unterhielt einige Zeit gute Kontakte zu<br />

Mitgliedern von Mayhem. Der Bassist soll sogar ein Stück vom Gehirn des Mayhem-<br />

Sängers nach dessen Ermordung zugesandt bekommen haben. Samael brachte zwar<br />

ein T-Shirt auf den Markt, auf dem der Konterfei Christi mit einer NS Parole in<br />

Verbindung gebracht wurde, tat dies aber nach eigener Angabe um das Christentum<br />

als totalitär zu kritisieren und damit zu provozieren. 507 Die rechtsextremen<br />

Äusserungen einiger norwegischer Musiker bezeichnete der Sänger von Samael „als<br />

zwangsläufige Folge ihrer Versuche, Extreme auf die Spitze zu treiben und Tabus zu<br />

brechen. Eine solche Sichtweise sei ‚von Grund auf völlig falsch’, aber er könne ‚den<br />

Weg in ein solches Loch nachvollziehen.’“ 508<br />

502 Unter http://www.agpf.de/Satanismus.htm#31.7.01 kann ein ein Interview der Neuen Luzerner<br />

Zeitung mit beteiligten Jugendlichen nachgelesen werden.<br />

503 www.myspace.com/<strong>schwarze</strong>rordenvonluzifer, 2011.<br />

504 www.<strong>schwarze</strong>orden.ch/interview_nlz.htm, 2003, Seite 2011 nicht mehr verfügbar.<br />

505 Vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/Menegroth_(band), 2011.<br />

506 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/National_Socialist_Black_Metal, 2011.<br />

507 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Samael_(Band), 2011.<br />

508 http://de.wikipedia.org/wiki/Samael_(Band), 2011.<br />

107


Ein schweizer (Extreme) Metal-Fan, der unter dem Pseudonym Azrael die Internetseite<br />

Taste of Black 509 betreibt und Mitglied der germanisch-heidnischen Forenplattform<br />

Lichtwärts ist, beschreibt in einem Interview mit der Aufklärungsgruppe<br />

Krokodil 510 den „Kampf gegen den Rechtsextremismus im Metal, vor allem gegen<br />

den NS Black Metal“ als wichtiges Ziel seiner Plattform. Die „totalitäre, antisemitische,<br />

einseitige und verquere Weltanschauung hat nichts mehr mit dem ursprünglichen<br />

Gedanken des Metal zu tun, außerdem wird durch solche Bands das Heidentum sehr<br />

schnell in den Dreck gezogen.“ 511<br />

Österreich<br />

Die vom Journalisten Franko Petri für „News“ enttarnte satanistische Grazer<br />

Metalzeitschrift 512 The Art Of Necronomicon 513 schrieb z.B.: „Dies ist ein weiterer<br />

Beitrag des Circle of Hate, um den Haß gegen diese christlich-soziale Welt zu<br />

schüren. Mögen wir oder unsere Nachkommen einmal die Kraft haben, um wie<br />

unsere Väter in die Schlacht zu ziehen. Um unser Ziel zu erreichen, bedarf es viel<br />

Durchhaltevermögen, welches nur die B.M. 514 -Elite aufweisen kann. So sei es, bei<br />

Wotan!“<br />

Die Wiener Band Abigor 515 galt einige Zeit lang als Aushängeschild des Black Metal<br />

in Österreich 516 . Die Band pflegte enge Verbindungen zur deutschen Band Absurd<br />

bzw. Hendrik Möbus. „Wegen Möbus’ Mitwirkung am Album „Nachthymnen (From<br />

the Twilight Kingdom)“ und eigener Aussagen wurde Abigor am äußersten rechten<br />

Rand verortet, wogegen sich die Band halbherzig versuchte abzugrenzen.“ 517 Die<br />

509<br />

www.taste-of-black.ch, 2011.<br />

510<br />

Projekt von EBIS e.V. (Eltern- und Betroffenen-Initiative zur Selbsthilfe gegenüber neuen religiösen<br />

und ideologischen Bewegungen, Baden-Württenberg, e.V.)<br />

511<br />

www.aufklaerungsgruppe-krokodil.de/MetalIsTheLaw.pdf<br />

512<br />

2011 kann die Existenz dieses Magazins nicht mehr belegt werden.<br />

513<br />

Keine Website auffindbar.<br />

514<br />

Black Metal<br />

515<br />

Gegründet 1993, Österreich, www.abigor.at, 2011, Black Metal bzw. Industrial Black Metal.<br />

516<br />

Vgl. www.legacy.de/contenido/cms/front_content.php?client=1&lang=1&idcat=22&idart=686,<br />

2011.<br />

517<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Abigor_(Band), 2011.<br />

108


Gründer Peter Kubik und Thomas Tannenberger sehen sich als Satanisten und wollen<br />

ihre Einstellung auch über Abigor transportieren. 518<br />

Nicht zuletzt entwickelte sich der Wiener Metal-Musiker Kadmon zu einer<br />

Drehscheibe rechtsextremer Bands und Ideologien. In den neunziger Jahren tauchte<br />

ein Teil der Elite der jungen FPÖ in das Wiener Musik- und Diskoleben ein. Neben<br />

einer Vorliebe für Techno streiften einige Kollegen aus dem Umfeld von HC Strache<br />

auch mit dem Black Metal-Musiker Kadmon durch das nächtliche Wien, der ihnen alte<br />

Wiener Sagen, vorzeitliche Mythen und (neu)heidnische Kulte näher brachte. Kadmon,<br />

vulgo Gerhard Petak, betreibt die Band „Allerseelen“ und gibt die Heftreihen<br />

„Ahnstern“ und „Aorta“ heraus, in denen auch der satanistische Filmemacher<br />

Kenneth Anger zu Wort kam. Kadmon vertonte Aussagen des italienischen Faschisten<br />

Julius Evola und des „SS-Rasputin“ Karl Maria Willigut. Auch Nazi-UFOs bevölkern<br />

das Weltbild des Musikers. 519<br />

„In Österreich gibt es kaum Bands, die sich selbst als ‚NSBM’ bezeichnen, jedoch<br />

einige Versände, die Tonträger von NSBM-Bands vertreiben. So sind beim ‚Irdenwerk<br />

Versand’ aus Oberösterreich diverse Tonträger von NSBM-Bands wie ‚Bilskirnir’,<br />

‚Draugurz’, ‚Seigneur Voland’, ‚Kristallnacht’ und vielen anderen erhältlich.“ 520 Das<br />

obersteirische Label Napam Records 521 wurde 2007 vom <strong>Szene</strong>magazin Rock<br />

Hard aufgrund der im Sortiment befindlichen Produktionen von NSBM-Bands<br />

befragt. Der Inhaber fühlte sich durch die Fragen des Journalisten angegriffen und<br />

berief sich auf Fachleute, die das Sortiment prüfen würden. 522<br />

Aufruhr gab es 2005 um das „Dunkelheit“-Festival 523 . Ursprünglich als 2-Tages-<br />

Festival geplant hätte es in Niederhollabrunn in Niederösterreich stattfinden sollen. 524<br />

Nach massiven Protesten wurde die Veranstaltung auf einen Tag gekürzt und nach<br />

518 Ebda.<br />

519 Vgl. Horaczek / Reiterer, 2009, S.81f.<br />

520 www.infoladen-wels.at/print/aktuelles/mehr.php?no=19, 2011.<br />

521 www.napalmrecords.com, 2011.<br />

522 Vgl. Mühlmann, 2007, S.60.<br />

523 Veranstalter waren das Label „Ashen Productions“ und das Online Magazin „blackmetal.at“<br />

524 Vgl. http://www.infoladen-wels.at/print/aktuelles/mehr.php?no=19, 2011.<br />

109


Graz verlegt, wo es ebenfalls zu Protesten (v.a. der Antifa) und verschärften Kontrollen<br />

am Einlaß kam. Wie sinnvoll es ist, Festivalbesucher anhand von Band T-Shirts<br />

auszusortieren und nach Hause zu schicken, sei dahin gestellt.<br />

Einer speziellen Betrachtung soll die Grazer Metalszene unterzogen werden. Sie<br />

entwickelte sich laut einem mit René Molnar geführten Interview 525 sehr langsam. „Es<br />

begann in Graz mit 15 bis 20 Personen, heute sind es 1500 bis 2000, wobei ich von<br />

einigen Tausend Sympathisanten ausgehe. Der Inner Circle, also der harte Kern,<br />

umfasst 500 bis 600 Menschen.“ 526 Ferner räumt Molnar mit der Annahme auf, dass<br />

der überwiegende Anteil der <strong>Szene</strong>mitglieder aus dem Lehrlingsbereich käme. Er hat<br />

sich im Rahmen seiner Arbeit zur Erlangung des Abschlusses „Akademischer Jugend-<br />

und Soziokulturpädagoge“ 527 an der Pädagogischen Hochschule <strong>Steiermark</strong> mit der<br />

Frage beschäftigt, in wie weit eine rechtsextreme Ausrichtung bei jugendlichen Grazer<br />

Metalfans vorliegt und kommt zu dem Schluß, dass die <strong>Szene</strong> sich eher im politisch<br />

neutralen bis linken Spektrum bewegt und somit Rechtsextreme eine Minderheit<br />

bilden.<br />

„Die Grazer Metaler sind sicherlich weniger rechts[extrem] als der Durchschnitt bei<br />

den steirischen Jugendlichen. Zurzeit sehe ich in Graz keine Chance für eine<br />

rechtsextreme Unterwanderung der <strong>Szene</strong>. Der Widerstand gegen rechtsextreme<br />

Unterwanderung nimmt übrigens im gesamten deutschen Sprachraum zu.<br />

MetallerInnen weisen auch eine große Teilnahmequote bei Wahlen auf.“ 528 Nicht nur<br />

unter den Fans, auch in Musikerkreisen sieht Molnar die Situation ähnlich. Zwar gibt<br />

es Bands, bei denen nicht sicher auszumachen ist, ob sie provozieren oder tatsächlich<br />

rechtsradikale Ideologien verbreiten wollen wie z.B. Flammenstrurm 529 und<br />

Interregnum 530 , ansich ist die <strong>Szene</strong> aber auch was die lokalen Musikgruppen betrifft<br />

eher politisch neutral bzw. latent links orientiert.<br />

525<br />

Schweidlenka: Interview mit Rene Molnar, 2011.<br />

526<br />

Ebda.<br />

527<br />

Molnar, 2011.<br />

528<br />

Schweidlenka: Interview mit Rene Molnar, 2011.<br />

529<br />

Graz, www.flammensturm.at, 2011, Black Metal.<br />

530<br />

Gegründet 2006, Graz, Österreich, www.interregnum.at, 2011, Viking Death Metal.<br />

110


Auch was satanistische Tendenzen betrifft ist die Grazer <strong>Szene</strong> laut Molnar relativ<br />

unbelastet. Ein großer Teil bezeichnet sich als atheistisch.<br />

Unter den Grazer Metalheads herrsche hinsichtlich der hohen Wahlbeiteiligung ein<br />

überdurchschnittliches Demokratieverständnis. Sie beobachten die aktuellen<br />

politischen Geschehnisse durchwegs kritisch. „Die Altersgruppe der 16 bis 20 jährigen<br />

<strong>Szene</strong>mitglieder zeigen ein größeres Interesse an Politik, als ihre steirischen<br />

AltersgenossInnen.“ 531 Ferner verortet Molnar in der untersuchten <strong>Szene</strong> eine<br />

durchwegs tolerante Haltung gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund.<br />

„Zusammenfassend kann man sagen dass die Grazer Metalzene besser ist, als der Ruf<br />

des Metals als solches.“ 532 Molnar konkludiert, „dass es sich bei der Grazer<br />

Metalszene um keine rechtsorientierte <strong>Szene</strong> handelt, und dass dieselbe derzeit nicht<br />

durch rechtsextreme Kreise unterwanderbar ist.“ 533<br />

Eine Liste österreichischer Metal Bands findet man in den „Metal Archives“. 534<br />

531<br />

Molnar, 2011, S.40.<br />

532<br />

Ebda.<br />

533<br />

Ebda.<br />

534<br />

www.metal-archives.com/lists/AT, 2011.<br />

Abb. 32<br />

111


Die schwarz/braune <strong>Szene</strong> in Osteuropa<br />

112<br />

Benjamin M. Grilj<br />

In dieser Beschreibung soll der geographische Begriff „Osteuropa“ und alle Im- und<br />

Explikationen nicht thematisiert werden. Da die Entwicklungslinien zwischen den<br />

Ländern des ehemaligen COMECON (meist Ostblock genannt) und der ehemaligen<br />

UdSSR aber gänzlich different sind, soll hier die Situation in den europäischen<br />

Ländern der Ex-UdSSR (Russland, Ukraine, Weißrussland, Estland, Lettland, Litauen<br />

und Moldawien) an Hand von einigen Beispielen beschrieben werden.<br />

Grundsätzlich müssen vier Dinge vorausgeschickt werden, die sich wesentlich von der<br />

Situation in West- und Zentraleuropa unterscheiden, aber essentielle Folgen hatten<br />

und zum Teil auch noch heute haben:<br />

• Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Deutschland lange Zeit die<br />

alleinige Schuld an diesem und dem Holocaust gegeben; in Österreich z.B.<br />

folgte die Diskussion um eine Mitschuld erst Mitte der 1980er, in Frankreich<br />

und anderen Ländern noch später. Die Situation in Osteuropa unterscheidet<br />

sich davon aber, da im Sinne des kollektiv-sozialistischen Denkens jeder<br />

Sowjet Europa vom Nationalsozialismus befreit hat, als ob er tatsächlich in der<br />

Roten Armee gedient hätte. Diese Interpretation der Geschichte verhinderte<br />

größtenteils eine Aufarbeitung der Fragen von Kollaboration, Antisemitismus<br />

und herrschendem faschistoiden Gedankengut.<br />

• Das sowjetisch-planwirtschaftliche Marktsystem hatte auch eine Entsprechung in<br />

der Musiklandschaft, so dass es als einziges Plattenlabel Melodia gab,<br />

welches politisch kontrolliert wurde. Rock oder Metal waren als „rowdyhaft“ und<br />

„dekadent“ 535 verschrien und dementsprechend unerwünscht. Das<br />

„unkultivierte, rüpelhafte Betragen, Herumgröhlen und rücksichtslose<br />

Gedränge“ wurde nicht nur als „Oppositionshaltung“ sondern als „gestörte<br />

535 Vgl. Wicke, P.: Rockmusik und Politik. Ch. Links: 1996, S. 29.


Beziehung zur sozialistischen Gesellschaft überhaupt“ 536 verstanden, womit eine<br />

Veröffentlichung auf Melodia für Bands aus diesem Genre nahezu unerreichbar<br />

war. Dies änderte sich erst mit den Reformen Gorbatschows, die das Label<br />

marktwirtschaftlichen Gesetzen unterwarf und damit öffnete.<br />

• Wegen der herrschenden Zensur waren die meisten ausländischen und alle<br />

inländische Bands, die dem Profil Melodias nicht passten, vom Verkauf<br />

ausgeschlossen, so dass sie sich andere, illegale, Vertriebsmöglichkeiten<br />

suchen mussten. So war ein musikalischer Austausch ausschließlich auf<br />

persönliche Kontakte beschränkt und <strong>Szene</strong>n konnten sich primär regional<br />

entwickeln.<br />

• In den meisten der angeführten Länder wird das kyrillische Alphabet<br />

Russland<br />

D.I.V.<br />

verwendet, was sich häufig negativ auf eine Verbreitung in West- und<br />

Zentraleuropa auswirkt(e).<br />

D.I.V. (Д.И.В.) ist die einzige der hier angeführten russischen Bands, die es nicht mehr<br />

gibt, soll aber wegen ihrer Reichweite Erwähnung finden. Gegründet 1987 in Moskau<br />

können sie am ehesten im Oi! 537 verortet werden, wechselten aber (vermutlich durch<br />

den häufigen Besetzungswandel) immer stärker in den Thrash Metal über. Inhaltlich<br />

bleiben die Texte aber, unüblich für den Thrash, eindeutig rechtsradikal,<br />

faschistoid und nationalsozialistisch. Der Sänger von D.I.V. versuchte sich<br />

daneben auch als rechtsextremer Politiker, scheiterte aber. International Beachtung<br />

findet die Band nur in Skinhead-Kreisen auf Grund der Schweizer Dokumentation<br />

Skinhead Attitude. Der Versuch an RAC (Rock against Communism – gegründet<br />

von Ian Stuart von Skewdriver) anzukoppeln schlug auch fehl, da D.I.V. immer wieder<br />

durch ihre (Alkohol-)Launen negativ auffielen und nicht ernst genommen wurden. Bis<br />

536 Vgl. ebda. S. 32.<br />

537 Musikstil dessen Anhänger zumeist aus der Skinhead- und Punkszene kamen [Anm. d. Red.]<br />

113


2004 veröffentlichte die Band elf Alben mit teils eindeutigen Titeln wie „Genocide“<br />

oder „Mein Kampf“ für das Label Rebel Records Russia. Bedeutend sind sie, weil<br />

sie noch zu Zeiten des Kommunismus offen nationalsozialistische Äußerungen<br />

verlauten ließen und deswegen heute vielfach als Türöffner für die radikale rechte<br />

<strong>Szene</strong> in Osteuropa bezeichnet werden.<br />

Kolovrat<br />

Bei dieser Band fällt die politische Einteilung leicht, da allein schon der Name Kolovrat<br />

(Коловрат) Sonnenrad bedeutet, das auch als Bandlogo fungiert: eine achtarmige,<br />

rechtsgedrehte Swastika. Daneben ist Kolovrat gleichzeitig der Kampfname eines<br />

russischen Kriegsherren und Deckmantel der aktuellen russischen Rechtsradikalen.<br />

Die Band formierte sich 1994 in Moskau unter dem Namen Russian Ghetto, den sie<br />

aber 1997 zu Gunsten von Kolovrat änderte, um ihre „politischen Ansicht zu<br />

verdeutlichen.“ 538 Mittlerweile veröffentlichten sie 10 Alben auf dem eigenen Label<br />

Kolovrat NS und sind fest im internationalen Geschehen verankert: sie spielen auf<br />

zahlreichen NSBM- und Pagan-Festivals in ganz Europa und veröffentlichten auch eine<br />

Split-CD 539 mit den deutschen Neonazis von Nahkampf unter dem Titel „Russian-<br />

German NS Unity“. Die Song-Texte sind klar antisemitisch und nationalsozialistisch:<br />

„das einzig wahre politische System für die Weißen ist der Nationalsozialismus, der<br />

modern, angemessen und fortschrittlich ist. [...] Der 2. Weltkrieg war ein<br />

brudermordender Krieg, der von den Zionisten angezettelt wurde um die Gefahr von<br />

Seiten der Nationalsozialisten zu bannen, die sowohl die Herrschaft der Zionisten als<br />

auch deren Existenz gefährdeten. 18 war ein großartiger Politiker und Stratege des<br />

20. Jahrhundert [...].“ 540 Musikalisch gesehen begannen Kolovrat als RAC also im<br />

rechtsradikalen Oi! Häufig stößt man auf Beschreibungen, dass sie heute Trash<br />

Metal spielen würden, was aber sehr weit hergeholt ist. Man kann sie eindeutig im<br />

Rechts-Rock verorten, der aber wesentlich melodischer als sein deutsches Pendant<br />

ist.<br />

538<br />

Interview mit dem Sänger Timonichev, A. in: Aryan Music, 23.06.2006.<br />

539<br />

Darunter wird eine meist von zwei, manchmal aber auch von mehreren Bands gemeinsam<br />

herausgebrachte CD verstanden [Anm. d. Red.].<br />

540<br />

Interview mit dem Sänger Timonichev, A. in: Aryan Music, 23.06.2006. Hinweis: Die Zahl 18 steht<br />

für Adolf Hitler.<br />

114


M8L8TH<br />

M8L8TH (oder Moloth88/Молотх88) wurden 2002 im russischen Tver gegründet. In<br />

beiden Formen verwenden sie die 88 als Zahlencode für „Heil Hitler“ – im Bandlogo<br />

finden sich daneben auch noch das verkehrte Kreuz und ein angedeutetes<br />

Hakenkreuz. Bekanntheit erreichten sie aber nicht mit ihrer Musik, sondern auf Grund<br />

der Tatsache, dass der Sänger Alexey wegen vierfachen Mordes und mehreren (teils<br />

schweren) Raubüberfällen in einer Haftanstalt für psychisch gestörte Gewaltverbrecher<br />

einsitzt.<br />

Die erste LP von M8L8TH wurde auf Stellar Winter Records veröffentlich, dass zur<br />

Pagan Front gehört, die aktuellste bei Lost Reich Records. Musikalisch sind sie<br />

dem NSBM zuzuordnen; in den Texten finden sich krude Aneinanderreihungen von<br />

nordischer und altslawischer Mythologie, russischem Nationalismus, faschistoiden<br />

Rassentheorien und Christenhass.<br />

Rodovest<br />

So wie bei M8L8TH lässt sich bei Rodovest (Родовест) schon viel aus dem Bandlogo<br />

erkennen: neben Streitäxten findet sich ein Sonnenrad, mehrere angedeutete<br />

Swastiken und eine eindeutige. Rodovest wurde 2002 in Volgograd gegründet und<br />

ist auf dem Label Soldatus Inconnus (heute Vae Victis, die von Frankreich aus den<br />

deutschen NSBM-Markt beliefern), auf dem unter anderem auch Pagan Hellfire läuft.<br />

Daneben sind sie in der rechtsextremistischen Pagan Front aktiv und covern Lieder<br />

von Absurd und Burzum.<br />

Musikalisch wurde Rodovest stark von Temnozor 541 beeinflusst, so dass sich neben<br />

typischen Black- Viking-, Doom- und Death-Metal Elementen auch Reminiszenzen an<br />

die russische Volksmusik heraushören lassen. Was musikalisch schon angedacht ist,<br />

findet eine Entsprechung in den Texten, wo russische Folklore mit Paganismus und<br />

Nationalsozialismus vermengt wird.<br />

541 Pagan Metal, Russland, gegründet 1996.<br />

115


Stella Aria<br />

Zwei Jahre nach Moloth88 wurde 2004 ebenfalls in Tver Stella Aria (Стелла Ариа)<br />

gegründet, wobei es auch personelle Überschneidungen gibt. Auch wenn es im<br />

Deutschen so anmutet, der Name Aria hat nichts mit Ariern zu tun, sondern mit der<br />

Arie 542 . Die Bedeutung von Stella ist allerdings mehrdeutig: so kann es entweder ein<br />

weiblicher Vorname sein, oder im Russischen Denkmal, Säule oder im Lateinischen<br />

Stern bedeuten. Daneben gibt es noch aus der Medizin das Arias-Stella-Phänomen,<br />

das die Veränderung der Gebärmutterschleimhaut nach einem Abort beschreibt.<br />

Bisher hat Stella Arja nur ein Album im Selbstverlag veröffentlicht, wird aber<br />

mittlerweile über Aryospher Prod. vertrieben, die ansonsten Bands wie Endlösung im<br />

Programm haben.<br />

Musikalisch versuchen sie Black-Metal mit Industrial und Ambient zu verbinden<br />

und übersteigern diese seltsame Mischung noch mit Texten über Arier im Weltall.<br />

Temnozor<br />

Eine der bekanntesten rechtsradikalen Bands Russlands ist sicherlich Temnozor<br />

(Tемнозор) die über ein ausgezeichnetes Netzwerk verfügten, in der rechtsradikalen<br />

Pagan Front, Blood & Honour Russland und der White Power Bewegung aktiv<br />

sind und mit Stellar Winter Records das einzige NSBM / RAC Label Russlands<br />

besitzten. Temnozor hat mittlerweile auch jenseits eingeweihter Fans eine derartige<br />

Bekanntheit in Zentral-Europa erreicht, dass eine Reihe von Konzerten in den<br />

Niederlanden, Deutschland und auch Ungarn 543 entweder abgesagt wurden, oder im<br />

Geheimen stattfinden musste.<br />

Seit der Gründung 1996 in Obninsk fallen die Bandmitglieder (es gibt eine sehr starke<br />

Fluktuation in der Besetzung; die 17 aktuellen und vorherigen Bandmitglieder sind das<br />

Who-Is-Who der osteuropäischen Neonaziszene) vor allem mit rassistischen<br />

und antisemitischen Äußerungen auf: „pagan revival will stay only a dream until<br />

modern civilization based on materialism and judaism is annihilated. [...] If most of<br />

you will act the same way, trying to break the chains of judeo-christian slavery and<br />

542 Arier von pers. „āryā“: „edel“; Arie von ital. „aria“: „Weise“, „Luft“.<br />

543 Vgl. www.telegraaf.nl/binnenland/5695444/__Onderzoek_naar__nazi-band___.html, 2011.<br />

116


consequences of it’s noxious impact (i.e. disastrous ecological, demographic and<br />

geopolitic state of the whole White Race) speaking a lot but doing nothing, then soon<br />

there will be nothing and nobody to save. We have to act now.“ 544 Sie bekennen<br />

sich offen zum Nationalsozialismus und dem „heiligen Rassenkrieg [...]<br />

KULTURKAMPF“ 545 . Ihre zweite LP erschien 2004 bei Maximum, einem der größten<br />

russischen Hard-Rock / Metal Labels, wurde aber bereits nach zwei Tagen Verkauf<br />

verboten – zu diesem Zeitpunkt war aber fast die gesamte Auflage bereits verkauft.<br />

Für den Vertrieb in Zentral-Europa haben sie Partner in anderen einschlägigen<br />

rechtsradikalen Organisationen wie Hakenkreuz Productions, Ascent Records,<br />

Eastside Records, Nebelfee Klangwerk und anderen gefunden, mit denen sie<br />

auch über die Pagan Front und Stella Winter Records kooperieren.<br />

Musikalisch gesehen können sie dem Folk- und Black-Metal zugeordnet werden,<br />

wobei sie versuchen russische Instrumentierung und Melodien mit Black-Metal zu<br />

vereinen. Bei Ihren Auftritten versuchen sie ausserdem ihre russische Herkunft mit<br />

(Fantasie-)Trachten darzustellen. In ihren Texten geht es primär um Paganismus,<br />

Krieg, Nationalsozialismus und Beschreibungen der Natur, wie sie auch bei anderen<br />

Black-Metal-Bands zu finden sind.<br />

Velimor<br />

Velimor (Велимор) wurde 2002 in Novomoskovsk gegründet. Der erste Schlagzeuger<br />

Ulv Gegner Irminisson, Mitbegründer der häufig als ersten russischen NSBM Band<br />

bezeichneten Raven Dark und des NSBM-Netzwerkes BlazeBirth Hall, wurde 2005<br />

von einem angeblich militanten Anti-Faschisten erstochen. Die Band, die mittlerweile<br />

vier Alben veröffentlicht hat, steht bei Stellar Winter unter Vertrag.<br />

Musikalisch sind sie Temnozor ähnlich, wenngleich weniger russische Volksmusik<br />

Verwendung findet. Ihre Texte behandeln im Wesentlichen die Themen Krieg,<br />

Paganismus und Antisemtismus.<br />

544 Interview mit Kai Mathias Stalhammer von Nargathrond 1998:<br />

www.rusmetal.ru/vae_solis/Temnozor.htm, 2011.<br />

545 Resistance #23, 2004.<br />

117


Woods of Fallen<br />

Das 1996 in Moskau gegründete Duo Woods of Fallen versucht möglichst unerkannt<br />

zu bleiben. Die vorhandenen sechs Aufnahmen sind Proberaummitschnitte,<br />

daneben sind sie auch nur auf zwei Samplern vertreten, wovon einer eine Burzum<br />

Tribute CD ist. Beide Mitglieder sind in der <strong>Szene</strong> aber äußerst aktiv: so spielten sie<br />

beide bei Temnozor und einer, ebenso wie der schon erwähnte Ulv Gegner, ist<br />

Gründungsmitglied von Raven Dark und BlazeBirth Hall. Gorruth, der noch<br />

immer die Texte für Temnozor schreibt, ist der Eigentümer von Stellar Winter<br />

Records, über die auch die Aufnahmen von Woods of Fallen vertrieben werden.<br />

Musikalisch sind sie dem Black Metal zuzuordnen und haben im Gegensatz zu den<br />

zuvor beschriebenen Bands (fast) keine Reminiszenzen an die russische Tradition:<br />

weder musikalisch, noch inhaltlich oder grafisch beim Logo: so werden keine<br />

kyrillischen Buchstaben verwendet, es findet sich eine Abbildung Wotans in Begleitung<br />

eines Rabens und Wolfes und darüber thront ein rechtsgedrehtes, abgerundetes<br />

Hakenkreuz. Die Texte, die nur sehr spärlich vorhanden sind, huldigen größtenteils<br />

dem Paganismus und Nationalsozialismus.<br />

118<br />

Startseiten-Grafik der BlazeBirth Hall<br />

Abb. 33


Ukraine<br />

Dub Buk<br />

Die 1997 in Charkiv gegründeten Dub Buk (Дуб Бук – Eiche und Buche) erlangten<br />

auch in Österreich 2008 eine gewisse Bekanntheit, nachdem eine Anzeige wegen<br />

Wiederbetätigung nach dem NS-Verbotsgesetz gegen ihren österreichischen<br />

Vertrieb Ashen Records eingereicht wurde. Neben Dub Buk waren dort auch Bands<br />

wie Pogrom, Gestapo 666, Nokturnal Motum oder Nordisches Blut unter<br />

Vertrag.<br />

Mit Nokturnual Mortum verbindet sie sehr viel, da sie nicht nur dieselben<br />

Vertriebswege nutzen (lange Zeit waren beide auf Eastside Records), sondern auch<br />

personelle Überschneidungen vorhanden sind. Musikalisch entwickelte sich Dub Buk<br />

aus einem sehr puristischem Black-Metal hin zum Melodic-Black-Metal. In ihren<br />

Texten transportieren sie vornehmlich paganistische, antisemitische, antichristliche,<br />

nationalsozialistische (ein verschobenes, abgerundetes Hakenkreuz ist auch zentrales<br />

Element des Logos) Inhalte, die mit Heldenmythen der Kiewer Rus (das erste<br />

„russische“ Staatswesen, bevor es eine Trennung zwischen Russen und Ukrainer gab)<br />

verknüpft werden. Dementsprechend sind die Songtexte fast ausschließlich auf<br />

Russisch und Ukrainisch.<br />

Finist<br />

2002 formierte sich in Charkiv die Power-Folk-Metal Band Finist, benannt nach<br />

einem Falken der russischen Mythologie. Verbindungen hat diese Band vor allem mit<br />

Nokturnal Mortum, da drei von ihnen in beiden Bands spielen.<br />

In den Texten geht es primär um die Themen Krieg, arisch-slawischen Stolz, Rassismus<br />

und Ukrainischen Nationalismus. Obwohl diese Band nicht einmal ansatzweise dem<br />

Black-Metal zugeordnet werden kann, reiht sie metalcrypt in den NSBM ein, und<br />

warnt Fans des Power Metals, sich diese Band anzuhören, da ihre Texte<br />

nationalsozialistisch und rassistisch sind. 546 Auf ihrer eigenen Myspace Seite,<br />

bezeichnen sie ihren Stil als Brutal Ukrainian Nationalism, der „new light to the<br />

546 www.metalcrypt.com/pages/review.php?revid=3138, 2011.<br />

119


ukrainian NSMB Scene“ 547 bringen solle und verwenden das ukrainische Wappen als<br />

Hintergrundbild. Auffallend ist allerdings, dass sie obwohl sie so „stolze Patrioten“ sein<br />

wollen, sowohl auf das Ukrainische als Sprache, als auch auf das kyrillische<br />

Schriftsystem verzichten.<br />

Nokturnal Mortum<br />

Kaum eine andere NSBM-Band aus Ost-Europa ist derart bekannt wie auch<br />

wandelbar wie Notkurnal Mortum. 1991 als, wie sie es selbst bezeichnen „Unholy<br />

Death Metal“ 548 Band in Charkiv unter dem Namen Suppuration gegründet,<br />

wurden sie zwei Jahre später die Black-Metal Band Cristaline Darkness, bevor sie in<br />

der Originalbesetzung von Suppuration 1994 zuerst Nocturnal Mortum und<br />

schließlich ein Jahr später Nokturnal Mortum wurden. 1997 schaffte die Band den<br />

Durchbruch im Westen, was vor allem über The End Records und Nuclear Blast<br />

ermöglicht wurde. Beide trennten sich aber auf Grund der zunehmend (offen)<br />

geäußerten nationalsozialistischen Ausrichtung der Band von dieser. 549 Stilistisch<br />

gesehen wandelten sie sich von einer relativ thrashigen Death Metal Band zu einer<br />

melodischen Black Metal-Band, oder wie sie es selbst bezeichnen Folk Symphonic<br />

Black Metal. Sie kombinieren ukrainische Volksmusik und Instrumente mit einem<br />

melodischen Black-Metal, der sich aber vor allem durch den klaren Gesang vom<br />

skandiniavischen oder britischen unterscheidet. 550<br />

In der zentral-europäischen <strong>Szene</strong> wird häufig über die ideologische Ausrichtung<br />

von Nokturnal Mortum diskutiert, wobei vor allem das A-Blaze Magazin sich der<br />

Peinlichkeit Preis gab zu behaupten, dass sie nicht „unter das Akronym »NSBM«<br />

subsumiert werden können, da sich weder die Texte noch die Präsentation dieser<br />

Bands politisch kategorisieren lassen.“ 551 Leider basierten diese und ähnliche<br />

Äußerungen entweder auf Unwissen, oder auf Verleugnen von Tatsachen, da der<br />

547<br />

www.myspace.com/finist1, 2011.<br />

548<br />

www.rusmetal.ru/mortum/bio.html, 2011.<br />

549<br />

Vgl. www.firegoat.com/eng/?id=3&d=16, 2011.<br />

550<br />

Vgl. www.metalunderground.com/reviews/details.cfm?releaseid=445, 2011.<br />

551<br />

http://ablazemagazin.de/___ablaze/index.php?mact=News,cntnt01,detail,0&cntnt01articleid=85&cntnt01returnid<br />

=15, 2011.<br />

120


Sänger Knjaz Varggoth in einem Interview mit dem Firegoat schon Jahre zuvor meint:<br />

„[...] They [Runes of Dianceht] play the same style of music as Nokturnal Mortum:<br />

national socialistic Black Metal.“ 552 Anfangs bezeichneten sie ihren Stil und auch ihre<br />

Texte noch als „Lunar Black Metal“ 553 , worunter sie vor allem Christenhass<br />

subsumierten, ab dem Album „To the Gates of Blasphemous Fire“ verbreiteten sie<br />

aber offen nationalsozialistisches, antisemitisches Gedankengut und waren bis 2008<br />

Mitglied der Pagan Front. Im Text von „the Taste of Victory“ präsentieren sie den<br />

Zweiten Weltkrieg als von Juden angestifteten Bruderkrieg. Auch wenn der Sänger in<br />

aktuelleren Interviews immer wieder behauptet, dass sie nun unpolitisch seien,<br />

bezeichnet er den Revisionisten Migual Sirrano als einen der Haupteinflüsse seiner<br />

Texte, womit er die zuvor gemachte Aussage negiert. 554 Aufregung gab es auch noch<br />

in Bezug auf die W:O:A Roadshow, bei der 2008 in Kiew auch Nokturnal Mortum<br />

hätte spielen sollen – ihr Auftritt wurde dann aber kurzer Hand (ohne Nennung von<br />

Gründen) gecancelt.<br />

Im Gegensatz zu Drudkh, wo eine eindeutige Zuschreibung schwierig ist, handelt es<br />

sich bei Nokturnal Mortum um ein Aushängeschild des ukrainischen NSBM.<br />

Sokyra Peruna<br />

Sokyra Peruna ist eine international sehr gut verknüpfte Kiewer Band, die sich<br />

zwischen Pagan Metal und Rechtsrock bewegt. Sie werden meist als RAC<br />

kategorisiert, brechen die Genregrenze allerdings immer wieder in Richtung Thrash-<br />

und Pagan auf. Inhaltlich sind sie eindeutig rechtsradikal und vermischen<br />

nationalsozialistisches Gedankengut mit ukrainischem Nationalismus. Das Logo mit<br />

dem linksgedrehten, abgerundeten Hakenkreuz lässt eine ideologische Nähe<br />

erkennen. Sie sind bei Blood & Honour und Division East Europe aktiv und haben<br />

im Zuge dessen auch Sampler mit Bands wie Front18, Vandal, H8 oder Kolovrat<br />

veröffentlicht. Daneben sind sie Mitglieder der German Slavonic Army und haben<br />

552 www.firegoat.com/eng/?id=3&d=16, 2011.<br />

553 www.metalunderground.com/reviews/details.cfm?releaseid=445, 2011.<br />

554 Vgl: http://frostkamp.wordpress.com/2008/08/05/nokturnal-mortum-interview, 2011.<br />

121


im Zuge dessen eine Gedenkveranstaltung für Ian Stuart 555 in Kiew organisiert, in<br />

Folge dessen eine Split-LP mit Brigade M aus Holland und Antisystem aus Russland<br />

veröffentlicht wurde – eine von insgesamt vier Split-CDs. Daneben haben sie bis jetzt<br />

sechs Alben produziert, die vom rechtsradikalen Label Eastside Records vertrieben<br />

werden.<br />

Hate Forest<br />

Hate Forest wurden 1995 in Charkiv gegründet und haben sich 2004/5/6 556 wieder<br />

aufgelöst. Sie haben stets versucht, sich von der Öffentlichkeit fernzuhalten, keine<br />

Interviews zu geben und sich nicht eindeutig politisch zuordnen lassen. Ihr Label<br />

Primitive Reactions hat keine NSBM Bands unter Vertrag. 557 In einschlägigen Metal-<br />

Magazinen werden sie aber trotzdem unter dem Genre NSBM gelistet 558 , obwohl<br />

keine der sehr spärlichen Texte veröffentlicht worden sind und es kaum vorstellbar ist,<br />

dass diese verstanden werden könnten. Als Belege für die nationalsozialistische<br />

Ausrichtung gelten die offizielle Website (es handelt sich dabei nur um eine<br />

myspace Seite) und das Merchandise. So findet sich auf der myspace Seite die Zeile<br />

„every subhuman buying hate forest releases buys a weapon against himself.“ 559 Als<br />

Merchandise wird unter anderem ein Pulli mit dem Bild Roman Shukewytschs<br />

verkauft, der als Offizier an der Seite von Wehrmacht und SD in der Operation<br />

Nachtigall in der Westukraine gekämpft hatte und für (mindestens) ein Pogrom an der<br />

jüdischen und polnischen Zivilbevölkerung in Galizien verantwortlich ist. Daneben gibt<br />

es Hinweise auf die Zugehörigkeit zur rechtsextremen <strong>Szene</strong>, wie beispielsweise, dass<br />

Hate Forest häufig mit Kolovrat aufgetreten ist.<br />

555<br />

Britischer Sänger, *1957, †1993; Kopf der neonazistischen Band Skrewdriver, Gründer von Blood<br />

and Honour. [Anm. d. Red.]<br />

556<br />

Die Quellen nennen kein eindeutiges Jahr.<br />

557<br />

Taghut stehen allerdings auf Grund ihrer islamophoben Texte unter Verdacht.<br />

558<br />

Vgl. www.chroniclesofchaos.com/reviews/albums/2-3277_hate_forest_purity.aspx, 2011.<br />

559<br />

www.myspace.com/hateforestukraine, 2011.<br />

122


Weißrussland<br />

Molot/Molat<br />

Die einzige weißrussische Band, die hier beschrieben werden soll, ist die 2004 in<br />

Orsha gegründete Band Molot (Молот). Der Name und das Logo haben zwar einen<br />

direkten Bezug zur UdSSR, die Band selbst steht allerdings ideologisch auf der<br />

gegenüberliegenden Seite. Alleine wenn man sich die Sampler, auf denen die Band<br />

vertreten ist ansieht, weiß man welcher Gedanken Kinder hier am Werk sind: so findet<br />

man ihren Song White Power auf dem Sampler 10 Years in Valhalla – Ian<br />

Stuart Donaldson Memorial, der auch auf Blood & Honour Russia vertreten ist.<br />

Andere Sampler an denen sie beteiligt sind, wären der Lost Freedom Burzum-<br />

Tribute-Sampler, Tribute to Legion 88 oder Shave ´em all. Songtitel wie Aryan<br />

Knight, Racial War, White Rock, White Power, Kolovrat, und ähnliche lassen auch<br />

keinen Zweifel zu. Molot, die mit Thrash Metal beginnen und im Laufe der Zeit zu<br />

einer Mischung aus Black-Metal und Rechtsrock wechseln, kehren damit zu ihren<br />

musikalischen Wurzeln zurück, als sie noch Arachia (diese tauchen in einschlägigen<br />

Internetforen immer wieder unter der Bezeichnung Apaxia auf, wobei hier einfach<br />

kyrillische Buchstaben als lateinische gelesen wurden) hießen. Unter dem alten Namen<br />

war bereits nationalsozialistisches Gedankengut in den Texten vertreten, wurde aber<br />

bei weitem versteckter formuliert, als dies Molot tut. Ihr Vertrieb läuft über den<br />

ukrainischen, rechtsradikalen Versand Evil Barber Records, der mittlerweile in<br />

Deutschland indiziert ist.<br />

Abschließende Bemerkungen<br />

Auffallend bei der Recherche war, dass beinahe alle russischen Band-Websites<br />

gesperrt waren, obwohl es im russischen Recht kein Verbotsgesetz wegen<br />

nationalsozialistischer Wiederbetätigung gibt. 560 Des Weiteren war es verwunderlich,<br />

dass eigentlich alle russischen Bands aus dem direkten Umfeld Moskaus kommen. Für<br />

die Ukraine ist es erstaunlich, dass die Bands aus dem Osten (Charkiv und Kiew)<br />

kommen, wohingegen faschistische Parteien im Regelfall ihrer Wählerschaft im<br />

560<br />

Da sich mein aktueller Server in der Ukraine befindet, ist es auszuschließen, dass dieser aufgrund<br />

europäischer Gesetze gesperrt wäre.<br />

123


Westen des Landes haben. Von den ukrainischen Bands waren auch keine Websites<br />

gesperrt.<br />

Widerstand gegen NSBM<br />

Bereits 1997 haben Jugendliche, die sich mit dem Satanismus im Rahmen des Projekts<br />

„Jugend und Musik“ des BORG Hasnerplatz (Graz) beschäftigt haben, diese harte<br />

Musikszene kritisiert: „So fordern Bands wie Burzum, Bathory und Immortal<br />

richtiggehend zu satanistischen Taten in ihren Texten auf. Die oben genannten<br />

Gruppen erreichen eine kaum für möglich gehaltene Dimension. So nach dem Motto:<br />

„Die alten Bands haben nur darüber gesungen, wir tun es“ testen Extrem-Gruppen wie<br />

Darkthrone, Mayhem, Emperor oder Immortal ihre wirre Zerstörungslyrik an lebenden<br />

Objekten." 561<br />

90% der Metalheads stehen dem NSBM ablehnend gegenüber. Gegen die<br />

rechtsextreme Unterwanderung des Heavy Metal regt sich seit Jahren Widerstand: So<br />

tragen viele Metalfans antifaschistische Aufnäher auf ihrer Kleidung, viele sind bei der<br />

Antifa, den Autonomen oder den Grünen aktiv. Manche Deutsche haben sich auch für<br />

eine Karriere in der CDU entschieden. In der Regel sind rechtsextreme Personen – so<br />

in der westdeutschen Metal-Community – ein Feindbild. Die meisten Metalbands<br />

wenden sich unmissverständlich gegen Unterdrückung, Rassismus, Gewalt und<br />

Intoleranz. Kreator oder Rumble Militia leiten ihre Konzerte mit Stellungnahmen gegen<br />

den Faschismus ein.<br />

Im Rahmen des Wacken-Openair, eines großen, jährlich stattfindenden Metal-<br />

Festivals in Norddeutschland, kam es zu einer Antifa-Kampagne. Es gibt eine Initiative<br />

Metalheads gegen Faschismus, unterstützt u.a. von Metalheads against brown<br />

insanity (siehe oben) und pagans against fascism 562 . Folgendes<br />

Grundsatzstatement wurde 2001 abgegeben: „In letzter Zeit machen sich in der<br />

Metal-<strong>Szene</strong> (vor allem beim BM) schändliche Missstände breit. Die Rede ist von der<br />

561 Projektbericht Jugend und Musik des BORG Hasnerplatz, S.13<br />

562 Die Website http://mars.spaceports.com/~wolfshof/paf.htm scheint nicht mehr existent zu sein.<br />

124


„Politisierung“ dieses Musikstils. Rechtsextremes, faschistisches Gedankengut wird<br />

angepriesen und findet zunehmend Anklang, vor allem bei unerfahrenen<br />

„Neueinsteigern“. Dabei sei einmal in aller Deutlichkeit ausgesprochen, dass Metal<br />

NIE wirklich politisch orientiert war (oder zumindest nie in solch einer extremen Form).<br />

Diese Musik symbolisierte immer Rebellion gegen bestehende Systeme, gegen die<br />

Gesellschaft an sich und die Unterdrückung durch staatliche Organisationen, die der<br />

Massenkontrolle dienen (als da wären z.B. die Kirchen). Faschismus widerspricht<br />

dieser Ideologie vollkommen, er fördert das Wohl einzelner Machthaber und die<br />

vollkommene Kontrolle des Individuums. Faschismus zerstört, beschmutzt<br />

altehrwürdige Dogmen, er missbraucht sie für sich. Aus ihm heraus und nur aus ihm<br />

waren eben diese Volksunterdrückungsmaschinerien, die wir eigentlich von jeher<br />

bekämpft haben. Christentum ist nur ein Beispiel.<br />

Faschismus ist schändlich und beleidigend für all diejenigen, die dem Metal wirklich<br />

treu geblieben sind.“ 563<br />

„Leider werden bezüglich dieses Themas immer noch zu oft die Augen geschlossen.<br />

Nur wenige sind bisher wirklich bestrebt, auf diese Missstände aufmerksam zu<br />

machen. Viele Fans argumentieren mit der Differenzierung zwischen Ideologie und<br />

Sound. NSBM aber basiert gerade auf der Grundlage, seine vermeintlich<br />

„rassenstolze“ Ideologie durch die Musik zu vermitteln, diese beiden Elemente lassen<br />

sich nicht trennen (Wer hört schon Musik, ohne sich für die Songtexte zu<br />

interessieren?) Diejenigen, die auf dieses Argument zurückgreifen sind schlichtweg<br />

ignorant, denn wer die entsprechende Musik hört, der unterstützt damit auch die<br />

Bands und ihre Ziele.“ 564<br />

563 Ebda.<br />

564 Ebda.<br />

125


Eines muss zur Kenntnis genommen werden: Es gibt ein weltweites, gut<br />

zusammenarbeitendes Netzwerk, das folgende Trends und deren<br />

Organisationen vereint:<br />

Rechtsextremer / neonazionalsozialistischer Black Metal (NSBM)<br />

Rechtsextremes / neonazionalsozialistisches Neuheidentum<br />

Rechtsextreme / neonazionalsozialistische Okkult- und Satanistenorden<br />

Rechtsextreme / neonazionalsozialistische politische Organisationen<br />

Alle rechtsextremen / neonazionalsozialistischen Mörder – von Manson über Vikernes<br />

bis zu Möbus – haben in diesem Zusammenhang ein weltweites<br />

Unterstützungsnetzwerk.<br />

Innerhalb der <strong>Szene</strong> wird vielerorts Widerstand demonstriert. Auf den Kutten vieler<br />

Metalfans sind Aufnäher mit durchgestrichenem Hakenkreuz bzw. dem NSBM<br />

Schriftzug zu sehen. René Molnar vom Jugendkulturzentrum Explosiv wurde in<br />

einem Interview gefragt, wie die Metalfans in der Einrichtung auf rechtsextreme<br />

Vereinnahmungsversuche oder Meldungen reagieren würden. Seiner Erfahrung nach<br />

reagieren die Leute nur vereinzelt aggressiv. Zumeist würde das Gespräch gesucht. 565<br />

„Aber der allgemeine Widerstand gegen rechts ist deutlich spürbar, wie gesagt ist das<br />

ein internationaler Trend, den man auch im Internet verfolgen kann. Die Abfuhr für<br />

rechte Bands ist heute weit verbreitet!“ 566<br />

Festivals sprechen sich öffentlich dezitiert gegen nationalsozialistisches Gedankengut<br />

im Metal aus. Musiker, Veranstalter, Label und Fans schließen sich in Vereinigungen<br />

wie Metalheads against racism zusammen.<br />

565<br />

Vgl. Roman Schweidlenka: Interview mit René Molnar, Geschäftsführer des Jugendkulturzentrums<br />

Explosiv, Graz, 15. 05. 2011.<br />

566<br />

Ebda.<br />

126


PartySan (Festival) Against NSBM Banner von Metalheads against racism<br />

Abb. 34 Abb. 35-36<br />

Auch Gruppierungen, die dem Genre nahe stehen setzen Aktionen und bilden<br />

Gemeinschaften gegen nationalsozialistische bzw. faschistische Unterwanderung.<br />

Abb. 37<br />

Es werden aber auch immer wieder Stimmen laut, die solche Initiativen, v.a. wenn sie<br />

de facto nur am „Papier“ (bzw. als Banner/Logo im Internet) bestehen, anzweifeln.<br />

Mangelnde inhaltliche Auseinandersetzung wird befürchtet und sogar die<br />

Distanzierung von NSBM aus taktischen Gründen. 567<br />

567 Vgl. http://www.netz-gegen-nazis.de/artikel/unklare-distanzierungen-black-metal<br />

127


Es gilt – was eigentlich immer gelten sollte – auch in diesem Fall: Nicht allem<br />

nachlaufen, was oberflächlich „gut“ wirkt, sondern kritisch mit den Hintergründen<br />

auseinandersetzen! „Das Gegenteil von Gut ist nicht Böse, sondern gut gemeint!“<br />

lautet ein vielzitierter Spruch von Kurt Tucholsky, der hier durchaus passend erscheint.<br />

Auch auf Wikipedia findet man eine Liste einiger – von Schreibern von Wikipedia(!) –<br />

als rechtsextrem eingestuften Metal Bands 568 .<br />

Rechte Unterwanderung<br />

128<br />

Abb. 38<br />

Katharina Ganster<br />

Zwischen Musikgeschmack, Politik und Religion ist deutlich zu unterscheiden. Jemand,<br />

der eine Band mag, die als rechts gilt, ist nicht automatisch selbst rechts, ebensowenig<br />

wie jemand, der sich als Satanist oder Asatru (Anhänger der nordischen Mythologie)<br />

bezeichnet. Zwar ist es schon ein persönliches Statement, wenn man das T-Shirt einer<br />

rechten Band bei einem Konzert trägt (z.B. Burzum, Graveland), ich finde jedoch die<br />

vorherrschende Praxis, solche Leute kategorisch aus Konzerten auszuschließen, nicht<br />

in Ordnung. Ich kenne selbst viele Metalfans, die solche T-Shirts aus Protest,<br />

Provokation oder aufgrund ihrer Vorliebe für die Musik (ohne politische<br />

Hintergedanken) tragen, oder einfach weil ihnen die Motive auf den Shirts gefallen.<br />

568 http://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Rechtsextreme_Metal-Band, 2011.


Wenn bekannt wird, dass Menschen mit solchen Shirts nicht in ein Konzert gelassen<br />

werden, können wirklich Rechtsradikale einfach ein anderes anziehen und ihre<br />

Ideologie trotzdem verbreiten.<br />

Ich persönlich bin ohnehin gegen jegliche Form der Ausgrenzung und der Verbote von<br />

Ideologien, weil sich meiner Meinung nach dadurch die Selbstverantwortung der<br />

Menschen zurückbildet und dem Schubladendenken Tür und Tor geöffnet wird.<br />

Passend scheint mir hier ein Zitat von Rüdiger Sünner aus dem Buch „Schwarze<br />

Sonne“:<br />

Gegen [den] Einfluß [radikaler Ideologen], wie auch gegenüber anderen<br />

„Gurus“ der neuheidnischen und rechten Esoterik könnte u.a. mehr<br />

Aufklärung über die nach wie vor stiefmütterlich behandelte mystisch-<br />

suggestive Seite des Nationalsozialismus helfen. Man muß etwas wissen<br />

über Germanen, Hakenkreuzsymbolik, Runen, Kultstätten und Mythen,<br />

wenn man diese neuen „Propheten“ mit mehr als nur moralischer<br />

Empörung gegenübertreten will. Der Schulunterricht klammert diese<br />

Themen aus, und man hat den Eindruck, daß sich Pädagogen oder<br />

Erzieher auch nicht näher damit befassen wollen. In ihrem Hang, all dies<br />

eher zu verdrängen oder mit „politisch korrekter“ Ächtung zu überziehen,<br />

befördern sie sogar noch die Abwanderung der entsprechenden Themen<br />

in unkontrollierbare Dunkelzonen, wo sie von charismatischen Ideologen<br />

und Künstlern mit neuer Faszinationskraft aufgeladen werden. Denn vor<br />

allem viele Jugendliche sind in ihrer Suche nach glühenden Bildern und<br />

Idealen besonders empfänglich für alles Ausgegrenzte und suchen sich<br />

mit untrüglichem Instinkt gerade das heraus, was die Gesellschaft<br />

verurteilt. 569<br />

Persönliche Erfahrungen mit rechtsradikaler „Unterwanderung“<br />

Ein Trend zu „rechts“ ist deutlich zu beobachten, aber nicht nur in der Musikkultur,<br />

sondern in der Jugendkultur allgemein. Einige Bands haben den Ruf, rechtsextrem zu<br />

569 Sünner, 1999, S. 200f.<br />

129


sein oder sind es tatsächlich, das hat jedoch wenig Auswirkungen auf deren Fans.<br />

Meiner Wahrnehmung nach ist ein Metal-Fan entweder unpolitisch und wendet sich<br />

von einer rechten Band ab, wenn er davon erfährt, oder er bezeichnet sich als rechts<br />

und hört deswegen nur spezielle Bands, die als rechts gelten. Dass die Musik bzw. die<br />

Texte einer Band jemandes politische Einstellung nach rechts verändert hätte kann ich<br />

mir persönlich nicht vorstellen, zumal sich meines Wissens viele Fans die Texte nicht<br />

anhören, nicht verstehen oder nicht ernst nehmen. Einige Jugendliche mit<br />

rechtsradikalem Gedankengut haben dies aus Provokationsgründen, andere aus<br />

persönlichen Erfahrungen oder dem Umfeld heraus, andere finden es phasenweise<br />

einfach nur „cool“. Wirklich rechtsradikale Metalfans gibt es vermutlich wenige, und<br />

sie werden vom Großteil der „<strong>Szene</strong>“ nicht ernstgenommen bzw. gemieden, und es<br />

scheint auch keine „Missionierung“ oder „Rekrutierung“ stattzufinden.<br />

130


131


132


133


DIE SCHWARZE ROMANTIK: GOTHIC<br />

134<br />

Simone Phillip / Roman Schweidlenka<br />

Die Goths gelten durchaus als liberale und offene Jugendsubkultur, da die Bewegung<br />

eine erstaunliche Vielfalt aufweist. Von den Medien (rechten wie linken) wurde diese<br />

<strong>Szene</strong> bis heute kaum richtig dargestellt und erfasst.<br />

Eine erste Schwierigkeit stellt bereits die Wahl der richtigen Bezeichnung für die<br />

Bewegung dar. Mitbedingt durch viele Berichte in der Massenpresse, die alles andere<br />

als up to date sind und weiterhin mit den alten Begriffen hantieren, ist die<br />

Bezeichnung Grufties heute zu einem Schimpfwort geworden. Ursprünglich spielte sie<br />

auf die Vorliebe der Bewegung an, sich des Öfteren auf Friedhöfen aufzuhalten und<br />

bezeichnete somit „die Leute aus der Gruft“.<br />

Die Anhänger der Bewegung nennen sich selbst allerdings selten so, häufiger<br />

bezeichnen sie sich als Goths oder New Romantics. Der Begriff Gothic leitet sich von<br />

den sogenannten Gothic-Novels des 18. und 19. Jhds. ab, einer Art intellektueller<br />

Horrorromane, etwa von E.A. Poe, H.P. Lovecraft oder M. Shelly verfasst. Die in diesen<br />

Romanen dargestellte Atmosphäre, etwa auch die Beschäftigung mit den darin<br />

vorkommenden dämonischen Wesen (z.B. Vampire), spielt für die Bewegung eine<br />

große Rolle. Manche Journalisten wollen die Goths darüber hinaus mit dem gotischen<br />

Zeitalter in Zusammenhang bringen und mit der Vorliebe dieser Jugendbewegung für<br />

die gotische Schrift und den entsprechenden Stil. In Deutschland hat sich auch die<br />

Schreibweise "Gotik" (ohne "h"!) eingebürgert. Die Bezeichnung New Romantics geht<br />

auf das Zeitalter der Romantik zurück, das mit seinen Idealen sehr wichtig für die<br />

Bewegung ist. Exakte Differenzierungen der einzelnen Stile innerhalb der <strong>Szene</strong> gibt es<br />

nicht, die Grenzen und Zuordnungen sind fließend und verschwimmen oft. Daher<br />

spricht man heute eher von der „<strong>schwarze</strong>n <strong>Szene</strong>“. Im folgenden Text wird von den<br />

Autoren allerdings die Bezeichnung Goths als Beschreibung der Bewegung gewählt.


3.1 Geschichte der Gothic-Bewegung<br />

Ende der siebziger und zu Beginn der achtziger Jahre bildete sich die Musik des New<br />

Wave als ein Ableger der Punk Bewegung heraus, an die sich die spätere Bezeichnung<br />

Dark Wave anlehnt. Heute wird die Musikrichtung des New Wave eher als<br />

Independent bezeichnet.<br />

Zunehmend wurden unter diese neue Art der Punk Musik eher Bands mit<br />

melancholischen und düsteren Texten subsummiert, bis in der Mitte der achtziger<br />

Jahre in England erstmals der Begriff „gothic“ benutzt wurde. Durch den Kontakt mit<br />

dem Hard Rock der damaligen Zeit wurde der Gothic Rock ins Leben gerufen. In den<br />

neunziger Jahren entstand dann die Bezeichnung Dark Wave als Oberbegriff für die<br />

neue Musikrichtung, unter der wiederum viele Untergruppen zu verstehen waren.<br />

Die neue Richtung des Gothic war in England entstanden und kam zu Beginn der<br />

achtziger Jahre auch nach Kontinentaleuropa. Schon damals gab es die<br />

verschiedensten Bezeichnungen für die Fans dieser Musik, sie selbst nannten sich in<br />

dieser Zeit noch Waver. Für viele war die Bewegung damals noch eher eine düstere<br />

Form des Punk als eine eigenständige <strong>Szene</strong>.<br />

Siouxsie and the Banshees 570 können als erste New Wave Band bezeichnet<br />

werden, kurz darauf folgten The Cure 571 . The Cure brachten das später von vielen<br />

Goths imitierte Kleidungsideal, schwarz oder weiß, dazu das weißgeschminkte Gesicht<br />

und die auftoupierten Haare auf.<br />

Bald folgten Joy Division 572 und Bauhaus 573 . Bereits 1970 wurde die elektronische<br />

Form der neuen Bewegung durch die Band Kraftwerk 574 vorbereitet, die vor allem<br />

570 Gegründet 1976, London, England, www.siouxsieandthebanshees.co.uk, 2011.<br />

571 Gegründet 1976 (urspr. als „Easy Cure“), Crawley, England, www.thecure.com, 2011.<br />

572 Gegründet 1977, (urspr. als „Warsaw“), Manchester, England, keine Website bekannt.<br />

573 Gegründet 1978, England, www.bauhausmusik.com, 2011.<br />

574 Gegründet 1970, Düsseldorf, Deutschland, www.kraftwerk.com, 2011.<br />

135


durch Depeche Mode 575 zur Perfektion gebracht wurde und die mit ihrem Elektropop<br />

eine steile Karriere darboten.<br />

Parallel dazu entstand die Avantgarde Musik, die ihre Wurzeln im Dadaismus der<br />

20er Jahre sah. Die bekannteste Strömung hieraus ist der Industrial, in dem eine<br />

Mischung aus Industrielärm, Alltagsgeräuschen und ähnlichem mit Hilfe der Elektronik<br />

entfremdet und in Musikform gebracht wurde. Hierbei faszinierte vor allem der<br />

Umgang mit dem morbiden und destruktiven. Die Gruppe Throbbing Gristle 576<br />

prägte mit dem von ihnen gegründeten Label Industrial Records (IR) 577 auch den<br />

Namen des neuen Stils. Es sollte sich hierbei um die Musik der Industriegesellschaft<br />

handeln.<br />

Der Gothic Rock der achtziger Jahre wurde vor allem durch die Band Sisters of<br />

Mercy 578 begründet. In den USA waren zur selben Zeit Christian Death 579 besonders<br />

prägend. Ende der achtziger Jahre wurden ihre Alben derart politisch provokativ<br />

(Verwendung von Nazisymbolen), dass einige in Deutschland nicht mit dem<br />

Originalcover erscheinen durften.<br />

Eine weitere Untergattung des Wave, die vor allem Europa weiterhin prägte, war die<br />

Richtung der Heavenly Voices, eine maßgeblich durch die Band Dead Can<br />

Dance 580 begründete Untergattung.<br />

Ebenfalls zur selben Zeit entstand eine andere Untergruppe der Bewegung: der<br />

Neofolk, begründet durch die Gruppen Current 93 581 und Death In June 582 . Beide<br />

Gruppen sind aufgrund ihrer rechtsextremen Gesinnung mehrfach in den Blickpunkt<br />

der Aufmerksamkeit gerückt. Hier vermischt sich folkloristische Musik mit dem Sound<br />

575 Gegründet 1980, Basildon, England, www.depechmode.com, 2011.<br />

576 Gegründet 1976, England, www.throbbing-gristle.com, 2011.<br />

577 Gegründet 1975, London, England, siehe ebenfalls www.throbbing-gristle.com, 2011.<br />

578 Gegründet 1980, Leeds, England, www.the-sisters-of-mercy.com, 2011.<br />

579 Gegründet 1979, Los Angeles, Kalifornien, USA, www.christiandeath.com, 2011.<br />

580 Gegründet 1981, Melbourne, Australien, www.deadcandance.com, 2011.<br />

581 Gegründet 1982, England, www.brainwashed.com/c93, 2011.<br />

582 Gegründet 1981, Großbritannien, www.deathinjune.net, 2011.<br />

136


des Industrial. Große Bedeutung kommt dabei dem Gesang zu, auch eine gewisse<br />

Reinheit der Musik und des Gesangs wird wieder propagiert. Um Ian Read bildete sich<br />

die Band Sol Invictus 583 und um Patrik Leagas 584 das Musikprojekt Sixth Comm 585<br />

(manchmal auch „Six Comm“ oder „6 Comm“). Diese Formationen gelten als Kern<br />

des Neofolk, in Deutschland kommen unter dem Begriff Neuer deutscher Folk<br />

(NDF) noch weitere Gruppen wie Forseti 586 oder Orplid 587 dazu.<br />

Weiterhin spielen in diesem Umfeld die Gruppen Nature and Organisation, Fire & Ice,<br />

Ostara, Cernunnos, Woods, The Soil Bleeds Black, Sieben, Hagalaz´ Runedance und<br />

Von Thronstahl eine Rolle. Der Neofolk ist die am massivsten rechtsextrem bzw.<br />

neonazistisch geprägte Untergruppe des Gothic bzw. der <strong>schwarze</strong>n <strong>Szene</strong>.<br />

1982 gründeten sich Front 242 588 mit rein elektronisch geprägten Klängen und<br />

schufen den Begriff des EBM (Elektronic Body Music), eine fast ausschließlich von<br />

Männern dominierten Richtung.<br />

Die neunziger Jahre der neuen Musikrichtung waren geprägt vom Crossover. Etliche<br />

Anleihen wurden aus anderen Gattungen entnommen. Ein wichtiger Vertreter war hier<br />

The Prodigy 589 . Erstmals bewegten sich auch Heavy Metal und Wave aufeinander<br />

zu und die alte Feindschaft bröckelte ein wenig ab. Von Bedeutung war hier Project<br />

Pitchfork Media 590 , die allerdings stark zu Kommerzialisierung der <strong>Szene</strong><br />

beitrugen. In dieser Zeit tauchten unzählige „FreizeitGoths“ auf, gegen die sich der<br />

Kern der <strong>Szene</strong> hartnäckig, aber wenig erfolgreich zur Wehr setzte.<br />

583 Gegründet 1987, England, www.blackeaster.de, 2011.<br />

584 Ehem. Schlagzeuger von „Death In June“.<br />

585 Gegründet 1985, Großbritannien, www.hagshadow.net/6comm, 2011.<br />

586 Erste Veröffentlichung 1999, www.myspace.com/windzeit, 2011.<br />

587 Gegründet 1996, Halle an der Saale, Deutschland, www.orplid.de, 2011.<br />

588 Gegründet 1981, Brüssel, Belgien, www.front424.com, 2011.<br />

589 Gegründet 1990, England, www.theprodigy.com, 2011.<br />

590 Täglich aktualisierte Website mit News aus der Musikwelt, gegründet 1996 (urspr. als „Turntable“),<br />

Minneapolis, Minnesota, USA, www.pitchfork.com, 2011.<br />

137


Durch den Kontakt der Metal- mit der Gothic-<strong>Szene</strong> wurde erstere mit einer neuen<br />

Innerlichkeit erfasst. Melancholie und Besinnlichkeit waren plötzlich die Themen. Die<br />

Lautstärke und das Tempo wurden gedrosselt und der Gothic Metal 591 entstand. Eine<br />

Art Weltuntergangsstimmung war Anfang der neunziger Jahre verbreitet, bedingt<br />

durch eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, Lehrstellenmangel und steigende<br />

Leistungsanforderungen, das weitere Auseinanderdriften zwischen Armen und<br />

Reichen, ungelöste Umweltprobleme und Kriegsgreuel (Golfkrieg, Bosnienkrieg). Die<br />

goldenen Zeiten waren spätestens jetzt vorbei. Die Jugend war die Erbin einer<br />

kaputten Welt. Wer keinen guten Job oder reiche Eltern hatte, besaß keinen Zugang<br />

zur „Fun- und Eventkultur“. Die <strong>schwarze</strong>, depressive Romantik spiegelte die<br />

gesellschaftliche Situation wieder.<br />

Die Gruppen des Gothic Metal: Paradise Lost 592 , My Dying Bride 593 , Solitude<br />

Aeternus 594 , Tiamat 595 , Depressive Age 596 .<br />

Auch Wolfsheim 597 profitierte von der neuen medialen Aufmerksamkeit der <strong>Szene</strong>.<br />

Mit einigen ihrer Texte, unter anderem Die Flut (1998), gerieten sie aber immer<br />

wieder in die Kritik, da sie die faschistische Ästhetik bevorzugten.<br />

Die Industrial Musik spielt allein schon in ihren Texten mit diversen Tabubrüchen der<br />

Gesellschaft und greift Themen auf, die sonst eher verschwiegen werden, so etwa<br />

Faschismus, Gewalt, Pädophilie etc. Bei einigen Bands wurde diese Grenze dann<br />

jedoch überschritten und zeigte deren wirkliche Gesinnung. So geschehen etwa bei<br />

der Gruppe Genocide Organ 598 , als bei einem Konzert im Jahre 2000 der von ihnen<br />

591<br />

Siehe dazu auch Kapitel 2.2, Abschnitt „Gothic Metal“.<br />

592<br />

Gegründet 1988, Halifax, England, www.paradiselost.co.uk, 2011.<br />

593<br />

Gegründet 1990, Halifax, England, www.mydyingbride.org, 2011.<br />

594<br />

Gegründet 1987 (urspr. als „Solitude“), Texas, USA, auch Doom Metal, www.eternalsolitude.com,<br />

2011.<br />

595<br />

Gegründet 1988, Schweden, anfangs Black / Death Metal, gelten später als Begründer des Gothic<br />

Metal, www.churchoftiamat.com, 2011.<br />

596<br />

Gegründet 1990, Berlin, Deutschland, anfangs Thrash Metal mit Doom und Progressive Einflüssen,<br />

www.myspace.com/depressiveagetribute, 2011.<br />

597<br />

Gegründet 1987, Hamburg, Deutschland, www.wolfsheim.de, 2011.<br />

598<br />

Gegründet 1985, Mannheim, Deutschland, www.myspace.com/genocideorgan, 2011.<br />

138


häufiger benutze Ruf „White Power“ von Teilen des Publikums mit dem Hitlergruß<br />

beantwortet wurde und sie dies unkommentiert stehen ließen.<br />

In den neunziger Jahren blüht aber auch der klassische Dark Wave, mit Gruppen<br />

wie Lacrimosa 599 , Illuminate 600 , Deine Lakaien 601 , Qntal 602 , In Extremo 603 , Das<br />

Ich 604 oder Goethes Erben 605 . Letztere wurden nach ihrem Aufruf gegen Rechts auf<br />

dem Dark-X-Mas-Festival 1992 von rechten Gruppierungen bedroht und antworteten<br />

darauf mit einem Album gegen rechts namens Die Brut.<br />

Für Aufsehen sorgte in diesem Umfeld ein Projekt in Bayreuth, das sich Neue<br />

deutsche Todeskunst 606 , analog zu der Neuen deutschen Welle in den achtziger<br />

Jahren, nannte. Das Projekt war mit der Plattenfirma Danse Macabre 607 verbunden<br />

und entstand 1989 im Umfeld der Band Das Ich. Unter dem Begriff versammelten sich<br />

deutschsprachige Projekte aus dem Dark-Wave-Umfeld, die melancholische und<br />

nihilistische Texte in poetische Form brachten. Sie wurden auch Neue deutsche<br />

Todeskünstler genannt. Zunächst lebten viele ausgeflippte Künstler in einer<br />

Kommune und teilten ihren Profit. Als die erfolgreichen Gruppen später nicht mehr<br />

teilen wollten, löste sich das Projekt 1993 auf. Die zugehörigen Gruppen: Relatives<br />

Menschsein 608 , Das Ich, Die Form 609 , Deine Lakaien, Printed at Bismarck's<br />

Death 610 , Happy Cadavres 611 , Endraum 612 , Placebo Effect 613 , Still Silent 614 ,<br />

Operating Strategies 615 .<br />

599<br />

Gegründet 1990, Schweiz, www.lacrimosa.ch, 2011.<br />

600<br />

Gegründet 1993, Karlsruhe, Deutschland, www.illuminate.de, 2011.<br />

601<br />

Gegründet 1985, Deutschland, www.deine-lakaien.com, 2011.<br />

602<br />

Gegründet 1991, Deutschland, www.qntal.de, 2011.<br />

603<br />

Gegründet 1995, Siegen, Deutschland, ww.inextremo.de, 2011.<br />

604<br />

Gegründet 1989, Deutschland, www.dasich.de, 2011.<br />

605<br />

Gegründet 1989, Deutschland, www.goetheserben.de, 2011.<br />

606<br />

Siehe dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Neue_Deutsche_Todeskunst, 2011.<br />

607<br />

Gegründet 1990, Wirsberg, Deutschland, www.dansemacabre.de, 2011.<br />

608<br />

Gegründet 1990, Kaufbeuren, Deutschland, www.relatives-menschsein.de, 2011.<br />

609<br />

Gegründet 1977 (ursp. Als BSAM-Live Act), Frankreich, www.dieform.net, 2011.<br />

610<br />

Gegründet 1983, Stuttgart, Deutschland, www.printedatbismarcksdeath.de, 2011.<br />

611<br />

Gegründet 1989, Magdeburg, Deutschland, keine Website auffindbar.<br />

612<br />

Gegründet 1989, Frankfurt am Main, Deutschland, www.endraum.net, 2011.<br />

613<br />

Gegründet in dern späten 1980ern, keine Website auffindbar.<br />

614<br />

Keine Daten auffindbar.<br />

615<br />

Gegründet 1985, Deutschland, keine Website auffindbar.<br />

139


Zu Beginn der neunziger Jahre fand im Zuge des Crossover auch der Sado-Maso-<br />

Bereich Eingang in die Gothic-<strong>Szene</strong>. Die Vorliebe für Lack und Leder mit den damit<br />

verbundenen Praktiken war schon durch den Stil des EBM mit seiner entsprechenden<br />

Kleidung vorbereitet worden. Womöglich ist es die Welt des Morbiden und Bizarren,<br />

die in dieser <strong>Szene</strong> ausgelebt wird. Bedeutend sind hier vor allem die Gruppen Die<br />

Form und Umbra Et Imago 616 , die auch in ihren Bühnenshows eindeutig mit Sado-<br />

Maso-Praktiken spielen.<br />

Eine neue weitere Untergruppe der Bewegung existiert unter dem Begriff Neue<br />

deutsche Härte 617 , eine Bezeichnung, die seit 1997 für viele verschiedene Band<br />

verwendet wurde. In diesen unterschiedlichen Gruppen wurden tabuisierte Symbole<br />

benutzt, zu deutschen Texten gesungen und das „R“ hart gerollt (etwa bei Rammstein).<br />

Es handelt sich um eine vor allem männlich dominierte Subkultur.<br />

Obwohl die Bewegung des Gothic in England entstanden ist, fand sie ihre größte<br />

Ausprägung in Deutschland, das mit seiner Romantik und seinen romantisierenden<br />

Jugendbewegungen ein guter historischer Nährboden war und ist. Berlin gilt als die<br />

Welt-Hauptstadt der Gothic-Bewegung. So soll es in der BRD 20.000 – 60.000<br />

Goths geben. Bereits im sozialistischen Ostdeutschland war Gothic als<br />

jugendkulturelle Widerstandsform gegen die kommunistische Diktatur extrem wichtig.<br />

Schon 1985-88 war in Leipzig „die Hölle los“.<br />

Als Wegbereiter bzw. erste Welle der Gothic Musik gelten u.a. die Gruppen:<br />

45 Grave, Alien Sex Fiend, Bauhaus, Christian Death, Covteau Twins, Danielle Dax,<br />

Dead Can Dance, Death in June, Diamanda Galas, Einstürzende Neubauten, Flesh<br />

For Lulu, Gene Loves Jezebel, Joy Division, Kommunity FK, Lords Of The New Church,<br />

Lydia Lunch, March Violets, Nick Cave And The Bad Seeds, Sex Gang Children,<br />

Siouxsee And The Banshees, Sisters of Mercy, Southern Death Cult, Specimen, Super<br />

616 Gegründet 1991, Karlsruhe, Deutschland, www.umbraetimago.de, 2011.<br />

617 Siehe dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Neue_Deutsche_Härte, 2011.<br />

140


Heroines, The Birthday Party, The Cramps, The Cure, The Damned, Theatre of Hate,<br />

Tones On Tail, Virgin Prunes, Voodoo Church, X-Mal Deutschland, X-Voto.<br />

Einige weitere Gothicgruppen:<br />

Bakterielle Infektion, Bleeding Roses, Blood Axis, Corvus Corax, Das Ich, Deine<br />

Lakaien, Dreadful Shadows, Eternal Afflict, Faith and the Muse, Forthcoming Fire,<br />

Ghosting, Gill´s Love, Goethes Erben, Jubilee Cure Clan, L`Ame Immortelle,<br />

Lacrimosa, Love Like Blood, Mila Mar, Moonday, Neurotic Doll, Pitchfork Media,<br />

Qntal, Sorrow, Stendal Blast, Sweet Williams, Theatre of Tragedy, Tiamat, Umbra et<br />

Imago, Weissglut, Wolfsheim, Wumpscut, Zeus Machine.<br />

Einige <strong>Szene</strong>zeitschriften der Gothic-Bewegung:<br />

Orkus, Sonic Seducer, Gothic, Zillo, EMP, Entry, Astan, Sigill (rechte <strong>Szene</strong>).<br />

3.2 Die Welt des Gothic<br />

Nach diesem kurzen Überblick über die Geschichte und die verschiedenen<br />

Strömungen der Gothic-Bewegung, sollen nun die Anhänger der <strong>Szene</strong> näher<br />

beleuchtet werden. Im Blickpunkt werden dabei ihr Outfit, ihre Lebenssicht und weitere<br />

wichtige Stichpunkte der Bewegung stehen.<br />

3.2.1 Das Outfit der Goths<br />

Die Gothic-Bewegung lebt von den Menschen, die die <strong>Szene</strong> tragen. Es gibt keine<br />

herausragenden Helden und auch keine Mega-Stars im Musikbereich. Gothic ist die<br />

Jugendsubkultur, deren Kernszene kaum von der Kommerzialisierung zu<br />

vereinnahmen ist; zu extrem mögen ihre provokanten, oft selbstgefertigten Outfits<br />

sein.<br />

Die Rebellion dieser Jugendbewegung gegen die Gesellschaft war und ist vor allem<br />

eine ästhetische. Am ehesten fällt im Straßenbild die <strong>schwarze</strong> Kleidung der<br />

141


Bewegung auf, die daher zu Recht den Namen „<strong>schwarze</strong> <strong>Szene</strong>“ trägt, zu der wie<br />

beschrieben auch Heavy Metal und andere „artverwandte“ Musikszenen gezählt<br />

werden können 618 . Auch das blasse Make-Up ist ein auffälliges Merkmal. Die<br />

<strong>schwarze</strong> Kleidung, die noch aus der pessimistischen Weltsicht der siebziger Jahre,<br />

letztendlich aus dem Punk, stammt, symbolisiert das Dunkle, die Nacht, den<br />

Underground und das Unbekannte; „In Darkness we trust“ könnte wohl ein<br />

verbreitetes Motto der <strong>Szene</strong> sein 619 . Schwarz ist aber auch die Farbe „edler<br />

Bescheidenheit“, der Trauer und der Resignation. Über das Outfit wird die<br />

Verbundenheit zu der <strong>Szene</strong> gestärkt, die oft über die eigentlichen Goths hinausreicht.<br />

Schwarz wurde zu einem Lebensgefühl, zu einer Lebenseinstellung, zum Lebensstil,<br />

der 24 Stunden am Tag andauert. Das Outfit, auch das oft stundenlange Stylen der<br />

Goths vor einem Event am Wochenende, gehören dazu.<br />

Grundsätzlich können zwei unterschiedliche Arten, sich zu kleiden in der <strong>Szene</strong><br />

unterschieden werden: zum einen der Romantik-Stil, bei dem lange, wallende<br />

<strong>schwarze</strong> Gewänder aus Samt oder Seide getragen werden, dazu kommen<br />

Spitzenhemden mit Rüschen, besonders bei Burschen. Die Haare der Mädchen sind<br />

lang und schwarz oder sehr blond, bei Männern dominiert – zumindest in den<br />

Anfängen – die sogenannte Nestfrisur, bei der die Haare von den Seiten weg<br />

gleichmäßig hochtoupiert werden. Die New Romantics, eine Untergattung der Goths,<br />

tragen auch farbige Samtstoffe und legen ein ausgeprägtes Make up an den Tag. Die<br />

Vorbilder hierzu liegen im Glam Rock der siebziger Jahre.<br />

Daneben gibt es gleichberechtigt den Lack- und Leder-Stil, bei dem hautenges<br />

Gewand aus Lack oder Leder, oft mit Nieten besetzt, getragen wird. Die Mädchen sind<br />

hier des Öfteren nur knapp bekleidet und auch die Männer tragen gerne<br />

durchscheinende sexy anmutende Klamotten. Hier ist der Übergang zum Fetisch- und<br />

Sado-Maso-Bereich fließend.<br />

618 Siehe dazu Einführungskapitel „Die <strong>schwarze</strong> <strong>Szene</strong>“.<br />

619 vgl. Großegger / Heinzlmaier,2002, S. 150.<br />

142


Dazwischen gibt es alle möglichen Mischformen der Kleidungsstile, die nicht klar<br />

voneinander abgegrenzt werden können. So herrscht eine große Toleranz innerhalb<br />

der <strong>Szene</strong>. Von Außenstehenden werden sie aber aufgrund ihrer <strong>schwarze</strong>n Kleidung<br />

des Öfteren mit anderen Strömungen der Schwarzen <strong>Szene</strong> verwechselt bzw. mit<br />

satanistischen oder faschistischen Umtrieben in Verbindung gebracht.<br />

Die Bewegung der Goths hat wie die meisten Jugendkulturen eine<br />

<strong>Szene</strong>ninsidersprache und dazu eine eigene Infrastruktur entwickelt. Grosse<br />

„schwarz-romantische“ Festivals mit eigenen „heidnischen Dörfern“ - wie das<br />

inzwischen legendäre Wave-Gotik-Treffen 620 , das jährlich in Leipzig stattfindet - und<br />

einschlägige Discos und Clubs schweißen die <strong>Szene</strong> zusammen. 1992 gab es das<br />

erste Wave-Gothic-Treffen in Leipzig, zu Pfingsten 2003 waren es 20.000 Besucher,<br />

die 100 Bands lauschten.<br />

Obwohl die <strong>Szene</strong> heute immer mehr in den „Overground“ gerät, fällt ihre<br />

Vereinnahmung schwer, da die Kernszene der Goths ihre Mitläufer meist ablehnt<br />

und häufig als oberflächliche Ignoranten (Plastic-Goths) bezeichnet so z.B. den<br />

verkommerzialisierten, auf Outfitoberflächlichkeiten reduzierten japanischen Visual<br />

Rock. Und schon entsteht ein neuer Underground in der <strong>Szene</strong>, der sich gegen die<br />

kommerzielle Ausschlachtung richtet.<br />

Goths der ersten Stunde schotten sich heute – vergleichbar den Traditionalisten unter<br />

den Metalheads – oft von den Veränderungen in der <strong>Szene</strong> ab und fürchten, dass der<br />

„Geist“ durch die neue, nachrückende Gothic-Generation verloren geht. Sie wehren<br />

sich gegen die „fremden“ Einflüsse auf „Real Gothic“. Doch die Weiterentwicklung ist<br />

nicht aufzuhalten. Crossover-Entwicklungen, vor allem in den Bereichen der Sado-<br />

Maso- und Fetischszene, können wie oben gezeigt wurde, seit einiger Zeit stattfinden.<br />

Gothic kann als urpsrünglich die wohl intellektuellste und tiefgründigste<br />

Jugendsubkultur gelten, was damit zusammenhängen mag, dass viele Goths aus<br />

dem Bildungsbürgertum kommen. Im Gegensatz zur ursprünglichen Heavy Metal<br />

<strong>Szene</strong> der 80er, die oft auf reißerische und minderwertige Literatur zurückgriff, sind<br />

620 www.wave-gotik-treffen.de<br />

143


ei den Goths literarische und philosophische Größen wie Goethe, Hesse,<br />

Nietzsche, Sartre, Camus, Novalis, Baudelaire, Dostojewskij, Gogol, Poe, Lovecraft,<br />

Shelley, Stoker etc. vielfach „in“. Auch die Gespräche, die in der <strong>Szene</strong> geführt<br />

werden, sind weit vom sonstigen mainstream und der Oberflächlichkeit anderer<br />

Jugendbewegungen entfernt. Man diskutiert eher über den Sinn des Lebens oder über<br />

gelesene Literatur, statt sich in Oberflächlichkeiten wie das neue Auto oder Handy zu<br />

ergießen. Auffallend an der <strong>Szene</strong> war ihre Friedfertigkeit und der Respekt vor dem<br />

Anderen, verbunden mit einem hohen Maß an Toleranz. So war die Gothic-<strong>Szene</strong><br />

auch weitgehend unpolitisch, da die Selbstverwirklichung im Vordergrund steht.<br />

3.2.2 Weltbild der Gothic-<strong>Szene</strong><br />

Aufgrund ihres exzentrischen Äußeren,<br />

der <strong>schwarze</strong>n Kleidung und des<br />

langsamen, bedächtigen Ganges, wird<br />

die Bewegung von manchen Medien und<br />

Teilen der Bevölkerung immer wieder im<br />

Umfeld des Satanismus gesehen. Die<br />

Goths werden als „Knochenlutscher“,<br />

„Sektierer“ oder „depressive<br />

Geisteskranke“ beschimpft und eignen<br />

sich hervorragend als Feindbilder für den<br />

spießigen, intoleranten Kleinbürger.<br />

Was sind aber nun tatsächlich das<br />

Weltbild und die Themen, mit denen sich<br />

die Goths vorangig beschäftigen?<br />

Wesentlich für die <strong>Szene</strong> im gesamten ist eine umfassende und vor allem<br />

philosophische Beschäftigung mit dem Tod, der in unserer Kultur in der Regel<br />

tabuisiert wird. Glaubt man <strong>Szene</strong>ninsidern, dann haben viele Goths, durch ihre<br />

Beschäftigung damit, den Tod allerdings besser verarbeitet als Otto<br />

144<br />

Persiflage auf den Kleidungsstil der Goths<br />

Abb. 39


Normalverbraucher. Sie hegen die Überzeugung, dass wenn der Tod wie in<br />

vorkirchlichen Zeiten erst einmal entdämonisiert wurde, auch ein lockerer Umgang in<br />

der Gesellschaft damit erreicht werden kann. Kenner der <strong>Szene</strong>n sind überzeugt, dass<br />

die Goths keine Subkultur sind, die zum Selbstmord anstiftet, sondern die um<br />

Todesakzeptanz bemüht ist.<br />

Dennoch: Sehnsucht und <strong>schwarze</strong> Romantik sind Schlüsselbegriffe. Düstere<br />

Theatralik herrscht vor, der Weltuntergang ist ein wichtiges Thema,<br />

Endzeitstimmung ist immer wieder angesagt. So wie im Mittelalter die Pest wütete, so<br />

wütet heute AIDS, ist eine der Stellungnahmen aus der <strong>Szene</strong>. Depressive<br />

Verstimmungen, Melancholie, Todessehnsucht bei aller Todesakzeptanz, manchmal<br />

auch Nekrophilie sind für die Gothszene (mit)prägend. Und ein Trend zu noch mehr<br />

Morbidität, Melancholie und Nekrophilie wird von einigen Insidern prognostiziert; eine<br />

Reaktion, die die immer frustierenderen Lebensverhältnisse im amtierenden<br />

Neoliberalismus spiegelt.<br />

Die <strong>schwarze</strong> Musik ist „dunkle Poesie, die von Sehnsucht, Liebe und dem Tod<br />

erzählt“ 621 . Die Depressionen des menschlichen Lebens, die von der <strong>Szene</strong> als normal<br />

erachtet werden, sollen nicht versteckt oder ausgegrenzt, sondern ganz natürlich<br />

miteinbezogen und gelebt werden, da sie nur hierdurch überwunden werden können.<br />

Durch diesen etwas ungewöhnlichen Umgang mit bestimmten Problemen der<br />

Jugendzeit ist die Gothic-Bewegung wohl zurecht als eine <strong>Szene</strong> bezeichnet worden, in<br />

der sich vor allem Außenseiter versammeln. Und sie fühlen sich auch wohl dort. So<br />

kommt es, dass die <strong>Szene</strong> schwer zugänglich ist, Neueinsteiger eher gemieden werden<br />

und auch untereinander der Kontakt oft nicht so eng ist. Eher ist man gemeinsam<br />

einsam.<br />

Die Bewegung des Gothic führte auch zu einer Renaissance eines verklärt<br />

dargestellten Bildes des Mittelalters innerhalb der <strong>Szene</strong>. Minne und Innerlichkeit<br />

gewannen an Wert. Oft ist dieses Mittelalterbild unter dem Einfluß des Neofolk heiter<br />

621 Matzke/Seeliger, 2002, S. 77 (Zitat Thomas Rainer von „L’Âme Immortelle“, einer österr. Band).<br />

145


und lebensfroh, es ist die Welt der einfachen Leute und der Spelunken. Meister<br />

Selbfried von der Musikgruppe Corvus Corax 622 meint zur Musik des Mittelalters:<br />

„Diese Lieder vermitteln die Realität zwischen ausgelassen-diesseitigem Tanz und<br />

Übersinnlichkeit. Es ist die Nähe von Leben und Tod, von Anfang und Ende, die der<br />

mittelalterliche Mensch jeden Tag aufs Neue erfuhr. Jeder neue Tag konnte auch der<br />

letzte sein, Leben war ein Geschenk, das man sich täglich hart erarbeiten musste,<br />

dessen man sich aber auch mit ganzer Kraft freuen durfte.“ 623<br />

Dazu kommt aber immer wieder – gleichsam als Gegenpol – eine dunkle<br />

Mittelaltermystik der Goths, die zwischen Spinnweben, Leichen, Geistern, dunklen<br />

Schlössern und flackerndem Kerzenschein mit langen, tanzenden Schatten angesiedelt<br />

ist. Hier wird das Mittelalter zu einer Zeit, in der Mythen noch lebendig waren und der<br />

Tod ein präsenter und integrierter Bestandteil der Gesellschaft war, beschworen.<br />

Gothic bedeutet auch eine beachtliche neuheidnische Renaissance, die ebenfalls<br />

mit dem Neofolk verbunden ist. Keltische, germanische, nordische und antike Mythen<br />

und Riten, dazu Magie und Runenglauben greifen immer mehr in der <strong>Szene</strong> um sich.<br />

Wie im Satanismus stehen umgedrehte Kreuze, Totenköpfe sowie Pentagramme und<br />

andere religiöse Symbole hoch im Kurs. Es kommt zu einer Vermischung von<br />

christlichen, heidnischen und satanistischen Zeichen. Die Goths sind in der Regel<br />

keine Satanisten, auch wenn es zu Überlappungen an den Rändern kommen kann<br />

und von etlichen Goths gewisse satanische Regeln praktiziert und Lehren studiert<br />

werden. So können auch die Werke von Aleister Crowley oder Anton Szandor<br />

LaVey zur Lektüre der Goths zählen. Grabschändungen etc. bleiben aber den<br />

Satanisten vorbehalten. Bei den Goths ist die Vermischung der verschiedenen Symbole<br />

eher aus dem Wunsch und der Suche nach einer neuen Religiosität zu verstehen. Das<br />

Neuheidentum, das sich auf (vermeintliche) Wurzeln der eigenen vorchristlichen Kultur<br />

beruft, kommt dem Wunsch der Goths am nächsten. In diesem Umfeld ist es auch zu<br />

622 Gegründet 1989, DDR, www.corvuscorax.de, 2011.<br />

623 Matzke/Seeliger, 2002 S.70f.<br />

146


verstehen, weshalb das Interesse der Bewegung an sogenannten Zwischenwesen, wie<br />

Vampiren etc. besonders groß ist.<br />

„Wäre Dracula in unsere Zeit hineingeboren worden – als moderner Teenager<br />

von Heute – wäre er ganz sicher ein Teil der Gothic-<strong>Szene</strong>. Und würde er sich<br />

auch noch für Metal interessieren, stünde er wahrscheinlich als Sänger vor einer<br />

Gothic-Metal-Band. Er würde versuchen, mit Bands wie ‚Dimmu Borgir’, ‚Cradle<br />

of Filth’, ‚Lacrimosa’ und wie sie alle heißen, gleich zu ziehen.“ 624<br />

Es lassen sich durch diese Sehnsucht nach den eigenen Wurzeln aber immer<br />

wieder auch rechte Tendenzen in der <strong>Szene</strong> finden. Das Projekt<br />

Hagalaz`Runedance 625 war mit der isländischen odingläubigen Organisation<br />

Ásatrú 626 und einigen einschlägigen magischen Gemeinschaften verbunden. So<br />

werden auch verschiedene Größen des Faschismus wieder als Lektüre herangezogen<br />

wie Julius Evola oder Armin Mohler. Interessante Aspelke spricht auch der<br />

Wikipediaartikel zu Andrea „Nebel“ Haugen 627 , der Urheberin des aktuellen<br />

Projektes „Nebelhexe“ und „Hagalaz`Runedance“, das seit 2002 abgeschlossen ist.<br />

Das Feindbild der neuheidnisch geprägten Goths war und ist immer die katholische<br />

Kirche im Speziellen und das Christentum im Allgemeinen. Goths sind auf der<br />

Suche nach dem Göttlichen in bewusstem Gegensatz zur Kirche bzw. den Kirchen, die<br />

als verlogen und altmodisch empfunden und beschimpft werden. Die Sehnsucht nach<br />

Spiritualität, so meinen es junge Insider, ist einfach nicht auszurotten. Wie auch in der<br />

Restbevölkerung ist der Wiedergeburtsglaube weit verbreitet. Sektiererische Ansätze<br />

und organisierte magische Orden sind - bis jetzt - in der <strong>Szene</strong> Randerscheinungen.<br />

Im Zuge der Crossover-Entwicklung wurde auch die „Freude am Leiden“, die durch<br />

verschiedene Elemente des Sado-Maso-Bereiches und der Fetisch-<strong>Szene</strong> Eingang in<br />

624 Matzke/Seeliger, 2002 S. 83 (Zitat Christofer Johnsson von „Therion“).<br />

625 Gegründet 1996, Norwegen, keine eigene Website auffindbar. Siehe dazu<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Hagalaz%E2%80%99_Runedance, 2011.<br />

626 www.asatru.is, 2011, Ásatrú ist in Island eine anerkannte Religionsgemeinschaft.<br />

627 http://de.wikipedia.org/wiki/Andrea_Haugen, 2011.<br />

147


die Welt des Gothic gefunden hatte, enttabuisiert. Die Verbindung Lust und Schmerz<br />

wird allerdings nicht im pervertierten Sinne gesehen, sondern es geht um den<br />

„Schmerz, um das wirkliche Leben zu fühlen.“ 628 So wird das Leiden inszeniert. In der<br />

dunklen Seite der verdrängten Triebe des Menschen sind nach Meinung der Anhänger<br />

dieser Ausprägung noch kräftige Instinkte und Impulse verborgen, die dem Menschen<br />

wieder „Power“ geben. Dies verbinden sie mit dem Neuheidentum, wo diese Kräfte<br />

angeblich rituell gesteuert und ausgelebt werden konnten. Heute seien sie durch die<br />

sexualitätsfeindliche Christianisierung und eine verkommerzialisierte, seichte Sexualität<br />

verdrängt. Durch solche Äußerungen werden intensive Positionen gegen ein konsum-<br />

und werbedominiertes Sexualverhalten und die damit verbundenen seelischen<br />

Prägungen und Verhaltensweisen deutlich. Ob die einzelnen Gruppen die von ihnen<br />

propagierten Meinungen allerdings nachhaltig und vor allem auch deutlich zum<br />

Ausdruck bringen können, in dem sie in ihren Bühnenshows sadomasochistische<br />

Spielereien miteinbeziehen, ist fragwürdig. Dies bedeutet wohl eher eine erneute<br />

Verkommerzialisierung dieser Art der Sexualität.<br />

Vor allem im Bereich der Industrial-<strong>Szene</strong> ist die Spielerei mit Fetisch und Sado-Maso<br />

weit verbreitet, was womöglich in Zusammenhang mit den dort beliebten Lack- und<br />

Leder- Klamotten steht. Dieses Outfit ist allerdings heftig umstritten, da es oft an die<br />

Nazi-Ästhetik erinnert. Die Verbindung der Gothic- mit der Sado-Maso- und Fetisch-<br />

<strong>Szene</strong> zeigt Rituale, die durchaus den Charakter einer (Ersatz-)Religion haben.<br />

Die Kultur der Goths ist besonders offen erotisch und sexuell aufgeladen. Die<br />

Formation Mother Destruction 629 verbindet in ihren Anschauungen ihre Sicht der<br />

Sexualität mit dem Neuheidentum. Auf ihrer 2003 noch abrufbaren Website 630<br />

huldigten sie außer der heiligen Sexualität auch dem Paganismus, den nordischen<br />

Mysterien und Thelema, dem Orden, der durch A. Crowley vorwiegend geprägt<br />

wurde. Die Gruppe arbeitet mit Kirlian Camera 631 , einer umstrittenen Band (s.u.),<br />

zusammen. Ihre Sängerin Amodali bezeichnet sich selbst als Hexe und Angehörige<br />

628 Matzke/Seeliger, 2002, S. 130 (Zitat Mozart von „Umbra et Imago“).<br />

629 Keine genauen Daten, siehe dazu: http://en.wikipedia.org/wiki/Mother_Destruction, 2011.<br />

630 www.motherdestruction.com, 2003.<br />

631 www.kirliancamera.de, 2011.<br />

148


der weiblichen Magie und sie schwärmt: „Unsere Live- Darbietungen sollen eine wilde<br />

Zelebration sexueller Kraft, der Lebenskraft der Runen und der Schlange sein. Für<br />

mich sind Sexualität und Kreativität voneinander abhängig und als extrem heilige<br />

Kräfte zu begreifen.“ 632<br />

Gothic ist wie andere Jugendkulturen auch vor allem Protest, die Ablehnung der<br />

etablierten Gesellschaft und der Politik, sowohl in ihrer neoliberalen, als auch – vor<br />

dem Fall der Mauer – in ihrer realsozialistischen Variante. Gothic schließt damit an<br />

Bewegungen wie die der Hippies an. Gothic ist gegen Leute „in grauen Anzügen, die<br />

für uns denken“. Die verbreitete heidnische Spiritualität und die Suche nach einem<br />

relativ einfachen Lebensstil werden zu einer Absage an eine durchpolitisierte Welt, die<br />

in alle Lebensbereiche eindringt. Die Verweigerung der traditionellen Politik<br />

wird für viele Goths zu einer Form höherer Politik, die sich mit spirituellen Inhalten und<br />

Überzeugungen verbindet. Es geht gegen die Reduzierung des Menschen auf seine<br />

gesellschaftliche verordnete Funktionalität, gegen den allgegenwärtigen<br />

Produktionszwang, gegen eine wuchernde „Überrationalität“, die Gefühle und<br />

Lebensqualität verdrängt. Es geht Goths oft – um mit Erich Fromm zu sprechen –<br />

gegen das Haben, für das Sein.<br />

Junge Menschen befinden sich wieder einmal auf der Suche nach dem „Natürlichen“,<br />

nach Sinn, Identität und einer geistigen Heimat. Wieder einmal ist eine<br />

Jugendbewegung auf der Suche nach den Wurzeln – wie schon so viele vor ihr. Diese<br />

werden verstärkt in der eigenen Geschichte gesucht: Im Mittelalter, aber auch bei den<br />

heidnischen Gesellschaften des frühen Europa. Neben dem Respekt vor der Natur im<br />

heidnischen Sinn ist der Respekt vor dem geistigen Erbe des heidnischen und<br />

mittelalterlichen Europas angesagt. Für seine Fans eröffnet der mit den Goths<br />

verbundene Neofolk daher archaische Gefühlswelten. Es lebt die Sehnsucht nach<br />

Zauber und magischen Geheimnissen. Naturreligiöse, mythische und rituelle Ansätze<br />

richten sich gegen Materialismus und Neoliberalismus. Die entsprechenden Gruppen<br />

sehen sich oft in der Traditionen der Schamanen, Druiden und Runenmeister. Sie<br />

632 www.motherdestruction.com/archieve/archivetop.html, 2003.<br />

149


wollen meist „leise“ in den gesellschaftlichen Freiräumen und Nischen spielen, als<br />

Undergroundkultur gegen die Sinnentleerung des modernen Menschen wirken. Durch<br />

den berechtigten Rechtsextremismusvorwurf, der vielen Neofolk-Gruppen<br />

gemacht wurde, wird diese Nischenmentalität aber oft in das grelle Scheinwerferlicht<br />

medialer Aufmerksamkeit gezogen.<br />

3.3 Vorwürfe an die Gothic-Bewegung<br />

Die Jugendbewegung der Goths ist vielen Anklagepunkten ausgesetzt. Aufgrund des<br />

<strong>schwarze</strong>n Outfits und der verwendeten Symbole werden die Jugendlichen immer<br />

wieder auch mit den Anhängern z.B. der Black Metal-<strong>Szene</strong> verwechselt. So kommt es<br />

zu vielmals ungerechten Übertragungen von einer Gruppe auf die andere. Dazu<br />

tragen die verschiedenen Symbole, die innerhalb beider <strong>Szene</strong> vorkommen, bei, aber<br />

auch der besonders tolerante Umgang der Gothic-Bewegung mit anderen<br />

Strömungen. Wenige Goths beziehen klar Stellung. Die <strong>Szene</strong> grenzt sich nur wenig<br />

gegen satanistische oder rechte Strömungen ab.<br />

Grundsätzlich ist zu sagen, dass der Vorwurf des Satanismus an die Bewegung der<br />

Goths nicht verifizierbar ist. Sie halten sich zwar wegen der Atmosphäre gerne auf<br />

Friedhöfen auf, haben aber generell mit Grabschändungen und dergleichen nichts zu<br />

tun. Solche Vorfälle sind aus den Reihen der Goths nur am Rand bekannt geworden.<br />

Anders verhält es sich mit dem Vorwurf des Faschismus, dem einige, vor allem nicht<br />

dem Kern der <strong>Szene</strong> angehörige Goths allein durch die von ihnen verwendeten<br />

Symbole und gehörte Musik nahe stehen, ohne es zu wissen oder sich aktiv damit<br />

auseinander zu setzen. In dieser völligen Distanz zu jeder politischen Meinung<br />

unterscheidet sich die Bewegung der Goths allerdings kaum von anderen<br />

Jugendgruppen.<br />

150


Interessante Artikel zur Gothic-Bewegung sind auf der Online Plattform der<br />

„austrian gothic community“ 633 , „Gothic-Info“ 634 und dem „Portal für<br />

Jugendszeneforschung“ 635 zu finden.<br />

3.3.1 Der Vorwurf des Satanismus<br />

Der Vorwurf des Satanismus, der von außen an die <strong>Szene</strong> herangetragen wird, ist sehr<br />

groß. Auf einer Gothic Website 636 , die sich vor allem mit dem Thema Satanismus<br />

beschäftigt, werden einige Morde, bei denen die Täter aus dem Umfeld der Gothic-<br />

<strong>Szene</strong> zu kommen scheinen, mit dem Satanismus in Verbindung gebracht. Allen voran<br />

der Mord des sogenannten „Satanspärchen“ Manuela und Daniel Ruda, die am 6.<br />

Juli 2001 einen 33-jährigen Bekannten mit exakt 66 Messerstichen, Hammerschlägen<br />

und Machetenhieben ermordeten. Beide gaben an, ihren Auftrag von Satan erhalten<br />

zu haben. Der Ermordete war nach der Tat derartig entstellt, dass ihn nur eine<br />

Genanalyse identifizieren konnte. Das Ehepaar Ruda gehörte nach ihrer Kleidung und<br />

ihrem Benehmen der Gothic-<strong>Szene</strong> an und daher warf die Tat ein extrem schlechtes<br />

Licht auf die gesamte Bewegung. Nach der öffentlichen Diskussion äußerten sich viele<br />

Goths zu den ungerechten Vorwürfen und distanzierten sich von dem begangenen<br />

Verbrechen der Rudas. Das Ehepaar Ruda wurde zu 13 bzw. 15 Jahren Haft verurteilt<br />

und bis zum Beginn der Haft in einer geschlossenen Klinik untergebracht.<br />

Auf derselben Seite ist auch eine Äußerung des sogenannten „Satansmörders von<br />

Sondershausen“, Hendrik Möbus, zu lesen. Auch er distanziert sich von der Tat. Er<br />

selbst möchte sich nicht als Satanist bezeichnen und auch seine damalige Tat hatte<br />

angeblich nichts mit Satanismus zu tun. Er kenne das Ehepaar Ruda nicht und<br />

distanziere sich daher von deren Verbrechen, da er dies lediglich als Versuch sehe,<br />

das öffentliche Interesse auf sich zu ziehen. So sei auch die Tat von Sondershausen im<br />

Laufe des Prozesses immer mehr zum Medienspektakel verkommen und dabei seien<br />

633 www.gothic.at/artikel, 2011.<br />

634 www.gothicinfo.de, 2011.<br />

635 www.jugendszenen.com, 2011.<br />

636 www.satanshimmel.de, 2011.<br />

151


Vorwürfe gegen den Täter Möbus aufgekommen, die seiner Meinung nach nicht den<br />

Tatsachen entsprechen.<br />

Weiterhin wird auch der sogenannte Amoklauf des Florian K. besprochen, der am<br />

2. Juli 2003 in der Schule auf seine Lehrerin schoss und sich anschließend selbst<br />

tötete. Auch Florian soll der Gothic-<strong>Szene</strong> angehört und dem Satanismus<br />

nahegestanden haben.<br />

Grundsätzlich hat die Gothic-Bewegung allerdings nichts mit dem Satanismus zu tun.<br />

Lediglich ein Spielen mit bestimmten Symbolen wird dort praktiziert, die oft auch<br />

unreflektiert verwendet werden. Weiterhin können Werke der Begründer des<br />

Satanismus, Aleister Crowley oder Anton S. LaVey zur Lektüre der Jugendlichen<br />

zählen, tatsächlicher Satanismus wird allerdings selten praktiziert und auch die<br />

gehörten Musikgruppen stehen diesem Thema ablehnend gegenüber. Es gibt in der<br />

Gothic-Bewegung kaum Musiker, die sich, im Gegensatz zum Black Metal, offen zum<br />

Satanismus bekennen und womöglich noch Mitglieder der Church of Satan sind.<br />

3.3.2 Der rechte Rand<br />

Etwas anders verhält es sich mit den teilweise durchaus berechtigten<br />

Rechtsextremismusvorwürfen an die Bewegung. Viele Goths spielen in ihren Symbolen<br />

und ihren Texten mit rechter Symbolik, meist allerdings ohne sich dessen bewusst zu<br />

sein. Da die Themen Tod, Zerfall, Treue, Liebe etc. sowieso eine Rolle in der <strong>Szene</strong><br />

spielen, passt sich dies gut dem faschistischen Stil an.<br />

Die Band Death in June 637 wurde ursprünglich als Punkprojekt gegründet und<br />

rutschte im Lauf der Zeit immer weiter nach rechts ab. Der Bandname ist der<br />

Verehrung des 1934 ermordeten SA-Führers Ernst Röhm gewidmet, der in<br />

faschistischen Kreisen immer als Linker und aufgrund seiner Homosexualität im<br />

Nationalsozialismus Verfolgter gehandelt wird. Der Frontman der Band, Douglas<br />

637 Gegründet 1981, Großbritannien, www.deathinjune.net, 2011.<br />

152


Pearce 638 , gibt sich wie angeblich Ernst Röhm homosexuell und führt dies immer<br />

dann als Gegenbeispiel an, wenn der Band der Vorwurf des Faschismus gemacht<br />

wird. Tatsächlich verbirgt sich hinter der propagierten Homosexualität Pearces ein<br />

handfester Frauenhaß, verbunden mit den hoch stilisierten Männerbündnissen des<br />

Faschismus. Heute produziert die Band Neofolk und hat sich der musikalischen<br />

Reinheit verschrieben. Ihre Mitglieder favorisieren die Ästhetik des Faschismus und<br />

treten daher des öfteren auch gerne in SS-Uniformen auf. Auf ihrer Website 639 findet<br />

sich der SS-Totenkopf und eine Peitschenfaust, beides eindeutig faschistische Symbole.<br />

Dazu trägt eine ihrer Platten den Namen Rose Clouds of Holocaust, eine andere<br />

Brown Book und sie haben das Horst Wessel-Lied auf einer ihrer CDs<br />

aufgenommen, das als 2. Hymne des Nationalsozialismus gilt.<br />

Weiterhin reiste die Band auch an die Front des Kroatienkrieges und spielte dort für<br />

die serbischen neofaschistischen HOS-Milizen.<br />

Auch Ian Read 640 , der in verschiedenen Bands spielte, die alle der rechten <strong>Szene</strong><br />

nahezustehen scheinen, ist heftig umstritten. Nachdem er zu Beginn Kopf der Band<br />

Current 93 war, spielte er bei Death In June, dann bei Sol Invictus und schließlich<br />

bei Fire & Ice 641 . Das Label, das all diese Bands verlegt, ist World Serpent<br />

Distribution 642 , das die Midgardschlange Jormungand zu ihrem Logo erhoben hat.<br />

Das Label hat sich auf Neofolk spezialisiert und verlegt daher auch rechtsextreme<br />

Bands wie Ostara (ehemals Strength through Joy), Coil und weitere.<br />

Der Musiker Josef Maria Klumb (alias „Jay Kay“) machte mit rechtsextremen<br />

Sprüchen von sich reden. Klump gilt als die treibende Kraft der Bands Forthcoming<br />

Fire 643 , Weissglut 644 und Von Thronstahl 645 . Forthcoming Fire wurde 1990 von ihm<br />

638<br />

*1956 in Sheerwater, England, siehe dazu: http://en.wikipedia.org/wiki/Douglas_P., 2011.<br />

639<br />

www.deathinjune.net, 2011.<br />

640<br />

Geburtsjahr nicht bekannt, aufgewachsen in England, siehe dazu:<br />

http://en.wikipedia.org/wiki/Ian_Read_(musician)<br />

641<br />

Gegründet 1991, England, www.mackaos.com.au/ACT/Fice.html, 2011.<br />

642<br />

Die Website www.worldserpent.com ist nicht mehr abrufbar. Siehe dazu:<br />

http://en.wikipedia.org/wiki/World_Serpent_Distribution<br />

643<br />

Gegründet 1990, Bingen am Rhein, Deutschland, www.forthcomingfire.com, 2011.<br />

644<br />

Gegründet 1996, Bingen am Rhein, Deutschland, www.weissglut.net, 2011.<br />

645<br />

Gegründet 1995, Deutschland, www.vonthronstahl.de, 2011.<br />

153


gegründet, nachdem Klumb in diversen Punkbands gespielt hatte. Danach schloss er<br />

sich der Band Weissglut an bis er diese im Jahre 1998 wegen seiner rechten<br />

Gesinnung verlassen musste. Heute ist Klumb der Kopf der Formation Von Thronstahl<br />

und ist bei der Herausgabe zweier CDs zu Ehren von L. Riefenstahl und des Nazi-<br />

Bildhauers J. Thorak beteiligt gewesen. Die Band Von Thronstahl inszenierte bei<br />

ihrem Auftritt beim Wave-Gotik-Treffen 2000 in Leipzig eine<br />

Reichsarbeitsdienstperformance, allerdings ohne ihren Sänger Klumb, dem war zuvor<br />

der Auftritt gerichtlich untersagt worden.<br />

Neben problematischen, deutschtümelnden Texten erklärte Klumb unter anderem<br />

seine Sympathie und Unterstützung für Jörg Haider und dessen FPÖ 646 . Auch für<br />

den rechtsextremen Esoteriker Jan van Helsing, mit dem er angeblich befreundet ist,<br />

macht er Werbung in seiner Musik und singt gegen die angebliche Weltverschwörung<br />

der Illuminaten tapfer an.<br />

So kooperiert er auch mit dem rechtsextremen und kriegsverherrlichenden Verlag und<br />

Vertriebsdienst Verlag und Agentur Werner Symanek (VAWS) 647 seit 1994 648 .<br />

Symanek 649 verlegt vor allem vorschwörungstheoretische Literatur. Zudem<br />

vertreibt er Fahnen mit der Schwarzen Sonne, die Himmlers Wewelsburg zierte und<br />

heute als wichtiges esoterisch-neonazistisches Symbol und Erkennungszeichen gilt. Auf<br />

der Eingangsseite des Verlages wird eine Warnung ausgesprochen, nach der der<br />

Besucher durch die verwendete Sprache mit Propaganda unterwandert werden könnte<br />

und der Verlag daher keine Haftung für eventuelle Folgeschäden übernimmt. Die<br />

angebliche Unterwanderung ist natürlich aus Sicht des Verlages ein Vorurteil<br />

gegenüber VAWS. Dennoch werden hier Bücher über Josef Thorak und diverse<br />

Verschwörungsliteratur angeboten, unter anderem zu einer angeblich neuen<br />

Waffenproduktion in Israel, wo eine Genwaffe, die schlimmste Waffe aller Zeiten,<br />

646 Matzke/Seeliger, 2002, passim, u.a. S. 166<br />

647 www.vaws.de, 2011.<br />

648 Heller /Maegele, 2001, S.165 und Lemhöfer / Eimuth, 2001, S.24.<br />

649 * 1965, Deutschland.<br />

154


entwickelt werden soll 650 . Der Verlag ist weiterhin mit dem ultrarechten Kampfblatt<br />

Unabhängige Nachrichten verbunden, welches dieselbe Adresse und<br />

Bankverbindung wie der VAWS hat.<br />

Klumb ist weiterhin mit der <strong>Szene</strong>zeitschrift Sigill/Zinnober und der NPD verbunden.<br />

Die Gruppe Blood Axis 651 , begründet 1989 durch den Autor des vielzitierten Werkes<br />

„Lords of Chaos“ Michael Moynihan, spielt in ihrem Namen auf die Achsenmächte<br />

Deutschland – Italien an (Etliche Bemerkungen zu M. Moynihan wurden bereits im<br />

Kapitel über den Heavy Metal gemacht). Sie bedienen sich als Symbol des<br />

Krückenkreuzes, das auch beim KuKluxKlan Verwendung findet. Moynihan ist<br />

bekennender Heide und gehört der Asatru Alliance 652 und seit 1994 dem Tribe of<br />

the wulfings, einer Unterorganisation der Asatru Alliance an. Er propagiert den<br />

Bruch mit dem angeblich schwachen Christentum. Wichtige Personen, auf die er sich<br />

beruft sind: Jörg Lanz von Liebenfels, Ludwig Fahrenkrog, dem der Song Electricity<br />

gewidmet ist, oder Karl Maria Wiligut (Weisthor). Moynihan ist Inhaber des Labels und<br />

Verlages Storm (zu finden auf der Website von Blood Axis), in dem er das Buch Siege<br />

herausgab, das von James Mason geschrieben wurde und von Charles Manson, der<br />

den satanistischen Mord an Sharon Tate in Auftrag gab, handelt.<br />

Die Band Sol Invictus wurde 1987 von einem ehemaligen Death In June Mitglied,<br />

Tony Wakeford gegründet 653 . Die Metapher der „unbesiegten Sonne“ ist Julius<br />

Evolas Buch Revolte gegen die moderne Welt 654 entnommen worden. Weiterhin<br />

bediente sich Sol Invictus auch für ihre Lieder einiger Texte des italienischen<br />

Faschisten. So heißt das erste Album Against the Modern World und erinnert<br />

wiederum an besagtes Buch von Evola. Die Band propagiert das Neue Heidentum,<br />

u.a. den altrömischen Mithraskult und die Rückkehr zu den echten Wurzeln der<br />

europäischen Kulturen und Völker. Gemeinsam mit Blood Axis, Boyd Rice und Death<br />

650<br />

www.vaws.de/gen-waffe.htm, 2003. Diese Unterseite war 2011 nicht mehr abrufbar und der Begriff<br />

„Gen Waffe“ auf der gesamten Seite nicht mehr auffindbar.<br />

651<br />

Gegründet 1989, USA, www.welcome.to/bloodaxis, 2011.<br />

652<br />

www.asatru.org, 2011.<br />

653<br />

www.blackeaster.de, 2011.<br />

654<br />

Veröffentlicht 1934.<br />

155


In June haben Sol Invictus 1989 in Osaka/Japan eine Performance unter dem Titel<br />

Total War aufgeführt.<br />

Die Band Ostara 655 trug bis 1999 den Namen Strength Through Joy. Heute trägt die<br />

Band den Namen einer im Jahre 1905 erschienenden Zeitschrift, die von Jörg Lanz<br />

von Liebenfels 656 herausgegeben wurde. Die Organisation Kraft durch Freude 657<br />

war von der nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterschaft ins Leben gerufen<br />

worden und sollte angeblich den Erhalt der Arbeitskraft durch eine positive<br />

Freizeitgestaltung gewährleisten. Tatsächlich diente die Organisation der Verbreitung<br />

von NS-Propaganda. Ihre letzte Platte Ultima Thule wird vom rechtsextremen Label<br />

Eis & Licht 658 herausgegeben. Für ihren Song Ways to Strength and Beauty<br />

zitierten sie Martin Heidegger und ihre CD-Hülle zu Salute to Light ziert ein Bild<br />

aus Leni Riefenstahls Filmen.<br />

Auch die Band Kirlian Camera 659 merkten an, die Naziästhetik zu favorisieren,<br />

geben sich allerdings nicht offensichtlich faschistisch. Ihr Frontman Angelo Bergamini<br />

hat ein weiteres Projekt mit dem Namen Stalingrad, das sich 1998 an der CD zu<br />

Ehren J. Thoraks beteiligte. Weiterhin gab die Formation eine CD in Andenken an die<br />

Gründung des faschistischen Kroatien 1941 heraus, als Kroatien sich durch das<br />

Einmarschieren deutscher NS-Truppern unabhängig machte. Hier gab es von<br />

kroatischer Seite aus Konzentrationslager, in denen Serben und Juden ermordet<br />

wurden waren.<br />

Der Wiener Musiker Kadmon 660 ist Aktivist bei rechtsextremen Vereinigungen und gibt<br />

die in einigen Wiener Buchhandlungen aufliegenden kleinen Zeitschriften Ahnstern<br />

und Aorta heraus. Von einer Wiener Postfachadresse aus versendet er überdies<br />

Materialien, die einen Bezug zu rechtsextremer Esoterik haben. Zudem veröffentlichte<br />

655<br />

www.ostara.net, 2011.<br />

656<br />

*1874, Wien, Österreich. Siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Jörg_Lanz_von_Liebenfels, 2011.<br />

657<br />

Siehe: http://en.wikipedia.org/wiki/Kraft_durch_Freude, 2011.<br />

658<br />

www.eislicht.de, 2011.<br />

659<br />

www.kirliancamera.de, 2011.<br />

660<br />

Bürgerl. Gerhard Petak, Mitglied der österr. Band „Allerseelen“, www.myspace.com/allerseelen,<br />

2011.<br />

156


er auf seinen CDs Texte von Jörg Lanz von Liebensfels, einem Begründer der<br />

Ariosophie und von Karl Maria Wiligut, der als „Rasputin Himmlers“ traurige<br />

Berühmtheit erlangte. Er ist ein politischer Unterstützer des Mörders Vikernes, der<br />

wegen seiner „Wikingerethik“ im Gefängnis sitze. Als Emblem verwendet Kadmon u.a.<br />

die „<strong>schwarze</strong> Sonne“, das okkulte Symbol der SS, die in der Wewelsburg Himmlers<br />

angebracht war.<br />

Das Projekt Der Blutharsch 661 von Albin Julius und seiner Freundin Marthynna spielt<br />

mit Nazisymbolen wie der Sigrune. Die Band hatte sich 1997 aus der ehemals<br />

bestehenden Formation The Moon Lay Hidden Beneath A Cloud 662 gebildet.<br />

Diese Band ist eher der Industrial-<strong>Szene</strong> zuzuordnen, da sie nach Julius die männliche<br />

Seite der Musik darstellen soll. So ist das ewige Thema der Band der Umgang mit<br />

dem Krieg, da hier der Mann seine Männlichkeit beweisen kann. Die Bezeichnung<br />

Blutharsch meint die Vorkämpfer einer Truppe, die als erste eine Stadt besetzten und<br />

siegreich waren oder auch getötet wurden. Ebenso ist es aber auch eine Bezeichnung<br />

für getrocknetes Blut. Die Band setzt sich gegen eine Europäisierung und für eine<br />

Bestrafung der Engländer ein. Ihr Wahlspruch lautet: Viele Feinde, viel Ruhm. Viele<br />

ihrer Lieder behandeln die Heimat und das Vaterland.<br />

Eine weitere wichtige Figur dieser <strong>Szene</strong> ist Boyd Rice, der unter dem Pseudonym<br />

NON 663 experimentelle Musik veröffentlicht. Dieser hat enge Verbindungen mit der<br />

US-Neonaziskinheadszene und der neonazistischen White Aryan Resistance 664 in<br />

Kalifornien. So hatte er Kontakte zum rechtsextremen Skinheadführer Robert Heick<br />

und seiner American Front 665 die Angriffe auf linke und alternative Buchläden in San<br />

Francisco durchführte.<br />

661<br />

Gegründet 1997, Wien, Österreich, www.derblutharsch.com, 2011.<br />

662<br />

Gegründet 1993, Wien, Österreich, keine Website auffindbar, siehe:<br />

http://en.wikipedia.org/wiki/The_Moon_Lay_Hidden_Beneath_a_Cloud, 2011.<br />

663<br />

Ab 1975. Zu Rice und NON siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Boyd_Rice, 2011.<br />

664<br />

www.resist.com, 2011.<br />

665<br />

www.americanfront.org, 2011.<br />

157


Rice gründete 1984 die Abraxas Foundation 666 . Der Gott Abraxas vereint in sich<br />

nach der Mythologie die Kräfte des Lichts und der Dunkelheit. Ziel der Foundation ist<br />

eine Synthese aus Okkultismus, Faschismus und Sozialdarwinismus. Heute ist Rice<br />

auch Mitglied der Church of Satan. Er propagiert einen offenen Sozialdarwinismus<br />

und verherrlicht die Gewalt. Total War ist das bekannteste Lied der Band, zu dem er<br />

gemeinsam mit anderen rechten Musikern eine Performance in Japan aufführte (siehe<br />

oben).<br />

Rice besuchte Charles Manson des Öfteren im Gefängnis und startete Kampagnen<br />

zu dessen Haftentlassung. Über Manson kam er auch in Kontakt mit James Mason,<br />

der wie erwähnt ein Buch über den Satansmörder verfasste. Es kam zur Gründung der<br />

Mason Work Group, die den Inhaftierten unterstützt, für die sich auch Michael<br />

Moynihan begeistern konnte.<br />

Weitere Bands, die als rechtsextrem gelten: Swirling Swastikas 667 aus Italien, die<br />

Gruppe Waldteufel 668 , die ihre Seite im Internet Heimatseite statt Website nennt, und<br />

weiterhin die Gruppe Orplid 669 , die sich zum Heidentum und Neofolk bekennt,<br />

Camerata Mediolanense 670 und Scivias 671 .<br />

Obgenannte Bands können auf diversen Samplern vereint gefunden werden, z.B. Im<br />

Blutfeuer 672 , Cavalcare la Tigre 673 , Riefenstahl, Thorak 674 , etc. Die Sampler<br />

wurden zu speziellen Anlässen aufgenommen. „Cavalcare la Tigre“ wurde zum 1998<br />

zum 100. Geburtstag von J. Evola veröffentlicht.<br />

666 http://www.boydrice.com/interviews/fifthpath.html, 2011.<br />

667 Keine Detailinformation, keine Website auffindbar.<br />

668 Keine Detailinformation, www.waldteufel.net und www.myspace.com/waldteufel, 2011.<br />

669 Gegründet 1996, Halle an der Saale, Deutschland, www.orplid.de, 2011.<br />

670 Gegründet 1994, Italien, www.cameratamediolanense.it, 2011.<br />

671 Kein Gründungsjahr bekannt, Ungarn, scivias.hu und www.myspace.com/sciviasofficial, 2011.<br />

672 Siehe http://en.wikipedia.org/wiki/Im_Blutfeuer, 2011.<br />

673 Siehe www.musik-sammler.de/album/154249, 2011.<br />

674 Keine Detailinformation, keine Website auffindbar.<br />

158


Auch etliche Zeitschriften stehen mit dem rechten Rand der Gothic-<strong>Szene</strong> in<br />

Verbindung. Etwa die Junge Freiheit 675 , die Deutsche Stimme 676 , die Zeitung der<br />

NPD oder auch das Blatt Sigill aus Dresden, das sich in Zinnober 677 umbenannt hat.<br />

Obwohl Sigill und auch jetzt das Nachfolgemagazin Zinnober sich selbst als<br />

nonkonform und musikalisch heterogen bezeichneten, spielt das Blatt bereits in<br />

seinem Namen auf Julius Evola und dessen Autobiographie Der Weg des Zinnober<br />

an. 1993 tauchte das Magazin Sigill auf und konnte zunächst als wirklich neutrales,<br />

eher kleines Fanzine bezeichnet werden, ab 1995 mischten sich aber mehr und mehr<br />

rechte Töne in die Schriften. Im Jahre 2001 wird Sigill in Zinnober umbenannt,<br />

angeblich um den neuen Kurs deutlich zu machen, der eingeschlagen werden soll,<br />

sich aber offensichtlich nicht besonders vom bisherigen unterscheidet. Die <strong>Szene</strong>, die<br />

mit all diesen Magazinen erreicht wird, ist eher intellektuell als offensichtlich brutal. So<br />

war ein wesentlicher Autor des Zinnober Magazins, Peter Bossdorf, lange Zeit auch<br />

Autor bei Zillo, einem neutralen Fanzine der <strong>Szene</strong>, bis er dieses 1997 verlassen<br />

musste.<br />

Auch etliche Label verlegen fast ausschließlich rechte Bands: so z.B. Eis & Licht, die<br />

sich auf Neofolk spezialisiert haben. Eis & Licht werden von Stephan Pockrand<br />

betrieben, der auch das Fanzine Zinnober herausgibt. Im Jahre 2001 wurde er mit<br />

einem Stand auf dem Wave-Gotik-Treffen vertreten, auf dem er auch die Hefte von<br />

Zinnober feilbot.<br />

Schlußendlich stehen mit dem rechten Rand die Loki-Foundation 678 und die<br />

Prophecy Productions 679 in Verbindung. Prophecy Productions übernahmen die<br />

Veröffentlichungen der Band Orplid und übersetzten das Buch Lords of Chaos von<br />

Michael Moynihan ins Deutsche.<br />

675<br />

www.jungefreiheit.de, 2011. Siehe dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Junge-Freiheit-Urteil und<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Junge_Freiheit, 2011.<br />

676<br />

www.deutsche-stimme.de, 2011.<br />

677<br />

www.zinnober.net, 2011.<br />

678<br />

www.loki-found.de, 2011.<br />

679<br />

www.prophecyproductions.de, 2011.<br />

159


3.4 Widerstand<br />

Rechtsextreme Gruppen sind eine Randerscheinung in der Gothszene, die durch die<br />

linksliberale Alternativbewegung der siebziger und achtziger Jahre mitgeprägt wurde.<br />

So konnte die extreme Rechte kaum Anhänger in der Gothic-<strong>Szene</strong> gewinnen.<br />

Dennoch gibt es viele verschiedene Berührungspunkte zwischen Goths und den Neuer<br />

Rechten,da in beiden Gruppen der Glaube an alte heidnische Religionen verbreitet ist.<br />

Anlass für heftige Kritik rechter Bands auch innerhalb der Gothic-<strong>Szene</strong> selbst bildete<br />

die Tatsache, dass auf dem Wave-Gotik-Treffen in Leipzig in den letzten Jahren immer<br />

wieder auch rechte Bands gespielt haben, wie etwa Von Thronstahl, Death In June,<br />

Waldteufel oder Allerseelen.<br />

Neben autonomen Antifagruppen gibt es innerhalb der <strong>Szene</strong> eine breite Ablehnung<br />

gegenüber rechtsextremem Gedankengut. Etwa die rührigen Grufties gegen<br />

Rechts 680 , die einige Male schon so tatkräftig ans Werk gingen, dass verschiedene<br />

Tourneen rechtsextremer Bands abgesagt werden mussten. Diese Gruppe hat eine 82-<br />

seitige Broschüre über den rechten Rand der <strong>Szene</strong> verfasst, die über das Internet<br />

bestellt werden konnte. Mittlerweile ist allerdings auf der Website der Gruppierung zu<br />

lesen, dass sie ihre politischen Aktivitäten am 9. November 2003 eingestellt haben.<br />

Begonnen hatte die Arbeit 1998 und die Gruppe kann etliche Erfolge vorweisen. Sie<br />

wurde aber auch mehrfach von verschiedenen Seiten kritisiert und angeklagt, mehrere<br />

der von ihnen dargestellten Bands fühlten sich beleidigt und zu Unrecht angegriffen.<br />

Weiterhin existierte Darklife Austria 681 , eine Website der österreichischen Goths. Ein<br />

Link weist zum Wiener Revolutionsbräuhof 682 und der angeschlossenen<br />

Anarchistischen Buchhandlung – bekannte linksextreme Vereinigungen. Im<br />

englischsprachigen Ausland bildeten sich die Goths against Hate 683 , um gegen die<br />

Unterwanderungsversuche des rechten Randes vorzugegen.<br />

680 www.gruftiesgegenrechts.de, 2011.<br />

681 Bei der Überarbeitung 2011 war die website allerdings nichtmehr auffindbar.<br />

682 Eine der ältesten anarchistischen Gruppen in Österreich, keine Website auffindbar.<br />

683 Keine Website auffindbar.<br />

160


Auch einige der Gothic-Bands bezogen im Lauf der Zeit eindeutig Stellung gegen<br />

rechts. So verfasste die Formation Das Ich für das Dark-X-Mas Festival 1992 in<br />

Hamburg eine Resolution gegen Faschismus und Neonazismus, die die<br />

ebenfalls auftretende Band Death In June damals als einzige angeblich aus<br />

Provokation nicht unterschrieb. Die Band Goethes Erben verweigerte die Aufnahme<br />

ihrer CDs in den Katalog des rechtsextremen VAWS (Verlag und Agentur Werner<br />

Symanek). Frankfurter <strong>Szene</strong>diskos verweigern in zunehmendem Maß das Spielen<br />

rechtsextremer Gothic-Gruppen.<br />

3.5 Zusammenfassung<br />

Trotz dieser verschiedenen Aktivitäten scheinen viele Goths am rechten Auge blind zu<br />

sein. Da mag die Aversion gegen eine lustlose, moralinsaure political correctness eine<br />

Rolle spielen. In dem Buch Gothic! von Matzke/Seelinger dürfen rechte Goths<br />

publizieren, ohne dass die von ihnen Angegriffenen zu Wort kommen. Selbst Michael<br />

Moynihan, bekannter internationaler rechtsextremer Agitator in den jugendlich-<br />

subkulturellen Musikszenen, wird häufig in Schutz genommen, so wie in der Metal-<br />

<strong>Szene</strong> sein Buch ohne Kritik zitiert wird.<br />

„Wenn auch von einer durchgängig rechten Unterwanderung der <strong>Szene</strong> keine Rede<br />

ist, so ist man sich in der Gothic-<strong>Szene</strong> doch bewusst, dass [...] der rechte Rand<br />

wächst. Beängstigend ist, dass bei Konzerten diverser Bands Teile des Publikums das<br />

Gehabe weder als Ironisierung noch als Provokation begreifen, sondern cool oder<br />

mystisch finden. Oftmals fehlt die ernsthafte Auseinandersetzung mit heidnischen<br />

Riten, Symbolen und dem Germanenkult überhaupt. Doch mittlerweile distanzieren<br />

sich auf jedem größeren Festival DJs, Bands und Einzelkünstler von rechten<br />

Infiltrationsversuchen. Gerade Jüngere werden darauf hingewiesen, dass die <strong>Szene</strong><br />

ursprünglich linke Gesellschaftskritik beinhaltete.“ 684<br />

684 Rüttimann, 2001<br />

161


Eine politische Verwirrung wird in der Gothic-<strong>Szene</strong> deutlich, die auch weitere Teile<br />

unserer Gesamtgesellschaft erfasst hat. Diese Verwirrung ist erklärbar durch die<br />

geschickte ideologische Strategie der Neuen Rechten, neofaschistische Inhalte als<br />

apolitisch oder konservativ zu präsentieren.<br />

162


3.6 Exkurs: Laibach<br />

Katharina Ganster<br />

Die slowenische Gruppe Laibach 685 um den Sänger Milan Fras wurde 1980 von dem<br />

mittlerweile verstorbenen Sänger Tomaž Hostnik (Suizid 1982) gegründet und<br />

repräsentiert den musikalischen Teil der Richtung Neue Slowenische Kunst, die sie<br />

selbst 1984 mitbegründet haben. Ihre Musik ist schwer zu beschreiben, ein Mix aus<br />

klassischer Musik, Industrialeinflüssen und elektronischer Umsetzung; Wikipedia nennt<br />

sie „Avantgarde“.<br />

Seit ihrer Gründung und Namensgebung schaffen sie bewusst Provokationen gegen<br />

ihre Regierung und weltweit gegen Organisationen bzw. Staaten (NATO, USA...). So<br />

ist der Bandname die deutsche Version der Hauptstadt Ljubljana, im Tito-Jugoslawien<br />

eine unerwünschte Form.<br />

Schon in den ersten Jahren ihres Bestehens gingen die Provokationen so weit, dass es<br />

Verbote und Skandale regnete. Projekte mussten abgesagt oder aufgelöst werden,<br />

ein Plattenvertrag mit der staatlichen Plattenfirma ZKP RTV wurde von deren Seite<br />

ohne Angabe von Gründen aufgehoben und nach einem Fernsehauftritt wurde<br />

jegliche öffentliche Präsentation der Band oder ihres Namens verboten. Trotzdem<br />

gingen sie 1983 auf Europatournee und wurden daraufhin von mehreren<br />

Theaterhäusern eingeladen, musikalisch etwas zu laufenden Projekten beizusteuern.<br />

Samples und Covers von berühmten Liedern verschiedenster Stile (von Wagner über<br />

Šostakovič, Beatles, Opus, Kraftwerk, Queen und Rolling Stones) wurden von Anfang<br />

an exzessiv verwendet. Zusammenarbeit mit anderen Musikgruppen (Morbid Angel,<br />

slowenisches Philharmonie-Orchester, Chöre) stehen ebenso an der Tagesordnung.<br />

Wichtig ist ihnen vor allem Kritik an Politik (Album NATO), Religion (Album Jesus<br />

Christ Superstars) und Nationalismus (Album Volk). Künstlerisch differenziert<br />

685 www.laibach.nsk.si, 2011.<br />

163


verwenden sie jedoch teils kontroverse Stilmittel, wofür ihnen von vielen Seiten Kritik<br />

zukommt. Sie scheinen mit totalitären Regimen zu kokettieren oder diese zu<br />

parodieren, die Interpretation liegt dabei im Auge des Betrachters. Richard Wolfson<br />

etwa sagt über sie „Laibachs Methode ist extrem simpel, effizient und schrecklich<br />

anfällig für Fehlinterpretationen.“ 686 So überzeichnet z.B. das Video zum Opus-Cover<br />

„Life is life“ Propaganda-Bilder und -Filme des Dritten Reiches, und kann als<br />

faschistisch orientiert interpretiert werden. Auch die bombastisch-orchestralen Klänge<br />

ihrer Stücke, meist begleitet von Marschmusik-Pauken, scheinen in diese Richtung zu<br />

schlagen. Fras' Bassstimme trägt noch dazu bei, die vorgetragenen Lieder als<br />

politische bzw. religiöse Reden wahrzunehmen, und Rammstein-Sänger Till Lindemann<br />

bediente sich später gerne seines „affektiert maskulin-heroisch-germanischen<br />

Habitus“ 687 . Für diese Überzeichnung bedienen sie sich der Versatzstücke des<br />

Faschismus, des Kommunismus und der christlichen Ikonographie. Obwohl sie<br />

selten aus ihren selbstgewählten Rollen der Verherrlicher von totalitären Regimen<br />

fallen, kann man mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass sie in ihrer künstlerisch-<br />

provokativen Überzeichnung der dargestellten Ideologien diese parodieren und<br />

nicht gut heißen.<br />

Quellen:<br />

http://sl.wikipedia.org/wiki/Laibach<br />

http://www.laibach.nsk.si/<br />

http://en.wikipedia.org/wiki/Laibach_(band)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion:Laibach_(Band)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Laibach_(Band)<br />

686 „Warriors of weirdness“, The Daily Telegraph, 4. September 2003.<br />

687 http://de.wikipedia.org/wiki/Laibach, 2011.<br />

164


3.7 Emotional Hardcore (Emo)<br />

Veronika Strauß<br />

Auf Grund der Tatsache, dass das öffentliche Interesse sich dem Begriff Emo in der<br />

letzten Zeit stark zugewandt hat, sollen auch dazu einige Worte gesagt werden. Bei<br />

dem auch als EmoCore bekannten Musikstil handelt es sich um ein Subgenre des<br />

Hardcore Punk, womit nicht unbedingt eine Verbindung zur Schwarzen <strong>Szene</strong><br />

besteht. „Schon Anfang der achtziger Jahre suchten einige Musiker der<br />

Hardcore/Punk-<strong>Szene</strong> nach Wegen, um auf die zunehmende Härte und den<br />

Machismo in Teilen der Hardcore-<strong>Szene</strong> zu antworten – Umgangsformen, die nicht<br />

viel mit den Hardcore-Idealen zu tun haben. Stattdessen wollten sie offen Emotionen<br />

und Gefühle zeigen und dies auch in ihren Songs verarbeiten. Dies war – trotz aller<br />

fortschrittlicher Gedanken – in der damaligen rauen, eher pessimistisch denkenden<br />

Hardcore-<strong>Szene</strong> verpönt.“ 688 Die Fans des Musikstils Emotical Hardcore kannten<br />

eigentlich keinen zwingenden einheitlichen, szeneeigenen Dresscode. Die Musik<br />

stand bzw. steht im Vordergrund.<br />

Billy Werner von der Band Hot Cross Mode-Emo<br />

Abb. 7 Abb. 8<br />

Etwa seit dem Jahrtausendwechsel bezeichnet sich auch eine jugendliche<br />

Modeströmung, die sich durch an asiatische Comics (Manga/Anime) angelehnte<br />

688 http://de.wikipedia.org/wiki/Emo, 2011.<br />

165


Haarschnitte und Kleidungselementen aus Gothic und Post-Punk auszeichnet, als<br />

Emo. Weltverschlossenheit, Traurigkeit, Tiefgang und suizidale Tendenzen werden<br />

gerne mit diesen Emos in Verbindung gebracht. Das Outfit steht deutlich im<br />

Vordergrund. Bestimmte Bekleidungsmarken und Muster gehören zum <strong>Szene</strong>code.<br />

Das Mischen von morbid anheimelnden und ansich nach Massengeschmack als „nicht<br />

schön“ eingestuften Acsessoires (Totenköpfe, Spinnen, Nietenarmbändern, etc.) und<br />

„niedlichem“ Kitsch (Hello-Kitty, rosa Plüsch, etc.) 689 gilt als typisch. Anleihen nimmt<br />

das Outfit auch am Rockabilly 690 - und Psychobilly 691 Style.<br />

Jedenfalls ist grundsätzlich zwischen der tatsächlichen Musikszene und der<br />

(jugendlichen) Modeströmung zu unterscheiden!<br />

Die vorangehende Unterteilung ist aus Sicht Vieler sicher ebenso<br />

mangelhaft wie unvollständig – einer der besten Beweise dafür, dass die<br />

<strong>Szene</strong> lebt. Um Einmischung wird gebeten! Statements können an<br />

eso@logo.at geschickt werden.<br />

689 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Emo, 2011.<br />

690 http://de.wikipedia.org/wiki/Rockabilly, 2011.<br />

691 http://de.wikipedia.org/wiki/Psychobilly, 2011.<br />

166


167


LaVeys Satanismus<br />

168<br />

Katharina Ganster<br />

Satanismus unter Jugendlichen kann verschiedenste Formen annehmen, und mit dem<br />

Internet als Bezugsquelle an „Informationen“ kann es sogar noch unkontrollierter<br />

vonstatten gehen als früher, als man sich einschlägige Bücher bestellen musste oder<br />

die „richtigen“ Freunde haben musste. Da Information und Förderung der<br />

Kommunikationskultur zwischen Jugendlichen und Bezugspersonen einenen<br />

wichtigen Schutz gegen diese Gefahren darstellt, soll dieser Artikel vor allem die<br />

Hintergründe und Inhalte der wichtigsten Strömungen erklären, um aufgeklärt mit<br />

betroffenen Jugendlichen diskutieren zu können.<br />

Geschichtlicher Hintergrund<br />

Schon in der Antike gab es Menschen die glaubten, der Gott des Alten Testaments sei<br />

ein böser Gott gewesen und Satan ein guter Engel, der gegen ihn gekämpft hatte.<br />

Darum kehrten einige dieser Gnostiker alle Wertmaßstäbe der Bibel um. Da es bei<br />

ihnen nur den höchsten Wert der Erkenntnis (gr. „gnosis“) gab, wurden alle<br />

moralischen Konventionen ignoriert, die diesem Erkenntnisstreben zuwiderlaufen<br />

könnten. Zwar verehrten sie den Teufel nicht, aber christliche Schriftsteller unterstellten<br />

ihnen dies und so wurde ihre Glaubensauffassung zur Basis von späteren<br />

Teufelskulten. 692<br />

Im Mittelalter gab es verschiedene, von der katholischen Kirche als Ketzer<br />

bezeichnete christliche Sekten, die teilweise viele Glaubensinhalte der Gnostiker<br />

übernahmen. Ob unter ihnen auch Teufelsanbeter waren, kann man nicht mehr mit<br />

Sicherheit sagen. 693 Im 13. Jh. begegnet uns jedoch die Sekte der Luziferianer, die<br />

den Teufel als Schöpfer der Welt betrachteten und alle christlichen Werte und<br />

Verhaltensweisen umkehrten. Auch Templer und „Hexen“ wurden beschuldigt, den<br />

692 Vgl. Cavendish, 1980, S.332-335.<br />

693 Vgl. Cavendish, 1980, S.337.


Teufel anzubeten 694 . Die ersten „<strong>schwarze</strong>n Messen“ waren christliche Rituale, die<br />

aufgrund der übersinnlichen Magie, die sie erzeugten, für „dunkle Zwecke“<br />

mißbraucht wurden (Verfluchung eines Feindes, Beschwörung von Geistern). Richtige<br />

<strong>schwarze</strong> Messen mit Umkehrung von christlichen Symbolen, Roben, die mit nackten<br />

Frauen und Schweinen bestickt waren, <strong>schwarze</strong>n Hostien oder Urin statt Meßwein<br />

treten im 15. und 16. Jh. auf. 695 Satanismus im Sinne einer Hinwendung zum „Bösen“<br />

ist also kein modernes Phänomen und kann in vielen historischen Phasen auch als<br />

Protestbewegung gegen vorherrschende Mißstände gedeutet werden. Oft waren es<br />

jedoch auch Zirkel von Adeligen, die aus Langeweile gegründet wurden. Die Schriften<br />

dieser ersten Satanisten und viel älterer Schwarzmagier sind heute teiweise noch im<br />

Umlauf, werden von esoterischen Verlagen nachgedruckt und über das Internet<br />

verkauft. Die berühmtesten Vorbilder der heutigen Satanisten sind jedoch Aleister<br />

Crowley und Anton Szandor LaVey.<br />

Aleister Crowley<br />

Edward Alexander (1896 zu Aleister keltisiert) Crowley wurde 1875 in England<br />

geboren, gründete 1907 den Orden Astrum Argentum (Silberner Stern) und 1920<br />

das religiös-philosophische System von Thelema. Er war Okkultist, Schriftsteller und<br />

Verleger und starb 1947 in England.<br />

Seine Kindheit war geprägt von streng christlichen Regeln seiner Eltern, die beide<br />

Mitglied in einer fundamentalistisch-christlichen anglikanischen Sekte waren. Seine<br />

Familie war reich und er erbte schon mit elf Jahren ein ansehnliches Vermögen, das<br />

ihm lebenslang finanzielle Sorgen abnahm. Ab 1896 zeigte sich sein Interesse für<br />

Magie und er trat verschiedenen Orden (Hermetic Order of the Golden Dawn, Ordo<br />

Templi Orientis) bei und beeinflusste viele von ihnen relativ stark. Er war begeisterter<br />

Bergsteiger, bereiste Amerika, Asien, Afrika und Europa und experimentierte Zeit<br />

seines Lebens mit den verschiedensten Drogen.<br />

694 Ebda, S.341.<br />

695 Ebda, S.367-376.<br />

169


1920 gründete er auf Sizilien die magische Kommune Abtei von Thelema, die<br />

1923 von italienischen Behörden aufgrund von Skandalgeschichten über Rituale<br />

aufgelöst wurde. In diesen Ritualen sollen die Teilnehmer Drogen konsumiert und das<br />

Blut geopferter Katzen getrunken haben. Er wurde 1925 auf einer okkultistischen<br />

Konferenz zum Weltheiland ausgerufen. Sein Drogenkonsum stieg immer mehr an,<br />

bis er 1947 wegen Herzversagen und chronischer Bronchitis verstarb.<br />

Sein skandalöses Auftreten bestand vor allem darin, sich offen zum (experimentellen)<br />

Drogenkonsum zu bekennen und seine (damals) radikalen Ansichten über<br />

(homosexuellen) Geschlechtsverkehr zu äußern. Er nannte sich The Great Beast<br />

666 (gr. „to mega therion“) und verband in seinem magischen Denken östliche und<br />

westliche magische und religiöse Traditionen, erfand aber viel dazu. Ziel seiner Magie<br />

bestand in der Weiterentwicklung des Individuums. Der zentrale Satz „Do what thou<br />

wilt shall be the whole of the law“ („Tu was du willst soll das ganze Gesetz sein“)<br />

wurde und wird immer wieder zu oberflächlich interpretiert. In seinen Schriften legt er<br />

Wert darauf, dass das Individuum erst erforschen müsse, worin dieser eigene Wille<br />

überhaupt bestehe. Auch das Thelema-Konzept zielt auf die Verwirklichung des<br />

wahren spirituellen Willens ab. Der Spruch bedeutet also weder „Tu, worauf immer du<br />

Lust hast“, noch ist es ein Freibrief für Hedonismus und Egozentrik.<br />

Eine Bewertung seiner magischen Schriften fällt schwer, da viele von ihnen auf<br />

Drogenräusche hindeuten, oder zumindest so kryptisch formuliert sind, dass sie dem<br />

„Uneingeweihten“ nichts sagen und nur nach Nonsens klingen.<br />

Ein Nachwirken Crowleys ist in mehreren Formen in den esoterischen Kreisen der<br />

Hippie-Bewegung, in vielen Bands (Led Zeppelin, Black Sabbath, The Beatles, Iron<br />

Maiden etc.) und bei vielen Schriftstellern festzustellen. Die meisten der<br />

Anspielungen und Zitate sind jedoch (mehr oder weniger deutlich) satirisch oder<br />

provokant gemeint.<br />

170


Charles Manson, der von Crowleys Ideen (und von Rassismus und<br />

Weltuntergangsideologien) fasziniert war, bildet eine deutliche Ausnahme. Quellen<br />

berichten, er hielt sich für Satan und Jesus in einer Person, oder als Reinkarnation von<br />

Crowley selbst. Seine Sekte, die Manson Familiy, beging 1969 mindestens neun<br />

Morde, die er zwar angeordnet, aber nicht selbst mit durchgeführt hatte.<br />

Crowley selbst sah sich nie als Satanist, und wird auch von der Church of Satan<br />

(CoS) nicht als solcher eingestuft. Auch wird geleugnet, dass Crowley ein Vorläufer der<br />

CoS sei obwohl man in den Schriften LaVeys oft sehr deutliche Anspielungen (v.a. die<br />

Anlehnung an „Tu was du willst“) oder Inspirationen durch Crowley findet. 696<br />

Unter http://hermetic.com/crowley kann man viele von Crowleys Schriften auf<br />

Englisch im Volltext lesen.<br />

Anton Szandor LaVey<br />

Biographie<br />

1930 wurde er als Howard Stanton Levey als Sohn von russisch-, ukrainisch- und<br />

französischstämmigen Amerikanern geboren. Seine Eltern unterstützten sein<br />

musikalisches Talent, und er brach die High School mit etwa 15 ab um einem Zirkus<br />

– zuerst als Hilfsarbeiter, dann als Musiker – beizutreten. Später spielte er in<br />

verschiedenen Burlesque-Clubs als Pianist. Seine Biographie weist viele<br />

Ungereimtheiten auf, die vermutlich auf seine Erfahrungen im Showbusiness<br />

zurückzuführen sind. So scheint er gewisse Episoden seiner Vergangenheit erfunden<br />

oder aufgebauscht zu haben um zu einer schillernden Persönlichkeit zu werden (z.B.<br />

behauptet er, eine kurze Affäre mit der noch unbekannten Marilyn Monroe gehabt zu<br />

haben, was sich mittlerweile als Lüge herausgestellt hat).<br />

Später begann er, sich mit dem Okkulten zu beschäftigen und Vorlesungen in einem<br />

„magischen Zirkel“ zu halten, in der Walpurgisnacht (30. April) 1966 gründete er<br />

dann schlussendlich die Church of Satan. Diese war von Anfang an nie geheim,<br />

aber sehr mystisch aufgebaut. Schon 1967 wurde unter starker medialer Präsenz die<br />

696 Vgl: http://de.wikipedia.org/wiki/Aleister_Crowley, 2011.<br />

171


erste satanische Hochzeit zelebriert, und auch satanische Begräbnisse und Taufen (z.B.<br />

seiner zweiten Tochter Zeena) wurden durchgeführt. Die Presse nannte ihn den „Black<br />

Pope“ („Schwarzen Papst“). Durch verschiedene Bücher, Musikalbem und<br />

Presseauftritte in Zeitung und Fernsehen erlangte er und seine CoS relativ schnell<br />

große Berühmtheit.<br />

Mit seinen drei Lebensgefährtinnen bekam er zwei Töchter (Karla, Zeena Galatea)<br />

und einen Sohn (Satan Xerxes Carnacki). Er starb 1997 an einem Lungenödem, wurde<br />

eingeäschert und seine Asche wurde in einer satanischen Bestattungszeremonie unter<br />

seinen Erben aufgeteilt. 697<br />

Interpretation<br />

Bei LaVeys Schriften ist es wichtig, einen Unterschied zu machen zwischen Satanist<br />

und Teufelsanbeter. 698 Der erstere ist für ihn ein verantwortungsvolles Wesen, das<br />

seinen eigenen Weg geht und sich nicht der Masse anpassen will. Satan repräsentiert<br />

für ihn die symbolische Kraft, außerhalb der Gesellschaft stehen zu können,<br />

deshalb führt er unter den „infernal names“ 699 auch die „bösen“ Götter von Indianern,<br />

germanischen Stämmen, Indern etc. auf. Diese Namen sind für ihn auch Ausdruck<br />

von Kraft und Stärke, und müssen in Ritualen dementsprechend rezitiert werden. In all<br />

seinen Schriften legt er großen Wert auf den Klang und die Poetizität der<br />

verwendeten Worte, da er weiß, dass die Formulierung oft wichtiger ist als der Inhalt.<br />

„Teufelsanbeterei“ ist für ihn eine Form des Jugendprotestes, der sich in simpler<br />

Umkehrung christlicher (oder gesellschaftlicher) Werte – z.B. <strong>schwarze</strong> Messen –<br />

manifestiert und meist hirnlos ist. Er verabscheut diese „Pseudo-Satanisten“ 700 , die<br />

Tieropfer begehen und Friedhöfe schänden, weil es Spass macht oder „cool“ ist, ganz<br />

deutlich und verurteilt sie aufgrund des mangelnden philosophischen<br />

Hintergrundes. 701<br />

697<br />

Vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/Anton_LaVey, 2011.<br />

698<br />

Teilweise wird im deutschen Sprachraum auch ein Unterschied zwischen „satanisch“ und<br />

„satanistisch“ (imitierend, teufelsanbeterisch) gemacht.<br />

699<br />

Vgl. LaVey, 1976, S. 58-60, 145.<br />

700<br />

Ebda, 1976, S. 104.<br />

701<br />

Vgl. LaVey, 1976, S.52, 100, 104.<br />

172


Seine Schriften sind einfacher zu lesen als die von Crowley, und zielen sehr auf die<br />

Psychologie seiner Leserschaft ab. Man kann LaVey auf viele verschiedene Arten<br />

lesen. Wichtig dabei ist, sich immer daran zu erinnern, in welchem Umfeld er<br />

geschrieben hat. In einem prüden Amerika der sechziger Jahre, aufgewachsen im<br />

Zirkus unter „Freaks“ und den Ausgestoßenen der Gesellschaft, wollte er vielleicht<br />

genau solchen Leuten eine Ideologie geben, die sagt: „es ist in Ordnung, so wie ihr<br />

seid“. Wenn man die Schriften LaVeys auf diese philosophisch-psychologische Art liest,<br />

erkennt man, dass viele seiner Ansichten darauf abzielen, den Menschen in seiner<br />

Eigenart zu stärken, ihn von der Masse abzuheben, ihn dazu aufzufordern, selbst<br />

Verantwortung zu übernehmen und seinen eigenen Weg zu gehen. Alle „magischen“<br />

Rituale, die er beschreibt, sind einfache psychologische Methoden, um dieses Ziel<br />

zu erreichen. Auch verbietet er etwa, Tiere oder Kinder zu opfern oder unschuldigen<br />

Menschen Leid anzutun. 702 Die Quintessenz des Kapitels „On the Choice of a Human<br />

Sacrifice“ 703 ist, dass man diejenigen, die man hasst, in einem Ritual symbolisch<br />

zerstören soll (psychologisch gesehen also nur für sich selbst), damit man sein Leben<br />

harmonischer gestalten kann, ohne von ihnen belästigt zu werden. Er nennt die<br />

satanischen Rituale eine „Form von Psychodrama“. 704 Diese Psychodramen werden<br />

in der zweiten Hälfte des Buches 705 wie in einem Drehbuch detailliert beschrieben. Mit<br />

keinem einzigen Wort billigt er dabei jemals die aktive physische Zerstörung eines<br />

Menschen- oder Tierlebens durch einen Satanisten.<br />

Seine Religion will die Philosophie und Ideologie einer neuen Zeit sein. Er verabscheut<br />

jegliche Religionen, die – wie das Christentum – die menschliche Natur und dessen<br />

fleischliche Gelüste verleugnen wollen und ruft dazu auf, genau diese Werte zu<br />

Tugenden zu erheben. Seine Nine Satanic Statements 706 sprechen davon, den<br />

modernen Menschen zu fördern und zu bestätigen: Genuss, vitale Existenz, reines<br />

Wissen, Liebe und Verantwortung übernehmen nur für diejenigen, die sie verdienen,<br />

702 Ebda, S.89.<br />

703 Ebda, S.87-90.<br />

704 Ebda, S.100.<br />

705 Ebda, S.107.<br />

706 Ebda, S.25.<br />

173


Rache statt Ertragen von Leid 707 und alle sogenannten „Sünden“ – die für ihn alle zu<br />

psychischer, mentaler oder emotionaler Befriedigung führen – werden für ihn durch<br />

Satan repräsentiert.<br />

Kritik<br />

Das alles mag harmlos und rein philosophisch klingen, aber es gibt für den<br />

gebildeten, und noch mehr für den jugendlichen Leser, Gefahren zu beachten. Durch<br />

sein rhetorisches Talent versteckt er viele Ideologien und Prämissen in einer<br />

Umgebung von allgemeiner Information und Fakten. Oft liest man über diese Stellen,<br />

ohne viel nachzudenken und nimmt sie so ins Unterbewusstsein auf. Die Gefahr dabei<br />

ist, dass seine Religion eben nicht nur das Individuum als solches stärkt, sondern auch<br />

das Potential hat, die Gesellschaft zu verändern. Viele seiner philosophischen<br />

Ansichten fördern ein faschistoides Menschenbild, scheinen oft sogar<br />

nationalsozialistische Ideologien gutzuheißen (jedoch ohne Rassismus, da jedes<br />

Individuum selbst elitär werden muss, was für einen Satanisten nicht vererbbar ist 708 ).<br />

LaVey werden Sympathien mit Alfred Rosenberg (ein führender Ideologe im<br />

Nationalsozialismus) und Adolf Hitler nachgesagt, Einflüsse von Nietzsche,<br />

Crowley und radikalen sozialdarwinistischen Schriften sind spürbar. Die Zerstörung<br />

von Feinden wird zwar nur symbolisch propagiert, gewisse Stellen lassen dies jedoch<br />

zweideutig erscheinen (z.B. Punkt 11 der „Satanischen Regeln der Erde“: „If someone<br />

bothers you, ask them to stop. If they don’t stop, destroy them.“ „Wenn dich jemand<br />

belästigt, fordere ihn dazu auf, dies zu unterlassen. Wenn er nicht damit aufhört,<br />

vernichte ihn.“).<br />

Eine Gesellschaft von LaVey-Satanisten würde zwar aus klugen Menschen bestehen,<br />

die jedoch, um ihre Ziele zu erreichen, vermutlich auch über Leichen gehen würden.<br />

Alle christlich-humanitären Werte, die das soziale Zusammenleben erleichtern und<br />

angenehmer gestalten sollten, wären dabei wertlos. Altruismus und Selbstaufopferung<br />

707 Hier als ideologischer Hintergrund gemeint, als Umkehrung des christlichen „die-andere-Backebieten“.<br />

Was genau er oder seine Jünger unter Rache verstehen, wird nirgends direkt angesprochen.<br />

Selbstjustiz ist jedoch verpönt, und die gesamte CoS macht sich stark für ein striktes Befolgen aller<br />

Gesetze der Gesellschaft, in der ein Satanist lebt.<br />

708 http://www.churchofsatan.com/Pages/Feared.html, 2011.<br />

174


wären die neuen Sünden, Demokratie würde zu einem Fremdwort werden. Es würde<br />

nicht mehr um gesellschaftliche Harmonie sondern um persönlichen Erfolg gehen.<br />

Angesichts des heute vorherrschenden Neoliberalismus und Turbokapitalismus ist das<br />

natürlich hauptsächlich eine Religion für die (Erfolg-)Reichen und Starken, oder<br />

diejenigen, die es um jeden Preis werden wollen. In gewissem Sinne leben wir also<br />

schon unter der Herrschaft von Menschen mit einer solchen Ideologie, auch wenn sie<br />

sich nicht als Satanisten bezeichnen würden. Die CoS heißt auch eine Stratifizierung<br />

der Gesellschaft gut (eine Einteilung in Stände, Klassen, Intelligenzniveaus o.ä.), auch<br />

wenn das bedeutet, dass es Reichenghettos und Armenviertel gibt. Sie ist gegen<br />

jegliche egalitäre gesellschaftliche Theorie und betont die Verschiedenheit der<br />

Menschen. 709<br />

Die weitere Entwicklung der Church of Satan nach dem Tod von LaVey geht einen<br />

noch kompromissloseren Weg. Besonders die Schriften von Peter Howard Gilmore<br />

(seit 2001 Hohepriester der CoS) sprechen eine deutliche Sprache: Eugenik wird<br />

befürwortet (die Auswahl von elitären Individuen vor der Geburt, auch<br />

Genmanipulation ist für ihn etwas Positives; die Vernichtung von behinderten Kindern<br />

im Mutterleib wird nicht angesprochen aber scheint implizit mitgemeint zu sein) und<br />

Satanisten seien die höchste Stufe der menschlichen Entwicklung, sozusagen eine Art<br />

Herrenrasse. Sie stehen über der Gesellschaft (nicht außerhalb wie bei LaVey!) und<br />

haben das Recht (oder die Pflicht), alle anderen Menschen für ihre Zwecke zu<br />

instrumentalisieren. Der Wohlfahrtsstaat und Antidiskriminierungskampagnen (wie<br />

etwa die Frauenquote) sollen abgeschafft, weltweite Hilfs- und Spendenaktionen<br />

gestoppt werden. Außerdem führt er LaVeys „Lex Talionis“ (Gesetz der Vergeltung,<br />

Auge um Auge) weiter und scheint auch Selbstjustiz gutzuheißen. 710<br />

Einige ehemalige Mitglieder der CoS haben sich auch deswegen abgespalten, so<br />

wurde 1975 der Temple of Set aufgrund von administrativen und philosophischen<br />

709 LaVey, 2000, S. 95 und http://www.churchofsatan.com/Pages/Feared.html, 2011.<br />

710 Vgl http://en.wikipedia.org/wiki/Peter_H._Gilmore, www.thesatanicscriptures.com,<br />

www.churchofsatan.com/Pages/Feared.html, 2011.<br />

175


Meinungsunterschieden gegründet, und 1997 gründete LaVeys Tochter Karla die First<br />

Satanic Church die sie im Geist ihres Vaters weiterführen will. 711<br />

Persönliches Fazit<br />

Die Autorin dieses Artikels hat sich selbst ab dem Alter von 14 Jahren (bis heute in<br />

unterschiedlicher Intensität) mit Aleister Crowley und später mit LaVey und der CoS<br />

intensiv beschäftigt (war jedoch niemals Mitglied dieser Organisation). Aufgrund der<br />

Tatsache, dass dieses Interesse weder bleibende geistige oder körperliche Schäden<br />

nach sich gezogen hat, noch sie zu einem gewaltverherrlichenden oder<br />

menschenverachtenden Wesen gemacht hat, mag es sein, dass dieser Abriss über<br />

Satanismus ein wenig zu positiv ausfällt. Die Autorin ist jedoch der festen<br />

Überzeugung, dass Jugendliche, die sich für eine ähnliche Thematik interessieren,<br />

nicht in erster Linie gefährdet oder mental instabil, sondern eben interessiert sind. Als<br />

Historiker und Atheist ist sie der Überzeugung, dass die großen Weltreligionen viel<br />

mehr geistigen und körperlichen Schaden anrichten können (Verleugnung der eigenen<br />

Triebe und Vorlieben, Verbot von Homosexualität und der Verwendung von<br />

Kondomen etc.), vor allem bei Jugendlichen.<br />

Die sogenannte Teufelsanbeterei – mit „Tische rücken“, Geisterbeschwörung,<br />

Zelebrieren von <strong>schwarze</strong>n Messen usw. – stellt ein größeres Risiko dar<br />

(Realitätsverlust, Angstzustände, Selbstmordgefährdung), darf jedoch nicht mit den<br />

Praktiken der CoS in Verbindung gebracht werden. Oft sind das kleinere Gruppen von<br />

meist gleichaltrigen Jugendlichen, die gegen die Gesellschaft rebellieren wollen, sich<br />

für Okkultes interessieren, geheimnisvoll erscheinen wollen und in Wirklichkeit keine<br />

Ahnung haben, was sie eigentlich tun. Wie auch bei größeren Sekten ist hier die<br />

Gefahr vor allem bei einem charismatischen Anführer zu suchen, der die anderen<br />

dazu zwingt, Dinge zu tun, die sie eigentlich nicht tun wollen, und psychische Kontrolle<br />

über sie ausübt. Gefährlich wird es vor allem dann, wenn diese Gruppen anfangen,<br />

711<br />

Vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/Temple_of_Set, http://en.wikipedia.org/wiki/First_Satanic_Church,<br />

2011.<br />

176


zu „missionieren“, d.h. Leute für ihre Gruppierung zu rekrutieren, „Mutproben“<br />

fordern etc. 712<br />

Ein extremer Fall von Jugendstrafdelikt in diesem Umfeld stellt der sogenannte<br />

„Satansmord von Sondershausen“ aus dem Jahr 1993 dar, der kein eigentlicher<br />

satanistischer Akt war, von der Presse jedoch als solcher betitelt wurde, da sich die<br />

Beteiligten „mit satanistischem Gedankengut und mit Tötungsdarstellungen in Filmen“<br />

beschäftigt hatten. Der wahre Hintergrund ist umstritten, es scheint jedoch, dass der<br />

Hauptverantwortliche Hendrik Möbus vor allem aus rechtsradikalen Motiven heraus<br />

gehandelt hatte. 713<br />

Das Wichtigste bei der Kontaktaufnahme mit Jugendlichen, die vielleicht in dieser<br />

<strong>Szene</strong> sein könnten, ist immer das Gespräch zu suchen, Motive und Hintergründe<br />

herauszufinden, und immer auch argumentieren zu können. Viele Jugendliche<br />

interessieren sich für Rechtsradikalismus, Satanismus und dergleichen aus einer<br />

gewissen Orientierungslosigkeit heraus, kommen vielleicht aus zerrütteten<br />

Verhältnissen oder aus einem lieblosen Umfeld, und suchen in Gruppierungen der<br />

Jugendsubkultur eine Ersatzfamilie. Einige interessieren sich vielleicht nur aus<br />

Neugierde dafür, kommen dann aber eventuell in einen Sog, aus dem sie von alleine<br />

nicht mehr herauskommen. Wenn man diesen Menschen mit Interesse an und<br />

Verständnis für ihre Situation begegnet, und mit ihnen ernsthaft kommuniziert, ist<br />

ihnen mehr geholfen als jegliche Verurteilung oder Tabuisierung. Satanismus soll<br />

dabei weder verniedlicht noch verdammt werden, es ist im Gegensatz wichtig, sowohl<br />

Positives als auch Negatives zu (er)kennen und herauszustreichen. Der beste Schutz für<br />

Jugendliche ist immer Information und Förderung der eigenen Selbstverantwortung.<br />

712 Gugenberger, 1999, S. 13.<br />

713 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Mordfall_von_Sondershausen, 2011.<br />

177


EXKURS: VAMPIRISMUS<br />

178<br />

Roman Schweidlenka<br />

Die meisten „Vampire“ sind Mitglieder der <strong>schwarze</strong>n <strong>Szene</strong> und betreiben den<br />

Vampirismus als Mode, Gesellschaftsspiel, künstlerische Gestaltung oder Zeitvertreib,<br />

meist verbunden mit einer Mittelaltersehnsucht, einer Ablehnung der modernen<br />

Gesellschaft und magischen Übungen. Beliebt sind Vampir-Rollenspiele (u.a. White<br />

Wolf, Requiem, Dracula Ressurrection etc.), bei denen die Spieler in die Rolle der<br />

dämonischen Fabelwesen schlüpfen. Die Vampir-Spiele sind meist in der modernen<br />

Welt angesiedelt, in der aber neben den Menschen allerlei Spukwesen der Dunkelheit<br />

leben.<br />

Eine Minderheit sieht sich im Gegensatz dazu als „echte“ Vampire, nicht als<br />

Menschen. Sie schreiben sich im Gegensatz zu den Vampiren „Vampyre“. In dieser<br />

<strong>Szene</strong> ist Menschenbluttrinken, verbunden mit kriminellen Handlungen (bis hin zum<br />

Ritualmord als extreme Randerscheinung) eine beliebte Praxis. Während es in<br />

Deutschland damit bereits Probleme gibt beschränkt sich in der <strong>Steiermark</strong> nach<br />

vorliegender Erkenntnislage das Interesse auf Anfragen, intellektuelle Beschäftigung<br />

und den Wunsch nach Aufklärung.<br />

Höchst bedenklich ist „Das Buch Noctemeron. Vom Wesen des Vampirismus“ des<br />

Frater Mordor, erschienen im satanistischen deutschen Bohmeier Verlag. In diesem<br />

Buch werden zahlreiche Tötungsarten erklärt, verschiedene Formen des<br />

Bluttrinkens (auch tödliche) und okkulte Ritualmorde beschrieben und die Bildung<br />

geheimer schwarzmagischer Okkultzirkeln empfohlen, die an Sekten erinnern.<br />

„Verrätern“ droht der Tod. Feindbilder sind die moderne Gesellschaft und staatliche<br />

und kirchliche Stellen. Während in Deutschland der Verkauf des Buchs an Jugendliche<br />

unter 18 Jahren verboten ist, ist es in Österreich in den Buchhandlungen frei<br />

zugängig.


Im dunklen Blutreich des Frater Mordor<br />

Eine Analyse vampiristischer Blutergüsse in Buchform<br />

Seit Oktober 2005 ist der Verkauf des Buches (1. Band) an Jugendliche unter 18<br />

Jahren in Deutschland verboten. Das Buch darf in den Buchhandlungen auch nicht<br />

sichtbar aufgelegt werden. In Österreich gibt es eine derartige Bestimmung nicht.<br />

Beiträge mancher Autor sind darin anonym. Das Buch wird als „voodooistsich,<br />

vampiristisch, grausam, nekrophil, kannibalistisch, sexistisch, blutig“ beworben. Als<br />

mögliche Nebenwirkungen werden angegeben: Alpträume, Phobien,<br />

Gerichtsprozesse, Kontrollverlust, psychische und physische Störungen, Krankheiten,<br />

Verwirrungen. 714 Die Praktiken werden durchaus richtig als gefährlich bezeichnet. 715<br />

Wahnsinn ist nicht ausgeschlossen. 716<br />

Das Buch wurde von einem angeblichen echten Vampyr geschrieben. Elitär ist die<br />

Vampyrgesellschaft: Die „Erhabenheit unserer Rasse“ wird beschworen. 717 „Wir<br />

sind die Höllenengel“. 718 Wahre Vampyre sind angehalten, treue Knechte um sich zu<br />

scharen. 719 Keine staatlichen und moralischen Gesetze gelten für den Vampyr, er ist<br />

Weltenherrscher und Despot. 720 Dazu hat er die ewige Jugend. 721 Gegner sind<br />

dezidiert staatliche und kirchliche Stellen, die nicht wissen, „wie nahe ihre Vernichtung<br />

ist.“ 722<br />

Da die Bücher von einem „echten“ Vampyr geschrieben sind, gibt es vielfältige<br />

Polemiken und Abwertungen der Goths, der „Pseudo-Vampirszene“ und der<br />

Vampir-Spiele-Fans. 723<br />

714 Mordor 2007, S.4.<br />

715 Ebda, S.11.<br />

716 Ebda, S.14.<br />

717 Ebda, S.105.<br />

718 Ebda, S.123.<br />

719 Ebda, S.108.<br />

720 Ebda, S.22 und S.182.<br />

721 Mordor 2005, S.210.<br />

722 Mordor 2007, S.239.<br />

723 Vgl. Mordor 2007, S.24f, S.176f; Mordor 2005, 207.<br />

179


Die Bücher versuchen zu werben: In der Esoterik-, Hexen-, Magier-, Goths - <strong>Szene</strong>:<br />

Sucht doch den wahren Vampyrismus! U.a. in den entsprechenden Chat-Räumen des<br />

Internet. 724 Strebt doch nach mehr!<br />

Esoteriker werden vor allem im zweiten Band 725 angesprochen, wo eine durchaus<br />

missbräuchliche Einführung in die europäische und östliche Esoterik, u.a. in den<br />

Taoismus erfolgt. (z.B. Tao als „<strong>schwarze</strong> Pilgerfahrt“ 726 ) Eine neue Zeit, ein neues<br />

Jahrtausend wird beschworen. 727 Auch der Bezug zu gängigen, in Teilen der Eso-<br />

<strong>Szene</strong> beliebten Weltverschwörungstheorien ist gegeben. 728<br />

Morde werden bejaht, ja gefordert: Weit weniger Menschen können von Vampyren<br />

getötet werden als weltweit verhungern: 729<br />

180<br />

„Wir töten und vernichten weil wir es wollen.“ 730<br />

„Wir sind die Jäger der Menschen und hielten ursprünglich das Gleichgewicht seiner<br />

Entwicklung … Ein lebensfähiges Gleichgewicht kann nur hergestellt werden, wenn die<br />

menschliche Population um 20% reduziert wird. Wir sind die Jäger …“ 731<br />

„Wir sind die Hüter der Welt!<br />

Wir sind die Jäger der Menschen!“ 732<br />

Mord an Menschen als ökologisch notwendige Tat!<br />

Das Naturbild ist geprägt von „Fressen und Gefressenwerden“ 733 . „Das Leben ist ein<br />

Kampf und letztlich überleben nur die Fähigsten.“ Extremer Sozialdarwinismus, eine<br />

wichtige ideologische Basis aller rechtsextremen Weltanschauungen, wird deutlich: „In<br />

724 Mordor 2007, S.25.<br />

725 Mordor 2005, passim.<br />

726 Mordor 2005, S.172.<br />

727 Ebda, S.19.<br />

728 Mordor 2005, S.201, S.204.<br />

729 Mordor 2007, S.20.<br />

730 Ebda, S.20.<br />

731 Ebda, S.28.<br />

732 Ebda, S.28.<br />

733 Ebda, S.28.


einem Kampf selbst gibt es keine Moral oder Fairness.“ 734 Der Mensch ist ein Werwolf.<br />

„Es sind die Zähne eines Raubtieres, die wir hinter unseren leumündigen Lippen<br />

tragen. Es sind keine Werkzeuge, um einen romantischen Adlerlass zu gewährleisten,<br />

keine Spielzeuge, um sacht ein Gefäß zu punktieren und tröpfchenweise das Blut zu<br />

vergießen – wir haben die Fänge der Jäger und sie dienen zum Reißen der Beute. Sie<br />

verursachen klaffende Wunden und sprudelndes Blut – und den Tod.“ 735 Und: „Dein<br />

Weinen und Flehen wird dich nicht schützen.“ 736<br />

Säuglinge und bedeutende Persönlichkeiten sollen nur bei absoluter Notwendigkeit<br />

gejagt werden.<br />

„Außer den Geschützten können alle Menschen vogelfrei genannt werden. Ihr<br />

Blut ist das Recht aller Schatten.“ 737<br />

„Du hast das Recht, jene zu vernichten, die dir (deine) Rechte verweigern.“ 738<br />

Meditationssätze wie: „Ich verschlinge die Nahrung lebendig: ich esse lebendige<br />

Menschen.“ Finden sich im Buch. 739 Satanisch-schwarzmagische Rituale zur<br />

Vernichtung von Feinden unter Anrufung Lucifers werden vorgestellt. 740 Auch<br />

Blutrituale zur Einweihung von Kindern. 741<br />

Die Bildung geheimer schwarzmagischer satanischer Ordenszirkeln wird angeordnet,<br />

die sich gegenüber der Gesellschaft absolut tarnen müssen. Das bedeutet: Auch keine<br />

auffällige Kleidung. Menschenbluttrinken muss im Geheimen erfolgen. Die Orden sind<br />

autoritär-hierarchisch aufgebaut. Verräter werden von den „Ältesten“ „mit allen<br />

Konsequenzen aus(ge)merz(t).“ 742 Das Todesurteil wird von silbernen Rittern mit engen<br />

Sehschlitzen durchgeführt, die sich gegenseitig nicht kennen dürfen. Der Abtrünnige<br />

734 Mordor 2005, S.23.<br />

735 Mordor 2007, S.104.<br />

736 Ebda, S.105.<br />

737 Ebda, S.115.<br />

738 Ebda, S.128.<br />

739 Ebda, S.154.<br />

740 Ebda, S.261-263.<br />

741 Ebda, S.270f.<br />

742 Mordor 2007, S.112, S.128, S. 282f.<br />

181


wird von Schwerthieben zerteilt. 743 Diese Orden haben einen extremen<br />

Sektencharakter.<br />

Blutgewinnung, Bluttrinken wird in allen Varianten, auch den tödlichen, genau<br />

beschrieben. 744 „Der Vampir … definiert sich durch die Aufnahme der Lebensenergie<br />

anderer Wesen, um seine eigene Macht zu potenzieren. Diese Absorption geschieht<br />

vorwiegend über das Medium Blut.“ 745 Auch genaue ausführliche Anleitungen zum<br />

effektiven Töten und Morden werden gegeben. 746 Auch Anweisungen, wie man<br />

Kopftrophäen getöteter Gegner mumifiziert, finden sich. 747<br />

182<br />

Dazu gibt es das „Gebet“ an den „Geist der Finsternis“:<br />

„Mache mich zum Männerfresser.<br />

Mache mich zum Frauenfresser.<br />

Mache mich zum Kinderfresser.<br />

Mache mich zum Werwolf.“ 748<br />

„Twilight“ – die neue „Mormonen-Bibel“?<br />

Alexandra Koch<br />

Abseits der von Schweidlenka beschriebenen „Vampyrgesellschaft“ rund um Frater<br />

Mordor, entstand ein über die Mitglieder der <strong>schwarze</strong>n <strong>Szene</strong> hinaus bekannter Hype<br />

zum Thema Vampire. Die Anhänger des neuen Vampir-Trends sind aber nicht einer<br />

der ausdifferenzierten Unterkategorien aus der „<strong>Szene</strong> der Vampire“ beizuordnen. Es<br />

sind „einfach nur“ Fans der vielen neuen Vampir-TV-Serien, –Filme und natürlich der<br />

dazugehörigen Stars bzw. Starletts. Die wenigsten gehören dabei zu den oben<br />

erwähnten „Vampir-Kategorien“ – dem Lifestylevampir, dem geistigen oder<br />

743 Ebda, S.159f.<br />

744 Ebda, S.183-189.<br />

745 Mordor 2005, S.205.<br />

746 Mordor 2007, S.189-191.<br />

747 Ebda, S.194.<br />

748 Ebda, S.237.


alternativen Vampir, oder dem Realvampire, auch Vampyres genannt. 749 Dennis Sand<br />

meint dazu, dass „der Vampir […] den Sprung in die Lebenswelt geschafft [hat], [und]<br />

er […] Teil der Populärkultur [geworden ist]“. 750 Denn der Vampir-Interessierte<br />

beschäftigt sich nicht (nur) des Blutrinkens oder Pfahltötens wegen damit, vielmehr<br />

geht es um die Fragen der eigenen Identität. Jeder Jugendliche ist heut zu tage<br />

geprägt von dem Wunsch der von der Gesellschaft geforderten Individualität und<br />

gleichzeitig dazu doch angepasst bzw. akzeptiert zu sein: Individualität durch<br />

Gruppenzugehörigkeit. Dabei begleiten uns – nicht nur im Jugendalter – immer<br />

ähnliche Fragen: Wer bin ich, wohin gehöre ich und welchen Platz nehme ich in der<br />

Gesellschaft ein? Weniger offensichtlich vielleicht fragt man sich in Zeiten der<br />

Reizüberflutung auch, ob man denn integriert genug in die bekannte Leitkultur ist bzw.<br />

wie man sich sonst seinen Platz in alternativen Lebensformen finden könnte? Hinzu<br />

kommt der neue Umgang mit der Frage nach Gut und Böse der Postmoderne,<br />

welchen die Unterhaltungsindustrie nur zu gerne aufgreift und in Büchern und Filme<br />

abhandelt. In Fantasy-Blockbustern werden die Protagonisten dabei bewusst in ein<br />

Spannungsfeld von traditionellen Wertevorstellungen und der jetzigen scheinbar<br />

unbegrenzten Liberalität gesetzt, mit welchem sich die Jugendlichen Suchenden nur<br />

allzu gern beschäftigen/identifizieren. 751<br />

Und genaue diese Suche nach Identität nutzen unter anderem auch religiöse<br />

Gemeinschaften, um ihre Ansichten und „Lösungsvorschläge“ – teils versteckt, teils<br />

offensichtlich – unter Jugendliche zu streuen…<br />

749 Lifestylevampir: von literarischen Vorlagen inspirierte Vampirfans, die sich hauptsächlich mit der<br />

Vergänglichkeit auseinandersetzen und ‚nur’ als Modeerscheinung in der <strong>Szene</strong> gelten.<br />

Alternativer Vampir: gehen davon aus eine vampirische Seele in ihrem Körper zu haben. Sie ernähren<br />

sich nicht von Blut, sonder von der Lebensenergie anderer Personen.<br />

Realvampir/Vampyr: sind in ihrer Selbstwahrnehmung Vampire, die sich durch sogenannte ‚Spender’<br />

und ohne Gewaltanwendung on Blut ernähren müssen.<br />

Vgl.: Sand, Dennis: Der wahre Vampir trinkt nur Blutkonserven. In: Welt-Online, 15.07.2010, in:<br />

http://www.welt.de/kultur/article8480440/Der-wahre-Vampir-trinkt-nur-Blutkonserven.html<br />

750 Zitiert nach ebda.<br />

751 Vgl.: Heimerl, Theresia, Was, wenn der Böse der Gute ist? Theologische und kulturtheoretische<br />

Anmerkungen zur Twilight-Saga, in: Münsteraner Forum für Theologie und Kirche 11/2009, in:<br />

http://www.theologie-und-kirche.de/twilight.pdf.<br />

183


…denn wer weiß schon, dass „Edward und Bella“ Erfindungen einer gläubigen und<br />

praktizierenden Mormonin 752 sind?<br />

Die von der amerikanischen Autorin Stephenie Meyer verfasste „Bis(s)-Tetralogie“ –<br />

meist als die „Twilight-Romane“ bekannt, war Auslöser für den neu entstandenen<br />

Rummel rund um die blassgesichtigen Geschöpfe. Mit Erscheinen des ersten verfilmten<br />

Teils von „Twilight“, „Twilight – Bis(s) zum Morgengrauen“ 753 , entstand auch im<br />

europäischem Raum eine regelrechte Hysterie rund um einen recht neuen Typus von<br />

Vampirgeschichte.<br />

Unter Kinokritikern gerne und oft als seichter und langweiliger Teenager-Vampirfilm<br />

abgetan, werden die fünf Verfilmungen (der letzte der vier Teile wird in zwei Filme<br />

aufgesplitet) aber hinsichtlich des bereits erzielten und zukünftig wohl noch größeren<br />

Erfolgs gerne als Nachfolger der „Harry Potter“ Filme gehandelt.<br />

Der Inhalt, der innerhalb von vier Jahren geschriebenen Romanvorlage, lässt<br />

angesichts der Tatsache, dass sich „weiblicher Teenie in jugendlich-gutaussehenden<br />

Vampir verliebt“, kaum bis gar nicht auf einen mormonischen Zusammenhang<br />

schließen. Schon oft behandelte Teenageremotionen wie Liebe, Freundschaft,<br />

Vertrauen, wie auch Hass, Tod und Eifersucht sind Grundpfeiler der Erzählungen<br />

Meyer“s, mit dem Unterschied, dass sie in eine Liebesgeschichte zwischen einem<br />

„normalen“ 17-jährigen Mädchen und einem schon über hundert Jahre alten 17-<br />

jährig-gutaussehenden Vampir eingebettet sind. Auch keine gänzlich neue Geschichte,<br />

aber in ihrer Ausführung und Intensität soweit verändert, dass neben der<br />

Hauptzielgruppe der 12 bis 18-jährigen Mädchen, diesmal auch besonders deren<br />

752 In den meisten Fällen wird der Begriff ‚Mormone’ mit dem eines Mitgliedes der ‚Kirche Jesu Christi<br />

der Heiligen der Letzten Tage’ – im Deutschen abgekürzt mit HLT, im Englischen mit LDS für ‚Latter Day<br />

Saints’ – gleichgesetzt. Der Ausdruck ‚Mormone’ leitet sich vom Propheten Mormon ab, welcher als<br />

einer der Redakteure des ‚Buches Mormon’ gilt. Da das ‚Buch Mormon’ – neben der Bibel – für alle von<br />

der Hauptkirche LDS abgespaltenen Glaubensgemeinden als Heilige Schrift gilt, sollte der Begriff<br />

‚Mormone’ richtigerweise als Überbegriff für alle auf mormonischer Glaubensbasis existierenden<br />

Gemeinden verwendet werden. Um Missverständnisse zu vermeiden, wird in den folgenden<br />

Ausführungen auf die herkömmliche Handhabung – der Begriff ‚Mormone’ als Synonym für ein<br />

Mitglied der LDS – zurückgegriffen. Falls anders gehandhabt, wird im Einzelnen darauf verwiesen.<br />

753 Twilight – Bis(s) zum Morgengrauen, engl: Thwilight (Catherine Hardwicke USA, 2008).<br />

184


Müttergeneration angesprochen wird. Schmerz und Sehnsucht sind dabei wohl die<br />

treibenden Kräfte. 754<br />

In welcher Beziehung steht „Twilight“ aber nun zu den Mormonen?<br />

Bei aufmerksamer Lektüre verschiedener Interviews mit der Autorin, der Dankesworte<br />

in ihren Büchern oder gar ihrer Homepage, eröffnet sich den Interessierten die<br />

Tatsache, dass Meyer zeit ihres Lebens gläubige, praktizierende Mormonin (LDS) ist.<br />

Dabei betont sie vorbehaltlos, wie intensiv die Inhalte ihrer Romane mit den Lehren<br />

ihrer Kirche verbunden sind. Zurückhaltender ist sie allerdings bei einer detaillierteren<br />

Darstellung dieser Verbindungen zwischen einer nach außen hin so erzkonservativen<br />

wie wirtschaftlich fortgeschrittenen Glaubensgemeinschaft und ihrer Liebesgeschichte<br />

zwischen einem „normalen“ Teenagermädchen und einem Vampir. Die Frage, was<br />

ein Vampir mit den Lehren und/oder der Lebenswelt von Mormonen zu tun hat, stellt<br />

sich also unweigerlich.<br />

Bevor aber eine Analyse der Romane Meyers hinsichtlich mormonischer Einflüsse<br />

angestellt wird, soll zunächst ein kurzer Einblick in den Inhalt der vier Teile der<br />

Romanserie gegeben werden.<br />

Weibliche Hauptprotagonistin ist Isabella Swan, die in einen kleinen, tristen Ort<br />

namens Forks zieht, um bei ihrem Vater zu leben. In der Schule lernt sie Edward<br />

Cullen kennen, der mit seinen „Geschwistern“ ein abgeschiedenes Teenagerleben<br />

führt. Grund dafür ist, dass die Cullens allesamt Vampire von einem neuartigen – von<br />

Meyer kreiertem – Schlag sind, sie sind nämlich „Vegetarier“. Damit ist gemeint, dass<br />

sie sich nicht, wie üblich, von Menschenblut ernähren, sondern eine so hohe<br />

Selbstbeherrschung aufbauen, dass sie sich von Tierblut ernähren können. Diese<br />

Beherrschung gelingt nur im engen Zusammenleben und Zusammenhalt der Familie,<br />

was der typischen Lebensweise eines Vampirs entschieden widerspricht. Ein weiterer<br />

Grund für Edwards Entscheidung für diese ungewöhnliche Lebensweise ist der<br />

Wunsch, dass er nicht als Monster wahrgenommen werden will. Bella, für ein 17-<br />

jähriges Mädchen ebenfalls auffällig zurückgezogen, befasst sich alsbald mit dem<br />

754 Mehr über die Hintergründe der Meyer Romane in: Bardola, 2009 und Gresh, 2009.<br />

185


überaus attraktiven wie auch scheuen und undurchschaubaren Edward. Intensiviert<br />

wird ihr Interesse an ihm, als er ihr auf spektakuläre Art und Weise das Leben rettet.<br />

Kurz darauf kann sie das Geheimnis Edwards und seiner Familie lüften und einer<br />

Liebesromanze und (schwierigen) Eingliederung in die Familie steht nichts mehr im<br />

Wege. Probleme mit „nicht-vegetarischen“ Vampiren, eine Trennung auf Zeit von Bella<br />

und Edward, das Erstarken von Bellas Freund Jacob – einerseits als Werwolf, und<br />

andererseits in Bezug auf seine Zuneigung zu Bella – die zunächst unüberwindbar<br />

scheinende Kluft zwischen Vampiren und Werwölfen und die endgültige Vereinigung<br />

von Bella und Edward sowie deren Folgen, sind die beherrschenden Themen in den<br />

folgenden drei Romanen.<br />

Die Inhalte geben im ersten Moment wenig über den möglichen Einfluss<br />

mormonischer Vorstellungen preis.<br />

Am Beispiel von Glaubensgrundsätzen, Werten und Moralvorstellungen des<br />

Mormonentums soll nun versucht werden, die nicht immer sofort zu erkennenden<br />

Verbindungen zur „Twilight-Saga“ sichtbar zu machen. 755 Die<br />

Religionsgemeinschaft/en der Mormonen wird/werden in den Büchern an keiner Stelle<br />

namentlich erwähnt, auch direkte Verweise auf bekannte mormonische Riten werden<br />

vermieden. Wenn auch nicht offensichtlich vorhanden und von Meyer möglicherweise<br />

auch gar nicht beabsichtigt, so ist bei genauerer Betrachtung eine Vielzahl an<br />

mormonischen Merkmalen, Symbolen, Handlungsweisen und/oder Ritualen in allen<br />

vier Teilen erkennbar.<br />

Zur besseren Übersicht und Orientierung bei den zu vergleichenden Beispielen,<br />

werden eine entsprechende Auswahl aus der von der LDS erstellten Themenübersicht<br />

„Glaube und Lehre“ 756 und weitere von der Gemeinschaft angegebene Kernthemen<br />

als Grundgerüst verwendet.<br />

755 Die in diesem Abschnitt angeführten Verbindungen sind nur ausgesuchte Beispiele. Eine komplette<br />

Analyse findet man in jenem von der Autorin verfassten Werk: ‚Weltabgeschieden, erzkonservativ,<br />

strohtrocken?’ Mormonische Lebenswelten im Spannungsfeld zwischen Selbstwahrnehmung und<br />

medialer Darstellung, Graz, Leykam Verlag, 2010. S. 84-103.<br />

756 Siehe u. a. „Glaube und Lehre“, in: http://hlt.at/ueber-die-kirche/glauben-und-lehre.html.<br />

186


Ehe und Familie/Siegelung/Prägung<br />

Die deutlichsten Parallelen zur mormonischen Lebenswelt weisen die<br />

Moralvorstellungen und die Familienstruktur der Cullens im Roman auf. Schlagworte<br />

wie Enthaltsamkeit, Heirat, die Zeugung von Kindern, penible Hirarchievorstellung von<br />

Mann und Frau, oder die strikte Ablehnung von Sex vor der Ehe, Abtreibung und<br />

Ehebruch sind Hauptelemente der funktionierenden fiktiven Vampirfamilie wie auch<br />

einer gläubigen Mormonenfamilie bzw. überhaupt einer nach christlichen<br />

Wertevorstellungen lebenden Familie.<br />

Enthaltsamkeit bezieht sich dabei nicht nur auf die Sexualität, in Hinsicht auf das Wort<br />

der Weisheit wird damit auch der Verzicht auf Alkohol etc. angesprochen, was aber<br />

nicht Thema dieses Abschnitts ist.<br />

Jugendliche der LDS werden sehr früh auf „Sexuelle Reinheit“ 757 getrimmt:<br />

„Unterhaltet vor der Ehe keine sexuellen Beziehungen und seid dann später<br />

eurem Ehepartner absolut treu. Der Satan könnte euch versuchen, auf den<br />

Gedanken zu kommen, dass sexuelle Intimität vor der Ehe in Ordnung sei, wenn<br />

man verliebt ist. Das stimmt nicht.“ 758<br />

Bei Nichteinhaltung dieses Verbots hat man allerdings die Möglichkeit der inneren<br />

Umkehr und kann dabei auf die Vergebung des Herrn hoffen.<br />

Meyer setzt, getreu ihrer religiösen Überzeugung, auf die in den USA allgemein sehr<br />

populäre Praktik der Enthaltsamkeit bis zur Eheschließung. Kein Verbot hindert die<br />

Hauptprotagonisten an einer sexuellen Vereinigung, die physische Natur Edwards –<br />

die Unberechenbarkeit seiner Kräfte, die bei extremen Gefühlsausbrüchen nicht mehr<br />

kontrollierbar sind – lässt die beiden Jungverliebten zunächst in Enthaltsamkeit<br />

miteinander leben. Wie bereits Thöne erkennt, wird Geschlechtsverkehr gleichgesetzt<br />

mit Kontrollverlust. 759 Kontrollverlust wird in der mormonischen Gemeinschaft als<br />

Schwäche und Sünde empfunden. Je stärker man an Gott und an seine Gebote<br />

glaubt, desto weniger muss man davor Angst haben, auf den falschen Weg<br />

abzugleiten. Der Verlust der Kontrolle über sich, über seine/ihre Gefühle usw. zeugt<br />

757 Überschrift aus der Broschüre „Für eine starke Jugend“, LDS.<br />

758 Ebda. S. 26.<br />

759 Vgl. Thöne, 2009, S. 50.<br />

187


von zu wenig Glauben bzw. von einer falschen Entscheidung, die man für sich<br />

getroffen hat. Der eindringliche Hinweis im Film wie im Buch, auf Sex vor der Ehe zu<br />

verzichten, hat breite Kritik nach sich gezogen:<br />

188<br />

„Das spießige Weltbild ihrer Glaubensgemeinschaft spiegelt sich eins zu eins in<br />

den Romanen. Als Mormonin propagiert sie [Stephenie Meyer] Enthaltsamkeit<br />

vor der Ehe. Kein Sex vor der Hochzeit ist für [...] Meyer religiöse Pflicht. [...]<br />

Stephenie Meyers Romane passen perfekt in eine reaktionäre Weltanschauung,<br />

die in den USA weit verbreitet ist und sogar staatlich gefördert wird. Die<br />

Botschaft: Sex vor der Ehe ist gefährlich“ 760 ,<br />

oder:<br />

„Führe ein keusches und tugendhaftes Leben, fordert der Ehrenkodex der BYU<br />

[Brigham Young University 761 ], und irgendwie bringt Meyer das Kunststück fertig,<br />

aus der alten, doch immer erotisch aufgeladenen Vampirgeschichte ein<br />

Keuschheitstraktat zu formen.“ 762<br />

Dabei ist die Geschichte Meyers durchwachsen von erotischen und sexuell<br />

aufgeladenen <strong>Szene</strong>n und Gedanken, oder wie Freund es ausdrückt: „Meyers Prosa<br />

wird von Hormonen nachgerade geschwemmt.“ 763 In einer Zeit, in der Sex einerseits<br />

als Massenware gehandhabt wird, und der kategorische Imperativ „man muss Sex<br />

haben“ unübersehbare Bedeutung besitzt, wächst andererseits eine Front gegen die<br />

fortschreitende Banalisierung von Sex. Die (jugendliche) Anhängerschaft der<br />

Enthaltsamkeit vor der Ehe nimmt in den USA stetig zu, und auch in Europa ist ein<br />

solcher Trend inzwischen bemerkbar. Das Schlagwort „Heirat“ führt damit zum<br />

nächsten Punkt der Gegenüberstellung „Vampir-Mormonen“.<br />

Wie es die Kirche lehrt, strebt Edward zuerst eine Vermählung mit Bella an, bevor er<br />

sich auf sexuellen Kontakt mit ihr einlässt. Der Grund aber, weshalb Edward auf das<br />

760 Stamer, Dunja/Riek, Anna: Sehnsucht nach Keuschheit. 23.01.2009, in:<br />

http://www.aspekte.zdf.de/ZDFde/inhalt/15/0,1872,7507695,00.html.<br />

761 Universität der LDS<br />

762 Freund, Wieland: Stephenie Meyer. Mit Vamprien gegen Potter. 12.06.2008, in:<br />

http://www.welt.de/kultur/article2092236/Stephenie_Meyer_Mit_Vampiren_gegen_Potter.html.<br />

763 Ebda.


Eheversprechen besteht, hat nichts mit religiösen Hintergründen zu tun. Edwards<br />

Gründe könnten nach mormonischem Glauben als eher zweifelhaft angesehen<br />

werden. Nicht das Credo, dass<br />

„[…] körperliche Intimität […] ein heiliger Bestandteil der ehelichen Beziehung<br />

[ist]“, und „dadurch […] Kinder in die Familie [kommen], und die Bindung<br />

zwischen den Ehepartnern […] im Laufe ihres Lebens immer fester wird“ 764 ,<br />

ist treibende Kraft für Edwards Verhalten, sondern ein Versprechen, das er Bella<br />

abgerungen hat. Dieses besagt, dass sie erst dann in einen Vampir verwandelt wird,<br />

wenn sie ihn heiratet und ein Studium abschließt. Beides widerstrebt ihr, da sie die<br />

Vorstellung einer Hochzeit als veraltet ansieht und einem Studium nicht jenen Wert<br />

beimisst wie es die Cullens tun. Das weiß Edward und nutzt es zu seinen Gunsten aus.<br />

Zwar lässt sich vordergründig sexuelle Enthaltsamkeit als Ideal nach geradezu<br />

mormonischen Grundsätzen erkennen, doch sind die Beweggründe im gegebenen<br />

Fall andere.<br />

Erst im letzten Teil der Tetralogie kommt es zur Hochzeit zwischen den Hauptfiguren.<br />

Dabei sind die Motive, eine Ehe einzugehen, nicht nur in Bezug zu oben genannten<br />

Punkten im Buch/Film eine komplett konträre.<br />

Die „Proklamation an die Welt“ vom ehemaligen Präsidenten der Gemeinschaft,<br />

Gordon B. Hinckley, über die Familie besagt nämlich unter anderem:<br />

„Das erste Gebot, das Gott Adam und Eva gab, bezog sich darauf, dass sie als<br />

Ehemann und Ehefrau Eltern werden konnten. Wir verkünden, dass Gottes<br />

Gebot für seine Kinder, sich zu vermehren und die Erde zu bevölkern, noch<br />

immer in Kraft ist. Weiterhin verkünden wir, dass Gott geboten hat, dass die<br />

heilige Fortpflanzungskraft nur zwischen einem Mann und einer Frau angewandt<br />

werden darf, die rechtmäßig miteinander verheiratet sind.“ 765<br />

Zusammengefasst hieße das, dass es zum Hauptauftrag eines Menschen gehört, ein<br />

Kind zu zeugen, und das geht nach mormonischem Glauben erst nach der<br />

764<br />

Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Hg.): „Lass Tugend deine Gedanken zieren“,<br />

2006. S. 1.<br />

765<br />

Hinckley, Gordon B.: Die Familie. Eine Proklamation an die Welt. 23.09.1995, in:<br />

http://hlt.at/kirchenliteratur/familienproklamation.html?0=.<br />

189


Vermählung. Bella und Edward haben hingegen kaum mit dem Gedanken an ein<br />

Kind gespielt, noch weniger, eine Ehe aus dem einzigen Grund der Zeugung von<br />

Nachwuchs angestrebt. Dazu kommt noch, dass nach dem Roman die Geburt eines<br />

Vampirs, gezeugt von einem Vampir und einem Menschen, so gut wie unmöglich ist.<br />

Und trotzdem findet Meyer einen Weg, dieses Gebot einzulösen. Bella wird nach der<br />

Hochzeitsnacht, ganz dem Klischee einer (der vielen) konservativ-religiösen Ansicht(en)<br />

nach, schwanger. Abgesehen von den Schwierigkeiten und Turbulenzen die diese –<br />

alles andere als normale – Schwangerschaft mit sich bringt, hat sich die mormonische<br />

Grundidee einer (Gründung der) Familie wie ein roter Faden durch die<br />

Vampirgeschichte gezogen.<br />

Doch nicht nur die Verbindung Bellas mit Edward weist in vielen Gesichtspunkten<br />

Hinweise zu mormonischen Werten und Glaubensinhalten auf. Die Werwölfe, bzw.<br />

Wölfe das Pendant zu den Vampiren, heiraten nicht im herkömmlichen Sinne, sie<br />

werden „geprägt“. Diese Prägung wird nicht allen Werwölfen zuteil und diejenigen,<br />

die sie empfangen, können sich nicht dafür oder dagegen entscheiden, ebenso wenig<br />

können sie darauf Einfluss nehmen, an welchen Menschen sie geprägt werden.<br />

Prägungen sind in Meyers Romanen zwischen unterschiedlichen Geschlechtern, jedoch<br />

unabhängig vom Alter der Partner möglich. 766 Die Prägung sei mächtiger als die Liebe<br />

auf den ersten Blick und am ehesten als Finden eines Seelenverwandten zu verstehen,<br />

wird dem Leser vermittelt. Diese unlösbare Bindung ist vergleichbar mit der<br />

„Siegelung“, das Sakrament der Eheschließung unter Mormonen. Nach der LDS heißt<br />

es:<br />

190<br />

„Die Krönung heiliger Handlungen liegt in dem Sakrament der Eheschließung,<br />

auch Siegelung genannt. Ein besonders bevollmächtigter Geistlicher stiftet diese,<br />

über den Tod hinausreichende, ewige Verbindung, die dem Ziel dient, die<br />

Familie für immer zu vereinen. Voraussetzung für die Eheleute, um mit all ihren<br />

Angehörigen – Vorfahren und Nachfahren – in Ewigkeit vereint zu sein, ist die<br />

Beachtung von Regeln und Geboten und ein christlicher, gottgefälliger<br />

766 Jacob erfährt die „Prägung“ auf die Tochter von Bella und Edward zum Zeitpunkt von deren Geburt.<br />

Es hat also weniger etwas mit sexueller als mit seelischer Verbindung zu tun.


Lebenswandel, den der Ortsbischof mit einer schriftlichen Empfehlung zum<br />

Betreten des Tempels, Tempelschein genannt, attestiert.“ 767<br />

Somit werden ein gemeinsames Weiterleben (mit den Kindern) nach dem Tod und die<br />

Auferstehung ermöglicht. Paare, die sich nur standesamtlich trauen lassen, erlangen<br />

zwar die Erlösung, haben aber keinerlei Möglichkeit, jemals die Stufe eines Gottes zu<br />

erreichen. Das heißt, die Weiterexistenz der Ehe im Jenseits bedeutet nicht nur „ewige<br />

Liebe“, sondern ist auch Grundvoraussetzung eines weiteren Fortschritts in Richtung<br />

Gottwerdung. Die über den Tod hinaus gehende Ehe wird in Meyers Roman durch die<br />

Unsterblichkeit der Vampire symbolisiert. Zunächst nur an den Familienmitgliedern<br />

der Cullens ausmachbar (jeder hat seinen Partner bereits gefunden, außer Edward),<br />

wird durch die Verwandlung Bellas in einen Vampir (nach der Hochzeit) – gebissen<br />

von Edward – auch ihre Verbindung „lebenslänglich“. Diese unlösbaren und ewigen<br />

Zusammenschlüsse unter Vampiren und Werwölfen fungieren somit als Vorbild<br />

menschlichen (mormonischen) Zusammenlebens.<br />

Im Buch und Film kurz angeschnitten wird auch die Art des Zusammenlebens der<br />

Familie Cullens. Die Großfamilie Cullens ist in den Augen der nichtsahnenden<br />

Mitmenschen ein seltsames Konglomerat von Adoptivkindern, die untereinander<br />

wiederum Paare bilden. Dabei fallen Parallelen zu Großfamilien, wenn nicht sogar<br />

polygam lebenden Familien auf. Die wichtige soziale und wirtschaftliche Funktion und<br />

Absicherung, die einer Großfamilie zugeschrieben wird, kann auch der Familie<br />

Cullens beigemessen werden. Als nicht nur unter Menschen ungewöhnlich wirkende<br />

Familie, sind die Cullens auch für andere, „normal Blut trinkende“ und meist<br />

alleinstehende, Vampire alles andere als herkömmlich und sind dadurch immer<br />

Anfeindungen ausgesetzt. Der Zusammenschluss zu einer großen Gruppe ermöglicht<br />

ihnen, sich gegen Angreifer zu verteidigen, um ihr auserwähltes Leben nach ihren<br />

Maßstäben leben zu können. Klingt vertraut, oder?<br />

767 „Tempel“, in: http://hlt.at/familie-und-tempel/tempel.html?0=.<br />

191


Offenbarungen<br />

Nicht gerade typische Charakteristika eines Vampirs sind die verschiedenen<br />

übernatürlichen Kräfte, die jeder einzelne im Buch vorkommende Vampir, auch jene,<br />

die nicht der Cullens-Familie angehören, aufweisen kann. Besonders die Fähigkeit des<br />

„Sehens“ erinnert sehr stark an die Offenbarungen des Religionsgründers Joseph<br />

Smith jun. Insbesondere die Gabe der Figur Alice, einer „Schwester“ Edwards, in die<br />

Zukunft schauen zu können, ähnelt jener Smiths und seiner Nachfolger bezüglich<br />

seiner/ihrer Prophezeiungen. Dabei wäre zu beachten, dass die Zukunftsvisionen nicht<br />

immer haltbar gemacht werden können, da sie abhängig von den Entscheidungen der<br />

Umwelt sind. Dennoch nimmt Alice in der Geschichte die Stellung einer so genannten<br />

„Offenbarungsempfängerin“ ein, wie es die Propheten und Präsidenten, aber auch<br />

jeder Gläubige (natürlich nur im privaten Ausmaß), sind und sein können. An den<br />

Reaktionen und Entscheidungen, die auf die fiktiven wie auf die „realen“ (natürlich in<br />

keiner Weise nachweisbaren) Offenbarungen erfolg(t)en, ist eine absolute Hörigkeit<br />

oder, abgeschwächt formuliert, ein absolutes Vertrauen auszumachen. Dabei ist ein<br />

schon immer behandelter Diskussionspunkt jener der Glaubhaftigkeit der<br />

Offenbarungen. Denn nur allzu oft hatten Präsidenten „Eingebungen“ zur rechten Zeit<br />

– beispielsweise wenn Smith die offenbarten Worte, die zusammengefasst als Wort der<br />

Weisheit bekannt wurden, und deren Inhalt zum Verbot von Tabak (z.B.) führten,<br />

gerade zu dem Zeitpunkt erhielt, als sich seine Frau Emma über den übermäßigen<br />

Konsum von Pfeifen und Zigaretten in ihrem Haus beschwerte. Ebenso verdächtig<br />

erscheint die Offenbarung, die Wilford Woodruff gerade im Jahre 1890 ereilte, als die<br />

Gemeinschaft der Mormonen enorm unter dem Druck der amerikanischen Regierung<br />

stand, die Praktizierung der Vielehe aufzugeben, um ein anerkannter Bundesstaat –<br />

Utah – der USA werden zu können. Diese besagte angeblich, dass Gott den<br />

Gläubigen aufgrund der veränderten Umstände nun doch vorschrieb, von der Lehre<br />

der Polygamie abzulassen und den von der amerikanischen Regierung verlangten<br />

Verzicht zu unterschreiben. Die Offenbarung war aber eigentlich „nur“ ein Manifest,<br />

welches eine unter Druck getroffene Entscheidung beinhaltete. Zudem handelte es sich<br />

ja um einen Betrug, da dieses neue „Gesetz“ von den wenigsten umgesetzt oder<br />

eingehalten, und die Mehrehe weiterhin praktiziert wurde. Interessant ist die Tatsache,<br />

192


dass Woodruff kurz vor dieser Offenbarung immer wieder lehrte und auch offenbarte,<br />

dass man in keiner Weise von dieser von Gott gegebenen Lehre absehen sollte und<br />

dem Rest der USA sogar mit Zerstörung drohte, sollte dieser seine Haltung in Bezug<br />

auf die Polygamie nicht ändern. 768<br />

Diese willkürlich anmutende Verwendung angeblicher Offenbarungen zur Steuerung<br />

von Vorgängen ist in ähnlicher, nur nicht negativ dargestellter Form, bei Alices<br />

„Prophezeiungen“ erkennbar. Sie verlässt im letzten Teil der Buchreihe ihre Familie<br />

sogar für kurze Zeit, um sie in ihren Entscheidungen nicht zu beeinflussen, damit die<br />

Dinge ihren erhofften richtigen Lauf nehmen können. Steckt hinter dieser<br />

Beschreibung des Umgangs mit übernatürlichen Kräften ein leiser Vorwurf Meyers an<br />

die Autoritäten der Kirche, ihre Offenbarungen zu sehr zu ihren Gunsten und nicht<br />

zum Nutzen der Gemeinde einzusetzen? Jedenfalls wird auch bei diesem Punkt wieder<br />

sehr deutlich, welcher Einfluss „Entscheidungen“ auf zukünftige Geschehnisse in den<br />

Vorstellungen der LDS beigemessen wird.<br />

Fazit<br />

Die Werte und Moralvorstellungen, welche die LDS predigt und lebt, sind in Bezug auf<br />

„Enthaltsamkeit“, „Heirat“ und „Familiengründung“ als gängige und tradierte Muster<br />

der Gesellschaft natürlich auch Nicht-Mormonen bekannt. Nicht nur die<br />

Entstehungsgeschichte weist darauf hin, dass die LDS eine von vielen Neu-<br />

(amerikanischen)-Christenformierungen des 19. Jahrhunderts ist; insbesondere die<br />

Selbstzuschreibung, die einzigen wahren Christen zu sein, zeugt vom unmittelbaren<br />

Einfluss christlich-, moralischer Grundsätze, Lehre und Werte. Die Miteinbeziehung der<br />

Bibel (des Alten Testaments) in die „mormonischen Heiligen Schriften“ hat natürlich<br />

zur Folge, dass viele Grundsätze, welche in der Analyse der „Twilight-Bücher bzw.<br />

Filme“ als mormonisch gewertet wurden, auch als rein christliche gesehen werden<br />

können. Dem ist ohne weiteres zuzustimmen, doch ist – wie gezeigt – zu beachten,<br />

dass zudem spezifisch mormonische Lehren und Vorstellungen, neben den<br />

768 Vgl. u. a. : Rudolph, Holger, Mormonen und Polygamie, in: http://www.mormonismusonline.de/index.php?inc=body_polygamie.htm.<br />

193


oberflächlich „nur“ christlich anmutenden Argumenten, in den Büchern wie auch im<br />

Film herausgefiltert werden können. 769<br />

Zu hinterfragen wäre der Missionsgehalt und die Intensität des Einflusses auf die<br />

Jugendkultur, der einer so weltbekannten Buchreihe innewohnt. Ob Meyer die<br />

Gedankenmuster ihrer Kirche nun bewusst oder unbewusst in ihre Erzählungen<br />

eingebracht hat, kann – auch wenn sie selbst es nicht ausschließt, aus Intuition<br />

gewisse Punkte miteinbezogen zu haben – nicht mit Gewissheit herausgefunden<br />

werden, wäre in der Geschichte der Literatur aber auch kein absolutes Novum. Da die<br />

LDS aber die Mission als einen zentralen Lebensinhalt jedes Gläubigen ansieht und<br />

männlichen Mormonen ab 19 Jahren sowie neuerdings auch Frauen ab 21 Jahren<br />

nahegelegt wird, in die Welt zu gehen und die Lehren ihrer Kirche hinauszutragen, ist<br />

man geneigt, einen Missionshintergrund erkennen zu wollen – besonders in Hinsicht<br />

auf die jugendliche Zielgruppe. Wesentlich einfacher, schneller und kostengünstiger ist<br />

es natürlich, wenn ein Buch (oder mehrere Bücher) die Aufgabe der Missionare/innen<br />

zusätzlich unterstützt. Es wäre natürlich unbedacht, zu glauben, dass Leser/innen von<br />

Meyers Büchern nun ohne weiteres zur LDS konvertieren würden; doch allein die<br />

Begeisterung der noch sehr jungen und leicht beeinflussbaren Teenager (und der<br />

älteren weiblichen Generation, die in diesem Thema möglicherweise tief vergrabene<br />

Träume wieder zu finden glauben) über die anzustrebende Enthaltsamkeit in<br />

Verbindung mit der wahren Liebe zeigt, wie leicht sich aktuell anmutende<br />

Verhaltensweisen (liberale Einstellung zu Sex und Beziehung) durch neue ersetzen<br />

lassen. Wenn es der LDS (und anderen konservativen Gruppierungen) gelingt,<br />

konservativen und als veraltet angesehenen Lebensweisheiten zu neuer Popularität zu<br />

verhelfen und sich einige Menschen anschicken, jenen zu folgen, dann ist ein wichtiger<br />

Schritt in Richtung Mission bereits getan. Entsprechen nämlich bereits wesentliche<br />

Einstellungen und Überzeugungen jener, die Missionare einer religiösen Gruppierung<br />

vertreten und transportieren, verringert sich damit automatisch die Distanz, und die<br />

Empfänglichkeit für neues Gedankengut ist wesentlich höher.<br />

769 Zu einer ‚rein‘ christlichen (katholischen) Untersuchung des Films Twilight siehe: Heimerl: Was, wenn<br />

der Böse der Gute ist? 2009, in: http://www.theologie-und-kirche.de/twilight.pdf.<br />

194


Gastkommentar Schweidlenka:<br />

„Mit diesen Büchern wird subtil und unterschwellig der geistige Nährboden für<br />

eine erzkonservative Lebenseinstellung und Moral bereitet.“<br />

Mit einem Zitat über die Twilight-Romane, Vampire und heutiger Jugendkultur von<br />

Bruno Amatruda aus dem Artikel „Vampire im Schulzimmer“ schließt dieser Exkurs:<br />

„Die Botschaft der Twilightbücher ist wohl an die (real existierende oder<br />

intendierte?) postmoderne Jugend gerichtet, die irgendwann merkt, dass ewig<br />

jung, schön und ungebunden zu sein, das Leben nicht sinnvoll macht. Der<br />

Zweifel, den die „guten“ Vampire in diesen Lebensentwurf einbrechen lassen, ist<br />

genährt von traditionellen Familienwerten und der Idee ewiger Liebe.<br />

Damit scheint allerdings der ursprüngliche Vampirmythos am Ende gelangt zu<br />

sein. Ein derart verbürgerlichter, ja „christianisierter“ Vampir ist eine Umkehrung<br />

dessen, was der Vampirmythos zu allen Zeiten darstellen wollte. Allein, der<br />

Mythos selbst ist ewig, nur seine Form verändert sich. Daher sind ihm auch in<br />

Zukunft neue Variationen der Vampirlegende zuzutrauen.“ 770<br />

770 Zitiert nach Amatruda, Bruno: Vampire im Schulzimmer. Religiöse und psychologische Aspekte des<br />

Vampirmythos, in: Tá katoptrizómena, Das Magazin für Kunst, Kultur, Theologie, Ästhetik, Heft 69, in:<br />

http://www.theomag.de/69/bram2.htm.<br />

195


6 DIE SZENE SIND WIR –<br />

DAS JUGENDKULTURZENTRUM eXplOsiV<br />

196<br />

Alex Mikusch<br />

Das Grazer Jugendkulturzentrum Explosiv ist einer jener Orte, an denen jugendliche<br />

Metal-, Punk-, Pop-, Hip Hop- und Rock Bands sowie diverse DJ–Richtungen die<br />

Chance erhalten, erstmals unter professionellen Bedingungen und öffentlich vor<br />

Publikum zu spielen. Hier finden aber auch etliche Konzerte bekannter Bands statt, die<br />

gut besucht sind.<br />

Ursprünglich gegründet, um sich mit den Anliegen und Problemen einer immer stärker<br />

werdenden jungen Musikszene in Graz zu beschäftigen, ist das „Explo“ heute aus dem<br />

steirischen Jugend- und Kulturleben nicht mehr wegzudenken. Der Trend Jugendlicher<br />

einer bestimmten Musikszene anzugehören, ist nach wie vor präsent – mit dem Zusatz,<br />

dass junge Menschen heutzutage Trends selbst auf die Beine stellen, aktiv in die<br />

Tasten hauen und Bands gründen.<br />

Seit Jahren leistet der 1988 gegründete Verein bereits anerkannte Kulturarbeit für<br />

Jugendliche. Nachdem das alte Explosiv Ende 2006 geschlossen werden musste,<br />

wurde das neue Explosiv 2010 an einem anderen Standort eröffnet und strahlt<br />

seitdem in hellem Glanz. Durch die Verlegung in den Industriekomplex der alten<br />

Zuckerlfabrik Engelhofer am Bahnhofgürtel 55a wurde das Explosiv unter der Leitung<br />

von Geschäftsführer René Molnar zum größten Jugendkulturzentrum der <strong>Steiermark</strong>.<br />

In den neuen Räumlichkeiten wird das ursprüngliche Konzept um einiges erweitert und<br />

ausgebaut. Auf insgesamt 1400 Quadratmetern finden Jugendpartizipation und<br />

Präventionsarbeit genügend Platz zur Verwirklichung.<br />

Unter Beteiligung von insgesamt rund 80 Jugendlichen wurde hier 3 Jahre lang<br />

umgebaut. Die Lage ist ideal – es liegt in der Industriezone, es gibt Grünflächen und<br />

Parkplätze, außerdem ist es wesentlich größer als vorher. Das Angebot ist riesig:<br />

regelmäßige Veranstaltungen, offener Jugendkulturbetrieb, verschiedene


Projekte, ein eigener Mädchenraum, 9 Proberäume und ein Tonstudio. Das<br />

Herzstück bilden eine große Konzerthalle für etwa 400 Besucher, sowie eine Chill-<br />

out-Zone im Barbereich, wo auch Konzerte in kleinerem Rahmen stattfinden können.<br />

Darüber hinaus finden im Explo auch Informationsveranstaltungen und<br />

Workshops zu den Themen Jugendkultur, Rechtsextremismus und Musik statt.<br />

Jugendkulturzentrum eXplOsiV<br />

Bahnhofgürtel 55a, 8020 Graz<br />

Tel: 0676 | 3478028<br />

office@explosiv.at, www.explosiv.at<br />

197


7 FÜR EINE OFFENE DISKUSSION<br />

198<br />

Veronika Strauß, 2004<br />

Das Einfließen von rechten Ideologien in die Metalszene ist kein Märchen, das die<br />

bösen Medien erfunden haben, sondern Tatsache. Ich selbst gehöre erst seit<br />

verhältnismäßig kurzer Zeit (etwa 5 Jahren) in den engeren „Dunstkreis“ des Metal,<br />

d.h. ich würde mich nicht als dem „eingeschworenen Kern“ der <strong>Szene</strong> zugehörig<br />

bezeichnen. Um meinen Blickwinkel etwas klarer darzulegen: ich gehöre zum in erster<br />

Linie konsumierenden Teil, d.h. ich besuche regelmäßig einschlägige Konzerte und<br />

Festivals, trage Band-Wear, lese <strong>Szene</strong>-Magazine, habe viele Bekannte/Freunde „in<br />

der <strong>Szene</strong>“ etc.<br />

Die (größtenteils) unkritische Einbindung von Gedankengut (vor allem Symbolen und<br />

Parolen) verschiedenster Kulturkreise und ideologischer Strömungen ist in der<br />

gesamten „Dark Scene“ nichts Ungewöhnliches. Meines Erachtens ist vor allem durch<br />

das verstärkte Bedürfnis der Menschen nach Spiritualität und Identitätsfindung in<br />

„hehren Kulturen“ (Keltentum, Germanen, indianische Kulturen, etc.) ein neues, altes<br />

Gefahrenpotential (wieder) aufgetaucht. Natürlich, auch die wissenschaftliche<br />

Beschäftigung mit diesen Themen hat sich dadurch verstärkt. Es ist aber nicht zu<br />

erwarten, dass sich jeder zuerst Gedanken über die Absicherung des<br />

Wahrheitsgehaltes und die meist mehrfachen Bedeutungen der verwendeten Begriffe<br />

macht. Die Neigung zu Okkultem („Verborgenem“; dieser Begriff wird leider häufig<br />

nur in seiner negativen Bedeutung verwendet) ist, so denke ich, beinah jedem<br />

Menschen eigen und hat in erster Linie mit Neugier zu tun! Das Lernen von<br />

Runenreihen, das Zeichnen von „bedeutungsschwangeren“ Symbolen und rezitieren<br />

von „magischen“ Formeln übt einen spielerischen Reiz auf viele aus. Sogar im „Bravo“<br />

bekommen die Leser Anleitung zu Liebeszaubertränken und ähnlich „Magischem“.<br />

Gefährlich wird es aber an dem Punkt, an dem sich jemand diese Neugier zu Nutzen<br />

macht und nicht mehr die Interessen des Individuums, das sich mit solchen Dingen<br />

beschäftigt, im Vordergrund stehen, sondern die Interessen einer Einzelperson oder


Gruppe, die ein bestimmtes Ziel verfolgt. Manipulation. Der wirksamste Schutz<br />

dagegen ist die kritische Auseinandersetzung mit den eigenen Lebensbereichen.<br />

Ich habe festgestellt, dass auf gezieltes Nachfragen nach möglicherweise<br />

rechtsradikalen Hintergründen von Bands gehäuft drei Arten von Reaktionen auftreten:<br />

- die Verharmlosung des Angesprochenen; regelrechtes „Herunterspielen“ auch<br />

immer wieder mit einer Anspielung auf die (angebliche) Engstirnigkeit des Fragenden<br />

und das „Diktat der Gesellschaft“.<br />

- Gleichgültigkeit, meist verbunden mit Aussagen wie „I hör net auf die Texte!“, „Mich<br />

interessiert nur die Musik, was die Typen sonst machen is mir wurscht!“ (Interessanter<br />

Weise kommen Aussagen dieser Art in erster Linie beim jüngeren Publikum (ca. 13-21<br />

Jahre) vor)<br />

- der/die Befragte sieht sich und die <strong>Szene</strong> angegriffen und reagiert verbal aggressiv.<br />

(„Immer auf uns!)<br />

Es stellt sich die Frage, aus welchem Grund solche Reaktionen auftreten. Unwissenheit<br />

oder bewusste/unbewusste „Verdrängung“ um die <strong>Szene</strong> zu schützen spielen sicherlich<br />

eine große Rolle.<br />

Eine interessante Dynamik hat auch die Vereinnahmung von randkulturspezifischem<br />

durch die Massenkultur in die Metal-<strong>Szene</strong> gebracht. <strong>Szene</strong>typische „Acessoires“ sind<br />

auf einmal „hip“ und werden bei großen Modemärkten en masse verkauft, Song-<br />

Klassiker werden ausgegraben, quasi entweiht, und im Fernsehen von „trendigen“<br />

Moderatoren angepriesen.<br />

Ist es da nicht verständlich, dass eine <strong>Szene</strong>, die sich zu einem guten Teil BEWUSST<br />

am Rand positioniert hat, WEIL man nicht so sein möchte wie die anderen, immer<br />

radikalere Mittel und Wege suchen muss um in der ach so toleranten Gesellschaft<br />

noch eine Identität zu finden? Ich habe mir oft überlegt, ob ich nicht mit den<br />

Bemühungen, die <strong>Szene</strong> von Vorwürfen des Satanismus und Rechtsradikalismus<br />

freizuschaufeln, auch die Seele der Bewegung mit Füßen trete. Vielleicht ist ein<br />

gewisser Abstand, eine Mystifizierung und auch Angst notwendig um die „Dark Scene“<br />

vor dem Ausverkauf zu bewahren?<br />

199


Nichts desto Trotz: Das Gefahrenpotential, das durch die Unterwanderung der <strong>Szene</strong><br />

entsteht ist zu groß um es unter dem Aspekt der Individualität unter den Tisch zu<br />

kehren. Es liegt nun an den Menschen die sich dieser <strong>Szene</strong> zugehörig fühlen, einen<br />

Schritt nach vorne zu machen und, auf der einen Seite die Toleranz gegenüber<br />

Andersartigem zu demonstrieren um selbst nicht unter die Räder zu kommen,<br />

andererseits aber auch dem „Rest der Welt“ zu zeigen, dass es sich sehr wohl um eine<br />

eigenständige, wichtige kulturelle Strömung handelt, die dieselbe Existenzberechthing<br />

hat wie andere.<br />

Die offene Diskussion und Förderung der eigenen Kritikfähigkeit ist meiner Meinung<br />

nach einer der besten Wege um einerseits den „Geist der <strong>Szene</strong>“ zu bewahren und<br />

gleichzeitig jene zu bremsen, die versuchen „gefährliches“ Gedankengut<br />

einzuschleusen.<br />

Zur überarbeiteten Auflage<br />

200<br />

Veronika Strauß, 2011<br />

Die Neubearbeitung dieser Fachbroschüre hat mich erneut darauf aufmerksam<br />

gemacht, wie aktiv und lebendig die Metal <strong>Szene</strong> ist. Ob noch immer oder schon<br />

wieder sei dahingestellt. Der permanente Diskurs erscheint mir nach wie vor<br />

wesentlich, sowohl für das Selbstverständnis der sich innerhalb dieser Kulturszene<br />

Bewegenden als auch für das Verständnis der Außenstehenden.<br />

Gerade die gegenwärtigen politischen Umwälzungen zeigen sehr deutlich, dass eine<br />

fruchtbare Diskussion nur zwischen Menschen stattfinden kann, welche solide<br />

informiert sind und die Grundbereitschaft zu einer zivilisierten Auseinandersetzung<br />

mitbringen. Politischer wie religiöser Fundamentalismus und Dogmatismus können<br />

dafür keinen fruchtbaren Boden bieten und so möchte ich mich, wie auch schon vor<br />

sechs Jahren, erneut für die Förderung der Kritikfähigkeit und den Mut zur offenen<br />

Diskussion hinsichtlich aller Belange unserer Gesellschaft aussprechen.


Durch die intensive Recherche-, Analyse und Schreibarbeit, die mir vorallem das<br />

Kapitel „Headbanger schocken das System“ beschert hat, konnte ich meinen Einblick<br />

in die Historie des metallischen <strong>Szene</strong>geschehens um ein Vielfaches erweitern. Es<br />

scheint, als habe sich seit der wissenschaftlichen Aufbruchsstimmung, zu der „Frau Dr.<br />

Death Metal“ Bettina Roccor mit ihren Arbeiten zum Thema Metal sicher wesentlich,<br />

wie schon innerhalb des Textes angemerkt, beigetragen hat, zwar einiges in<br />

Bewegung gesetzt, sieht man sich die Arbeiten aber im Detail an erwächst die<br />

Vermutung, dass es immer noch zu wenige sind, die NEUE Erkenntnisse zur <strong>Szene</strong><br />

publizieren. Einige Werke werden fast überall – und wie ich eingestehen muss: auch in<br />

dieser Broschüre – wiedergekäut. Das besondere an der Neuauflage der „Schwarzen<br />

<strong>Szene</strong>“ sind vor allem die vielfältigen und vielfärbigen Einschätzungen der Experten<br />

aus unterschiedlichsten wissenschaftlichen und szeneinternen Kreisen denen ich<br />

vielmals für ihre Unterstützung danken möchte. Erst ihre Beiträge und auch ihre<br />

moralische Unterstützung während des Schreibprozesses geben dem vorliegenden<br />

Werk den besonderen Anstrich, der es hoffentlich sowohl für wissenschaftliche als<br />

auch für private Zwecke zu einem interessanten und nicht undiskutierten<br />

Informationsmedium macht.<br />

201


8 Quellenverzeichnis<br />

Aufgrund mangelnder Quellennachweise in der ersten Auflage konnten einige Belege<br />

nicht mehr nachvollzogen werden. Im Falle von Weblinks kann dies auch bedeuten,<br />

dass nicht mehr aufrufbare Seiten angeführt sind. Diese sind durch eine Jahrszahl<br />

VOR 2011 erkennbar.<br />

Druckwerke<br />

Altrogge, Michael: Tönende Bilder. Interdisziplinäre Studie zur Musik und Bildern in<br />

Videoclips und ihre Bedeutung für Jugendliche. Band 2: Das Material: Die<br />

Musikvideos, Vistas, Berlin, 2001.<br />

Anastasiadis, Maria: Popped in – sold out. Das Zusammenspiel zwischen<br />

Jugendkulturen und der Kulturindustrie am Beispiel musikorientierter <strong>Szene</strong>n.<br />

Diplomarbeit, Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaften, Abteilung für<br />

Sozialpädagogik, Graz, 2000.<br />

Becker, Markus: Der Tod und die Gesellschaft: Texte in der Hardrock- und Heavy-<br />

Metal-Musik, GRIN Verlag, Bochum, 1998.<br />

Billerbeck v., Liane/Nordhausen, Frank: Satanskinder: der Mordfall von<br />

Sondershausen und die rechte <strong>Szene</strong>, Links Verlag, Berlin, 2001.<br />

BORG Hasnerplatz: Projektbericht Jugend und Musik, o. A.<br />

Bubmann, Peter/Tischer, Rolf (Hg): Pop & Religion. Auf dem Weg zu einer neuen<br />

Volksfrömmigkeit?, Verlag der Evangelischen Gesellschaft, Stuttgart, 1992.<br />

Cavendish, Richard: Die Schwarze Magie, Schikowski Verlag, Berlin, 1980.<br />

Christe, Ian: Höllenlärm. Die Komplette, schonungslose, einzigartige Geschichte des<br />

Heavy Metal, Hannibal Verlag, St. Andrä-Wördern, 2004.<br />

Coogan, Kevin: Dreamer of the day, Autonomedia, New York, 1999.<br />

Coogan, Kevin: How Black is Black Metal? Hit List Vol.1, Nr.1, 1999.<br />

Dornbusch, Christian (Hg.): Rechtsrock - Bestandsaufnahme und Gegenstrategien,<br />

unrast, Münster, 2002.<br />

Dornbusch, Christian/ Killguss, Hans-Peter: Unheilige Allianzen. Black Metal zwischen<br />

Satanismus, Heidentum und Neonazismus, Unrast Verlag, Münster, 2005.<br />

Dworak, Josef: Satanismus. Schwarze Rituale, Teufelswahn und Exorzismus.<br />

Geschichte und Gegenwart, Heyne, München, 1996.<br />

202


Ehrhardt, Heiko: Schwarz-Braun ist der Kunstgenuss. In: Lutz Lemhöfer, Kurt-Helmuth<br />

Eimuth (Hg): Braune Flecken in der Esoterik. Der Antisemitismus der Alternativen, Gep<br />

Buch, Frankfurt/Main, 2001.<br />

Elflein, Dietmar: Schwermetallanalysen. Die musikalische Sprache des Heavy Metal,<br />

Transcript, Bielefeld, 2010.<br />

Erlewine, Stephen Thomas: Kiss. In: Erlewine, Michael (Hg), All Music Guide To Rock,<br />

Miller-Freeman, San Francisco, 1995.<br />

Graf, Christian: Nu Metal & Crossover Lexikon, Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin,<br />

2001.<br />

Farin, Klaus: generation kick.de. Jugendsubkulturen heute, Beck Verlag, München,<br />

2001.<br />

Farin, Klaus/ Neubauer, Hendrik u.a.: Artificial Tribes. Jugendliche Stammeskulturen<br />

in Deutschland, Verlag Tilsner, Bad Tölz, 2001.<br />

Fermor, Gotthard: Satanismus in der Rockmusik, Evangelische Zentralstelle für<br />

Weltanschauungsfragen, Orientierungen und Berichte Nr.22, Stuttgart/Berlin, 1995.<br />

Feser Oliver/ Hillebrand, Diana/ Macke, Christian/ Schlobinski, Andrej: Musik- und<br />

Sprachstile. HipHop, Heavy Metal und Hard Rock. In: Peter Schlobinski . Niels-<br />

Christian Heins (Hrsg.): Jugendliche und „ihre“ Sprache. Sprachregister,<br />

Jugendkulturen und Wertesysteme. Empirische Studien, Westdeutscher Verlag,<br />

OpladenIWiesbaden, 1998.<br />

Fiebag, Marco: Interview mit Uwe Marx, „Black“-Musikmagazin, Nr. 45/06, S. 80,<br />

2006.<br />

Finkl, Sebastian: Populäre Musik in der Schule, Bachelor Thesis, Institut für Musik der<br />

Universität Oldenburg, 2009.<br />

Grandt, Guido und Michael: Satanismus. Die unterschätzte Gefahr, Patmos,<br />

Düsseldorf, 2000.<br />

Grandt, Guido und Michael: Schwarzbuch Satanismus, Innenansicht eines religiösen<br />

Wahnsystems, Pattloch, Augsburg, 1995.<br />

Großegger, Beate/Heinzlmaier, Bernhard: Jugendkultur Guide, Verlag öbv&hpt,<br />

Wien, 2002, S. 55-66.<br />

Grumke, Thomas: Rechtsextremismus in den USA, Leske + Budrich Verlag, Opladen,<br />

2001.<br />

203


Gugenberger, Eduard/Schweidlenka, Roman: Aktuelle Trends der Esoterik in ihrer<br />

gesamtgesellschaftlichen Bedeutung, Endbericht des Forschungsprojekts des FWF<br />

(Projektleitung Erika Weinzierl), Wien, 1998.<br />

Gugenberger, Eduard: Boten der Apokalypse. Visionäre und Vollstrecker des Dritten<br />

Reichs, Ueberreuter Verlag, Wien, 2002.<br />

Gugenberger, Eduard/Schweidlenka, Roman: Die Fäden der Nornen. Zur Macht der<br />

Mythen in politischen Bewegungen, Verlag für Gesellschaftskritik, Wien, 1993.<br />

Gugenberger, Eduard/Petri, Franko/Badler, Andreas: Ein besserer Mensch durch<br />

Esoterik? Esoterik & Rechtsextremismus, Broschüre, Wien o. J.<br />

Gugenberger, Eduard/Schweidlenka, Roman/ Strimitzer, Birgit/ Wassermann, Heinz<br />

P.: Esoterik-, Okkultismus und Satanismus in den Lebenswelten steirischer<br />

Jugendlicher. Eine Pilotstudie, Landesjugendreferat <strong>Steiermark</strong>, Graz, 1999 (auch<br />

unter http://logo.at).<br />

Gugenberger, Eduard: Hitlers Visionäre. Die okkulten Wegbereiter des Dritten Reichs,<br />

Ueberreuter, Wien, 2001.<br />

Gugenberger, Eduard/Schweidlenka, Roman: Mutter Erde, Magie und Politik.<br />

Zwischen Faschismus und neuer Gesellschaft, Verlag für Gesellschaftskritik, Wien,<br />

1989.<br />

Gugenberger, Eduard/Petri, Franko/Schweidlenka, Roman:<br />

Weltverschwörungstheorien. Die neue Gefahr von rechts, Deuticke, Wien/München,<br />

1998.<br />

Gugenberger, Eduard: Unveröffentlichte Kurzstudien und Handouts für<br />

Fortbildungsseminare.<br />

Hall, John (Hg.): Etruscan Italy: Etruscan Influences on the Civilizations of Italy from<br />

Antiquity to the Modern Era, Indiana University Press, 1997.<br />

Heller, Friedrich Paul/Maegerle, Anton: Die Sprache des Hasses. Rechtsextremismus<br />

und völkische Esoterik, Schmetterling, Stuttgart, 2001.<br />

Heller, Friedrich Paul/Maegerle, Anton: Wer ist Jan van Helsing? In: Lutz Lemhöfer,<br />

Kurt-Helmuth Eimuth (Hg): Braune Flecken in der Esoterik. Der Antisemitismus der<br />

Alternativen, Gep Buch, Frankfurt/Main, 2001.<br />

Helsper, Werner: Das „Echte“, das „Extreme“ und die Symbolik des Bösen. Zur Heavy-<br />

Metal-Kultur. In: Kemper, Peter, Langhoff, Thomas, Sonnenschein, Ulrich (Hg): „but I<br />

like it“. Jugendkultur und Popmusik. Stuttgart, 1998.<br />

Hit List, Vol. 2, Nr. 5, 2001.<br />

204


Horaczek, Nina/Reiterer, Claudia: HC Strache. Sein Aufstieg. Seine Hintermänner.<br />

Seine Feinde, Ueberreuter, Wien, 2009, S. 81f.<br />

Kadmon: AhnsternII, Lucifer Rising II, Wien, o. J.<br />

Kahn-Harris, Keith: Extreme Metal. Music and Culture on the Edge, Berg Publishers,<br />

Oxford/New York, 2007.<br />

Kemmelmeyer, Karl Jürgen/ Nykrin, Rudolf/Haun, Anke/Martin, Kai (Hg): Spielpläne<br />

2, Ernst Klett Schulbuchverlag, Leipzig, 2006.<br />

Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Hg.):„Lass Tugend deine Gedanken<br />

zieren“, 2006.<br />

Koch, Alexandra: ‚Weltabgeschieden, erzkonservativ, strohtrocken?’ Mormonische<br />

Lebenswelten im Spannungsfeld zwischen Selbstwahrnehmung und medialer<br />

Darstellung, Graz, Leykam Verlag, 2010.<br />

Kreye, Andrian: Märtyrer im rechten Glanz, In: Süddeutsche Zeitung, 2001.<br />

Landeskriminalamt Brandenburg (Hg): Polizeilicher Jugendschutz, Themenheft 1,<br />

Okkultismus/Satanismus, Basdorf, 2000.<br />

LaVey, Anton Szandor: Die Satanische Bibel, SECOND SIGHT BOOKS, Berlin, 1999.<br />

LaVey, Anton Szandor: The Satanic Bible, Avon, New York, 1976.<br />

LaVey, Anton Szandor: Die satanischen Rituale, SECOND SIGHT BOOKS, Berlin,<br />

1999.<br />

LaVey, Anton Szandor: The Devil’s Notebook, Feral House, Venice, 2000.<br />

LeVine, Mark: Headbanging against repressive regimes. Censorship of heavy metal in<br />

the Middle East, North Africa, Southeast Asia and China. Freemuse, Copenhagen,<br />

2010.<br />

Matzke, Peter/Seeliger, Tobias: Gothic! Die <strong>Szene</strong> in Deutschland aus der Sicht ihrer<br />

Macher, 2. ergänzte Auflage, Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin, 2000.<br />

Molnar, René: Hitlers Headbanger? Rechte Orientierung bei Jugendlichen der Grazer<br />

Metalszene, Abschlussarbeit, Pädagogische Hochschule <strong>Steiermark</strong>, Graz, 2011.<br />

Mordor, Frater: Das Buch Noctemeron. Vom Wesen des Vampirismus, Bohmeier<br />

Verlag, Leipzig, 2007.<br />

Mordor, Frater: Die dunklen Künste. Der Weg der Erwachten, Bohmeier Verlag,<br />

Leipzig, 2005.<br />

205


Moynihan, Michael/ Søderlind, D.: Lords of Chaos: The Bloody Rise of the Satanic<br />

Metal Underground, Feral House, U.S., Venice, 1998.<br />

Mühlmann, Wolf-Rüdiger: Der rechte Rand im Black Metal. In: Rock Hard. Nr. 241,<br />

Juni, 2007.<br />

Nelson, Cletus: Interview mit Michael Moynihan: From Abraxas to Nietzsche, in: Eye,<br />

Sept./Oct. 1999, S. 27-35.<br />

Österreichisches Bildungsforum für fördernde und präventive Jugendarbeit (Hg):<br />

praev. doc Ausgabe 2/02. Handelsware Gott? Jugendliche Spiritualität zwischen<br />

Erlebnishunger und dem Markt der Möglichkeiten, 2002.<br />

Pickert, Bernd: „Satansmörder“ und Nazi-Musik-Verleger, in Taz, 2001.<br />

Pöhlmann, Matthias (Hg): Sehnsucht nach Verzauberung. Religiöse Aspekte in<br />

Jugendkulturen, EZW Texte 170, Evangelische Zentralstelle für<br />

Weltanschauungsfragen, Berlin, 2003.<br />

Roccor, Bettina: Heavy Metal. Die Bands. Die Fans. Die Gegner, C.H. Beck, München,<br />

1998.<br />

Ruppert, Hans-Jürgen: Satanismus. Zwischen Religion und Kriminalität, EZW-Texte<br />

140, Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Berlin, 1998.<br />

Rüttimann, Vera: Der Tod ist schick, In: Berlin Online, Textarchiv der Berliner Zeitung,<br />

02.06.2001.<br />

Schäfer, Frank: Heavy Metal. Geschichten, Bands und Platten, Reclam, Leipzig, 2002.<br />

Schmidt, Joachim: Satanismus. Mythos und Wirklichkeit, diagonal, Marburg, 1992.<br />

Schröder, Burkhard: Nazis sind Pop, Espresso Verlag, Berlin, 2001.<br />

Schweidlenka, Roman (Hg): Sekten, Satanismus, Esoterik, Retzhof Schriften Nr.<br />

30/2000, Leibnitz, 2000.<br />

Schweidlenka, Roman: Interview mit René Molnar, Geschäftsführer des<br />

Jugendkulturzentrums Explosiv, Graz, 2011.<br />

Schweidlenka, Roman: Satanismus, 5. Auflage, <strong>LOGO</strong> jugendmanagement, Graz,<br />

2010.<br />

Speit, Andreas: Ästhetische Mobilmachung. Dark Wave, Neofolk und Industrial im<br />

Spannungsfeld rechter Ideologien, Unrast, Hamburg/Münster, 2002.<br />

o.A., Infernus und Opferblut, In: Der Spiegel, Heft 41, 1994, S. 91f.<br />

206


Stamm, Hugo: Vandalen – inspiriert von dunklen Mächten, In: Tages-Anzeiger,<br />

27.07.2001.<br />

Sterneck, Wolfgang: Der Kampf um die Träume. Musik, Gesellschaft und<br />

Veränderung, Komista, Hanau, 1995.<br />

Sünner, Rüdiger: Schwarze Sonne. Entfesselung und Missbrauch der Mythen in<br />

Nationalsozialismus und rechter Esoterik, Verlag Herder, Breisgau, 1999.<br />

Tandecki, Daniela, Nachtsaiten der Musik, Grauzonen und Braunzonen in der<br />

<strong>schwarze</strong>n Musikszene, Konrad-Adenauer-Stiftung, Osnabrück, 2000.<br />

Thielke, Thilo: Töten für Wotan, in Der Spiegel, Nr. 38, 2000.<br />

Thornton, Sarah: Club Cultures. Music, Media, and Subcultural Capital. Weslyan<br />

University Press, 1996.<br />

Thöne, Leonie Viola: Die Figur Edward Cullen. Moderner Mormonen-Missionar oder<br />

Vampir-Romantiker? Dresden, Entercom Saurus Records KG, 2009.<br />

Walser, Robert: Running with the Devil. Power, Gender, and Madness in Heavy Metal<br />

Music, Wesleyan, Middletown, 1993.<br />

Wahl, Klaus: Aggression und Gewalt. Ein biologischer, psychologischer und<br />

sozialwissenschaftlicher Überblick, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 2009.<br />

Ward, Eric K./ Lunsford, John/Massa, Justin: Sounds of Violence; Artikel, SPLC:<br />

Intelligence Report, Fall 1999.<br />

Wehrli, Reto: Verteufelter Heavy Metal. Forderungen nach Musikzensur zwischen<br />

christlichem Fundamentalismus und staatlichem Jugendschutz, Telos Verlag Dr.<br />

Roland Seim M.A ,Münster, 2001.<br />

Dieses Buch enthält eine weiterführende Bibliographie, die jedem zu empfehlen ist,<br />

der intensiv Studien zu dieser Thematik betreiben möchte.<br />

Filme<br />

Aites, Aaron/Ewell, Audrey : Until The Light Takes Us, Variance Films, 2009.<br />

www.blackmetalmovie.com/moviepage.html<br />

Alvi, Suroosh/Moretti, Eddy: Heavy Metal in Baghdad, Vice Films, 2007.<br />

www.heavymetalinbaghdad.com<br />

Dunn, Sam/McFayden, Scott: Metal. A Headbanger’s Journey, Constantine Film,<br />

2005.<br />

www.metalhistory.com<br />

207


Dunn, Sam/McFayden, Scott: Global Metal Journey, 2008.<br />

www.globalmetalfilm.com<br />

Websites und Online Literatur<br />

Wenn nicht anders angegeben, Stand der Links 2011.<br />

Tote Links können teilweise über www.waybackmachine.org aufgerufen werden.<br />

Infos über Sekten, Kulte und den Psychomarkt, AGPF - Aktion für Geistige und<br />

Psychische Freiheit. Bundesverband Sekten- und Psychomarktberatung e.V:<br />

Friedhofsschändung in der Schweiz<br />

www.agpf.de/Satanismus.htm<br />

Nefandus-Interview<br />

www.angelfire.com/ak/tiagoblackmetal/nefandus.html<br />

Heavy Metal and Gender. Köln, 8.-10.10.2009. Bericht von Dietmar Elflein.<br />

Herausgegeben im Rahmen von: SAMPLES: Online-Publikationen des Arbeitskreis<br />

Studium Populärer Musik e.V. (ASPM) Hg. v. Ralf von Appen, André Doehring, Dietrich<br />

Helms u. Thomas Phleps.<br />

http://aspm.ni.lo-net2.de/samples-archiv/Samples8/tagelflein.pdf<br />

Arbeitskreis Studium Populärer Musik e.V.<br />

www.aspm-online.org<br />

Jens Balzer: Gehirngulasch, Berliner Zeitung.<br />

www.berlinonline.de/berlinerzeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2002/1230/feuilleton/0005/index.html<br />

Breatkout Magazin: Glam/Sleaze-Rock Special, Teil 3<br />

www.breakoutmagazin.de/archiv/aglam3.html<br />

Arthur Brühlmeier: Sprachzerstörung aus Konzilianz - Eine Umkehr ist fällig.<br />

www.bruehlmeier.info/sprachfeminismus.htm<br />

Rainer Fromm: Genese der Black Metal-Subkultur und des Neosatanismus in der<br />

Rockmusik, 2003.<br />

www.bundespruefstelle.de/bpjm/redaktion/PDF-Anlagen/bpjm-aktuell-genese-derblack-metal-subkultur-und-neosatanismus-in-der-rockmusik-aus-04-<br />

03,property=pdf,bereich=bpjm,sprache=de,rwb=true.pdf<br />

Roland Ludwig: Haarus lonugs satanas? – Teil 10 … Die Reihen immer noch fest<br />

geschlossen…<br />

www.crossover-agm.de/thema_haarus10.htm<br />

208


Creem Magazin, Review zu Kingdom Come<br />

www.creemmagazine.com/_site/BeatGoesOn/SirLordBaltimore/KingdomCome001.ht<br />

ml<br />

Agentur für soziale Perspektiven e.v. (Hg): Das Versteckspiel.<br />

www.dasversteckspiel.de/Broschuere.html<br />

Doom Metal<br />

www.doom-metal.com/whatisdoom.html<br />

Esoterische Loge „Dragon Rouge”<br />

www.dragonrouge.net<br />

Diskussion im Forum des JUZ Explosiv (2003).<br />

www.explosiv.at/phpBB/viewtopic.php?/topic=354&forum=2&16<br />

Broschüre: Grufties gegen Rechts (2003).<br />

www.geister-bremen.de<br />

Deicide-Interview (2003)<br />

www.geocities.com/SunsetStrip/Stadium/6078/deicideint.html<br />

Metalheads gegen Faschismus (2001)<br />

http://home.globalserve.de/-fr2048<br />

Igelmetal, Kutten-Gallerie<br />

www.igelmetal.de/uploads/oldschool/kutten/kutten.htm<br />

Infoladen Wels: Artikel über rechtsextremen Black Metal<br />

www.infoladen-wels.at/print/aktuelles/mehr.php?no=19<br />

Florian Heesch: „Metal for Nordic Men? Amon Amarth’s Representations of Vikings”.<br />

In: Niall W.R. Scott und Imke von Helden (Hg.), The Metal Void: First Gatherings. E-<br />

Book. Oxford 2010 (Critical Issues).<br />

www.inter-disciplinary.net/publishing/id-press/ebooks/the-metal-void<br />

Katholischer Nachrichtendienst: Kirchenschändungen in Dessau: Waren es Anhänger<br />

der Black-Metal-<strong>Szene</strong>?<br />

www.kath.net/detail.php?id=276<br />

Musik Magazin Kerrang!<br />

www.kerrang.com<br />

Folk Metal (Genre)<br />

www.laut.de/Folk-Metal-(Genre),<br />

209


Slayer: Mord-Anklage gegen die „Totschläger“ fallen gelassen.<br />

www.laut.de/vorlaut/news/2001/01/24/01404<br />

Wordmal of metal. Interactive overview of Metal history and the influential bands.<br />

www.mapofmetal.com<br />

Metalheads against brown insanity (2002)<br />

http://members.tripod.de/tomb/fuckfascism<br />

Encyclopaedia Metallum<br />

www.metal-archives.com/<br />

Official Website for Metal Rules the Globe, a collection of academic essays on heavy<br />

metal around the world edited by Jeremy Wallach, Harris M. Berger, and Paul D.<br />

Greene forthcoming on Duke University Press.<br />

www.metalrulestheglobe.com<br />

Mother Destruction (2003)<br />

www.motherdestruction.com/archive/archivetop.html<br />

National Socialist Black Metal<br />

www.nsbm.com<br />

Tellurian Battleground Productions und Breath of Night Records Infos:<br />

www.nsbm.org/media/splc_report.html<br />

Radical Music zu Hard Rock<br />

www.radical-music.com/genres_de/rock/hard_rock.html<br />

Totenkopf-Grotto<br />

www.rafa.at/16links2.htm<br />

Medieval Folk Metal (Rate Your Music)<br />

http://rateyourmusic.com/genre/Medieval+Folk+Metal<br />

Deutschland: Aufklärung über Satanismus in den Schulen. Reformierte Nachrichten<br />

(2001).<br />

www.ref.ch/rna/meldungen/5568.html<br />

Georg Schmid: Satanismus, Evangelische Informationsstelle, 1994.<br />

www.relinfo.ch<br />

Stephen Flowers Infos, 2003.<br />

www.relinfo.ch/tos/info.html<br />

Rusmetal: Interview mit Tremnozor<br />

www.rusmetal.ru/vae_solis/Temnozor.htm<br />

Hendrik Moebus<br />

210


www.satanskinder.com<br />

Satansmorde<br />

www.satanshimmel.de<br />

Satorius-Interview (2003)<br />

www.<strong>schwarze</strong>orden.ch/interview_nlz.htm<br />

Sonja Pohlmann: Frau Doktor Death Metal<br />

www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,608101-2,00.html<br />

Roermond wil onderzoek Russische 'Nazi-Band' (2010)<br />

www.telegraaf.nl/binnenland/5695444/__Onderzoek_naar__nazi-band___.html<br />

Roland Seim: Musik & Zensur, Löhrbach, 2000.<br />

www.telos-verlag.de/seiten/musikzensur.pdf<br />

Dominik Irtenkauf: Metal research. Eine Einführung, o.A.<br />

www.textem.de/2050.0.html<br />

Dominic Hampshire: Siege Mentality<br />

http://thescorp.multics.org/18siege.html<br />

Lohmann, Johannes: Unheilige Allianzen - Rechter Black Metal in NRW,<br />

www.turnitdown.de/526.html<br />

Vaws-Nachrichten: Genwaffe (2003)<br />

www.vaws.de/gen-waffe<br />

Abigor (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Abigor_(Band)<br />

Black Metal (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Black_Metal<br />

Christlicher Metal (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Christlicher_Metal<br />

Crowd surfing (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Crowd_surfing<br />

Death Metal (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Melodic_Death_Metal<br />

Emo (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Emo,<br />

Extreme Metal (Wikipedia)<br />

211


http://de.wikipedia.org/wiki/Extreme_Metal<br />

Folk Metal (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Folk_Metal<br />

Hatecore (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Hatecore<br />

Hendrik Möbus (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Hendrik_Möbus<br />

Iron Maiden (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Iron_Maiden<br />

Josef Klumb (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Maria_Klumb<br />

Klassische Musik (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Klassische_Musik<br />

Kiss (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Kiss_(Band),<br />

Marilyn Manson (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Marilyn_Manson<br />

Menegroth (Wikipedia)<br />

http://en.wikipedia.org/wiki/Menegroth_(band)<br />

Metal (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Metal<br />

Metalcore (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Metalcore<br />

Michael Moynihan (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Moynihan<br />

Mjölnir (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Mjölnir<br />

Moshen (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Moshen<br />

National Socialist Black Metal (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/National_Socialist_Black_Metal<br />

212


Neo Medieval Music (Wikipedia)<br />

http://en.wikipedia.org/wiki/Neo-Medieval_music,<br />

Progressive Metal (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Progressive_Metal<br />

Psychobilly (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Psychobilly,<br />

Rockabilly (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Rockabilly<br />

Samael (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Samael_(Band)<br />

Schulmassaker von Littleton (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Schulmassaker_von_Littleton<br />

Schwarze <strong>Szene</strong> (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Schwarze_<strong>Szene</strong><br />

Sleaze Rock (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Sleaze_Rock<br />

Speed Metal (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Speed_Metal<br />

The Electric Hellfire Club (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/The_Electric_Hellfire_Club<br />

Thrash Metal (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Thrash_Metal<br />

Venom (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Venom_(Band)<br />

White Power (Wikipedia)<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/White_Power<br />

A global organisation of heavy metal advocates<br />

http://worldmetalalliance.com/forum/<br />

Volker Schmidt: Schreiende Frauen stoßen auf Widerstand (2009)<br />

www.zeit.de/kultur/musik/2009-10/metal-gender-kongress<br />

213


9 Weiterführende Medien<br />

Bücher und Online Literatur<br />

Bardola, Nicola: Bestseller mit Biss. Liebe, Freundschaft und Vampire – alles über die<br />

Autorin Stephenie Meyer, München, 2009.<br />

Chaker, Sarah: „This means war”. Krieg: Zentrales Inhaltsmoment im Black und<br />

Death Metal“, in: Annemarie Firme und Ramona Hocker (Hg.): Von<br />

Schlachtenhymnen und Protestsongs. Zur Kulturgeschichte des Verhältnisses von Musik<br />

und Krieg, GRIN Verlag, Bielefeld, 2006.<br />

Chaker, Sarah: Black und Death Metal – Eine empirische Untersuchung zu Gewalt,<br />

Religion und politischer Orientierung. Magisterarbeit, 2004.<br />

Cusick, Suzanne G.: „On Musical Performances of Gender and Sex”. In: Elaine Barkin<br />

und Lydia Hamessley (Hg.), Audible Traces. Gender, Identity, and Music, Zürich,<br />

1999.<br />

Frith, Simon: Performing Rites. On the Value of Popular Music, Cambridge,<br />

Massachusetts, 1996.<br />

Gresh, Lois H.: Alles über Bella und Edward, München, Piper Verlag, 2009.<br />

Herrmann, Britta/Erhart, Walter: „XY ungelöst: Männlichkeit als Performance“, in:<br />

Therese Steffen (Hg.), Masculinities – Maskulinitäten. Mythos – Realität –<br />

Repräsentation – Rollendruck, Stuttgart, Weimar, 2002 (M&P Schriftenreihe für<br />

Wissenschaft und Forschung).<br />

Klosterman, Chuck: Fargo Rock City. Eine Heavy-Metal-Odysee in Nörth Daköta,<br />

ROCKBUCH Verlag Buhmann & Haeseler GmbH, Schlüchtern, 2007.<br />

Koch, Alexandra: Mormonische Vampire? Die Twilight-Saga im Spiegel mormonischer<br />

Lehren und Glaubensgrundsätze. In: Heimerl, Theresia/Feichtinger Christian (Hg.):<br />

Dunkle Helden. Vampire als Spiegel religiöser Diskurse in Film und TV, Schüren<br />

Presseverlag, Graz, 2010.<br />

Puri, Samir: „Machine Guns and Machine Gun Drums: Heavy Metal’s Portrayal of<br />

War“, in: Rosemary Hill und Karl Spracklen (Hg.), Heavy Fundametalisms: Music,<br />

Metal and Politics, E-Book. Oxford, 2010 (Critical Issues).<br />

www.inter-disciplinary.net/publishing/id-press/ebooks/heavy-fundametalisms<br />

Walser, Robert: Running with the Devil. Power, Gender, and Madness in Heavy Metal<br />

Music. Middletown, 1993 (Music/Culture).<br />

214


Wahl, Klaus: Aggression und Gewalt. Ein biologischer, psychologischer und<br />

sozialwissenschaftlicher Überblick, Heidelberg, 2009.<br />

Weinstein, Deena: “The Empowering Masculinity of British Heavy Metal”. In: Gerd<br />

Bayer (Hg.), HeavyMetal Music in Britain. Surrey, Burlington 2009 (Ashgate popular<br />

and folk music series).<br />

Die Sammlung „Metal Rules the Globe“ (www.metalrulestheglobe.com) wird<br />

voraussichtlich Jänner 2012 in Buchform erscheinen.<br />

Film-Dokumentationen:<br />

Aites, Aaron/Ewell, Audrey: Until The Light Takes Us, Variance Films, 2009.<br />

www.blackmetalmovie.com/moviepage.html<br />

AC/DC: AC/DC Back in Black A Classic Album Under Review, Chrome Dreams,<br />

2009.<br />

Alvi, Suroosh/Moretti, Eddy: Heavy Metal in Baghdad, Vice Film, 2007.<br />

www.heavymetalinbaghdad.com<br />

Barker, Emma: Dancing with the Devil, TVF, o. A.<br />

www.factualtv.com/documentary/Dancing-with-the-Devil<br />

Bendjelloul, Malik: The History of Heavy Metal ((Hårdrockens historia), Barracuda Film<br />

& Tv, 2001.<br />

Berlinger, Joe/Sinofsky, Bruce: Metallica: Some Kind of Monster, Radical Media,<br />

2004.<br />

www.imdb.com/title/tt0387412/<br />

Bishop, Michael/Jacoby, Scott: Rage - 20 Years of Punk Rock, West Coast Style, o.A.,<br />

2001.<br />

www.imdb.com/title/tt0287644/<br />

Carruthers, Dick: Heavy Metal - Louder Than Life, First Look Pictures, 2005.<br />

Sung-hyung, Cho: Full Metal Village, Zorro Film GmbH, 2006.<br />

www.zorrofilm.de/de/profile.php?id=197<br />

Van Taylor, David: Dream Deceivers - The Story Behind James Vance vs. Judas Priest,<br />

KNPB Channel 5 Public Broadcasting, 1992.<br />

Dubin, Adam: A Year and a Half in the Life of Metallica, Propaganda Films, 1992.<br />

www.imdb.com/title/tt0181173/<br />

215


Dunn, Sam/McFayden, Scott: Metal. A Headbanger’s Journey, Constantine Film,<br />

2005.<br />

www.metalhistory.com<br />

Dunn, Sam/McFayden, Scott: Global Metal Journey, 2008.<br />

www.globalmetalfilm.com<br />

Dunn, Sam/McFayden, Scott: Iron Maiden: Flight 666, 2009.<br />

www.ironmaiden.com/index.php?categoryid=8&p2_articleid=1058<br />

Ernst, Rick: Get Thrashed, Vivendi Entertainment / Lightyear Entertainment, 2008.<br />

www.getthrashed.com/<br />

Gervais, Sacha: The Story of Anvil, Abramorama, 2009.<br />

www.anvilthemovie.com<br />

Griffin, Phil: Bon Jovi: When We Were Beautiful, Radical Media, 2009.<br />

www.imdb.com/title/tt1411663<br />

Grude, Torstein; Satan rir media, o. A., 1998.<br />

http://en.wikipedia.org/wiki/Satan_rir_media<br />

Guneratne, Dinesh/Marasinghe, Naveen: Arise - The Sri Lankan Metal Music<br />

Documentary, Mathawaada Chithrapata, 2010.<br />

www.arisethemetaldoc.info<br />

Heyn, John/Krulik, Jeff: Heavy Metal Parking Lot, Rough Trade Distribution, 1986.<br />

www.heavymetalparkinglot.com<br />

Heavy: The Story of Metal, VH1, 2006.<br />

www.vh1.com, http://en.wikipedia.org/wiki/Heavy:_The_Story_of_Metal<br />

Kenny, David: Murder Music: A History of Black Metal, Rockworld TV, 2007.<br />

Longfellow, Matthew: Classic Albums: Metallica – Metallica, Eagle Eye Media /Isis<br />

Productions, 2001.<br />

Noubar, Diran: Over The Madness, Century Media, 2007.<br />

o.A.: Discovery / Geschichte – Dokumentation über die Grufti-Kultur in Deutschland,<br />

1989.<br />

o.A.: „Gothic”, 1987, BBC-Dokumentation (Radiodokumentation).<br />

o.A.: Gothic.Schwarz.vor.Augen – aus der Reihe JugendKULTur des ZDF.<br />

http://infokanal.zdf.de/ZDFde/inhalt/15/0,1872,7304047,00.html<br />

o.A.: Pantera - Screaming Black Messiahs, Chrome Dreams, 2008.<br />

216


o.A.: Rush: Beyond the Lighted Stage, Banger Productions, 2010.<br />

www.imdb.com/title/tt1545103/<br />

o.A.: The Black Sabbath Story, Vol. 1 & 2, SPV, 1992.<br />

http://en.wikipedia.org/wiki/The_Black_Sabbath_Story,_Vol._1<br />

http://en.wikipedia.org/wiki/The_Black_Sabbath_Story,_Vol._2<br />

o.A.: The Heavy Metal Gangs of Wadeye, VBS.tv, o.A.<br />

www.metalsucks.net/2009/12/23/the-heavy-metal-gangs-of-wadeye/<br />

Olliver, Greg/ Orshoski, Wes: Lemmy, Damage Case Films, 2010.<br />

www.lemmymovie.com<br />

Spheeris, Penelope: The Decline of Western Civilization Part II: The Metal Years, New<br />

Line Cinema, 1988.<br />

Rachman, Paul: American Hardcore, AHC Productions, 2006.<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/American_Hardcore<br />

Zebubu, Bill: Black Metal: A Documentary, Bill Zebub Productions, 2007.<br />

Zebubu, Bill: Black Metal: The Norwegian Legacy?, Zebub Productions, 2008.<br />

Zebubu, Bill: Death Metal: A Documentary, GRIMOIRE, 2004.<br />

Zebubu, Bill: Pagan Metal: A Documentary, Zebub Productions, 2009.<br />

Websites<br />

Arbeitskreis Studium Populärer Musik e.V.<br />

www.aspm-online.org/<br />

Second black metal theory symposium<br />

http://blackmetaltheory.blogspot.com/2010/06/black-metal-theory-symposiumii.html<br />

A black metal interview project<br />

www.blackmetalrevolution.com/<br />

Der „Metalfilm“ im Überblick<br />

www.filmmusik.uni-kiel.de/KB5/KB5.1-Metalfilm.pdf<br />

Death Metal and the Indian Identity<br />

www.guernicamag.com/features/525/death_metal_and_the_indian_ide_1/<br />

217


Home of Metal digital archive, a collection of fans memorabilia & stories celebrating<br />

music from Birmingham, UK and The Black Country<br />

www.homeofmetal.com/<br />

A on the Jordanian metal scene<br />

www.jordantimes.com/?news=31240<br />

Forthcoming mega-compilation containing 26 songs by metal bands from South Asia,<br />

the Middle East, and Southeast Asia<br />

www.jorzine.com/default.aspx?page=MidEastNews&id=645 &<br />

Informationen zu Jugendszenen<br />

www.jugendszenen.com<br />

Madagascar metal scene (in French)<br />

http://madaloud.com/<br />

The ultimate metal subgenre guide<br />

www.mapofmetal.com<br />

Transcix’s Metal Archive<br />

http://metalarchives.transcix.com/<br />

Metal matters - Heavy Metal als Kultur und Welt<br />

http://metal-matters-conference.blogspot.com/<br />

Official Website for Metal Rules the Globe, a collection of academic essays on heavy<br />

metal around the world edited by Jeremy Wallach, Harris M. Berger, and Paul D.<br />

Greene forthcoming on Duke University Press.<br />

www.metalrulestheglobe.com/<br />

Documentary about Aboriginal metal gangs of Australia<br />

www.metalsucks.net/2009/12/23/the-heavy-metal-gangs-of-wadeye/<br />

Website for Heavy Metal Islam/Flowers in the Desert<br />

www.meaning.org/hmi_index.html<br />

Diplomarbeit, die Einblick in Entstehung und Werte der Gothic-<strong>Szene</strong><br />

www.nonpop.de/nonpop/uploads/5_downloads/schriften/diplomarbeit_<strong>schwarze</strong>_sze<br />

ne.php<br />

Mike Hill’s Massive “The History of Metal” Visualization Project:<br />

www.thehistoryofmetal.com/images.html#map<br />

Plattform zur weltweiten Vernetzung von Metal-Fans<br />

http://worldmetalalliance.com/forum/<br />

Soziosemiontik im heavy metal<br />

http://wupperhead.wordpress.com/<br />

218


10 Abbildungen<br />

Ganzseitige Abbildungen<br />

Foto S. 1: Veronika Strauß<br />

Fotos S. 5-7: Politische Büros<br />

Grafik S. 14: Veronika Strauß mittels „wordle“ www.wordle.net.<br />

Foto S. 17: Veronika Strauß<br />

Grafik S. 162-163 Eric Lestrade, www.metaluniverse.net<br />

Grafik S. 164: Xtra-Undergroundfashion Katalog „Gothic Dreams“, 10 Jahre<br />

Jubiläumsausgabe, 2001, bearbeitet von Veronika Strauß.<br />

Foto S. 202: Veronika Strauß<br />

Fortlaufend Nummerierte Abbildungen<br />

Abb. 1 http://de.wikipedia.org/wiki/Schwarze_<strong>Szene</strong><br />

Abb. 2 www.evilwalks.com<br />

Abb. 3-4 www.ironmaidencommentary.com<br />

Abb. 5-6 www.officialabyssrecords.com<br />

Abb. 7 www.flickr.com, feinsteinphotos<br />

Abb. 8 http://cceviyxec.blogspot.com<br />

Abb. 9 http://soulmusicmetal.blogspot.com<br />

Abb. 10 http://backstage2.fr<br />

Abb. 11 http://vanrockout.com/?p=1653<br />

Abb. 12 http://jpc.de<br />

Abb. 13-16: http://de.wikipedia.org/wiki/Church_of_Satan und Grafik V.Strauß<br />

Abb. 17 Nordisk familjebok (1904–1926)<br />

Abb. 18: Foto Veronika Strauß<br />

Abb. 19: http://pointersviewpoint.wordpress.com/2010/08/09/top-10-common-<br />

hand-symbols/<br />

Abb. 20: Foto Edi Herič<br />

Abb. 21: Foto Veronika Strauß<br />

Abb. 22: www.metaltravelguide.com<br />

Abb. 23-24: http://last.fm<br />

219


Abb. 25-26: http://moviestore.nl<br />

Abb. 27-29: www.nsbm.org/<br />

Abb. 30: www.thepaganfront.com<br />

Abb. 31: www.amazon.com<br />

Abb. 32: Molnar, 2011, S. 35.<br />

Abb. 33: www.thepaganfront.com/bbh<br />

Abb. 34: www.party-san.net<br />

Abb. 35-36: www.metalheadsagainstracism.org<br />

Abb. 37: www.lastfm.jp/user/Cadderly13<br />

Abb. 38: www.netz-gegen-nazis.de/artikel/unklare-distanzierungen-black-metal<br />

Abb. 39: www.metropolis-radio.de<br />

220


11 Autorenbiographien<br />

Dr. Roman Schweidlenka<br />

Geboren 1952 in Wien.<br />

Historiker, zahlreiche Bücher und Artikel, Mitarbeiter an wissenschaftlichen<br />

Forschungsprojekten (gemeinsam mit E. Guggenberger), intensive Referententätigkeit,<br />

seit 1996 Leiter der <strong>LOGO</strong> ESO.INFO.<br />

Mag. Veronika Strauß<br />

Geboren1980 in Graz.<br />

Studium der Volkskunde und Kulturanthropologie in Graz. Förderpreis für<br />

wissenschaftliche Arbeiten der AK <strong>Steiermark</strong>, Mitarbeit an Forschungspublikationen.<br />

Seit 2000 Mitarbeiterin von <strong>LOGO</strong> in den Bereichen JUGEND.INFO und ESO.INFO.<br />

Hobbymusikerin. Seit ca. 1999 als aktiver „Fan“ in der Metalszene. Mitbegründerin<br />

und Organisatorin des W:O:A-Forum-Camps. Weitere Infos auf xing.com.<br />

Simone Philipp, MA (Co-Autorin der 1. Auflage)<br />

Geboren 1976 in Deutschland.<br />

Studium der Klassischen Archäologie, Religionswissenschaft und Kunstgeschichte an<br />

den Universitäten Tübingen und Heidelberg. Abschluß im Herbst 2002 mit dem Titel<br />

Magistra Atrium, Thema der Magisterarbeit: Der Hekate-Kult in der Antike und seine<br />

Rezeption im Internet. Mitarbeit an einigen wissenschaftlichen Lexika und<br />

Ausstellungskatalogen.<br />

Durch Textbeiträge waren an der Überarbeitung der 2. Auflage beteiligt:<br />

Katharina Ganster BA<br />

Geboren 1982 in Graz.<br />

Maturathema im Fach Religion: Church of Satan; Studium: Volkskunde, Geschichte<br />

und Russisch in Graz. Seit 1993 Heavy-Metal Fan (Iron Maiden, Manowar etc.), seit<br />

1996 auch der härteren Gangart (Death Metal, Black Metal), Interesse für Satanismus<br />

und involviert in die Grazer/steirische „<strong>Szene</strong>“.<br />

Mag. Roland Filzwieser BA<br />

Geboren 1982.<br />

Studierte Geschichte und Skandinavistik in Wien. Diplomarbeit über Gesellschaft und<br />

Mythologie des mittelalterlichen Skandinavien. Seit frühen 90ern großes Interesse an<br />

Black- Viking- Pagan- Power-und Melodic Death Metal.<br />

Univ. Doz. Mag. Dr. Benjamin M. Grilj<br />

Geboren 1981 in Graz.<br />

Philosoph, Historiker, seit 2008 im Auftrag der Österreich Kooperation / des OeAD<br />

als Dozent für Kulturwissenschaft an der Universität Czernowitz, Ukraine. Gründer von<br />

perspectiv.east, Mitbegründer vom east center, (teilweise aktives) Mitglied bei<br />

221


unterschiedlichen NGO Vorträge und Publikationen im In- und Ausland zu Themen<br />

wie Grenze, Judentum, österreichische Geschichte, Identität und Sprache.<br />

Alex Mikusch<br />

Geboren 1975.<br />

Diplomsozialpädagoge, Spielpädagoge, Erlebnispädagoge und Outdoortrainer, kurz:<br />

Jugendarbeiter. Seit 1994 in verschiedenen Bereichen der offenen Jugendarbeit tätig.<br />

Seit 2006 bei Jugendstreetwork Graz. Seit 2003 Obmann Jugendkulturzentrum<br />

Explosiv. Mitglied der Plattform gegen antidemokratische Strömungen.<br />

Referententätigkeiten zum Thema Jugendkulturen und Rechtsextremismus.<br />

René Molnar<br />

Geboren 1963 in Graz.<br />

Akademischer Jugend- und Soziokulturpädagoge, Geschäftsführer des<br />

Jugendkulturzentrums Explosiv. Fachliche Schwerpunkte: Musik, Gewalt,<br />

Unterwanderung der Jugendkulturszene durch rechtextreme Kreise. Thema der<br />

Abschlussarbeit: Metalszene. Referent für die steirische ARGE Jugend gegen Gewalt in<br />

Schulen und Jugendzentren, Mulitplikatorenausbildner.<br />

Mag. Alexandra Koch, M. phil.<br />

Geboren 1980 in Graz.<br />

Studium der Geschichte und Religionswissenschaft an der Universität Graz;<br />

Forschungen zur Österreichischen Geschichte des17.-19. Jahrhunderts und zur<br />

medialen Repräsentanz der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage<br />

(Mormonen) sowie zu Fragen des interreligiösen Dialogs. Projektleiterin (u.a.) in der<br />

<strong>LOGO</strong> JUGEND.INFO.<br />

DANKSAGUNG<br />

Folgenden Personen möchten wir besonders für die zur Verfügung-Stellung ihrer Zeit,<br />

Geduld und ihres Fachwissens danken:<br />

Frank Kumnig für das musikgeschichtliche Fachwissen und das sorgfältige<br />

Ausdiskutieren von Genre-Zuordnungen und musikgeschichtlichen Detailfragen.<br />

MMag.a Susanne Sackl für das genaue Lesen und Tipps zu Fachliteratur.<br />

Reaktionen auf diese Fachbroschüre, auch Korrekturen und Ergänzungen nehmen wir<br />

gerne entgegen und sind bereit, diese bei einer eventuellen weiteren Auflage zu<br />

berücksichtigen.<br />

Die <strong>Szene</strong> ist im Wandel. Für aktuelle Informationen und Mitteilungen sind wir<br />

dankbar.<br />

222


12 Impressum<br />

Medieneigentümer und Herausgeber: <strong>LOGO</strong> <strong>Jugendmanagement</strong> GmbH.<br />

2., vollständig überarbeitete, umfassend ergänzte und erweiterte Auflage, Graz,<br />

2011.<br />

Wissenschaftliche Leitung: Roman Schweidlenka.<br />

Inhaltliche Ausarbeitung: Roman Schweidlenka, Veronika Strauß; Simone Phillip.<br />

Textbeiträge: Katharina Ganster, Benjamin Grilj, Alexandra Koch, Alex Mikusch, René<br />

Molnar.<br />

Redaktion: Veronika Strauß.<br />

Information und Beratung:<br />

<strong>LOGO</strong> ESO.INFO<br />

Karmeliterhof/3.Stock ESO-Hotline:<br />

Karmeliterplatz 2, 8010 Graz Mo, Di und Do von 14:00-18:00 Uhr<br />

ESO-Hotline: 0676|86630-227 Persönliche Termine nach Vereinbarung<br />

eso@logo.at | www.logo.at<br />

223


13 Medien der <strong>LOGO</strong> ESO.INFO<br />

Alle Medien können über die <strong>LOGO</strong> JUGEND.INFO bezogen werden:<br />

<strong>LOGO</strong> JUGEND.INFO<br />

Karmeliterhof/Erdgeschoß<br />

Karmeliterplatz 2, 8010 Graz<br />

Mo-Fr: 12:00-17:00 Uhr<br />

INFOblätter<br />

Verfassungsfeindliche, antidemokratische & rechtsextreme Strömungen<br />

Hilfestellungen für den Jugend(arbeits)bereich.<br />

quickINFOs<br />

ESOreader<br />

Der ESOreader ist eine Art „Lexikon“, das von der ESO.INFO gemeinsam mit Schüler<br />

erstellt wurde. Die für beide Seiten wichtigsten Stichworte wurden aufgenommen und<br />

umfassend erklärt.<br />

Fuck the System? Jugend & Jugendkulturen zwischen Rechtsextremismus,<br />

Anpassung und Emanzipation<br />

Blitzlichter und Stimmungsbilder, Gedankensplitter und ausgesuchte Informationen;<br />

von Experten, Jugendarbeiter, Jugendlichen. Damit soll ein kleiner Beitrag zum<br />

politischen Verständnis und zum zeitgenössischen engagierten Wirken geleistet<br />

werden. Die Beiträge spiegeln die große politische Bandbreite demokratischer<br />

Meinungsäußerungen wider.<br />

Satanismus<br />

Dem eigentlichen Wortsinn nach ist Satanismus eine Verehrung des Teufels als<br />

dualistischer Gegenpol zu Gott. Satanismus umfasst viele künstlerische<br />

Ausdrucksformen, die den Teufel symbolisch, oft als Medium gesellschaftskritischen<br />

Protests, betrachten. Auf der anderen Seite gibt es den sogenannten harten<br />

Satanismus (Hard Core Satanismus), der rituell den leibhaftigen Teufel beschwört.<br />

Scientology<br />

Scientology (häufig als Scientology-Organisation / SO bezeichnet) wurde einer breiten<br />

Öffentlichkeit durch medienwirksame „Kriege“ gegen führende Politiker und<br />

Sektenexperten in Deutschland, Österreich, Frankreich und anderen Staaten bekannt.<br />

224<br />

Tel.: 0316|9037090<br />

info@logo.at | www.logo.at<br />

facebook.com/logo.jugendinfo


Trend Sinnsuche: Spiritualität positiv<br />

Im Rahmen der neuen religiösen Bewegungen hat sich eine lebhafte und umfassende<br />

Diskussion über die Gefahren entwickelt, die mit der Suche des Menschen nach<br />

spirituellen Sinnwelten verbunden sind.<br />

Facbroschüren/Sonderdrucke:<br />

Die braune Aura der Esoterik. Esoterik und Rechtsextremismus.<br />

Esoterik war nach 1945 lange Zeit verpönt. Wer sich mit den neuen spirituellen<br />

Bewegungen oder deren „Schatten“, den esoterischen Ideologien und Weltbildern,<br />

beschäftigte, wurde bestenfalls als Spinner eingeschätzt. Im Zuge der New Age-<br />

Bewegung der achtziger Jahre, einer Form entpolitisierter, verbürgerlichter<br />

Hippiebewegung, wurde die einst verpönte alte Dame Esoterik schrittweise<br />

salonfähig...<br />

Die Schwarze <strong>Szene</strong>. Populäre Jugendkulturen und ihr Verhältnis zu<br />

Spiritualität, Satanismus und Rechtsextremismus<br />

Die Fachbroschüre arbeitet erstmals die genaue Verbindung verschiedener<br />

Jugendkulturen zu Satanismus und politischem Extremismus heraus und klärt deren<br />

Verhältnis zu Esoterik und neuer Spiritualität.<br />

Rechte Symbole, Codes, Slogans und Kleidung<br />

Angelehnt an deutsche Literatur und Broschüren wird eine Zusammenfassung der<br />

wichtigsten Erkennungsmerkmale der rechtsextremen <strong>Szene</strong> in der <strong>Steiermark</strong> und<br />

Österreich dargelegt.<br />

Wer fürchtet sich vorm weißen Mann?!<br />

Die Broschüre von Alex Mikusch zeigt verständlich, sich am Wesentlichen orientierend,<br />

aktuelle Vereinnahmungsstrategien rechtsextremer Kräfte auf, die für Jugendkulturen<br />

oft zu einem Problem wurden und werden. Gleichzeitig wird ein kurzer Einblick in die<br />

zeitgenössische österreichische rechtsextreme <strong>Szene</strong> geboten, über die jeder<br />

demokratisch gesinnte Bürger informiert sein sollte.<br />

Website<br />

www.logo.at<br />

Im Bereich der ESO.INFO finden Sie aktuelle Meldungen, Buchbesprechungen,<br />

Fachartikel zu den Themenbereichen Religion, So genannte Sekten, Satanismus /<br />

Okkultismus / Esoterik, Jugendszenen, Antidemokratische Strömungen und einiges<br />

mehr.<br />

Über das Formular „Broschürenbestellung“ können Medien bequem online<br />

bestellt werden.<br />

225

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!