das Magazin aus Freising. - Supershit

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24.12.2012 Aufrufe

Stadtgeschichten Ein Freisinger sorgt für den guten Rutsch BSD-Verbandsarzt Jochen Wagner ist Olympia-Teilnehmer in Vancouver Wenn am 12. Februar die Olympischen Winterspiele im kanadischen Vancouver beginnen, ist ein Freisinger mit von der Partie: Dr. Jochen Wagner (43), leitender Verbandsarzt des Deutschen Bob- und Schlittenverbandes (BSD). Doch bei allem Stress, den so ein sportliches Großereignis auch für die medizinische Abteilung mit sich bringt, hat der Freisinger Orthopäde einen festen Vorsatz: „Ich möchte es genießen.“ Ausstaffiert ist Wagner schon: Bei ihm zu Hause stehen zwei riesige Taschen, in denen sich das vorgeschriebene Olympia-Outfit für jeden Teilnehmer der rund 450-köpfigen deutschen Delegation befindet. „Eigentlich nehme ich sonst nur eine Jeans und Unterwäsche mit“, beschreibt Wagner seine Reisevorbereitungen. Übrigens: Die Kleidung ist schneeweiß, passt also zu dem Arzt und so genannten „Halbgott in Weiß“. Medikamente, Arzneien und Geräte muss Wagner nicht einpacken, wenn er bereits am 7. Februar über den großen Teich fliegt: In Whistler, wo das Olympische Dorf für die Heldinnen und Helden der Eisbahn liegt, gibt es eine klinische Abteilung. Und dorthin werden sämtlich von Wagner angeforderten und – Stichwort: Dopingkontrollen – vorher für jeden Athleten deklarierten Arzneimittel vorausgeschickt. Grundsätzlich, so Wagner, unterscheide sich die Arbeit bei den Olympischen Spielen nicht von der bei einem normalen Weltcup-Einsatz. Das beginnt schon beim frühen Aufstehen und Frühstück um 7.30 Uhr. Die ersten ein oder zwei Tage nach der Anreise würden die Sportler regenerieren, dann nehme man den Trainingsbetrieb in Whistler auf. Und genau da verbirgt sich „eine Unbekannte“: Bei Temperaturen von minus fünf Grad, wie sie bisher bei Rennen in Vancouver herrschten, lässt die Hochgeschwindigkeitsbahn bereits ein Tempo von 22 Von hier von dort und anderen guten Dingen bis zu 150 km/h zu. Was passiert, wenn es noch kälter wird, kann niemand genau vorhersehen. Doch die Gefahr von Stürzen wachse auf jeden Fall. Aber auch wenn die Bahn eigentlich entschärft werden müsse, so Wagner: „Wir haben ein gutes Gefühl.“ Die Athleten seien fit, keiner der rund 30 deutschen Rodel-, Bob- und Skeleton-Fahrer stelle derzeit medizinisch ein Sorgenkind dar. Den größten Bammel vor Verletzungen seiner Schützlinge hat Wagner übrigens dann, wenn sich die Eis-Piloten zum Hallenfußball begeben. Bei aller Professionalität und Coolness: Olympische Spiele sind selbstverständlich etwas Besonderes. Schon allein deshalb, weil jeder Wettkampf ausverkauft sei, jeder Renntag als großes Event mit viel Drumherum gestaltet werde, und weil dann die Randsportarten Rodeln, Bob und Skeleton viel stärker als sonst ins Blickfeld der Öffentlichkeit rückten, wie der BSD-Verbandsarzt genau weiß. „Die Atmosphäre wird bei Olympia ganz anders sein“, betont Wagner. Da gelte es, die Athleten locker zu machen – auch geistig. Deshalb verstehen sich Wagner und der Physiotherapeut auch als eine Art Psychologe. „Wir sind eine Familie“, beschreibt Wagner den Zusammenhalt auch über Nationengrenzen hinweg. Und weil das so ist, müsse man mit den Athleten auch einmal raus aus dem Olympischen Dorf, etwas unternehmen und sich etwas anschauen, mal ein Steak essen gehen. Wagner selbst wird an der Eröffnungsfeier im 120 Kilometer von Whistler entfernten Vancouver am 12. Februar teilnehmen. Die Athleten, die er unter seinen medizinischen Fittichen hat, aber nicht: Zu stressig die Fahrten, zu kurz danach die Wettkämpfe, die für seine Schützlinge bereits am 13. Februar beginnen. Dafür können die Athleten, wenn sie wollen, länger und bis zur Abschlussfeier in Kanada bleiben. Wagner selbst wird schon vorher in die Heimat zurückkehren. Bei einigen Punkten weiß Wagner jetzt schon, was in Vancouver auf ihn zukommt: „Es wird große Emotionen geben“, ist sich der Freisinger Orthopäde sicher. Schließlich werden die Rennen in Kanada für einige Sportler der letzte große Auftritt auf der Weltbühne des Sports sein. Und noch eine sichere Prognose traut sich Wagner abzugeben: „Unsere Rodeldamen werden die ersten drei Plätze belegen.“ Und auch bei den Herren stehen laut Wagner die Chancen, Medaillen zu sammeln, sehr gut – „wenn die Jungs locker bleiben“, wie er es ausdrückt. Für ihn selbst und das Team im Hintergrund gilt vor allem eine Devise: „Ruhig bleiben.“ Es gelte für ihn, die Normalität eines normalen Weltcup-Rennens zu vermitteln, seine Arbeit so zu verrichten wie sonst auch. Denn wenn schon der Arzt nervös sei und Panik verbreite … (AB) Stadtgeschichten Dr. Jochen Wagner mit dem Fair-Play-Preis des Internationalen Rennrodel-Verbandes (FIL). Die FIL würdigte damit „den selbstlosen Einsatz von Dr. Jochen Wagner bei der Behandlung und Rehabilitation der schwer verunglückten Athletin Ewelina Staszulonek aus Polen. Von hier von dort und anderen guten Dingen 23

Stadtgeschichten<br />

Ein <strong>Freising</strong>er<br />

sorgt für den guten Rutsch<br />

BSD-Verbandsarzt Jochen Wagner ist Olympia-Teilnehmer in Vancouver<br />

Wenn am 12. Februar die Olympischen<br />

Winterspiele im kanadischen Vancouver beginnen,<br />

ist ein <strong>Freising</strong>er mit von der Partie:<br />

Dr. Jochen Wagner (43), leitender Verbandsarzt<br />

des Deutschen Bob- und Schlittenverbandes<br />

(BSD). Doch bei allem Stress, den<br />

so ein sportliches Großereignis auch für die<br />

medizinische Abteilung mit sich bringt, hat<br />

der <strong>Freising</strong>er Orthopäde einen festen Vorsatz:<br />

„Ich möchte es genießen.“<br />

Ausstaffiert ist Wagner schon: Bei ihm zu<br />

H<strong>aus</strong>e stehen zwei riesige Taschen, in denen<br />

sich <strong>das</strong> vorgeschriebene Olympia-Outfit<br />

für jeden Teilnehmer der rund 450-köpfigen<br />

deutschen Delegation befindet. „Eigentlich<br />

nehme ich sonst nur eine Jeans<br />

und Unterwäsche mit“, beschreibt Wagner<br />

seine Reisevorbereitungen. Übrigens: Die<br />

Kleidung ist schneeweiß, passt also zu dem<br />

Arzt und so genannten „Halbgott in Weiß“.<br />

Medikamente, Arzneien und Geräte muss<br />

Wagner nicht einpacken, wenn er bereits<br />

am 7. Februar über den großen Teich fliegt:<br />

In Whistler, wo <strong>das</strong> Olympische Dorf für<br />

die Heldinnen und Helden der Eisbahn<br />

liegt, gibt es eine klinische Abteilung. Und<br />

dorthin werden sämtlich von Wagner angeforderten<br />

und – Stichwort: Dopingkontrollen<br />

– vorher für jeden Athleten deklarierten<br />

Arzneimittel vor<strong>aus</strong>geschickt.<br />

Grundsätzlich, so Wagner, unterscheide<br />

sich die Arbeit bei den Olympischen Spielen<br />

nicht von der bei einem normalen<br />

Weltcup-Einsatz. Das beginnt schon beim<br />

frühen Aufstehen und Frühstück um 7.30<br />

Uhr. Die ersten ein oder zwei Tage nach der<br />

Anreise würden die Sportler regenerieren,<br />

dann nehme man den Trainingsbetrieb in<br />

Whistler auf. Und genau da verbirgt sich<br />

„eine Unbekannte“: Bei Temperaturen von<br />

minus fünf Grad, wie sie bisher bei Rennen<br />

in Vancouver herrschten, lässt die Hochgeschwindigkeitsbahn<br />

bereits ein Tempo von<br />

22 Von hier von dort und anderen guten Dingen<br />

bis zu 150 km/h zu. Was passiert, wenn<br />

es noch kälter wird, kann niemand genau<br />

vorhersehen. Doch die Gefahr von Stürzen<br />

wachse auf jeden Fall. Aber auch wenn die<br />

Bahn eigentlich entschärft werden müsse,<br />

so Wagner: „Wir haben ein gutes Gefühl.“<br />

Die Athleten seien fit, keiner der rund 30<br />

deutschen Rodel-, Bob- und Skeleton-Fahrer<br />

stelle derzeit medizinisch ein Sorgenkind<br />

dar. Den größten Bammel vor Verletzungen<br />

seiner Schützlinge hat Wagner<br />

übrigens dann, wenn sich die Eis-Piloten<br />

zum Hallenfußball begeben.<br />

Bei aller Professionalität und Coolness:<br />

Olympische Spiele sind selbstverständlich<br />

etwas Besonderes. Schon allein deshalb,<br />

weil jeder Wettkampf <strong>aus</strong>verkauft sei, jeder<br />

Renntag als großes Event mit viel Drumherum<br />

gestaltet werde, und weil dann die<br />

Randsportarten Rodeln, Bob und Skeleton<br />

viel stärker als sonst ins Blickfeld der<br />

Öffentlichkeit rückten, wie der BSD-Verbandsarzt<br />

genau weiß. „Die Atmosphäre<br />

wird bei Olympia ganz anders sein“, betont<br />

Wagner. Da gelte es, die Athleten locker zu<br />

machen – auch geistig. Deshalb verstehen<br />

sich Wagner und der Physiotherapeut auch<br />

als eine Art Psychologe. „Wir sind eine Familie“,<br />

beschreibt Wagner den Zusammenhalt<br />

auch über Nationengrenzen hinweg.<br />

Und weil <strong>das</strong> so ist, müsse man mit den<br />

Athleten auch einmal r<strong>aus</strong> <strong>aus</strong> dem Olympischen<br />

Dorf, etwas unternehmen und sich<br />

etwas anschauen, mal ein Steak essen gehen.<br />

Wagner selbst wird an der Eröffnungsfeier<br />

im 120 Kilometer von Whistler entfernten<br />

Vancouver am 12. Februar teilnehmen. Die<br />

Athleten, die er unter seinen medizinischen<br />

Fittichen hat, aber nicht: Zu stressig die<br />

Fahrten, zu kurz danach die Wettkämpfe,<br />

die für seine Schützlinge bereits am 13.<br />

Februar beginnen. Dafür können die Athleten,<br />

wenn sie wollen, länger und bis zur<br />

Abschlussfeier in Kanada bleiben. Wagner<br />

selbst wird schon vorher in die Heimat zurückkehren.<br />

Bei einigen Punkten weiß Wagner jetzt<br />

schon, was in Vancouver auf ihn zukommt:<br />

„Es wird große Emotionen geben“, ist sich<br />

der <strong>Freising</strong>er Orthopäde sicher. Schließlich<br />

werden die Rennen in Kanada für einige<br />

Sportler der letzte große Auftritt auf<br />

der Weltbühne des Sports sein. Und noch<br />

eine sichere Prognose traut sich Wagner<br />

abzugeben: „Unsere Rodeldamen werden<br />

die ersten drei Plätze belegen.“ Und auch<br />

bei den Herren stehen laut Wagner die<br />

Chancen, Medaillen zu sammeln, sehr gut<br />

– „wenn die Jungs locker bleiben“, wie er<br />

es <strong>aus</strong>drückt. Für ihn selbst und <strong>das</strong> Team<br />

im Hintergrund gilt vor allem eine Devise:<br />

„Ruhig bleiben.“ Es gelte für ihn, die Normalität<br />

eines normalen Weltcup-Rennens<br />

zu vermitteln, seine Arbeit so zu verrichten<br />

wie sonst auch. Denn wenn schon der Arzt<br />

nervös sei und Panik verbreite … (AB)<br />

Stadtgeschichten<br />

Dr. Jochen Wagner mit dem Fair-Play-Preis<br />

des Internationalen Rennrodel-Verbandes<br />

(FIL). Die FIL würdigte damit „den selbstlosen<br />

Einsatz von Dr. Jochen Wagner bei der<br />

Behandlung und Rehabilitation der schwer<br />

verunglückten Athletin Ewelina Staszulonek<br />

<strong>aus</strong> Polen.<br />

Von hier von dort und anderen guten Dingen 23

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