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Leben wie gemalt

Sep 2, 2021

Es ist eine These: Menschen lieben nicht, sie

nutzen andere für sich selbst. Wir werden

nicht geliebt. Wir suchen Liebe, aber wenn

wir wo ankommen, ist es eine Täuschung.

Das Ganze hält nur so lang, wie unser

Gegenüber bekommt, weswegen wir in

Beziehung sind. Veränderungen beinhalten

das Risiko, dass eine Verbindung emotional

verarmt und möglicherweise zerbricht. In

guten und schlechten Zeiten: Es kommt

vor, dass Menschen nicht nur einen Vorteil

daraus ziehen, wenn da ein Partner ist,

der ihre Bedürfnisse reflektiert, sondern

andere mittels vorgetäuschter Identität

gezielt ausgenutzt werden. Die Erfüllung in

romantischer Liebe zu suchen, ist der Beginn

visionären Denkens, möglicherweise der

Antrieb überhaupt unterwegs zu sein – und

der Anfang unendlicher Irrtümer.

Was treibt den Menschen, der Wunsch nach

Anerkennung oder die Wut, etwas nicht zu

bekommen? Möglich ist es, mit gefährlicher

Atomkraft zu fahren wie im hochtechnisierten

Unterwasserboot, vollgepackt mit

finsteren Raketen, und andere segeln bloß

naiv mit der Jolle oben rum.

# Beziehungen

Wir sind miteinander in Verbindung, die

Liebe erschafft Paare; mit unsere Familie,

Freunden, während der Arbeit. Und mit

der Gesellschaft insgesamt, pflegt oder

erleidet jeder einzelne Mensch individuelle

Beziehungen. Ein Beispiel ist der finanzielle

Aspekt unserer Existenz, der uns alle verbindet.

Wir drucken uns kein eigenes Geld nach

Bedarf. Die Solidargemeinschaft ist nicht nur

ein christliches Gebot, es ist der akzeptierte

Zwang unserer Gegenwart. Wir

können uns alternative Lebensformen

ausdenken. Wir können aber

Großbritannien nicht auf die andere

Seite des Atlantiks verschieben oder

Deutschland aus der Mitte Europas

nehmen.

Zwei Menschen, die sich damit

beschäftigt haben, bewerten die Idee

eines monatlichen Grundeinkommens

vom Staat für jeden von uns.

Der Befürworter stellt die gewaltige

Summe, alle mit gut tausend Euro

monatlich auszustatten, dem Gewinn

an fehlender Bürokratie gegenüber,

die wir bislang benötigen, um Einzelfälle

zu prüfen. Er rechnet vor, dass es

billiger käme, jeden gleich zu bezuschussen,

anstelle Sozialschwachen

differenziert nach Antrag zu helfen

wie die bisherigen Systeme es tun.

Die Alternative, sämtliche steuerliche

Abgaben um eben diese Summe pro

Person zu reduzieren und im Gegenzug

jegliche Sozialhilfe, Arbeitslosengeld

und dergleichen abzuschaffen,

steht dahinter? Das hieße, einem

Gutverdiener zwanzigtausend zu erlassen,

einem der nichts tut, dieselbe Summe zu

schenken, und das System muss insgesamt

das Bonbon für jedermann erwirtschaften.

Die schöne Utopie kränkelt, wenn wir uns

einer modernen Idee des Finanzministers

erinnern, die Renten zu besteuern. Ähnliches

könnte ein bedingungsloses

Grundeinkommen zukünftig

ad absurdum führen. Dann

finge das Spiel, einen größeren

Bierdeckel zu benötigen, um

darauf die inneren Finanzen

des Systems zu berechnen, von

vorne an. Etwa, wie die Briten

mit der Europäischen Union

nach dem Brexit verhandeln, bis

alles wie dazumal geregelt ist.

Es ist die typische Verblendung

innovativer Menschen, die für

uns alle am Besten zu denken

meinen, nicht an den zukünftigen

Zeitgenossen zu denken,

dem dann wieder einfällt, seine

Gegenwart im eigenen Sinn

umzugestalten.

Der Ökonom, im Gegensatz zum

davon begeisterten Studenten,

glaubt nicht an das bedingungslose Grundeinkommen

als Anreiz, das Leben freier und

sozial gestärkt in Angriff zu nehmen. Er führt

als Argument an, dass die Freiheit zu handeln

nicht durch diese Beziehung zum Staat,

etwa, als wären wir sicher gefüttert wie

das Tier im Zoo, beschnitten werden dürfe.

Während der Befürworter in der grundsätzlich

zur Verfügung stehenden Summe einen

Anreiz erkennt, das Leben angstfrei zu gestalten,

meint der Gegner dieser Unterstützungsform,

dass es gerade nicht motiviere,

noch zu jagen, wenn Futter ungefragt von

oben ins Gehege gelegt würde. Der Spezialist

gibt zu bedenken, dass die Freiheit ein

hohes Gut sei und unser Risiko, das Leben zu

fürchten und deswegen aktiv zu werden, ein

Bestandteil derselben.

Dem kann entgegengehalten werden, dass

es keine Freiheit ohne Abhängigkeit gibt. Insofern

bleibt es eine organisatorische Frage,

wie der Wohlstand eines funktionierenden

Systems Teil des Ganzen sein kann und

Steuern auf der anderen Seite verpflichtend

dagegen halten. Ein Leben auf dieser Welt

ist nur in Beziehungen vorstellbar. Tatsächlich

wählt der Erwachsene sich seine Abhängigkeiten,

löst sich vom Elternhaus und geht

neue Beziehungen ein. Von besserer Freiheit

zu reden, einer Unabhängigkeit, die vollkommen

wäre, nie bindet, treibt den Begriff auf

die Spitze bis ins Gegenteil. Realität ohne

jede Bindung gibt auch keinerlei Halt. Um

einen Schritt zu tun, müssen wir ein Gewicht

haben und benötigen Boden zum Ausschreiten.

So kann jede Beziehung nach dem

jeweiligen Nutzen für uns begriffen werden.

Wollen wir bis zu den Knien im Matsch

stapfen oder bevorzugen die asphaltierte

Bahn für unseren Porsche? Es macht Sinn,

genauer darüber nachzudenken, wenn wir

vom fernen Glück träumen, wo individuell

die Bedürfnisse sind und wie sie befriedigt

werden könnten.

Es gibt reichlich Raum, sich kämpferisch zu

geben: Da sind Aktivisten bei Greenpeace

wie anderswo welche, die für das bedingungslose

Grundeinkommen kämpfen. Da

finden sich Organisationen, die zu rauchen

verbieten möchten wegen der gesundheitlichen

Risiken. Auch im Bereich gesunder

Ernährung für die Gesellschaft sind einige

unterwegs, uns zu ändern. „Fridays for future“,

Frauenrechte überall und das Schlagwort

„Gerechtigkeit“ führen nicht wenige im

Mund, wenn sie uns drankriegen möchten,

die Gesellschaft zu bessern. Das ist unser

Sep 2, 2021 - Leben wie gemalt 97 [Seite 97 bis 99 ]

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