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Heilige Scheiße
Aug 3, 2021
Man stelle sich vor, wie lang es dauert, ein
Bild zu malen? Nicht irgendeinen Schmierhin.
Nein, die einigermaßen realistische
Malerei. Anspruchsvoll. Das zieht sich. Eine
ausgeklügelte, abstrakte Kunst ist nicht weniger
schwierig zu erlernen. Nur Laien führt
diffuse Intuition, banaler Geschmack. Selbst
zu arbeiten, heißt zu bemerken, was tatsächlich
besser sein könnte. Und was individuell
Gutes wie Schlechtes bedeutet. Du wirst sehen,
es benötigt viel Selbstkritik; hier stimmt
die Perspektive nicht, da ist es zu dunkel
oder dort müsste noch Glanz drauf. Im fertigen
Bild nicht sichtbare Schwierigkeiten des
Künstlers bei der Umsetzung eines Themas
gestalten die Arbeit langwierig. Die Bedingungen
im Schaffensprozess sind gelegentlich
schlecht. Der Maler ärgert sich über das
Material, wird anderweitig in der Konzentration
gestört. Wer nicht willkürlich schreddert,
benötigt Präzision. Er übermalt Fehler, die im
Endprodukt nicht zu sehen sind. Reichlich Irrtum
und viel Zeit, Widerstände aus dem Weg
zu räumen. Je länger du arbeitest (nicht nur
an einem Bild), Zeit vergeht, sich mit Malerei
auseinanderzusetzen, wächst der Respekt vor
den Kollegen, die man als bessere neidlos
anerkennen muss. Was sind ihre Motive, wie
definieren sie Erfolg?
Hängt das Bild, und nie kommt Besuch vorbei,
hieße das einseitige Kommunikation. Ein langer
Weg in die Sackgasse erzeugt möglicherweise
Frust. Das kann auch zum Antrieb werden.
Eigentlich gehen wir davon aus, unser
Bild werde von anderen angesehen. Jemand
spricht, in diesem Fall mit Farbe und Form,
andere rezipieren. Sie nehmen Inhalte, statt
über die Ohren, sehend auf. Malerei kommuniziert;
lang wird geschaffen, kurz geschaut.
Meine Reise ist, wie mit einem Boot durch alle
Wetter kreuzend, fertig werdend, schließlich
beim Motiv anzukommen. Dagegen genügt
uns eine schnelle Fahrt mit den Augen, alles
zu betrachten. Einen Quadratmeter Fläche
kann jeder zügig erfassen. Sekunden reichen
aus, wesentliche Inhalte zu bemerken.
Ein gutes Bild wird dem Liebhaber nie müde
zu betrachten. Da gibt es immer wieder Neues
zu entdecken. Wir assoziieren eigenes,
interpretieren das Gesehene individuell.
Erfrischende Kunst entsteht im Auge des
Betrachters. Emotionen sprießen, Fantasie
blüht oder ein gruseliger Moment lässt den
Betrachter kalt erschaudern, das ist ein Bild!
Wir denken die Motive,
Themen kreativ weiter,
vergleichen innere Bilder
damit, die uns kommen
wie im Roman, den
wir gern verschmökern.
Quatsch begreifen wir mit
einem Blick und gehen
darüber hinweg, uns nie
wieder darauf einzulassen.
Da kann gewichtig drübergeredet
werden in der
Vernissage, egal.
Eine Radiosendung muss vorbereitet werden.
Unterrichtsstoff des Lehrers einer Schule benötigt
kritische Beschäftigung, bevor er Lernenden
präsentiert wird.
Nicht selten wird der Inhalt
einer Kommunikation ineffektiv
vom Empfänger aufgenommen.
Wenige schalten
das Radio ein, während
gesendet wird? Die Schüler
sind abgelenkt, der
Stoff ist dröge. Als Künstler
muss man sich die Frage
stellen, worauf es ankommt: Resonanz oder
Produktion? Den Schwerpunkt setzen, ihn
gegebenenfalls verschieben, bedeutet mehr
Kontrolle darüber zu gewinnen, was man tut.
Zu prüfen, ob und wie die Arbeit bewertet
wird, gehört dazu. Einen Monolog zu halten,
macht nur Sinn, wenn man sich darüber klar
ist, was das Ganze soll. Ein Idiot ist auf jeder
Party, redet, und niemand hört zu? Darüber
sollte nachgedacht werden. Die
Bilder der alten Meister im Museum
werden angeschaut, obwohl
die Künstler tot sind und eventuelle
Zuneigung durch staunende
Besucher nicht mitbekommen. Der
Betreiber einer Kunstausstellung
oder Biograf eines Verstorbenen
mag annehmen, gemocht zu werden,
wenn Interessenten erscheinen?
Das ist etwa so, wie wenn jemand
eine alte Platte online stellt,
Kommentare gepostet werden.
Deswegen bist du nicht der Duke
(Ellington).
Man sei kein Künstler, weil man
Bilder sammelt, meint David
Hockney.
Die Ausstattung einer Präsentation
ist eine Form der Kunst. Ein Bild in die
Öffentlichkeit zu bringen, bedeutet einen Teil
der Kommunikation zu leisten. Eine Sammlung
schaffen, zu präsentieren, ist als kunstverständiges
Tun mehr, als einen Spruch zu
lassen. Geltungsdrang und Leistung machen
nur Sinn im persönlich befriedigenden Verhältnis
zueinander.
# Gute Unterhaltung!
Es drängt zur Kunst? Wir können die Welt
nicht gestalten, aber eine Leinwand. Die Natur
besiegen wir nie, wir passen sie künstlich an.
Menschen gehen nicht auf die Toilette, weil
das Wasserklosett erfunden wurde. Schöner
Wohnen, besser schietern? Eine Glosse muss
nicht wahr sein, es genügt zu unterhalten.
Wir haben gerade unser Bad saniert, und ein
Kunstkreis weit westlich von Hamburg lädt
zu einer neuen Ausstellung ein. Was das miteinander
zu tun hat: Es kommt auf die individuelle
Sicht an!
Zunächst das schöne Badezimmer. Rundum
gelungen, dank an die Handwerker. Wir ließen
das neue WC gemäß Angebot einbauen, und
ich habe im Ausstellungsraum des Händlers
auch zur Probe gesessen. Nicht nackt. Das
hätte ich tun sollen! Wer ahnt denn, dass es
ein Klo für Eunuchen ist? Das Dianawandklosett
einhundert scheint mir für Frauen und
Vollkastraten ohne Hodensack oder Hängepenis
konzipiert. Nur mit kurz geschrumpften
Klüten und Pinkelstummel (an einem kalten
Tag), wäre es (gerade) noch möglich, sich
kontaktlos draufzusetzen …
# Wind muss wehen!
See steiht vun achtern und von
vorn, zurück darf kein Seemann
schaun. Hans Albers kommt mir in
den Sinn. Sturm im Waschbecken,
in der Kloschüssel: „Nordwest“ gift
krusen Büdel un’ lütt’n Pint, heißt
es an Bord.
Ich hoffe auf kalte, windige Herbsttage.
Flache Schüssel. Und was noch schlimmer
ist, ich habe diese Diana selbst gekauft, abgehakt,
ohne weiter darüber nachzudenken.
Wie doof ist das denn? Und nun ist sie fest
mit der Wand verkachelt. Wahrscheinlich
male ich Schwachsinn, weil das so einfach
ist, mein blödes Hirn für Design nicht taugt:
Das ist zu schick für mich.
# Feuchtgebiet
Morgens, wenn ich mit Wasserlatte
den kurzen Weg ins Badezimmer
mache und entsprechend lang
abhänge, liegt mein Gemächt auf
dem glatten Porzellan auf. Kalt,
nass und möglicherweise feucht
vom Pipi der ganzen Familie?
Brr. Sich stocksteif aufrichten und
weit hinten sitzen, hilft. Je nach
Länge, und das ist beim richtigen
Mann verschieden. Nur durchgegenderte
Transtanten mit Regenbogenarsch
können jederzeit
kurz sitzpieschern. Immerhin, es
hat einen tollen Hall: Das dröhnt!
Eine echte Furztrompete. Pavlos
und seine trinkfesten Freunde auf
der nahen Terrasse vom „Lindos“
benötigen nur noch die kleinen Ohren der
indischen Elefanten für das Vergnügen, dabei
zu sein: Mein Rüssel ringele sich. Es ist
hübsch und kurz, dieses „Diana“, dicht bei der
Wand; darum hat man es uns empfohlen. Unser
Bad ist klein.
# Assoziationen
Kunst muss anstoßen. Die Fettecke von
Beuys polarisierte noch, weggeputzt! Sauber.
Neue Themen reizen, mal dir selbst den
Schwamm fürs Klo. Der große Bogen eines
schrägen Gedankens führt Inhalte kreativ
zusammen: Und dann aktuell der Kunstkreis.
Aug 3, 2021 - Heilige Scheiße 80 [Seite 80 bis 81 ]