Blogtexte2021_1_12
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unten sind. Es ist auch ganz gut, dass alles
wie ein absurdes Theater dargestellt ist. So
können wir als Betrachter denken, dass es
nicht wirklich passiert. Es ist dann ähnlich
dem Pictogramm, nur ein Bild und nicht ganz
wahr.
# Kunst muss nicht real sein
wollen
Ich frage mich, warum wir
immer eilen? Das gehört
dazu, zu beschreiben, wenn
ich in Worten sagen möchte,
wie diese Idee sich verselbstständigte.
Es wäre
möglich gewesen, eine Erinnerung
an einen bestimmten
Moment, den verstörenden
Blick – hier breche ich ab. So
angesehen zu werden, dass ich es nie mehr
vergesse, als exaktes Bild, so, wie und wo das
einmal war, zu malen? Das schaffe ich gerade
nicht. Deswegen ist diese überladene Kunstsituation
zu meiner Szene geworden. Ich
kombinierte also weitere Gedanken hinein,
die mir in der Arbeit an der Skizze in den Weg
ragten wie Stolperdrähte. Ich möchte deswegen
eine synthetische Szenerie entwickeln.
Das Drängen, Protzen und Angeben mit dem,
was einer mit jemandem machen kann – der
schließlich nicht aus der Situation kommt,
ohne zu reagieren. Das ist so ein Stolperstein.
Ein Gedanke musste beachtet werden. Das
hat mich zum modernen Tand gebracht, als
ein Element, die gewünschte und leider nötige
Synthese zu entwickeln.
# Selfie
Du wirst nicht umhinkommen, etwas zu tun,
wenn man es dir aufzwingt. Das Tempo deines
Lebens wird fremdbestimmt sein. Auf
manches müssen wir eine Antwort finden.
Und sei es, den anderen zu ignorieren. Man
erlebt es beim Autofahren. Das kann jeder
beobachten, beispielsweise als unbeteiligter
Fußgänger von außerhalb der Fahrbahn. Da
fahren oft zwei Autos zusammen. Das vordere
Fahrzeug hat ausreichend Abstand zum
Verkehr, mehrere Längen oder hundert Meter,
je nachdem wo das geschieht,
in der Stadt oder
außerhalb. Dem Wagen
klebt ein zweiter hintendran,
der nicht genügend
auf den Abstand achtet.
Das ist entweder unbewusst,
dann düngern
diese einander Fremden
imaginär verbunden
vorwärts, und der zweite
überholt nicht – obschon
das naheliegend wäre.
Oder der hintere Wagen
drängt noch heftiger, und
das geschieht bewusst
nach der Methode: „Platz
da, Idiot!“ So einer wird
eventuell überholen.
Aber es gibt auch blöde Opas, die drängen
dich und überholen nie. Sie möchten nur,
dass du tust, was sie wollen. Sie probieren
gar nicht, schnell zu fahren. Sie ärgern andere
prinzipiell, benötigen ihren Zorn, damit sie
nicht merken, dass sie demnächst ohnehin
altersbedingt sterben werden. Dumme Rentnerärsche,
wohlstandskrank im Benz unterwegs
sind typisch.
# Der Rollator wartet schon …
Das haben wir im Supermarkt an der Kasse.
Erst durch die Pandemie wurde der Abstand
erzwungen, der die Situation entspannt.
Aber nicht immer. Bei Warteschlangen vor
dem Bäcker, der coronabedingt nur
zwei Kunden innen erlaubt oder vor
der Bankfiliale gibt es gelegentlich
Streit. Manche können nicht warten.
Es wurde ein Wort erfunden:
„Entschleunigung“. Wir wissen nicht,
wie man es anwendet? Was ist der
Grund, dass wir eilen um des eilens
willen? Nur zu oft ist es Gewohnheit,
ja Zwang. Das heißt, wir könnten die
Dinge langsamer machen, die Gründe
warum’s pressiert sind nur vorgeschoben.
Es ist ein Machtkampf,
andere zu bedrängen. Wenn es uns
gelingt, andere zu scheuchen, löst
das Befriedigung aus, ich gewinne Zeit und
Stärke – das ist der Grund?
möglichen Vater,
ihrer bislang nur
erträumten Kinder.
Wer kann das sein?
Die Eroberung der
Angebeteten, wird
Warum leben wir in Beziehung; es ist nicht
der Sex allein, wir möchten Familie und einiges
mehr. Um diesen Zustand zu formen, müssen
wir eine Partnerin finden, sogar rechtzeitig,
im Sinne der
gesellschaftlichen
Erwartungen, die
uns eventuell unter
Druck setzen. Und
Frauen wünschen
sich den ganz bestimmten
Mann,
gelegentlich genannt,
was nun passiert. Die Frau suche in
Wahrheit den Mann aus, halten welche dagegen.
Gekränkte Eitelkeit nagt oder explodiert
im Zurückgewiesenen, wenn die Versuche, jemanden
für sich zu gewinnen, scheitern.
Und hier kommt tatsächlich ein Zeitfaktor
ins Spiel. Wir sehen diesen Zusammenhang
zunächst kaum bewusst. Aber dass unser Leben
endlich ist, spielt eine Rolle dabei, möglichst
viel in bestimmter Zeit zu erreichen.
Ein „neues Leben“ möchten einige beginnen.
Es sei nie zu spät für einen Neuanfang, meinen
welche; das ist Unfug. Es klingt wohl
absurd zu sagen, die Angst vor dem nahenden
Lebensende lässt den Menschen hasten,
rasen, eilen und drängen? Ein junger Mensch
glaubt, das Leben vor sich zu haben. Wir
rechnen unsere Zukunft aus und beurteilen
die Erwartung, was noch kommen wird mit
zwanzig entsprechend. Dazu passt
das ganze Gebaren, was Menschen
so tun, um zu wirken; Selfies sind
ein Teil dieses Prozedere. Und eine
gefährliche Umgebung zu nutzen,
etwa ein Bild von sich in einem
kleinen, natürlichen Pool in den
Bergen zu fotografieren, dessen
Wasser sich hunderte Meter in die
Tiefe stürzt und einen mitreißt bei
einem winzigen Fehler, ist anerkannt
bei vielen.
# Das will ich auch: Dabeisein
Jetzt gebe ich zu, dass ich gern
nackte Frauen ansehe. Ich mag
auch erotische Gewaltdarstellungen.
Das Internet macht es einfach.
Google genügt, um zu begreifen: Ich bin nicht
der einzige. Da sind auch Frauen dran beteiligt.
Sie sind ja die Hauptpersoninnen dieser
Fotos, und insofern verwundert die Klage,
Männer seien auf eine fiese Weise sexistisch.
Wir dürfen annehmen, dass nur ein Teil der
Pornobilder unfreiwillig aufgenommen wird.
Das weiß ich ja nicht beim Schauen, wie’s
zuging, ob das ein Theater ist oder die böse
Realität im Rape.
Vorsicht! Die Kombination bestimmter Themen
verbietet sich von selbst.
Kunst muss Falsches zu Wahrheit machen,
wenn mir meine Gefühle zeigen, dass pauschale
Konventionen lügen. So kombiniert,
entsteht die alternative Wahrheit, bis das Motiv
kreativ überzeugt und andere es akzeptieren.
Wenn peinlich ist, was jemand tut, dem
wir für gewöhnlich gern folgen, werden wir
uns fremdschämen und die öffentliche Beziehung
beenden. Innerlich verstörend wird das
Band aber fortbestehen und der bekannte
Verdrängungsprozess beginnt. Für den Kreativen
bedeutet diese Erfahrung, abgestoßen
zu werden vom Ganzen, umzukehren und der
Gesellschaft nachzulaufen oder die eigene
Insel der Glückseligkeit nun allein weiter
zu suchen. Ein Gemälde soll den Betrachter
auf die Reise durch emotionale Handlungsstränge
mitnehmen. Sie gehören
scheinbar nicht zusammen, bekommen ihren
Sinn durch die gemeinsame Betrachtung
in zeitlicher und räumlicher Nähe, die
eine Leinwand schafft. Die Pfade, denen
wir mit dem Auge folgen, ging der Maler
im Geiste bei seiner Arbeit. Einige dieser
Wege lassen sich parallel zum Malprozess
auch schriftlich fixieren.
# Das offene Atelier
Das gehört dazu: Mir war nicht wirklich klar,
was den Widerstand im Dritten Reich kennzeichnet,
obwohl es unterrichtet wurde und
jeder sich umfangreich informieren kann.
Das gebe ich zu. Natürlich habe ich von Anne
Frank gehört. Im Regal bei uns steht ein schmaler
Band, „Tagebuch Anne Frank“. Das hat
meine Frau mit in die Ehe gebracht. Vielleicht
hat sie das gelesen?
In einer Erzählung, in einem dicken, langen
Roman gefällt es dem Schriftsteller, verschiedene
Handlungsstränge zu verfolgen,
die dann schließlich in einem fulminanten
Höhepunkt der Story zusammenkommen. Oft
nimmt der Autor die übergeordnete Rolle eines
unabhängigen Erzählers ein. Der Schreibende
führt uns an verschiedene Schauplätze.
Er beleuchtet erst die Wege und Motive
Jul 18, 2021 - Ich bin nicht bescheuert 73 [Seite 71 bis 74 ]