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Beschränkt und erfolgreich

Jul 15, 2021

Man bekommt, was der Laden hat. Es gibt

noch diese Menschen, sie sagen beim Bäcker:

Ich „bekomme“ (drei Roggen und ein Croissant).

Das hat ihnen Mama so beigebracht?

Ein Leben lang sind diese Leute so ins Geschäft

spaziert: „Ich bekomme.“ Sie fordern

es auf eine Weise, die das Ergebnis vorwegnimmt.

Anstelle offen gegenüber einer Reflexion

zu sagen: „Ich möchte drei Schrippen“,

stellen sie es fest. Der Kunde, ein König.

„Ich bekomme.“

Die überraschende Antwort: „Schrippen sind

heute aus“, irritiert den Käufer? Man meint

schon vorher bestimmen zu können, was es

gibt. Nach einer Formel zu leben, lehrt ein

Selbstbewusstsein, das nur in einer planbaren

Welt funktioniert. Wenn der Bürgersteig

einen Radweg enthält, einander begegnende

Fußgänger mit Hund oder Kinderwagen

Trauben bilden, klingelt der rasende Senior:

„Ich komme!“ Ich bekomme den Weg frei, für

mich.

Meine Spur, mein roter Teppich. Die Gesunden

lieben ihren Nächsten erst an zweiter

Stelle, kümmern sich zu erhalten, was sie

wollen. Dazu gehört verbale Verteidigung:

„Moment. Zunächst komme ich.“ Es ist das

Selbstbewusstsein derer, die in zivilen Verhältnissen

groß werden. Eine solche Erwartungshaltung

kann sich nur erfüllen, wenn

man weiß, was der Bäcker im Regal hat. Dann

kann der Kunde noch meckern: „Die sind aber

klein heute.“ Beschränktheit ist das Normale.

Würden wir differenziert lehren, in der Schule

etwa, könnten wir Einfluss auf die zukünftigen

Generationen nehmen, dass sie flexibler

wären. Wir benötigen aber Beschränkte:

Der spezialisierte Mensch ist das Ergebnis

des Fortschritts. Wir werden darauf ausgerichtet,

im systemischen Ablauf das Element

eines Teams zu sein. Da ist Beschränktheit erwünscht,

und folgerichtig plappert eine Mutter

über ihre Tochter: „Sie hat Aspergerautismus

und kann anderes nicht ausblenden.“

Das Mädchen rastet aus in einer idiotischen

Umgebung. Sie ist die einzige, die etwas

merkt. Oha, das kann ich nur sagen, weil sich

niemand dafür interessiert und etwa was davon

hat, mich zu belehren. Alle nutzen das

Netz, um sich in dem was sie tun, von anderen

Bestätigung zu holen. Die sozialen Systeme

sind den römischen Spielen nachempfunden.

Daumen hoch beziehungsweise runter heißt

folgerichtig: „weitermachen oder den wilden

Tieren zum Fraß vorwerfen.“ So werden diejenigen,

die bereits einige Dislikes haben, ab

einer magischen Grenze inflationär

und exponentiell mehr davon bekommen.

Dabeisein bei den Bösen

lohnt, wenn genügend mitmachen.

Als hochintelligent bezeichnet, hat

ein Mädchen es schwer. Dazu wurde

Asperger diagnostiziert? Was denn

nun, krank oder was ganz tolles;

wir gefallen uns darin, etwas zu beschreiben,

dass wir nur wegerklären

mit unseren Begriffen. Wir können

nicht ändern, dass Eltern sich ein

ganz besonderes Kind wünschen.

Eine dumme Idee, die klug bemäntelt

daherkommt. Natürlich werden

Kinder in der Schule angefeindet, die anders

und besonders sind. Die Erwachsenen greifen

ja auch alle anderen an, neiden Berühmten

den Erfolg. Sie grenzen die Ausländer aus.

Männer verhindern Frauenbeteiligung in

der Wirtschaft. Die moderne Frau wiederum

wird beknackt daran, nichts zu verpassen.

Abgehetzte Mütter, die das großartigste Kind,

dazu die steile Karriere auch noch und den

vorzeigbaren Mann wollen, mit Charisma und

in einer guten Firma, ganz oben, der aber zuhause

macht, was „Frau“ will. Die gibt es.

Steht der Intellekt in einer Familie oben an,

Kultur und die Werte oder die Leistung, der

Kommerz – anstelle trivialer Herzlichkeit –

gut möglich, dass ein Supermonster rangezüchtet

wird, das unser System sprengt. Ein

Gen wird gefunden. Das ist daran Schuld –

Schicksal. Die beunruhigende Frage steht im

Raum, was die Hochintelligenz schließlich

bringt? Ein Netz würde gespannt, schreibt

das Tageblatt. Ein Fisch wurde darin gefangen

und zubereitet, jeder darf mal schnuppern,

einen Happen abbeißen; das steht dort

nicht. Zunächst werden Klassen übersprungen.

Ein Sozialpsychiater oder drei begleiten

die Superpflanze, die wie eine Diva vor Stress

beschützt werden muss und für die keine

vegane Extrawurst genügt. Und nach Schule

und Studium, was kommt dann? Überall das

beste Ergebnis und die größten Werte noch

dazu und mit einer psychosozialen Sonderkrankheit

ausgestattet, wird es schwer werden,

diese Ansprüche zu einer selbständigen

Existenz zu formen. Das ist mehr denn je eine

aus dem Baukasten. Das Wunderkind hat allemal

die Chance, diese Kisten zu sprengen.

Aber man muss sich dann auch eine individuelle

tischlern können.

# Das eigene Boot

Wir wissen, was richtig ist und sich gehört?

Die anderen auch! Jede Gruppe erklärt sich

zum funktionalen wie rechtmäßigen Block.

Die Querdenker, der Flügel der AfD, Nordkorea

und andere von uns als Unrechtsstaat

definierte genauso wie das System Bundesrepublik

Deutschland. Auch unsere föderalen

Bundesländer begehren auf gegen die Gesamtheit.

Wenn wir probieren, eine grundsätzliche

Rechtmäßigkeit zu postulieren,

scheitern wir schnell. Da ist keine profilierte

Ansicht, die irgendwer öffentlich macht, die

nicht Widerspruch hervorruft.

Arten sterben aus, der Klimawandel beschert

uns Gewitter, die wir so nicht kannten. Neue

Gruppen ersetzen alte. Der Busfahrer erzählt:

„Wir haben früher auch demonstriert. Aber

nach der Schule. Die Kiddies von ,Fridays

for Future‘ sind schon morgens im Bus und

machen für die Demo blau. Anschließend

der Versammlung liegen ihre Pappschilder

weggeworfen auf dem Rathausmarkt, und die

Stadtreinigung säubert die zu rettende Umwelt.“

Die Zeiten ändern sich. Und Frau Baerbock

hat einen Kobold, der sie berät? Da gibt

es sehenswerte Videos mit Peinlichkeiten

aller Art, und das ist nicht das Schlechteste

der Moderne. Wir werden unsere Fehler nicht

mehr los und sterben schließlich aus, weil

wir im eigenen Dreck verrecken.

Die Gesellschaft ist eine unreflektierte Herde,

die nur deswegen in einem komfortablen

Jetzt lebt, weil vorangegangene Generationen

einen Rahmen schufen. Viele bilden sich was

drauf ein, etwas zu leisten, aber diese können

das nur tun, weil sie einen Staat erbten, der

ihnen den Boden bereitet, auf dem sie sich

entfalten können. So stimmt tatsächlich, dass

die Gesellschaft ein Team ist und den Fortschritt,

die Stabilität des Ganzen sichert. Die

Gesundheit des Gesamten hängt also davon

ab, dass im Kollektiv zielgerichtet funktioniert

wird und das schränkt individuelle Freiheiten

ein. Die Pandemie ist ein gutes Beispiel dafür.

Auf der anderen Seite schürt der Druck auf

Einzelne Aggression. Diese können,

formt sich daraus ein eigenes System,

eine alles gefährdende Untergruppe

bilden.

Gerade ist ein Journalist vor Gericht

gescheitert. Er hatte ein

Video zu bieten, auf dem er von

einer Gruppe Polizisten angegangen

wird. Offensichtlich trägt der

Reporter eine Kamera am Leib,

die alles aufzeichnet. Ein Polizist

stößt den Filmenden zu Boden, ist

sichtlich aufgebracht, er ließe sich

nicht beleidigen. Das Verfahren gegen

den Beamten wurde jetzt zur

Überraschung einiger eingestellt.

Auch die anderen Beteiligten werden

nicht bestraft. Natürlich, eine

Revision steht noch aus. Der Journalist

und etliche, die das Video

gesehen haben, folgern, hier decke

der Staat sich selbst. Allerdings,

dem Film fehlt die möglicherweise

vorangegangene Sequenz, denn es

wird nicht deutlich, was den über-

Jul 15, 2021 - Beschränkt und erfolgreich 67 [Seite 67 bis 68 ]

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