Blogtexte2021_1_12
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Beschränkt und erfolgreich
Jul 15, 2021
Man bekommt, was der Laden hat. Es gibt
noch diese Menschen, sie sagen beim Bäcker:
Ich „bekomme“ (drei Roggen und ein Croissant).
Das hat ihnen Mama so beigebracht?
Ein Leben lang sind diese Leute so ins Geschäft
spaziert: „Ich bekomme.“ Sie fordern
es auf eine Weise, die das Ergebnis vorwegnimmt.
Anstelle offen gegenüber einer Reflexion
zu sagen: „Ich möchte drei Schrippen“,
stellen sie es fest. Der Kunde, ein König.
„Ich bekomme.“
Die überraschende Antwort: „Schrippen sind
heute aus“, irritiert den Käufer? Man meint
schon vorher bestimmen zu können, was es
gibt. Nach einer Formel zu leben, lehrt ein
Selbstbewusstsein, das nur in einer planbaren
Welt funktioniert. Wenn der Bürgersteig
einen Radweg enthält, einander begegnende
Fußgänger mit Hund oder Kinderwagen
Trauben bilden, klingelt der rasende Senior:
„Ich komme!“ Ich bekomme den Weg frei, für
mich.
Meine Spur, mein roter Teppich. Die Gesunden
lieben ihren Nächsten erst an zweiter
Stelle, kümmern sich zu erhalten, was sie
wollen. Dazu gehört verbale Verteidigung:
„Moment. Zunächst komme ich.“ Es ist das
Selbstbewusstsein derer, die in zivilen Verhältnissen
groß werden. Eine solche Erwartungshaltung
kann sich nur erfüllen, wenn
man weiß, was der Bäcker im Regal hat. Dann
kann der Kunde noch meckern: „Die sind aber
klein heute.“ Beschränktheit ist das Normale.
Würden wir differenziert lehren, in der Schule
etwa, könnten wir Einfluss auf die zukünftigen
Generationen nehmen, dass sie flexibler
wären. Wir benötigen aber Beschränkte:
Der spezialisierte Mensch ist das Ergebnis
des Fortschritts. Wir werden darauf ausgerichtet,
im systemischen Ablauf das Element
eines Teams zu sein. Da ist Beschränktheit erwünscht,
und folgerichtig plappert eine Mutter
über ihre Tochter: „Sie hat Aspergerautismus
und kann anderes nicht ausblenden.“
Das Mädchen rastet aus in einer idiotischen
Umgebung. Sie ist die einzige, die etwas
merkt. Oha, das kann ich nur sagen, weil sich
niemand dafür interessiert und etwa was davon
hat, mich zu belehren. Alle nutzen das
Netz, um sich in dem was sie tun, von anderen
Bestätigung zu holen. Die sozialen Systeme
sind den römischen Spielen nachempfunden.
Daumen hoch beziehungsweise runter heißt
folgerichtig: „weitermachen oder den wilden
Tieren zum Fraß vorwerfen.“ So werden diejenigen,
die bereits einige Dislikes haben, ab
einer magischen Grenze inflationär
und exponentiell mehr davon bekommen.
Dabeisein bei den Bösen
lohnt, wenn genügend mitmachen.
Als hochintelligent bezeichnet, hat
ein Mädchen es schwer. Dazu wurde
Asperger diagnostiziert? Was denn
nun, krank oder was ganz tolles;
wir gefallen uns darin, etwas zu beschreiben,
dass wir nur wegerklären
mit unseren Begriffen. Wir können
nicht ändern, dass Eltern sich ein
ganz besonderes Kind wünschen.
Eine dumme Idee, die klug bemäntelt
daherkommt. Natürlich werden
Kinder in der Schule angefeindet, die anders
und besonders sind. Die Erwachsenen greifen
ja auch alle anderen an, neiden Berühmten
den Erfolg. Sie grenzen die Ausländer aus.
Männer verhindern Frauenbeteiligung in
der Wirtschaft. Die moderne Frau wiederum
wird beknackt daran, nichts zu verpassen.
Abgehetzte Mütter, die das großartigste Kind,
dazu die steile Karriere auch noch und den
vorzeigbaren Mann wollen, mit Charisma und
in einer guten Firma, ganz oben, der aber zuhause
macht, was „Frau“ will. Die gibt es.
Steht der Intellekt in einer Familie oben an,
Kultur und die Werte oder die Leistung, der
Kommerz – anstelle trivialer Herzlichkeit –
gut möglich, dass ein Supermonster rangezüchtet
wird, das unser System sprengt. Ein
Gen wird gefunden. Das ist daran Schuld –
Schicksal. Die beunruhigende Frage steht im
Raum, was die Hochintelligenz schließlich
bringt? Ein Netz würde gespannt, schreibt
das Tageblatt. Ein Fisch wurde darin gefangen
und zubereitet, jeder darf mal schnuppern,
einen Happen abbeißen; das steht dort
nicht. Zunächst werden Klassen übersprungen.
Ein Sozialpsychiater oder drei begleiten
die Superpflanze, die wie eine Diva vor Stress
beschützt werden muss und für die keine
vegane Extrawurst genügt. Und nach Schule
und Studium, was kommt dann? Überall das
beste Ergebnis und die größten Werte noch
dazu und mit einer psychosozialen Sonderkrankheit
ausgestattet, wird es schwer werden,
diese Ansprüche zu einer selbständigen
Existenz zu formen. Das ist mehr denn je eine
aus dem Baukasten. Das Wunderkind hat allemal
die Chance, diese Kisten zu sprengen.
Aber man muss sich dann auch eine individuelle
tischlern können.
# Das eigene Boot
Wir wissen, was richtig ist und sich gehört?
Die anderen auch! Jede Gruppe erklärt sich
zum funktionalen wie rechtmäßigen Block.
Die Querdenker, der Flügel der AfD, Nordkorea
und andere von uns als Unrechtsstaat
definierte genauso wie das System Bundesrepublik
Deutschland. Auch unsere föderalen
Bundesländer begehren auf gegen die Gesamtheit.
Wenn wir probieren, eine grundsätzliche
Rechtmäßigkeit zu postulieren,
scheitern wir schnell. Da ist keine profilierte
Ansicht, die irgendwer öffentlich macht, die
nicht Widerspruch hervorruft.
Arten sterben aus, der Klimawandel beschert
uns Gewitter, die wir so nicht kannten. Neue
Gruppen ersetzen alte. Der Busfahrer erzählt:
„Wir haben früher auch demonstriert. Aber
nach der Schule. Die Kiddies von ,Fridays
for Future‘ sind schon morgens im Bus und
machen für die Demo blau. Anschließend
der Versammlung liegen ihre Pappschilder
weggeworfen auf dem Rathausmarkt, und die
Stadtreinigung säubert die zu rettende Umwelt.“
Die Zeiten ändern sich. Und Frau Baerbock
hat einen Kobold, der sie berät? Da gibt
es sehenswerte Videos mit Peinlichkeiten
aller Art, und das ist nicht das Schlechteste
der Moderne. Wir werden unsere Fehler nicht
mehr los und sterben schließlich aus, weil
wir im eigenen Dreck verrecken.
Die Gesellschaft ist eine unreflektierte Herde,
die nur deswegen in einem komfortablen
Jetzt lebt, weil vorangegangene Generationen
einen Rahmen schufen. Viele bilden sich was
drauf ein, etwas zu leisten, aber diese können
das nur tun, weil sie einen Staat erbten, der
ihnen den Boden bereitet, auf dem sie sich
entfalten können. So stimmt tatsächlich, dass
die Gesellschaft ein Team ist und den Fortschritt,
die Stabilität des Ganzen sichert. Die
Gesundheit des Gesamten hängt also davon
ab, dass im Kollektiv zielgerichtet funktioniert
wird und das schränkt individuelle Freiheiten
ein. Die Pandemie ist ein gutes Beispiel dafür.
Auf der anderen Seite schürt der Druck auf
Einzelne Aggression. Diese können,
formt sich daraus ein eigenes System,
eine alles gefährdende Untergruppe
bilden.
Gerade ist ein Journalist vor Gericht
gescheitert. Er hatte ein
Video zu bieten, auf dem er von
einer Gruppe Polizisten angegangen
wird. Offensichtlich trägt der
Reporter eine Kamera am Leib,
die alles aufzeichnet. Ein Polizist
stößt den Filmenden zu Boden, ist
sichtlich aufgebracht, er ließe sich
nicht beleidigen. Das Verfahren gegen
den Beamten wurde jetzt zur
Überraschung einiger eingestellt.
Auch die anderen Beteiligten werden
nicht bestraft. Natürlich, eine
Revision steht noch aus. Der Journalist
und etliche, die das Video
gesehen haben, folgern, hier decke
der Staat sich selbst. Allerdings,
dem Film fehlt die möglicherweise
vorangegangene Sequenz, denn es
wird nicht deutlich, was den über-
Jul 15, 2021 - Beschränkt und erfolgreich 67 [Seite 67 bis 68 ]