Blogtexte2021_1_12
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
verachtet, verbal selbst zu richten. Er ordnet
dich als Ganzes ein: Das ist „so“ einer! sagt
er anonym. Und ein kleiner Krieg fängt an.
Die Gewalt ist ein Teil der Welt und wird es
bleiben. Die Chance besteht ja gerade darin,
sich auszuleben und eigene Grenzen zu bemerken,
statt hinter der Gardine zu spannen,
wenn unten falsch geparkt wird und die Polizei
zu „informieren“; das ist nicht das Leben.
Nötigen, bedrängen, missbrauchen; ich habe
mich immer gefragt, was sexueller Missbrauch
sei? Nicht das Verbrechen. Ich meine
den Begriff. Wenn wir die Zigeunersoße
brandmarken, den Mohrenkopf nicht mehr
zum Munde führen dürfen, ohne Bauchschmerzen
zu bekommen, wie kann es sein,
dass Menschen missbräuchlich gebraucht
werden, zweckentfremdet?
# Missbrauch
Ein Wort, dass obschon omnipräsent, noch
nicht in den Fokus der Gutmenschen geraten
ist, die täglich ihre Verbots-, Gender- und
Weltverbessrerliste länger machen. Bislang
fand sich keine, die drauf plädiert hat, dass
diese missdeutliche Verletterung dringend
verworfen werden müsste, warum? Impliziert
es für mich doch die gute Gegenseite des
richtigen Gebrauchs. Wer sagt denn so was?
Los geht’s: Ich brauche eine Frau und „gebrauche“
sie lustvoll, das wäre die korrekte
Kehrseite zum Missbrauch? Das habe ich so
noch nie gehört. Das klingt nach benutzen.
Gebräuchlich ist, wie sich’s gehört. Brauch.
Ach so.
# Vollstreckt
9. Mai 1921, ich muss das so schreiben: Weil
es aktuell in den Nachrichten kam, Erinnerung
an eine Heldin damals, vor hundert
Jahren geboren. (Es wirkt tagelang nach bei
mir). 22. Februar 1943, Sophie Scholl, die Widerstandskämpferin
im Dritten Reich wurde
enthauptet. Sie wurde nur 21 Jahre alt.
Ich weiß, dass viele Menschen litten, auch
heute täglich Unheil geschieht, aber meistens
sehe ich darüber hinweg. Ich habe vor
wenigen Tagen einen Mann gesehen, der trug
ein Mädchen auf der Schulter. Sie war etwa
zwölf Jahre alt. Im Fernsehen war das, in den
Nachrichten. Mit vielen anderen, in einem
Strom durch das Bild drängenden Menschen,
eilte er mit ihr auf die Kamera zu. Ich sehe es
noch immer vor mir, wenn ich daran denke: Er
kommt nah heran, passiert die Stelle an der
er gefilmt wird, ohne darauf zu achten. Mit
der Kleinen, wie eine leichte Jacke oder einen
leblosen Sack übergeworfen, hetzt er schnell
rechts raus, direkt im Vordergrund, dass man
die Gesichter erkennen kann. Die Verletzte ist
dünn, hübsch, dunkelhaarig, vielleicht seine
Tochter. Ich erinnere, wie verzweifelt dieser
Mann schaut, obwohl das Bild nur für einige
Sekunden durchlief. Das kleine Mädchen;
dort, wo das linke Auge hingehört, war alles
blutig, matschig geradezu. Krieg in Israel, im
Gaza.
# Verbrauch
Es wird gern vergessen, das Menschen finstere
Sachen tun, wenn wir bemerken, dass Männer
böse sind. Das ist dummes Zeug. Frauen seien
besser? Ich glaube nicht daran. Insgesamt: Es
gibt weder gute noch böse Menschen. Es gibt
Gewalt, auch verbal, und wir alle sind dazu in
der Lage, die Grenzen anderer zu missachten.
Der Krieg ist ein gutes Beispiel dafür, dass
Angriffe, nicht die Menschen böse sind. Wer
ist wem ein Feind? Das böse Spiel ist ein beiderseitiges.
Nur weil eine Gesellschaft nach
innen schauend den jeweiligen Gesetzesbrecher
erkennt, muss respektiert werden, die
Tat zu verurteilen und nicht den Menschen
insgesamt. Das ist unser Fortschritt, seit es
die „Gute Nachricht“ gibt. Der Grund, dass sich
das Christentum so breit machen konnte, ist
nicht, dass religiöse Eiferer damit Missbrauch
trieben.
Es ist schlicht so, dass ab unserer Zeitrechnung
die immer voller werdende Erde und
die sozialer und zivilisierter werdenden Massen
sich derartig auf die Pelle rückten, dass
den zehn Geboten der Teil mit der Barmherzigkeit
noch extradeutlich nachgereicht
werden musste, damit zumindest diese neue
Idee, wie’s auch geht, geübt werden konnte.
Der Rechtsstaat sollte so handeln, und deswegen
gibt es eine komplexe Struktur. Das
hindert deinen Nachbarn nicht, wenn er dich
Unser Altbundeskanzler Gerhard Schröder
war von 1968 bis 1972 mit Eva Schubach,
von 1972 bis 1984 mit Anne Taschenmacher
und von 1984 bis 1997 mit Hiltrud Schwetje
verheiratet. Vierte Ehefrau Schröders war ab
1997 die Journalistin Doris Schröder-Köpf.
Im Januar 2018 stellte Schröder seine neue
Partnerin, seine spätere fünfte Ehefrau, die
südkoreanische Wirtschaftsexpertin Kim Soyeon
vor, die er am 2. Mai 2018 in Seoul heiratete.
(Wikipedia).
Er verbrauchte vier Frauen, bis er glücklich
wurde? Das sagt man so nicht.
Das böse „Vergewaltigung“ ist eindeutig. In
diesem Wort steckt wohl, dass es so nicht
richtig ist, und es gibt keine umgekehrte Formulierung.
Das ist brutal und lässt nicht an
technische Geräte denken, eine Sache. Aber
der bestimmungsgemäße Gebrauch auf der
einen Seite, fälschlich der Missbrauch einer
Sache andererseits, das klingt nur logisch,
(denke ich) wenn wir von Dingen reden. Eine
Kaffemaschine brauche ich zum Kaffee kochen.
Wenn ich sie dazu missbrauche, Wiener
Würstchen zu garen, ist es verkehrt, aber
eventuell geht das.
Die Macht der Worte, die Gewalt geht vom
Gesetz aus, vom Staat. Was ist richtig, was
sollte bestraft werden, und wer im Staat ist
dafür zuständig, Bedingungen zu schaffen,
dass Straftaten dort gesehen werden, wo Leid
und Gewalt real verübt werden? Schmerz und
Verbrechen sind eindeutig am Leib spürbar.
Was weh tut, tut weh. Juristische Bewertungen
dagegen sind eine Welt für sich. Ein Urteil
macht aus dem Leben ein Wort. Und ein
Wort bedeutet dann, über das Leben anderer
zu bestimmen.
Mai 28, 2021 - Meine kleine Freiheit 53 [Seite 52 bis 56 ]