Blogtexte2021_1_12
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
geworden, auch nach innen, weil neue Gefahren
neue Perspektiven benötigen. Deswegen
muss nichtsdestotrotz Automatismus
jeglicher Aufrüstung nach innen und außen
kritisch gesehen werden, was auch geschieht.
Zu glauben, die Beobachtung Extremer mache
Sinn, bedeutet auszublenden und das
Risiko einzuschließen, dass diese davon noch
neurotischer werden. Die Auffälligen müssen
das nicht einmal bemerken. Es genügt, dass
ein labiler Mensch die berechtigte Vermutung
hegen darf, man würde genau hinschauen
und allein deswegen seiner Paranoia
folgt, zunehmend aggressiv denkt. Der Staat
schafft sich sein Übel an dieser Stelle selbst.
Ein Trugschluss der Mitläufer und naiv ist,
blind den Institutionen zu vertrauen. Ein
Kirchenmitglied ist kein guter Mensch deswegen,
weil er Katholik ist oder anderweitig
moralisch geleitet, sondern der Versuchung
ausgesetzt wie alle. Das lehrt uns bereits das
Vaterunser, das wir täglich beten. Die gerade
fleißig aus der Kirche austretenden Gläubigen
in Köln wollen weg, wohin denn? Ein Politiker
befreit sich durch Amt oder Ehrenamt
nicht vom allgemeinen Recht, indem er sich
platziert, als könne er sagen, „mich betrifft es
nicht, ihr seht ja, ich bin bei den Guten und
wir sind sozial für alle unterwegs.“ Das fängt
schon damit an, dass jede Agenda Widerspruch
provoziert.
Es ist zu jedem Thema schwierig, ein Gesetz
zu kreieren, das gut angenommen wird. Wenn
die SPD die Partei der Guten wäre, weil sie
sozial ist und deswegen alle mitnimmt, gäbe
es die anderen Parteien nicht. Wenn die CDU
unser aller Wohl am Besten vertreten würde,
bräuchten wir diese Politiker ausschließlich,
weil sie so richtig wären, wie sie es von
sich selbst behaupten. Das gilt für die Herrn
Bartsch, Hofreiter, Lindner und den angefassten
Genossen Lauterbach, die sich gelegentlich
wundern, nicht von allen verstanden
zu werden, obschon sie das „Richtige“ tun
(wollen). Was wir am wenigsten brauchen,
sind eitle Politiker und frustrierte Wähler wie
mich, die nicht mehr zur Wahl gehen. Hilflos
bleiben wir dem anonymen Hass ausgeliefert,
wenn wir eigene Ansichten öffentlich
machen. Es zeigt doch nur, wie eingebildet
die Menschen vor der Erfindung der digitalen
Textkommunikation lebten. Wer Transparenz
fordert, wird selbst nackt sein, und was das
bedeutet, hat schon der bekannte Kaiser im
Märchen nicht begriffen. Doof waren die,
die meinen dafür geliebt zu werden, andere
zu führen und anzuführen schon immer. Nur
die Arbeit selbst befriedigt, nicht ihre Bewertung.
# Direkte Demokratie
Wir Schenefelder (ich war gerade zugezogen
aus Hamburg) konnten 2006 unsere
Bürgermeisterin direkt wählen, bevorzugten
(damals) die optisch ansprechendere auf
den Plakaten. Es darf vermutet werden, dass
schlecht informierte Wähler (wie ich) stets so
handeln. Ich jedenfalls hatte Besseres zu tun,
als genauer zu prüfen wie’s kommen wird,
fand ich. Als Quiddje bin ich bestimmt nicht in
der Lage gewesen, zu beurteilen, was genau
„es“ (m/w/d) tut und nicht entscheidet, und
wie die Qualität der zu Wählenden Einfluss
auf mein Leben nimmt. Das Peter-Prinzip, die
Frauenquote u.v.m. – heute bin ich informiert,
mir war das wichtig.
Bei der Wiederwahl, als sich kein Gegenkandidat
fand, organisierten verschworene Gegner,
denen es nicht gelang einen geeigneten Bewerber
zu finden, die Möglichkeit, mit „Nein“
zu stimmen, für diejenigen, die Christiane
nicht leiden können. Eine nicht unbedeutende
Anzahl von Dumpfbacken verpasste der
geschockten Galionsfigur unseres Städtchens
diesen Denkzettel. Sie hat daraus gelernt. Aus
einer empathischen Frau von Nebenan ist
eine glatte Politikerin geworden.
Bei der folgenden Wahl stellte sich ein
Rechtsanwalt der FDP-Fraktion gegen die
amtierende Küchenhof, der nach verlorener
Wahl hier im Dorf nicht mehr in Erscheinung
tritt. Ich vermute, die interessierten Bürger
und Bürgerinnen haben den Mann nicht
ernst genommen.
Ich habe drei Landräte im Kreis Pinneberg
bewusst mitbekommen: Dr. Wolfgang Grimme,
Landrat 2003 – 2010. Oliver Stolz, Landrat
2010 – 2020. Elfi Heesch, gerade gewählt
vom Kreistag, nicht direkt von mir nach Inaugenscheinnahme
auf einem Plakat. Das polarisierende
Gebaren des Landrates Grimme,
dem einzigen von uns direkt gewählten, ist
mir gut in Erinnerung. Der kritisierte Abgang
vom Nachfolger Stolz gleichwohl. Diesmal
fanden sich Stimmen gegen die finanzielle
Absicherung des scheidenden Politikers,
der während seiner Amtszeit im
Vergleich zum Vorgänger elegant
manövriert hatte und kaum einmal
angefeindet wurde.
Die frisch ins Amt gewählte Elfi
Heesch ist von Beginn an mehrmals
in der Woche im Tageblatt
erwähnt und abgebildet worden,
zu Fragen der Pandemie. Das lässt
vermuten, dass sie gern deutlich
machen wird, was sie genau bestimmen,
kommentieren darf und
umsetzen kann in diesem Amt.
Wenn ich eine neue Leinwand
jungfräulich hell auf die Staffelei
stelle, weiß ich nach Monaten,
wenn das Bild fertig ist, genau was
ich geleistet habe. In Deutschland dürfte es
einen Teil von Menschen geben, die von den
Leistungsträgern nur mitgenommen werden,
aus verschiedenen Gründen. Nicht nur Kranke,
Alte, Kinder und unglücklicherweise Arbeitslose,
auch welche, die sich unberechtigt
an das fahrende Schiff anhängen. In jeder
Struktur, den Unternehmen und in unseren
Behörden, leisten einzelne Menschen verschieden
intensiv ihren Teil. Die Firmen des
Mittelstands können es sich nicht erlauben,
im Wettbewerb zu schwächeln. Unternehmen
kontrollieren exakt, wo eingespart werden
kann. Während ein kleines Geschäft sich direkt
vom Mitarbeiter trennt, wenn der Umsatz
einbricht, streiten Gewerkschaften mit
den Großen ausgiebig um Arbeitsplätze. Jedes
Unternehmen kämpft im Wettbewerb.
In der Corona-Pandemie stehen zum ersten
Mal deutlich wie nie unsere Politiker im
Wettbewerb wie Unternehmer. Seit einem
Jahr greift der Staat massiv in unser Funktionieren
ein, steht im weltweiten Vergleich, ob
die Politik es gut oder ineffizient tut. Der direkte
Bezug zu einer Ware die ich kaufte, und
ob sie mir anschließend gefällt, dieses Prinzip
stand Modell bei der modernen, demokratischen
Wahl unserer Staatsverwaltung.
Überspitzt: Wir kaufen eine Bürgermeisterin,
und dann bewerten wir den Erwerb. Konsumgesellschaft
ist so. Die Frage, was genau ein
erworbenes Produkt für uns leistet, müssen
wir selbst stellen. Jetzt beginnen wir alle
mitzureden, jeder begreift Sinn und Unsinn
des Föderalismus. Die Pandemie hat die Welt
verändert und wird es weiter tun. Das bislang
verbreitete Desinteresse an der amtierenden
Politiklandschaft und die daraus resultierenden,
profillosen Akteure werden von allen in
die Pflicht genommen, wie wir’s nicht kannten.
Das wird neues Denken hervorbringen!
Wir dürfen gespannt sein.
Ein älterer Mensch kann mit der Erfahrung
resümieren, resignieren, sich trotzdem engagieren
oder enthalten, bemerken, dass die
Welt ohne ihn läuft. Die Freiheit zu wählen:
Das hätte ich nie verstanden, wenn ich nur
erlebt, aber nicht erfahren hätte zu leben.
Scheitern führt idealerweise dazu, nach
Gründen dafür zu suchen, Fehler zu bemerken
und daraus zu lernen. Meine Erfahrung:
Malen hilft dabei, persönlich und individuell
zu denken. Dafür bin ich dankbar, bei allem
Frust und vergnügt am Bild beschäftigt. Ich
weiß nun, was ich kann und was nicht. Dieses
Geschenk wird dem Menschen nur zuteil, der
sein Leben nicht vermeidet und anstelle dessen
auf die Bewertung anderer angewiesen
ist, Glück zu spüren.
# Sie wissen nicht, was sie tun
Ein Arzt ist nicht zum Wohle des Patienten
tätig, weil er einen hippokratischen Eid auf
seinen Beruf geschworen hat. Wir sollten den
Berufstand wegen seiner prinzipiellen Macht
über Patienten fürchten, könnten darüber hinaus
eine allgemeine Liste der Berufe insgesamt
anfertigen, deren Tätigkeit die Beschäftigung
mit dem Wohl anderer ist. Das würde
helfen, den Zorn einiger besser zu verstehen,
die heute freier motzen dürfen als je zuvor.
Ein Polizist oder Staatsanwalt ist für den
Staat tätig, muss Gewalt ausüben im Sinne
des Systems: Das wird sich immer gegen
Einzelne richten. Niemand kann vollkommen
das System in seiner Gänze verkörpern. Dein
Freund und Helfer wird zum Gegner werden,
wenn du ein Verdachtsfall bist. Wenn wir
Älteren eine Pflicht haben, dann diese: Das
unabhängige Denken und freie Selbst einzufordern,
für uns, dazu den anderen „Geisteskranken“
Training und Verstand anzubieten.
Und der Jugend dürfen wir nicht vormachen,
besser zu sein, dass sie uns deswegen folge.
Der Staat wird Kranke und Straftäter wegdrücken
und einsperren. Menschen fürchten sich
vor ihnen und haben den Apparat gewählt,
dass er sie schütze.
Feb 27, 2021 - Hell, dunkel und farbverrückt 23 [Seite 20 bis 24 ]