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Blogtexte2021_1_12

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geworden, auch nach innen, weil neue Gefahren

neue Perspektiven benötigen. Deswegen

muss nichtsdestotrotz Automatismus

jeglicher Aufrüstung nach innen und außen

kritisch gesehen werden, was auch geschieht.

Zu glauben, die Beobachtung Extremer mache

Sinn, bedeutet auszublenden und das

Risiko einzuschließen, dass diese davon noch

neurotischer werden. Die Auffälligen müssen

das nicht einmal bemerken. Es genügt, dass

ein labiler Mensch die berechtigte Vermutung

hegen darf, man würde genau hinschauen

und allein deswegen seiner Paranoia

folgt, zunehmend aggressiv denkt. Der Staat

schafft sich sein Übel an dieser Stelle selbst.

Ein Trugschluss der Mitläufer und naiv ist,

blind den Institutionen zu vertrauen. Ein

Kirchenmitglied ist kein guter Mensch deswegen,

weil er Katholik ist oder anderweitig

moralisch geleitet, sondern der Versuchung

ausgesetzt wie alle. Das lehrt uns bereits das

Vaterunser, das wir täglich beten. Die gerade

fleißig aus der Kirche austretenden Gläubigen

in Köln wollen weg, wohin denn? Ein Politiker

befreit sich durch Amt oder Ehrenamt

nicht vom allgemeinen Recht, indem er sich

platziert, als könne er sagen, „mich betrifft es

nicht, ihr seht ja, ich bin bei den Guten und

wir sind sozial für alle unterwegs.“ Das fängt

schon damit an, dass jede Agenda Widerspruch

provoziert.

Es ist zu jedem Thema schwierig, ein Gesetz

zu kreieren, das gut angenommen wird. Wenn

die SPD die Partei der Guten wäre, weil sie

sozial ist und deswegen alle mitnimmt, gäbe

es die anderen Parteien nicht. Wenn die CDU

unser aller Wohl am Besten vertreten würde,

bräuchten wir diese Politiker ausschließlich,

weil sie so richtig wären, wie sie es von

sich selbst behaupten. Das gilt für die Herrn

Bartsch, Hofreiter, Lindner und den angefassten

Genossen Lauterbach, die sich gelegentlich

wundern, nicht von allen verstanden

zu werden, obschon sie das „Richtige“ tun

(wollen). Was wir am wenigsten brauchen,

sind eitle Politiker und frustrierte Wähler wie

mich, die nicht mehr zur Wahl gehen. Hilflos

bleiben wir dem anonymen Hass ausgeliefert,

wenn wir eigene Ansichten öffentlich

machen. Es zeigt doch nur, wie eingebildet

die Menschen vor der Erfindung der digitalen

Textkommunikation lebten. Wer Transparenz

fordert, wird selbst nackt sein, und was das

bedeutet, hat schon der bekannte Kaiser im

Märchen nicht begriffen. Doof waren die,

die meinen dafür geliebt zu werden, andere

zu führen und anzuführen schon immer. Nur

die Arbeit selbst befriedigt, nicht ihre Bewertung.

# Direkte Demokratie

Wir Schenefelder (ich war gerade zugezogen

aus Hamburg) konnten 2006 unsere

Bürgermeisterin direkt wählen, bevorzugten

(damals) die optisch ansprechendere auf

den Plakaten. Es darf vermutet werden, dass

schlecht informierte Wähler (wie ich) stets so

handeln. Ich jedenfalls hatte Besseres zu tun,

als genauer zu prüfen wie’s kommen wird,

fand ich. Als Quiddje bin ich bestimmt nicht in

der Lage gewesen, zu beurteilen, was genau

„es“ (m/w/d) tut und nicht entscheidet, und

wie die Qualität der zu Wählenden Einfluss

auf mein Leben nimmt. Das Peter-Prinzip, die

Frauenquote u.v.m. – heute bin ich informiert,

mir war das wichtig.

Bei der Wiederwahl, als sich kein Gegenkandidat

fand, organisierten verschworene Gegner,

denen es nicht gelang einen geeigneten Bewerber

zu finden, die Möglichkeit, mit „Nein“

zu stimmen, für diejenigen, die Christiane

nicht leiden können. Eine nicht unbedeutende

Anzahl von Dumpfbacken verpasste der

geschockten Galionsfigur unseres Städtchens

diesen Denkzettel. Sie hat daraus gelernt. Aus

einer empathischen Frau von Nebenan ist

eine glatte Politikerin geworden.

Bei der folgenden Wahl stellte sich ein

Rechtsanwalt der FDP-Fraktion gegen die

amtierende Küchenhof, der nach verlorener

Wahl hier im Dorf nicht mehr in Erscheinung

tritt. Ich vermute, die interessierten Bürger

und Bürgerinnen haben den Mann nicht

ernst genommen.

Ich habe drei Landräte im Kreis Pinneberg

bewusst mitbekommen: Dr. Wolfgang Grimme,

Landrat 2003 – 2010. Oliver Stolz, Landrat

2010 – 2020. Elfi Heesch, gerade gewählt

vom Kreistag, nicht direkt von mir nach Inaugenscheinnahme

auf einem Plakat. Das polarisierende

Gebaren des Landrates Grimme,

dem einzigen von uns direkt gewählten, ist

mir gut in Erinnerung. Der kritisierte Abgang

vom Nachfolger Stolz gleichwohl. Diesmal

fanden sich Stimmen gegen die finanzielle

Absicherung des scheidenden Politikers,

der während seiner Amtszeit im

Vergleich zum Vorgänger elegant

manövriert hatte und kaum einmal

angefeindet wurde.

Die frisch ins Amt gewählte Elfi

Heesch ist von Beginn an mehrmals

in der Woche im Tageblatt

erwähnt und abgebildet worden,

zu Fragen der Pandemie. Das lässt

vermuten, dass sie gern deutlich

machen wird, was sie genau bestimmen,

kommentieren darf und

umsetzen kann in diesem Amt.

Wenn ich eine neue Leinwand

jungfräulich hell auf die Staffelei

stelle, weiß ich nach Monaten,

wenn das Bild fertig ist, genau was

ich geleistet habe. In Deutschland dürfte es

einen Teil von Menschen geben, die von den

Leistungsträgern nur mitgenommen werden,

aus verschiedenen Gründen. Nicht nur Kranke,

Alte, Kinder und unglücklicherweise Arbeitslose,

auch welche, die sich unberechtigt

an das fahrende Schiff anhängen. In jeder

Struktur, den Unternehmen und in unseren

Behörden, leisten einzelne Menschen verschieden

intensiv ihren Teil. Die Firmen des

Mittelstands können es sich nicht erlauben,

im Wettbewerb zu schwächeln. Unternehmen

kontrollieren exakt, wo eingespart werden

kann. Während ein kleines Geschäft sich direkt

vom Mitarbeiter trennt, wenn der Umsatz

einbricht, streiten Gewerkschaften mit

den Großen ausgiebig um Arbeitsplätze. Jedes

Unternehmen kämpft im Wettbewerb.

In der Corona-Pandemie stehen zum ersten

Mal deutlich wie nie unsere Politiker im

Wettbewerb wie Unternehmer. Seit einem

Jahr greift der Staat massiv in unser Funktionieren

ein, steht im weltweiten Vergleich, ob

die Politik es gut oder ineffizient tut. Der direkte

Bezug zu einer Ware die ich kaufte, und

ob sie mir anschließend gefällt, dieses Prinzip

stand Modell bei der modernen, demokratischen

Wahl unserer Staatsverwaltung.

Überspitzt: Wir kaufen eine Bürgermeisterin,

und dann bewerten wir den Erwerb. Konsumgesellschaft

ist so. Die Frage, was genau ein

erworbenes Produkt für uns leistet, müssen

wir selbst stellen. Jetzt beginnen wir alle

mitzureden, jeder begreift Sinn und Unsinn

des Föderalismus. Die Pandemie hat die Welt

verändert und wird es weiter tun. Das bislang

verbreitete Desinteresse an der amtierenden

Politiklandschaft und die daraus resultierenden,

profillosen Akteure werden von allen in

die Pflicht genommen, wie wir’s nicht kannten.

Das wird neues Denken hervorbringen!

Wir dürfen gespannt sein.

Ein älterer Mensch kann mit der Erfahrung

resümieren, resignieren, sich trotzdem engagieren

oder enthalten, bemerken, dass die

Welt ohne ihn läuft. Die Freiheit zu wählen:

Das hätte ich nie verstanden, wenn ich nur

erlebt, aber nicht erfahren hätte zu leben.

Scheitern führt idealerweise dazu, nach

Gründen dafür zu suchen, Fehler zu bemerken

und daraus zu lernen. Meine Erfahrung:

Malen hilft dabei, persönlich und individuell

zu denken. Dafür bin ich dankbar, bei allem

Frust und vergnügt am Bild beschäftigt. Ich

weiß nun, was ich kann und was nicht. Dieses

Geschenk wird dem Menschen nur zuteil, der

sein Leben nicht vermeidet und anstelle dessen

auf die Bewertung anderer angewiesen

ist, Glück zu spüren.

# Sie wissen nicht, was sie tun

Ein Arzt ist nicht zum Wohle des Patienten

tätig, weil er einen hippokratischen Eid auf

seinen Beruf geschworen hat. Wir sollten den

Berufstand wegen seiner prinzipiellen Macht

über Patienten fürchten, könnten darüber hinaus

eine allgemeine Liste der Berufe insgesamt

anfertigen, deren Tätigkeit die Beschäftigung

mit dem Wohl anderer ist. Das würde

helfen, den Zorn einiger besser zu verstehen,

die heute freier motzen dürfen als je zuvor.

Ein Polizist oder Staatsanwalt ist für den

Staat tätig, muss Gewalt ausüben im Sinne

des Systems: Das wird sich immer gegen

Einzelne richten. Niemand kann vollkommen

das System in seiner Gänze verkörpern. Dein

Freund und Helfer wird zum Gegner werden,

wenn du ein Verdachtsfall bist. Wenn wir

Älteren eine Pflicht haben, dann diese: Das

unabhängige Denken und freie Selbst einzufordern,

für uns, dazu den anderen „Geisteskranken“

Training und Verstand anzubieten.

Und der Jugend dürfen wir nicht vormachen,

besser zu sein, dass sie uns deswegen folge.

Der Staat wird Kranke und Straftäter wegdrücken

und einsperren. Menschen fürchten sich

vor ihnen und haben den Apparat gewählt,

dass er sie schütze.

Feb 27, 2021 - Hell, dunkel und farbverrückt 23 [Seite 20 bis 24 ]

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