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# Episoden des Alltags formen das Bild, unserHelldunkelVor dem Bäcker klären ein Bekannter und ich:„Sie stehen hier auch an?“ Mit der Maske vorbereitendin der Hand warten wir gemeinsamdarauf, dass Kunden das Geschäft verlassen.Zwei Personen sind aktuell erlaubt, ein Schildweist darauf hin. Wir reden. „Manche fragengar nicht, sie übersehen dich, wenn du hierstehst und gehen direkt rein, ganz egal wieviele wo sind. Sie tun so, als hätten sie nichtsbemerkt.“ Wir scherzen. Er ist schon alt, knappauf die Achtzig zu, vermute ich. Auf meineFrage zu Corona-Risiko und Gesundheit eröffnetder Mann mir, er habe seit kurzer Zeit„hier so einen Beutel“, zeigt auf den Unterleib,ihm wäre „die Blase entfernt worden.“ Mit derDiagnose „Krebs“ ist das bekannte Leben derVerdrängung möglicher Gefahren unmöglich.Muss man tun, was geraten wird? Der Arztwird sich geben, als mache er nur Vorschläge,wenn er Operationen empfiehlt oder eineChemotherapie.„Der Krebs ist wiedergekommen“, wie oft ichdas schon gehört habe. Immer reden die Leuteso, als wäre „der Krebs“ ein Fremder. Wiedie Jacke, die man trägt, ein Auto, dass allekaufen könnten, der Stuhl vom Nachbarn, jedenfallsein Ding, das bekämpft werden kann,aber nicht ein Teil von ihnen selbst ist. DerFeind, und dann kämpfen diese Leute dagegen.Der Krebs wird betrachtet, als wäre mitdem Begriff der operable Tumor, ein Objektgemeint, das autark existiert, wächst, sichaus mir dem Kranken nährt. Und rausoperiertentspricht „der Krebs“ dem von jedem anderen.Nach demselben Verständnis werden Organegespendet und woanders eingepflanzt.Was ist so toll daran, das Leben durch einederartige Operation oder Therapie länger zumachen? Die guten Jahre, was die Vitalitätbetrifft, sind bei vielen die Jugend gewesen.Im fortgeschrittenen Alter kann eine Verlängerungdes Lebens kaum zu einer Steigerungdes Wohlfühlens führen, da weitere Einbußender Möglichkeiten unausweichlich sind.Es sei denn, erst die schockierende Diagnoselässt denjenigen erkennen, wie kostbargeschenkte Zeit wäre, etwas noch tun zukönnen. Manche spüren zum ersten Mal dasGlück, am Leben zu sein. Höchste Zeit! Unterschiedewahrnehmen, fluchen, weinen, tretenund hier „nur noch weg“ zu wollen, ist ganzbestimmt der erste Schritt, klug zu werdenstatt durchzuhalten wie angesagt.Politik und Freundschaft: Jemanden zu wählen,eine Bürgermeisterin etwa, birgt das Risiko,enttäuscht zu werden. Aber deswegenist es der Wähler selbst, der die Entscheidunggetroffen hat, sein Vertrauen auszusprechen,einen Vorschuss davon zu gewähren. Ichmuss die Verantwortung für den Missbrauchmeines Vertrauens zunächst selbst übernehmen.Ob ich sie vom Gegenüber einfordernkann, zeigt sich im Prozess des Lebens undgelegentlich vor Gericht.Der Rechtsstaat begrenzt die Macht einesjeden, auch die im Staat beschäftigten MeisterInnen(und Pfuscher). Und das ist auch gutso. Wenn im Herbst gewählt wird, wird manmir (und Gustl) die Unterlagen zuschicken,wie allen, die bei Verstand sind und erwachsen.Seitdem ich achtzehn Jahre alt bin, habeich begeistert von unserer Demokratie (undwie man es mir in der Schule beigebrachthat) gewählt. Ich habe nie auch nur einenMoment gezögert, meinepolitische Einflussnahmeeinzubringen.Ich wollte immer dieGesellschaft mitgestaltenund habe es getan.Ich gehe nicht wegaus Schenefeld, warumauch? Sogar hierkann ich mich wohlfühlen, obwohl es dasDeutschland ist, dasGustl Mollath hintersich lassen möchte.Aber ich gehe nicht zurWahl im Herbst. Wähltohne mich. Ich gehenicht weg und nichthin.Einige zweifeln undverschwören sich. Dasbringt die, die für unsalle arbeiten an denRand ihres Verständnisses,wem sie da eigentlichdie Dienstleistungerbringen. Ärzte, Polizisten,Krankenwagenfahrer,Feuerwehrleutewerden beleidigt. Zugpersonal,Briefträger,sie werden angegriffen.Wir sehen, wie der Polizistzuschlägt, und esgeht viral. Wie der verdeckteKommissar lügt,um sein Ziel zu erreichen, sehen wir nicht.Wir nehmen es an? Ein einzelner Ermittlerbaut nur Scheiße, bis die Kollegen ihn zurechtstutzen,weil sie selbst Ärger bekämen.Wir müssen keine Angst haben, uns wehren,wenn wir am System zweifeln. Verschworenzu posten, ist Unsinn.Das habe ich gefunden: Hier lässt ein RechtsmedizinerDampf ab, Gegendampf.# „Solch eine Obduktion macht man nichtallein im stillen Kämmerlein. Nach Strafprozessordnungsind immer zwei Obduzentenvorgeschrieben, es ist ein Sektionsassistentdabei, in diesem Fall war auch noch eineVertreterin des Berliner Landeskriminalamtesbei der Obduktion im Obduktionssaalanwesend und auch diverse Mitarbeiter derBerliner Rechtsmedizin.“ (Obduktion abgeschlossen,zuständiger Arzt spricht über Todvon Kasia Lenhardt, 24.02.2021, t-online).Es gibt schlimmere Länder, und Gustl solltesich das mit der Auswanderung noch einmalüberlegen. Wir haben viele Freiheiten. MitGeduld und Einsicht in unsere Fehler gehthier mehr als je zuvor in Deutschland. Wirmüssen nicht Reichsbürger, Querdenker odersonstwie blöd sein.Alle Europäischen Staaten haben eine national-konservativePartei. Wir werden unsdaran gewöhnen müssen, dass es auch beiuns Wähler für ausschließlich diese Denkweisegibt. Die demokratische Mitte wirdnicht müde, die vermeintliche „Alternative“als finstere Schmuddelpartei anzuprangern,wenn Mitglieder unsere Werte besudeln.Die AfD in Hamburg wird abgestraft für ihreHaltung, im Hanau-Attentat einen psychischkranken Einzeltäter zu erkennen. So steht esim Schenefelder Tageblatt. „Damit erkläreer (AfD-Fraktionschef Alexander Wolf) denFamilien der Opfer, dass ihreAngehörigen quasi zufällig umsLeben gekommen sind“, wirdInnensenator Andy Grote (SPD)zitiert.# Beim Anschlag in Hanauam 19. Februar 2020 erschossder 43-jährige Hanauer TobiasRathjen (…) in und vor einerShisha-Bar, einem Kioskund einer Bar neun HanauerBürger mit Migrationshintergrund.Danach erschoss er inder elterlichen Wohnung seineMutter und sich selbst. Die Tatwird vom Bundeskriminalamtals rechtsextremer Terroraktmit rassistischen Motiven eingestuft.(…) arbeitslos und denBehörden seit Jahren mit paranoidenWahnvorstellungen aufgefallen.Es ist ungeklärt, warumes dem Täter möglich war,trotz seiner psychischen Auffälligkeiten,ab 2002 legal Waffenzu besitzen. (Wikipedia).Balla-Balla, das muss ein Nazisein. Nach dem Motto: „Adolfwar gesund, und MillionenDeutsche irrten nicht?“ Diesind ja so normal, diese Attentäter.Wer sich umbringt, istnicht bei Verstand, von Sinnen,kann nicht mehr. Ein Detail, obrechts- oder linksextrem verstört,religiös oder von allein radikalisiert.Dass Gesellschaft verrückt macht, einen Teilder Verantwortung übernehmen müsste, könne,dürfe nicht sein?# Verbale Besserstellung und „eingestuft“ unterwegsEin Kommissar ist deswegen, weil er ein Polizistist, noch kein guter Mensch. Staatsschützermachen Fehler wie alle. Sie erliegen demgrundsätzlichen Denkfehler, durchs Verbergenihrer Identität mit einer Lüge beginnend,dem Guten, dem Gemeinwohl nützen zu können.Auf der Lauer liegend, Fallen zu stellen,ist aktiv sein. Heißt, der Ersttäter ist unserStaat. Der Schutz unseres Gemeinwohls beginntvor dem Attentat, meinen wir, aber andereals Gefährder einzustufen, ist die ersteVerschubladung. Simples Denken hilft dabei,eine grobe Arbeit zu tun. Da verwundert esnicht, dass nicht wenige nationalkonservativeWähler Angehörige der Polizei, Bundeswehrund des Nachrichtendienstes sind. Es istdoch die Basis, dass ein Staat im Besitz desGewaltmonopols an dieser Position bildlichgesprochen keine kleinen Dackel verwendet,sondern Kampfhunde, die entsprechend geführtwerden müssen. Blöde Köter kann aberniemand brauchen.Von Beginn an die Bösartigkeit der Extremenzu postulieren, vergisst, dass diese sich radikalisieren,also schlimmer werden. Sie alsMenschen wahrzunehmen, bevor das passiert,ist ein Ansatz, der einem dumpfen Legionärnie in den Sinn käme. Der möchte ballernund kann es dort tun, wo der Staat ihmdie Möglichkeit dazu gibt. Wollen wir das?Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten manchegeschockte Deutsche den Verstand, dasneue Grundgesetz zu begrüßen. Ein Rahmen,der uns binden sollte und Krieg unmöglich.Stück für Stück ist unser Land wehrhafterFeb 27, 2021 - Hell, dunkel und farbverrückt 22 [Seite 20 bis 24 ]

geworden, auch nach innen, weil neue Gefahrenneue Perspektiven benötigen. Deswegenmuss nichtsdestotrotz Automatismusjeglicher Aufrüstung nach innen und außenkritisch gesehen werden, was auch geschieht.Zu glauben, die Beobachtung Extremer macheSinn, bedeutet auszublenden und dasRisiko einzuschließen, dass diese davon nochneurotischer werden. Die Auffälligen müssendas nicht einmal bemerken. Es genügt, dassein labiler Mensch die berechtigte Vermutunghegen darf, man würde genau hinschauenund allein deswegen seiner Paranoiafolgt, zunehmend aggressiv denkt. Der Staatschafft sich sein Übel an dieser Stelle selbst.Ein Trugschluss der Mitläufer und naiv ist,blind den Institutionen zu vertrauen. EinKirchenmitglied ist kein guter Mensch deswegen,weil er Katholik ist oder anderweitigmoralisch geleitet, sondern der Versuchungausgesetzt wie alle. Das lehrt uns bereits dasVaterunser, das wir täglich beten. Die geradefleißig aus der Kirche austretenden Gläubigenin Köln wollen weg, wohin denn? Ein Politikerbefreit sich durch Amt oder Ehrenamtnicht vom allgemeinen Recht, indem er sichplatziert, als könne er sagen, „mich betrifft esnicht, ihr seht ja, ich bin bei den Guten undwir sind sozial für alle unterwegs.“ Das fängtschon damit an, dass jede Agenda Widerspruchprovoziert.Es ist zu jedem Thema schwierig, ein Gesetzzu kreieren, das gut angenommen wird. Wenndie SPD die Partei der Guten wäre, weil siesozial ist und deswegen alle mitnimmt, gäbees die anderen Parteien nicht. Wenn die CDUunser aller Wohl am Besten vertreten würde,bräuchten wir diese Politiker ausschließlich,weil sie so richtig wären, wie sie es vonsich selbst behaupten. Das gilt für die HerrnBartsch, Hofreiter, Lindner und den angefasstenGenossen Lauterbach, die sich gelegentlichwundern, nicht von allen verstandenzu werden, obschon sie das „Richtige“ tun(wollen). Was wir am wenigsten brauchen,sind eitle Politiker und frustrierte Wähler wiemich, die nicht mehr zur Wahl gehen. Hilflosbleiben wir dem anonymen Hass ausgeliefert,wenn wir eigene Ansichten öffentlichmachen. Es zeigt doch nur, wie eingebildetdie Menschen vor der Erfindung der digitalenTextkommunikation lebten. Wer Transparenzfordert, wird selbst nackt sein, und was dasbedeutet, hat schon der bekannte Kaiser imMärchen nicht begriffen. Doof waren die,die meinen dafür geliebt zu werden, anderezu führen und anzuführen schon immer. Nurdie Arbeit selbst befriedigt, nicht ihre Bewertung.# Direkte DemokratieWir Schenefelder (ich war gerade zugezogenaus Hamburg) konnten 2006 unsereBürgermeisterin direkt wählen, bevorzugten(damals) die optisch ansprechendere aufden Plakaten. Es darf vermutet werden, dassschlecht informierte Wähler (wie ich) stets sohandeln. Ich jedenfalls hatte Besseres zu tun,als genauer zu prüfen wie’s kommen wird,fand ich. Als Quiddje bin ich bestimmt nicht inder Lage gewesen, zu beurteilen, was genau„es“ (m/w/d) tut und nicht entscheidet, undwie die Qualität der zu Wählenden Einflussauf mein Leben nimmt. Das Peter-Prinzip, dieFrauenquote u.v.m. – heute bin ich informiert,mir war das wichtig.Bei der Wiederwahl, als sich kein Gegenkandidatfand, organisierten verschworene Gegner,denen es nicht gelang einen geeigneten Bewerberzu finden, die Möglichkeit, mit „Nein“zu stimmen, für diejenigen, die Christianenicht leiden können. Eine nicht unbedeutendeAnzahl von Dumpfbacken verpasste dergeschockten Galionsfigur unseres Städtchensdiesen Denkzettel. Sie hat daraus gelernt. Auseiner empathischen Frau von Nebenan isteine glatte Politikerin geworden.Bei der folgenden Wahl stellte sich einRechtsanwalt der FDP-Fraktion gegen dieamtierende Küchenhof, der nach verlorenerWahl hier im Dorf nicht mehr in Erscheinungtritt. Ich vermute, die interessierten Bürgerund Bürgerinnen haben den Mann nichternst genommen.Ich habe drei Landräte im Kreis Pinnebergbewusst mitbekommen: Dr. Wolfgang Grimme,Landrat 2003 – 2010. Oliver Stolz, Landrat2010 – 2020. Elfi Heesch, gerade gewähltvom Kreistag, nicht direkt von mir nach Inaugenscheinnahmeauf einem Plakat. Das polarisierendeGebaren des Landrates Grimme,dem einzigen von uns direkt gewählten, istmir gut in Erinnerung. Der kritisierte Abgangvom Nachfolger Stolz gleichwohl. Diesmalfanden sich Stimmen gegen die finanzielleAbsicherung des scheidenden Politikers,der während seiner Amtszeit imVergleich zum Vorgänger elegantmanövriert hatte und kaum einmalangefeindet wurde.Die frisch ins Amt gewählte ElfiHeesch ist von Beginn an mehrmalsin der Woche im Tageblatterwähnt und abgebildet worden,zu Fragen der Pandemie. Das lässtvermuten, dass sie gern deutlichmachen wird, was sie genau bestimmen,kommentieren darf undumsetzen kann in diesem Amt.Wenn ich eine neue Leinwandjungfräulich hell auf die Staffeleistelle, weiß ich nach Monaten,wenn das Bild fertig ist, genau wasich geleistet habe. In Deutschland dürfte eseinen Teil von Menschen geben, die von denLeistungsträgern nur mitgenommen werden,aus verschiedenen Gründen. Nicht nur Kranke,Alte, Kinder und unglücklicherweise Arbeitslose,auch welche, die sich unberechtigtan das fahrende Schiff anhängen. In jederStruktur, den Unternehmen und in unserenBehörden, leisten einzelne Menschen verschiedenintensiv ihren Teil. Die Firmen desMittelstands können es sich nicht erlauben,im Wettbewerb zu schwächeln. Unternehmenkontrollieren exakt, wo eingespart werdenkann. Während ein kleines Geschäft sich direktvom Mitarbeiter trennt, wenn der Umsatzeinbricht, streiten Gewerkschaften mitden Großen ausgiebig um Arbeitsplätze. JedesUnternehmen kämpft im Wettbewerb.In der Corona-Pandemie stehen zum erstenMal deutlich wie nie unsere Politiker imWettbewerb wie Unternehmer. Seit einemJahr greift der Staat massiv in unser Funktionierenein, steht im weltweiten Vergleich, obdie Politik es gut oder ineffizient tut. Der direkteBezug zu einer Ware die ich kaufte, undob sie mir anschließend gefällt, dieses Prinzipstand Modell bei der modernen, demokratischenWahl unserer Staatsverwaltung.Überspitzt: Wir kaufen eine Bürgermeisterin,und dann bewerten wir den Erwerb. Konsumgesellschaftist so. Die Frage, was genau einerworbenes Produkt für uns leistet, müssenwir selbst stellen. Jetzt beginnen wir allemitzureden, jeder begreift Sinn und Unsinndes Föderalismus. Die Pandemie hat die Weltverändert und wird es weiter tun. Das bislangverbreitete Desinteresse an der amtierendenPolitiklandschaft und die daraus resultierenden,profillosen Akteure werden von allen indie Pflicht genommen, wie wir’s nicht kannten.Das wird neues Denken hervorbringen!Wir dürfen gespannt sein.Ein älterer Mensch kann mit der Erfahrungresümieren, resignieren, sich trotzdem engagierenoder enthalten, bemerken, dass dieWelt ohne ihn läuft. Die Freiheit zu wählen:Das hätte ich nie verstanden, wenn ich nurerlebt, aber nicht erfahren hätte zu leben.Scheitern führt idealerweise dazu, nachGründen dafür zu suchen, Fehler zu bemerkenund daraus zu lernen. Meine Erfahrung:Malen hilft dabei, persönlich und individuellzu denken. Dafür bin ich dankbar, bei allemFrust und vergnügt am Bild beschäftigt. Ichweiß nun, was ich kann und was nicht. DiesesGeschenk wird dem Menschen nur zuteil, dersein Leben nicht vermeidet und anstelle dessenauf die Bewertung anderer angewiesenist, Glück zu spüren.# Sie wissen nicht, was sie tunEin Arzt ist nicht zum Wohle des Patiententätig, weil er einen hippokratischen Eid aufseinen Beruf geschworen hat. Wir sollten denBerufstand wegen seiner prinzipiellen Machtüber Patienten fürchten, könnten darüber hinauseine allgemeine Liste der Berufe insgesamtanfertigen, deren Tätigkeit die Beschäftigungmit dem Wohl anderer ist. Das würdehelfen, den Zorn einiger besser zu verstehen,die heute freier motzen dürfen als je zuvor.Ein Polizist oder Staatsanwalt ist für denStaat tätig, muss Gewalt ausüben im Sinnedes Systems: Das wird sich immer gegenEinzelne richten. Niemand kann vollkommendas System in seiner Gänze verkörpern. DeinFreund und Helfer wird zum Gegner werden,wenn du ein Verdachtsfall bist. Wenn wirÄlteren eine Pflicht haben, dann diese: Dasunabhängige Denken und freie Selbst einzufordern,für uns, dazu den anderen „Geisteskranken“Training und Verstand anzubieten.Und der Jugend dürfen wir nicht vormachen,besser zu sein, dass sie uns deswegen folge.Der Staat wird Kranke und Straftäter wegdrückenund einsperren. Menschen fürchten sichvor ihnen und haben den Apparat gewählt,dass er sie schütze.Feb 27, 2021 - Hell, dunkel und farbverrückt 23 [Seite 20 bis 24 ]

# Episoden des Alltags formen das Bild, unser

Helldunkel

Vor dem Bäcker klären ein Bekannter und ich:

„Sie stehen hier auch an?“ Mit der Maske vorbereitend

in der Hand warten wir gemeinsam

darauf, dass Kunden das Geschäft verlassen.

Zwei Personen sind aktuell erlaubt, ein Schild

weist darauf hin. Wir reden. „Manche fragen

gar nicht, sie übersehen dich, wenn du hier

stehst und gehen direkt rein, ganz egal wie

viele wo sind. Sie tun so, als hätten sie nichts

bemerkt.“ Wir scherzen. Er ist schon alt, knapp

auf die Achtzig zu, vermute ich. Auf meine

Frage zu Corona-Risiko und Gesundheit eröffnet

der Mann mir, er habe seit kurzer Zeit

„hier so einen Beutel“, zeigt auf den Unterleib,

ihm wäre „die Blase entfernt worden.“ Mit der

Diagnose „Krebs“ ist das bekannte Leben der

Verdrängung möglicher Gefahren unmöglich.

Muss man tun, was geraten wird? Der Arzt

wird sich geben, als mache er nur Vorschläge,

wenn er Operationen empfiehlt oder eine

Chemotherapie.

„Der Krebs ist wiedergekommen“, wie oft ich

das schon gehört habe. Immer reden die Leute

so, als wäre „der Krebs“ ein Fremder. Wie

die Jacke, die man trägt, ein Auto, dass alle

kaufen könnten, der Stuhl vom Nachbarn, jedenfalls

ein Ding, das bekämpft werden kann,

aber nicht ein Teil von ihnen selbst ist. Der

Feind, und dann kämpfen diese Leute dagegen.

Der Krebs wird betrachtet, als wäre mit

dem Begriff der operable Tumor, ein Objekt

gemeint, das autark existiert, wächst, sich

aus mir dem Kranken nährt. Und rausoperiert

entspricht „der Krebs“ dem von jedem anderen.

Nach demselben Verständnis werden Organe

gespendet und woanders eingepflanzt.

Was ist so toll daran, das Leben durch eine

derartige Operation oder Therapie länger zu

machen? Die guten Jahre, was die Vitalität

betrifft, sind bei vielen die Jugend gewesen.

Im fortgeschrittenen Alter kann eine Verlängerung

des Lebens kaum zu einer Steigerung

des Wohlfühlens führen, da weitere Einbußen

der Möglichkeiten unausweichlich sind.

Es sei denn, erst die schockierende Diagnose

lässt denjenigen erkennen, wie kostbar

geschenkte Zeit wäre, etwas noch tun zu

können. Manche spüren zum ersten Mal das

Glück, am Leben zu sein. Höchste Zeit! Unterschiede

wahrnehmen, fluchen, weinen, treten

und hier „nur noch weg“ zu wollen, ist ganz

bestimmt der erste Schritt, klug zu werden

statt durchzuhalten wie angesagt.

Politik und Freundschaft: Jemanden zu wählen,

eine Bürgermeisterin etwa, birgt das Risiko,

enttäuscht zu werden. Aber deswegen

ist es der Wähler selbst, der die Entscheidung

getroffen hat, sein Vertrauen auszusprechen,

einen Vorschuss davon zu gewähren. Ich

muss die Verantwortung für den Missbrauch

meines Vertrauens zunächst selbst übernehmen.

Ob ich sie vom Gegenüber einfordern

kann, zeigt sich im Prozess des Lebens und

gelegentlich vor Gericht.

Der Rechtsstaat begrenzt die Macht eines

jeden, auch die im Staat beschäftigten MeisterInnen

(und Pfuscher). Und das ist auch gut

so. Wenn im Herbst gewählt wird, wird man

mir (und Gustl) die Unterlagen zuschicken,

wie allen, die bei Verstand sind und erwachsen.

Seitdem ich achtzehn Jahre alt bin, habe

ich begeistert von unserer Demokratie (und

wie man es mir in der Schule beigebracht

hat) gewählt. Ich habe nie auch nur einen

Moment gezögert, meine

politische Einflussnahme

einzubringen.

Ich wollte immer die

Gesellschaft mitgestalten

und habe es getan.

Ich gehe nicht weg

aus Schenefeld, warum

auch? Sogar hier

kann ich mich wohl

fühlen, obwohl es das

Deutschland ist, das

Gustl Mollath hinter

sich lassen möchte.

Aber ich gehe nicht zur

Wahl im Herbst. Wählt

ohne mich. Ich gehe

nicht weg und nicht

hin.

Einige zweifeln und

verschwören sich. Das

bringt die, die für uns

alle arbeiten an den

Rand ihres Verständnisses,

wem sie da eigentlich

die Dienstleistung

erbringen. Ärzte, Polizisten,

Krankenwagenfahrer,

Feuerwehrleute

werden beleidigt. Zugpersonal,

Briefträger,

sie werden angegriffen.

Wir sehen, wie der Polizist

zuschlägt, und es

geht viral. Wie der verdeckte

Kommissar lügt,

um sein Ziel zu erreichen, sehen wir nicht.

Wir nehmen es an? Ein einzelner Ermittler

baut nur Scheiße, bis die Kollegen ihn zurechtstutzen,

weil sie selbst Ärger bekämen.

Wir müssen keine Angst haben, uns wehren,

wenn wir am System zweifeln. Verschworen

zu posten, ist Unsinn.

Das habe ich gefunden: Hier lässt ein Rechtsmediziner

Dampf ab, Gegendampf.

# „Solch eine Obduktion macht man nicht

allein im stillen Kämmerlein. Nach Strafprozessordnung

sind immer zwei Obduzenten

vorgeschrieben, es ist ein Sektionsassistent

dabei, in diesem Fall war auch noch eine

Vertreterin des Berliner Landeskriminalamtes

bei der Obduktion im Obduktionssaal

anwesend und auch diverse Mitarbeiter der

Berliner Rechtsmedizin.“ (Obduktion abgeschlossen,

zuständiger Arzt spricht über Tod

von Kasia Lenhardt, 24.02.2021, t-online).

Es gibt schlimmere Länder, und Gustl sollte

sich das mit der Auswanderung noch einmal

überlegen. Wir haben viele Freiheiten. Mit

Geduld und Einsicht in unsere Fehler geht

hier mehr als je zuvor in Deutschland. Wir

müssen nicht Reichsbürger, Querdenker oder

sonstwie blöd sein.

Alle Europäischen Staaten haben eine national-konservative

Partei. Wir werden uns

daran gewöhnen müssen, dass es auch bei

uns Wähler für ausschließlich diese Denkweise

gibt. Die demokratische Mitte wird

nicht müde, die vermeintliche „Alternative“

als finstere Schmuddelpartei anzuprangern,

wenn Mitglieder unsere Werte besudeln.

Die AfD in Hamburg wird abgestraft für ihre

Haltung, im Hanau-Attentat einen psychisch

kranken Einzeltäter zu erkennen. So steht es

im Schenefelder Tageblatt. „Damit erkläre

er (AfD-Fraktionschef Alexander Wolf) den

Familien der Opfer, dass ihre

Angehörigen quasi zufällig ums

Leben gekommen sind“, wird

Innensenator Andy Grote (SPD)

zitiert.

# Beim Anschlag in Hanau

am 19. Februar 2020 erschoss

der 43-jährige Hanauer Tobias

Rathjen (…) in und vor einer

Shisha-Bar, einem Kiosk

und einer Bar neun Hanauer

Bürger mit Migrationshintergrund.

Danach erschoss er in

der elterlichen Wohnung seine

Mutter und sich selbst. Die Tat

wird vom Bundeskriminalamt

als rechtsextremer Terrorakt

mit rassistischen Motiven eingestuft.

(…) arbeitslos und den

Behörden seit Jahren mit paranoiden

Wahnvorstellungen aufgefallen.

Es ist ungeklärt, warum

es dem Täter möglich war,

trotz seiner psychischen Auffälligkeiten,

ab 2002 legal Waffen

zu besitzen. (Wikipedia).

Balla-Balla, das muss ein Nazi

sein. Nach dem Motto: „Adolf

war gesund, und Millionen

Deutsche irrten nicht?“ Die

sind ja so normal, diese Attentäter.

Wer sich umbringt, ist

nicht bei Verstand, von Sinnen,

kann nicht mehr. Ein Detail, ob

rechts- oder linksextrem verstört,

religiös oder von allein radikalisiert.

Dass Gesellschaft verrückt macht, einen Teil

der Verantwortung übernehmen müsste, könne,

dürfe nicht sein?

# Verbale Besserstellung und „eingestuft“ unterwegs

Ein Kommissar ist deswegen, weil er ein Polizist

ist, noch kein guter Mensch. Staatsschützer

machen Fehler wie alle. Sie erliegen dem

grundsätzlichen Denkfehler, durchs Verbergen

ihrer Identität mit einer Lüge beginnend,

dem Guten, dem Gemeinwohl nützen zu können.

Auf der Lauer liegend, Fallen zu stellen,

ist aktiv sein. Heißt, der Ersttäter ist unser

Staat. Der Schutz unseres Gemeinwohls beginnt

vor dem Attentat, meinen wir, aber andere

als Gefährder einzustufen, ist die erste

Verschubladung. Simples Denken hilft dabei,

eine grobe Arbeit zu tun. Da verwundert es

nicht, dass nicht wenige nationalkonservative

Wähler Angehörige der Polizei, Bundeswehr

und des Nachrichtendienstes sind. Es ist

doch die Basis, dass ein Staat im Besitz des

Gewaltmonopols an dieser Position bildlich

gesprochen keine kleinen Dackel verwendet,

sondern Kampfhunde, die entsprechend geführt

werden müssen. Blöde Köter kann aber

niemand brauchen.

Von Beginn an die Bösartigkeit der Extremen

zu postulieren, vergisst, dass diese sich radikalisieren,

also schlimmer werden. Sie als

Menschen wahrzunehmen, bevor das passiert,

ist ein Ansatz, der einem dumpfen Legionär

nie in den Sinn käme. Der möchte ballern

und kann es dort tun, wo der Staat ihm

die Möglichkeit dazu gibt. Wollen wir das?

Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten manche

geschockte Deutsche den Verstand, das

neue Grundgesetz zu begrüßen. Ein Rahmen,

der uns binden sollte und Krieg unmöglich.

Stück für Stück ist unser Land wehrhafter

Feb 27, 2021 - Hell, dunkel und farbverrückt 22 [Seite 20 bis 24 ]

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