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Hell, dunkel und farbverrückt

Feb 27, 2021

„Ganz dahinten, wo der Leuchtturm steht“,

singt Hans Albers in einem vergessenen Melodram,

und: „Wär’ ich doch ein Junge noch!“,

resümiert der blonde Hans (ergriffen von

sich selbst) zurückschauend. Seine Stimme

schnarrt ein wenig. Das Ende kommt in

Häppchen: „Dort blieb ein ... Stück . von . meinem

... Glück . zu . rück“, wer hier keine Träne

verdrückt …

Ein Licht dahinten, ganz weit weg, ist es dort

besser? Ich lese: „Ein Licht war in der Finsternis,

und die Dunkelheit hat es nicht auslöschen

können.“ Ein kleines Blatt mit einer

Buntstiftzeichnung, Kerze und Gedöns wie

man’s kennt, Kinderschrift darauf. Es hängt

im Schaukasten der Dorfkirche. Ich gehe oft

vorbei und denke darüber nach. Wenn ich im

Fernsehen vor acht eine Doku: „Dunkle Materie“

sehe und auch sonst mal.

Physiker haben ein Problem, man kann es

googeln.

# Dunkle Materie ist eine postulierte Form

von Materie, die nicht direkt sichtbar ist,

aber über die Gravitation wechselwirkt. Ihre

Existenz wird postuliert, weil im Standardmodell

der Kosmologie nur so die Bewegung

der sichtbaren Materie erklärt werden kann,

insbesondere die Geschwindigkeit, mit der

sichtbare Sterne das Zentrum ihrer Galaxie

umkreisen. In den Außenbereichen ist diese

Geschwindigkeit deutlich höher, als man es

allein auf Grund der Gravitation der Sterne,

Gas- und Staubwolken erwarten würde. (Wikipedia).

In der Doku sagt ein Wissenschaftler: „Es

schmerzt schon, dass wir’s nicht erklären

können. Es muss da etwas sein, überall, auch

hier gerade um uns herum …“, er macht eine

hilflose Rührbewegung mit seinen Armen, es

zu greifen, „dass Einfluss nimmt, auf die Gravitation,

das Funktionieren unserer Welt.“

Der Bundespräsident zündet eine Kerze an,

wir gedenken den Toten der Pandemie, im

Schloss Bellevue funzelt es im Fenster. Es

gibt Hoffnung und verdeutlicht die

beschränkten Möglichkeiten des ersten

Mannes im Staate, selbst politisch

einzugreifen. Zwölf Jahre sind vergangen,

Frank-Walter Steinmeier fand sich

kräftig genug, wollte ein Bundeskanzler

werden. Die Deutschen entschieden anders.

Licht, das uns führt, scheint dahinten

im Fenster. Kraft, die alle bindet, gibt

uns persönliches Gewicht. Was können

wir Menschen erreichen, wo steht unser

Leuchtturm? Auch die Kanzlerin erinnert

an Grenzen, entwickelt Perspektiven

angesichts des Unfassbaren, setzt

den Rahmen. Merkel erklärt ihre Politik

der Einschränkungen weltumspannend:

„Die Schwerkraft können wir nicht abschalten

…“, beginnt sie einleitend einer

langen Rede zu mahnen. Was auch nicht

wünschenswert wäre, finde ich. Die

Macht des Staates ist begrenzt. Wir alle

können hier nicht weg.

Das halten einige kaum aus.

# Justizopfer Gustl Mollath will weg aus

Deutschland. „Ich würde am liebsten

das Land verlassen“, sagte der 64-Jährige der

Deutschen Presse-Agentur in München zum

Erscheinen eines neuen Buches mit dem Titel

„Staatsverbrechen – Der Fall Mollath“.

„Auf dieses Land ist überhaupt kein Verlass.“

Das Buch wurde von dem Juristen Wilhelm

Schlötterer verfasst. Derzeit lebt Mollath in

Norddeutschland, wo er nach eigenen Angaben

versucht, Fuß zu fassen. Langfristig

wäre er aber „froh, wenn ich irgendein Plätzle

auf der Welt finden würde. Ich möchte

in Deutschland, vor allem in Bayern, nicht

bleiben müssen.“ Mit Blick auf die Bundestagswahl

im September sagte er: „Ich werde

dieses Mal erstmals wieder wählen können

dürfen und muss damit rechnen, dass (Bayerns

CSU-Ministerpräsident Markus) Söder

der nächste Kanzler ist. Das beschleunigt

meinen Wunsch, das Land zu verlassen.“

Mehr als sieben Jahre lang war Gustl Mollath

wegen angeblicher Gewalt gegen seine Ehefrau

in einer Psychiatrie eingesperrt, bevor er

als Opfer der bayerischen Justiz rehabilitiert

wurde. (Gekürzt übernommen von t-online,

22.02.2021, Verwendete Quellen: Nachrichtenagentur

dpa).

Kein Verlass auf ein (noch) dunkles Deutschland?

Das Gute hat so scheint es noch nicht

ganz gewonnen. Auch in den „Star-Wars-

Filmen“ ist die „dunkle Seite der Macht“ Gegenspieler

der Protagonisten. Eine zentrale

Angst machende Frage des Menschseins; das

Dunkle, das Böse. Bibel und Kunst greifen das

Thema auf, die Physik gibt zu, dass da offene

Fragen sind. „Die im Dunklen sieht man

nicht“, weiß schon Brecht, (Mackie Messer).

Auch Maler fasziniert das Licht und die dramatische

Dunkelheit. Der Meister des Helldunkel

sei Rembrandt gewesen, meinte mein

Vater gern und holte zum Beweis unser schmales

„Knaurs Lexikon“ aus dem Regal. Das

hatten alle zuhause stehen, bevor die zwanzigbändigigen

üblich wurden, bis sie unbändig

digital besiegt wurden. „Mann mit Goldhelm“,

jeder kenne dieses Bild sagte er.

Bis 1986 galt es als „echter“ Rembrandt.

# Seit dem Erwerb und der öffentlichen Ausstellung

in Berlin war das Bild äußerst populär.

Kunstdrucke und mehr oder weniger

geschmackvolle Umsetzungen in andere Medien

(z.B. als Stickerei) waren weit verbreitet

und schmückten viele Wohnungen. Seit es

nicht mehr als Werk Rembrandts gilt, hat die

Bekanntheit des Bildes nachgelassen, obwohl

es sich dabei durchaus um ein qualitätvolles

Werk handelt, wie Martin Warnke feststellte.

(Wikipedia).

Kunst ist Fake.

Durchaus Qualität habe das Bild, sagt man,

immerhin. Und bis 1986 war es ein Meisterwerk,

das deswegen bewundert und immer

wieder kopiert wurde? Es zeigt, dass die Bilder

selbst nur flüchtig angesehen werden,

aber gelesen wird, was über den Maler gesagt

wird. Dunkeldoof finde ich das.

„Am Anfang war das Wort“, heißt es. Da beginnen

unsere Probleme, fängt es an mit

den Behauptungen. Schweigen sei Gold, wer

wüsste diesen und andere Ratschläge nicht

wiederzugeben. Wer schreibt oder malt, der

bleibt. Das verdunkelte Hirn des Menschen

ist in Kunst und Kunstkritik nicht unbekannt,

Van Gogh, aber auch Edvard Munch und andere

werden gern ausgeleuchtet.

# „Kann nur von einem Verrückten gemalt

worden sein“, besagt eine kaum lesbare Notiz

auf Edvard Munchs „Der Schrei“. War es ein

Akt des Vandalismus – oder eine Nachricht

des Künstlers? Norwegische Wissenschaftler

haben Edvard Munchs Gemälde mit einem Infrarotscanner

untersucht und sind nun sicher:

Die mysteriöse Inschrift in der linken oberen

Ecke des Gemäldes stammt vom Künstler

selbst. (…). Lange war angenommen worden,

ein verärgerter Museumsbesucher könnte

das Werk von 1893 beschädigt haben. (…)

nachdem Fachleute vom Nationalmuseum in

Oslo ihren Infrarotscan von der Inschrift mit

handschriftlichen Aufzeichnungen Munchs

verglichen haben, scheint die Sache klar. „Die

Handschrift auf dem Gemälde gehört zweifellos

Munch“, so die Museumskuratorin Mai

Britt Guleng zur BBC. Die Inschrift selbst, aber

auch die Ereignisse von 1895, als Munch das

Gemälde erstmals öffentlich zeigte, deuten

alle in diese Richtung.

Feb 27, 2021 - Hell, dunkel und farbverrückt 20 [Seite 20 bis 24 ]

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