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Blogtexte2021_1_12

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gewesen. Dabei habe ich mehrfach hinübergesehen,

unsicher, möglicherweise ist es

eine Bekannte? Es beginnt ein freundlicher

Gedankenaustausch beim Brotregal. „Der

Bart steht ihnen nicht“, sagt sie unvermittelt,

als rutsche es ungeplant heraus. Wir sind

uns schließlich fremd? Sie kenne mich vom

Sehen, fährt sie schnell fort. Es zeigt sich,

dass sie mir in dieser Sache etwas voraus

hat. Ich hatte die Unbekannte mit Manuela

verwechselt. Ich

laufe täglich in

das Einkaufszentrum.

Schon möglich,

dass ich sie

früher bemerkte?

Ich bin mir einigermaßen

unsicher.

Das Gespräch

nimmt einen

eher amüsanten

Verlauf, dem ich

die Richtung

gebe, mir gefalle

der Bart selbst

auch nicht. Es sei eben ein Coronabart,

entsprechend der Frisur, erkläre ich. Meine

ungepflegte Matte, dazu passend der

Zottelbart. Bis Weinachten würde ich grau,

eventuell weiß. Da bekäme ich den Job des

Geschenkeonkels und dann passe es, scherze

ich. Zum Haareschneiden könne ich nicht,

als Impfverweigerer: „Sieht scheiße aus der

Bart“, behaupte ich einfach, und das wäre mir

egal. Sie bewundere meinen Mut, mich nicht

impfen zu lassen, aber das könne tödlich

enden, meint die Frau.

Olaf Scholz habe ein Problem, genügend

Frauen in sein Kabinett zu holen und deswegen

sei nicht sicher, dass Karl Lauterbach

Gesundheitsminister würde, hieß es anfangs.

Tatsächlich ist der frischgebackene in der

Notlage gewesen, sich gegen den Kollegen

Kubicki zu verteidigen, der einmal behauptete,

in seiner Stammkneipe gelte der Gesundheitsexperte

als Spacken. Norddeutsch: Das

ist kein (richtiger) Mann. Seit einigen Jahren

wird die politisch korrekte Frauenverteilung

zum Problem, weil mit dem jeweiligen Amt

auch eine Qualifikation verbunden ist. Während

die Männerriegen der Wirtschaft ihre

Bastion verteidigen, da hier Geldverdienen

Pflicht ist und insofern geprüft, ob Leistung

erbracht wird, bleibt die Wirkungskraft der

Politik diffus. Eine Firma will verdienen

und Politik will mehr. Das Erste ist einfach

zu kontrollieren. Politik schießt prinzipiell

mit der Nebelkanone, da werden Frauen

gebraucht. Klar, wir sehen grobes Versagen

im Amt. Wähler und Wählerinnen begreifen,

ob sie jemanden mögen und können dieses

Kriterium nutzen, nicht näher hinzuschauen,

was eine für das Land erreicht. Wie viel

Politik exakt leistet, bleibt wenig konkret

(wie etwa die Arbeit des Psychiaters, da

weiß man, wenn’s besser wird auch nicht

weshalb).

Wir leben

gegen die

Natur, das

ist der

Mensch: Wir

gestalten

die

Umgebung.

Lösen wir

ein Problem,

schaffen

wir damit

neue. In einer steinzeitlichen Welt dürften

Frauen ihre Daseinsberechtigung mit der

Menopause verwirkt haben. Damals beendeten

Männer mit

spätestens fünfzehn

die Kindheit, auch

die der Mädchen

drumherum, und ihre

Familien bildeten

sich in der nicht

regulierten Natur.

Der Mann begreift

seine Sexualität

in diesem Sinne

natürlich bis heute,

die Frau belügt

sich effektiv besser.

Frauen möchten

sich beschäftigen

und nicht merken;

Männer sind

Schwein seit je.

Ob mir ein Zottelbart

gut zu Gesicht

steht, ist mir insofern

wurscht wie eine

Frau in meinem Alter

keine mehr für mich

ist; jedenfalls nicht

attraktiv in sexueller

Hinsicht, was auch

immer diese mit sich

anstellt. Mir ist es

möglich, noch Kinder

zu zeugen, dafür benötige

ich keine Pille.

Die Gesellschaft ist

nicht nur in Geimpfte

und die anderen gespalten, sondern auch in

Geschlechtern. Begeistert von sich und dem

Geschaffenen, dem modernen Toleranzverständnis,

darf der Mensch die Natur nicht

übersehen. So gesehen haben die Grünen

als Partei mehr Substanz als die Idee von

Gleichheit. Unsere Zivilisation hat unendlich

viele intellektuelle Rahmen geschaffen.

Das müssten Geländer an Steigen sein, sich

zurechtzufinden, nicht Gitterstäbe einer

Zellentür,

die unser

Dasein

gegen die

Natur sperren.

Nach

wie vor unterscheiden

wir uns von

Frauen, dass

diese Kinder

bekommen

und Männer

nicht. Selbstverwirklichung sollte kein

Selbstbetrug sein. Ich lebe ja in der Heutezeit

und muss (mich zivilisiert artikulieren,

will es aber nicht) Saskia Esken, Manuela

Schwesig oder Frau Giffey ertragen. Man

stelle sich vor, Gerd Schröder heiratet noch

ein weiteres Mal? Dann wird es

nicht Saskia sein, so viel steht

fest.

Ich gehe nach Hause und denke

nach über den Tod. Menschen

sind so viel mehr als geimpft

oder nicht. Eine Vielzahl von

Motivationen, etwas zu tun oder

langfristig auf den Weg zu bringen,

steckt in jedem von uns. Der

einzelne Mensch ist nur bedingt

bereit, sich gängeln zu lassen.

Scheinbar uniforme Mitläufer, wenn sie sich

auf ein Thema reduzieren lassen, sind viele

am Start, für eine rettende Idee zu werben,

die gerade alle beschäftigt.

Bald kommen neue

Befürchtungen auf und

die Richtung wechselt,

zersprengt diese Gruppe,

schafft andere. Dazu

kommt, der Mensch

versteht sich selbst

und das Leben nur im

Ausschnitt. Ein kleines

Guckloch ist unser Fenster

nach draußen, gering

ist unsere Information

von der wahren Realität.

Persönliche Motive, mit

denen wir bereit sind

loszugehen, zu handeln,

sind oft kaum mehr als

ein ungeprüfter Anstoß.

Groß ist unser Unwissen

vom inneren Zusammenhalt,

all dem, was

innerhalb der eigenen

Haut geschieht. Wir

navigieren unser Schiff,

ohne die Mannschaft

und Fracht an Bord

wirklich zu kennen.

Niemand handelt mit

dem freien Willen

oder aufgrund einer

Entscheidung, die autark

begriffen wird. Alle sind

aufeinander angewiesen.

Der Rudergänger

lenkt, wie vom Kapitän befohlen, und wir

sind sein Lotse. Unser Kahn schippert durch

eine dunkle See. Dieser Ozean ist vielleicht

nur ein Meer, jene durch Riffe gesäumte

Enge, von der wir nichts haben, als ein

vergilbtes Pergament, das kaum eine Karte

bedeutet, sondern vom Hörensagen zusammengetragene

Information. Aber tatsächlich

fliegen Menschen damit bis ins Weltall und

schauen nebenbei noch auf das Telefon. Wir

sind immer schlauer als frühere Generationen,

meinen wir, und verweisen auf

die Erfolge der Geschichte. Ob das für

den einzelnen stimmt, der Amerika ja

nicht selbst entdeckt hat, muss sich erst

erweisen.

Amerika, da ist die Pandemie ja auch.

Ich war länger nicht drüben. Möglicherweise

ist Covid ein deutsches Problem?

Jedes Land findet eine eigene Lösung,

sich dem Virus entgegenzustemmen. Ich

habe gar nicht diese Furcht, krank zu

werden. Einige tausend von mehr als achtzig

Millionen Deutschen hat das Virus aktuell so

schwer getroffen, dass sie behandelt werden.

Das sind nicht so viele in Prozent. Die

Wahrscheinlichkeit, sich zu infizieren und

anschließend entsprechend zu leiden, ist

klein. Ich halte Abstand, das muss genügen.

Mein Egoismus und die fehlende Empathie

für Menschen, die mir persönlich nicht

bekannt sind, gereichen mir zur Rechtfertigung.

Niemand zwingt mich zur Impfung,

überhaupt einen Doktor aufzusuchen, weil

ich Ärzte nicht leiden kann.

Verschiedene Geschichten könnten hier

Platz finden und meinen Vertrauensverlust

in die Medizin illustrieren. Einmal habe ich

mir den Fuß gebrochen. Der Durchgangsarzt

riet zu einer Operation. Mit vierzehntägi-

Dez 5, 2021 - Das Problem 145 [Seite 144 bis 146 ]

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